Kinder und Jugendliche in Hofheim

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Kinder und Jugendliche in Hofheim
Kinder und Jugendliche
in Hofheim
Ergebnisse der Lebensweltanalyse 2003
bsj e.V. Marburg
Oktober 2003
Stefanie Lambrecht
Ute Dithmar
Prof. Dr. Lotte Rose
Christian Meineke
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Werner Meyer
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Impressum
Herausgeber:
Verein zur Förderung bewegungs- und sportorientierter Jugendsozialarbeit (bsj) e.V.
Biegenstrasse 40, 35037 Marburg
Tel.: 06421-685330, [email protected]
in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Stadt Hofheim
Wir bedanken uns an dieser Stelle für die viele Unterstützung, die wir bei der Vorbereitung
und den Untersuchungen in der Stadt Hofheim erfahren haben, insbesondere bei Frau
Bürgermeisterin Gisela Stang, Herrn Fachbereichsleiter Adolf Schmidt, dem Team der
Kinder- und Jugendarbeit und weiteren Beteiligten aus der Stadtverwaltung.
Weiterhin danken wir den Schulen in Hofheim für Ihre Mitarbeit bei den
Bewegungslandkarten an den Grundschulen und der Durchführung der schriftlichen
Befragung an den Schulen im Sek. I Bereich. Bei den Bewegungslandkarten haben uns
ortskundige Personen, insbesondere aus der lokalen Politik und von sozialen Einrichtungen,
unterstützt.
Unser ganz besonderer Dank gebührt den Kindern und Jugendlichen, die uns von ihrem
Leben berichtet bzw. Fragebogen ausgefüllt haben und die am Zustandekommen dieses
Berichtes beteiligt waren.
Folgende Personen haben an den Untersuchungen mitgewirkt:
Bewegungslandkarten an den Grundschulen
Christian Meineke, Ute Dithmar, Mara Meske
Jens Hering-Hofmann, Christa Katzenbach, Sascha Meyer, Karin Wetzig, Sabine Winkel
Interviews im öffentlichen Raum
Stefanie Lambrecht
Kateryna Dubinker, Conny Engelhardt, Oksana Fedunyk, Mara Meske, Sascha Meyer,
Sabine Winkel, Bernd Wöll
Gruppeninterviews
Prof. Dr. Lotte Rose
Nicole Alschansky, Leticia Barbieri, Nicole Berlet, Frauke Bohm, Angela Bromkamp, Tomica
Buchholz, Manuela Bürger, Irene van Daalen, Nora David, Torben Döring, Sonja Falge,
Natascha Haubrich, Sonja Heilmann, Christine Hueg, Gesine Joachim, Boris Köpfler, Bettina
Kopp, Timo Kresslein, Julia Mühl, Silvia Neubauer, Tanja Niebel, Sonja Niesler, Cem
Özdemir, Angela Reichert, Isa Rusch-Hübner, Kerstin Schäfer, Alexandra Schlösser, Steffi
Stastny, Roxana Stojanovici, Sven Witt, Conny Zippel, Dominik Zordan
Schriftliche Befragung
Werner Meyer
Kristina Bittern, Jan Enkler, Annemarie Naumann, Lisa Nießen, Jan Rose, Kathrin Schäfer,
Max Schumacher, Sabine Winkel
Koordination
Ute Dithmar
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Schlüsselthemen in den Lebenswelten von Kindern und
Jugendlichen in Hofheim............................................................ 9
Mobilität ................................................................................................................................9
Angst und Sicherheit ..........................................................................................................12
Kommerz .............................................................................................................................14
Sport und Bewegung...........................................................................................................17
Treffpunkte..........................................................................................................................18
Kinder- und Jugendarbeit und Vereine............................................................................21
Kommunale und kirchliche Kinder- und Jugendarbeit .................................................... 22
Vereine ........................................................................................................................... 26
Gemeinsamkeiten und Differenzen von Vereinsmitgliedern und Besuchern der
Jugendarbeit ................................................................................................................... 28
Nutzungskonflikte...............................................................................................................30
Kulturelle Abgrenzungen und Sortierungen....................................................................31
Leben in lokalen Sozialräumen ................................................ 34
Hofheim – Kernstadt und Nordstadt ................................................................................34
Marxheim/Hofheim-Süd ....................................................................................................40
Diedenbergen.......................................................................................................................45
Langenhain ..........................................................................................................................46
Lorsbach ..............................................................................................................................49
Wallau ..................................................................................................................................51
Wildsachsen.........................................................................................................................59
Handlungsempfehlungen für die Stadt Hofheim ...................... 61
Öffentliche Treffpunkte .....................................................................................................61
Das Hofheimer Kino........................................................................................................ 62
Spielplätze ...................................................................................................................... 64
Gewerbegebiet Wallau.................................................................................................... 66
Kommerz .............................................................................................................................67
Sport- und Bewegungsräume.............................................................................................68
Sportvereinsgelände ....................................................................................................... 69
Skaten am Kreishaus...................................................................................................... 69
Verkehr ................................................................................................................................70
Mobilität ..............................................................................................................................72
Soziale Sicherheit ................................................................................................................72
Vereine .................................................................................................................................74
Kinder- und Jugendarbeit..................................................................................................75
Spielmobil ....................................................................................................................... 75
Jugendtreffs .................................................................................................................... 75
Jugendhaus Hofheim ...................................................................................................... 76
Ferienfreizeiten ............................................................................................................... 77
Übergänge in die Jugendarbeit....................................................................................... 77
Raumaneignung und -erschließung................................................................................ 78
„Raummanager“.............................................................................................................. 79
Partizipation und „Nachforschungen“.............................................................................. 81
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Darstellung der Erhebungsmethoden ...................................... 83
Bewegungslandkarten ........................................................................................................83
Durchführung der Bewegungslandkarten ....................................................................... 83
Schriftliche Befragung........................................................................................................87
Durchführung der schriftlichen Befragung ...................................................................... 87
Einzelinterviews im öffentlichen Raum ............................................................................88
Durchführung der Einzelinterviews ................................................................................. 88
Gruppeninterviews .............................................................................................................89
Durchführung der Gruppeninterviews ............................................................................. 90
Anhang: Ergebnistabellen ........................................................ 92
Die Fotos in diesem Bericht sind während der Erhebungen entstanden.
Die Zeichnungen der Kinder verdanken wir insbesondere den Kindern aus den ersten
Klassen, die Ihre Antworten während der Bewegungslandkarten dokumentiert haben.
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Einleitung
Im Mai und Juni 2003 gab es neben der großen Hitze und Trockenheit in der Stadt Hofheim
für Kinder und Jugendliche ein weiteres Gesprächsthema: Sie wurden zu ihrem Leben und
nach ihren Wünschen befragt. Eine Projektgruppe aus Marburg und Studierende der
Fachhochschule Frankfurt waren in Hofheim unterwegs. Bewegungslandkarten an den
Grundschulen, Gruppeninterviews mit Jugendgruppen und Einzelinterviews im öffentlichen
Raum wurden ergänzt durch eine schriftliche Befragung der Klassen 5 bis 10 an den
Hofheimer Schulen.
Nach längerer Vorbereitungszeit wurde damit ein Vorhaben der Stadt Hofheim realisiert,
mehr Aufschlüsse über die Lebenssituation junger Menschen in Hofheim zu gewinnen, um
die kommunalen Daseinsvorsorge noch besser gestalten zu können.
Durch die öffentliche Vorbereitung, die Mitwirkung vieler Erwachsener und die breite
Resonanz in der Presse wurde in diesen beiden Sommermonaten bereits ein Klima in
Hofheim erzielt, dass zeigt: Es lohnt sich, Kindern und Jugendlichen systematisch
zuzuhören. Auch den beteiligten jungen Menschen hat es gefallen, intensiv befragt zu
werden und ihre Wünsche und Vorstellungen äußern zu können.
Nunmehr legen wir die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Erhebungen vor. Dabei
werden die Einzelergebnisse der verschiedenen Erhebungsmethoden zusammen gefasst.
Begonnen wird mit den „Schlüsselthemen“. Dies sind die in der Auswertung gefundenen
wichtigen Themen der jungen Menschen in Hofheim.
Anschließend wird das Leben und Erleben der Kinder und Jugendlichen in den Hofheimer
Stadtteilen beschrieben. Bereits hier werden zahlreiche konkrete Vorschläge und
Vorstellungen der jungen Menschen deutlich.
Den Abschluss bilden die zusammenfassenden Handlungsempfehlungen für die weitere
Entwicklung der kinder- und jugendfreundlichen Stadt Hofheim.
Im Anhang werden die Instrumente und Methoden erläutert.
Mit diesem Bericht ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen. Nach einer ersten
Diskussion in den zuständigen Gremien und in der Verwaltung werden die Ergebnisse
öffentlich dargestellt und können besprochen und dann künftig konkretisiert werden. Der
Bericht kann auch zur Weiterarbeit und für neue Projekte, z. B. im Unterricht an den
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Hofheimer Schulen benutzt werden. Die Daten der schriftlichen Befragung werden auf
Wunsch für Unterrichtszwecke zur Verfügung gestellt.
Der bsj e.V. hat den Auftrag der Stadt Hofheim für die Lebensweltanalyse unter anderem
deshalb erhalten, weil der Untersuchungsansatz nicht einfach Klagen und Wunschlisten
auflistet, die dann relativ einfach abgearbeitet werden können. Vielmehr wurde umfassend
auf das Leben der jungen Menschen gesehen. Dabei wurden insbesondere auch das
Positive und zufriedene Bewertungen erfasst. Die bisherige Gestaltung der Stadt und die
damit verbundenen Entscheidungen sind das Ergebnis von oftmals langwierigen
Aushandlungsprozessen, abhängig u.a. von schwierigen und von der Stadt auch nicht
unmittelbar beeinflussbaren Faktoren. So sind diese Entscheidungen zum Teil bereits vor
sehr langer Zeit getroffen worden, z. B. die bauliche Gestaltung des Stadtkerns bzw. der
Ortskerne.
Mit
dem
vorliegenden
Bericht
wird
die
Rolle
junger
Menschen
in
diesen
Aushandlungsprozessen gestärkt. Zur Durchsetzung einer kinderfreundlichen Politik reicht
es nun allerdings nicht aus, einfach die Vorschläge der Kinder in die kommunale Realität
umzusetzen. Hierbei geht es nicht nur um finanzielle Probleme, sondern auch um
Folgeprobleme und damit ggf. neue Konflikte. Auch Kinder bringen in kommunalpolitische
Aushandlungsprozesse zunächst einmal wie die Erwachsenen ihre spezifischen Bedürfnisse
und ihre subjektiven Interessen als Forderungen und Wünsche ein. Ganz abgesehen davon,
dass es ”das Kind” bzw. „den Jugendlichen“ nicht gibt, sondern Mädchen und Jungen und
unterschiedliche Altersgruppen mit je spezifischen Wünschen und Bedürfnissen. Ihre
Vorschläge
berücksichtigen
nicht
unbedingt
mögliche
Konflikte
mit
anderen
Bevölkerungsgruppen, z. B. wenn ältere Kinder für sich mehr Spielmöglichkeiten haben
wollen und die Möglichkeiten für Jüngere eingeschränkt werden sollen.
Aufgabe der kommunalen Politik und der Gestaltung kommunaler Aushandlungsprozesse ist
es aber gerade, die Belange der verschiedensten Teile der Bevölkerung zu kennen, sie
abzuwägen und bei den Entscheidungen zu berücksichtigen.
Bei der Auflistung von Wünschen zeigt sich oft ein weiteres Problem: In vielen Fällen
drücken die ermittelten Vorschläge und Wunschvorstellungen der jungen Menschen weder
das Bedürfnis, noch das Ziel aus. Oftmals, und dies lässt sich auch bei Erwachsenen immer
wieder erkennen, wird nicht das Ziel, sondern das Mittel zur Zielerreichung in den
Vordergrund gestellt. Die Verständigung und teilweise der Streit geht dann nur noch um die
Fragestellung, ob ein bestimmtes Mittel richtig sei oder nicht. Eine Verständigung über den
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dahinter steckenden Zweck, das Ziel oder den zu erreichenden Zustand findet kaum noch
statt.
In Hofheim konnten wir dies an der aktuellen Diskussion über das Kino beobachten. Der
reine Wunsch nach einem Kino sagt noch nichts über das dahinter steckende Ziel aus: Geht
es um aktuelle Filme, ist der Treffpunkt gefragt oder sind vielleicht nur die bunten Plakate
wichtig. Für junge Menschen ebenfalls wichtig ist die lokale Erreichbarkeit. Hat es etwas mit
der Lage zu tun? Für die Entscheidungsgremien, soweit die Stadt Hofheim in diesem Fall
überhaupt direkte Einflussmöglichkeiten hat, ist es also die Herausforderung, zu verstehen,
welche vielfältigen Bedürfnisse sich in dem Wunsch nach einem Kino verbergen.
Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten. Wichtig ist, dass diese Fragen gestellt werden
und dass ein Austausch und ein gemeinsames Suchen nach der besten Antwort erfolgt. Wir
hoffen, dass Verlauf und Ergebnisse der Untersuchungen die künftigen Entscheidungen der
Stadt Hofheim noch besser machen.
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Schlüsselthemen in den Lebenswelten von Kindern und
Jugendlichen in Hofheim
Die folgenden Punkte sind nach der Lebensweltanalyse die Schlüssel zum Verständnis der
wichtigen Themen in der Lebensrealität junger Menschen in Hofheim.
Mobilität
Mobilitätsprobleme waren ein immer wiederkehrendes Problem bei den Befragungen der
Kindern
und
Jugendlichen
in
Hofheim.
Allerdings
werden
wahrgenommene
Bewegungseinschränkungen von Jugendlichen deutlich häufiger thematisiert als von
Kindern.
Die Hofheimer Kinder im Alter von 7 bis 11 Jahren sind in ihrem nahen Lebensumfeld zu Fuß
und mit dem Fahrrad unterwegs. Diese grundsätzliche Mobilität wird eingeschränkt durch
Verbote bzw. Ängste hauptsächlich seitens der Eltern, die zu einem Verbleib im privaten
Raum oder in der sehr nahen Umgebung führen. Zusätzliche Einschränkungen ergeben sich
durch den Autoverkehr bzw. Straßen- und Bahnstrecken, die einerseits durch ihre räumliche
Lage aber auch durch den aktiven Verkehr selbst deutliche Grenzen setzen.
Sonst berichten die Kinder, dass ihre Mobilität weitgehend von der Fahrbereitschaft und dem
Fahrvermögen der Eltern bzw. von möglichen Mitfahrten bei Eltern von FreundInnen
abhängig ist. Diese Aussagen beziehen sich vor allen auf die Nutzung von Attraktionen im
weiteren Umfeld, wie das Main-Taunus-Zentrum, die Freibäder oder die Rhein-Main-Therme.
Ebenfalls thematisiert wird von Kindern der lange Anfahrtsweg zu der Ausübung von
Freizeithobbys, für die es im eigenen Wohnumfeld kein Angebot gibt (besondere
10
Vereinsaktivitäten, Schwimmen, Reiten). Sie beschreiben es als kompliziert und zum Teil
auch unmöglich, an die entsprechenden Orte zu kommen und berichten von der
Abhängigkeit, von ihren Eltern gefahren zu werden. So schildert ein Kind: „Ich wollte mal ins
Schwimmbad, aber weil meine Mutter mich nicht fahren wollte, ging es eben nicht“
(Gruppeninterview). Andere Kinder erzählen, dass sie zu jung sind, um längere Strecken mit
dem Bus oder mit der Bahn zu fahren. Deshalb können sie den Reiterhof oder die
Eisporthalle auch nicht so oft besuchen, wie sie es eigentlich gerne möchten.
Auch wenn in diesem Alter das direkte Wohnumfeld als Freizeitraum von der Mehrheit der
Kinder offenbar als ausreichend und befriedigend erlebt wird, gibt es doch eine nicht
unerhebliche Zahl von Kindern, die mit ihren Freizeitwünschen auf weiter entfernt liegende
Orte verweisen. Vor allem Eltern und hier vermutlich hauptsächlich die Mütter scheinen nach
der Erzählung der Mädchen und Jungen das kindliche Mobilitätsdefizit durch Fahrdienste zu
kompensieren.
Die sich auf das nahe Umfeld beschränkende Mobilität führt dazu, dass sich die Hofheimer
Kinder Attraktionen und Angebote direkt ‚vor die eigene Haustür’ wünschen. Die Präsenz der
Angebote vor Ort wird dann weniger häufig gewünscht, wenn das private Umfeld das Fehlen
einer für Kinder attraktiven Umgebung ausgleicht, wie es z. B. häufig in Marxheim im Bereich
der privaten Gärten gefunden wurde.
Bei den Bewegungslandkarten konnte relativ wenig Nutzung des ÖPNV durch die Kinder
festgestellt werden, mit Ausnahme des Schulbusses aus Richtung Lorsbach zur
Pestalozzischule und wieder nach Hause.
Allgemein kann gesagt werden, dass sich die Kinder in Hofheim Süd verstärkt im privaten
Umfeld eines Hauses mit Garten bewegen und die Kinder in Hofheim Nord die eher
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beengten Wohnverhältnisse in Wohnungen mit mehr Bewegung innerhalb ihres direkten
Umfeldes ausgleichen.
Im Gegensatz zu den Kindern wünschen sich die Jugendlichen eine stetige Erweiterung
ihres Bewegungsradius und beklagen ihre vielfach eingeschränkte Mobilität. So ist es ihr
Wunsch, sich aus dem Wohnumfeld weg zu bewegen, sich weiter entfernte Orte und deren
Freizeitangebote zu erschließen. Ihr Ziel ist es nicht, Angebote vor Ort zu erhalten, sie
fordern
die
Verbesserung
der
Mobilität
z.
B.
durch
ausgeweitete
öffentliche
Nahverkehrsangebote vor allem auch nachts und am Wochenende. Offensichtlich ist der
öffentliche Nahverkehr nicht an die jugendlichen Mobilitätsrhythmen angepasst. Auch das
nächtliche Sammeltaxi ist keine befriedigende Alternative, da es nach der Schilderung der
Jugendlichen zu früh seine Fahrten einstellt. Aus Not wird so manchmal die ganze Nacht
‚durchgemacht’, da es keine Möglichkeit gibt, nach Hause zu kommen.
Bei den Interviews erweist sich das Thema Mobilität für Jugendliche als zentrales Problem;
nimmt man die Menge der Nennungen wie auch die erzählerische Erregtheit bei dieser
Angelegenheit als Meßlatte hierfür. In jedem der Interviews mit den Jugendgruppen wurde
über die fehlende oder erschwerte Mobilität intensiv geklagt. Lediglich eine Gruppe von
Mädchen mit Migrationshintergrund1 schilderte, dass sie in Hofheim alles gut zu Fuß
erreichen können, was sie brauchen und nutzen dürfen.
Einen Quantensprung in der Mobilität bringt die Volljährigkeit, der Führerschein und die
Verfügung über ein Auto mit sich. Bei den jungen Erwachsenen dehnt sich der
Bewegungsradius
rasant
über
die
Kreisgrenzen
aus.
Dies
zeigt
sich
in
den
Gruppeninterviews besonders eindrücklich in der Punktmethode. Die zugrunde liegende
Kreiskarte reichte häufig nicht aus, um all diejenigen Orte zu markieren, an denen die
Befragten ihre Freizeit verbringen. Erwachsenwerden geht einher mit einer erfolgreichen
Raumerweiterung, wobei die Orientierung stärker nach Wiesbaden und Mainz als nach
Frankfurt (ausgenommen Main-Taunus-Zentrum) gerichtet sind.
Mobilität kostet jedoch immer Geld; d.h. wer über nur geringe finanzielle Ressourcen verfügt,
bleibt auf seinen Nahraum verwiesen. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den
Jugendlichen des Hofheimer Jugendhauses. Sie berichten, dass sie nur selten in die
angrenzenden Großstädte kommen, weil die Fahrtkosten zu hoch sind.
Die Auswertung der Fragebögen ergibt zusammenfassend, dass von rund 8 % der Befragten
bessere Bus- und Bahnverbindungen vorgeschlagen werden. Differenzierter untersucht
1
Unter diesem Begriff fasst die Forschungsgruppe alle aus dem Ausland zugewanderten jungen
Menschen zusammen, unabhängig vom Status oder der Nationalität. Diese Gruppe
umfasst weiterhin in Deutschland geborene junge Menschen, wenn die Eltern (oder
gar die Großeltern) zugewandert sind und sich diese Zuwanderung noch auf die
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betreffen die Wünsche vor allem die Schulbusse und deren zeitliche Abstimmung, häufigere
Verbindungen zwischen den Stadtteilen sowie auch nach außerhalb (z. B. Main-TaunusZentrum) oder das abendliche Sammeltaxi.
Der Wunsch nach besseren Bus- und Bahnverbindungen wird von allen Kindern und
Jugendlichen aus allen Hofheimer Stadteilen genannt. Überdurchschnittlich häufig aber
kamen die Wünsche aus Langenheim, Lorsbach und Diedenbergen.
Angst und Sicherheit
Kinder spiegeln die Angst und die Verbote der Eltern wieder bzw. sie reagieren auf die
Verbote, welche die Angst der Eltern ausdrücken. Diese Angst und diese Verbote sind in
Hofheim und den Stadteilen auf verschiedene Orte und Räume gerichtet, z. B. auf den
Bahnhof oder den Wald. Insgesamt gilt dies auch für entfernte Gebiete, für Verkehrsbereiche
bzw. auf Personen oder Personengruppen, die etwas Schlimmes machen könnten, z. B. die
Kinder entführen.
Am ausgeprägtesten ist dieses Phänomen in Marxheim zu beobachten - jedenfalls sehr viel
deutlicher als in anderen untersuchten Stadtteilen. Hier ist die Angst vor möglichen
Kindesentführungen überall spürbar, die Kinder halten sich häufig zu Hause und in privaten
Gärten auf. Auf Nachfrage beim Stadtarchiv der Stadt Hofheim zeigt sich jedoch, dass es in
Marxheim in der Vergangenheit nicht zu einem solchen Vorfall gekommen ist. Offenbar hat
sich die Wahrnehmung des Stadtteils von der Realität im Stadtteil abkoppelt. Die Angst muss
imaginäre
Bezugspunkte
haben.
Hier
spielen
wahrscheinlich
Medienberichte
über
entsprechende Gewalttaten eine große Rolle, vielleicht gibt es noch andere Ursachen für
diese verstärkte soziale Angst, ggf. spielen hier allgemeine soziale Gefährdungsgefühle gut
situierter Eltern eine gewisse Rolle. Vieles deutet so darauf hin, dass in diesem Stadtteil ein
quartiersbezogener Schreckensmythos entstanden ist, der sich seit längerer Zeit aufrecht
erhält (vgl. auch Kapitel Marxheim).
soziale oder kulturelle Situation auswirkt.
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Die Themen Angst und Sicherheit beziehen sich auf verschiedene Gebiete:
- Bahnhofsbereich. Verkehrsflächen sind in bezug auf Angst und Sicherheit von Kindern
immer ein Problem. In den Äußerungen der Kinder kamen für diesen Bereich
Zuschreibungen wie Dreck, ‚komische Leute’, Verkehr, Gestank, Müll, Besoffene und
auffallend häufig Lärm vor. Einbezogen wird hier auch der Schwarzbach, z. B. durch seine
hohe Einfassung.
- Wald. Gerade in bezug auf den Wald wird anscheinend die Angst der Eltern oft von den
Kindern übernommen. Die Kinder begründen ihre Angst oft mit Dunkelheit, bösen
Menschen und wilden Tieren sowie der dort herrschenden Stille. „Meine Eltern haben mir
verboten, in den Wald zu gehen. Ich finde es nicht schlimm, dass es mir verboten wurde,
weil ich sowieso nicht alleine in den Wald gehen möchte. Sie haben es mir verboten, weil
dort Wildschweine leben, weil dort keine Menschen sind, weil ich mich verlaufen könnte
und weil dort irgendwelche Leute Kinder entführen könnten. Man kann leider nichts
machen, aber ich finde es nicht schlimm“ (Mädchen, 10 Jahre).
Angst ist zunächst als Phänomen zu beschreiben und ernst zu nehmen. Es reicht auch nicht
aus, sie einfach durch den aufklärenden Verweis auf tatsächliche Realitäten zu korrigieren.
Dennoch sollten die Angstäußerungen immer auch überprüft werden. Nach einem Hinweis
auf Vandalismusschäden und Drogenspritzenfunde auf dem Y-Spielplatz in Marxheim
während der Bewegungslandkarten wurde der entsprechende Ort sehr intensiv untersucht.
Gefunden wurden dort zwar Nutzungsspuren, vermutlich auch von Jugendlichen, aber
eindeutig keine Spuren von Vandalismus, Spritzen oder größerem Alkoholkonsum.
Eine der Schlussfolgerungen der Kinder in bezug auf ihre Ängste ist der Wunsch nach mehr
Sicherheit, der durch Regelungen der Nutzung des öffentlichen Raums und insbesondere
durch erwachsenes Aufsichtspersonal nachgekommen werden solle.
Bei
den
Jugendlichen
tauchte
das
Thema
in
den
Gruppengesprächen
nur
im
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Zusammenhang mit spezifischen Orten auf, wobei diese Orte über die Gruppen hinweg eine
relative Kontinuität hatten. Dies bedeutet, für alle Kinder und Jugendlichen gibt es
gemeinsame Orte, die sie mit dem Gefühl der Bedrohung assoziieren. Dazu gehören unter
anderem der Bahnhof/Busbahnhof, der Schwarzbach, Untertor und der Krankenhauspark in
Hofheim. Alle Orte werden als verwahrlost beschrieben und mit ängstigenden und
unangenehmen Menschen verbunden (‚Penner’, ‚Kiffer’). Es werden dort Übergriffe und
Gewalttaten befürchtet und die Orte werden nach Möglichkeit vermieden. Dabei kann aber
niemand von den Befragten von entsprechenden, selbst erlebten konkreten Erfahrungen
erzählen. Nur in Einzelfällen wird berichtet, dass man jemanden kennt, der an einem dieser
Orte tatsächlich Unangenehmes erlebt hat. Auch hier zeigt sich, dass sich unabhängig von
der realen Gefahr Mythen verselbstständigen, die für bestimmte Orte immer weiter
konstruiert und bestätigt werden.
Das Thema Sicherheit taucht aber auch im Kontext der pädagogischen Institutionen auf.
Immer wieder wird bemängelt, dass an den Schulen zuwenig ‚aufgepasst’ wird. Jugendliche
wünschen sich dort mehr Kontrolle und Schutz, um Gewalt und Drogen einzudämmen. Für
das Haus der Jugend wünschen sich die Mädchen aus dem Mädchentreff auch mehr
regulierende Eingriffe gegen die Randale der Jungen.
Demgegenüber äußern sich aber die Jugendlichen auch kritisch gegenüber der
Kontrollmaßnahmen, die seit kurzem an der Weingartenschule praktiziert werden, z. B. das
Abschließen des Schulgeländes, Öffnung nur zu Beginn und zum Schluss der
Unterrichtszeiten und der Anmeldung des Toilettenbesuchs. Diese Regelungen sollen nach
Ansicht der SchülerInnen wieder zurückgenommen werden, weil sie zu streng seien.
Kommerz
Die Schilderung der Kinder und Jugendlichen zu ihrem Alltag zeigen, dass kommerzielle
Räume als Lebensräume einen großen Stellenwert haben. Dies gilt ohne Unterschied für
Kinder und Jugendliche, für Mädchen und Jungen. Hier finden viele Aktivitäten statt und
hierauf richten sich viele Wünsche.
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Für die Kinder sind die kommerziellen Angebote vor allem interessant wegen ihres
Treffpunkt- und Aufenthaltscharakter. Im Mittelpunkt steht in den weitaus meisten Fällen
nicht der Wunsch ‚Geld auszugeben’. Die kommerziellen Angebote sind durch die Eltern
zumindest teilweise mit Verboten belegt, weil die Eltern befürchten, dass den Kindern an
diesen Orten etwas zustoßen könnte. Zum Teil wurde in diesem Zusammenhang von den
Kindern der Begriff ‚Entführung’ genannt. Die Verbote sind umso strenger, je größer und
unübersichtlicher das jeweilige kommerzielle Angebot ist. Die meisten Verbote richten sich
gegen das Main-Taunus-Zentrum. Außerdem befürchten viele Eltern nach Aussagen der
Kinder, dass bei ihren Kindern als potentielle Kundinnen und Kunden Bedürfnisse geweckt
und entwickelt werden, die dann von ihnen eventuell nicht befriedigt werden könnten.
Teilweise findet die Nutzung der kommerziellen Angebote auch als Familienaktivitäten statt.
Vor allem die Kinder berichten von Schwimmbad- und Erlebnisparkbesuchen mit den Eltern.
Das ‚mitgehen müssen’ zu Einkäufen der Eltern wird von den Kindern in vielen Fällen
abgelehnt, vor allem, weil es hierbei meist nicht um die Befriedigung ihrer eigenen Wünsche
geht. Diese Ablehnung wird noch stärker, wenn die Kinder sich in dem jeweiligen Geschäft
bzw. dem Geschäftsbereich nicht alleine bewegen dürfen. Dies bezeichnet eine Ambivalenz,
da einerseits diese Orte für die Kinder attraktiv sind, sie andererseits aber nicht so genutzt
werden dürfen, wie die Kinder dies wollen. So sind Einkaufstouren mit den Eltern nicht
unbedingt ein Vergnügen für die Kinder, wie sie bekunden: „Ich gehe nicht gerne nach Kriftel
zum real, weil ich da fast jeden Tag mit meinen Eltern bin“ (Gruppeninterview).
Zu unterscheiden sind kommerzielle Freizeit- und Vergnügungsangebote und kommerzielle
Warenkonsumangebote. Zur ersten Kategorie lassen sich Schwimmbäder, Freizeitparks,
Kino, Bowlingbahn, Kneipen, Eisdiele, Cafe, Internet- und Billardcafe zählen. Die Befragten
berichten, dass sie sich dort gerne und oft aufhalten. Diese Orte gehören zur
selbstverständlichen und begehrten Lebenswelt. Umgekehrt war ihr Fehlen oftmals Anlass
zu Klagen. Heranwachsende bemängeln, wenn in ihrer Nähe keine entsprechenden Freizeitund Vergnügungsangebote vorhanden sind. Betroffen hiervon sind vor allem Kinder und
Jugendliche, die außerhalb Hofheims wohnen. Eine exklusive Position nahm bei diesen
Klagen im übrigen McDonald’s ein. Dieser Ort scheint in besonderer Weise die begehrten
faszinierenden Vergnügungswelten zu symbolisieren. So etwas in der Nähe zu haben, wird
zum Inbegriff des Glücks. Dabei geht es gar nicht unbedingt darum, dauernd dort zu sein
und zu konsumieren, sondern alleine schon die Möglichkeit, jederzeit dorthin zu können,
befriedigt ein Bedürfnis.
Auch die Einkaufsterritorien sind selbstverständliche und begehrte Aufenthalts- und
Erlebnisorte. So war immer wieder zu hören, dass das Bummeln durch Ladenstraßen und
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Einkaufszentren eine willkommene Freizeitbeschäftigung für die Heranwachsenden ist.
Diese Orte sind beliebte „Ausflugsziele“ am Nachmittag und Wochenende. Im Mittelpunkt
steht dabei weniger das Kaufen von Waren als vielmehr die Teilhabe an dieser Welt durch
Dabei Sein und Beschauen.
Es geht des weiteren auch um das Erlebnis eigenständigen Konsums, d. h. um die
Möglichkeit, Dinge leicht verfügbar zu haben, die begehrt werden. So war in vielen Interviews
von Kindern und Jugendlichen zu hören, dass sie Einkaufsmöglichkeiten in ihrer Nähe
wünschen: z. B. Aldi, Orsay, Tankstellen (weniger wegen des dort erhältlichen Treibstoffs als
vielmehr ihre Kombination mit kleinen Lebensmittelläden). Die Zentralisierung des Konsums
in
städtischen
Sonderzonen
nimmt
Heranwachsenden
offensichtlich
einerseits
Unterhaltungsorte, andererseits aber schränkt sie auch Autonomiemöglichkeiten ein – die
Möglichkeit, eigenständig und nach eigenem Geschmack zu konsumieren. Vor allem
Mädchen äußern vielfach den Wunsch nach mehr Kleiderläden, insbesondere auch in den
Stadtteilen.
Teilhabe am Kommerz setzt jedoch immer auch Geldbesitz voraus. Dieser scheidet die
Jugendlichen in zwei Gruppen: Zum einen gibt es Heranwachsende, die offenbar über
ausreichende Geldbeträge verfügen (sei es selbstverdient oder aus familiären Quellen), um
ohne sonderliche Verzicht- und Sparleistungen die gewünschten Konsumangebote auch
uneingeschränkt nutzen zu können. Zum anderen gibt es aber auch Mädchen und Jungen,
denen das Geld hierfür fehlt, die zurückstecken und Verzicht leisten müssen. Sich nicht alles
leisten zu können, was man gerne möchte und dass die Kosten für die Mobilität zu hoch
sind, davon berichten zahlreiche Jugendliche. Der Leidensdruck scheint jedoch in den
meisten Fällen nicht allzu groß zu sein. Deutlich anders stellte sich dies nur in dem
Gruppengespräch im Hofheimer Jugendhaus dar. Hier wurde von den BesucherInnen über
eklatante Einschränkungen aufgrund des fehlenden Geldes berichtet: Taschengeld gibt es
kaum („Vergiss es!“), Verdienstmöglichkeiten nur bisweilen. Kneipen werden nur selten
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besucht, weil man dort etwas bestellen muss und so ist das Haus der Jugend der zentrale
Anlaufpunkt, weil man für etwas anderes kein Geld hat.
Der Wunsch nach öffentlichen und kommerziellen Räumen, die nichts kosten und
gleichzeitig über eine attraktive Aufenthaltsqualität verfügen, steht bei Jugendlichen mit
wenig oder keinem finanziellen Einkommen weit oben auf der Wunschliste.
Sport und Bewegung
Im Freizeitleben der befragten jungen Menschen nehmen Sport und Bewegung eine
prominente Rolle ein. Gemessen an der Häufigkeit der Thematisierungen gibt es keine
Freizeitaktivität, die an die sport- und bewegungsbezogenen heranreichen könnte – und dies
sowohl bei Kindern wie auch bei Jugendlichen. Im Jugendalter rückt sie jedoch für Mädchen
vergleichsweise in den Hintergrund. Zumindest wird es von diesen weniger genannt. Zu
bedenken ist jedoch hier, dass in dieser Altersgruppe die Zahl der befragten Mädchen
gegenüber der Gruppe der befragten Jungen niedriger war.
Bei der Fragebogenaktion in den Schulen
geben
75%
der
Mädchen
und
Jungen
zwischen 11 und 13 Jahren an, dass ihnen
Sport wichtig sei, und fast 89 % berichten,
dass sie öfter bis sehr häufig Sport treiben.
Bei den 14- bis 17jährigen spielt Sport generell auch eine große Rolle: 65 % beurteilen Sport
als wichtigen Bestandteil ihres Freizeitlebens und 80 % geben an, öfter bis sehr häufig
sportlich aktiv zu sein.
Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren haben viel Bewegung im Alltag, da nahezu alle
Wege
zu
Fuß
oder
mit
dem
Fahrrad
zurückgelegt
werden
(müssen).
Viele
Bewegungsangebote, die in Hofheim und den Stadtteilen angeboten werden, werden von
den Kindern gut angenommen. So ist es auffällig, dass besonders viel Fußball gespielt wird,
sei es im Verein oder als ‚Bolzen’ auf den verschiedensten Flächen. Die beeindruckend
vielen Bolzplätze in Hofheim und den Stadtteilen werden intensiv genutzt. Diese Tätigkeit
wird vor allen Dingen von Jungen ausgeübt, in einem vergleichsweise ungewöhnlich hohen
Maß aber auch von Mädchen. Andere Sportarten, aktuell insbesondere auch das
Schwimmen, wurden zwar erwähnt, aber nicht mit dem Stellenwert des Fußballspiels.
In den Gruppengesprächen wurde eine große Palette von Sportaktivitäten genannt, die in
Vereinen betrieben werden: Fußball, Volleyball, Tischtennis, Basketball, Handball,
Schwimmen, Reiten, Tanzen, Judo, Leichtathletik. Vor allem in den Interviewgruppen mit
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jüngeren Mitgliedern nannten alle mindestens eine Sportvereinsaktivität. Dazu kommen
Sport-AG’s in den Schulen und nicht-organisierte, informelle Sportaktivitäten. Dies sind vor
allem Straßenfußball, Schwimmen und Skaten, bei einzelnen Kindern auch Radfahren
(auffällig war, dass das Radfahren insgesamt nur wenig genannt wurde). Besonders die
Jungen weisen eine hohe Selbstorganisationskompetenz auf, was den informellen
sportlichen Bereich betrifft. Sie verabreden sich mit Freunden zum kicken, skaten usw. und
umgehen so zum Teil auch die Verpflichtungen, die eine Mitgliedschaft im Verein bedeuten
würde. Eine besondere Rolle spielt das Skaten: In fast jedem Gespräch mit Jugendlichen
wurde von Jungen – wenn auch nicht von allen - zur Sprache gebracht, dass passende Orte
zum Skaten fehlen, dass die, die es gibt, zu weit weg oder unattraktiv sind. Bei Mädchen
steht insbesondere auch das Reiten, sowohl vereins- wie vereinsungebunden hoch im Kurs.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass alle Bewegungsangebote, im öffentlichen Raum als auch auf
Vereinsgelände, mit Ausnahme des Reitens auffallend wenig von Mädchen genutzt werden.
Treffpunkte
Zum Thema Treffpunkte werden an dieser Stelle insbesondere die Spielplätze in ihrer
Bedeutung sowohl für Kinder als auch für Jugendliche analysiert und so genannte informelle
Orte betrachtet.
Für die 7 bis 11jährigen Kinder haben die Spielplätze eine relativ große Bedeutung. Sie
werden nach dem Erzählen der Kinder auffallend häufig benutzt. Dies weist zunächst auf
eine insgesamt gute Aufenthaltsqualität hin und die gute Unterhaltung durch die Stadt
Hofheim. Allerdings lässt sich feststellen, dass es eine gute und ausreichende Ausstattung
für Kleinkinder und jüngere Kinder, aber wenig Angebote für die älteren Kinder gibt.
Es gibt viele Aussagen von Nutzungskonflikten. Sehr häufig wird die Ausstattung der
Spielplätze genannt, indem die vorhandenen Spielmöglichkeiten für Jüngere als ‚Babykram’
19
bezeichnet werden. Dies weist auf den Konflikt hin, dass diese Kinder noch bis vor kurzer
Zeit selbst NutzerInnen dieser Spielgeräte waren und sich ihnen nun entwachsen fühlen. Die
Spielausstattung ist ihnen vertraut und sie wollen sich davon absetzen. Oftmals werden auch
Konflikte mit Älteren, insbesondere mit Jugendlichen genannt. Kritisiert wird, dass
Jugendliche die Jüngeren vertreiben und den Spielplatz okkupieren und dann Dreck und
Vandalismusspuren hinter lassen, z. B. in der Klarastraße in Marxheim oder in der Talstraße
in Lorsbach. Teilweise gibt es bei den Kindern Forderungen an eine bessere Ausstattung
von bestimmten Räumen für Jugendliche, damit ihnen in ihrem eigenen Spielbereich kein
Konflikt droht. Im Übrigen kritisieren die älteren Kinder bei den Jugendlichen ein Verhalten
der Besitzergreifung, welches sie selbst gegenüber den Jüngeren tätigen bzw. umsetzen.
Auffällig ist, dass keinerlei Konflikte mit den anwohnenden Nachbarn erwähnt worden sind.
Spielplätze werden von den Kindern nach telefonischer Verabredung gemeinsam und
zielgerichtet genutzt. Dies bedeutet, dass die Kinder nicht einfach zum Spielplatz gehen, um
mal nachzuschauen, ob jemand dort ist, mit dem sie spielen können. Dies gilt nicht für
Jugendliche. Einige Spielplätze sind etablierte informelle Anlaufstellen für die Älteren. Es ist
zu vermuten, dass die Jugendlichen die Plätze aus ihrer Kindheit kennen und sie nun – wenn
auch mit anderen Bedürfnissen – einfach weiter nutzen. Sie treffen sich auf den Plätzen um
zu reden, abzuhängen und zu rauchen bzw. abends z. T. auch zum Alkohol trinken. Sie
wünschen sich mehr Sitzangebote möglichst mit Überdachung.
Zu bedenken ist, dass die Bedeutung der Spielplätze für Kinder und Jugendlichen mit dem
Mangel an privatem Raum steigt. Dort, wo die Wohnverhältnisse beengt sind, wo viele
Geschwister vorhanden sind und kein eigenes Zimmer zur Verfügung steht, steigt
zwangsläufig das Angewiesensein auf öffentliche Raumangebote.
Die Nennung so genannter informeller Treffpunkte erfolgte fast nur bei den Jugendlichen.
Für Kinder im Altersbereich von 7 bis 11 Jahre gibt es kaum informelle Aufenthaltsräume.
Meistens treffen sich die befragten Kinder nach telefonischer Verabredung und gezielt in
bestimmten Räumen (z. B. im eigenen Garten oder bei FreundInnen zu Hause). Im Rahmen
20
dieser gezielten Verabredungen haben natürlich Spielplätze den Charakter eines
Treffpunktes, wenn mehrere Kinder, die sich zu zweit oder zu dritt verabredet haben, auf
dem Spielplatz auf weitere kleine Gruppen treffen und sie gemeinsam spielen.
Den Charakter von informellen Treffpunkten für Kinder nehmen am ehesten ‚Nutzplätze’ an,
wie z. B. kommerzielle Angebote, zu denen sie ihre Eltern begleiten und bei denen sie
unvermutet andere Kinder treffen. Hier sind vor allem die Eisdielen, TOYS“R“US und das
Main-Taunus-Zentrum zu erwähnen.
Interessanterweise gibt es besonders in Marxheim Treffpunkte, auf denen größere Mengen
von Kindern mit jeweils individuellen Verabredungen zusammen kommen. Dies sind die
Außenanlagen und der Teich am Kreishaus, die Drachenwiese und die Plätze an den
Kirchen.
Die Treffpunkte der Jugendlichen liegen sowohl in den Wohnquartieren als auch außerhalb
in offenen Naturräumen. Viele dieser Orte haben einen exklusiven gruppenbezogenen
Charakter, d.h. es sind Treffpunkte für geschlossene Cliquen. Nur wenn man Mitglied einer
bestimmten Gruppe ist, trifft man sich an dem jeweiligen Ort. So kann es bei der Auswertung
der Interviews auch nicht weiter erstaunen, dass einzelne konkrete Treffpunkte auch nur von
einzelnen Gruppen genannt wurden, während sie in anderen Gruppeninterviews überhaupt
nicht thematisiert wurden.
Ebenso gibt es aber auch offene, eher Cliquen übergreifende informelle Treffpunkte. Eine
besondere Bedeutung haben hierbei die Freibäder. Man geht dorthin, ‚weil alle da sind’. Die
Qualität eines Treffpunktes richtet sich also danach, inwieweit er garantiert, dass man dort
andere Jugendliche ohne größere Absprachen antreffen kann. Die können entweder
Mitglieder der eigenen Clique oder auch allgemein Gleichaltrige sein.
Eine nicht unerhebliche Rolle bei der Nutzung von informellen Treffpunkten spielt das Geld.
So wird erklärt, dass man sich dort auch gerade deshalb trifft, weil das Geld für kommerzielle
Orte nicht ausreicht. „Es müsste mehr Angebote und Treffpunkte für junge Menschen geben,
21
da sein für junge Leute, die gar kein Geld haben, wie ich z. B.. Es ist zu teuer, das Leben
sonst“ (Mädchen, 18 Jahre). Die jugendliche Nutzung öffentlicher Räume scheint demnach
oftmals ganz direkt durch die jugendspezifische ‚materielle Not’ geboten zu sein.
Außerdem sind es Orte, die sich dem ‚pädagogischen’ Zugriff entziehen. „Ich würde mehr
Plätze schaffen, an denen sich Jugendliche ungestört treffen können. (...) Keine Ahnung, am
Wald oder so, so Bänke und so Tische, so ganz normale Sachen, so was gibt es hier halt
nicht“ (Junge, 18 Jahre).
Nicht bei den Kinderinterviews, wohl aber in den Jugendlicheninterviews wird als wichtiges
Freizeitthema das „Nichtstun“ in seinen verschiedenen sprachlichen Varianten (Abhängen,
Rumhängen, Gammeln, Chillen) durchgängig benannt. Dieses „Nichtstun“ ist immer
verbunden mit einer Gruppensituation. Man hängt mit anderen, mit Freunden gemeinsam ab.
Das ist entscheidend. Als Orte für das Nichtstun werden vor allem öffentliche Räume
genannt (z. B. Spielplätze, Plätze, Wiesenflächen), aber auch die Jugendeinrichtungen. Aber
auch das eigene Zuhause stellt für viele einen Ort dar, an dem man mit Freunden, in diesem
Fall aber auch mal allein „abhängt“.
Kinder- und Jugendarbeit und Vereine
Welche Rolle spielen Vereine, welche spielen die verschiedenen Angebote der Jugendarbeit
für die Freizeit von Kindern und Jugendlichen in Hofheim? Lassen sich in der Zugehörigkeit
zu Vereinen und in der Häufigkeit der Nutzung von Vereinsangeboten Unterschiede
zwischen verschiedenen Gruppen, etwa nach Geschlecht oder Alter, feststellen? Gibt es
wesentliche Unterschiede zwischen den Stadtteilen? Und vor allem: Sind es unterschiedliche
Gruppen, die Vereine oder Jugendarbeitsangebote nutzen, oder gibt es Überschneidungen?
Suchen
vielleicht
einige
Jugendliche
institutionell
organisierte
Geselligkeit
und
Freizeitaktivitäten sowohl im Verein als auch in der Jugendarbeit, während andere vielleicht
beide Formen meiden oder ihre Freizeit lieber allein oder in „peer-groups“, Cliquen etc.
selber organisieren? Und wenn sich unterschiedliche Nutzer- und Nutzerinnengruppen
differenzieren lassen: Wodurch unterscheiden diese sich? Eher in sozialen Merkmalen oder
eher generell in ihren Freizeitinteressen? Die Auswertung der schriftlichen Befragung und
der Bewegungslandkarten sowie der zahlreichen Interviews geben an dieser Stelle wichtige
Hinweise auf die Nutzungsstruktur der Angebote von kommunaler und kirchlicher
Jugendarbeit sowie Vereinsangeboten.
22
Kommunale und kirchliche Kinder- und Jugendarbeit
Für die Kinder im Alter von 7 bis 11 Jahren lassen sich in Bezug auf die Angebote der
Kinder- und Jugendarbeit relativ wenig Aussagen treffen, da bedingt durch die Methode der
Bewegungslandkarten und die Fragestellung der Untersuchung die Kinder nicht alle
Tätigkeiten, sondern nur die beliebtesten bzw. die am wenigsten beliebtesten angeben. Vor
dem Hintergrund dieser methodenbedingten Einschränkungen lassen sich folgende
Aussagen treffen:
Betrachtet man die Gesamtheit der Kinderaussagen wird das Spielmobil von den Kindern
vergleichsweise wenig erwähnt. Dies ist jedoch zu relativieren, da das Spielmobil nur
einzelne Stadtteile anfährt und dort auch nur Teile der jeweiligen Alterskohorten dieses
Angebot nutzen. In Marxheim wird es überhaupt nicht thematisiert, was sich aber dadurch
erklären lässt, dass dieser Ort vom Spielmobil nicht angefahren wird. Wenn das Spielmobil
jedoch genannt wird, ist seine Nutzung positiv belegt. Bei den Gruppeninterviews zeigen sich
die Kinder zufrieden mit den Angeboten des Spielmobils, allerdings wünschen sie sich, dass
es häufiger verfügbar sein soll. Jugendliche, die einzeln befragt wurden, erinnerten sich
daran, dass sie das Spielmobil früher viel genutzt haben, jetzt aber zu alt dafür sind.
Das Museum und die dortigen Kinderangebote werden von einigen Mädchen und Jungen als
sehr wichtig bezeichnet. Hier erheben die Kinder oft Forderungen an eine Ausstattung, die
ihrem Alter angemessen ist.
Wenn die Betreuungsangebote überhaupt Erwähnung finden, werden sie in vielen Fällen als
einengend und langweilig kritisiert. Teilweise haben die Kinder in der ersten Phase der
Bewegungslandkarte, als sie ihren Tagesablauf spielten, die Betreuung einfach vergessen
und sind nach Schulschluss mit ihren FreundInnen nach Hause gerannt. Erst beim Rückruf
und der erneuten Nachfrage erinnerten sie sich an die Betreuung.
Zusammenfassend für die Bewegungslandkarten kann die Schlussfolgerung gezogen
23
werden, dass sich die Wünsche der 7- bis 11jährigen Kinder nicht an (kontinuierliche)
Betreuungs- und organisierte Freizeitangebote richten. Teilweise wollen sie ‚Grenzensetzer’
oder ‚Aufpasser’, welche die Nutzung der Angebote im öffentlichen Raum regeln und im Fall
von Nutzungskonflikten regulierend eingreifen. Außerdem sind die Kinder in hohem Maße
interessiert an Nutzungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum, die einen Angebotscharakter
haben und die ihnen Erfahrungsmöglichkeiten bieten (z. B. bei der Forderung nach einem
Streichelzoo).
Ungefähr ein Viertel der schriftlich befragten Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 18
Jahren geben an, manchmal Angebote der Jugendarbeit zu besuchen. Zwischen den
verschiedenen Gruppen gibt es dabei zunächst keine offensichtlichen Unterschiede.
Ausnahme sind die Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die mit 31% einen
generell höheren Anteil an der Nutzung der Angebote haben.
Max. jeweils 6 % aller Befragten gaben an, je eines der folgenden Jugendangebote öfter
oder gelegentlich zu besuchen: Offener Treff im Haus der Jugend, Mädchentreff im Haus der
Jugend, Spielmobil, Jugendtreffs in den Stadtteilen, Jugendangebote der evangelischen
bzw. der katholischen Kirche.
Die Bedeutung der Jugendarbeit für die jungen Menschen ist unterschiedlich. Für diejenigen
jungen Menschen, die sich als gelegentliche NutzerInnen der Jugendarbeit bezeichnen, hat
Jugendarbeit einen wichtigen Stellenwert für die Freizeitgestaltung. Im Vergleich liegt die
Zahl der Vereinsmitglieder, die mindestens einmal oder mehrmals wöchentlich ein Angebot
des Vereins nutzen, deutlich höher. D. h. es gibt gravierende Unterschiede in der
Nutzungsstruktur bei Vereinsmitgliedern und den BesucherInnen der Jugendarbeit (vgl.
Kapitel Vereine).
17 % aller Befragten geben an, dass ihnen die Freizeitaktivitäten im Jugendtreff wichtig oder
24
sehr wichtig sind – aber bezogen auf die Gruppe der tatsächlichen BesucherInnen sind dies
ungefähr zwei Drittel. Für die jungen Menschen, die die Jugendarbeit aktiv nutzen, ist diese
offensichtlich sehr bedeutsam. Oder auch: Für die Gruppe der Jugendarbeitsnutzer haben
diese Angebote nahezu dieselbe Wichtigkeit, wie die Vereine für die Vereinsmitglieder.
Mittels der schriftlichen Befragung kann zu den Jugendtreffs in den Stadtteilen folgende
Aussage getroffen werden: Rund 3 % der Befragten geben an, einen Jugendtreff in einem
Stadtteil zu besuchen. Diese sind zum größten Teil (90 %) deutsch. Jede und jeder zweite
von ihnen nimmt das Angebot ein bis mehrmals in der Woche in Anspruch. Die Jugendlichen
mit Migrationshintergrund besuchen die Treffs in den Stadtteilen deutlich seltener.
Die Jugendtreffs stellen Orte dar, an denen die Jugendlichen gerne und regelmäßig sind. Die
Schilderungen über das, was dort gemacht wird, sind eher unspektakulär: Reden, Musik
hören, Hackysack spielen, Chillen, Billard und Kicker spielen, soweit es die Einrichtung
ermöglicht. FreundInnen zu treffen und mit ihnen zusammen sein zu können, das wird immer
wieder als zentrales Anliegen hervorgehoben.
Die in den Gruppeninterviews befragten Kinder und Jugendliche sind alle NutzerInnen der
kommunalen bzw. kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit. Während sich die Kinder mit der für
sie bereitgestellten Infrastruktur der Spielmobile zufrieden zeigen, fällt das Bild bei den
Jugendlichen widersprüchlicher aus.
Sie betonen immer wieder, dass sie dort nur hingehen, weil es ansonsten keine Alternative
zum Treffen gäbe. Auch sind die Heranwachsenden nicht unbedingt zufrieden mit dem
Angebot, viele Beschwerden richten sich auf die von ihnen genutzten Jugendtreffs. In der
Rangliste ganz oben stehen die Beschwerden zur Quantität. Viele der Jugendclubs sind nur
einmal in der Woche geöffnet, vor allem in den späteren Abendstunden und am
Wochenende sind sie nicht zugänglich. Hier werden ausgeweitete Öffnungszeiten
gewünscht. Man will mehr Treffgelegenheiten haben, gerade weil es in der ländlichen Region
keine Alternativen gibt. Einzelne Jugendgruppen bieten zur Realisierung erweiterter
Öffnungszeiten Eigeninitiative in Form von Selbstverwaltung an.
Andere Klagen richten sich auf die Qualität. So wünschen sich die BesucherInnen der
Jugendtreffs generell mehr Platz, eine bessere Ausstattung, mehr Events am Wochenende
und auch ein besseres Verhältnis zu den Betreuerinnen und Betreuern. Kritik richtet sich
auch auf die angebotenen Ferienfreizeiten. Gerade die Älteren bemängeln, dass zu wenig
für ihre Altersgruppe angeboten würde und sie wünschen sich attraktivere, neue und
wechselnde Urlaubsorte im Süden.
Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit außerhalb des eigenen Stadtteils werden von
25
den Befragten deutlich weniger genutzt. Man weiß zwar von anderen Einrichtungen, geht
dort aber nicht hin und war auch größtenteils noch nie dort. Es lässt sich also eine hohe
Einrichtungsbindung und ein starker lokaler Quartiersbezug der Jugendtreffs verzeichnen.
Man geht in den Treff dort, wo man wohnt. Eine Ausnahme stellt hier höchstens das Haus
der Jugend in Hofheim dar. Etwa 5 % aller Befragten geben an, dass sie mehr oder weniger
regelmäßig BesucherInnen des Haus der Jugend in Hofheim sind (vgl. Kapitel Hofheim
Kernstadt).
Dazu kommt die in vielen Jugendtreffs erlebbare soziale Abgeschlossenheit. Vielfach sind
sie in der festen Hand von einzelnen Cliquen. Auch wenn es das grundsätzliche Prinzip der
Offenheit gibt, will man eigentlich Neue lieber nicht aufnehmen – so oftmals das eigene
Bekunden. Als z. B. während eines Interviews ein unbekannter Jugendlicher um den
Jugendraum herumläuft, wird er ignoriert und nicht zum Hineinkommen aufgefordert. In
einem Fall spiegelten sich Abschottungen auch darin wieder, dass der Jugendraum als
solcher von außen für Fremde überhaupt nicht zu erkennen war. Diese Abschließungen sind
verständlich und legitim, doch verweisen sie auf das grundsätzlich ungelöste Dilemma
offener Jugendarbeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit, und sie werfen die Frage auf,
welche Orte andere Jugendcliquen haben, wenn der einzige lokale Jugendraum durch eine
Gruppe besetzt ist. Das gleiche Problem stellt sich nach aller Erfahrung, wenn ältere Kinder
in das „Jugendclubalter“ hinein wachsen, die Räume aber noch durch ältere Jugendliche und
junge Erwachsene besetzt sind.
Etwa 6 % der Befragten bezeichnen sich als Nutzerinnen bzw. Nutzer der Angebote der
evangelischen Jugendarbeit. Die Nutzungsstruktur ist eine homogen deutsche. Lediglich ein
nicht-deutscher Jugendlicher erklärte, dass er ein Angebot der evangelischen Kirche
besuche. Hier kann eventuell ein Zusammenhang mit dem Zugang zur Jugendarbeit durch
den Konfirmationsunterricht gefunden werden. Insgesamt gehen von den genannten 6 % der
Befragten etwa 50 % mindestens einmal wöchentlich dorthin.
Bei der katholischen Kirche geben ebenfalls rund 6 % der Befragten an, das Angebot der
dortigen Jugendarbeit zu nutzen. Davon sind 15 % ausländischer Nationalität. Auch hier
zeigt sich bei den deutschen NutzerInnen eine relativ häufige Besuchsquote, 60 % besuchen
einmal oder auch mehrmals wöchentlich ein Angebot der katholischen Kirche. Bei den
ausländischen Jugendlichen zeigt sich eine geringere Nutzungsintensität.
Betrachtet man die Jugendarbeit insgesamt, d.h. Haus der Jugend, Stadtteilangebote und
kirchliche
Kinder-
und
Jugendarbeit,
dann
sind
auf
den
ersten
Blick
die
Nutzungsunterschiede zwischen deutschen und ausländischen BesucherInnen gering. 22 %
26
der nicht-deutschen Jugendlichen haben im Monat vor der Befragung Jugendarbeit in
irgendeiner Form besucht und 18 % der Befragten deutscher Nationalität. Auch die
Häufigkeit der Besuche bezogen auf den letzten Monat unterscheidet sich nicht signifikant.
Die Unterschiede zeigen sich erst, wenn man die einzelnen Angebote im Detail untersucht.
Nahezu doppelt so viele ausländische als deutsche junge Menschen geben an, dass ihnen
der Jugendtreff wichtig ist und nutzen ihn öfter bis sehr häufig.
Vereine
Für die Kinder von 7 bis 11 Jahren, die bei den Bewegungslandkarten befragt wurden,
können Schwerpunkte beschrieben werden:
Viele Kinder berichten von ihren Aktivitäten in einem Sportverein, dabei dominiert eindeutig
das Fußball spielen. Diese Sportart wird vor allem von Jungen ausgeübt, allerdings auch von
im Verhältnis auffallend vielen Mädchen. Bei nahezu allen anderen Sportarten dominieren
Einzeläußerungen; nämlich immer dann, wenn eine Aktivität im Verein entweder besonders
gern oder überhaupt nicht gern gemacht wird. Letzteres wird vor allem thematisiert, wenn die
Eltern die Teilnahme wünschen.
Am ehesten werden Vereine von Kindern benannt, wenn sie als BesucherInnen mitmachen
oder zuschauen wollten und dieses entweder nicht durften oder es ihnen dabei langweilig
wurde und es während dieser Zeit keine anderen Betätigungsmöglichkeiten gab.
Vereine spielen für die 11 bis 17jährigen Hofheimer eine große Rolle. Insgesamt sind über
zwei Drittel der von uns befragten SchülerInnen Mitglied in einem Verein. Von den
Vereinsmitgliedern dieser Altersgruppe sind rund 30 % sogar Mitglied in zwei oder mehr
Vereinen. Dabei dominieren eindeutig die Sportvereine. 87 % der Nennungen über eine
27
Vereinsmitgliedschaft betreffen Sportvereine, lediglich 13 % der Mitgliedschaften beziehen
sich auf andere Vereine. Genannt wurden dabei Jugendfeuerwehr, Schützenverein und
DLRG. Andere Vereine spielen – bezogen auf alle schriftlich befragten Kinder und
Jugendlichen - lediglich eine eher randständige Rolle.
Dabei geht es nicht nur um die Mitgliedschaft. Die Häufigkeit der Nutzung von
Vereinsangeboten zeigt, dass Vereine für die Freizeitgestaltung für viele junge Menschen
eine große Bedeutung hat. 94 % der Befragten, die Mitglied in einem Verein sind, haben im
letzten Monat aktiv an Vereinsangeboten teilgenommen, 81 % der Vereinsmitglieder haben
zumindest einmal wöchentlich oder öfter, mehr als die Hälfte zwei- bis dreimal wöchentlich
oder öfter Vereinsangebote genutzt.
55 % geben an, Aktivitäten im Verein für wichtig oder sehr wichtig zu halten.
Hinsichtlich der Vereinsbetätigung zeigten sich jedoch auch Unterschiede:
-
Jungen sind deutlich häufiger Mitglied in einem Verein als Mädchen (75 % vs. 63 %).
Ebenso sind deutsche Kinder und Jugendliche zahlreicher in einen Verein
eingebunden als Jugendliche ausländischer Herkunft. Überraschend ist hier aber
durchaus, dass auch bei den Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund die
Vereinsmitglieder immerhin noch fast 58 % ausmachen.
-
Sportvereine
sind
offenbar
bedeutsame
Orte
für
Heranwachsende.
Mit
zunehmendem Alter nimmt die Mitgliedschaft in einem Verein jedoch deutlich ab:
Während von den 11 bis 13jährigen 76 % Mitglied in einem Verein sind, sind es bei
den 14 bis 17jährigen lediglich noch 62%. Zwischen dem 13. und 14. Lebensjahr geht
die Bedeutung von Vereinen deutlich zurück und dieser Rückgang setzt sich in den
folgenden Jahren fort. Dabei deutet sich auch an, dass die Bindungsfähigkeit der
Vereine bei Jugendlichen nachlässt. Zumindest war von den Jugendlichen
stellenweise zu hören, dass sie zwar früher im Sportverein waren, aber eben jetzt
nicht mehr. Mädchen erzählten beispielsweise von Problemen mit einer Trainerin,
weshalb sie den Verein verließen. Ein anderes Mal waren es die nachrückenden
Jüngeren in der Sportgruppe, welche die Älteren veranlassten zu gehen.
Gruppenumstrukturierungen
wie
auch
das
Älterwerden
im
Sportverein
ist
offensichtlich mit gewissen Abwanderungsrisiken verbunden. Gleichwohl gilt auch für
die Jugendlichen, dass Vereinsangebote ganz offensichtlich weiterhin ein wichtiger
Bestandteil der Freizeit sind.
-
Unterschiede gibt es auch zwischen den Stadtteilen: Befragte aus Wallau gaben nur
zu 55 % an, Mitglied in einem Verein zu sein. Langenhain und Lorsbach können mit
76 % einen überdurchschnittlichen Anteil an Vereinsmitgliedern aufweisen. Die
28
anderen Stadtteile schwanken ungefähr um den Durchschnitt von zwei Drittel der
Befragten.
-
In der Bedeutung der Sportvereine gibt es dagegen keine Unterschiede zwischen den
Gruppen: Mädchen und Jungen, Ältere und Jüngere, deutsche oder ausländische
Nationalität unterscheiden sich zwar in dem Ausmaß, in dem sie Mitglieder in einem
Verein sind, aber grundsätzlich stehen die Sportvereine ganz vorne, wenn es um die
Wahl einer Mitgliedschaft geht.
Bedauert wird insbesondere von den Jungen, dass das Vereinsgelände in den meisten
Fällen für die Nutzung während der Freizeit verboten ist. Viele Forderungen der Kinder
richten sich an die Öffnung des Vereinsgeländes. Insbesondere auch von Kindern und
Jugendlichen, die ihre Geschwister oder FreundInnen beim Vereinsbesuch begleiten und
während dieser Zeit aber selbst keinen Vereinssport ausführen. Auch Jungen, die nach dem
Training gerne noch für sich kicken möchten, benennen den Bedarf. Diese Forderung
bezieht sich sowohl auf die zeitliche Dimension (Öffnungszeiten des Vereinsgeländes) sowie
auf die Nutzung der Ausstattung des jeweiligen Geländes.
Gemeinsamkeiten und Differenzen von Vereinsmitgliedern und Besuchern der
Jugendarbeit
Meistens wird vermutet, dass die NutzerInnen von Angeboten der Vereine nicht die
Angebote der Jugendarbeit nutzen und umgekehrt. Wir konnten jedoch feststellen, dass dies
zumindest in Hofheim nicht stimmt. Bei der schriftlichen Befragung wurde festgestellt, dass
rund ein Drittel aller Befragten bezogen auf den letzten Monat vor der Befragung weder
Vereine noch Jugendarbeit besuchte. Die Hälfte von ihnen besuchte Vereine, aber keine
Angebote der Jugendarbeit. 13 % aber nutzen sowohl Angebote der Vereine als auch der
Jugendarbeit. Dagegen ist die Gruppe, die nur Angebote der Jugendarbeit nutzt
zahlenmäßig sehr klein und macht lediglich etwa 5% der Befragten aus.
29
Es gibt also ganz offensichtlich unterschiedliche Formen und Konstellationen der Nutzung
verschiedener institutioneller Freizeitangebote. Eine klare Trennung von Verein und
Jugendarbeit gibt es nicht. Die meisten NutzerInnen der Jugendarbeit sind auch in Vereinen
aktiv.
Wir haben daraus geschlossen, dass die Unterscheidung nicht zwischen Verein und
Jugendarbeit zu treffen ist, sondern eher zwischen der Nutzung von institutionalisierten
Formen von „geselligen“ Freizeitangeboten (zwei Drittel) und der Nichtnutzung dieser
Angebote (ein Drittel).
Dieses, gegen die Angebote von Vereinen und Jugendarbeit relativ immune Drittel der
jungen Menschen, haben wir genauer angesehen. Entgegen den Erwartungen lassen sich
jedoch kaum bestimmte Freizeitinteressen identifizieren, in denen sie sich deutlich von den
anderen zwei Dritteln unterscheiden, wenngleich Sport eine etwas geringere Bedeutung hat.
Es lassen sich aber keine Hinweise darauf finden, dass Aktivitäten, die eher alleine und
zuhause stattfinden (z. B. Computer, Lesen, Fernsehen), in dieser Gruppe besonders
ausgeprägt seien. Gemeinsame Aktivitäten mit anderen, wie z. B. FreundInnen besuchen,
sind für diese Gruppe genauso wichtig wie für andere Kinder und Jugendliche. Es spricht
deshalb
einiges
dafür,
dass
es
dieser
Gruppe
gelingt,
ihre
Bedürfnisse
nach
gruppenbezogener Freizeitgestaltung mit anderen Jugendlichen selbst zu organisieren.
Etwas größere Unterschiede lassen sich nur bezüglich der Lebenssituation feststellen.
Ausländische Jugendliche sowie die Altersgruppe der 14 bis 17jährigen sind etwas häufiger
vertreten. Ihre Familiensituation unterscheidet sich dadurch, dass in dieser Gruppe
diejenigen, die in einem alleinerziehenden Haushalt wohnen, überdurchschnittlich vertreten
sind. Jeder fünfte Jugendliche, der dieser Gruppe zuzurechnen ist, lebt in dieser
Haushaltsform. Mehrgenerationenhaushalte, in denen mit Eltern und Großeltern(-teil)
zusammen gelebt wird, sind hingegen seltener als im Durchschnitt zu finden.
Wahrscheinlich liegen für diese Gruppe die Zugänge zu Verein und Jugendarbeit nicht in der
Alltagsnormalität, vielleicht brauchen sie den Zugang aber auch gar nicht und sind so wie es
ist zufrieden.
Bezogen auf die Verbindung von Verein und Jugendarbeit lässt sich außerdem feststellen,
dass die Jugendarbeit nicht ein Ersatz für Vereine ist. Im Gegenteil ist die Zahl der jungen
Menschen, die Angebote beide Formen nutzen größer als die derer, die nur im Bereich der
Jugendarbeit aktiv sind.
Für junge Menschen, die zwar die Jugendarbeit, nicht aber die Vereine nutzen, bietet die
Jugendarbeit Kontaktmöglichkeiten mit vereinsangehörigen jungen Menschen.
30
Nutzungskonflikte
Nutzungskonflikte sind bei der vorliegenden Untersuchung dann konstatiert worden, wenn
bei den Erzählungen der Kinder und Jugendlichen in Hofheim unterschiedliche Interessen
sich an einem speziellen Ort oder zu einem bestimmten Thema feststellen lassen.
Überschneidende Interessen und die Auseinandersetzung damit gehören zum täglichen
Leben der jungen Menschen. Sie betreffen die Nutzung von Orten (z. B. Spielplätze), die
Konfrontation mit häufig ungleichen Gegnern (z. B. Verkehr) und natürlich mit den
unterschiedlichsten Altersgruppen.
Nutzungskonflikte erleben die Kinder im Alter von 7 bis 11 Jahren vor allen Dingen auf den
Spielplätzen in Bezug auf Jüngere („Babykram“) und Ältere. Nutzungskonflikte bestehen
weiterhin auch auf den Sportflächen. Interessant und wichtig ist an dieser Stelle die
Auseinandersetzung mit den Altersunterschieden. Kinder und Jugendliche berichten häufig,
dass Plätze von Altersgruppen belegt werden, denen sie selbst gerade entwachsen sind. Sie
wollen sich von ihrem vorhergehenden ‚Jüngersein’ distanzieren und fordern dafür ein
Nutzungsverbot für die Kleineren. Dieser Konflikt gehört quasi zum Älterwerden dazu und ist
erst einmal nicht negativ zu bewerten. Trotzdem beinhaltet er den berechtigten Wunsch nach
angemessenen Rückzugsflächen, die jeder Altersgruppe zur Verfügung stehen sollten.
Nutzungskonflikte mit ‚ungeliebten Leuten’ werden von den Kindern an einzelnen Orten
erwähnt. Diese Nutzungskonflikte beziehen sich auch teilweise auf Gleichaltrige (z. B. an
einzelnen Orten in Wallau), die von den Kindern abgelehnt werden. Vor allen Dingen
beziehen sie sich aber auf Konflikte mit Jugendlichen, wie z. B. in den gesamten
Skatergeländen.
Der gesamte Bahnhofsbereich in der Hofheimer Kernstadt und auch der dort gelegene
Schwarzbach werden häufig als ungeliebte Fläche benannt. Es stellt sich jedoch die Frage,
ob hier ein tatsächlicher Nutzungskonflikt vorliegt. In den meisten Fällen dürfen und wollen
die Kinder diesen Raum gar nicht nutzen. Ein Nutzungskonflikt könnte jedoch in Bezug auf
den Schwarzbach selbst bestehen, da dort teilweise Forderungen der Kinder an eine
31
kinderfreundliche Gestaltung des Baches und an die Nutzung von Wasser formuliert werden.
Gelegentlich werden auch Konflikte mit den Vorstellungen der Eltern erwähnt, die Verbote für
bestimmte Räume aussprechen, z. B. für den Wald. Diese Räume sind aber eigentlich mit
einem kindgemäßen Nutzungswunsch belegt.
Auch die Jugendlichen in Hofheim und den Stadtteilen formulieren in Bezug auf für sie
attraktive
Räume
häufige
Nutzungskonflikte.
Diese
beziehen
sich
sowohl
auf
altersdifferierende Nutzungen von einzelnen Räumen (z. B. Spiel- und Bolzplätzen) sowie
auch auf die Belegung von Orten durch unterschiedliche Cliquen (z. B. Jugendclubs). Ein
Mädchen aus Marxheim beschreibt diesen Konflikt folgendermaßen: „Es gibt das
Jugendhaus, die machen gar nichts, die machen zweimal die Woche auf von drei bis sieben
Uhr. Da sind nur kleine Kinder. Die Kleinen müssten raus, damit es wieder Spaß macht
dorthin zu gehen“ (Mädchen, 16 Jahre).
Außerdem gibt es verständlicher Weise ganz erhebliche Nutzungskonflikte zwischen Kindern
und Verkehr. Kinder sind hier immer die Schwächeren und spüren dies sehr genau.
Teilweise
werden
Verkehrsflächen
als
Grenze
und
Barriere
des
kindlichen
Bewegungsraumes erlebt, es führt aber nicht zu einem Nutzungskonflikt, da die Kinder an
diesen Orten gar nicht sein wollen. Dies gilt z. B. in Wallau für die Autobahnen oder die ICETrasse (vgl. Kapitel Wallau).
Kulturelle Abgrenzungen und Sortierungen
Insgesamt gibt es bei den Kindern wenige Abgrenzungen untereinander. Besonders auffällig
ist, dass bei den Jüngeren die Flüchtlingswohnheime ( z. B. in Marxheim) nicht erwähnt
werden, auch generell ‚AusländerInnen’ nicht. Wenn Abgrenzungen auffallen, dann
insbesondere
durch
die
Verbote
der
Eltern.
Diese
betreffen
insbesondere
den
Bahnhofsbereich und werden vor allen Dingen von den Kindern der Kernstadt erwähnt. Hier
werden auch Differenzierungen gemacht, wie z. B. die ‚Haschbrüder’ am Bahnhof oder die
Jugendliche aus dem Jugendzentrum.
32
Abgrenzungen finden sich bei den Stadtteilen untereinander. In Wallau z. B. gibt es teilweise
Äußerungen bezüglich Distanzierungen gegenüber anderen Stadtteilen wie Diedenbergen.
Grundsätzlich ist hier jedoch zu vermuten, dass die Ortschaften in diesem Zusammenhang
vor allem erwähnt wurden, weil sie unbekannt sind. Diese Abgrenzung bezieht sich auch auf
das Industriegebiet Wallau.
In den Gruppengesprächen und den Einzelinterviews mit Jugendlichen zeigen sich an
einzelnen Stellen soziale Abgrenzungspraxen. Am auffälligsten war die räumliche
Abgrenzungslinie: So finden die Jugendlichen aus dem einen Ort andere aus einem anderen
Stadtteil grundsätzlich ‚blöd’ und – vor allem wenn es um die Jugendlichen in Hofheim selbst
geht – ‚aggressiv’. „Ich geh’ nicht so gerne nach Hofheim, auch nicht in das Jugendhaus, ich
habe gehört, dass es da immer Probleme gibt. Ich mag die Leute in Hofheim nicht. Ich geh’
manchmal mit meinen Freundinnen in den Jugendclub hier in Langenhain. Da kennen wir
uns alle“ (Mädchen, 15 Jahre). Es gibt zahlreiche lokalspezifische Abwertungen. In einem
Fall überklebte z. B. ein Jugendlicher aus einem ländlichen Bezirk bei der Punktmethode
während des Gruppeninterviews das Gebiet der Stadt Hofheim vollständig mit braunen
Punkten (die Farbe für unbeliebte Orte), um seine Antipathie zu demonstrieren.
Eine weitere Abgrenzungslinie ist die altersspezifische. Überraschenderweise wird diese
kaum von Kindern, dafür aber von Jugendlichen thematisiert. Sie halten sich z. B. von einem
Treff fern, weil dort immer „Kinder rumgammeln“.
Auch ideologische Abgrenzungen werden angesprochen. So äußern sich Jugendliche eines
Jugendtreffs abfällig über die Jugendarbeit in der ansässigen Kirchengemeinde, mit der sie
keinen Kontakt haben möchten: „Die ham überhaupt keine Ahnung, wenn die da ankommen
mit ihrem Kirchenscheiß, da kommen fünf Streber hin zu diesem Treff und sonst überhaupt
keiner“ (Gruppeninterview).
33
Die letzte Abgrenzungslinie ist die ethnische. Sie wurde ausschließlich im Zusammenhang
mit dem Haus der Jugend in Hofheim thematisiert. Während die ‚Nicht-Nutzer’ sich von
dieser Einrichtung abgrenzen, weil dort vor allem ausländische Jugendliche hingehen
würden („Ich fühl’ mich von den Leuten her da nicht so wohl, da sind halt auch viele
Ausländer und auch im Haus selber, ich war einmal drin, da ist eigentlich nie so richtig was
los“ (Mädchen, 14 Jahre)), formulieren hauptsächlich die männlichen Nutzer, dass sie als
Ausländer stigmatisiert werden und die anderen Jugendlichen nichts mit ihnen zu tun haben
wollen.
Die Jugendlichen berichten zudem von informellen räumlichen ‚Selbstsortierungen’. Es gibt
ein fein ausgebildetes Wissen untereinander, wer sich wo trifft bzw. wo man hingehen muss,
um die eigenen Leute zu treffen. So werden bestimmte Kneipen gemieden, weil ‚“da nicht so
unsere Leute sind“ (Gruppeninterview). Diese Binnendifferenzierung, die einzelnen Szenen
und Cliquen eigene klare Räumlichkeiten zuweist, scheint sich überwiegend wie
selbstverständlich herzustellen und letztlich akzeptiert zu sein. Zumindest wird nicht von
Konflikten zwischen einzelnen Gruppierungen berichtet. Man geht nicht dorthin, wo man
‚Fremde’ vermutet.
Es gibt auch ein Bewusstsein bei den Jugendlichen bezüglich einer unausgesprochenen
‚Sortierung’ der BesucherInnen der jeweiligen Jugendtreffs, d.h. dass diese Orte immer in
der Hand einzelner ‚Besetzercliquen’ sind und damit auch andere Jugendliche ausschließen.
So formuliert eine Jugendgruppe ganz offen, dass sich fremde Jugendliche letztlich nicht in
ihre Räume trauen würden.
34
Leben in lokalen Sozialräumen
Da die Bewegungslandkarten nur an drei Grundschulen (Taunusblickschule, Heiligenstockund
Pestalozzischule) durchgeführt
worden
ist,
sind die
Informationen
über
die
Lebenssituationen von 7 – 11jährigen Kindern für die drei Einzugsbereiche dieser Schulen
besonders umfangreich.
Für die Stadtteile Hofheims liegen gesondert Daten aus der schriftlichen Befragung vor, die
für die verschiedenen Teile der Kernstadt nicht differenziert sind. Dennoch sind diese zum
Vergleich der Stadtteile untereinander aufgeführt.
Hofheim – Kernstadt und Nordstadt
Zwischen den Quartieren Hofheim Kernstadt und Hofheim Nordstadt bestehen deutliche
Unterschiede, die zum einen mit der Lage, zum anderen auch mit der Struktur der
Wohnbebauung erklärbar sind.
Beiden Quartieren ist gemeinsam, dass die Kinder und Jugendlichen sich mobil in ihrem
nahen Lebensumfeld bewegen. Sowie in der Kernstadt als auch in der Nordstadt sind die
Kinder in ihrem nahen Lebensumfeld und auch generell über die Quartiersgrenzen hinaus
ausgesprochen mobil; das hat die Auswertung der Bewegungslandkarten gezeigt. Sie sind
zu Fuß unterwegs oder nutzen das Fahrrad, zum Beispiel um in die Fußgängerzone, in das
Haus der Jugend oder ins Krifteler Freibad zu kommen.
Der Verkehr in beiden Stadtteilen ist allgegenwärtig und wird auch als Hindernis bzw.
Bewegungsbarriere empfunden. Er ist jedoch nicht, wie z. B. in Marxheim, mit einem
Bewegungsverbot, sondern mit einem Achtungsgebot verbunden.
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Für beide Orte gilt, dass es keine einheitliche Kinderspielkultur gibt; die Kinder spielen an
vielen unterschiedlichen Orten und gehen verschiedenen Tätigkeiten nach. Bei den
Bewegungslandkarten war bei diesen Orten die Vielzahl der Nennungen von Spiel- und
Aufenthaltsorten und Lieblingstätigkeiten am breitesten von allen untersuchten Stadtteilen.
In den Bewegungslandkarten und in den Interviews zeigt sich, dass sich die Kinder und
jüngeren Jugendlichen in der Nordstadt hauptsächlich im Umkreis der Wohnung bewegen
und sich dort auf Spielplätzen, an Bushaltestellen oder Freiflächen zwischen den Häusern
treffen. Sie haben zwar von den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit gehört, sind aber
mehr daran interessiert, sich in der Clique zu treffen und wünschen sich Räumlichkeiten in
der vertrauten Umgebung. „Ich bin meistens mit Freundinnen unterwegs, gehen hier
spazieren, spielen mit den Jungs Fußball oder wir denken uns immer Spiele aus. In der
Innenstadt sind wir eigentlich nicht so viel, weil es hier mehr Spaß macht, weil hier sind mehr
Kinder in unserem Wohngebiet. (...) Meine Mutter hat mir schon mal angeboten zum
Jugendhaus zu gehen, aber ich gehe lieber mit meinen Freunden und so. Ich kenne auch ein
paar Angebote, zum Beispiel ‚Mädchentreff’, (...) aber ich war noch nicht da. Es würde mich
schon interessieren, aber wenn müssten wir alle zusammen gehen, mit den Freundinnen, da
halten wir auch immer zusammen, ist total fett. Wir rufen uns immer an und verabreden uns
jeden Tag. Wir gehen nicht oft auswärts, meine Eltern haben kein Auto. (...) Für dieses
Viertel (Kantstraße, Herrmann-Friesen-Straße) Verf.) könnte es ein normales Haus geben,
wo wir zusammen kommen könnten, weil auf dem Spielplatz gibt es nur unter der Rutsche
einen kleinen Platz, den wir uns mit Tüchern abgehängt haben. Aber die Jungs haben alles
wieder kaputt gemacht.“ (Mädchen, 13 Jahre). Die älteren Jugendlichen sind mit der
Situation in ihrem Wohnumfeld deutlich unzufriedener. Einerseits fühlen sie sich
eingeschränkt durch zu wenige Angebote vor Ort, andererseits scheinen sie sich nicht in
Richtung Innenstadt orientieren zu können oder zu wollen. Sie wünschen sich einen
Treffpunkt, der ihnen und ihrer Gruppe zur Verfügung gestellt wird; „(...) es soll etwas für
Jugendliche gebaut werden und nicht wieder Wohnungen. Es wird eine Tiefgarage gebaut,
was hat die Jugend von einer Tiefgarage? Man reißt alles ab und macht nichts neues, nur
Häuser (...).“ (Junge, 17 Jahre).
In der Nordstadt werden die meisten Nutzungskonflikte auf den Spielplätzen beobachtet.
Hier wird auch teilweise von Konflikten mit Erwachsenen berichtet, die den Spielplatz als
Ruhe- und Aufenthaltsort nutzen möchten (z. B. den Krankenhausspielplatz).
In der Kernstadt ist der Bewegungsradius größer; die Kinder und Jugendlichen partizipieren
von dem Angebot vor Ort und bewegen sich auch außerhalb ihres direkten Wohnumkreises.
36
Die Jugendlichen nutzen die kommerziellen („Ich gehe in Hofheim in den Tanzverein und
unternehme viel mit Freunden in der Stadt; so Eiscafes und so.“ (Mädchen, 15 Jahre)) und
nichtkommerziellen Angebote („Meistens bin ich am Bolzplatz am Kreishaus mit den
Freunden zum Fußball spielen. Manchmal treffen wir uns mit Freunden in der Bücherei. In
der Bücherei machen wir oft Hausaufgaben oder wir gehen meistens ins Internet“ (Junge, 14
Jahre)) vor Ort und orientieren sich mit zunehmendem Alter auch Richtung Frankfurt und
Wiesbaden.
Immer wieder ist Kriftel das Ziel von Unternehmungen für ältere Kinder und Jugendliche, vor
allem das Freibad und der Freizeitpark zum Skaten. Von vielen wird positiv hervorgehoben,
dass Kriftel gut mit dem Fahrrad oder z. T. sogar zu Fuß erreichbar ist.
Mit dem Älterwerden orientieren sich die Jugendlichen noch stärker auch außerhalb von
Hofheim. Wichtiger Zielort ist das Main-Taunus-Zentrum, vor allem durch das Kino,
verschiedene
Fastfoodketten
und
Einkaufsmöglichkeiten.
Ohne
Führerschein
oder
mobilisierte Freunde ist das MTZ jedoch schlecht zu erreichen und vielfach wird eine
bessere Anbindung gewünscht.
In beiden Quartieren spielt das Kino eine hervorragende Rolle im Erleben der Kinder und
Jugendlichen. Es konnte auch von den Kindern allein erreicht werden und nahezu alle Kinder
haben positive Erfahrungen mit dem Kino gemacht. Die Wünsche der Kinder richten sich
vielfach auf einen Ort, der die Funktion des alten Kinos künftig ersetzen soll. Auch die
Jugendlichen in Hofheim vermissen den zentralen Treffpunkt Kino. „Das Kino fehlt hier
wirklich. Es war früher immer billig und ganz gut“ (Mädchen, 17 Jahre). Vielfach wird
berichtet, dass nach der Schließung des alten Kinos nichts mehr passiert ist; „(...) oder das
mit dem Kino, das ist eine Sauerei. Das steht ja immer noch ungenutzt. Es wäre schön,
wenn es das noch gäbe.“ (Junge, 19 Jahre). Hierbei geht es vor allem um einen Treffpunkt,
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der kommerzielle und nichtkommerzielle Bedürfnisse gleichzeitig befriedigt. Das ‚sehen und
gesehen werden’ ist mindestens ebenso wichtig wie die Möglichkeit, sich die neusten
Kinofilme anzuschauen.
Auch bei der schriftlichen Befragung in den Schulen spielt das Thema Kino eine wichtige
Rolle. Bei der Abfrage der Wünsche für Hofheim führt der Vorschlag für ein neues Kino die
Hitliste an. 76 % aller befragten SchülerInnen geben dem Kino allerhöchste Priorität.
Ein wichtiges Thema bei den Jugendlichen ist der Besuch oder auch ‚Nicht-Besuch’ des
Hauses der Jugend. Über die schriftliche Befragung konnte eruiert werden, dass das Haus
der Jugend hauptsächlich von Heranwachsenden genutzt wird, die in der Kernstadt leben
(36 %). Weiterhin wird das Jugendhaus in einem erhöhten Maße von Jugendlichen aus
Marxheim (17 %) und Diedenbergen (26 %) frequentiert. Dies deckt sich auch mit den
Ergebnissen
der
Interviews.
Aus
Wallau
und
Langenhain
ist
die
Besucherzahl
vergleichsweise gering. Werden die Zahlen nach Geschlecht der BesucherInnen
unterschieden, geben in der Kernstadt mehr Mädchen als Jungen an, die Angebote zu
nutzen. Bei den Besuchern aus den Stadtteilen dominieren jedoch zahlenmäßig die Jungen.
Bei den Altersgruppen überwiegt bei den Heranwachsenden die Gruppe der 14 bis
17jährigen. Lediglich aus Wallau besuchen verstärkt Jüngere das Jugendhaus. Rund 30 %
der BesucherInnen sind ausländischer Herkunft.
In der Auswertung der schriftlichen
Befragung zeigt sich, dass die nicht
deutschen
Heranwachsenden
zu
zwei Drittel türkisch sprechend sind.
Insbesondere für die ausländischen
Jugendlichen ist das Haus der
Jugend eine wichtige Anlaufstelle.
Sie nutzen das Haus der Jugend eindeutig intensiver als die gleichaltrigen Deutschen.
Der Mädchentreff im Haus der Jugend wird überwiegend von den 14 bis 17jährigen Mädchen
aus der Kernstadt genutzt. Aus Marxheim und Diedenbergen kommen immerhin jeweils fast
ein Viertel der Besucherinnen. Ein Drittel der Mädchen ist ausländischer Herkunft, aus
Marxheim überwiegt aber auch beim Mädchentreff die Anzahl ausländischer gegenüber der
Besucherinnenzahl deutscher Mädchen. Die Auswertung der Fragebögen zeigt, dass es
auch bei den deutschen bzw. ausländischen Mädchen gravierende Nutzungsunterschiede
gibt. Etwa 70 % der Mädchen mit Migrationshintergrund geben an, einmal oder sogar
mehrmals wöchentlich den Mädchentreff zu besuchen; bei den deutschen Mädchen haben
38
zwei Drittel erklärt, ungefähr ein- bis zweimal im Monat oder auch seltener dort zu sein.
Für die befragten zum größten Teil männlichen ausländischen Jugendlichen des
Jugendhauses stehen - anders als in den anderen befragten Jugendclubs – vor allem
Diskriminierungserlebnisse und die drohende Arbeitslosigkeit im Mittelpunkt. So haben sie
das Gefühl, dass sie in Gruppen mit deutschen Jugendlichen und in Kneipen nicht gerne
gesehen sind. Im Jugendhaus sind sie unter sich, deutsche Freunde haben sie nur wenige.
Sie wünschen sich allerdings eine stärkere Vermischung bei den Besuchern des
Jugendclubs.
Die
hauptsächlich
männlichen
Jugendlichen
formulieren
eine
starke
Verunsicherung bezüglich ihrer Zukunft und der Frage, ob es ihnen gelingen wird, in Hofheim
Arbeit zu finden. Nachdrücklich betonen sie ihren Wunsch nach einer beruflichen
Perspektive in Hofheim.
Bei den Einzelinterviews in den Hofheimer Stadtteilen zeigt sich, dass das Haus der Jugend
den meisten Jugendlichen bekannt ist. Auch wenn viele der befragten jungen Menschen das
Jugendhaus gar nicht durch eigene Besuche kennen, hat sich offensichtlich das Wissen
etabliert, dass das Haus der Jugend hauptsächlich von ausländischen Jugendlichen
frequentiert wird. Und dieses Kriterium scheint maßgebend für die Entscheidung zu sein, wer
nun in das Haus der Jugend geht und wer nicht. Insbesondere Mädchen formulieren
Unsicherheiten bezüglich des Jugendhauses. Einerseits ist es ein wichtiger zentraler
Treffpunkt und Kommunikationsort für die Jugendlichen in der Kernstadt, andererseits wird er
immer wieder ambivalent erlebt. „Also, wie gesagt, ich gehe einmal in der Woche zum
Jugendhaus, aber es ist nicht so, das ich mich da irgendwo eintrage und mitmache oder so.
Das will ich nicht so gerne. Obwohl ich da wegen den Ausländern nicht so gerne hingehe,
aber es ist der Ort, wo sich alle versammeln.“ (Mädchen, 15 Jahre).
Forderungen der Kinder und Jugendlichen:
Die Kinder des Hortes der katholischen Kirchengemeinde Peter und Paul formulieren eine
Reihe von Verbesserungswünschen für ihr Wohnumfeld:
Für den häufig besuchten Spielplatz am Schießberg machen sie darauf aufmerksam, dass
„das Klettergerüst mal wieder neu gemacht werden könnte.“. Auf den anderen Spielplätzen
wünschen sie sich mehr Wasserspielgeräte. Einige Mädchen beklagen, dass die Autos nicht
auf die ausgewiesene Spielstraße bei der Elisabethstraße achten und sie aus diesem Grund
nur noch ungern die Spielstraße aufsuchen. Auch im Hort sollte „mal was erneuert“ werden.
Schließlich richten sich viele Wünsche der Kinder auf das Schwimmbad in Kriftel. Es sollte
zentraler liegen, eine größere Rutsche und höhere sowie größere Sprungbretter erhalten.
Bei allen befragten Kindern und Jugendlichen liegt ein neues Kino auf dem Wunschzettel für
Hofheim an höchster Stelle. Bei den Bewegungslandkarten einigte der Wunsch nach einem
39
Kino die Kinder am meisten – und zwar in allen untersuchten Stadtteilen. Die deutliche
Hervorhebung des Standortes Kino hat zur Folge, dass sich an den anderen möglichen
Punkten nur noch relativ wenige Kinder versammelten. So gibt es durch die
Bewegungslandkarten für die Hofheimer Kern- und Nordstadt wenig weitere Vorschläge z. B.
bezüglich der Ausstattung von Spiel- und Bolzplätzen, außer einzelner Wünsche nach
Ausstattung und Geräte.
Einige Mädchen fordern einen Spiel- bzw. Bolzplatz nur für Mädchen. Oder es soll sogar
„eine Einrichtung gebaut werden, wo sich nur Mädchen treffen können.“ (Mädchen, 14
Jahre). Ein zweiter markanter Punkt neben dem Wunsch nach einem Kino ist bei den
Kindern sowohl in der Kernstadt als auch in Hofheim Nord der Wunsch nach einer KinderDisco. Diese Forderung wurde von Kindern aller Alter- und Klassenstufen bei den
Bewegungslandkarten in beiden Quartieren immer wieder vorgebracht. Mit diesem Wunsch
wurde von 7 Mädchen und 2 Jungen die alte Fabrik am Sportplatz als Standort für die
Kinder-Disko in Verbindung gebracht. Die alte Fabrik war weiterhin Thema verbunden mit
dem Wunsch, diese für Kinder stärker zu öffnen und sie gleichzeitig für bei den Kindern
unerwünschte Besucher zu verbieten. Hierzu zählten die Kinder sowohl Jugendliche als auch
Obdachlose.
Für die Kinder ist es wichtig, gewünschte ‚Attraktionen’, die sie von außerhalb kennen (das
Krifteler Freibad, die Rhein-Main-Therme oder das Main-Taunus-Zentrum), in ihrem direkten
Wohnumfeld anzusiedeln. Alles soll insgesamt größer, schöner, billiger und – wie gesagt –
näher sein. Der Bahnhofsbereich hat für die Kinder in Hofheim eine besondere Bedeutung,
er wirkt gleichermaßen faszinierend und beängstigend auf sie. Viele der Kinder kennen den
Bahnhof relativ gut und er ist bei ihnen in den täglichen Bewegungsradius eingebunden. Die
Wünsche für diesen Ort beziehen sich vor allem auf die Durchsetzung von mehr ‚Ordnung
und Sauberkeit’. Ausländische Jungen beklagen, dass sie am Busbahnhof häufig von der
Polizei kontrolliert werden.
An mehreren Stellen wurden Ampeln als Querungshilfen für Fußgänger gefordert, z. B. in der
Kurhausstraße, der Lorsbachstraße, der Zeilsheimer Straße und der Elisabethstraße.
Außerdem soll die Grünphase für Fußgänger an der Ampel von der Tankstelle zum
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Busbahnhof verlängert werden.
Auffällig ist, dass sich in Hofheim Kernstadt nahezu die einzigen Wünsche zum Thema
‚Wasser’ befinden. Diese beziehen sich auf den Schwarzbach; einerseits geht es immer
wieder um Angst, gerade am Bahnhofsbereich, der direkt am Schwarzbach liegt.
Andererseits gibt es den positiven Wunsch nach der Eröffnung von Zugangsmöglichkeiten
zum Bach hin, vielleicht sogar mit einem Wasserspielplatz.
Ein MacDonalds steht auf der Wunschliste der Jugendlichen, denn „ich finde es blöd, dass
es in Wallau einen MacDonalds gibt und in Hofheim nicht, obwohl Hofheim größer ist.“
(Junge, 14 Jahre)
Marxheim/Hofheim-Süd
Der südlich gelegene Stadtteil Marxheim weist insbesondere auch durch seine räumliche
Nähe zu Hofheim Besonderheiten in der Bewegungsstruktur und der räumlichen Nutzung bei
Kindern und Jugendlichen auf.
In Marxheim ist der Durchgangsverkehr ein wesentliches Thema insbesondere für die dort
lebenden Kinder. Die Dominanz der Verkehrsführung mitten durch den Stadtteil beeinflusst
das Kinderleben stark. Die viel befahrene Rheingaustraße stellt eine deutliche Barriere dar,
die meist nicht allein überwunden werden kann und darf. Insbesondere die kaum
ausreichenden Möglichkeiten zur sicheren Überquerung der Straße werden von den Kindern
thematisiert. So zeigt sich in der Auswertung der Bewegungslandkarten deutlich, dass es
kaum Kontakte zwischen den Kindern der einen und der anderen Seite gibt. Auch die
Angebote der jeweils ‚anderen’ Seite können nicht allein erreicht werden, z. B. die
Skateanlage am Kreishaus oder der Sportpark Heide. Ebenfalls genannt als stark befahrene
Straße wird die Frankfurter Straße. Die dahinter liegenden Wiesen sind somit für Kinder nur
41
schwer zu erreichen. Eine weitere Grenze, die von den Kindern nicht allein überschritten
werden darf, stellt der Bahnhofsbereich mit seinen umliegenden Bahngleisen dar.
Durch die Verkehrssituation wird die Mobilität der in Marxheim und in Hofheim-Süd lebenden
Kinder sowohl innerhalb des Stadtteils als auch bezüglich der Überwindung der
Stadteilgrenzen deutlich eingeschränkt. In Marxheim konnte bei den Bewegungslandkarten
im Vergleich der drei untersuchten Grundschulen zueinander die geringste Mobilität der
Kinder beobachtet werden. Sie sind nachmittags oft zu Hause und nutzen in vielen Fällen die
privaten Grundstücke mit Garten. Spätnachmittags zeigte sich eine deutliche Bewegung in
die umliegenden Schwimmbäder; wobei zu vermuten ist, dass dies in Begleitung der Eltern
mit dem Auto geschieht.
Ein wesentliches Element der Bewegungslandkarten besteht in der Nachfrage nach
gefährlichen bzw. verbotenen Orten im Stadtteil. Hier war besonders zu beobachten, dass es
in Marxheim und Hofheim-Süd Plätze gibt, die mit einem Aufenthaltsverbot durch die Eltern
belegt sind (vgl. Kapitel Angst und Sicherheit). Neben dem Bahnhofsbereich ist der Wald ein
solcher stark mit Angst und daher mit Verboten belegter Ort. Der Aufenthalt allein im Wald ist
vielen Kindern, vor allem aber Mädchen, verboten aus Angst vor Verletzungsgefahr, der
Möglichkeit sich zu verlaufen und sogar der Furcht vor Entführungen. Es hat sich gezeigt,
dass die Kinder diese Ängstlichkeit übernehmen, die Verbote akzeptieren und auch
weitergeben. Gleichzeitig äußern sie aber den Wunsch, den Erfahrungsraum Wald verstärkt
nutzen zu können, da er sich ideal zum Verstecken Spielen, Höhlen bauen, klettern und
Austoben eignet.
In
Marxheim
haben
Spielplätze
die
geringste
Bedeutung
von
allen
drei
Schuleinzugsbereichen insgesamt, die mittels der Bewegungslandkarte untersucht wurden.
Dies liegt sicherlich in dem zur Verfügung stehenden privaten Spielraum begründet.
Dennoch gibt es einige Forderungen an die Ausstattung der Spielplätze. Besonders auffällig
ist die Forderung der Kinder nach Toiletten bei dem Bolzplatz Klarastraße/Bahnstraße, damit
die Jugendlichen zum einen diesen Raum nicht mehr so stark verschmutzen und zum
42
anderen dieser Platz für die Großen so attraktiv wird, dass sie nicht mehr auf andere
Spielplätze ausweichen.
Der Y-Spielplatz wird von den Kindern besonders positiv erwähnt. Ein weiterer wichtiger
Ansatzpunkt ist der Waldspielplatz, der häufig hervorgehoben wird. Wald als Spiel-,
Aufenthalts- und Erfahrungsraum für Kinder taucht ansonsten in ihren Erzählungen nicht auf.
Es gibt einige wenige Kinder, die ihn nutzen. Mehrmals werden jedoch Wünsche auf die
Waldnutzung geäußert. Dagegen steht jedoch die große Entfernung zum Wald und in den
meisten Fällen die Angst der Kinder und Eltern und die damit verbundenen Verbote.
Bei der Befragung der älteren Kinder bzw. der Jugendlichen zeigt sich eine deutliche
Spaltung zwischen Gruppen, die sich zu Hause aufhalten, jene, die öffentliche, informelle
Orte (Skateanlage, Eiscafe, Spielplätze usw.) als Treffpunkte nutzen oder diejenigen, die in
die kirchliche Jugendarbeit eingebunden sind. Die Nähe zu Hofheim macht sich auch
bemerkbar durch die Nutzung der Angebote im Haus der Jugend, der Stadtbücherei usw.
Das Angebot der Jugendarbeit der Marxheimer evangelischen Kirchengemeinde erweist sich
als ein relativ geschlossenes. Bei dem durchgeführten Gruppeninterview wird von den
Jugendlichen berichtet, dass eigentlich kaum jemand von ihrer Gruppe weiß, da sie aus
einer ehemaligen Konfirmandengruppe entstanden ist. Grundsätzlich aber ist die Nutzung
des Gruppenangebotes für alle Jugendlichen offen.
Obwohl die Jugendlichen im Jugendclub während des Gesprächs deutlich Kritik an der
kommunalen Jugendpolitik äußern, zeigen sie sich insgesamt zufrieden mit der eigenen
Freizeitsituation. Zentraler Kritikpunkt sind die unzureichenden Busverbindungen: Nicht nur
sind die Verbindungen spärlich, vor allem abends und am Wochenende. Auch werden die
Fahrpläne nicht pünktlich eingehalten. Bemängelt werden außerdem die immer wieder
defekten Anzeigetafeln am Busbahnhof.
Treffen sich die Jugendlichen nicht im Jugendclub der Kirchengemeinde, findet man sie im
43
Eiscafe Venezia oder in der Stadt. Genutzt wird ebenfalls das Angebot der Vereine in
Marxheim und Hofheim. Hier zeigt sich, dass, während die Kinder stark an die Grenzen des
Stadtteils gebunden sind, die Älteren von der Nähe zu Hofheim durchaus profitieren und sich
mobil bewegen.
Als Bewegungsmittel werden das Fahrrad, der Bus und das Sammeltaxi genutzt. Auffällig
viele Kinder und Jugendliche werden auch von ihren Eltern gefahren.
Bei den Jugendlichen, die nicht in die Angebote der Jugendarbeit oder der Vereine
eingebunden sind, zeigt sich - vergleichbar wie bei den Kindern - eine Spaltung des
Stadtteils, welche durch die Rheingaustraße definiert werden kann.
Westlich der Rheingaustraße treffen sich die Jugendlichen häufig auf dem (unteren)
Spielplatz in der Klarastraße. Der Spielplatz wird genutzt zum Fußballspielen und Abhängen:
„Ich treffe mich am liebsten mit meinen Freunden zum Fußball spielen auf dem Spielplatz z.
B. hier in der Klarastraße. In das Jugendhaus gehe ich nicht. Ich mag es nicht, wenn
geraucht wird. Aber die Raucher sitzen auch auf dem Spielplatz und hängen rum“ (Junge, 13
Jahre).
Der Sportpark Heide wird vor allem von den männlichen Jugendlichen aufgesucht. Er scheint
allerdings kein so genannter informeller Treffpunkt zu sein, da das Gelände nur der
Vereinsnutzung offen steht.
Östlich der Rheingaustraße treffen sich die Jugendlichen am und in der Nähe des
Kreishauses. Wichtigstes Thema sind die Skater und ihre Nutzungsbedürfnisse bezüglich
des Kreishauses. Interessant ist, dass auch Jugendliche, die sich selbst nicht als Skater
bezeichnen, für die Wünsche dieser Szene eintreten. Mit großer Vehemenz wird kritisiert,
dass die Fläche um das Kreishaus, insbesondere die flachen Treppenabstufungen nicht
beskatet werden darf. Durch die Beauftragung eines Wachdienstes fühlen sich die
Jugendlichen provoziert und versuchen diesem immer wieder ‚ein Schnippchen’ zu schlagen.
„Als erstes würde ich es mit dem Sicherheitsdienst sein lassen, weil ich der Meinung bin,
dass das Geld, was sie in den Sicherheitsdienst stecken, ist genauso viel, wie die Platten
mal erneuern“ (Junge, 18 Jahre).
Bezüglich kommerzieller Wünsche für Marxheim findet man dort im Vergleich zu den
anderen Stadteilen die wenigsten Nennungen. Und dies, obwohl es vor Ort nur wenige
kommerzielle Angebote gibt. In den meisten Fällen nehmen die Kinder an den
Einkaufsaktivitäten und der Nutzung der Angebote außerhalb Marxheims durch die Eltern
teil. Die älteren Kinder und Jugendlichen hingegen nutzen die Nähe zu Hofheim und suchen
die Fußgängerzone usw. auf.
44
Forderungen der Kinder und Jugendlichen:
Viele Kinderwünsche richten sich an die Verbesserung der Verkehrssituation auf der
Rheingaustraße und der Frankfurter Straße. Durch Fußgängerampeln und Zebrastreifen
könnte der abgrenzende Charakter der Straßen zum Teil behoben werden.
Weitere Verbesserungswünsche der Kinder beziehen sich auf die Ausstattung und
Sauberkeit der Spielplätze. Viele Spielplätze sind nur mit Spielgeräten für kleinere Kinder
ausgestattet oder werden von den Jugendlichen als Treffpunkt genutzt. So wünschen sich
die Kinder der 3. und 4. Klasse eine Ausstattung der Plätze, die auch ihren Bedürfnissen
gerecht wird.
In Bezug auf den Sportpark wünschen sich Kinder und Jugendliche eine Öffnung des
Geländes außerhalb der Vereinszeiten für das selbstorganisierte Fußballspiel. „Manchmal
wollen wir nach dem Training noch ein bisschen für uns kicken und dann kommt der
Hausmeister und wirft uns raus. Das ist mir und meinen Freunden schon passiert“ (Junge, 14
Jahre). Insbesondere Mädchen vermissen auf dem Gelände einen Spielplatz und Wiesen
zum Ausruhen und Fläche zum freien Spiel.
Um zum Fußball Spielen auf einen der Bolzplätze ausweichen zu können, wünschen sich die
Jungen neue Tore für den Platz Klarastraße.
Auffällig viele Wünsche wurden nach mehr Sicherheit im öffentlichen Raum und auch auf
den Spielplätzen (vor allem für den Waldspielplatz) formuliert. Der Bahnhof wird von den
Kindern als gefährlicher und unangenehmer Ort empfunden, der einer Verbesserung in Form
von mehr Sauberkeit und Ordnung durch regulierende Instanzen bedarf.
Viele Kinder und Jugendliche äußerten auch den Wunsch auf eine bessere und
reichhaltigere Ausstattung der Spielanlagen in der Rhein-Main-Therme und dem Krifteler
Schwimmbad sowie gleichzeitig eine deutliche Reduzierung der Preise für Kinder und
Familien.
Auch an den Wiederaufbau des Hofheimer Kinos richten sich viele Wünsche aus Marxheim;
45
insbesondere die Kinder ab der 3. Klasse haben viele positive Erinnerungen an das alte
Kino.
Diedenbergen
Über die Hälfte der über die Fragebogenaktion erreichten Kinder und Jugendlichen aus
Diedenbergen geben an, gemeinsam mit den Eltern und Geschwistern in einem Haushalt zu
leben. 11 % der befragten sind Einzelkinder und ebenfalls 11 % leben mit einem Elternteil
zusammen. Von den erfassten Heranwachsenden waren 14 % ausländischer Herkunft.
Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen berichten von einer Vereinszugehörigkeit, wobei die
Sportvereine am häufigsten frequentiert werden. Hierbei werden zu einem Viertel die
Sportvereine in Diedenbergen und ansonsten Vereinsangebote außerhalb des Heimatortes
besucht. Allerdings lässt sich auch hier feststellen, dass die Bereitschaft, in einem Verein
aktiv zu sein, mit dem Älter werden abnimmt. Generell treiben aber fast alle Kinder und
Jugendlichen häufig Sport.
Etwa ein Drittel der Befragten nehmen Angebote der Jugendarbeit in Anspruch. Auch hier
lässt die Bereitschaft aber ab dem 14. Lebensjahr etwas nach. Der Jugendclub im Ort wird
von etwa 12 % der Älteren besucht, außerdem nutzt ein beträchtlicher Teil der Jugendlichen
die Angebote des Hofheimer Jugendhauses. Das Spielmobil ist das hauptsächlich in
Anspruch genommene Angebot für die Jüngeren.
Die jüngeren Kinder in Diedenbergen fühlen sich mit den Angeboten des Spielmobils
ausreichend versorgt. Doch insbesondere die älteren Jungen des Spielmobils äußern erste
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Unzufriedenheit mit dem Freizeitangebot in ihrem Wohnort. Es sind vor allem spezielle
Sportangebote, die sie vermissen und die sie gerne vor Ort nutzen würden. So ist z. B.
Basketball und Football spielen nur in Langenhain möglich und somit schwer erreichbar.
Außerdem fehlt ein Ort zum Skaten; man kann zwar, so berichten sie, in Kriftel skaten, aber
dort kann man nicht alleine hinkommen.
Genutzt als Treff- und Aufenthaltsorte werden die Sportplätze und die Spielplätze; "am
liebsten bin ich auf den Spielplätzen in Diedenbergen, da wo Bänke sind, wo man sich
hinsetzen kann und so. Dort unterhalten wir uns und hängen ab" (Junge, 16 Jahre). Genutzt
wird
manchmal
auch
der
Schulhof
der
Grundschule.
Auf
die
Frage
nach
Verbesserungswünschen wird immer wieder formuliert: "Ich würde Orte schaffen, wo
Jugendliche in Ruhe abhängen können" (Junge, 17 Jahre).
Obwohl die befragten Jugendlichen bis auf wenige Ausnahmen nicht NutzerInnen des
ansässigen Jugendzentrums sind, äußern sie sich diesbezüglich kritisch. Sie wünschen sich
ein besseres Angebot, größere Räume und vor allem Öffnungszeiten auch am Wochenende:
"Am Wochenende sitzen wir hier in der Gegend rum, es gibt ja nichts, was offen hat. Ich
wünsche mir, dass der Jugendkeller auch am Wochenende offen hat" (Junge, 15 Jahre).
Positiv erwähnt wird, dass der Jugendkeller manchmal besondere Angebote macht, zum
Beispiel eine Fahrt in die Kletterhalle in Frankfurt anbietet.
Für die BesucherInnen des Jugendkellers enthält die lokale Mängelliste weitere Punkte: Es
fehlen eine Halfpipe und ein Skaterpark mit vielen verschiedenen Elementen in
Diedenbergen.
Generell steht bei den Kindern und Jugendlichen auf der Wunschliste ein Kino an höchster
Stelle. Ebenfalls häufiger gewünscht werden billigere Eintrittspreise für die Schwimm- bzw.
Freibäder, sowie ein erweitertes Einzelhandelsangebot. Sie erhoffen sich für Diedenbergen
eine bessere Anbindung durch den ÖPNV ebenso wie ein Internetcafe. Für die Älteren ist
auch eine Disco bzw. ähnliche Angebote ein wichtiges Thema.
Die Jugendlichen in Diedenbergen bezeichnen sich insgesamt als relativ mobil. Die
Busanbindung ist während der Woche ganz zufriedenstellend, allerdings fahren am
Wochenende zu wenig Busse. Das Sammeltaxi sollte bereits früher sowie auch länger
fahren. Im Stadtteil selbst bewegen sie häufig auch mit dem Fahrrad.
Langenhain
Aufgrund der schriftlichen Befragung lassen sich über die Wohnsituation von Kindern und
47
Jugendlichen in Langenhain folgende Aussagen treffen: Überdurchschnittlich viele Kinder
und Jugendliche leben in Mehrgenerationenhaushalten; etwa 12 % wohnen mit Eltern(teil)
und Großeltern(teil) zusammen. Jedes achte Kind lebt in einem Alleinerziehendenhaushalt,
vor allem bei der Mutter bzw. mit der Mutter und Geschwistern. Zwei Drittel der Befragten
wohnen gemeinsam mit den Eltern und 90 % von ihnen haben Geschwister.
Nach Schilderung der Jugendlichen lässt sich Langenhain als relativ geschlossener und
kleinräumiger Sozialraum beschreiben. Die befragten Jugendlichen berichten, dass sie ihre
Freunde bereits aus Kindergartenzeiten kennen. Das Beziehungsgefüge weist demnach
hohe Kontinuität auf.
Die Lage des Stadtteils ist exponiert auf einer kleinen Anhöhe, dies unterstützt
möglicherweise die Abgeschlossenheit des Quartiers. Die Höhendifferenz zu den anderen
Orten wirkt als erhebliche Mobilitätsbarriere für die dort lebenden Jugendlichen. Sie hat zur
Folge, dass der Weg nach Langenhain kaum mit dem Fahrrad bewältigt werden kann, was
die Abhängigkeit von der örtlichen Infrastruktur zusätzlich erhöht – zumindest bis über ein
Auto verfügt werden kann
Treffpunkte für die Heranwachsenden sind die Stehpizza, der Bahai-Spielplatz mit den
vorhandenen
Sportmöglichkeiten
und
der
Sportplatz
am
Jugendtreff.
„Unser
Standardabhängeplatz - sag ich jetzt mal so – ist vorne die Pizza. Eventuell noch der
Sportplatz, aber nur bei gutem Wetter.“ (Junge, 17 Jahre)
Viele der befragten Jugendlichen sind mit ihren Freizeitmöglichkeiten nicht zufrieden. Nach
ihrer Darstellung gibt es in Langenhain im Moment fünf verschiedene subkulturelle
Jugendcliquen, die jedoch nicht alle über einen eigenen Raum verfügen. Generell ist die
Nutzung der unterschiedlichen Räumlichkeiten und auch informellen Treffpunkten der
einzelnen Cliquen bekannt; „ich gehe nicht in den Jugendclub, weil da meine Freunde auch
nicht hingehen, dann habe ich auch keine Lust.(...)Man kennt auch die genauen
Öffnungszeiten nicht. Da sagt uns niemand Bescheid.“ (Junge, 16 Jahre).
Etwa jede/r fünfte Heranwachsende gibt an, die Jugendarbeit in Langenhain oder den
angrenzenden Orten zu nutzen. Für den letzten Monat vor der Befragung haben 8 % aller
Befragten angegeben, mindestens einmal wöchentlich eines der Angebote wahrzunehmen. 5
% der Jüngeren nutzen das Spielmobil und 7 % besuchen Angebote der evangelischen
Kirche. Das Haus der Jugend in Hofheim wird ebenfalls erwähnt. Betrachtet man die
Altersstruktur, fällt auf, dass vor allem die 11 bis 13jährigen die Angebote der Jugendarbeit
annehmen, die Besuche der Älteren scheinen eher sporadisch zu sein.
Für die befragte Konfirmandengruppe stellt sich das Problem, dass sie sich gerne weiter
48
treffen
würden,
die
Organisation
der
Jugendgruppe
und
die
damit
verbundene
Treffmöglichkeiten jedoch nach der Konfirmation nicht mehr zur Verfügung stehen. Einen
Ersatz zu finden erweist sich als schwierig. Der Jugendtreff im Ort wie auch der Jugendclub
‚Ufo’ erscheinen ihnen offensichtlich nicht als geeignete Anschlussmöglichkeit.
Auch die Jugendlichen im Jugendtreff beschrieben ihre Situation eher als unbefriedigend.
Die Räumlichkeiten des Jugendtreffs sind sehr klein und beengt – so beengt wie in keinem
anderen Jugendclub, berichten sie. Ein zwar vorhandener zweiter Raum kann von ihnen
nicht genutzt werden, da er als Umkleidekabine für die Sportmannschaft dient. Diesen Raum
wünschen sich die Jugendlichen als weiteren Jugendraum. Sie berichten, dass sie ihr
Anliegen bereits mehrmals vorgetragen haben, bisher wurde aber noch keine Lösung
gefunden. Der Jugendtreff hat zweimal in der Woche geöffnet und es besteht der Wunsch
nach erweiterten Öffnungszeiten. Einige Jugendliche haben sich zur Verfügung gestellt, um
den Treff an weiteren Tagen ehrenamtlich zu betreuen. Zu den Effekten gibt es
widersprüchliche Berichte. Zum einen scheinen die erweiterten Öffnungszeiten Jugendliche
aus anderen Orten anzuziehen, deren Stadtteiltreffs seltener geöffnet sind. Andererseits wird
aber auch erwähnt, dass sich ‚fremde’ Jugendliche gar nicht in den Treff hineintrauen.
Aufgrund der eingeschränkten Öffnungszeiten sind die Heranwachsenden abends und am
Wochenende stark nach außen orientiert, sie besuchen Kneipen in Hofheim und den
umliegenden Großstädten Frankfurt und Wiesbaden. Die Jugendlichen beklagen in diesem
Zusammenhang das Problem der fehlenden Verkehrsmittel. Der ÖPNV stellt seinen Betrieb
abends relativ früh ein und auch das Sammeltaxi fährt nur bis zu einer gewissen Uhrzeit.
Langenhain hat eine facettenreiche Vereinsstruktur aber – so berichten die Jugendlichen,
„nichts, was für Jugendliche annäherungsweise interessant ist“ (Gruppeninterview). Genutzt
werden vor allem die Vereinsangebote aus dem Sportbereich. Auf dem Hintergrund der
schriftlichen Befragung kann festgestellt werden, dass 76% der Heranwachsenden in einem
Verein aktiv sind. Hier stehen vor allem die Sportvereine im Vordergrund. Auffallend ist die
ausgesprochen intensive Nutzung der Vereinsangebote; 75 % haben angeben, mindestens
einmal wöchentlich aktiv zu sein. Bei der Nutzung der Vereinsangebote ist in Langenhain
auch kaum eine Distanzierung während der Pubertät erkennbar.
Dass der Zugang zur ‚großen, weiten Welt’ auch virtuell nur eingeschränkt möglich ist,
beklagen die Jugendlichen sehr. Die lokale Enge wird ihrer Meinung noch dadurch
unterstrichen, dass es teilweise nicht einmal DSL-Leitungen gibt.
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Lorsbach
Am Eingang des Taunus liegt Lorsbach in einem Talkessel, durch den der Schwarzbach
fließt. Die Bahnlinie spaltet den Stadtteil in zwei Hälften und der rege Zugverkehr wird vor
allem von den Kindern als laut, gefährlich und abschreckend bezeichnet. Die Bahnstrecke ist
für die Kinder mit einem Aufenthaltsverbot belegt.
Die schriftliche Befragung gibt zur Wohnsituation der Kinder und Jugendlichen Auskunft: Die
meisten Befragten leben gemeinsam mit ihren Eltern und häufig auch mit Geschwistern.
Überdurchschnittlich viele, etwa 18 %, leben in Mehrgenerationenfamilien. Weitere 18 %
wohnen zusammen mit einem Elternteil.
Die Nutzung der Vereine spielt in Lorsbach eine wichtige Rolle. 76 % aller
Heranwachsenden sind Mitglied in einem Verein und 59 % von ihnen geben sogar an, die
Vereinsangebote mindestens einmal in der Woche zu nutzen. Es zeigen sich allerdings
deutliche Unterschiede in den Altersgruppen: Bei den 11 bis 13jährigen bezeichnen sich 88
% als Vereinsmitglieder und fast 90 % geben an, mehrmals wöchentlich dort hinzugehen. Bei
den 14 bis 17jährigen sind etwa 65 % aktive Vereinsmitglieder.
Jedes fünfte Kind bzw. Jugendlicher bezeichnet sich als NutzerIn der Jugendarbeit, 13 %
von ihnen haben im letzten Monat vor der Befragung Angebote der Jugendarbeit besucht. Es
gibt jedoch wenig Aussagen zu den einzelnen Angeboten.
„Ich will ein Eiscafe nur für Kinder und Jugendliche, einen Spielplatz für Kinder und einen für
Jugendliche und was für größere Kinder, nicht nur ein Spielgerüst.“ (Mädchen, 9 Jahre).
Die beiden Spielplätze in der Talstraße, der sogenannten Spielstraße, sind die wichtigsten
Anlaufstellen für die Kinder in Lorsbach. Während der obere Spielplatz am Feuerwehrhaus
relativ neu ist, bemängeln die Kinder am unteren Spielplatz die mangelhafte und veraltete
Ausstattung. Insbesondere für die größeren Kinder gibt es keine interessanten und reizvollen
Spielgeräte. Grundsätzlich wünschen sie sich eine Neugestaltung der vorhandenen „Sie
werden mit der Zeit doch langweilig, weil man schon alles kennt“ (Gruppeninterview). Neue
50
ausgefallene Turngeräte und große Wiesen zum Fangen spielen wären schön. Dafür wird
der untere Spielplatz für seine etwas einsamere Lage geschätzt. Angemerkt wird schließlich
auch – vor allem von Mädchen -, dass die ‚richtig guten Spielplätze’ der Kindergärten und
Schulen geöffnet werden sollten. Die Spielplätze werden von den Jugendlichen ebenfalls als
Treffpunkt genutzt – vor allem für den Spielplatz am Feuerwehrshaus scheint es
Nutzungsüberlagerungen zu geben, die von den jüngeren Kindern beklagt werden.
Für die Kindergruppe des Spielmobils ist Lorsbach nach ihrem eigenen Bekunden
grundsätzlich ein zufriedenstellender Lebensraum. Sie bewegen sich eigenständig und
selbstverständlich in diesem Terrain, kennen sich gut aus. Spielplätze, Vereine und
Freundinnen bzw. Freunde sind in der Nähe. Es deuten sich jedoch auch erste Wünsche
nach Raumerweiterungen an. So erzählen die Kinder, dass sie schon gerne mal weiter
rauskommen würden - in andere Orte oder auch in den nahegelegenen Wald (hier gibt es
nach den Kindererzählungen wohl elterliche Verbote, allein dorthin zu gehen).
Die Kinder benennen einige lokale Kritikpunkte. Hierzu gehören die Spielstraße in Lorsbach
und die Hauptstraße, die sehr stark befahren und sehr laut ist. Ungern – weil sie sich dort
ängstigen - sind sie auch am Bahnhof nach 18.00, weil sich dort Jugendliche „rumtreiben“,
die Drogen nehmen. Von Jungen wird bemängelt, dass der Sportplatz keine Rasenfläche
hat, sondern nur Schotter. Sie würden sich sehr freuen, wenn hier Rasen angelegt würde.
Sie würden auch über Skatemöglichkeiten freuen. Außerdem fehlt ein schönes Schwimmbad
in Lorsbach.
Als weitere Freizeitaktivitäten berichten insbesondere die Mädchen, dass sie auf den
Spielplatz gehen, Eis essen; Fahrrad fahren und nach Langenhain zum Reiten gehen. Außer
den Spielplätzen, dem Sportplatz und dem Spielmobil gibt es jedoch keine Aufenthaltsorte
für die Kinder und Jugendlichen. Die räumliche Nähe zu Hofheim, vor allem durch den SBahn Anschluss erleichtert die Mobilität Richtung Kreisstadt. Aber für die älteren Kinder gilt
häufig ein elterliches Verbot, allein nach Hofheim zu fahren und viele Jugendlichen
beschreiben den Kontakt zu Hofheim und zu den Hofheimer Jugendlichen als konfliktreich
und gehen auf Distanz. Bei der Fragebogenaktion in den Schulen zeigt sich, dass nur
wenige Jugendliche das Haus der Jugend in Hofheim besuchen. So wünschen sich sowohl
die Kinder als auch die Jugendlichen in Lorsbach einen festen Treffpunkt mit
Angebotscharakter: „Mir fehlt ein Jugendraum in Lorsbach, obwohl der eigentlich in Angriff
genommen worden ist, aber irgendwie tut sich da nichts“ (Mädchen, 16 Jahre). Die
gewünschten Räumlichkeiten sollten für alle offen sein und möglichst wenig pädagogischen
Charakter haben; gefordert wird aber mehrmals eine disziplinierende Instanz: „Der Treffpunkt
sollte relativ frei gestaltet sein, jedoch mit Disziplin, sonst geht da keiner hin, weil sonst
ständig irgendwelche Türen zertreten werden oder sonst was“ (Junge, 19 Jahre).
51
Wallau
Der Hofheimer Stadtteil Wallau liegt, umrahmt von Autobahnen und Umgehungsstraßen, im
Nordwesten von Hofheim. Er ist in weiten Teilen unabhängig durch seine gut ausgestattete
Infrastruktur und wird von seinen BewohnerInnen als abgeschlossen und selbständig
empfunden.
Aufgrund der Fragebogenaktion an den Hofheimer Schulen können zu Wallau einige
generelle Aussagen festgehalten werden:
In
Wallau
leben
die
Kinder
und
Jugendlichen
in
vergleichsweise
‚traditionellen’
Familienkonstellationen. Überdurchschnittlich häufig leben sie in Mehrgenerationenfamilien,
etwa jedes achte Kind lebt in einem Alleinerziehendenhaushalt mit der Mutter und zum Teil
mit Geschwistern zusammen.
Die Mitgliedschaft im Verein ist bei den Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu den
anderen Stadtteilen eher unterdurchschnittlich vertreten. Insgesamt nutzen etwa 55 % der
Heranwachsenden das Angebot der Vereine, einen deutlichen Schnitt bei der Mitgliedschaft
findet sich bei den Jugendlichen ab 13 Jahren. Während bei den Jüngeren noch ca. zwei
Drittel in einem Verein aktiv sind, bezeichnen sich bei den 14 bis 17jährigen weniger als die
Hälfte als VereinsnutzerInnen. Auch wenn die Anzahl der Vereinsnutzungen insgesamt
gesehen vergleichsweise unterdurchschnittlich ist, so gibt doch jede und jeder zweite junge
Wallauer an, mindestens einmal wöchentlich im Verein aktiv zu sein. Abgesehen von der
Jugendfeuerwehr werden auch in Wallau hauptsächlich Sportvereine frequentiert, vielfach
auch außerhalb der Stadtteilgrenzen. Sport hat bei den Kindern und Jugendlichen aber
generell einen hohen Stellenwert, etwa 80 % geben an, öfters bis sehr häufig Sport zu
treiben.
52
Interessant ist weiterhin, dass überdurchschnittlich viele Heranwachsende (90 %) angeben,
dass sie sehr häufig in der Freizeit ihre FreundInnen besuchen.
Etwa ein Drittel der Befragten nutzen Angebote der Jugendarbeit. Genannt wird der offene
Treff an der Schule, das Spielmobil, der Jugendtreff „Recepturhof“ im Stadtteil und einige
eher jüngere Jugendliche besuchen das Hofheimer Haus der Jugend.
Für Kinder ist Wallau insgesamt ein schöner und ihren Bedürfnissen angemessener Ort. In
den meisten Fällen können sie sich innerhalb des Stadtteils relativ gefahrlos bewegen und
tun dies auch. Der Ort bietet insbesondere für Kinder viele Treff-, Spiel- und
Erfahrungsmöglichkeiten. Gleichzeitig formulieren die Kinder aber auch ein Gefühl von
Gefangensein; ein Eindruck, der vor allem auch durch die Abgrenzung Wallaus mittels der
Autobahnen real unterstrichen wird.
Einer besonderen Betrachtung ist das Wallauer Gewerbegebiet aus Kindersicht wert. Beim
Aufzeichnen
der
Stadtteilstruktur
durch
die
Wallauer
Erwachsenen
für
die
Bewegungslandkarte an der Taunusblick-Schule wird das Gewerbegebiet außen vor
gelassen. Bei der Vervollständigung der Karte wird auf Nachfrage erklärt, dass in diesem
Gewerbegebiet weder Kinder wohnen, noch sich dort aufhalten. Umso überraschender ist,
dass während der Bewegungslandkarte sich mindestens 15 Kinder an diesem quasi auf der
Karte nicht existenten Ort zusammenfinden. Im Gewerbegebiet selbst sind keine Spiel- und
Bewegungsflächen für Kinder angelegt. Obwohl dieser Teil Wallaus und auch die nähere
Umgebung Kindern durchaus spannende Erfahrungsmöglichkeiten bietet, z. B. gerade durch
die Ungewöhnlichkeit des Wohnumfeldes, werden die dort wohnenden Kinder kaum von
ihren FreundInnen besucht.
Die befragten Kinder am Spielmobil sind vielfach mit ihrer Freizeitsituation zufrieden. Sie
nutzen das Spielmobil regelmäßig und partizipieren auch von den Angeboten der
Sportvereine. Sie bewegen sich innerhalb ihres Wohnortes größtenteils angstfrei. Ein großer
Kritikpunkt ist jedoch die Johann-Philipp-Schleicher-Straße, die wegen ihrem hohen
Verkehrsaufkommen als bedrohlich empfunden wird.
53
Hervor zu heben ist die Situation in Wallau auf dem verkehrsberuhigten Bereich in der
Innenstadt. Dieser wird von den Grundschulkindern als sehr Angst besetzt erlebt und
schränkt interessanterweise ihre Mobilität innerhalb des Quartiers sehr ein, obwohl es
gerade ein verkehrsberuhigter Bereich ist. Die Straßen außerhalb der verkehrsberuhigten
Zone sind mit weitaus weniger Angst belegt. Es ist zu vermuten, dass im verkehrsberuhigten
Bereich keine Differenzierung mehr zwischen dem geschützten Bereich für Fußgängerinnen
und Fußgänger und dem Verkehrsbereich für Autos gemacht wird. Die Kinder wissen z. B.,
dass sie sich im Fußgängerbereich relativ sicher bewegen können, ohne dass sie dort von
fließendem oder ruhendem Verkehr bedroht oder belästigt werden. Diese Trennung ist im
verkehrsberuhigten Bereich jedoch aufgehoben und die Kinder fühlen sich anhaltend und
latent bedroht. Vermutlich basiert dies auch auf der Erfahrung der Kinder, dass die Autos
weitgehend viel zu schnell fahren. Außerdem wird dort, wo heute Spielflächen sind, morgen
teilweise entgegen allen Verkehrsregeln wild geparkt. Dann können die Spielmöglichkeiten
nicht genutzt werden. So wird eine eigentlich schützende Regelung, nämlich die
Verkehrsberuhigung, zu einem Angstraum für Kinder.
Der Neubau der Umgehungsstraße wird von den Kindern ebenfalls als deutliche
Einschränkung ihres Lebensraumes beschrieben. Dass dies auch Auswirkungen auf die
Kontaktmöglichkeiten zu anderen Stadtteilen hat, zeigt der folgende Wunsch eines Jungen
aus Diedenbergen: „Ich wünsche mir einen Radweg von Diedenbergen nach Wallau.
Letztens habe ich habe ich zwei Stunden gebraucht, da ich nicht auf der Hauptstraße fahren
wollte“ (Junge, 16 Jahre).
Auch nach der Schilderung der Jugendlichen im Jugendclub und nach den Interviews im
öffentlichen Raum kann man Wallau als einen geschlossenen und übersichtlichen
Sozialraum charakterisieren. „Meine Freunde kommen alle aus Wallau und wir treffen uns
auch immer hier unten (am Festplatz). Wir fahren fast nie woanders hin.“ (Junge, 14 Jahre).
Die Jugendlichen, die im Jugendclub und am Rande des Spielmobils befragt wurden, äußern
54
durchgängig eine allgemeine Unzufriedenheit zu ihrer Freizeitsituation. „Man kann nicht viel
machen, außer auf dem Bolzplatz und im Dorf abhängen.“ (Gruppeninterview). Als sie noch
jünger waren, haben sie das Angebot der Vereine oder des Spielmobils genutzt, aber heute
nicht mehr. Wenn es einen Basketballverein gäbe, dann würden sie auch wieder in einen
Sportverein gehen, berichten die männlichen Jugendlichen. Auf die Frage, was er während
der Woche in seiner Freizeit mache, antwortete ein Jugendlicher: „Montags komm’ ich aus
der Schule, ess’ was zu Hause, mache Hausaufgaben, dann geh’ ich runter auf den
Sportplatz und treff’ mich mit meinen Freunden. Dienstag hatte ich die ganze Zeit Konfi, das
ist jetzt aber auch nicht mehr, dann habe ich aber jetzt Taek-Won-Do-Training und dann
habe ich keine Zeit mehr. Mittwochs wieder dasselbe wie montags und Donnerstag wieder
dasselbe wie dienstags. Freitag muss ich Zeitungen austragen und dann gehe ich wieder auf
den Sportplatz. Am Wochenende treffe ich mich mittags mit meinen Freunden und
manchmal gehe ich abends weg. (...) Ist alles ein bisschen öde, wird langsam langweilig,
jeden Tag dasselbe zu machen. Ich mein’, es wäre halt gut, wenn wir hier Abwechslung
hätten.“ (Junge, 14 Jahre).
Dass donnerstags der Jugendclub geöffnet hat, wird von vielen der befragten Jugendlichen
begrüßt und in die Wochenplanung fest einbezogen.
Wichtige Treffpunkte sind der ‚Bolzer’ auf dem Festplatz und der ‚Wandersmann’. Letzterer
ist aufgrund seiner abgelegenen Lage und der damit verbundenen Ungestörtheit besonders
beliebt.
Ambivalent
wird
der
Bolzplatz
erlebt.
Es
wird
bemängelt,
dass
es
keine
Unterstellmöglichkeiten gibt und dass ein zweiter Basketballkorb fehlt. Immer wieder wird
von Nutzungskonkurrenzen auf dem Platz erzählt; mit den Eltern, die mit ihren kleineren
Kindern den angrenzenden Spielplatz nutzen, mit dem neben dem Basketballkorb liegendem
Vereinsheim und auch unter den Jugendlichen selbst. „Meist häng’ ich hier am Festplatz ab.
Es ist scheiße, dass es hier nur einen Korb gibt. Wenn mehrere kommen, müssen wir uns
immer den Korb irgendwie teilen. (...) Ich würde hier mehr hinbauen. Auch für die Kleinen
(gemeint sind die 14 bis 15jährigen). Die Großen lassen die nicht mitspielen.“ (Junge, 15
Jahre). Trotz der zum Teil konfliktreichen Nutzung des Festplatzes ist es – auch in
Ermanglung von Alternativen – der zentrale Treffpunkt für die Jugendlichen.
Beklagt wird von vielen Jugendlichen das fehlende Angebot für Skater im Stadtteil. Die
nächste Skatemöglichkeit ist in Langenhain; dorthin kommt man zwar mit dem Bus, muss
aber Geld bezahlen und dann noch etwa zwanzig Minuten laufen. In der Diskussion um eine
Skateanlage betonen die jüngeren, dass man bei einem Bau von Rampen und Pipes auch
daran denken muss, dass AnfängerInnen darauf fahren können.
55
Auch in Wallau ist Mobilität ein wichtiges Thema. Sowohl die Kinder als auch die
Jugendlichen bezeichnen sich innerhalb von Wallau als mobil; sie bewegen sich zu Fuß, mit
dem Fahrrad, dem Skateboard oder werden von den Eltern gefahren. Bei den
Bewegungslandkarten zeigt sich, dass auch die Kinder in den meisten Fällen in Wallau
eigenständig unterwegs sind. Über die Quartiersgrenzen hinaus können sie jedoch nur
bedingt etwas alleine unternehmen. In Wallau richten sich – im Vergleich der drei
Grundschulen zueinander – die meisten Wünsche der Kinder auf ein wohnnahes Angebot.
Der Wunsch nach vielen kleinen Schwimmbädern an nahezu jeder Straßenecke ist ein
logisches Beispiel für die Überwindung von Mobilitätsgrenzen aus Kindersicht.
Der Bewegungsradius dehnt sich mit dem Älterwerden rasant aus. Während die jüngeren
noch stark auf ihren Heimatort bezogen sind, zeigen die älteren eine relativ große
Mobilitätsreichweite auf, die weit über Wallau hinausweist. In ihrer Freizeit orientieren sich
die Jugendlichen zu Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet. Interessanterweise jedoch kaum
in die eigene Kreisstadt Hofheim. Um mobil zu sein, bedarf es jedoch nach Möglichkeit eines
‚Fahrdienstes’ entweder durch erwachsene FreundInnen oder durch die Eltern. Die Angebote
des ÖPNV werden vielfach deutlich kritisiert.
Bei der Auswertung der Befragungen ist auffällig, dass sich in Wallau die 11 bis 14jährigen
nicht in den Freizeitangeboten beheimatet fühlen. Zu alt für das Spielmobil und noch zu jung
für den Jugendclub – haben sie vielfach das Gefühl, dass sie sich ihren Platz erkämpfen
müssen z. B. ein Spielrecht für den Basketballkorb auf dem Festplatz. „Es sollen mehr
Sachen hingebaut werden, eine Rampe zum skaten oder so. Auch für jüngere. Die Kleinen
laufen eigentlich immer nur hier rum oder so.“ (Junge, 15 Jahre).
Betrachtet man das Thema Kommerz im speziellen für Wallau zeigt sich, dass die großen
Kaufhäuser Ikea und TOYS ’R’ US eine besondere Rolle für die Kinder und Jugendlichen
spielen. TOYS ’R’ US wird vor allem von Jungen als Spielort genutzt. Sie erzählen, dass sie
56
dort manchmal stundenlang an den Playstations spielen. Ikea wird ebenfalls aufgesucht,
allerdings in geringerem Maße. Dort steht vor allem die Nutzung des Kinderbereichs im
Vordergrund. Beide großen Kaufhäuser werden jedoch deutlich abgelehnt, wenn es darum
geht, gemeinsam mit den Eltern einkaufen gehen zu müssen: „Möbel kaufen bei Ikea ist
langweilig“ (Bewegungslandkarte).
Forderungen der Kinder und Jugendlichen:
Bedingt durch die Lage von Wallau richten sich die Wünsche der Kinder darauf, dass
möglichst alle Attraktionen direkt nach Wallau kommen. Alles ‚was Spaß macht’ soll
unbedingt in das Zentrum von Wallau gebaut werden, unmittelbar neben die eigene
Wohnung oder zumindest in die eigene Wohnstraße. Insgesamt soll nach dem Wunsch der
Kinder – obwohl Wallau schon sehr viel Platz und Aufenthaltsqualität bietet – noch mehr
Spiel-
und
Bewegungsfläche
geschaffen
werden.
Möglichst
sollten
viele
kleine
Schwimmbäder gebaut werden, ausgestattet mit Rutsche und Sprungbrett. Eine ‚Kinderstadt’
muss ein eigenes Kino haben und einen nahen, neuen Bolzplatz, versehen mit einem
Rollrasen. Weitere Forderungen, die während der Bewegungslandkarten aufgenommen
wurden, sind ein (Streichel-)Zoo, ein Reiterhof mit kleinen Pferden und ein großes Stadion.
Die Kinder und Jugendlichen haben aber auch sehr konkrete Forderungen bezüglich der in
Wallau bereits vorhandenen Angebote gemacht:
Die Stadtbücherei sollte häufiger geöffnet sein und vergrößert werden. Das Spielmobil soll
zweimal wöchentlich nach Wallau kommen. Die Spielstraße im verkehrsberuhigten Bereich
sollte mehr Geräte haben, insbesondere auch für Größere. Es sollte auch eine breitere
Auswahl an Geräten vorhanden sein und die Geräte sollten häufiger repariert und gesäubert
werden. Sehr viele Wünsche richten sich an die Ausgestaltung des Festplatzes. Hier wurde
von einigen Jungen Rasen gewünscht, andere wollten Beton, um sich Skatemöglichkeiten zu
eröffnen. Einvernehmlich werden sowohl von den Kindern als auch von den Jugendlichen
zusätzliche Basketballkörbe gewünscht, so dass man dort auch mit zwei Mannschaften
spielen kann. Für die Jugendlichen ist der Wunsch nach einer Unterstellmöglichkeit am
Festplatz mit Bänken oder sogar einem Container, der selbst verwaltet sein sollte, besonders
wichtig. Am dort gelegenen Spielplatz wird die Ausstattung vor allem von den Mädchen
kritisiert und Verbesserungswünsche angemeldet.
Wünsche richten sich auch an die Eröffnung von Zugangsmöglichkeiten zum Wasser des
Wickerbachs. An der Kreuzung Wiesbadener Straße/Taunusstraße wird eine Ampel
gefordert, da man dort so schlecht die Straße überqueren kann. Der Schulhof der
Taunusblick-Schule sollte geöffnet werden, dort sollte eine bessere Ausstattung sein, auch
57
bessere Sportmöglichkeiten, sowie eine Überdachung. Hier wird auch die Möglichkeit
gesehen, dass dort ein Streichelzoo eingerichtet oder Pferde beheimatet werden könnten.
In Bezug auf das Gewerbegebiet von Wallau wird von den dort wohnenden Kindern
angemahnt, dass Bolz- und Spielmöglichkeiten in der Nähe sein sollten, damit sie zum einen
nicht immer nach Wallau gehen müssen und damit zum anderen auch FreundInnen zum
Spielen zu ihnen kommen.
Gr
oßen Raum nimmt die geplante Umgehungsstraße ein. Sie verdrängt Spielflächen und
Spielwiesen, auf denen die Kinder in der Natur spielen können.
Für die Ausstattung des Postspielplatzes gibt es bei den Kindern, die sich während der
Bewegungslandkarten dorthin zuordneten, ganz detaillierte Ausstattungsvorstellungen. Einen
ganz konkreten Vorschlag hat ein Kind für das Hochhaus am Hühnerberg. Dort soll eine
nahe Eisversorgung realisiert werden. Für den Sportplatz an der Taunusblick-Schule werden
mehr Rasen und insbesondere größere, Schatten spendende Bäume gewünscht. Einzelne
Kinder wünschen sich, dass IKEA abgerissen wird. Dort könnte Platz geschaffen werden, z.
B. für einen weiteren Spielplatz und der Parkplatz könnte als Spielfläche zur Verfügung
gestellt werden. Die Jugendlichen wünschen sich großzügigere Öffnungszeiten bezüglich
des Jugendclubs – an mehreren Tagen, länger an den Abenden und vor allem auch an den
Wochenenden möchten sie die Räumlichkeiten nutzen können.
58
59
Wildsachsen
Wildsachsen ist der kleinste Stadtteil von Hofheim und liegt eingebettet in Wiesen und
Wälder. Die geographische Abgeschiedenheit spiegelt sich auch in der Lebenswelt der
Kinder und Jugendlichen wieder. Die Kinder fühlen sich in Wildsachsen grundsätzlich
behütet und sicher, die Jugendlichen wünschen sich mehr Möglichkeiten zur Überwindung
der engen Stadtteilgrenze.
Von den über die Fragebogenaktion erreichten Kindern und Jugendlichen aus Wildsachsen
leben etwa zwei Drittel in einem gemeinsamen Haushalt mit Eltern und Geschwistern, ca. 8
% sind Einzelkinder. Etwa 10 % haben angeben, bei einem Elternteil zu leben.
Ein Drittel der Kinder und Jugendliche gehört einem Verein an bzw. nutzt deren Angebote,
vor allem die Angebote der Sportvereine in und außerhalb Wildsachsens. Generell geben
insgesamt 80 % der Befragten an, häufig Sport zu machen. Auch hier nimmt das aktive Sport
treiben mit dem Alter etwas ab.
Etwa 16 % der Heranwachsenden haben im letzten Monat vor der Befragung ein oder
mehrere Angebote der Jugendarbeit genutzt. Vor allem das Spielmobil, der örtliche
Jugendclub“ und die Angebote der evangelischen Kirche werden genannt.
Auf der Wunschliste hat bei allen Kindern und Jugendlichen ein Kino höchste Priorität.
Ebenfalls gewünscht werden mehr Angebote im Wildsachsener Einzelhandel, vor allem
Kleiderläden.
Für die Jüngeren stellt das Spielmobil eine gern genutzte Anlaufstelle dar, außerdem sind
viele von ihnen im Sportverein aktiv. Bei den befragten Kindern und Jugendlichen fällt jedoch
eine regelrechte ‚Lückenproblematik' auf. Während das Spielmobil nur für Kinder bis 12
Jahren zur Verfügung steht, ist der Jugendtreff nach ihren Schilderungen nur für Jugendliche
ab 16 Jahren zugänglich.
Die interviewte Jugendgruppe des Jugendtreffs in Wildsachsen erweist sich als relativ
geschlossene Clique, deren Mitglieder sich bereits von Kindheit an kennen. Sie trifft sich
einmal wöchentlich im Jugendraum und ist nach eigener Erzählung mit ihrer aktuellen
Situation und den im Jugendtreff befindlichen Möglichkeiten grundsätzlich zufrieden. Sie
wünschen sich jedoch erweiterte Öffnungszeiten.
Fester Bestandteil des Freizeitlebens und zentraler Treffpunkt für die Jugendlichen ist der
Ortskern. ‚Am Brunnen' trifft man sich in der Regel am späteren Nachmittag oder abends.
Der zentrale Platz ist Informations- und Treffpunkt, "der Platz, da kommt man immer vorbei,
egal wo man hin will. Wenn meine Kumpels dort sind oder jemand aus der Clique, dann bleib
60
ich auch dort, sonst geh' ich später noch mal vorbei" (Junge, 16 Jahre). Andere Treffpunkte
für die Jugendlichen sind Kneipen und Cafes und das Schwimmbad in Kriftel.
Während sich die Älteren, die z.T. bereits den Führerschein oder ein eigenes Auto besitzen,
sich aus den Kreisgrenzen hinaus nach Wiesbaden, Mainz und Frankfurt orientieren, sind die
jüngeren stärker auf ihren Heimatort verwiesen. Mit der dortigen Situation sind sie sehr
unzufrieden; es gibt nur eine Kneipe, die dazu noch lediglich abends geöffnet ist. Für Treffen
am Nachmittag haben sie - vor allem bei schlechterem Wetter - keine Angebote. Sie
bedauern, dass der Sportplatz wegen Renovierung im Moment geschlossen ist und sie mit
den Erwachsenen Ärger bekommen, wenn sie auf der Strasse kicken.
Die Jugendlichen bekunden eine starke Distanzierung zu Hofheim und den dortigen
Angeboten der Jugendarbeit bzw. den Jugendlichen selbst.
61
Handlungsempfehlungen für die Stadt Hofheim
Öffentliche Treffpunkte
Heranwachsende brauchen und suchen Orte, an denen sie sich mit Gleichaltrigen treffen
können. Diese Orte haben immer eine Doppelfunktion: Zum einen Rückzug und
Beschäftigung mit sich selbst in der Gruppe, zum anderen aber auch öffentliche
Sichtbarmachung als Gruppe und Besetzung gesellschaftlicher Räume, Auseinandersetzung
mit anderen dort präsenten sozialen Gruppen (Erwachsene, Ordnungshüter, Geschäftsleute,
andere Jugendcliquen u. ä).
Kommunale Kinder- und Jugendpolitik muss diese Bedürfnislage ernst nehmen. Dies kann
zweierlei bedeuten:
1. Bestehende Kinder- und Jugendtreffpunkte – seien sie informell angeeignet oder auch
offiziell als solche ausgewiesen – als solche aufzuwerten, qualitativ anzureichern, auch
eventuell vorhandene Konfliktpotentiale durch regulierende Eingriffe entschärfen:
Der
Bericht
enthält
Hinweise
auf
zahlreiche
entsprechende
Kinder-
und
Jugendtreffpunkte in der Hofheimer Region, was zunächst als soziale Ressource positiv
hervorzuheben ist. Er liefert aber auch Hinweise auf dort bestehende Mängel,
Verbesserungswünsche, z. T. auch Konflikte, d. h. auf Handlungsbedarfe. In der Regel
sind hier nur kleine Investitionen und Eingriffe (z. B. ein Dach, ein Basketballkorb, eine
Bank, ein Gespräch) notwendig, sie aber zu tätigen würde die soziale Qualität des
öffentlichen
Raums
nicht
nur
für
Kinder
und
Jugendliche
bereichern.
Von einigen Kindern ins Spiel gebracht wurde die alte Fabrik am Sportplatz als möglicher
Standort für ein Kinderzentrum. Diese Fabrik ist für viele Kinder ein beliebter Spielort,
obwohl er „verboten“ ist. Auch wenn der Kinderwunsch nach einem offiziellen
Kinderzentrum dort verständlich ist, reicht es möglicherweise durchaus aus, die Situation
so wie sie ist zu belassen. Die alte Fabrik stellt auch jetzt schon einen attraktiven
Aufenthaltsort dar und die jungen NutzerInnen sind dort offenbar nicht gefährdet und sie
verhalten sich dort anscheinend auch nicht gefährdend.
2. Entsprechende Treffangebote dort schaffen, wo sie fehlen oder existentiell gefährdet
sind: Auch hierzu liefert der Bericht eine Reihe von konkreten Anhaltspunkten zu
Quartieren,
in
denen
Heranwachsende
über
keinerlei
Treffpunkte
verfügen.
Hervorgehoben sei hier z. B. die Nordstadt, wo von den ansässigen Kindern und
Jugendlichen fehlende Treffmöglichkeiten beklagt wurden.
Bushaltestellen z. B. haben in diesem Zusammenhang eine ganz besondere Bedeutung:
62
Sie liegen meist an zentraler Stelle, von ihnen aus kann man das Leben im Stadtteil gut
beobachten und wird selbst gut gesehen, man ist vor Wind und Wetter einigermaßen
geschützt und der Treffpunkt ist öffentlich und unverbindlich. Zu überlegen wäre hier als
Experiment, wie gegebenenfalls mit gestalterischen Mitteln die Funktion einer
Bushaltestelle (überdacht, öffentlich, zentral) auch ohne Busstopp erreicht werden kann.
Dies gilt auch für die Rheingaustraße.
Auch wenn die vorhandenen Daten bereits zahlreiche aufschlussreiche Hinweise zur
Situation der öffentlichen Treffpunkte liefern, scheint es angebracht, hier punktuelle
Nachuntersuchungen (welche Treffpunkte gibt es noch, welche Gruppen wurden nicht
erfasst?) anzusetzen, wie auch regelmäßige neue Überprüfungen vorzunehmen, da
Treffpunkte immer einer gewissen Wandlungsdynamik durch die NutzerInnen unterliegen.
Des weiteren liegt es nahe, bei der Gestaltung der Treffpunkte partizipativ vorzugehen und
die Fachlichkeit der Stadtplanung mit der eigenen lebensweltlichen Expertenschaft der
jungen NutzerInnen zu verbinden. Eine systematische lokale Betroffenenpartizipation bei der
Einrichtung und Gestaltung einzelner Treffpunkte erhöht den „Passungsgrad“ bei den
NutzerInnen und hätte somit Effektivierungserfolge. In vielen Kommunen wurden bei der
Ausgestaltung von Spielflächen und Treffpunkten Prinzipien der Betroffenpartizipation
praktiziert (z. B. Beteiligungsmobil in Kassel). An diesen Modellen könnte man sich
orientieren.
Neben den Treffpunkten für einzelne lokale Cliquen gibt es auch Treffpunkte mit einer
hochgradig kollektiven Bedeutung für junge Altersgruppen. Diese seien im folgenden
gesondert hervorgehoben.
Das Hofheimer Kino
Die Schließung des Kinos in Hofheim kristallisierte sich in der Studie als „Mega-Thema“
heraus - und zwar quer durch die Altersgruppen, Geschlechtergruppen, Bildungsgruppen,
Wohnortgruppen. Von sehr vielen wird seine Attraktivität als Treffpunkt benannt. Es wird
beklagt, dass es geschlossen wurde und es seitdem nichts mehr Entsprechendes in Hofheim
gibt. Und ein Großteil der Verbesserungswünsche richtet sich darauf, dass es wieder
aufgemacht oder zumindest etwas Ähnliches neu geschaffen wird.
Die qualitativen Befragungen der Kinder und Jugendlichen zeigen, dass das Kino für sie ein
63
bedeutsamer informeller Treffpunkt war. Hier haben sie sich spontan oder verabredet
getroffen, im Forum des Kinos konnten sie sich aufhalten, Popcorn essen und sie hatten
damit einen relativ geschützten und von Erwachsenen überwachten Ort, an dem sie sich
sicher und wohl fühlten, an dem aber auch niemand Anforderungen an sie stellte, nichts
getan werden musste. Einzige Bedingung war ein Mindestmaß an Konsum und die
Einhaltung der Verhaltensregeln an diesem Ort.
Verantwortlich für die herausragende Attraktivität dieses Ortes sind folgende Momente: Er
war ein „erwachsener“ und kommerzieller Ort, dorthin zu gehen bedeutete also immer auch,
Erwachsenenwelten zu betreten und damit selbst auch ein Stück weit „erwachsen“ zu
werden. Er war quartiersnah und stand für eine auffordernde Sach-Funktion (Filme). Es
musste schließlich auch ein Ort gewesen sein, in dem der Betreiber eine soziale Offenheit
ermöglichte, die für Kinos nicht unbedingt üblich ist. Dies macht deutlich, dass andere Kinos,
die es in der Umgebung von Hofheim schließlich auch gibt, diese Funktion nicht ersatzweise
erfüllen können. Ebenso wenig können öffentliche Filmangebote der Jugendpflege oder der
Vereine diese Funktion kompensieren.
Angesichts der ungeheuren Prominenz, die das „Kino-Thema“ als kollektives Thema in den
Lebenswelten der Hofheimer Kinder und Jugendliche hat, sollte sich die kommunale Kinderund Jugendpolitik hier mit besonderer Intensität „kümmern“. Die Forschungsgruppe kann in
Ermangelung einer eigenen wirtschaftspolitischen Expertise keine konkreten Empfehlungen
dazu formulieren, wie das alte Kino wieder zu kommerziellem und sozialem Leben zu
erwecken ist. Sie will jedoch deutlich unterstreichen, dass die Lösung der „Kino-Frage“ in der
Prioritätenliste hoch oben stehen sollte. Dies würde nicht nur die Lebensqualität in Hofheim
verbessern – was vermutlich nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für andere
Altersgruppen von Gewinn wäre. Zu bedenken ist auch, dass dies für die junge Bevölkerung
in Hofheim insofern eine besonders eindrucksvolle Signalwirkung hätte bezüglich des
64
Vertrauens in die Kommunalpolitik , als das Kino-Thema so viele gemeinsam beschäftigt.
Soweit ein Kino in Hofheim nicht mehr realisiert werden kann, sollte doch zumindest überlegt
werden, ob der informelle Treffpunktcharakter, den das Kino für die jungen Menschen
symbolisierte, nicht an einem anderen Ort realisiert werden kann. Wichtig wäre, dass ein
solcher Treffpunkt mit einem unterhaltenden Aufforderungscharakter verbunden wäre, wie es
im Falle des Kinos die Filme darstellen, dass jedoch dieser Aufforderungscharakter nicht in
jedem Fall eingelöst werden muss. Es muss auch die Möglichkeit zum „Abhängen“, zur
Nicht-in-Anspruchnahme des Unterhaltungsangebots gegeben sein.
Möglicherweise ließe sich ein solcher Ort im Kontext des Museums herstellen. Es wäre
darüber nachzudenken, ob ein Raum des Eingangsbereichs des Museums so zu gestalten
wäre, dass dort Kinder und Jugendliche sich treffen können, Kleinigkeiten konsumieren
können, ohne jedoch das Museum zwingend besuchen zu müssen. Ggf. könnten diese
Funktionen aber auch im kommerziellen Nahbereich erfüllt werden.
Spielplätze
Sehr viele Wünsche vor allem der Kinder richteten sich an die Spielplätze. Sie kennen
Spielplätze seit ihrer frühesten Kindheit, haben sich ihre Möglichkeiten erschlossen, sind
teilweise aber mittlerweile auch darüber hinausgewachsen (als „Babykram“ werden dann so
manche Spielplatzgestaltungen bezeichnet). Sie erleben subjektiv, dass die Spielplätze
Räume sind, die ihnen sozusagen offiziell im Stadtteil zur Verfügung gestellt werden.
Verglichen mit Spielplätzen anderer Städte haben die Spielplätze in Hofheim aus Sicht der
Kinder einen eher guten Angebots- und Aufenthaltscharakter.
Auch die Besichtigung der Plätze durch die Forschungsgruppe bestätigte dieses positive
Bild. Plätze sind zahlreich vorhanden, in der Regel gut ausgestattet und gut unterhalten,
auch gut frequentiert. Bei der Raummenge sind die potentiellen Raumkapazitäten der
Schulhöfe noch nicht miteingerechtet. Ihre Öffnung am Nachmittag würde von daher das
Raumangebot und damit die Planungs- und Gestaltungsspielräume erheblich vergrößern. An
dieser grundsätzlich positiven Einschätzung ändert auch die oft geäußerte Kritik der Kinder
an den Spielplätzen nicht viel. Dass es Kritik gibt, untermauert im Grunde genommen nur
ihren hohen Stellenwert und ihre hohe Attraktivität in den Lebenswelten der Kinder.
Der
Bericht
enthält
viele
Hinweise
auf
konkrete
Verbesserungs-
und
Veränderungsnotwendigkeiten auf den einzelnen Plätzen. Der Umgang mit diesen bedarf
jedoch weitergehender Aushandlungsprozesse, denn Spielplätze werden in der Regel von
verschiedenen
Interessensgruppen
genutzt,
die
verschiedene
Ansprüche
haben
65
(Kleinkinder, Grundschulkinder, Lückekinder, Jugendliche, Mädchen, Jungen, erwachsene
Begleitpersonen von Kindern). Die ausschließliche Berücksichtigung der Interessen
einzelner Gruppen führt somit zwangsläufig immer zu nachfolgenden Konflikten.
Angesichts der reichhaltigen Spielplatz-Infrastruktur bietet es sich in Hofheim an, die
einzelnen Plätze stärker zu differenzieren.
Die bisherige Gestaltung ist in der Regel gruppenübergreifend angelegt, d. h. es findet sich
für jede Gruppe etwas. Dies hat seinen Sinn bei ausgeprägten Raumnöten. In Hofheim
bestände jedoch die Möglichkeit, relativ unproblematisch räumliche Differenzierungen
vorzunehmen und einzelne Plätze gestalterisch für einzelne Gruppen zu spezialisieren
(Plätze für Kleinkinder, für Schulkinder, für Jugendliche). Dies kann insbesondere dann
erfolgen, wenn relativ viele Spielplätze in relativ geringer Entfernung voneinander ähnliche
Funktionen bieten. Dies ist beispielsweise in der Klarastraße der Fall. Der Bolzplatz
Klarastraße/Bahnstraße ließe sich ohne größere Probleme gezielter für Jugendliche
herrichten, z. B. durch das Aufstellen einer Unterstellmöglichkeit zum Sich treffen.
Grundsätzlich sollte gelten: Sowohl die Differenzierungen der Plätze wie auch dann
nachfolgend die entsprechenden gruppenadäquaten Gestaltungen sollten nicht vom
„Reißbrett“
her
vorgenommen
werden,
sondern
immer
unter
Einbezug
der
Betroffenenperspektive, d.h. sie sollten einen partizipativen Charakter haben: Welche
Gruppen haben bereits welche Plätze besetzte? Welche Probleme ergeben sich? Was wird
von wem gewünscht?
Soll ein solcher Differenzierungsprozess erfolgreich verlaufen, müssen die aktuellen
NutzerInnengruppen unbedingt berücksichtigt werden, d. h. es ist zu klären, welche Plätze in
der Hand welcher Gruppen sind, und diese Realitäten müssen zum Ausgangspunkt der
Gestaltungen gemacht werden. Der Bericht liefert einzelne Hinweise auf solche territorialen
Spezialisierungen. Vollständig ist das Bild hierzu jedoch sicherlich nicht. Von daher sind
auch an diesen Stellen punktuelle Nachforschungen anzuregen.
Angesichts
dessen,
dass
von
den
Kindern
und
Jugendlichen
für
viele
Plätze
66
Nutzungskonflikte thematisiert wurden, hätten räumliche Differenzierungen den Vorteil der
Entzerrung von verschiedenen Nutzergruppen und damit verbunden der Verringerung der
Konfliktpotentiale. Unsere Befragungen können zeigen: Insbesondere die Präsenz von
Jugendlichen
auf
den
Plätzen
führt
immer
wieder
zu
Nutzungskonflikten
und
Verdrängungsmechanismen. In Ermangelung anderweitiger quartiersnaher öffentlicher
Treffpunkte weichen Jugendliche auf die Spielplätze aus und sie verdrängen dort
„schwächere“ Gruppen wie Kinder – nicht unbedingt durch aggressives Verhalten, sondern
schon allein durch ihre körperliche und symbolische Präsenz (z. B. hinterlassene
Zigarettenkippen, Bierdosen, Schriftzüge).
Der Wunsch vieler Kinder, dass für die Jugendlichen andere Orte zur Verfügung gestellt
werden bzw. der beispielhafte konkrete Wunsch in Marxheim, dass dort der Bolzplatz für
Jugendliche so gestaltet wird, dass die Kinder auf den Spielplätzen ohne weitere Störungen
durch die Älteren spielen können, birgt im Kern schon das Lösungskonzept für die
dargestellten Konflikte. Es muss auch im Interesse der Kinder ernsthaft überlegt werden,
inwieweit in Hofheim informelle Treffpunkte im nahen Wohnumfeld für Jugendliche
ausreichend zur Verfügung gestellt sind oder zukünftig zur Verfügung gestellt werden
können.
Gewerbegebiet Wallau
Einer besonderen Betrachtung ist das Gewerbegebiet in Wallau wert. Dies wurde bei den
Bewegungslandkarten sichtbar. In den Köpfen der Personen, die beim Aufzeichnen des
Ortes Wallau auf dem Schulhof beteiligt waren, wurde das Gewerbegebiet zunächst
ausgespart. Es wurde nicht aufgezeichnet – mit der Begründung, dass dies doch gar nicht
nötig sei, weil dort keine Kinder wohnen würden. Während der Aktionen mit den Kindern auf
diesem Plan stellte sich jedoch heraus, dass mindestens 15 Kinder sich in diesem Terrain
aufstellten – dieses Gebiet also entgegen der ursprünglichen Annahme sehr wohl viele
Kinder beheimatete. Das Gewerbegebiet ist offenbar im öffentlichen Bewusstsein durch
seine Lage wie auch seine Funktion völlig abgespalten und als Wohngebiet nicht präsent.
Dies kann auch erklären, dass im Gewerbegebiet selbst überhaupt keine Spielflächen für
Kinder vorhanden sind. Wenngleich das Gewerbegebiet und insbesondere auch die
Umgebung
jedoch
für
die
dort
wohnenden
Kinder
durchaus
Spiel-
und
Erfahrungsmöglichkeiten bieten, werden diese Kinder von ihren Freundinnen und Freunden
aus Wallau, mit denen sie z. B. gemeinsam zur Schule oder auch in Vereine gehen, nicht
besucht. Hier sollte überlegt werden, wie auch im oder am Rande des Gewerbegebietes,
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gegebenenfalls auch eher in Richtung Wallau, eine Spielmöglichkeit für Kinder geschaffen
werden und dieses Wohnquartier besser räumlich an die Stadt angebunden werden könnte.
Kommerz
Kommerzielle Orte – seien es Freizeit- und Vergnügungsorte oder Orte des Konsums - sind
für Kinder und Jugendliche in Hofheim – und nicht nur für diese - wichtige Bezugspunkte.
Erwachsene und Pädagogik sehen dies in der Regel mit höchst ambivalenten Gefühlen.
Verbreitet sind die Vorstellungen von den gefährlichen, manipulierenden Gefahren der
Konsumwelten. Abwehrende und bewahrende Haltungen, die Kinder und Jugendliche vor
diesen schlechten Einflüssen möglichst schützen wollen, dominieren. Gerade auch in
pädagogischen Einrichtungen sind solche kinder- und jugendschützerischen Positionen
verbreitet. Sie haben zweifellos ihre Berechtigung. Doch ihr Problem ist, dass sie die
Perspektive der Kinder und Jugendlichen übersehen. Es muss von daher darum gehen, sich
vorbehaltloser auf diese andere Perspektive einzulassen und die Konsumwelten in ihrer
faszinierenden Bedeutung für junge Menschen zu begreifen – nicht ausschließlich als
Gefahrenquellen und Manipulationsinstanzen, sondern auch als Orte, an denen sich soziales
öffentliches Leben entfaltet, Beziehungen gestaltet werden, gesellschaftliche Teilhabe
stattfindet.
Kommerzielle Orte sind öffentliche Treffpunkte und Räume des Vergnügens. „Sehen und
gesehen werden“ ist die Devise. Sie sind geregelte, zivile Orte, kontrolliert und damit sicher.
Sie sind immer auch erwachsene Räume. Sie zu nutzen, heißt also auch: Erprobung und
Inszenierung des biografisches Erwachsen Werdens. Nimmt man dies ernst, wird z. B. auch
die hohen Attraktivität von McDonald’s – bei den Wünschen gehörte die Fastfoodkette in der
Hitliste weit nach oben – erklärlich. Hier wird ein öffentlicher Raum geboten, der mit relativ
wenig Geld zugänglich ist, und der trotz der permanenten Präsenz von Personal gleichzeitig
durch das Selbstbedienungsmodell eine großzügige Rückzugsmöglichkeit bietet.
Vor diesem Hintergrund ist es angesagt, einen anderen „verstehenderen“ Blick auf die
Konsumwelten zu wagen. Jugendpflege muss in diesem Fall sich nicht mehr als bewahrende
und gegensteuernde Gegenwelt zu Konsum und Kommerz definieren, sondern kann ganz
neue grenzüberschreitende sozialräumliche Arbeitsbündnisse wagen: Warum nicht offensive
Vernetzungen zu diesen Orten herstellen, wo Kinder und Jugendliche offensichtlich gerne
sind, wo auch ExpertInnen sind, die über Kinder und Jugendliche auf ihre eigene Art und
Weise „Bescheid“ wissen?
Angeregt sei an dieser Stelle auch das Konzept eines halbkommerziellen Jugendcafes, wie
68
es bereits vor einiger Zeit von Benedikt Sturzenhecker in die Jugendarbeitsdebatte
eingebracht wurde und mittlerweile auch in einzelnen Kommunen umgesetzt wird (in: Ulrich
Deinet: Sozialräumliche Jugendarbeit. Opladen 1999, 143 - 152). Es praktiziert eine
Kooperation zwischen Jugendamt und kommerziellem Pächter und verbindet so auf eine
neue
Weise
Aufträge
Lebensrealitäten.
der
Auch
Jugendarbeit
wenn
in
den
mit
den
Eigensinnigkeiten
Jugendhäusern
der
jugendlicher
Thekenbetrieb
mit
Getränkeausschank und Verköstigung längst Standard ist, kann dies nicht in eins gesetzt
werden mit dem halbkommerziellen Jugendcafe. Letzteres ist ein primär kommerzieller und
damit entpädagogisierter und normalisierter Raum, ersteres ist eine Einrichtung der
öffentlichen Jugendpflege – das ist der entscheidende Unterschied für seine NutzerInnen.
Das halbkommerzielle Jugendcafe könnte zudem die Chance bieten, das Kommerz-Dilemma
sozial benachteiligter Gruppen abzufedern. Viele Jugendliche beklagten in den Befragungen
die hohen Preise in den kommerziellen Freizeitstätten, die ihnen eine Nutzung verstellen.
Eine entsprechende Steuerung der Preise durch Zuschüsse in einem halbkommerziellen
Jugendcafe könnten hier Abhilfe schaffen.
Sport- und Bewegungsräume
Hofheim bietet mit seinen Bolzplätzen eine große Zahl von öffentlichen Sport- und
Bewegungsgelegenheiten, die nach den Darstellungen der Kinder und Jugendlichen in ihrem
Leben auch eine große und attraktive Rolle spielen. Demgegenüber stehen jedoch die
vielfältigen Klagen vor allem von Jugendlichen über unzureichende Raumangebote und –
ausstattungen. Zu erwähnen ist hier, dass offensichtlich die Kenntnisse über potentiell
vorhandenen Bewegungsräume bei der jungen Bevölkerung nicht vollständig sind. So stellte
sich bei der Befragung z. B. heraus, dass das partiell offene Sportgelände in Marxheim von
vielen Kindern überhaupt nicht als solches wahrgenommen wird. Aktionsprogramme – z. B.
vom Spielmobil - auf den entsprechenden Plätze könnten hier Abhilfe schaffen.
Besonders
dominant
sind
die
Beschwerden
der
Skater
und
nachfolgend
der
Streetballspieler. Sie beklagen fehlende Rampen und Körbe, zu weiten Entfernungen zu
guten Plätzen, wünschen sich entsprechende Ausstattungen an vielen Orten. Zu verweisen
ist hier auf die Schulhöfe als möglichen „Lösungsräumen“. Ihre Versiegelung prädestiniert sie
für eine Vielzahl der modernen Trendsportarten und ihre Öffnung für entsprechende
Aktivitäten
würde
von
daher
die
entsprechenden
Gelegenheiten
für
diese
Interessensgruppen vergrößern und das vorhandene kommunale Raumangebot noch einmal
besser nutzen. Dennoch sei auch vor einer ausschließlichen Kaprizierung auf diese
Interessensgruppen gewarnt. Wie in anderen Kommunen zu beobachten, sind es Skater und
69
Streetballer, die, obwohl sie zahlenmäßig keine übermächtige Gruppe darstellen, dennoch
am deutlichsten und erfolgreichsten ihre Bedürfnisse artikulieren können. In der Folge sind
es auch in der Regel ihre Wünsche, die am ehesten aufgenommen werden. Von daher ist
gut
darauf
zu
achten,
dass
weniger
öffentlichkeitswirksame
Gruppen
mit
ihren
Bewegungswünschen nicht übergangen werden, z. B. Mädchen, die sich Reitgelegenheiten
wünschen, Jungen, die mehr Raum zum informellen Kicken haben wollen, Kinder, die am
Bach spielen wollen.
Sportvereinsgelände
Neben den öffentlichen Sport- und Bewegungsräumen gibt es eine Reihe von Sportplätzen,
die in der Hand der Vereine sind und nur von den Vereinsmitgliedern in festgelegten
Trainingszeiten genutzt werden können. Diese Plätze, die zu vielen Zeiten auch völlig
ungenutzt sind, beschäftigen die Wunschphantasien vieler Jungen. Sie formulierten immer
wieder den Wunsch, Zugang zu diese Plätzen auch jenseits der Trainingszeiten und
Mitgliedschaften zu erhalten. Diese Wünsche sind nur zu verständlich. Inwieweit sie zu
erfüllen sind, sollte überdacht werden.
Besondere Exklusivität hat in diesem Zusammenhang der Sportpark Heide. Er wird von
vielen Kindern und Jugendlichen als begehrenswerter Freizeitraum erwähnt, insbesondere
von Marxheimern. Dort sollte überlegt werden, wie eine Alternative zum Vereinssport
geschaffen werden bzw. wie das Gelände geöffnet werden könnte. Zudem ist hier eine
bessere Anbindung durch den ÖPNV anzuregen. Nach Aussage einiger Kinder dürften sie
dann dort auch alleine hin.
Skaten am Kreishaus
Die Situation am Kreishaus ist einer gesonderten Betrachtung wert. Auch wenn es in der
70
Hofheimer Öffentlichkeit als Konfliktherd bekannt ist und von Jugendlichen auch immer
wieder als solcher beschrieben wurde, scheint sich hier doch ein gewisses Gleichgewicht
eingependelt zu haben. Durch die Bewachung des Kreishauses wurde einerseits
sichergestellt, dass die Lärmbelästigung und Abnutzungsschäden am Platz gering gehalten
werden, andererseits macht die Bewachung das Gelände für Kinder und Jugendliche
besonders reizvoll. Der besondere „Kick“ darin besteht, das bestehende Skateverbot
erfolgreich zu durchbrechen. Man macht sich einen Spaß daraus, die Wachleute zu
provozieren. Vielleicht sollte hier gar nichts verändert werden und dieses offenbar für alle
Seiten funktionierende Arrangement so erhalten bleiben.
Dennoch sollte diskutiert werden, ob und inwieweit zumindest in den Abendstunden und
eventuell am Wochenende das bestehende Nutzungsverbot aufgehoben werden könnte und
die optimalen Bedingungen dieses Geländes von den jugendlichen Sportlern auch
„ausgekostet“ werden können. Nach übereinstimmenden Aussagen von Jugendlichen und
Mitarbeitern der Kreisverwaltung ist das Abnutzungsproblem gar nicht mehr in dem Maße
gegeben, wie in den Tagen, als das Kreishaus neu war. Nutzungsspuren durch Inliner und
Skater wären zwar deutlich vorhanden, würden aber auch nicht mehr weiter zunehmen.
Verkehr
Die Studie bestätigt einen Nutzungskonflikt der Straße zwischen Autofahrern und Kindern,
wie er im Prinzip für alle städtischen Regionen seit langem gilt. In diesem Konflikt unterliegen
die Kinder als die Schwächeren – das verdeutlichen ihre vielfältigen Aussagen zur Straße als
Angst- und Gefährdungsraum. Nicht nur ist die Auto- und Verkehrslobby stärker als die
Kinderlobby, auch sind Kinder im „körperlichen Konflikt“ unvermeidbar die unterlegenen.
Selbst dort, wo Kinder sich innerhalb ihres Wohnortes sicher fühlen, formulieren sie dennoch
Gefühle des Gefangenseins durch die umgebenden Autobahnen.
Dies alles ist zum einen öffentlich zu skandalisieren als nachhaltige und manchmal auch
lebensgefährliche Beschränkung im Kinderleben. Zum anderen müssen aber auch
71
Anstrengungen unternommen werden, wie die Gewalt der Autos zu kontrollieren und zu
entschärfen ist. Nach der Statistik der Straßenverkehrsunfälle im Jahre 2000 liegt der
prozentuale Anteil der Unfälle in Hofheim über dem des gesamten Main-Taunus-Kreises.
Alleine drei der im Kreis in diesem Jahr getöteten vier Personen sind im Gebiet der Stadt
Hofheim ums Leben gekommen.
Nicht nur dies verweist auf die Notwendigkeit kindgerechter Verkehrsplanungen, aber auch
auf die stärkere Kontrolle und Sanktionierung der AutofahrerInnen. Die durch die
Kinderschilderungen möglichen punktuellen Einblicke in die Verkehrsrealitäten zeigten
jedenfalls, dass zwar mancherorts durchaus begrüßenswerte kindgerechte Maßnahmen
vorgenommen wurden, sie aber oftmals von der autofahrenden Bevölkerung nicht
eingehalten werden. Zudem scheinen einzelne kinderfreundliche Maßnahmen auch bei den
Kindern völlig gegenteilige Wirkungen zu haben. So sollte in Wallau die Straßensituation im
verkehrsberuhigten Bereich überprüft werden. Möglicherweise ließe sich mit einfachen
optischen Mitteln, welche die Wegzonen für FußgängerInnen deutlicher ausweisen, mehr
subjektive Sicherheit für Kinder herstellen.
In Marxheim fehlen für Kinder – möglicherweise auch für andere Gruppen wie SeniorInnen ampelgestützte Querungshilfen in der Rheingaustraße und in der Frankfurter Straße. Hier
sollte Abhilfe geschaffen werden.
Zudem sollte dort, wo neue Verkehrswege geschaffen werden, die Spiel- und
Erlebnisflächen von jungen Menschen vernichten, ein unmittelbarer Ausgleich geschaffen
werden.
Beispielsweise wird der Neubau der Umgehungsstraße in Wallau von vielen Kindern als
deutliche Einschränkung ihres Lebensraumes bewertet. Sie berichteten davon, dass das
Gelände, auf dem die Umgehungsstraße gebaut werden soll, von ihnen als Spielfläche
genutzt wird, insbesondere zum Drachen steigen lassen und für Geländespiele. Zugleich
wird durch diese Baumaßnahme eine lebensweltbegrenzende Linie – neben den bereits
vorhandenen Autobahnen nochmals dichter an Wallau herangezogen. Zu prüfen ist hier, wie
72
Ausgleichsflächen für Kinder und mit ihnen zu erschaffen sind, die ihnen die Funktionen
zurückgeben, die ihnen durch den Bau genommen werden. Dies könnte z. B. durch
Spielmobilaktionen initiiert werden, indem durch Streif- und Erkundungszüge neue
Freiflächen in der Umgebung Wallaus erschlossen werden.
Mobilität
In einer ausdifferenzierten, pluralisierten und verinselten Gesellschaft bleibt es nicht aus,
dass auch schon für die junge Generation Mobilitätsfragen zu biografischen Schlüsselfragen
werden. Sowohl Kinder wie vor allem Jugendliche beklagen ihre Schwierigkeiten, nicht oder
nur schwer dorthin zu kommen, wo sie gerne hinwollen. Während davon ausgegangen
werden kann, dass diese Erfahrung für Kinder noch in gewisser Weise als eine Normalität
ihres spezifischen Altersstatus vertretbar ist, die sich mit dem Älterwerden dann auch
verändern wird, sollen die jugendlichen Mobilitätsbehinderungen doch sehr viel mehr zu
gezielten kommunalpolitischen Anstrengungen herausfordern – und dies nicht nur wegen der
Unfallgefahren.
Wenig sinnvoll ist in diesem Zusammenhang der Ausbau des ÖPVN, da die
Mobilitätserfordernisse bei Jugendlichen antizyklisch zu den Zeitrhythmen der sonstigen
Bevölkerung liegen (spät nachts bis in den frühen Morgen, am Wochenende). Aus den
jugendlichen Schilderungen wird ersichtlich, dass die Institution des Sammeltaxis als
Mobilitätshilfe bekannt und gut angenommen ist. Zeitliche Einschränkungen wie auch die
Kosten werden jedoch hier immer wieder beklagt. Wünschenswert wären von daher
Gespräche mit den Anbietern der Sammeltaxis, um die Konditionen möglicherweise
jugendfreundlicher zu gestalten. Zu klären ist auch, inwieweit öffentliche Fördermittel bereit
gestellt werden können, um Kosten zu senken.
Die Studie liefert zudem einzelne Hinweise auf fehlende Radfahrwege (z. B. an der
Lorsheimer Straße). Dies wäre zu überprüfen. Da der Hofheimer Stadtplan jedoch sehr wohl
zahlreiche Radwege ausweist, ist hier auch zu vermuten, dass die Klagen über fehlende
Radwege auch auf fehlendes räumliches Wissen zurückzuführen sind. Dies würde darauf
verweisen, in gezielten Aktionen vor allem für Kinder das vorhandene Wegenetz bekannt
und vertraut zu machen.
Soziale Sicherheit
In den Befragungen zeigten sich einzelne Angsträume, wenn auch nicht übermäßig viele.
Genannt wurde sie vor allem von Kindern.
73
Grundsätzlich ist hier auf die Ambivalenz von Angsträumen hinzuweisen: Zum einen sind sie
für Kinder und Jugendliche faszinierende Orte, sie werden gesucht, gebraucht, gezielt
inszeniert, um Grenzsituationen zu erleben und sich in ihnen zu bewähren. Sie werden gar in
Mythen aufgebläht und irreal übersteigert. Zum anderen schränken sie Bewegungs- und
Aneignungsmöglichkeiten objektiv real ein und bergen sie tatsächliche Gefahren. Letzteres
fordert zu sichernden Gegenmaßnahmen heraus. Doch nicht jeder Angstraum muss
befriedet werden, weil er als solcher zunächst genannt worden. Es kann vielmehr durchaus
wichtig sein, dass es ihn gibt.
So sollte z. B. die häufige Nennung von Friedhöfen als unangenehmen Orten nicht unbedingt
beunruhigen, da hier bekanntlich immer auch etwas faszinierendes eingelagert ist. Ebenso
gilt für den Hofheimer Bahnhof, dass Kinder und Jugendliche sich mit ihm als Angstraum im
Prinzip gut arrangiert hat. Maßnahmen hier würden nur Gruppen vertreiben, die dann auf
anderen Orte ausweichen und sie wiederum zu neuen Angsträumen machen würden. In
jeder Stadt muss es Plätze für Randgruppen geben. Dass diese für andere soziale Gruppen
ängstigend sind, ist erklärlich. Doch muss und sollte diese soziale Realität sichtbar bleiben,
solange es sie als solche gibt. Ihr ist weniger ordnungspolitisch als sozialpolitisch
beizukommen.
Dennoch sollte geprüft werden, an welchen der bei den Befragungen genannten Angsträume
es zu objektiven Einschränkungen und Gefährdungen für Heranwachsende kommt.
Einer näheren Betrachtung wert sind auch die Mythenbildungen um Angsträume. Immer
wieder stießen wir bei den Befragungen auf entsprechende Schilderungen, wo sich
Schreckensszenarien zu einzelnen Orten verselbständigt hatten, d. h. der reale Gehalt der
Bedrohung
nicht
mehr
zugänglich
war.
Da
diese
Mythen
jedoch
nachhaltige
Beschränkungen nach sich ziehen – elterliche Verbote, Rückzug der Kinder -, sollten hier
Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Vor allem in Marxheim ist dies vordringlich. Eine hier vorfindbare weit verbreitete Angst der
Eltern vor Kindesentführungen und Gewalttätigkeiten führt dazu, dass die Kinder in diesem
74
Stadtteil insgesamt sehr behütet aufwachsen, wenig mobil sind, sich vielfach in Privaträumen
aufhalten und selbst viele Ängste zu den öffentlichen Räumen äußern. Damit verbunden sind
Einschränkungen der kindlichen Eigenständigkeit und Erfahrungshorizonte. Nachzudenken
wäre hier über Veranstaltungen für Eltern zur Auseinandersetzung mit den Ursachen und
Folgen diese Ängste und Behütungen. Elternabende in Kindergärten und Schulen bieten sich
hierzu an. Die Initiierung von Familienaktionen im Stadtteil und in der Umgebung könnte
auch dazu beitragen, mehr Vertrauen in das eigene Wohnquartier zu entwickeln.
Vereine
Die Erhebung belegt, dass Vereine und hier zuallererst die Sportvereine die zentrale
Institution im Freizeitleben Heranwachsender sind. Sie stellen ganz offensichtlich Orte dar,
an denen sich Kinder und Jugendliche heutzutage gut aufgehoben fühlen, an denen sie
gerne und zahlreich sind. Sie sind ein wichtiger Sozialisationsraum, ohne einen direkten
(sozial)pädagogischen Auftrag wie Jugendarbeit und Schule zu haben. Gerade das macht
sie vermutlich für Heranwachsende attraktiv. Sportvereine und auch andere Vereine sind
damit sozialpolitisch als kostbare sozialräumliche Ressource im Stadtteil wahrzunehmen und
auch wertzuschätzen. Ihre herausgehobene lebensweltliche Bedeutung fordert eine kritische
Überprüfung, ob den Vereinen auch die materielle Förderung zukommt, die sie brauchen, um
weiterhin das zu sichern, was sie derzeit dem Gemeinwesen bieten.
Zwei Probleme werden in der Studie jedoch auch sichtbar. Mit zunehmendem Alter verlieren
die Vereine Mitglieder, wenn sie auch weiterhin für viele ein wichtiger Freizeitraum bleiben.
Dies muss nicht per se für Jugendliche ein Problem sein, da sie dann oftmals über andere
Formen der Freizeitgestaltung jetzt verfügen. Dennoch lieferten die Interviews mit
Jugendlichen manche Hinweise darauf, dass Jugendliche gerne im Verein weitergemacht
hätten, sich aber dort mit dem Älterwerden nicht mehr wohl fühlten (Wettkampforientierung,
erforderliche
Zeitkapazitäten,
erwartete
Verbindlichkeit,
autoritäre
Übungsleiter,
Gruppenveränderungen in den Trainingsgruppen). Hier wäre demnach anzuregen, in den
Vereinen zu überprüfen, wie man diesen Veränderungen von jugendlichen Interessenslagen
produktiv begegnen kann. Dies scheint auch zur Bindung von potentiellen Ehrenamtlichen
erforderlich.
Sehr ernst zu nehmen ist eine weitere Auffälligkeit: Was die Teilhabe an der
Vereinsinfrastruktur betrifft, sind Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund
zahlenmäßig eklatant unterrepräsentiert. Für diese Gruppe stellen die Vereine also
keineswegs eine kostbare und vielgenutzte sozialräumliche Ressource dar wie dies oben
75
formuliert wurde. Geht man davon aus, dass Vereine immer auch Orte gesellschaftlicher
Integration sind, muss dies problematisiert werden. Die Einbindung von jungen Menschen
mit Migrationshintergrund kann dabei jedoch nicht allein den Vereinen überantwortet werden,
sondern muss als Aufgabenstellung für ein Gemeinwesen begriffen werden.
Die Prominenz der Vereine im Leben von Kindern und Jugendlichen darf nicht in einer
Konkurrenz zur kommunalen Kinder- und Jugendarbeit gesehen werden. Es gibt Gruppen,
die in den Vereinen kaum, aber umso mehr in der kommunalen Jugendarbeit zu finden sind,
wie Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Zudem erfüllen beide Institutionen
unterschiedliche Bedarfe bei Heranwachsenden. Sie sind also nicht einfach austauschbar.
Vielmehr fordert die Prominenz der Vereine kommunale Kinder- und Jugendarbeit dazu
heraus, sich wertschätzend und kooperativ den Vereinen zuzuwenden und sie als
bedeutsame
Kooperationspartner
im
Bemühen
um
eine
positive
Gestaltung
der
Lebenswelten junger Menschen zu begreifen. Bei dieser Aufgabe erfüllen Vereine andere
Funktionen als die Kinder- und Jugendarbeit, aber beide Beiträge sind wichtig.
Kinder- und Jugendarbeit
Hofheim verfügt über eine gut ausgebaute und gut konzeptionierte Infrastruktur von Kinderund Jugendarbeit. Die Befragungen zeigen, dass sie wichtige Anlaufstellen für die jungen
NutzerInnen darstellen und die Qualität der Angebote von ihnen größtenteils als gut bewertet
wird.
Spielmobil
Mit dem Spielmobil wird eine dezentrale Versorgung mit Freizeitangeboten für Kinder „in die
Fläche“ sichergestellt. Es ist bei den Kindern, die es nutzen, sehr beliebt. Dafür spricht auch,
dass von ihnen wiederholt häufigere Spielmobiltermine in ihrem Ort gewünscht wurden.
Dennoch ist auch zu registrieren, dass der Bekanntheits- und Nutzungsgrad dieses
Angebots noch größer sein könnte. Die Bewegungslandkarten zeigten, dass ein großer Teil
der Kinder das Spielmobil nicht kennt und auch nicht nutzt. Hier wäre über Maßnahmen
einer verbesserten Außen- und Bindungswirkung nachzudenken.
Jugendtreffs
Mit den Jugendtreffs in den Ortsteilen wird weiterführend auch für Ältere die dezentrale
76
Versorgung mit Freizeit- und Treffangeboten „in die Fläche“ sichergestellt. Dies ist als
positives Qualitätsmerkmal hervorzuheben. Die Jugendtreffs erfüllen wichtige lokale
Gesellungs- und Rückzugsfunktionen für die jugendlichen BesucherInnen – dies können die
Befragungen belegen.
Ihr deutlicher Quartiersbezug macht die Notwendigkeit dezentraler Jugendarbeitsstrukturen
zudem nur zu deutlich. Ein zentrales, möglicherweise auch räumlich und materiell sehr
großzügig ausgestattetes Jugendhaus könnte niemals das ersetzen, was an lokalen
Treffmöglichkeiten gesucht und gebraucht wird. Von daher spricht alles eindeutig dafür, die
vorbildliche dezentrale Infrastruktur unter allen Umständen zu erhalten.
Gleichzeitig werden aber auch Entwicklungsaufgaben sichtbar.
Öffnungszeiten: Die Treffs haben in der Regel nur wenige Stunden geöffnet. Vor allem
abends und an den Wochenenden, d. h. an den für Jugendliche relevanten Treffzeiten,
werden mehr Öffnungszeiten gewünscht. Hier ist darüber nachzudenken, wie die
Zeitkapazitäten – eventuell auch über eine Mischung von Honorarkraftanwesenheit und
Selbstverwaltung – erweitert werden können. Ggf. können die Räume auch preisgünstig
oder kostenfrei vermietet werden und eine eher hohe Kaution könnte dafür sorgen, dass
keine Schäden entstehen, weil zur Wiedererlangung der Kaution alles in Ordnung sein
muss.
Nicht versorgte Gruppen: Die Jugendtreffs werden in der Regel von festen Cliquen
genutzt, daran ist kaum etwas zu ändern. Es gibt vereinzelte Hinweise darauf, dass es in
den einzelnen Orten Cliquen gibt, die keinen Raum haben ( z. B. in Langenhain, wo es
fünf Cliquen gibt, aber nur einen Raum) oder zukünftig keinen Raum mehr haben werden
(z. B. Konfirmandengruppen, die nach der Konfirmation in der Regel „räumlich
freigesetzt“ sind, wie sie berichten). Hier muss gezielt nachrecherchiert werden. Hier ist
auch über die Möglichkeit vervielfältiger Räume, die Gruppendifferenzierungen
ermöglichen, nachzudenken.
Raumausstattung: Aus vielen Jugendtreffs sind Klagen über die Raumenge zu hören.
Auch hier sind Lösungen anzustreben.
Jugendhaus Hofheim
Das
Jugendhaus
in
der
Kernstadt
Hofheim
ist
vor
allem
für
Jugendliche
mit
Migrationshintergrund ein bedeutsamer „Heimatort“ und eine wichtige soziale Ressource.
Vor
allem
auch
vor
dem
Hintergrund,
dass
sie
am stärksten
über
finanzielle
Einschränkungen klagen und am wenigsten in das Vereinsleben integriert sind. Das
77
Jugendhaus bekommt damit noch einmal eine besondere Bedeutung als sozial
ausgleichende und integrierende Institution. Hervorzuheben ist auch, dass das Jugendhaus
für viele Mädchen mit Migrationshintergrund der einzige Ort ist, wo sie sich in ihrer Freizeit
außerhalb der Familie aufhalten können.
Dass die Dominanz Jugendlicher mit Migrationshintergrund immer wieder zum Anlass für
Abgrenzungen durch andere Jugendliche wird, sollte nicht vorschnell als Rassismus
überinterpretiert werden. Darin spiegelt sich eher das Bedürfnis nach demonstrativen
sozialen Cliquenabgrenzungen wider. So wie in den Jugendtreff eines Stadtteils nicht
Jugendliche eines anderen Stadtteils kommen und auch nicht unbedingt kommen müssen,
muss an der Situation des Jugendhauses auch nicht unbedingt etwas geändert werden.
Dennoch sollten die Wünsche der JugendhausnutzerInnen nach stärkeren multikulturellen
Vermischungen auch ernst genommen werden. Auch wenn soziale Abgrenzungen
biografische Sinnhaftigkeiten beinhalten, bergen sie doch immer auch die Gefahr von
Diskriminierungen oder zumindest Gefühlen der Diskriminierung. Dies ist für viele
JugendhausbesucherInnen virulent. Von daher ist anzuregen, Events mit sozial öffnendem
Charakter im Jugendhaus zu veranstalten.
Nachdenklich sollten schließlich auch Beschwerden der Mädchen über ihnen nicht
ausreichende regulierende Eingriffe des Fachpersonals machen. Hier sollte das Gespräch
gesucht werden, vielleicht reicht dies schon aus.
Ferienfreizeiten
Eine gewisse Unzufriedenheit wurde auch zu den Ferienfreizeiten-Angeboten formuliert.
Auch dieses sollte nicht vorschnell überinterpretiert. Es fordert aber dazu heraus, durch
systematische Evaluationen zu überprüfen, wie nah die Freizeitenplanung und –gestaltung
noch dran ist an den Wünschen der jungen NutzerInnen.
Übergänge in die Jugendarbeit
Die Befragungen lassen eine gewisse „Lückekinder“-Problematik erkennbar werden. Ältere
Kinder berichten, dass sie „in der Luft hängen“: Das Spielmobil, die Spielplätze sind nichts
mehr für sie, der Jugendtreff, das Jugendhaus ist aber entweder eindeutig für Ältere oder sie
trauen sich nicht, dorthin zugehen, weil es fremdes Territorium ist.
78
Günstig wären deshalb „Schnupper“-Angebote der Jugendarbeit für nachwachsende
Altersgruppen, um gezielte Übergänge zu bereiten. Eine Kinderdisco wäre in diesem
Zusammenhang eine gute Möglichkeit. Viele Kinder, insbesondere an der Pestalozzischule,
äußerten den Wunsch danach. Zu prüfen wäre, inwieweit sich ein solches Projekt durch die
Stadtjugendpflege realisieren lässt. Gerade auch in Anbetracht der geäußerten „Angst“ der
Kinder vor dem Hofheimer Jugendhaus sollte dabei überlegt werden, ob diese Kinder-Disco
im Jugendzentrum stattfinden kann. Damit wären zwar einerseits zunächst Barrieren für die
Kinder zu überwinden, andererseits würden durch den erfolgreichen Zugang aber zukünftig
auch Barrieren gesenkt. Gerade auch bei den ersten entsprechenden Angeboten sind jedoch
von
Jugendhausseite besondere
Anstrengungen
notwendig,
um
die
Zugänge
zu
ermöglichen.
Raumaneignung und -erschließung
Die Untersuchung zeigt, dass der vorhandene Sozialraum den jungen Menschen nur in
Segmenten vertraut ist, dass es manche „weißen“ Flecken gibt. Auch Orte, die mit Ängsten
besetzt sind und/oder von denen sie vertrieben werden. Vor diesem Hintergrund ist
anzuregen, Jugendpflege – und auch andere pädagogische Institutionen wie Schule und
Betreuungseinrichtungen - offensiver als „Raumerschließer“ zu profilieren, d. h. als eine
Institution,
die
Heranwachsende
darin
unterstützt,
sich
Sozialräume
und
ihre
Erlebnisressourcen anzueignen.
Mit dem Spielmobil ist hierfür im Grunde genommen schon eine optimale Grundlage
geschaffen. Sein mobiler, aufsuchender, offener und auf Außenräume konzentrierter
Charakter könnte dahingehend ausgebaut werden, noch deutlicher und flexibler als bisher
unbekannte Territorien mit Kindern zu erschließen. In Marxheim beispielsweise richten sich
viele Wünsche der Kinder auf die Nutzung des Waldes, der jedoch für sie mit Verboten und
Angst belegt ist. Hier könnte das Spielmobil helfen, den Wald als Erlebnis- und
79
Erfahrungsraum für die Kinder zu öffnen. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre der Waldspielplatz,
der für die Kinder bereits jetzt ein gern bespielter Ort ist. Mit Unterstützung durch das
Spielmobil könnte dieser noch sehr viel besser genutzt werden. Ähnliches lässt sich für den
Sportpark Heide sagen, der für viele Kinder ein gern genutzter, aber nur schwer zugänglicher
Raum ist. Auch hier wären Spielaktionen unter Einbeziehung des umgebenden Waldes
möglich.
Besonders in Wallau war auffallend, dass Kinder kaum von Naturerlebnissen berichteten.
Auch der Wickerbach spielte eine relativ geringe Rolle in den Erzählungen. Hier wäre zu
überlegen, wie z. B. auch durch das Spielmobil ein stärkerer Akzent auf Naturerfahrungen,
Erlebnisse mit dem Wasser, auch im Wald gesetzt werden könnte. Da in Wallau selbst direkt
kein Wald zur Verfügung steht, wäre hier eine Anbindung an den Sportpark Heide möglich.
Für die Kernstadt ist festzuhalten, dass der Wald, der im Osten mit dem Kapellenberg bis
direkt an die Stadt heran reicht, von den ansässigen Kindern kaum erwähnt wurde. Auch hier
wäre wieder zu überlegen, wie der Zugang zum Wald, unterstützt durch das Spielmobil,
erschlossen werden könnte.
Im Kontext der Mobilitätsförderung ist anzuregen, gezielte Radfahraktionen zu initiieren, um
das bestehende Radwegenetz bekannt zu machen.
Diese Beispiele zeigen, wie Jugendpflege als „Raumerschließer“ agieren und damit dazu
beitragen könnte, „positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie
eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“ (KJHG § 1, 3).
„Raummanager“
Die Befragungen machen sichtbar, dass öffentliche Sozialräume für Heranwachsende eine
große Bedeutung haben, dass sie für sie aber auch mit Konflikten und Ängsten verbunden
sind. Immer wieder taucht deshalb vor allem bei Kindern der Wunsch auf, dass an den
öffentlichen Orten ab und an „jemand aufpasst“, dass jemand vorbeikommt, der Schäden
behebt, Konflikte reguliert oder Regeln aufstellt. Dies ernst zu nehmen, fordert zu einer
neuen Gestaltung der öffentlichen Verantwortung und Fürsorge in den städtischen Räumen
heraus. Wenn es darum gehen muss, Quartiere, Straßen, Plätze, Naturräume als
Lebensräume zu sichern, sind Instanzen erforderlich, die eingreifen, wenn es nötig ist. Dies
ist nicht immer und überall der Fall, das zeigen die Schilderungen der Kinder und
Jugendlichen eindrucksvoll. Vieles in den öffentlichen Räumen reguliert sich gut „von selbst“.
Nicht übersehen werden sollte aber auch, dass es möglicherweise stellenweise schon solche
80
Instanzen gibt – „Ortswächter“, von denen man nicht unbedingt weiß, die aber öffentliche
Räume erfolgreich sichern und regulieren. Hiernach wäre gezielt Ausschau zu halten, um sie
in ihrer Funktion zu stärken, eventuell auch von ihnen zu lernen. Vielleicht bieten sie
Modelle, die auf andere Räume übertragbar sind.
Neben gelingenden Gestaltungen des öffentlichen Raums gibt es aber auch nicht-gelingende
– dies offenbaren die Befragungen auch. Dies fordert zu Initiativen heraus.
Das heißt nicht, diese Räume zu pädagogisieren oder auch mit Verboten zu belegen. Es
verlangt vielmehr danach, Instanzen zu schaffen, die „sich kümmern“, die aufnehmen, wo es
Probleme gibt und als Clearing- und Moderationsstelle fungieren: Wo liegt was an (z. B. ein
kaputtes
Spielgerät,
Verschmutzungen,
Verdrängungskonflikte,
Beschwerden
von
AnwohnerInnen), wie kann das Problem gelöst werden, wer muss an der Lösung des
Problems beteiligt werden, wer ist verantwortlich für was?
Auch die Jugendpflege ist hier gefordert – nicht als Instanz, die alles löst, wohl aber als
Instanz, die gezielt registriert, was in den Außenräumen für Kinder und Jugendliche passiert
und sich hierfür verantwortlich fühlt. Dies kann bedeuten, sich als Mediationsinstanz bei
Konflikten anzubieten, Probleme an andere zuständige Stellen weiterzuleiten, bei der
Gestaltung der öffentlichen Räume sich als „Anwalt“ der jungen Bevölkerung einzumischen.
Dies erweitert das bisherige Selbstverständnis, nach dem sich Jugendpflege und
Jugendarbeit vornehmlich auf ihre eigenen Räume konzentrieren. Doch der aufmerksame
und sich-kümmernde Blick auf den Sozialraum liegt insofern nahe, als zum einen
Jugendarbeit durch ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen immer nah dran ist an
relevanten Informationen zu Konflikten im Sozialraum, zum anderen ein tragfähiger
öffentlicher Sozialraum auch in ihrem Interesse liegt und liegen muss.
81
Partizipation und „Nachforschungen“
Gerade weil die Befragungen an vielen verschiedenen Standorten und in vielen
verschiedenen Settings durchgeführt wurden, ist sichtbar geworden, wie hochgradig
heterogen und veränderlich die Zielgruppen der Kinder- und Jugendarbeit sind. Je nach
lokalen Verhältnissen, Alter, Geschlecht, Sozialmilieu, Cliquenzugehörigkeit suchen und
brauchen Heranwachsende verschiedenes. Dies macht es zu einer permanenten
Herausforderung, das Produkt Kinder- und Jugendarbeit möglichst gut den AdressatInnen
anzupassen. Eine „Passung“ gelingt nur dann, wenn zum einen größtmögliches Wissen zu
den Zielgruppen vorhanden ist und zum anderen Veränderungen kontinuierlich verfolgt
werden.
Die „Blitzlichtaufnahme“ der Studie kann hierfür viele Anhaltspunkte liefern, und doch ist ihr
empirisches Wissen begrenzt, und sie ist immer nur eine Momentaufnahme. Nicht nur ist es
nicht zu verhindern, dass einzelne Stellen der Aufnahme nicht ausreichend ausgeleuchtet
sind, auch konnten zukünftige Entwicklungsprozesse nicht erfasst werden. Die vorliegenden
Daten liefern somit einen Grundstock, verlangen aber nach kontinuierlichen „Nacharbeiten“:
Dort, wo Hinweise auf Problempunkte zwar vorliegen, aber noch unzureichend sind,
müssen gezielte Nachforschungen angestrebt werden.
In
regelmäßigen
Abständen
müssen
Veränderungen
in
den
Lebenswelten
Heranwachsender geprüft werden.
Diese Nacharbeiten müssen perspektivisch zum Auftrag der Jugendförderung selbst
gehören – nicht im Sinne aufwändiger empirischer Sozialstudien, sondern als in die Praxis
eingebundene
Alltagsroutinen
des
gezielten
Beobachtens,
Dokumentierens
und
Reflektierens sozialer Verhältnisse. Wer wird mit der Kinder- und Jugendarbeit erreicht und
wer nicht? Was brauchen welche Gruppen, was bekommen sie und was bekommen sie
nicht? Welche Cliquen gibt es wo? Was haben sie, was brauchen sie? Wie sieht es mit der
KundInnenzufriedenheit in der Kinder- und Jugendarbeit aus? Das sind nur einige
Zukunftsaufgaben.
Kinder- und Jugendarbeit ist nah dran an den relevanten LebensweltexpertInnen – und dies
ist eine entscheidende Stärke. Sie erfährt im Kontakt mit jungen Menschen permanent etwas
über die Bedingungen des Aufwachsens in der Stadt Hofheim. Diese Chance muss sie
nutzen und ausbauen. Dies kann beinhalten, den wahrnehmenden Blick noch weiter zu
schulen und Methoden der sozialräumlichen Erkundung zu professionalisieren, aber auch
Partizipationsansätze zur Wegbereitung von jugendlicher Selbstartikulation zu stärken.
Kinder- und Jugendarbeit muss bereit sein, hinzuhören und hinzuschauen, und sie muss
bereit sein, aus dem Gesehenen und Gehörten praktische Schlussfolgerungen im Interesse
82
junger Menschen zu ziehen.
83
Darstellung der Erhebungsmethoden
Die verschiedenen Erhebungsmethoden und Vorgehensweisen ergänzen sich und führen zu
der vorliegenden Lebensweltanalyse von Kindern und Jugendlichen in Hofheim. Die
Bewegungslandkarten, die Fragebögen an den Hofheimer Schulen, die Gruppeninterviews in
den Räumen der Jugendarbeit und die Interviews im öffentlichen Raum beleuchten ähnliche
Fragestellungen – aber in unterschiedlicher Breite und Tiefe. Erst die Ergänzung und die
Zusammenführung der angewandten Methoden ermöglichen eine repräsentative Analyse der
Lebenswelten Hofheimer Kinder und Jugendlicher.
Die Bereitschaft der Kinder und Jugendlichen in Hofheim, sich auf die unterschiedlichen
Methoden einzulassen und sich zu beteiligen, war sehr groß. Ein Junge aus Langenhain
kommentierte die Befragungen folgendermaßen: „Die Umfrage finde ich geil. Warum macht
ihr das hier? Wir haben schon einen Fragebogen ausgefüllt, in der Schule, der war auch gut.
Die Umfrage find’ ich noch besser, weil die viel persönlicher ist“ (Junge, 14 Jahre).
Bewegungslandkarten
Es wurde eine Methode der Beteiligung durchgeführt, die an der Lebenswelt der Kinder
selbst ansetzt. Die Kinder werden "spielerisch" in die Untersuchung ihrer Lebenswelt
einbezogen und die Ressourcen, die in dieser Lebenswelt stecken, werden im gleichen
Maße aufgedeckt wie die Defizite. Ansatzpunkte für Veränderungen und weitere
Auseinandersetzungen werden gefunden, Konfliktpunkte benannt und Lösungsmöglichkeiten
vorgeschlagen. Auch mit einem relativ geringen Einsatz an Geld und Material gelingt es
schnell, relativ große Mengen an Erkenntnissen zu sammeln und zu erkennen, dass von den
Kindern gelernt werden kann, indem sie uns Erwachsenen "ihre Welt" zeigen. Um Kinder als
Expertinnen und Experten für ihren eigenen Alltag zu verstehen und Ansätze für
Verbesserungsmöglichkeiten zu benennen, ist es notwendig, die tatsächlichen Bewegungen
der Kinder in Raum und Zeit in ihrer Alltagsrealität herauszufinden, zu rekonstruieren. Die
Kinder stellen dazu Ihren normalen Alltag spielerisch dar.
Durchführung der Bewegungslandkarten
Da es sich bei diesem Projekt im Sinne des Hessischen Schulgesetzes um eine
wissenschaftliche Untersuchung an einer Schule handelte, mussten die Aktionen beim
staatlichen Schulamt beantragt und genehmigt werden. Zudem wurde von den Eltern jeweils
84
eine Genehmigung für die Teilnahme ihres Kindes eingeholt. Ca. 5 Prozent der Kinder
konnten
wegen
Fehlens
der
Genehmigung
nicht
an
der
Erhebung
teilnehmen.
Durchschnittlich haben ca. 20 Kinder pro Klasse teilgenommen, insgesamt ca. 700 Kinder.
Am 24. Juni wurde die Heiligenstockschule in Marxheim/Hofheim Süd besucht. In vier
Durchgängen wurden die 16 Klassen dieser Grundschule befragt. Am 25. Juni wurden die
Kinder der Taunusblickschule in Wallau interviewt. Hier wurde die „Spielaktion“ zweimal mit
insgesamt 8 Klassen durchgeführt. Die Befragung der Kinder in Hofheim-Nord fand am 1.
Juli in der Pestalozzischule statt. Auch hier wurden vier Durchgänge benötigt, um 11 Klassen
zu interviewen.
Der Einzugsbereich der Grundschule wurde unter Mithilfe einiger Ortskundiger in
verkleinertem, aber begehbaren Maßstab als "Landkarte" mit Kreide auf den Schulhof der
jeweiligen Grundschule aufgezeichnet. Im Zeitrahmen einer Unterrichtsstunde spielten die
Kinder einen normalen Tag bei gutem Wetter nach. Alle Kinder wurden aufgefordert sich
dahin zu stellen, wo sie sich morgens um 3 Uhr aufhalten, also in der Regel zu Hause. Dann
begann der Tagesablauf und die Kinder vollzogen ihre "Bewegungen" auf der Landkarte
nach.
Von den Kindern spielerisch dargestellt und dokumentiert wurden die Bewegungen zur
Schule, der Aufenthalt in der Schule, der Heimweg und die Beschäftigungen am Nachmittag
und am Abend. Dies geht soweit, bis sich der Uhrzeiger wieder auf 3 Uhr morgens befindet,
die Kinder also wahrscheinlich wieder alle zu Hause sind.
Dieser erste Teil des Bewegungsspieles hatte vor allem die Aufgabe, dass sich die Kinder
auf dieser aufgemalten Landkarte, die ihre unmittelbare Lebensrealität darstellt, orientieren.
Da wir von den Kindern etwas über ihren unmittelbaren Alltag erfahren wollten, mussten wir
zunächst dafür sorgen, dass die Kinder genau an diesen Alltag denken, sich gedanklich
darauf einlassen und durch den spielerischen Nachvollzug ihrer alltäglichen Handlungen
genau diesen Alltag zum Ausgangspunkt für den folgenden Teil des "Spieles" machen.
Im zweiten Teil, dem "Bewertungsteil", wurden die Kinder gebeten, sich nach verschiedenen
Fragestellungen auf der Landkarte, auf der sie sich mittlerweile relativ gut auskannten, zu
bewegen. Die Fragestellungen lauteten folgendermaßen:
Wo hältst du dich im Freien gerne auf?
Wo hältst du dich im Freien gar nicht gerne auf?
85
Wo darfst du dich im Freien nicht aufhalten, weil es dir verboten ist?
Wo sollte deiner Meinung nach für Kinder etwas verändert werden?
Die Kinder wurden jeweils zentral beim "Spielleiter" versammelt und ihnen wurde die jeweils
die erste der oben genannten Fragen gestellt, verbunden mit der Aufforderung, jetzt mal dort
hinzugehen, wo sie sich gerne treffen etc. Dann gingen, oder vielmehr liefen die Kinder zu
diesem Ort, an dem sie von weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Hilfe von
Diktiergeräten befragt wurden. Hierzu wurden die weiteren Fragen benutzt und zur
Orientierung auch jedes Mal gefragt, wo die Kinder denn gerade standen.
Die Teilnahme an den jeweiligen Fragen sowie an der gesamten Aktion war freiwillig, jedoch
machten die Kinder bei allen Fragen begeistert mit und konnten spontan Wertungen
abgeben. Zur Ergänzung wurden danach die Kinder in allen Klassen aufgefordert, ihre
Antworten zu den gleichen Fragen in einem Fragebogen zu verschriftlichen. Diese
schriftlichen Auskünfte der Kinder gingen ebenfalls in die Auswertung mit ein.
Bei der Durchführung der Bewegungslandkarten in den Grundschulen wurden die Kinder bei
den Themenfragen von Erwachsenen interviewt. Diese Aussagen wurden mit einem
Diktiergerät festgehalten und nach der Aktion in Stichworten verschriftlicht und durch Zitate
der Kinder ergänzt.
In der ersten Auswertungsrunde direkt im Anschluss an die jeweilige Durchführung der
Bewegungslandkarte wurden diese Kinderaussagen von den InterviewerInnen schriftlich
zusammen gefasst und nach Orten sortiert. Im gemeinsamen Austausch konnten alle
Aussagen zu einem bestimmten Ort zusammengefasst werden. So entstanden je Schule vier
umfangreiche Listen mit beliebten, unbeliebten und verbotenen Orten, sowie Orten und
Themen, auf die sich Änderungswünsche der Kinder richteten. Festgehalten wurden auch
die jeweiligen Begründungszusammenhänge aus Sicht der Kinder und erste Interpretationen
der InterviewerInnen.
Nach der Festlegung der Schlüsselthemen wurden die vorhandenen Materialien nochmals
ausführlich gesichtet, den Schlüsselthemen zugeordnet und in Bezug auf diese Themen
unter Berücksichtigung der Fragebogenaktion nochmals überprüft und interpretiert. Die
abschließende schriftliche Zusammenfassung wurde von einer zweiten Person nochmals
unter Zuhilfenahme des Originalmaterials überprüft.
86
Abschließend wurden die Erkenntnisse aus den Ergebnissen der Bewegungslandkarte
bezüglich der Handlungsvorschläge erarbeitet.
87
Schriftliche Befragung
Neben den Freizeitaktivitäten standen bei der Durchführung der schriftlichen Befragung die
Teilnahme an Angeboten der Jugendarbeit und die Mitgliedschaft in Vereinen im
Vordergrund. Gefragt wurde in dem Fragebogen insbesondere nach der subjektiven
Wichtigkeit von verschiedenen Freizeitaktivitäten (z.B. Kino, Computer, Sport) und der
Häufigkeit, mit der diese Freizeitaktivitäten ausgeübt werden. Die Mitgliedschaft in Vereinen
und die Häufigkeit der Teilnahme an Vereinsangeboten, sowie der Besuch von
verschiedenen Angeboten der Jugendarbeit spielte ebenfalls eine wichtige Rolle. Außerdem
wurde nach den persönlichen Wünschen und Vorschlägen für Hofheim gefragt.
Durchführung der schriftlichen Befragung
Im Mai 2003 wurde an allen 5. und 10. Klassen der Hofheimer Schulen eine schriftliche
Befragung durchgeführt. Befragt wurden die SchülerInnen an folgenden Schulen:
Heiligenstockschule,
Main-Taunus-Schule,
Elisabethenschule,
Gesamtschule am Rosenberg,
Weingartenschule.
Mit Genehmigung des Hessischen Kultusministeriums fand die Bearbeitung der Fragebögen,
während der Unterrichtszeiten statt. Durch die Kooperation mit den Hofheimer Schulen
konnte abgesichert werden, dass so viele Hofheimer Jugendliche wie möglich den
Fragbogen ausfüllen konnten und außerdem ein repräsentativer Rücklauf gewährleistet war.
Insgesamt wurden 1.531 Fragebögen Hofheimer Jugendlicher in die Auswertung
einbezogen. Dies entspricht etwa zwei Drittel aller junger Menschen in Hofheim, die im Mai
2003 die 5. bis 10. Klasse besucht haben. Es haben ebenso viele Mädchen wie Jungen den
Fragebogen bearbeitet. Ausschlaggebend für die Gültigkeit des Fragebogens war das
Kriterium des Wohnsitzes in der Stadt Hofheim und ihren Stadtteilen. Die Auswertung hat
bestätigt, dass Jugendliche aus allen Stadtteilen erfasst werden konnten, zahlenmäßig etwa
im Verhältnis der Stadteilgröße.
Die Fragebögen wurden zunächst codiert, d. h. die Antworten wurden nach einem
einheitlichen Schema erfasst. Mit diesem Datenmaterial war es möglich, gezielte
Fragestellungen zu analysieren. Ein wesentlicher Interessensschwerpunkt lag bei der
88
Auswertung in den Fragen nach der Rolle der kommunalen Jugendarbeit und den Vereinen
bzw. der Bedeutung ihrer Angebote für die Freizeitgestaltung der Hofheimer Jugendlichen.
Ein besonderes Augenmerk wurde bei der Auswertung auf die Unterschiede zwischen
Mädchen und Jungen, der jüngeren und der älteren Altersgruppe, unterschiedlicher
Nationalitäten und den einzelnen Stadtteilen gelegt.
Im Anhang sind Ergebnistabellen der Befragung enthalten. Auf Wunsch können die
Datensätze zur Weiterarbeit, z.B. im Unterricht oder in der offenen Jugendarbeit, für eigene
spezifische Auswertungen zur Verfügung gestellt werden.
Einzelinterviews im öffentlichen Raum
Interviews im öffentlichen Raum sind eine wichtige Form der qualitativen Datenerhebung.
Was hierbei zählt, ist die individuelle bzw. subjektive Sichtweise der in diesem Fall befragten
Hofheimer Jugendlichen auf ihre Lebenswelt und wichtige Themen ihres Alltags. Die
Jugendlichen werden dort befragt, wo sie sich in der Regel nachmittags und abends im
Freien aufhalten, auf Plätzen im öffentlichen Raum. Dazu gehören Bolzplätze ebenso wie
Bushaltestellen, Spielplätze und Eisdielen oder Skaterrampen.
Durchführung der Einzelinterviews
Die Festlegung der Standorte für die Einzelinterviews im öffentlichen Raum erfolgte in
Absprache mit dem Sozialausschuss der Stadt Hofheim, der Bürgermeisterin und dem Team
der Jugendpflege. Folgende Orte wurden im Zeitraum von Ende Mai bis Ende Juni 2003
mindestens zweimal bis dreimal und jeweils zu unterschiedlichen Tageszeiten und sowohl in
der Woche als auch am Wochenende aufgesucht:
Hofheim Nord: Busbahnhof, Eiscafe Venezia und Fußgängerzone, Fichtestraße
Hofheim Süd: Kreishaus, Skaterrampe, Eiscafe Salerno
Marxheim: Klarastraße, Sportpark Heide
Diedenbergen: Kirchenvorplatz, Bushaltestelle
Langenhain: Pizzeria/Jagdhaus, Bolzplatz, Bushaltestelle
Lorsbach: Talstraße
Wildsachsen: Brunnen vor der Außenstelle, Spielplatz
Wallau: Festplatz
89
Das Interview-Team bestand jeweils aus drei bis vier Frauen und Männern, so dass auch die
angetroffenen Gruppen, z. B. auf Bolzplätzen oder im Eiscafe einzeln befragt werden
konnten.
Insgesamt wurden 97 Einzelinterviews geführt mit Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19
Jahren. Befragt wurden 43 Mädchen und 54 Jungen. Die Mehrheit der interviewten
Jugendlichen (72 %) war zwischen 14 und 17 Jahren alt.
Die Interviews wurden auf Tonband aufgenommen, um den Gesprächsverlauf später präzise
und authentisch erfassen zu können. Ein Leitfadenkatalog enthielt wichtige Fragenkomplexe,
die auch mit den Durchführenden der Gruppeninterviews thematisch abgestimmt waren.
Ausschlaggebend
für
den
Gesprächsverlauf
waren
jedoch
die
Erzählungen
und
Thematisierungen der Jugendlichen. Durchgehend wichtige Themen waren
Fragen zum Freizeitverhalten (Was hast du gestern nach der Schule gemacht? Bist
du zufrieden mit deinen Freizeitmöglichkeiten? Was würdest du gerne zusätzlich
unternehmen?)
Fragen zu Freizeiträumen (Wo bist du nach der Schule? Wo am Wochenende? Gibt
es Orte, wo du nicht hingehst?)
Fragen zur Mobilität (Wie bist du unterwegs? Gibt es Orte, wo du gerne hinmöchtest,
aber nicht hinkommst?)
Fragen zur Jugendarbeit in Hofheim (Welche Angebote nutzt du? Welche findest du
gut? Was fehlt dir?)
Die Auswertung der Gespräche erfolgte über eine ausführliche inhaltliche Zusammenfassung
der einzelnen Interviews mit der Erfassung der erhobenen Daten (Alter, Geschlecht,
Nationalität, Wohnort usw.) zu den befragten Jugendlichen. Alle Interviews wurden anonym
behandelt.
Gruppeninterviews
Die Gruppeninterviews wurden in Kooperation mit der Fachhochschule Frankfurt am Main,
FB Soziale Arbeit und Gesundheit unter Leitung von Lotte Rose durchgeführt. Sie waren
Bestandteil eines Projektseminars zum Thema „Sozialräumliche Erkundung jugendlicher
Lebenswelten“, das im Sommersemester 2003 im Studiengang Sozialarbeit durchgeführt
wurde. Im Rahmen dieses Seminars wurden die Studierenden zunächst in die Debatte um
die Sozialraumorientierung als Paradigma der Jugendhilfe und exemplarische Methoden der
Sozialraumorientierung eingewiesen. Vor diesem Hintergrund folgte dann die intensivere
90
Auseinandersetzung mit der Methode des leitfadengestützten narrativen Gruppeninterviews
mit dem Ziel der anschließenden eigenständigen Durchführung eines Gruppeninterviews „vor
Ort“.
Durchführung der Gruppeninterviews
Die Gruppen für die Interviews waren vorab durch die Jugendförderung ausgewählt worden.
Es waren dies vornehmlich Gruppen der kommunalen Kinder- und Jugendarbeit. Jeweils zu
zweit oder zu dritt übernahmen studentische Kleingruppen eine Kinder- bzw. Jugendgruppe.
Sie arrangierten die Interviewtermine mit den zuständigen Kontaktpersonen, führten das
Interview durch, dokumentierten die Ergebnisse und beteiligten sich an der anschließenden
Auswertung des Interviewmaterials im Seminar. Die Gruppeninterviews fanden bis auf eine
Ausnahme im Mai statt. In der Mehrzahl der Einrichtungen wurde jeweils ein
Gruppeninterview durchgeführt. In drei Einrichtungen fanden Interviews mit zwei Gruppen
statt.
In folgenden Einrichtungen wurden Gruppeninterviews durchgeführt:
Haus der Jugend (22. 5.)
Mädchentreff des Hauses der Jugend (20. 5.)
Jugendgruppe der ev. Thomasgemeinde Marxheim (15. 5.)
Jugendzentrum Wildsachsen (13. 5.)
Jugendkeller Diedenbergen (28. 5.)
Jugendtreff Langenhain (4. 6.)
Jugendtreff Wallau (15. 5.)
Konfirmandengruppe der ev. Gemeinde Langenhain (22. 5.)
Spielmobil Diedenbergen ( 2 Gruppeninterviews/23. 5.)
Spielmobil Wildsachsen (15. 5.)
Spielmobil Lorsbach (13. 5.)
Spielmobil Wallau (2 Gruppeninterviews/26. 5.)
Hort der katholischen Kirchengemeinde Peter und Paul (2 Gruppeninterviews/9. 5.)
Die Gruppenstärken lagen zwischen 5 und 15 TeilnehmerInnen. Insgesamt wurden 146
Kinder und Jugendliche auf diese Weise erfasst, davon 65 Mädchen und 81 Jungen. 58
InterviewteilnehmerInnen gehörten zur Altersgruppe 7 – 13 Jahre, 88 waren 13 bis 24 Jahre
alt, wobei die Mehrheit in dieser Altersgruppe bei 15 bis 18 Jahren lag.
91
Den Gruppeninterviews lag ein Fragenleitfaden zugrunde, der u. a. die Bereiche
Freizeitaktivitäten,
Freizeiträume,
Freundinnen,
Geld,
Mobilität
und
Jugendarbeit
thematisierte.
Ergänzt wurden die Interviews durch die Punktmethode, d. h. die InterviewteilnehmerInnen
markierten auf einem vergrößerten Plan des Main-Taunus-Kreises mit verschiedenfarbigen
Klebepunkte Orte nach vorgegebenen Kriterien. Diese waren:
Wo wohnt ihr?
Wo geht ihr in eurer Freizeit sehr oft hin?
Wo geht ihr in eurer Freizeit sehr gerne hin?
Wo geht ihr am Wochenende sehr oft hin?
Wo ist es blöd?
92
Anhang: Ergebnistabellen
der schriftlichen Befragung
von über 1.500 Hofheimer
Schülerinnen und Schüler
der Jahrgangsstufen 5. bis 10. Klasse
Vorbemerkung:
Im Folgenden sind in tabellarischer Form die wichtigsten Ergebnisse aus der schriftlichen
Befragung noch einmal umfassend dargestellt. Im Kern sind die Ergebnisse dieser
Befragung in den Bericht eingeflossen und wurden dort unter thematischem Bezug und den
Stadtteilportraits dokumentiert. Die folgenden Tabellen stellen die Ergebnisse im Detail und
weitgehend unkommentiert vor, so dass jeder die Möglichkeit hat, die Punkte, die ihn oder
sie besonders interessieren, genauer in den Blick zu nehmen. Bei den Zahlenangaben
beschränken wir uns dabei auf die Prozentangaben.
In den meisten Fällen werden die Ergebnisse differenziert danach, ob es sich um:
-
Mädchen oder Jungen,
die Altersgruppe der 11 bis 13- oder der 14 bis 17-Jährigen,
Deutsche oder Migranten handelt, wobei wir als Migranten alle die Kinder und
Jugendlichen betrachten, die entweder eine ausländische oder aber die deutsche und
eine ausländische Staatsangehörigkeit haben.
Ferner haben wir – bis auf die Fragen nach der Bedeutung und Häufigkeit von
Freizeitaktivitäten - die Ergebnisse nach den sieben Stadtteilen von Hofheim differenziert
dargestellt.
Die folgenden Tabellen beziehen sich auf sieben Themenbereiche:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Die Wichtigkeit verschiedener Freizeitaktivitäten
S. 89
Die Häufigkeit von Freizeitaktivitäten
S. 92
Vereinsmitgliedschaft und Nutzung von Vereinsangeboten
S. 107
Besuch der verschiedenen Angebote der Jugendarbeit
S. 110
Vertrauenspersonen, mit denen sich Kinder und Jugendliche
über Probleme etc. unterhalten können
S. 118
Computernutzung
S. 124
Familien- und Haushaltskonstellationen: mit wem leben Hofheimer Kinder und
Jugendliche zusammen?
S. 126
93
1.
Die Wichtigkeit verschiedener Freizeitaktivitäten
Tabelle 1a: Wie wichtig sind verschiedene Freizeitaktivitäten? (nach Geschlecht)
94
Tabelle 1b: Wie wichtig sind verschiedene Freizeitaktivitäten? (nach Altersgruppe)
95
Tabelle 1c: Wie wichtig sind verschiedene Freizeitaktivitäten? (nach Nationalität)
96
97
2.
Die Häufigkeit von Freizeitaktivitäten
Tabelle 2a: Wie häufig werden verschiedene Freizeitaktivitäten gemacht? (nach Geschlecht)
98
Tabelle 2b: Wie häufig werden verschiedene Freizeitaktivitäten gemacht?
(nach Altersgruppe)
99
Tabelle 2c: Wie häufig werden verschiedene Freizeitaktivitäten gemacht? (nach Nationalität)
100
Tabelle 2d: Durchschnittliche Verwendung für verschiedene Aktivitäten an Wochentagen?
(nach Geschlecht)
101
Tabelle 2e: Durchschnittliche Verwendung für verschiedene Aktivitäten an Wochentagen?
(nach Altersgruppe)
102
Tabelle 2f: Durchschnittliche Verwendung für verschiedene Aktivitäten an Wochentagen?
(nach Nationalität)
103
Tabelle 2g: Durchschnittliche Verwendung für verschiedene Aktivitäten am Sonntag? (nach
Geschlecht)
104
Tabelle 2h: Durchschnittliche Verwendung für verschiedene Aktivitäten am Sonntag? (nach
Altersgruppe)
105
Tabelle 2i: Durchschnittliche Verwendung für verschiedene Aktivitäten am Sonntag? (nach
Nationalität)
106
Tabelle 2j: Durchschnittliche Zeitverwendung: allein, mit Familie, mit Freundinnen und
Freunden an einem Wochentag? (nach Geschlecht)
107
Tabelle 2k: Durchschnittliche Zeitverwendung: allein, mit Familie, mit Freundinnen und
Freunden an einem Wochentag? (nach Altersgruppe)
108
Tabelle 2l: Durchschnittliche Zeitverwendung: allein, mit Familie, mit Freundinnen und
Freunden an einem Wochentag? (nach Nationalität)
109
Tabelle 2m: Durchschnittliche Zeitverwendung: allein, mit Familie, mit Freundinnen und
Freunden am Sonntag? (nach Geschlecht)
110
Tabelle 2n: Durchschnittliche Zeitverwendung: allein, mit Familie, mit Freundinnen und
Freunden am Sonntag? (nach Altersgruppe)
111
Tabelle 2o: Durchschnittliche Zeitverwendung: allein, mit Familie, mit Freundinnen und
Freunden am Sonntag? (nach Nationalität)
112
3.
Vereinsmitgliedschaft und Nutzung von Vereinsangeboten
Tabelle 3.1: Wieviel Prozent der Hofheimer Kinder und Jugendlichen sind Mitglied in einem
Verein? (nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
Tabelle 3.2: Wenn Vereinsmitgliedschaft: In wie vielen Vereinen sind die Hofheimer Kinder
und Jugendlichen Mitglied? (nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
113
Die folgende Tabelle 3.3 bezieht sich ausschließlich auf die Kinder und Jugendliche, die
Mitglied in einem oder mehreren Vereinen sind, während Tabelle 3.4 sich auf alle befragten
Kinder und Jugendliche bezieht. Aus Tabelle 3.3 ist z.B. ersichtlich, dass 18.2% der
männlichen Vereinmitglieder zwischen 11 und 17 Jahren häufiger als dreimal wöchentlich
Vereinsangebote nutzen oder an Vereinsaktivitäten teilnehmen: Tab. 3.3 sagt etwas über die
Intensität der Vereinsnutzung aus. Tabelle 3.4 zeigt, dass – nimmt man nun als Grundlage
alle befragten Jungen, egal ob sie Vereinsmitglied sind oder nicht – dies immerhin noch für
13.8% gilt; sie sagt etwas über die Verbreitung von Vereinsaktivitäten insgesamt aus.
Tabelle 3.3: Wenn Vereinsmitgliedschaft: Wie oft wurden Angebote des Vereins oder der
Vereine im letzten Monat genutzt?
(nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
114
Tabelle 3.4: Bezogen auf alle Befragten: Wie oft wurden Angebote des Vereins oder der
Vereine im letzten Monat genutzt?
(nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
115
4.
Besuch der verschiedenen Angebote der Jugendarbeit
Tabelle 4.1: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich Angebote
der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
116
Tabelle 4.2.1: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich die
folgenden Angebote der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Geschlecht)
117
Tabelle 4.2.2: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich die
folgenden Angebote der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Altersgruppen)
118
Tabelle 4.2.3: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich die
folgenden Angebote der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Nationalität)
119
Tabelle 4.2.4: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich die
folgenden Angebote der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Stadtteil)
120
Tabelle 4.2.4: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich die
folgenden Angebote der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Stadtteil)
121
Tabelle 4.2.4: Wieviel Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, gelegentlich die
folgenden Angebote der Jugendarbeit zu besuchen? (nach Stadtteil)
122
Wie bereits bei in Tabellen 3.3 und 3.4 bei der Vereinsnutzung unterscheiden wir in Tabelle
4.3 die Kinder und Jugendlichen, die Angebote der Jugendarbeit besuchen, von allen
befragten Kindern und Jugendlichen, die Grundlage der Tabelle 4.4 sind. Erläutert an einem
Beispiel: aus Tabelle 4.3 ist z.B. ersichtlich, dass 3.8% der männlichen Jugendarbeitsnutzer
zwischen 11 und 17 Jahren häufiger als dreimal wöchentlich eines oder mehrere Angebote
der Jugendarbeit besuchen: Tab. 4.3 sagt etwas über die Intensität der
Jugendarbeitsnutzung aus (zum Vergleich Tab. 3.3: von den Vereinsmitgliedern nutzen
18.2% den Verein mehr als dreimal wöchentlich) . Tabelle 4.4 zeigt, dass – nimmt man nun
als Grundlage alle befragten Jungen, egal ob sie Besucher von Jugendarbeit sind oder nicht
– dies lediglich für knapp 1% (0.9%) gilt.
Tabelle 4.3: Wenn gelegentlicher Besuch von Jugendarbeit: Wie oft wurden Angebote der
Jugendarbeit im letzten Monat besucht? (Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
123
Tabelle 4.4: Bezogen auf alle Befragten: Wie oft wurden Angebote der Jugendarbeit im
letzten Monat besucht? (nach Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
124
5.
Vertrauenspersonen, mit denen sich Kinder und Jugendliche über Probleme
etc. unterhalten können
Tabelle 5.1:Mit wem können sich Hofheimer Kinder und Jugendliche in Ruhe über
Persönliches unterhalten? (nach Geschlecht)
125
Tabelle 5.2:Mit wem können sich Hofheimer Kinder und Jugendliche in Ruhe über
Persönliches unterhalten? (nach Altersgruppe)
126
Tabelle 5.3:Mit wem können sich Hofheimer Kinder und Jugendliche in Ruhe über
Persönliches unterhalten? (nach Nationalität)
127
Tabelle 5.4:Mit wem können sich Hofheimer Kinder und Jugendliche in Ruhe über
Persönliches unterhalten? (nach Stadtteil)
128
Tabelle 5.4:Mit wem können sich Hofheimer Kinder und Jugendliche in Ruhe über
Persönliches unterhalten? (nach Stadtteil)
129
6.
Computernutzung
Tabelle 6.1: Wenn Hofheimer Kinder und Jugendliche sich mit Computer und Internet
beschäftigen, dann machen sie das ... (Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, Stadtteil)
Tabelle 6.2.1: Mit Computer und Internet kann man ja ganz unterschiedliche Sachen
machen. Was von den folgenden sechs Tätigkeiten ist wie wichtig? (nach Geschlecht)
130
Tabelle 6.2.2: Mit Computer und Internet kann man ja ganz unterschiedliche Sachen
machen. Was von den folgenden sechs Tätigkeiten ist wie wichtig? (nach Altersgruppe)
Tabelle 6.2.3: Mit Computer und Internet kann man ja ganz unterschiedliche Sachen
machen. Was von den folgenden sechs Tätigkeiten ist wie wichtig? (nach Nationalität)
131
7.
Familien- und Haushaltskonstellationen: Mit wem leben Hofheimer Kinder und
Jugendliche zusammen?
Tabelle 7.1: Mit wem leben Hofheimer Kinder und Jugendliche zusammen? (nach
Stadtteilen)
132
Tabelle 7.2: Wie viel Prozent der Hofheimer Kinder und Jugendliche leben mit ihren Eltern
zusammen? Und wie viele leben mit ihrer Mutter oder ihrem Vater zusammen? (nach
Geschlecht, Altersgruppen, Nationalität, Stadtteil)
Tabelle 7.3: Wie viel Prozent der Hofheimer Kinder und Jugendliche leben mit Geschwistern
zusammen? (nach Geschlecht, Altersgruppen, Nationalität, Stadtteil)
133
Tabelle 7.4: Wie viel Prozent der Hofheimer Kinder und Jugendliche leben mit Eltern und
Großeltern zusammen? (nach Geschlecht, Altersgruppen, Nationalität, Stadtteil)

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