Praktikum im Exeter City Council, Frühjahr/Sommer 2010
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Praktikum im Exeter City Council, Frühjahr/Sommer 2010
Abschlussbericht – Praktikum im Exeter City Council, Frühjahr/Sommer 2010 Persönliches: Praktikumsorganisation: Branche: Zeitraum: Wohnmöglichkeit: Praktikumsbetreuer: Studium der Politikwissenschaft, 7. Fachsemester (M.A.) Berufserfahrung in strategischer KommunikationsPolitikberatung und Exeter City Council Local Government Communications, Public Relations 15. April bis 15. August 2010 Zimmer in einer Gastfamilie Mandy Pearse, Communications Manager Exeter City Council ist die politische Verwaltung und Regierung der Stadt Exeter, im Südwesten Englands. Aufgrund der zentralstaatlichen Organisation des politischen Systems Großbritanniens entspricht local government (häufig gebildet von County Councils und City Councils) einer Mischung aus deutschen Staatskanzleien, Landesministerien und Stadtverwaltung. Während des Praktikums fanden Unterhauswahlen statt, welche zum Regierungswechsel und zum Aussetzen einer großen institutionellen Reform führten, die das City Council entscheidend betraf. Die Organisation hat knapp 1000 Mitarbeiter. Von Mitte April bis Mitte August diesen Jahres absolvierte ich ein Auslandspraktikum in Großbritannien. Im Oktober des Vorjahres begann ich mit Recherchen für das Praktikum, um für Planung und Entscheidungsfindung ausreichend Zeit zu haben. Ich hielt Ausschau nach Stellen in der politischen Kommunikation von Großunternehmen, ThinkTanks und politischen Organisationen in London und in Brüssel. Ich fand ein passendes Praktikum, welches allerdings wegen der Wirtschaftskrise kurzfristig abgesagt werden musste. Daraufhin bewarb ich mich über Student und Arbeitsmarkt und hatte innerhalb von einer Woche das erste Bewerbungsgespräch und schließlich auch die Zusage für ein Praktikum im südwestenglischen County Devon. Ausschlaggebend für meine Entscheidung für das City Council in Exeter waren die besonderen politischen Rahmenbedingungen, insbesondere durch die Unterhauswahlen im Mai. Ende vergangenen Jahres beschloss die damaliger Labour-Regierung, Exeter den Status einer unitary authority zuzusprechen. Demnach wäre das City Council alleinverantwortlich für alle Politikfelder, von Bildung über Energieversorgung bis Abfallbeseitigung. Die konservative Opposition kündigte jedoch an, im Falle eines Wahlsiegs die Entscheidung rückgängig zu machen und die gegenwärtige Kompetenzaufteilung zwischen County Council und City Council aufrecht zu erhalten. Während des Wahlkampfes schickten beide Seiten ihre Lobbyisten ins Feld und versuchten auf verschiedenste Weise, ihren Einfluss geltend zu machen. Durch das Praktikum erhoffte ich mir Einblicke in politische und Unternehmenskommunikation in einem stärker etablierten und professionalisiertem Markt, sowie in Reorganisations- und Veränderungsprozesse innerhalb einer großen politischen Institution. Aufgrund des für Großbritannien ungewöhnlichen Wahlausgangs (der Bildung einer Koalition) war mir letzteres nicht möglich, da der Prozess bis auf weiteres ausgesetzt wurde. Stattdessen konnte ich aber in die Rolle eines politischen Beobachters in einer präzedenzlosen und äußerst spannenden Auseinandersetzung schlüpfen. Die neue Regierungskoalition startete einen Gesetzgebungsprozess, um die Entscheidung der vorangegangen Regierung rückgängig zu machen, was aktuell im House of Lords diskutiert wird. Gleichzeitung hat das Oberste Gericht den Veränderungsprozess mit Verweis auf Verfahrensfehler ausgesetzt, was dazu führte, dass es Anfang September in Exeter zu Neuwahlen kommt. Doch auch abseits der politischen Rahmenbedingungen war ich mit dem Praktikum sehr zufrieden. Das Communications Department ist mit vier Mitarbeitern relativ klein, arbeitet aber eng mit anderen Abteilungen, sowie Management und gewählten Repräsentanten zusammen. Zu meinen Aufgaben zählte das Verfassen von Pressemitteilungen und Statements, das Beantworten von Journalistenanfragen, die Beteiligung bei Kampagnen-, Veranstaltungs-, und Konferenzorganisation, sowie Medienbeobachtung und Dokumentation der Pressearbeit. Dank meiner Vorkenntnisse durch Praktika und Werkstudententätigkeiten durfte ich nach einigen Wochen auch Projektleitungen in interner Kommunikation und Social Media übernehmen. Hierzu zählten Organisation und Herausgabe des monatlichen e-magazine für Angestellte und Councillors durch ein sechsköpfiges Team, sowie Planung und Entwicklung der Online-Präsenzen im Zusammenarbeit mit Grafik- und Webdesignern. Besonders hervorheben möchte ich meine Arbeit im Community Development, ein Bereich, der in Deutschland noch weitgehend unbekannt ist und gerade von den USA nach England schwappt. Im Exeter City Council ist er zusammen mit Meinungsforschung im Communications Department angesiedelt. Anders als in der klassischen Sozialarbeit wird hier versucht, Gruppen und insbesondere Leute aus benachteiligten Gegenden, in die politische Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, sowie Engagement und Eigenverantwortung für öffentliche Aufgaben zu fördern. Obwohl ich mit diesem Arbeitsfeld eher zufällig in Berührung kam, bin ich sehr dankbar für wertvollen Erfahrungen, die ich gerade auch abseits meines eigentlichen Berufsziels sammeln konnte. Die Arbeit war äußerst abwechslungsreich und durch die verantwortungsvollen Aufgaben sehr anspruchsvoll. Ich wurde sehr gut in das Team integriert, konnte meine Erfahrungen aus Studium und Praktika intensiv einbringen und lernte – insbesondere im Hinblick auf Projektmanagement und Community Development – viel neues. Als Universitätsstadt bietet Exeter ein sehr breites Unterhaltungsprogramm und es fällt leicht mit einheimischen und ausländischen Studierenden in Kontakt zu kommen. Über die students' guild (http://www.exeterguild.org) organisieren sich Gruppen zu verschiedensten Interessen; von Sprachpartnern über Sport, Musik, Politik bis hin zu fächerspezifischen Debattierclubs. Angemerkt sei hier jedoch, dass sich das Programm stark am britischen term System orientiert: zu Beginn des deutschen Sommersemesters finden fast nur noch Prüfungen statt, wodurch die Aktivitäten der students' guild stark eingeschränkt sind. Kontakte zu anderen Praktikanten sind auch über die Totnes European School, der Partnerorganisation von Student und Arbeitsmarkt, möglich. Zusätzlich gibt es Gruppen in allen großen sozialen Netzwerken. In Exeter gibt es mehrere Theater, Kinos, Museen – und selbstverständlich eine florierende Pub-Kultur, häufig mit Live-Musik. Meine Unterbringung bei einer sehr netten hostfamily organisierte die Totnes European School. Ich hatte ein geräumiges Zimmer, allerdings ohne Internetanschluss. Ich konnte aber von zu Hause aus über einen der vielen kostenpflichtigen Hotspots in Exeter online gehen. Meine hostfamily kochte für mich vegetarisches Essen bzw. kaufte Lebensmittel ein. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und konnte viele Eindrücke im typisch englischen Familienleben und der Esskultur gewinnen. Viele britische Familien nehmen gerade in den Sommermonaten ausländische Sprachschüler und Studenten auf. Sie sind deswegen meinst gut vorbereitet und ausgestattet (Gästebadezimmer, Handtücher, Bettzeug, Steckdosenadapter...) und lernen selbst gern neues über andere Kulturen. Keiner der anderen Praktikanten und ausländischen Studenten, die ich kennen gelernt habe, konnten Negatives berichten. Von München aus erreicht man Exeter am besten per Flugzeug nach London Gatwick und der dortigen Zuganbindung. In Exeter, Plymouth und Bristol gibt es Regionalflughäfen, die allerdings (noch) nur wenige Verbindungen nach Süddeutschland anbieten. Bei Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln lohnt sich das Vorausplanen. Return-Tickets (Hin- und Rückfahrt) sind ausgesprochen preiswerter als zwei Einzeltickets. Alle großen Banken bieten kostenlose Konten für Studenten und Praktikanten an. Zum Eröffnen benötigt man meist lediglich einen Personalausweis. Preiswerte Handytarife und SIM-Karten gibt es in großer Anzahl, allerdings bieten auch die deutschen Anbieter immer öfter auch Zusatzoptionen an. Ich kann das Praktikum im Communications Department des Exeter City Councils wärmstes weiterempfehlen. Für die tägliche Arbeit sind jedoch Erfahrungen im Medienbereich / Public Relations, sowie gute Sprachkenntnisse für den Umgang mit Journalisten unausweichlich. Die Organisation nimmt gerne weitere Praktikanten auf – im Communications Department auch mit Schwerpunkt Markt- und Meinungsforschung oder Community Development. Während meiner Zeit gab es auch Praktikanten in den Bereichen Human Resources, Architektur/Stadtplanung sowie in Museen und kulturellen Einrichtungen des Councils.