Prof. Dr. Werner Sacher
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Prof. Dr. Werner Sacher Elternarbeit - notwendige Neuorientierungen aufgrund internationaler Forschungsergebnisse Vortrag am 18. 02. 2012 im „Forum Bildungspraxis“ bei der Didacta in Hannover 2012 Prof. Dr. Werner Sacher 1. Bedeutung und Potenzial von Elternarbeit 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Einflüsse von Schule und Familie Begleituntersuchungen zu PISA 2000 (OECD 2001, S.356f.) Einflüsse von Schule, Lehrkräften, Unterricht Einflüsse der Familie Sonstige Einflüsse Lesekompetenz 31,0% 66,1% 2,9% Mathematische Kompetenz 28,3% 62,0% 9,7% Naturwissensch. Kompetenz 29,4% 62,6% 8,0% Neuenschwander 2010: Schülerleistungen wird zu 10% durch die Art des Unterrichts, zu 30% bis 50% durch Einstellungen und Erziehungsbemühungen der Eltern erklärt. 2012 Prof. Dr. Werner Sacher 2. Verständnis von Elternarbeit 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Eltern als Problemgruppe? Schulsozialarbeit Behindertenarbeit Jugendarbeit Randgruppenarbeit Alten-/Seniorenarbeit Drogenarbeit Elternarbeit Asylantenarbeit Straffälligenarbeit Vertriebenenarbeit Resozialisationsarbeit Migrantenarbeit Integrationsarbeit Täterarbeit 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Opferarbeit Internationaler Wandel des Verständnisses „parental involvement“ Einbindung der Eltern In letzter Zeit vermehrt: „school-family-partnership“ Partnerschaft zwischen Schule und Familie Neuerdings auch: „school-familycommunitypartnership“ Partnerschaft zwischen Schule, Familie und Kommune • Gleiche Augenhöhe • Netzwerkarbeit • Schüler als weitere Partner Bundesverfassungsgericht 1972: „Diese gemeinsame Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule … ist in einem sinnvoll aufeinander bezogenen Zusammenwirken zu erfüllen.“ 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Weiter Begriff von „Eltern“ • Biologische Mütter und Väter • Sonstige Sorgeberechtigte nach § 7 SGB VIII • Sonstige volljährige Personen, die längerfristig Aufgaben der Personensorge wahrnehmen: – – – – – – 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Pflegeeltern Heimeltern Großeltern Onkel und Tanten Ältere Geschwister Freunde und Nachbarn 3. Ziele der Elternarbeit 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Ziele der Elternarbeit Elternarbeit darf nicht nur zielen • auf häufigere Kontakte: „get parents into school“ (Edwards & Warin 1999) • auf bessere Atmosphäre: „contacts become more social, but not more educational“ (Long 1986) Elternarbeit muss letztlich zielen • auf den Schulerfolg • auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schülerinnen und Schüler. Elternarbeit muss bei den Schülerinnen und Schülern ankommen! 2012 Prof. Dr. Werner Sacher 4. Notwendige Neuorientierungen 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Konzeptionell arbeiten! Kein blinder Aktionismus! • Gesamtkonzept • Organisationsstruktur für Elternarbeit: – AbteilungsleiterIn für Elternarbeit – Verantwortlichkeit der Klassenlehrkraft • Differenzierung • Evaluation 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Initiative ergreifen! Nicht erst bei Problemen Kontakt aufnehmen! • Benötigte Information erfragen • Wichtige Information an den Mann/die Frau bringen • Nach Kontaktbarrieren suchen, statt Eltern als „schwererreichbar“ zu etikettieren • Aufsuchende Elternarbeit: Individuelle Kontakte! • Aktivierende Elternarbeit 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Wirklich kooperieren! Auf Augenhöhe! • Keine „Revierabgrenzung“ oder „Arbeitsteilung“ • Wechselseitige Information • Kooperation nahe am Lernen und an der Entwicklung der Kinder • Eltern stärken (als „Fürsprecher“) 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Heimbasiertes Engagement unterstützen! Heimbasiertes Engagement ist viel wichtiger als schulbasiertes! Auf „Lerncoaching“ – auch auf Hausaufgabenhilfe – kommt es nicht an! Metaanalysen von Hill & Tyson 2009 und Jeynes 2011: • • • • • Hohe Erwartungen / starkes Zutrauen der Eltern Autoritativer Erziehungsstil Bildungsfreundliche Atmosphäre („academic socialization“) Kommunikation Eltern - Kind In der Grundschulzeit: Lesen mit dem Kind 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Heimbasiertes Engagement Eltern-Kind-Kommunikation und PISA-Leistungen (Original-Daten PISA 2009) 580 580 Gemeinsame Hauptmahlzeiten 560 560 540 540 520 520 500 500 1 Schuljahr 480 480 460 460 440 440 420 420 nie od. 1 od. 2 mal kaum jemals im Monat 580 560 1 od. 2 mal in der Woche 1 Schuljahr 1 od. 2 mal im Monat täglich od. fast täglich 580 Politische od. soziale Fragen 560 540 540 520 520 500 500 480 Einfach miteinander reden 1 od. 2 mal in der Woche täglich od. fast täglich Tätigkeiten der Eltern 480 1 Schuljahr 460 460 440 420 440 1 Schuljahr 420 nie od. 1 od. 2 mal kaum jemals im Monat 1 od. 2 mal in der Woche Lesen täglich od. fast täglich Mathematik nie od. 1 od. 2 mal kaum jemals im Monat 1 od. 2 mal in der Woche Naturwissenschaften täglich od. fast täglich Heimbasiertes Engagement 40 Punkte = Lernfortschritt eines Schuljahres 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Wirkliche Mitbestimmung der Eltern! Nicht nur kollektive Mitbestimmung der Elternvertreter, sondern individuelle Mitbestimmung aller Eltern! • • • Arbeit der Elternvertreter für die Eltern und mit den Eltern! Beförderung sozialer Kontakte in der Elternschaft! Z. B. interkulturelle Elternarbeit Generalstabsmäßige Organisation der Elternvertreter! 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Weitere Partner einbeziehen! Vernetzung mit Personen, Institutionen und Organisationen am Ort und in der Region! Schüler als weitere Partner! 2012 Prof. Dr. Werner Sacher 5. Schluss 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Kein Fatalismus! 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Kein Fatalismus! Die Beziehung zwischen Schule und Elternhaus hängt ab nur in geringem Umfang von Organisationsmerkmalen der Schule (Schulart, Schulgröße, Lehrkräfte, Schulgröße, Klassenstärken, Ausdifferenzierung des Fachlehrersystems, öffentlicher oder privater Rechtsstatus) 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Kein Fatalismus! Die Beziehung zwischen Schule sehr viel stärker und Elternhaus hängt ab von der Eltern nur in geringem Umfang von und SchülerOrganisationsmerkmalen der Klientel Schule (Schulart, Schulgröße, Lehrkräfte, Schulgröße, Klassenstärken, Ausdifferenzierung des Fachlehrersystems, öffentlicher oder privater Rechtsstatus) 2012 Prof. Dr. Werner Sacher (Bildungsniveau, Sozialschicht, kultureller Hintergrund, Alter der Kinder) Kein Fatalismus! Die Beziehung zwischen Schule sehr viel stärker und Elternhaus hängt ab von der Eltern nur in geringem Umfang von und SchülerOrganisationsmerkmalen der Klientel Schule (Schulart, Schulgröße, Lehrkräfte, Schulgröße, Klassenstärken, Ausdifferenzierung des Fachlehrersystems, öffentlicher oder privater Rechtsstatus) am stärksten von der Gestaltung der Elternarbeit (Sacher 2006) 2012 Prof. Dr. Werner Sacher (Bildungsniveau, Sozialschicht, kultureller Hintergrund, Alter der Kinder) Kontakt und weitere Informationen: [email protected] http://www.sacher-werner.de Literatur: Council of Economic Advisers to the President. (2000). "Teens and Their Parents in the 21st Century: An Examination of Trends in Teen Behavior and the Role of Parental Involvement." Report released May 2000. Analysis of the Adolescent Health Study, using a national probability sample of adolescents and parents. Edwards, A.; Warin, J. (1999): Parental Involvement in raising the Achievement of Primary School Pupils: why bother? In: Oxford Review of Education, Vol. 25, No. 3, pp. 325-341. [http://www.ingentaconnect.com/content/routledg/core/1999/00000025/0000000 3/art00003] Hill, N. E.; Tyson, D. F. (2009): Parental Involvement in Middle School: A MetaAnalytic Assessment of the Strategies That Promote Achievement. In: Developmental Psychology, Vol. 45, No. 3, pp. 740 –763. Hofferth, S. L. (1999): Changes in American Children's Time, 1981-1997. University of Michigan's Institute for Social Research, Center Survey, January, 1999. Hofferth, S. L. (2001). How American Children Spend Their Time. Journal of Marriage and the Family, 63, 295-308. 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Literatur: Jeynes, W. H. (2011): Parental Involvement and Academic Success. New York and London. Long, R. (1986): Developing parental involvement in primary schools. Basingstoke u. a. Neuenschwander, M. P. (2010): Ist die Schule wirkungslos? Nein, aber es geht nicht ohne Eltern. In: Bildung Schweiz 1 / 2010, S. 24 - 25. OECD Organisation for Economic Cooperation and Development (2001): Lernen für das Leben. Erste Ergebnisse der internationalen Schulleistungsstudie PISA 2000. Paris: OECD. Sacher, W. (2004): Elternarbeit in den bayerischen Schulen. RepräsentativBefragung zur Elternarbeit im Sommer 2004. Schulpädagogische Untersuchngen Nürnberg Nr. 23, Nürnberg. Sacher, W. (2005: Erfolgreiche und misslingende Elternarbeit. Ursachen und Handlungsmöglichkeiten. Erarbeitet auf der Grundlage der Repräsentativbefragung an bayerischen Schulen im Sommer 2004. Schulpädagogische Untersuchungen Nürnberg Nr. 24, Nürnberg. 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Literatur: Sacher, W. (2006): Elternhaus und Schule: Bedingungsfaktoren ihres Verhältnisses, aufgezeigt an der bayerischen Studie vom Sommer 2004. In: Bildung und Erziehung 59, H.3 / Sept. 2006, S.302-322. Sacher, W. (2008): Elternarbeit. Gestaltungsmöglichkeiten und Grundlagen für alle Schularten. Bad Heilbrunn. Sacher, W. (2009): Elternarbeit schülerorientiert. Grundlagen und Praxismodelle. Für die Jahrgänge 1 bis 4. Berlin. Sacher, W. (2011): Erfolgreiche Elternarbeit – Grundlagen, Ziele und Handlungsvorschläge. In: Honal, Werner H.; Graf, Doris; Knoll, Franz (Hrsg.): Handbuch der Schulberatung 37/Mai 2011, 4.1.2, München. Sacher, W. (2011): Interkulturelle Elternarbeit – Ziele, Aufgaben, Handlungsansätze. In: Honal, Werner H.; Graf, Doris; Knoll, Franz (Hrsg.): Handbuch der Schulberatung 38/August 2011, 4.1.6, München. Sacher, W. (2011): Eltern im Berufsorientierungsprozess ihrer Kinder und ihre Einbindung durch Elternarbeit. In: Projektträger im DLR e. V. (Redaktion): Eltern, Schule und Berufsorientierung. Berufsbezogene Elternarbeit. Bielefeld, S. 9-22. 2012 Prof. Dr. Werner Sacher Literatur: Sacher, W. (2011): „Schwererreichbare“ Eltern – Kontaktbarrieren und Zugänge. In: Lernchancen 14, 83, S.36 – 39. Sacher, W. (2011): Differenzierende Elternarbeit. In: W. Stange, R. Krüger, A. Henschel, C. Schmitt: Handbuch Erziehungs- und Bildungspartnerschaften. Elternarbeit in Kooperation von Schule, Jugendhilfe und Familie. Wiesbaden: VSVerlag für Sozialwissenschaften (im Druck). OECD Organisation for Economic Cooperation and Development (2010): PISA 2009 Results: Overcoming Social Background. Equity in Learning Opportunities and Outcomes. Volume II. Paris: OECD. 2012 Prof. Dr. Werner Sacher