Gott im Netz

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Gott im Netz
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
1/1
Johannes Ehrat SJ
Prof. Adj. Communication sciences
Pontificia Universitas Gregoriana
Piazza della Pilotta 4
I-00187 Roma
Gott im Netz
Chatten über Gott?
Es ist ein bekannter Wanderwitz, auch als Karikatur: Das Internetforum „Lolita-Sex“
veranstaltet ein user-Treffen, wo man sich nach so vielen Monaten des virtuellen chat auch
endlich einmal von Angesicht zu Angesicht begegnen will. Man scheint sich schon gut zu kennen,
die Tiger-Lilly, Lola, Jane, Bunny, BadGirl, der Tarzan, roaring_donzo, usw. Als sich die aber die
heißen Draufgänger und Casanovas mit den geilen Aufreißerinnen in der realen Realität treffen,
stellen sie verblüfft fest, daß sie alle ganz graue, alternde Büromause in den 50-ern sind. … und
kein einziger ist ein ‚girl’.
Was diese Wanderkarikaturen aber wirklich zeigen, ist eine unter diesen widrigen
Umständen sehr verblüffende Kommunikationsfunktion, die stereotype Interpretation von
Stereotypen (‚noms de plume’). Man scheint zu wissen, wer in Wirklichkeit die Identitäten sind
von falschen Identitäten, die sich als leere Verheißungen darstellen. Damit scheint aber auch eine
funktionierende Kommunikation nicht nur möglich zu sein, sondern sich auch dauerhaft zu
fortsetzen zu können. Dies deutet auf eine funktionierende Medialisierung hin, die sich sogar
realweltliche Bezüge ersparen kann. Tatsächlich weiß man nichts, weil ja bekanntlich jede[r]
sich in beliebigen Identitäten darstellen kann1.
Das Internet in seinen interessantesten und typischsten Kommunikationsformen ist nicht
nur ein wichtiges medientheoretisches Problem. Wie bei jeder neuen Medienform stellt sich
radikal die Frage, wie ‚alte’ Inhalte, die so sehr mit einer bestimmten Medienform verbunden
waren wie etwa der Schrift, die dann zur Heiligen Schrift wurde, sich verwandeln durch eine
vollkommen andere Medialisierung. Schon die massenmediale Transformation des
Glaubenszeugnisses ist ja nie unproblematisch gewesen, wie etwa ein Vergleich der rauhen
Medienwirklichkeit mit ihrer Idealisierung (bzw. Moralisierung) in der hundertjährigen Reihe
vatikanischer Dokumente zeigen könnte. Boulevardpresse und Hollywood blockbuster, Boston
Globe und The last Temptation of Christ, haben sich mächtiger erwiesen als dies in der
theologisch-moralischen Medien- und Filmtheorie vorgesehen war.
Theo-logie des Internet
Es sind dann auch stories wie die von Lola und Tiger-Lilly, die bei manchen Theologen
habituell ein Stirnrunzeln induzieren. Daraus ergibt sich in der Regel eine glatte negative Antwort
wenn es um das Potential des Internet zur Glaubensverkündigung geht2, die dann meistens in
einen moralischen Diskurs über die Gefahren des Internet mündet. Ist damit ein
medientheoretischer Rückzug zur Schrift impliziert? Eine solche mediale Maschinenstürmerei will
wohl niemand ernsthaft vorschlagen, und sie wäre wohl auch erfolglos. Aber auch eine
sachverständige Reflexion über diese Frage findet keineswegs eine schnelle, offensichtlich
einleuchtende Antwort.
Vielleicht sollte man die Frage, ob im Internet Glaube verkündet werden kann, gar nicht so
formulieren. Solche Ja/Nein Fragen führen in einer so komplexen Wirklichkeit nicht weit. Es
1 Ein Soziologieprofessor, wird berichtet, führte mit seinen Studenten eine Untersuchung des
Kommunikationsverhaltens in Chat-rooms durch. Dazu ließ er sie über eine gewisse Zeit ‚teilnehmend beobachten’
(im Sinne der participant observation). Als sie dann alle ihre Untersuchungen präsentierten, mußten sie feststellen,
daß sie dabei – ohne es zu merken – im wesentlichen mit ihren ebenfalls simulierenden Kollegen interagierten.
2 Auch wenn sie selbst manchmal selber keinen Browser bedienen können, ohne dadurch gehindert zu sein,
über die ‚Gefahren des Internet’ zu publizieren.
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kann in Wirklichkeit nur darum gehen, die genauen Bedingungen und Grenzen einer solchen
Verkündigung, oder richtiger: Behandlung, zu erkennen. Denn selbstverständlich wird im
Internet nicht nur alles thematisiert, ja es werden sogar, wie auch bisher bei allen jeweils
komplexeren Medien, alle traditionellen Darstellungsformen imitiert (v. infra).
Ich will mich im folgenden nicht mehr mit dem Ob, sondern nur noch mit dem Wie, und
dem Wie-gut, dieser Behandlung beschäftigen. Um die z.T. sehr subtilen Sinntransformationen
zu verstehen, hängt in einer Theorie sehr viel ab
a) von der theologischen Vorgabe ‚Religion’
b) vom medientheoretischen Ansatzpunkt beim Phänomen / Medium ‚Internet’.
Ad a) Was ist kommunizierte Religion?
Sowohl im Bereich der Erfahrung wie dem der Kommunikation haben wir immer nur
religiöse Formen, in ihrer Verschiedenheit, aber nirgendwo läßt sich reine Religion beobachten.
Bevor es um die Kommunizierbarkeit der verschiedenen Formen gehen kann, wäre es, m.E.,
abwegig und fruchtlos, eine bestimmte dieser vielen Erlebnisformen des Religiösen zu
kanonisieren, um dann nur noch abnehmende Grade der ‚Eigentlichkeit’ in anderen
Erlebnisformen festzustellen. Mit der verschiedenartigen Medialisierung dieser Formen darf auch
nicht ausgeschlossen werden, daß sich neue Formen zusammen mit neuen Medien einstellen.
Diese Kontroverse wurde theologisch der Sache nach im bekannten ‚Bilderstreit’ mit den
Ikonoklasten durchgefochten. Beispielsweise sitzt das Mißtrauen gegenüber Bildern immer noch
tief, zuletzt angefacht in den Bilderstürmen der Reformation und ihrer wortzentrierten Theologie.
Nur wenn hier theologisch eine maximale Vorurteilslosigkeit herrscht, wird man imstande sein,
neue Erlebnisformen überhaupt erst einmal zu sehen. Danach kann man ihre Vor- und Nachteile
anderen Formen gegenüber bewerten.
Das Medium Internet eignet sich daher nicht, oder sicher zumindest nur sub-optimal, zur
mystischen Erfahrung (trotz der home pages diverser Exerzitien- und Gebetsangebote), zur
Volksmission (es gibt mehrere Fälle wo Predigtmanuskripte ins Internet gestellt wurden), zum
Kommunitätserleben (es gibt eine italienische Kommunität, die an ihrem Kommunitätsleben online teilnehmen läßt), zum Beichten (es gab einen solchen Versuch), und zur Anbetung3. Sogar
Lebenshilfe-Projekte scheinen ihre Schwierigkeiten zu haben. Auch kirchliche
Kommunikationsformen, und ihre mediale Darstellung, sind nur einige der verschiedenen
Formen. Wenn man all dies ausschließen will, bleibt am Schluß nur noch Information über
sichtbare äußerliche, möglichst konfliktuelle, kirchliche Interaktion und vielleicht ein wenig Kunst
übrig für die mediale Darstellung des Glaubens. Aber auch ein solcher Rest-Glauben ist nicht
mehr wiederzuerkennen als der Glaube Jesu Christi.
Was man also zuerst einmal braucht, ist ein genügend abstrakter, operationaler Begriff von
Religion als Kommunikation, um sie evtl. auch im Internet entdecken zu können. Dieser muß
hier weitgehend vorausgesetzt werden, was aber die Eigenart des Mediums Internet angeht, wird
darauf noch zurückzukommen sein, sobald das Problem der Medialität des Internet geklärt ist.
Grundsätzlich wird damit angenommen, daß sich Religion auch als Kommunikationsgeschehen
darstellen läßt. Dies dürfte unumstritten sein, da ja schon Paulus seine Gemeindebildungen auf
göttliche Aufträge zurückführt, v.a. im Zusammenhang mit der eucharistischen Gemeinde.
Glaube ist also nie eine Sache der reinen Innerlichkeit gewesen, obwohl er seinem Wesen nach
natürlich ein Austausch zwischen Schöpfer und Geschöpf ist.
Ad b) Hat das Internet kommunikative Wesensmerkmale?
Denn noch viel diffiziler als das kommunikative Wesen von Religion ist die Problematik
der Medialität des Internet (zumindest wenn man nicht in technologischen Essentialismus
verfallen will). ‚Das’ Internet ist ein medialer Schwamm, der fast alle weniger komplexen Medien
3 Im Massenmedium Fernsehen versucht
eucharistische Anbetung televisuell dadurch zu
Monstranz ‚Anbetung’ irgendwie darstellen soll.
erfunden worden, aber einer wird schon mal auf
transferieren.
das katholische private Fernsehprogramm Telepace in Italien,
realisieren, daß eine halbstündige feste Einstellung auf eine
Vielleicht ist das Internet-Äquivalent von TelePace noch nicht
die Idee kommen, von der Videokamera auf eine web-cam zu
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aufsaugt oder imitieren kann. Auch hier ist es fruchtlos, bei einer bestimmten
Darstellungsleistung als der kanonischen anzusetzen. Um des Phänomens einigermaßen habhaft
zu werden, sollen hier der Reihe nach drei Gesichtspunkte untersucht werden, die die Medialität
in verschiedener Weise determinieren: (1) die systemische Determination ist Medientheorie und
die Frage nach der Komplexität und Systemeigenschaft überhaupt. Darauf aufbauend, (2) eine
Determination von innen stellt sich dar als Sinnkonstruktion sowohl der kommunikativen
Interaktion als auch der Realität. Und darauf aufbauend, (3) zeigt die Determination über die
interaktiven Rollen als Resultat Identitäten oder Selbst-Sein.
Wie läßt sich die Medialität des Internet abstrahieren?
Ist es noch ein Massenmedium? Hier kann man sich, zunächst einmal, der (für Luhmanns
Verhältnisse relativ voraussetzungslosen) Medientheorie Luhmanns bedienen, indem man die
beiden Parameter, Verhaltenskontrolle und Verbreitung, fortschreibt. Die Medialisierung der
Kommunikation, kurz gesagt, beginnt mit der interpersonalen Kommunikation und schien bisher
mit der Massenkommunikation zu enden. Sender und Empfänger sind bei minimaler Medialität
der Kommunikation auf die beiden Interaktanten beschränkt, z.B. bei mimischer
Kommunikation (aber auch bei einigen prosodischen Elementen sprachlicher Kommunikation).
Während hier die Verbreitung minimal ist, ist die Kontrolle egos über das Verhalten alters
maximal. Im Falle der Massenmedien hingegen gibt es kaum mehr irgendeine Möglichkeit, das
Verhalten alters zu kontrollieren oder auch nur zu beeinflussen; dafür ist die Botschaft universal.
Was ‚ist’ das Internet verstanden als Medialität? Ist es als Medium jenseits der
Massenmedien, oder ist es gar wieder eine Rückentwicklung? Ferner: was wäre denn das
Selektionskriterium, das aus dem ‚Internet’ ein autopoietisches Kommunikationssystem macht?
Ist es tatsächlich ein kohärentes autopoietisches Medium, oder ist es nicht vielmehr nur ein
Sammelsurium von Technologien und kommerziellen Produkten?
Ein Beweis hierfür wäre wenn im Vergleich zur vorausgehenden Medialitätsstufe
Massenmedien ein anderer Sinn in Funktion wäre. Dafür braucht Luhmann keine mentalistischen
Annahmen. Streng systemtheoretisch gesehen, braucht es für Sinn nur (1) eine Selektivität, die es
ermöglicht, daß eine Anschlußkommunikation zustande kommt. Darauf aufbauend (2) entstehen
systemintern die Elemente und deren Operationen, und dadurch (3) ein Realitätskonstrukt, das
als systemtranszendente Umweltbeobachtung durch systemimmanente Operationen entsteht.
Ad (1) Ist die Selektivität in der All-Gegenwart (ubiquitas) zu sehen? Jedenfalls ist sie
jenseits vom Selektionskriterium ‚Neuheit’ (das noch für das Massenmediensystem gilt), weil es
auch keinen festen zeitlichen Ablauf mehr gibt im Internet. Für jede Selektivität haben andere
Ereignisse den Charakter von Information. Was Information ist für Massenmedien ist keine
Information oder Sinneinheit mehr im Internet. Mit anderen Worten, das selektive
Charakteristikum des Internet besteht nicht darin, daß es noch schneller ist, d.h. die Neuigkeiten
noch neuer sind als im endlosen Fortsetzungsroman Massenmedien. Ein Kirchenskandal wie im
Boston Globe könnte es in dieser Form im Internet nicht geben, weil sich das Medium nicht
dazu eignet, daß Schlag auf Schlag ein immer wieder neuer Fall aufgedeckt wird. Es ist typisch
wie im Internet eine berühmte Krise produziert wurde: das indische online Magazin Tehelka.com
(Motto: „news. views. all the juice“) mit seiner ‚Operation West End’, die mehrere Generäle und
Minister der Regierung Vajpayee zum Rücktritt zwang. Obwohl Tehelka.com weitest möglich die
Form des Enthüllungsjournalismus als Verschnitt von Skandalpresse und Fernsehfeature
adoptiert hat, und einen eigenen Mix von Text, Bild und Videos anbietet, ist die Logik von
‚Nachrichten’ (über sich wirklich zugetragen Habendes) nicht wirklich durchzuhalten. Dies liegt
nicht nur am Mangel der Aura von ‚Qualitätspresse’, die sich mediengeschichtlich von der penny
press differenzierte durch stilistische Signale von Authorität. Es liegt vor allem an der
grundsätzlichen Schwierigkeit, im Internet einen Unterschied von Faktum und Meinung
vorzunehmen. Der beruht darauf, daß man ‚uns’ drinnen (ein inklusives Wir in das der gebildete
Leser, der sich informieren will, mit eingeschlossen wird) und ‚die’ draußen (die auch Meinungen
äußern dürfen zu unseren Fakten, aber ansonsten die Objekte unserer Faktenkonstruktion sind,
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‚independently confirmed’) unterscheiden kann. Im Internet kann aber jeder seine Meinung zum
Faktum konstruieren, sie muß nur so aussehen, mit den gleichen medienspezifischen immanent
eingebauten Widerständen gegen ihre eigene Konstruktion (wie Luhmann dies bezeichnet).
Dementsprechend sind Internet Informationen so beschaffen, d.h. sie irritieren ihr eigenes
System so, daß sie anders zersetzen. Wenn Skandale die massenmediale Zersetzungsform sind
weil das Informationen produzierende System immer Neues enthüllt, sind die Internet
Informationen so unkontrollierbar wie ein Gerücht. Dies verdanken sie der ‚unmoderierten’
Natur ihres Sinns, also der Ununterscheidbarkeit von Nachrichten über Fakten und Meinung.
Daraus folgt, daß es im Internet im traditionellen Wortsinn Nachrichten diskriminierend von
‚bloßen’ Behauptungen garnicht mehr gibt, und hier vielleicht auch das genre schon
verschwunden ist4. Es gibt also auch nicht mehr die ‚Spinner’ oder Extremisten, die im
Unterschied von den seriösen Berichten nur wirre, unseriöse Kausalitäten konstruieren. Dies liegt
schlicht daran, daß die notwendige Vermittlerinstanz ausfällt, die Urteile fällt (und Adjektive
gebrauchen darf)5.
Ad (2) Elemente sind jetzt nicht mehr Nachrichten wie in Massenmedien, sondern
Botschaften (‚messages’), die an andere Botschaften anschließen. Die gänzlich unwahrscheinliche
Kommunikationsfortsetzung wird technologisch ermöglicht bzw. erzwungen. Es gibt kaum noch
textliche Zwänge durch genera (wie etwa ‚stories’ in Zeitungen), nur noch thematisch, aber ohne
realweltliches Objekt. Die Medialisierung besteht dann nur noch darin, daß im selben Kanal (IRC
channel) kommuniziert wird, bzw. in Foren und news groups auf dieselbe Botschaft geantwortet
(‚reply’) wird. Statt eines genres (mit der je eigenen Finalkausalität) gibt es nur noch einen
endlosen Fortgang ohne Ziel. D.h. es finden keine ‚Medienereignisse’ statt, die eine gewisse
Konklusion haben, sondern es gibt nur noch Lebensspannen von Themen. Die einzig wirklichen
Ereignisse sind Feuersbrünste (‚flames’), die aber nur durch kills zu beenden sind, oder durch
Verbannung einzelner nicknames aus channels oder Foren (in news groups mit Programmfilter).
Die ‚Neuigkeit’ der Anschlußelemente lebt nicht aus realweltlichen Objekten, sondern nur noch
aus dem nächsten Beitrag, der ein thematisch passender thread startet, der also nur im thread neu
sein muß.
Ad (3) Es ist wohl keine übertriebene Vorsicht, wenn man grundsätzlich einmal davon
ausgeht, daß die Glaubwürdigkeit einer Realitätskonstruktion im Internet einer anderen, eigenen
Natur ist. Das Resultat ist dann vielleicht weniger jene Realität der ‚Weltbühne’, auf der wichtige
Akteure die eigentlich wichtigen Dinge tun dürfen und die Massenmedien dies als Fakten
berichtet. Jetzt gibt es nur noch die Virtuelle Realität (VR) für alles, die in sich stimmig und
kohärent ist und dadurch Anschlußkommunikationen erlaubt. Jedes Medium hat seine eigene
Realität, und ein neues Medium bringt die Realität des zugrundeliegenden, weniger komplexen
Mediums in Gefahr. Mit dem Internet jedenfalls, lebt man sogar als Konstrukt in der reinen
Virtualität6.
4 Diese Behauptung läßt sich an mehreren scheinbar unscheinbaren Veränderungen illustrieren: Zuerst einmal
an den online-Ausgaben von Zeitungen selbst, wo jetzt plötzlich im Anschluß an Artikel Diskussionsforen
auftauchen, die zwar bisher meistens in separate Seiten verbannt sind, aber die grundsätzlich mit derselben Autorität
Fakten behaupten können und vor allem die narrativ-kausalen Zusammenhängkonstruktionen der story selbst
rekonstruieren können mit einem ganz anderen Resultat und Sinn. Dann aber sind solche Phänomene wie
Nachrichten-Metasearch -engines (www.newsclub.de), die aus allen online Quellen Informationen zu einem Thema
zusammentragen, das viel interessantere Medienphänomen. Jetzt stehen plötzlich gleichberechtigt gänzlich
heterogene narrative Kausalitäten nebeneinander, und nichts würde die engines daran hindern, ‚nicht offizielle’
Quellen genauso zu indizieren, etwa ‚advocacy sites’ oder Spezialitätenseiten, aus denen nicht zuletzt die
massenmedialen Journalisten selbst ihre Fakten beziehen, die sie dann nur noch einem mehr oder weniger
‚orientierenden’ re-write unterziehen, wie detaillierte Untersuchungen auch der Zeitlogs von rewrites von
Nachrichtenagenturmeldungen durch Redakteure zeigten.
5 Obwohl die Vermittlungsinstanz durch die Technologie eliminiert wurde, können auch hier Medien niederer
Komplexität imitiert werden: wer web cams einbaut, kann auch die Mimik wieder nützen, genauso wie die Prosodik
in der net-telephony, voice mail, etc.
6 cf. Arthur Krockers Werke zur Virtual Reality: Kroker (1993), Kroker (1996) Kroker (1997)
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Von der Technologie zum Sinnkonstrukt
Von der Technologie zur Kommunikationserfahrung im ‚Internet’ gibt es keinen
streng vorgezeichneten Weg. Einmal abgesehen von systemtheoretischer Medientheorie ‚von
oben’, ist es nicht einfach, ‚von unten’ zu sagen, was die Kommunikation im Internet ist, weil
natürlich ‚Das Internet’ nur ein Protokoll (IP) ist. Auf dieser Technologie haben sich schon
gewisse klassische Dienste etabliert, aber es ist noch nicht absehbar, wo, bei unbegrenzter
Bandbreite, die Grenzen dieser Technologie sind. Mich interessiert im folgenden dieser
technologische Aspekt nicht weiter7. Die Grunddienste (Dateiübertragung, email, Interaktives
Arbeiten an fremden Computern) sind auch unter einer Kommunikationsrücksicht nicht sehr
interessant.
Mir geht es nur um das Kommunikationsverhalten, wie es die wichtigen und
interessantesten Dienste sowohl erzwingen als auch ermöglichen. Mit anderen Worten, es geht
um Sinn, der gleichzeitig Sinnzwang ist: so wie man eben gewisse graphische Formen einfach als
Buchstaben erkennen muß. Wie läßt sich für das Internet ein solcher Zwang empirisch
feststellen, und zwar formal am Objekt selber und nicht nur abgeleitet in der Resonanz eines
Interaktionsverhaltens?
Am kürzesten kann man dies beobachten überall da, wo traditionelle
Kommunikationsformen imitiert werden, bzw., wo ‚alte’ Medien von diesem neuen virtuellen
Universum adoptiert werden. Wenn es diesen mediengenerierten Internet-Sinn gibt, werden diese
traditionellen Formen immer durch das Internet in typischer Weise transformiert, so daß ihr Sinn
schließlich seine Natur wandelt.
Hier sollen einige Typen als Illustration genügen.
?? Werbung, beispielsweise, ist total anders geworden, aufdringlicher, penetranter,
fokusierter und intrusiver, etwa durch die Technik der cookies, 1-Pixel-Bilder, und durch
Datensammlungsfirmen wie doubleclick.com, etc., die den Internauten als personalisierte
Datenkollektion sozusagen den Bezahlern ausliefern.
?? Zeitungen haben sich fundamental verändert durch Diskussionsforen, die sich um Artikel
herum
gruppieren.
Es ist keinesfalls so, daß z.B. eine Zeitung wie die New York Times nur in ein neues
Gewand schlüpft, aber ganz die alte bleibt. Darüber gibt es viele detaillierte Studien, die
im allgemeinen bekannt sein dürften.
Was hinsichtlich des Sinns wichtig ist, sind die Implikationen, die ein neuer Sinn dem
Kommunikationsverhalten aufdrückt:
1. Vor allen anderen Faktoren zählt, daß sich die Rolle eines online Zeitungslesers radikal
verändert. Äußerlich ist dieses Verhalten zuerst die vollkommen freie Navigation. Formal zwingt
dies zu kurzen Artikeln, denn die zu lang sind, im Stile einer ‚seriösen’ Zeitung, sind fast unlesbar
und werden weggeklickt. Genau diese formale Revolution verbirgt sich hinter den motti, die das
Zeitungslayout in den letzten Jahren so gründlich verändert haben: von der
‚Redaktionsorientierung’ zur ‚Leserorientierung’ hin zur ‚Leserzentrierung’ (vgl Bucher (2001) 41)
2. Für unseren Kontext ist daran nur interessant die Frage: Welche Handlungs- und
Kommunikationskompetenz wird dem Leser dadurch attribuiert? Oder noch weiter gefaßt: Zu welchem
Subjekttyp wird er dadurch konstituiert?
Unumstößlich klargeworden ist inzwischen (s. auch verschiedene Versuche kirchlicher
Präsenz im damals ‚Neuen Medium’ BTX), daß der Leser nicht etwa zum User oder zum
‚Abnehmer’ eines Informationsangebotes mutiert, sondern zum ‚Navigator’. Diese schöne
Metapher signalisiert, wer auf dem Fahrersitz p/Platz(-)nimmt, wenn es um die Sinnkonstitution
im Internet geht.
Hier lauert die Gefahr einer technologiephilosophischen Spekulation, wie es sie in vielen Ansätzen gibt: von
Flusser, über MacLuhan, zu den vielen kleineren Ansätzen wie Graham (1999). Es ist auch wenig fruchtbar, sich
über hypostasierte ‚Wesen’ eines Mediums Gedanken zu machen, wie verschiedene medienessentialistische Ansätze
gezeigt haben.
7
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3. Es handelt sich auch nicht mehr um Internet-Angebote, oder um ‚content’ (mit ‚content
providers’), sondern um regelrechte Konstruktionen von Sinn.
Sinn ist nämlich nur ein anderer Ausdruck für Kausalität, oder Kausalitätstypen. Wenn aber
schon nicht einmal mehr die Reihenfolge festzulegen ist, wie sie noch im linearen Text
vorgegeben ist, dann ist auch die ‚Folgerung’ („sequitur“) nicht mehr vorgegeben.
Die Auswirkung von Sinn-Transformationen auf Kommunikationsverhalten läßt sich
logisch mit einem pragmatistischen Ansatz genauer fassen. Laut Peirces Pragmatischer Maxime
ist Sinn nichts anderes als die Interpretation von Regeln. Diese Regeln kann man auch als das
Bewußtsein eines allgemeinen Sinns, als logische Generalität, verstehen. Wenn man nun die
doubt/belief Logik des Denkens auf kommunikative Regeln überträgt, denn entspricht dem
Zweifel ein Kommunikationsanfang (weiter unten als ‚exordium’ untersucht). Die Dialogizität
des Denkens findet sich wohl im logisch geordneten, quasi-sokratischen ‚turn taking’ einer
Konversation. Für das Internet kommt aber jetzt der entscheidende Unterschied: es gelingt nicht
mehr, einen belief herzustellen, der den Zweifel zur Ruhe kommen ließe. Denn wir sind in der
Virtuellen Realität nur noch im Bereich der logischen Möglichkeit, und da ist ja definitionsgemäß
alles möglich. Es ist nur folgerichtig, wenn es dann nicht mehr zu richtigen ‚Epilogen’ kommt in
der Internetkonversation. Es stellt sich nämlich nichtmehr das Bewußtsein ein, etwas ‚besser’ zu
verstehen: es ist einfach nur eine andere Möglichkeit.
Wenn schon in den Massenmedien das Weltverständnis zweifelhaft, aber nicht
bezweifelbar war, dann ist es im Internet ein grundsätzlich unkorrigierbarer Sinn. Logisch
betrachtet, kommt also dem IRC, den chat rooms, dem ästhetischen Sinn nahe, also ohne
Realitätswiderstand und ohne allgemeinen Gültigkeitsanspruch (es gibt nur eine persönliche
allgemeine Wahrheit: v.infra).
Verhaltensform als Identitätsproblem im Internet
Dieser Sinn, schließlich, hat grundlegende Auswirkungen auf die Rollen und deren Identität
im Verhalten. Wenn ego über alter ego eine Kommunikationskontrolle ausübt, und dies nur über
Sinn geschehen soll, dann geschieht dies nicht einfach wie das Fortschreiten von Gedanken,
orientiert am logischen Zwang. Perspektivisch angeordnet als spezifisch aufeinander
ausgerichtete Verhaltensrollen ‚existieren’ ego und alter als Kommunikationserwartungen an den
anderen. Diese Erwartungen verfestigen sich zu Identitäten bzw. zu Handlungskompetenzen, die
dem anderen attribuiert werden. Dadurch wird Internet-Kommunikation und kommunizierte
Religion auch leichter vergleichbar. Das tertium comparationis ist immer, daß ego immer erst wer
sein muß. Dies bedeutet, daß es nicht genügt, ein asymptotischer, abstrakt leerer Bezugspunkt
einer Handlungsintention zu sein (wie man dies bei manchen Phänomenologen erwarten würde),
sondern daß man als Interagent immer mit einer ganz präzisen Handlungskompetenz qualifiziert
ist. Dies gilt im Internet und auch als Kompetenz für gläubige Existenz.
Die ‚nicht-lineare’ Kausalität8 ist, wie oben erwähnt, typisch für die Sinnkonstruktion im
Internet, und dementsprechend auch die Leitschnur der Identität eines ‚netizen’. Als
Handlungskompetenz wird ihm dadurch ein zweidimensionales Spektrum der ‚Internetzität’
attribuiert: Einerseits die Dimension der kommunikativen Kompetenz oder im rhetorischen Sinn
der auctoritas (die sich weiter aufschlüsseln läßt); andererseits die logische Kompetenz, die sich in
der kausalen Textlichkeit ausdrückt, und deren Resultat eine spezifische Weltbildkonstruktion ist.
Man muß davon ausgehen, daß verschiedene kommunikative Formen im Internet durchaus
differenzierte Kompetenzen verlangen. Man muß sich spezifisch anders verhalten, man muß eine
spezifisch andere Identität einnehmen und man muß spezifisch andere logische Operationen
vollziehen, die in spezifisch anderen Universen resultieren. Beispielsweise ist es verhaltensmäßig,
logisch und identitätspräsent etwas ganz anderes, sich auf einer informativen home page entlang
eines linearen Textes, als allgemeines Man, sich eine realweltliche Orientierung zu verschaffen, als
in einem chat room sich irgendeine phantasievolle Identität zu geben, und sich danach verhaltend
8 die MacLuhan bekanntlich imitieren wollte in der Form seines Buches, das man von vorne oder von hinten
lesen konnte
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ein total virtuelles Universum zu konstruieren. Ganz grob und indikativ skizziert kann man diese
beiden Kompetenzdimensionen nach den verschiedenen Internet-genera aufschlüsseln:
virtuality
identity
effacement
chat room (IRC)
user-sanctioned thematic
focus
user-sanctioned thematic
focus
identity construction of
egos and alter egos
competence
unmoderated news
group
unmoderated forum
logical operation
textual-narrative causality
textual-narrative causality
thematic causality with
truth values
abstraction of general
concepts
thematisation, abstraction
causality
Internet
communication form behavioural competence
static info web page
linear reading
online newspaper
navigation
dynamic info web page assisted history-based
linear reading
(meta-)search engine
use of abstract information
descriptors
online news portfolio
selective information
('news alerts')
seeking
personalised web
history-building by clicking
pages (cookies,
through provided links
Web Cams
identity construction of
exhibitionist ego and
voyeurist alter egos
moderated news group pre-established objectoriented thematic focus
moderated forum ('user pre-established objectgroup')
oriented thematic focus
administrated news
enforced thematic focus
group
administrated forum
enforced thematic focus
0
0,1
0,3
0,1
0,15
0,2
0
0,1
0,3
0
0,1
0,1
0,45
0,8
0
0,8
0,5
0,3
0,4
0,2
purpose guided
information seeking:
virtual universe imitating
familiar effective causality
0,5
0,4
0,2
0,3
0,1
0,8
0,5
0,7
thematic causality of
focus
thematic causality of
focus
thematic final causality of
object
thematic final causality of
object
imaginative causality of
possibility
imaginative causality of
possibility
virtual universe
construction
0,6
0,45
0,5
0,6
0,5
0,5
0,7
0,5
0,4
0,8
0,7
0,55
0,5
0,8
0,8
0,7
0,9
0,8
0,75
0,9
1
1
1
Internet Meaning Construction
1,2
static info web page
online newspaper
1
dynamic info web page
(meta-)search engine
competence index
0,8
online news portfolio ('news alerts')
personalised web pages (cookies, centralised
usage database)
0,6
moderated news group
moderated forum ('user group')
0,4
administrated news group
administrated forum
0,2
unmoderated news group
unmoderated forum
0
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
chat room (IRC)
causality index
Die in diesem Sinne interessanteste Form der Internetkommunikation ist daher nicht die
starre home page (wenn schon, dann sind es ‚dynamic pages’, die sich dem Besucher anpassen –
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ohne ihm aber letztlich etwas aufdrücken zu können, denn doubleclick.com ist gescheitert und
wird durch verschiedene Programme ausgehebelt). Vielmehr sind es jene (für manche
anarchischen) Kommunikationsformen, wie wir sie in unmoderierten news-groups, Foren, oder
vor allem aber in den chat rooms finden.
In den news-groups gibt es dann jenes berüchtigte flaming, das manchmal
selbstzerstörerisch ist, aber gegen das es in jedem news-reader Filter gibt.
In Foren gibt es zwar ‚Etiketten’, aber sie sind auch erst durchsetzbar im nachhinein,
entweder durch sanktionierende Moderatoren oder durch kritisierende Mitbenutzer.
In den chat rooms, schließlich, die ja in Echtzeit ablaufen, gibt es überhaupt keine
wirkungsvolle Leitungsmöglichkeit mehr. Jeder kann auftreten mit Phantasienamen (‚nickname’),
beliebiger Kriegsbemalung, manchmal mit sound, animated gif-Graphiken, etc. Wenn einem an
einem anderen etwas nicht gefällt, kann jener zwar nicknames ‚dumpen’ (meistens nur angedroht
durch einen ‚plop’); aber was hindert einen Teilnehmer, unter einem anderen oder unter vielen
anderen nicknames weiterzumachen (wenn nicht ohnehin schon so präsent)?
Der chat room ist eine viel komplexere Kommunikation als dies den Anschein hat, und ist
deshalb das weitaus interessanteste Internet-Phänomen, derzeitig. Vor allem ist interessant, wie
auch hier die Kommunikation ihre ganz eigenen Regeln entwickelt. Keine Kommunikation
funktioniert ohne Regeln, die über Erwartbarkeiten das kommunikative Anschlußverhalten
steuern. Wenn ein Kommunikationsereignis vollkommen unerwartbar wäre, könnte man darauf
nicht reagieren. In diesem Fall steht nämlich nur eines fest: eine kommunikative Intention (‚et
dixi: A a a, Domine Deus, ecce nescio loqui, quia puer sum’ Jeremia 1,6), aber man müßte alle
Regeln erst verhandeln und die ‚Verhandlungsergebnisse’ dann medialisieren. Dieses
sprachphilosophische Hobbythema einer ‚adamitischen Sprache’ trägt nicht viel zur Frage der
Regeletablierung in chat rooms bei, denn die setzt schon auf ‚alten Medien’ auf. Es kann nur um
die Frage einer neuen Medialität gehen, die schriftliche Sprache nach neuen Regeln nutzt und
somit über einen neuen Sinn ein neues Kommunikationsverhalten etabliert.
Mit Hilfe der medialen Regeln konstituiert sich ego und alter ego als komplementäre
Subjekte und Identitäten. Zwar ist das sinnkonstruierende Subjekt im Internet ein navigierendes,
aber ein beliebiges. Es ist weder an die reale Welt gebunden, noch an sein eigenes Selbst, z.B. als
sein eigener Körper. Diese radikal körperlose Kommunikation hat, als Identität betrachtet, auch
radikale Auswirkungen auf die Interaktion. Eine solche Identität würde nicht mehr zur sozialen
Interaktion ausreichen (v. infra).
Am besten rückt man dem chat room methodologisch mit der Konversationsanalyse zu
Leibe9. Zunächst einmal ist diese, gegenüber ihrem Ursprungsmedium Sprache, enorm
vereinfacht; wer etwa Atkinsons konversationstheoretische Transkriptionsregeln auf den chat
anwenden wollte, würde schnell merken, daß man sich alle prosodischen Transkriptionen
ersparen kann. Sie sind bis auf wenige Spuren verschwunden: smileys, der nickname selber, icons,
manchmal sounds.
Hingegen ist die Kommunikationsaufgabe oder Kompetenzanforderung dadurch nicht
leichter geworden! Man muß immer noch, etwa wie in den klassischen Untersuchungen der
Eröffnungsrituale der telephonischen Konversation, folgende Aufgaben medienspezifisch
kompetent meistern:
1. Exordium (pragmatisch: Zweifel)
Einen Methodenstreit zwischen ‚qualitativer’ und ‚quantitativer’ Rekonstruktion des Sinn-Objektes medialer
Regeln braucht man erst gar nicht zu führen, weil es offensichtlich ist, daß diese Regeln immer ein Sinnverstehen
voraussetzen. Da Sinn aber grundsätzlich unabschließbar (Eco würde sagen: enzyklopädisch) ist, versteht man immer
schon viel mehr ‚mit’ als man jeweils verstehen will. Man kann sich also ruhig auf die Oberfläche des
kommunikativen Austausches konzentrieren, wenn man dabei nicht ausschließen muß, daß sich möglicherweise
daran auch die Implikation eines Weltbildes ableiten läßt (i.S. der verschiedenen Handlungsrationalitäten Webers
oder der Sinnkomponenten Schützens). Man kann auch vom chat room-Verhalten aus über die Virtualität der
Internetrealität folgern, wenn man will.
9
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
9/9
2. Die Form der Interaktion (turn taking, pragmatisch: Glaube – Zweifel – Glaube-Zyklen)
Rollenkonstitution
(Präzedenzregeln)
Schnelle In-group-Gefühle und –Regeln
3. Epilog (pragmatisch: Glaube)
1. Exordium: Dialog setzt Rollen voraus. Wie schafft es jemand im chat room zu einer
persona mit auctoritas zu werden? (auctoritas: all die Qualitäten, die meine
Kommunikationskompetenz darstellen). Offensichtlich ist dies ganz anders als bei einem
Navigator einer online-Zeitung, wo ja auch eine spezifische, meist vorgegebene, Rollenverteilung
vorausgesetzt wird.
Für den chat room ist das spezielle Rollenproblem die Anonymität: sie kann keineswegs so
weit gehen, daß ego / ich eigenschaftslos werde. Was zeige ich, was muß ich zeigen, um als
Dialogpartner in Frage zu kommen?
Hier gibt es sichere linguistische Signale: man hat sich einer ‚coolen’ Sprache, bzw. eines
Jargons zu bedienen. Man muß die richtigen Abkürzungen kennen (was ist lol, z.B.?), schon allein
deswegen, weil man mit keinem anderen prosodischen Element signalisieren kann ob man lügt
(einen Wahrheitsanspruch erhebt) oder scherzt (wo die Gültigkeit ganz anders eingelöst werden
muß).
Hiermit sind alle Anzeichen gegeben, daß man eine ganz neue Sprache oder zumindest ein
neues Idiom lernen muß, um überhaupt an der Sinnkonstruktion in einem chat room teilhaben
zu können. Nur dieses Idiom zeigt ego für alter egos. Mit anderen Mitteln gibt es keine
Darstellung.
Im normalen konversationellen Kontext, face-to-face Interaktion, Telephon o.Ä., kann ich
mich immer lebensweltlich verankern: Man eröffnet etwa eine Telephonkonversation mit: „wenn
Sie sich vielleicht an mich erinnern…“; Man drückt in seiner Mimik und Gestik aus, daß man das
eigene Gesicht als bekannt voraussetzt und das fremde Gesicht kennt. All dies ist im chat room
nicht möglich, und zwar nicht nur technisch, sondern durch medialen Zwang. Dadurch ist
jegliche Identitätskonstruktion durch Rückbindung an lebensweltliche Anker unmöglich.
2. Turn Taking: Es bildet sich ein bestimmtes Ganzes (Dialog, Konversation, Verhandlung,
Sitzung, Ansprache) durch die Regeln oder den Typos der kommunikativen Wechsel, die man in
der Konversation als turn taking bezeichnet. In Anlehnung an diesen Typos hat man auch die
Kommunikation im IRC als chat, bzw. chat room, bezeichnet. Dies ist aber nur metaphorisch zu
verstehen, weil chat nichts mit der gleichnamigen Kommunikation, etwa bei Empfängen, zu tun
hat, sondern sui generis ist.
Chat ist eine ganz eigene Kohärenz und Regelsammlung. Man kann im Internet niemand
niederschreien oder durch Lautstärke die Konversation an sich reißen. Man kann höchstens mit
Großbuchstaben schreiben, und dann den Verweis bekommen: don’t shout at me!
Allerdings ist die Gesamtform ‚chat’ keine, die sich durch einen Anfang und ein Ende
auszeichnet, und von dort her einen logischen Zwang ausübt. Chat hat nie angefangen und geht
endlos weiter, d.h. man kann ihn durch nichts logisch zu Ende führen. Deshalb sagt man: ‚join a
channel’ (Radiometapher). Kein Thema kann erschöpfend behandelt werden, man kommt nie zu
Ergebnissen, man kann auch nicht sinnvoll sagen: ‚das wurde schon behandelt’ wie in einem
Curriculum. (Überhaupt verweist man im Internet gerne auf FAQs, weil die Redundanz
eingebaut ist.)
2a. Rollen: Wie konstruiert man sich nicht nur eine auctoritas oder Handlungskompetenz,
sondern auch noch kooperativ ein Handlungsprogramm oder die Performanz einer
Transformation eines ante-Zustands in einen post-Zustand? Dieses Programm ist das einer
interaktiven Transformation einer gemeinsamen Identität.
In den chat rooms wird auch nach Regeln interagiert Es gelten jedoch keinesfalls die
üblichen Höflichkeitsregeln wie sie sich verschieden komplex gesellschaftlich und
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
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kulturkontingent herausgebildet haben. In den channels wird viel simpler reguliert. Da es keine
Statusunterschiede gibt, kann jeder zum virtuellen Sanktionierer werden. Von den Grice’schen
Konversationsregeln sind einige außer Kraft. Leechs Höflichkeitsregeln gelten eingeschränkt.
Somit wird, umgekehrt, das ‚positive Gesicht’ zum Problem: Man kann kaum sein Gesicht
verlieren, bzw. dem anderen mit Gesichtsverlust drohen. Ebenso für das ‚negative Gesicht’: man
muß kaum seine Autonomie verteidigen.
Die Differenzierung findet offenbar ganz anders statt, da man nicht davon ausgehen muß,
daß es keine Unterschiede gibt. Es sind keine quantitativen Unterschiede mehr (+/- an Status,
Macht, Klasse, etc.), sondern man ist nur noch qualitativ anders. Diese qualitative gegenseitige
Bestimmung ist das herausragende Merkmal typischer Spezifizität jedes channels.
2b. Regeln: Trotz der wirklich egalitären Rollenverteilung, aber durch die qualitative
Differenzierung, stellen sich schnell Gruppenregeln ein: die wichtigste ist, ‚be pertinent!’; offtopic wird am strengsten sanktioniert. Man wird auch schnell zum ‚newbie’ (eine der schlimmsten
Abqualifizierungen!), wenn man sich dauernd nach der virtuellen Fundamentalwirklichkeit dieses
channels erkundigt.
Metakommunikation wirkt störend und wird in der Regel nur
ausnahmsweise geduldet, ansonsten erfolgt die ‚Verbannung’ in einen anderen Newbie oder FAQ
channel.
3. Epilog: Beenden der chat Interaktion ist noch am einfachsten. Man braucht sich gar
nicht erst zu verabschieden, man logt einfach off. Der chat geht weiter. Man muß nicht den
Eindruck haben, etwas zu versäumen.
Man kann jetzt alle drei Determinationen der Internet-Medialität zusammenfassen und
daraus hinsichtlich ihrer Untersuchbarkeit dann auch methodologisch einige gravierende
Konsequenzen ziehen.
(1) Zunächst ist es sinnlos (d.h. außerhalb des Sinnes der hier produziert wird), die
Internet-Argonauten zu vergleichen mit Objekten außerhalb der Virtuellen Realität. Vor allem
lassen sich keine psychologischen Profile erstellen mit diesen Phantasie-Identitätsmerkmalen, die
sich
dann
womöglich
mit
realen
(demographischen
oder
psychologischen)
Persönlichkeitsattributen abgleichen ließen: dies käme einem Vergleich von Äpfeln und Birnen
gleich. Am besten überläßt man virtuelle Identitätsattribute sich selbst und zieht daraus keine
weiteren Schlüsse mit Wirklichkeitsanspruch. ‚Tiger-Lilly’ ist nichts anderes als eine Sammlung
von kommunikationsrelevanten Attributen.
(2) Was dann von real-weltlicher Methode noch übrig bleibt reicht zur Beobachtung des
Systems der reinen Interaktionsmuster, die ausschließlich einem internen Zwang von medialen
Regeln unterliegen. Dies könnte sowohl die Form der sinnverstehenden Rhetorik annehmen, als
auch die einer systemtheoretischen Beobachtung von Operationen eines autopoietischen
Systems. Wichtig ist nur, daß methodologisch alle faktuellen realweltlichen Zwänge bzw.
Korrektive als explanantia ausgeschlossen werden können10.
(3) Durch die Loslösung von jeglicher Faktenwirklichkeit wird Identität ein ganz anderes
Konstrukt als in der psychologisch-sozialen Welt. Man kann es erforschen als einzigartiges
Medium die Offenheit, in dem sich Sinn ohne Faktenzwänge entwickelt. Identität wird so zu
einem Anlagerungspunkt für mögliches Personsein (ist also nicht ‚ehrlich-mit-sich-selbst’ i.S.v.
wahr/falsch). Es hat aber auch als möglicher Sinn nicht die Authentizitätsverantwortung wie in
10 Dies würde keineswegs den Pragmatismus methodisch ausschließen, denn der Pragmatismus, wenigstens in
der Peirceschen Fassung, ist eine der seltenen Philosophien, die nicht nur mit der existenten Wirklichkeit umgehen
können, sondern modalontologisch auch noch die Realität der Möglichkeit (Possibility) inbegriffen haben. Dies ist
für die Virtuelle Realität besonders wichtig. Zeichentheoretisch schlägt sich dies in der Semiotik der ikonischen
Zeichen nieder. Eine Semiotische Soziologie bzw. Kommunikationswissenschaft jedoch ist leider noch nicht über
einige etwas wirre Ansätze hinausgekommen.
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
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Ricoeurs Narratologie die Mimesis III (Refiguration). Es ist bloße offene Möglichkeit so wie die
Phantasie ihren Eigen-Sinn produziert.
Diese grobe Skizze der Internet-Medialität sollte für das sachliche und methodologische
Problemverständnis genügen. Was eine detaillierte Untersuchung der Rollenkonstitution, verteilung und -transformation verschiedener Typen von channels zutage bringen kann,
beschreibt eine sehr prekäre Kommunikationsart. Eigentlich dürfte es diese gar nicht geben, so
unwahrscheinlich ist ihre normale Erfolgsaussicht. Denn wer würde sich normalerweise schon
interagierend einlassen auf eine Person, (1) deren Identität, (2) Wahrhaftigkeit und
Wirklichkeitsorientierung zweifelhaft ist oder als falsche feststehen, und die (3) zudem für die
Einforderung von moralischen Gültigkeitsansprüchen, vor allem im ‚auch du!’-Modus, gänzlich
taub ist. Baudrillard würde hier wohl das totale simulacrum entdecken.
Mehr als die Unwahrscheinlichkeit im Bereich der allgemeinen Kommunikation
interessieren uns hier die speziellen Bedingungen für die religiöse Kommunikation. Kann
über Glaube im chat überhaupt noch kommuniziert werden?
(1) Wie findet ein Kommunikationsanschluß statt wenn eine Darstellung von Glauben
(denn es handelt sich zwischen Menschen immer um Darstellung) nicht mehr beglaubigt wird
von einer Identität? Wenn eine ‚Tiger-Lilly’ und ein ‚Tarzan’ ein Zeugnis ablegen, wovon ist die
Rede (da es sich um denselben Interagenten handeln könnte)?
(2) Illusion und Wirklichkeit werden nicht mehr differenziert: muß dies nicht zu einem
Glauben ganz anderer Art führen, der vollkommen in der Phantasie aufgeht und damit
medienerzwungen zu new age mutiert? Was man dann glaubt ist ein reines Innerlichkeitsprodukt
und vollkommen egal, denn es kann nicht einmal mehr an die apologetische Notbremse des
religiösen Diskurses gebunden werden: ‚glaubst Du das wirklich?’ Eine solche Kontrollfrage ist
bei new age Religiositätsgefühlen impertinent, denn man würde deren Wahrheitsanspruch schon
überfordern wenn man sie als ‚Überzeugung’ versteht: niemand wird durch das ‚Zeugnis’ von
nichts gezwungen, es ‚über’ seinen eigenen Glauben zu setzen.
(3) noch viel schwerer ist über Werthaltiges zu chatten. Hier müßte man zurückgreifen
können auf Appelle an das je-eigene Tun, zumindest was ich bereit wäre zu tun. Wenn aber
niemand diese ‚Pragmatische Maxime’ erheben kann, weil in diesem Universum niemand handelt,
dann ‚gibt’ es nicht einmal einen Ort für Werte. Zwar hat kein einziger Wert einen Gegenstand,
aber sie haben immer noch einen Ort im In-einer-Welt-handeln-Müssenden.
Man kann die identitätslose Kommunikation auch als die letzte Stufe der Massenmedialität
ansehen. Noch einmal zurückkommend auf die Medientheorie der Systemtheorie, ist Diffusion
umgekehrt proportional zur Verhaltenskontrolle, d.h. mit zunehmender Diffusion nimmt
Kontrolle über das Verhalten alter egos ab. TV und printed press wären dann wohl die
Endstufen der medialen Kommunikation, denn sie haben mir der öffentlichen Meinung bisher
als einzige Kompensationsmechanismen entwickelt gegen den Kontrollverlust.
Was aber passiert dann medial in den chat rooms? Wenn Identität schwindet, schwindet
auch die letzte Handhabe zur Kontrolle, und die Diffusion bleibt total. Der Zwang zur Antwort
(‚responsabilitas’) ist verflüchtigt, in einem Ausmaß, wie es sich auch die Massenmedien nicht
mehr vorstellen können: immerhin gibt es da noch so etwas wie die Autorität der öffentlichen
Meinung, die man in chat rooms vergeblich sucht. Der sanfte Zwang des „richtigen Sehens“ kann
nicht nur nicht ausgeübt werden, sondern ganz im Gegenteil: die Ungewöhnlichkeit des Ansicht
ist eine Bedingung des Gesehen-werdens. Dann erst werden Kommunikationslawinen losgetreten
(bekannt und berüchtigt als ‚flames’), wenn es jemand gelingt, eine Empfindlichkeit zu treffen bei
anderen (wohl realen) Benutzern.
Das Ergebnis ist eine tendenziell totale Verspieltheit der Kommunikation: nur noch
display, kaum noch Verantwortung. Dies ist jetzt die Sinnkonstruktion des Internet, trotz zweier
mächtiger Antagonisten: Technisch versucht das Netz dem vergeblich (manchmal ziemlich
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
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rabiat) entgegenzuwirken; solche Mittel und Gegenmittel sind inzwischen vielfältig11. Auch
gesetzliche Mittel zur Verantwortbarmachung sind vorgesehen, wenn sie durchsetzbar wären12.
Für die mediale religiöse Kommunikation ergeben sich aus dieser
Sinnkonstruktion gravierende Konsequenzen?
1. Es ist kaum mehr sinnvoll, wie in den Massenmedien Rollenidentitäten zu konstruieren.
Tatsächlich läßt sich kaum noch vorstellen, wie im Internet ein Kirchenskandal à
la Boston inszeniert werden könnte. Öffentliche Meinung meint immer Rollen.
Rollen aber sind sehr eng typisierte Identitäten. Verglichen mit der derzeit noch
dominierenden Medialität der Öffentlichkeitsbeziehung der Kirche ist dies eine
erhebliche Befreiung. Identitätslose Kommunikation bedeutet auch, daß man sich
nicht mehr mit Identitätskonstrukten herumschlagen muß. Dem steht aber
deswegen noch lange kein kommunikativer Gewinn gegenüber, der jetzt wieder
Authentizitätsdarstellung kommunikativ ermöglicht.
2. Die realitätstheoretischen Implikationen des Internet betreffen insbesondere die
religiöse Kommunikation. Einerseits ist die konstruierte Realität ganz ungleich
jeden kommunikativen Realitätseffekts in anderen Medien; weder gelten,
beispielsweise, raumzeitliche Zwänge, noch gilt allen Bekanntes, also bedeutsame
allgemein für wahr gehaltene unhinterfragbare Bekanntheit (wie im Falle der
Massenmedien). Vielmehr wird nur noch Virtualität produziert, für die es kaum
noch faktuelle Geltungsansprüche gibt. Außerdem gibt es keine
Kommunikationseffekt-Kontrolle mehr von ego über alter. Dies trifft auch auf
die massenmedialen Effekte der öffentlichen Meinung, Legitimität (vgl.
Extremisten-sites
…..)
zu.
Andererseits bleibt als einzige Realität noch die Effektivität der Interaktion übrig,
die somit total geworden ist und als einzige eine Art virtuelles Universum
generiert 13. Diese Realitätskonstruktion ist für religiöse Kommunikation absolut
ungewöhnlich (also gewöhnungsbedürftig), denn sie bietet außer der
Kommunikation selbst keinen weiteren Bezugspunkt. Damit fallen beispielsweise
existenzielle, moralische, geschichtliche, faktische Bezüge weg, womit die religiöse
Kommunikation bisher operierte. Es bleiben aber alle Bezüge zu reinen Texten,
inklusive biblischen, sofern sie zitiert werden und als Zitate weiterleben in
medienspezifischen Texten. Mit dieser Bezugsarmut ist außerhalb dieser
kommunikativen Interaktion Vertrauen vollkommen unangebracht.
11 aber sie haben alle einmal mit dem cookie von Netscape angefangen. Wenn einmal die Vorstellungen von
Microsoft verwirklicht werden oder würden, die unter der Etikette .NET bekannt sind, dann erst wäre wieder die
totale Transparenz der Benutzer hergestellt. Man darf aber getrost darauf hoffen, daß es dann eben die
entsprechende Software gibt, die es wieder ermöglichen wird, vollkommen anonym zu surfen (wie jetzt schon/noch
über anonyme proxies oder J[ava]A[nonymous]P[roxy], einer ganzen Reihe von proxies, die dann auch technisch das
Zusammensetzen von Bruchstücken einer Internetkommunikation unmöglich machen).
12 spam-Verbot bei emails, impressum bei kommerziellen home-pages, die jederzeit mit einer erreichbaren
email-Adresse versehen sein müssen. Nur hier ist die Gesetzeslage in Deutschland so, daß Internetangebote
grundsätzlich mit einer Rechtsperson verbunden sein müssen. Jedoch meldet Heise online: „Nur fünf Sites (in BadenWürttemberg) genügen den seit Jahresbeginn erweiterten Vorgaben des Gesetzes zum Elektronischen Geschäftsverkehr (EGG). Das
EGG verlangt von gewerblichen Anbietern ein leicht auffindbares Impressum mit Daten wie E-Mail-Adresse, Handelsregister und
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Bei Nichteinhaltung droht laut EGG ein Bußgeld von bis zu 50.000 €. Denkbar wären auch
Abmahnungen von Wettbewerbern untereinander.“
13 Dies ist, wenn man so will, der Irrtum in der Realitätsannahme jener italienischen ‚virtuellen Kommunität’,
die ‚über’ das Internet die ganze übrige reale Welt an ihren spirituellen und kommunitären Wirklichkeiten und
Tätigkeiten teilnehmen oder teilhaben lassen wollte. Für wen stellen diese Leute sich ‚virtuell’ dar? Sind sie sich des
Darstellungseffekts bewußt, wenn es sich bei den Interagenten um ‚Tiger-Lillies’ et al. handelt?
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3. Auch auf der Seite der Kommunikanten sind die Virtualisierungseffekte erheblich.
Man könnte etwa postulieren: Auch wenn Identität verschwindet im chat room,
könnte sie sich immer noch an anderen Orten als reale (verläßliche) manifestieren.
Wenn man damit nicht impliziert, daß sich die kirchliche Internet-„Präsenz“ auf
statische Webseiten mit kirchlichen Dokumenten und Verlautbarungen
reduzieren müsse, bleibt zweifelhaft, wie denn dieser Sinn produziert werden soll.
Mit welchen Mitteln soll Autorität zur Darstellung gebracht werden? Wie soll
Authentizität einer religiösen Innerlichkeit dargestellt werden ohne die Hilfe einer
darstellbaren Identität? Eine nicht-vertrauenswürdige, nicht autoritative
Kommunikation kann religiöse Inhalte nicht mehr unter traditionellen
Bedingungen
kommunizieren.
In der Geschichte der Kirche gab es immer wieder Kommunikationseinbrüche,
die aber meistens durch Authentizitätszunahmen kompensiert wurden. Was der
Autorität an Glaubwürdigkeit verloren ging, konnte durch Heiligkeit (Heilige,
Orden, Volksfrömmigkeit, Spiritualität) wieder ausgeglichen werden. Kurzum, es
scheint sich Turners Liminalitätstheorie in groben Zügen auch im geschichtlichen
Wandel zu bestätigen. Wenn dann keine Lehrautorität in Geltung war, dann
zumindest die communitas (s. Franziskus und Innozenz VIII).
Unter den Bedingungen identitätsloser Kommunikation allerdings scheinen sich
diese beiden Rahmenbedingungen zusammengenommen auszulöschen: man hat
weder Autorität noch Authentizität. Somit gibt es in den chat rooms auch keine
communitas mehr, oder sonst einen Ausgleich. Damit stellt sich Frage, „als wer“
denn die Kirche im Internet kommuniziere, radikal anders: es gibt nur noch „als“,
dann spielt das „wer“ keine große Rolle mehr. Ob sich im chat wer als ‚Heiliger
Geist“ oder (häufiger) als „Satan, black devil“ o.ä. bezeichnet, ist irrelevant.
4. Die Botschaft selber kann unter diesen Umständen nur radikal anders sein.
Vergleicht man diese Sinnproduktion mit massenmedialen Sinntypen, ergibt sich
nur in Teilbereichen eine Nachbarschaft zur Werbung und zur Unterhaltung14:
wie diese sind chats vertrauensunwürdige, aber massenhaft verbreitete
Botschaften. Damit sind sie ein Medium ohne jegliche Kontrolle egos über die
Handlung des alter ego. Eine ‚blinde’ Kommunikation, die sogar als Interaktion
noch weitgehend die Rückkoppelungsmöglichkeit unterbindet (die ja bekanntlich
Parallelkanäle voraussetzt) um die gleiche Interpretation der Botschaft von alter
und ego sicherzustellen (es ist z.B. sehr kompliziert, d.h. nur mit smilies zu
bewerkstelligen,
Ironie
oder
Ärger
darzustellen).
Was ist mit solchen Botschaften noch Nützliches anzufangen? Man kann und
muß sie auf zwei (leicht) verschiedene Arten lesen, bzw. als Interagierender eine
Anschluß-Kommunikation
produzieren:
(a)
Als
voyeur
(ohne
aktive
oder
passive
Verantwortung)
(b) Als Suchender (so wie man Romane lies auf der Suche nach Lebens- oder
Handlungsmodellen).
Ad (a) hier kommt es gar nicht auf die exakt gleiche Lesart an, denn es steht nicht
viel auf dem Spiel. Die Gleichheit des Kommunikationsgegenstandes wird vorab
durch die Thematik des Channels festgelegt, und wird bei Mißverständnis durch
den kill-Befehl sanktioniert. Dadurch übt ein Forum bzw. IRC eine gewisse
Sinnkontrolle aus. Gleichzeitig ermöglichen sie so verantwortungslose
14Ein solches genre hat wichtige Charakteristika von Werbung aber ohne systeminterne Kompensation für die
Ineffizienz, die im massenmedialen Bereich von der unentziehbaren Effizienz der Realitätskonstruktion der
Nachrichten übernommen wird. Natürlich ist der chat keine Werbung, weil er nicht die Funktion wahrnimmt, den
(allerdings unerfüllbaren) Wahrheitsanspruch der Nachrichten kompensiert. Aber mit der Werbung teilt der chat das
Sinnpotential des schönen Glanzes (d.h. der schönen, aber undurchdringlichen Lüge), mit der Unterhaltung teilt er
das Sinnpotential der phantastischen stellvertretenden Erlebnisfreiheit (im Rahmen der textlichen Vorgabe).
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
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Interaktion. Solche Medien sind notorisch offen für das sogen. ‚lurking’, d.h.
offen für ‚Lauscher’ mit beliebigen (aber meist üblen) Absichten. Da aber kein
Teilnehmer sein eigenes Selbst ist, ist auch diese Kommunikationsart
systemkonform und schlägt sich in der Art der Botschaften selbst nieder.
Ad (b) Romane, d.h. jede Art von ‚fiktionaler’ Narration, sind Existenz-Lügen
(„temporäre Verrücktheiten“). Im Gegensatz zur rein voyeuristischen Interaktion
hingegen treten solche Narrationen mit dem Anspruch auf typische Wahrheiten
auf. Solche ‚Lügenwahrheiten’ sind ein logischer Sonderfall. Es gilt, die
existentielle Lüge mit der allgemeinen Wahrheit zu vereinen, d.h. es handelt sich
um reine Allgemeinheit. Jede echte Allgemeinheit ist grundsätzlich nicht durch
All-Quantifikatoren darstellbar. Sie ist immer im wesentlichen existentiell
undeterminiert, und wird auch nicht durch Gegenbeispiele falsifiziert (nur
präzisiert).
Alle
Naturgesetze,
z.B.,
sind
allgemein.
Wenn die chat Interaktion nun als ‚narratives Rollenspiel’ verstanden wird, dann
sind dies Typen von Sinn. Die ‚Fiktionalität’ aber verhindert, daß dieser Sinn sich
realitäts-kontrollierend auswirkt, wie noch die Wahrheits-Rollen, die öffentliche
Meinung und Legitimität in den Massenmedien konstruieren. Auch sozial wird
hier keine Realität bewirkt, also z.B. positives oder negatives face produziert.
Wenn man nun die Interaktion im chat room begreift und praktiziert als ein
echtzeitliches, offenes, virtuelles Rollenspiel, eröffnen sich ganz andere
Sinnpotentiale. Ähnlich dem Improvisationstheater (commedia dell’arte,
happenings, Psychodrama, Bibliodrama) findet körperloser reiner Sinn ohne
Realitätszwang,
aber
mit
Wahrheit,
statt.
Dieses Potential ist von großem Interesse für die Kommunikation des Glaubens.
Es kann nicht mehr um Für-wahr-halten Glauben gehen, denn dies wird ja
dadurch ausgeschlossen, daß jeder weiß daß es (existentiell) nicht wahr ist.
Glauben kann sich nur noch auf die Wahrheit des Nicht-Existenten beziehen.
Damit gleicht der chat room der Kommunikationssituation biblischer
Gleichnisse. Jede chat room Rolle wird so zur parabolischen Figur: Wie der Hörer
den Samariter, Leviten und Priester als unterschiedliche Handlungstypen
rekonstruieren muß, muß auch ein chat room behaviour parabolisch rekonstruiert
werden.
An einer solchen parabolischen Rolle ist nicht so sehr als ihr Handeln interessant,
sondern als mein Handlungsmodell; dies wird also nicht am existenten Verhalten
einer Person gemessen, sondern an meinem eigenen Handlungsentwurf.
5. Damit zeigt sich an, was genauerhin der religiöse Sinn sein könnte, der in dieser
virtuellsten aller Internetkommunikationsformen möglich ist. Auch religiöser
Glaube mißt sich nicht am existent Realen. Deswegen macht schon die Bibel
intensiven Gebrauch von Phantasieformen, wie Mythen (Jonas, Hiob),
Beispielserzählungen (Uria), Parabeln. Auch die geschichtlichen Bücher erheben
keine faktischen Geltungsansprüche wie die moderne Historiographie, sondern
stellen in erster Linie die Geschichte des Heilsplans Gottes dar. Kurzum, die
wesentlichen religiösen Textformen haben ein größeres Interesse am Möglichen
als am Notwendigen, an der Possibilität als an der Necessität. Die theologischen
Gründe hierfür sind offenkundig, und es braucht dazu auch nicht erst die
Hypostase eines ‚kommenden Gottes’ (Dionysos) wie bei Nietzsche. Vielmehr
genügt allein schon der Gedanke an die Auferstehung, die jede Vorstellungskraft
überfordert.
Im chat room entsteht somit ein virtueller Raum jenseits des Sozialen und
Sachlichen, in dem allein die Möglichkeit Geltung hat. Er kommt ohne die
traditionelle Stütze der Fiktionalität aus, also ohne das, was der
Literaturwissenschaftler Weinrich als das Universum ‚zwischen zwei
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Kommunikationsunterbrechungen’ bezeichnet, und was in der Semionarratologie
als débrayage und embrayage (shifting in/out) bekannt ist. Die Garantie der
Wiedererkennbarkeit ist allein das Rollenkonstrukt, in dem allein es noch Präsenz
gibt anstelle der Identität. In diesen Rollen ist eine gewisse Wahrheit.
6. In der traditionellen Poetik war die Wahrheit des Erzählten immer mit dem
Typos verbunden, und dieser verwies auf den Äthos einer bestimmten
Gesellschaft als deren kollektives Handlungsideal. Sonst gäbe es ja überhaupt
keinen Grund, sich die Erlebnisse und Schicksale anderer anzuhören und sich im
Akt des Verstehens oder Lesens mit ihnen zu identifizieren. Nur über diese
Verbindung zum Handlungsideal wird fremdes Handlungsschicksal auch
interessant für mein eigenes Handeln, weil es eine Stellvertreterfunktion
einnehmen kann. Wer Ödipus sieht und versteht, muß sozusagen nicht selber
jenes tragische Schicksal erleben, das für Ödipus genauso wahr bleibt wie für das
Leser-/Zuschauer-Ich.
So muß sich gerade für die chat room Interaktion die Frage nach dem Grund
ihrer Wahrheit stellen: Gibt es dort überhaupt ‚Exemplarität’? Typos ist
bekanntlich narratologisch definiert (in der Aristotelischen Poetik 48a2f) in
Komparativen als z.B. ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? ? (‚besser als’ in der Tragödie, ‚schlechter
als’ in der Komödie). Nur was besser oder verworfener ist als die Jetzigen hat eine
Chance, Pathos oder Mitgefühl zu erregen, um dann Mitleid oder Furcht
auszulösen. Was aber ist aus dem Typos im chat room geworden? Ist dies nur
noch Typisierung, die gar nicht mehr zum pathos einladen kann, sondern nur
noch eine Art Zitat ist? Damit wäre die virtuelle Realität zwecklos und wäre ohne
vis
zum
Real-werden? Also nur noch phantastische Rollen?
Diese Virtualität affiziert auch automatisch den, der versuchen würde,
‚authentisch’ zu sein: Wie, unter welchen Bedingungen, kann ich meine
Authentizität darstellen, wenn es kein Handlungsideal ‚Authentizität’ mehr gibt?
Wie kann ich Zeugnis ablegen von dem was ich hoffe (i.S. des Petrusbriefes)?
Da dieses Problem mit einem historischen Faktum zusammenhängt, kann diese
Frage nur noch historisch-empirisch, oder kulturkontingent, beantwortet werden.
Es wäre umgekehrt überraschend, wenn heute noch etwa jener Äthos genuin
nachvollziehbar wäre, der die Tragödie und die tragische Weltsicht
hervorgebracht hat. Beispielsweise würde sich heute ein elementares
Gerechtigkeitsgefühl gegen die Maßlosigkeit der Strafe einer tragischen
Übertretung (? ? ? ? ? ? ? ) wehren. Ebenso muß damit gerechnet werden, daß sich
in einer Gesellschaft, die das Internet betreibt, das Äthos ändert, und sich auch
möglicherweise von christlicher Kultur in einigen Punkten radikal unterscheidet.
7. Auch wenn es ungleich schwieriger ist, im chat room auf ein Repertoire von
gültigen Handlungsidealen zurückzugreifen, braucht auch die Phantasie
Bezugspunkte. Es ist dann allerdings nicht mehr so leicht, von wahren oder
falschen Phantasien zu reden, aber als Zweck muß dem Phantasieren auch ein
Ideal unterstellt oder postuliert werden. Wenn diese Art des kollektiven
Phantasierens sich nicht mehr auf gesellschaftliche Handlungsideale beziehen
kann, dann zumindest auf einen anderen Aspekt derselben. Kein Ideal wird jemals
vollständig real, es bleiben immer Reste von Unerfülltheit. Unerfüllt Gebliebenes
gehört aber genauso zum Ideal wie das Realisierte. In der Phantasie schafft sich
daher das Unerfüllte Raum, und dies ist ein notwendiger Komplementärraum des
Realisierten. Man kann in der freien Phantasie der Rollenkonstruktion auch eine
Art von Refiguration im Sinne Ricoeurs sehen. Virtualität wäre dann insgesamt
jener Aspekt der menschlichen Geschichte / menschlicher Geschichten, die nie
eine
Chance
hatten,
sich
zu
verwirklichen.
Allerdings gilt auch hier, daß es so leicht keine ‚Gerechtigkeit’ gibt, kein „volles
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Menschenbild“ im Sinne von Gadamer’s ‚Urbild’, weil der Bezug zum MenschSein als volles sich nicht in der Verantwortlichkeit vollzieht. Man darf sozusagen
wild phantasieren, man darf zur comic-Figur werden. Es bleibt dann dem
Teilnehmer am chat überlassen, ob er die vis comica oder einen ‚konfessionalen’
Bezug zu seiner Realität-als-vollerer-als-wirklichen herstellt.
Auch Sara lachte, weil sie der Verheißung der Boten Gottes nicht glauben konnte: Gen
18,10-15: Sarah denied, saying, I laughed not; for she was afraid. And he said: Nay; but thou didst
laugh! Gen 21,6 And Sarah said, God hath made me laugh, so that all that hear will laugh with
me.
Bibliographie
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Perspectives)
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
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God in the Net
How to chat about God?
There is a migratory joke or caricature: The internet forum ‘Lolita sex’ plans a user meeting,
after months of virtual chat, with the desire so see each other finally face to face. Everybody
seems to know everybody else very well: Tiger Lilly, Lola, Jane, Bunny, BadGirl, Tarzan, Roaring
Donzo, et al. Finally all those Casanovas, raging bulls, babes and hookers meet in the real reality.
But they find out sadly that all of them are grey, aging office rats in their fifties … and not a
single girl!
What this caricature really shows, however, is an astounding communicational function
working even under very adverse conditions: the stereotypical interpretation of stereotypes (or
noms de plume’). Everybody seems to know who are the real identities of false identities, which
reveal themselves as empty promises. Through this not only a functioning communication is
possible but also continues persistently. This indicates a functioning medialisation, which can
even afford to save on real-world relations. Actually, one knows nothing because everyone can
represent her/his self in any arbitrary identity.
The internet in its most interesting and typical communicative forms is not only an
important problem of media theory. As with each new media form the question must arise, how
‘old’ content, which was intimately connected with a determinate media form (such as script,
which became Holy Scripture), is transformed by a completely different medialisation. Already
the mass media transformation of testimonies of faith has never been unproblematic, as a
comparison between the rough real media world and its idealisation (or moralisation) in the
centenary series of Vatican documents could show. Yellow press, Hollywood blockbusters,
Boston Globe and The Last Temptation of Christ have proven to prevail over its previsions in a
theological-moral media & film theory.
Theo-logy of the Internet
It is Lola and Tiger Lilly who use to raise the eyebrows of some theologians. Such stories
induce, as a rule, habitually strictly negative views on the potential of the Internet for the
proclamation of faith, usually followed by moral discourses on the dangers of the Internet.
Does this reply imply a media-theoretical retreat to scripture, written language? One would
want to assume that nobody wants to engage in this kind of Luddism, and even if so, it could not
succeed. An informed intelligent reflection on this problem, however, has no fast and dirty
answer, either. Perhaps it is best to re-formulate completely the question whether faith can be
proclaimed in the Internet. Such yes /no questions are not instructive in this complex reality. In
fact, one should only concern oneself to know the exact conditions and limits of such a
proclamation, or better: treatment. Of course, the Internet can make a topic of everything, and
even more, it imitates preceding forms of representation, as all media of a higher complexity do
(v. infra).
I shall no longer concern myself with questions of ‘whether’, only with ‘how’, ‘how good’
the Internet treats religion. In order to understand those quite subtle meaning transformations, a
theory depends crucially on:
a) its theological conceptualisation of ‘religion’
b) its media theoretical approach to the phenomenon or media Internet.
Ad a) What is communicated religion?
In both domains of experience and communication one is restricted to religious forms, in
their diversity, and has no observational vantage point on pure religion in se. Before dealing with
questions of communicability of various such forms, it would be pointless and fruitless to
canonise one of those forms and discover only deceasing degrees of ‘properness’ in other forms
of experience. Differences in the medialisation of those forms should not lead one to exclude
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that new forms of experience come with new media. Theologically this controversy has been
debated and solved in the iconoclastic crisis over thousand years ago. For instance, there is still a
deep distrust of images, newly rekindled in the iconoclasm of the Reformation and its theology
centred on the Word. Only if theology is without prejudice in this matter, new forms of
experience will come into its view. Only then one should evaluate strength and weakness
compared to other forms.
Certainly will the Internet not, or not well, suit mystical experience (in spite of some prayer
and spiritual exercises home pages), preaching, religious community life, confession, or adoration.
Even counselling encounters some difficulties. Ecclesial forms of communication, their media
representation, are only some among other forms. However, if all this is discarded as unsuitable,
one is left with little more than news bulletins and information about visible external, mostly
conflict-oriented church interaction and a little bit of religious art, perhaps, for the representation
of faith. Yet even such a left-over faith is unrecognisable as the faith of Jesus Christ.
What is needed in this reflection is first of all a sufficiently abstract, operational concept of
religion as communication, in order to recognise it possibly in the Internet. We have to
presuppose this general theory in the present context, but we shall come back to it in the specific
context of the Internet, after reflections on its mediality. It is presupposed, now, that religion can
also be represented as communication event. This should be beyond doubt, since even S. Paul
justifies his formation of Christian community forms by a direct divine command, especially in
the context of a Eucharistic community. Faith has never been a matter of pure interiority, then,
although in its essence it is indeed the communication bonorum between creator and creature.
Ad b) Are there communication characteristics of the Internet?
Much more complicate than the communicative nature of religion is the problem of
mediality of the Internet, lest one wanted to indulge in technological essentialism. ‘The’ Internet
is a media sponge which absorbs or imitates all less complex media. Here, too, it is fruitless to
canonise one determinate achievement of representation. In order to grasp the medium, three
perspectives are investigated which determine the media character of the Internet in different
ways: (1) the systemic determination is media theory and the problem of complexity and system
character as such. Based on this, (2) an intrinsic determination comes as meaning construction of
communicative interaction as much as of reality. Based on this, (3) the determination of
interactive roles results in identities or Selves.
How to abstract the mediality of the Internet?
Is it still a mass medium? Luhmann’s media theory can be used for this question, by
extending both parameters, diffusion and control over alter’s behaviour. The medialisation of
communication, in short, begins with interpersonal communication and apparently ended with
mass media communication. Senders and receivers are limited to both interactants when
mediality is minimal, such as in mimic communication (also with some prosodic elements of
linguistic communication). While diffusion is minimal, ego has a maximal control over alter’s
behaviour. Regarding mass media, instead, there is virtually no control or even influence, while
diffusion is almost universal. What, then, ‘is’ Internet as a medium? Is it beyond mass media or is
it a retro-development? Furthermore, what would be the selection criterion which constitutes it
as an autopoietic communication system? Is it indeed a coherent autopoietic medium, or is it a
hodgepodge of technologies and commercial products?
This could be proven if a different meaning is functioning in comparison with the
antecedent stage of mediality, mass media. For this proof Luhmann needs no mentalist
assumptions. In a strictly systemtheoretical perspective, meaning only needs (1) selectivity, which
enables a subsequent connecting communication. (2) With this, immanent to the system elements
need to be constituted and their operation, (3) which in turn enables the emergence of a reality
construct through system transcendent environment observation through system immanent
operations.
Ad (1)
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Is ubiquity the system-constitutive selectivity? At any rate, it is beyond the selection
criterion ‘novelty’ (constitutive for mass media), because there is no longer a temporal
successivity in the Internet. Each selectivity creates its own events with information value.
Informations for mass media are no informations, or units of meaning, in the Internet. In other
words, Internet is not selective in that it is even faster, i.e. the news are newer than in the to-becontinued-novel mass media. There is no chance that a church scandal à la Boston Globe etc
could take place in the Internet in this form, because the medium is unsuitable for one discovery
hitting the next one. It is typical how exactly the Internet produced a famous crisis: the Indian
online magazine Tehelka.com (“news. views. all the juice”) with its ‘Operation West End’
brought down a minister and a couple of generals of the Vajpayee government. Even though
Tehelka.com adopted as far as possible the form of investigative journalism as collage of yellow
press and television feature with a typical mix of text, image, and video footage, the logic of
‘news’ (of ‘something having really taken place’) could not be maintained. This is not only the
lack of an aura of quality press (which differentiated itself from the penny press, in media history,
through stylistic features of authority). It is mainly and in principle the difficulty in the Internet to
differentiate fact from opinion. This is due to the impossible distinction of ‘us’ inside (which is an
inclusive We, which comprehends educated readers) and ‘them’ outside (who can also have
opinions on Our facts, but who for the rest are objects of Our reconstruction of facts,
‘independently confirmed’ of course). In the Internet everybody can construct their own opinion
as a / the fact, it only must look as such, with the same media specific immanently built-in
resistances against its own construction (as Luhmann calls it).
Therefore informations in the Internet are of such a kind, i.e. they irritate their own system
in such a way, that they corrode ‘reality’ in a different way than mass media information.
Presupposing that ‘scandals’ are the mass mediatic way of corrosion because the information
producing system unveils always ever new events, Internet informations are as uncontrollable as
gossip (fama). They owe this to the ‘non-moderated’ nature of their meaning, thus, the
indistinguibility of news about facts and opinion. It follows, that in the Internet there exist no
news in the traditional acceptation of the term discriminating from ‘mere’ assertions; and perhaps
even the genre ‘news’ is about to disappear here. Therefore, there are no more ‘loonies’ or
extremists, who construe only weird, no serious (narrative) causality as opposed to serious
‘reporting’. This is simply due to the absence of the mediating instance which is necessary for
passing judgements (and using adjectives).
Ad (2)
Systemic elements are no longer news as in the mass media, but messages which connect
with subsequent messages. The highly improbable continuation of this communications is
technologically enabled and enforced. There are scarcely any textual genre constraints (such as
‘stories’ in newspapers), only thematic constraints but without real world objects. Medialisation
consists merely in this that one communicates in the same IRC channel (or replies to the same
message in forums or news groups). Instead of a genre (each with its own final causality) there
exists only an interminable continuation without ends. I.e., there are no media events, which find
a certain conclusion, but merely life spans of themes. The only real events are ‘flames’, which can
only be terminated by a ‘kill’ command or by banning a nickname from a channel or forum (there
are kill filters in news readers). The novelty of the next connecting element of communication is
not a real world object, only the next contribution which is started by a thematically suitable
‘thread’, and which is new only in this ‘thread’.
Ad (3)
It is certainly not overly cautious to assume in principle that the credibility of a reality
construction in the Internet has its own, different nature. The result might be less that reality of a
‘stage of the world’, on which actors of import are supposed to do the really important things
which the mass media report as facts. Now there is only a Virtual Reality (VR) for everything,
which is coherent in itself and which thus is capable of connecting communications. Each
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medium has its own reality, and every new medium endangers the reality of the founding, less
complex medium. With the Internet at any rate, even as a construct one lives in pure virtuality.
From technology to meaning construct
There is no pre-established, strict path from the Internet technology to its communication
experience. Apart from a media theory based on systems theory ‘from above’, it is not easy to
decide ‘from below’ what is communication in the Internet, because The Internet is of course
only a protocol (IP). Based on this technology certain classical services have established
themselves, but its limits cannot be predicted, with unlimited bandwidth. We need no further
concern ourselves with technological aspects; those basic services (email, ftp, telnet) have scant
interest for communication theory.
Highly interesting, however, is communication behaviour as it is enabled and enforced by
the more important and interesting services. In other words, it is a question of meaning, which at
the same time is meaning constraint: such as one must recognise certain graphical forms as
letters. How is it possible to establish empirically such a constraint in the Internet, in the object
itself, and not derived from its resonance in interactive behaviour?
The shortest way to observe this is where traditional forms of communication are imitated,
i.e. where ‘old’ media are adopted by the new virtual universe. If there exists this media generated
Internet-meaning, those traditional forms will be transformed in a typical way, that their meaning
eventually changes its nature.
We can restrict ourselves in this context to some typical illustrations:
?? Advertising has changed completely, e.g., and became much more penetrating, intrusive,
focused, repulsive. For instance through techniques like ‘cookies’, 1-pixel images, data
gathering companies like doubleclick.com, which deliver the Internaut as personalised
data to whoever pays for it.
?? Newspapers have changed online in a fundamental way through forums of debates, polls,
comments, grouped around articles. By no means did the New York Times online merely
dress up differently while remaining substantially the same (which is studied extensively,
as might be known)
With regard to meaning, what is relevant in our context are the implications imposed by
this new meaning on communicational behaviour.
a) One of the foremost factors is the change imposed on the online reader. Extrinsically,
this behaviour is firstly a completely free navigation. Formal constraints resulting from
that are short articles, because those longish ones, in the wake of ‘serious papers’, are
basically unreadable and are clicked away. This formal revolution is behind the motto
guiding the recent revolution in newspaper layout: ‘Oriented towards editors’, ‘oriented
towards readers’, ‘centred around readers’ [Bucher (2001) 41]
b) Most interesting for our context: Which behavioural and communicational competence is
attributed to the online reader? Or more generally said: Which is the type of subject to
which he / she is constituted? It is utterly clear now that readers do not change into
‘users’ or even ‘consumer’ of information content offers, but into ‘navigators’. This
felicitous metaphor signals who is on the driver’s seat of meaning, which is constructed in
the Internet.
c) It is, therefore, no longer a situation of ‘Internet offers’, or ‘content’ with ‘content
providers’,
but
a
regular
construction
of
meaning.
Meaning is merely another expression for causality, or type of causality. However, when
not even the serial sequence can be constrained, as it is still the case with linear texts, then
the conclusion or consequence (‘sequitur’) is unconstrained either.
The influence of meaning transformations on communicative behaviour can be grasped
logically more precisely in a Pragmatistic approach. In Peirce’s Pragmatic Maxim,
meaning is nothing else than interpretation of rules. These rules can be comprehended
also as consciousness of a general meaning, as logical generality. By translating the doubt-
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belief logic of thought into communication rules, a doubt is the exordium of a
communication (v infra). A well-ordered logical, quasi-socratic ‘turn-taking’ of a
conversation reflects the dialogical nature of thought. Here is the decisive difference of
the Internet: it is impossible to re-establish belief which would put to rest doubt. In
Virtual Reality we are merely in the realm of logical possibility because by definition
everything is possible. It follows that there are no real epilogues in Internet conversations,
for there is no awareness that something is understood ‘better’: it is merely another
possibility.
While mass media construct dubious but indubitable universes, meaning in the Internet is
in principle incorrigible. In a logical perspective, IRC, chat rooms, are tantamount to
aesthetic meaning, reality meaning without any reality resistance and without valid general
reality (there is only a personal general validity: v. infra).
Behavioural form as problem of Identity in the Internet
Such a meaning, finally, has fundamental effects on roles and their identity in the
behaviour. When ego controls alter’s communication behaviour, through meaning, this does not
happen in the manner of an evolution of thought, oriented by logical constraint. Ordered
towards each other in a perspective ego’s and alter’s behavioural roles exist as communication
expectancies towards the other. These expectancies solidify into identities, or into behavioural
competences, which are attributed to the other. This makes Internet communication and
communicated religion easier comparable. The tertium comparationis is always that ego has first
to be a self. It is not enough to be an asymptotic abstract empty point of reference of an action
intention (this is a philosophical abstraction in certain phenomenologists). As interactant one
needs to be qualified with a highly precise action competence, and this competence applies to the
Internet as much as to faithful existence.
Non-linear causality (v. supra) is typical for meaning construction in the Internet, and
therefore also guidance for the identity of ‘netizens’. This attributes a spectrum of two
dimensions of ‘interneticity’, which is, firstly, the communicative competence, or auctoritas in a
rhetorical sense (and this can be further analysed). Secondly, it is a logical competence, which
manifests itself in causal textuality, and whose result is a specific construction of a universe. One
can presuppose that different communication forms in the Internet require different
competences. One has to behave specifically differently, one has to assume a specifically different
identity, and one has to perform specifically different logical operations, resulting in specifically
different universes. For instance, it is different behaviourally, logically, and as identity presence,
to achieve real world orientation on an informational home page along a linear text, as generic
self, on one side. On the other, in a chat room, to give oneself a fantasy identity and in a similar
behaviour to construe a totally virtual universe. One can give a rough sketch of these dimensions
of competence in various Internet genres:
[2 diagrams here]
The most interesting form of Internet communication is therefore not the static home page
(much more already ‘dynamic pages’ which adapt to navigator behaviour); instead, this form is
that communication (for some already anarchic), as we see them in non-moderated news groups,
forums, but chiefly in chat rooms.
In news groups we find the notorious flaming, sometimes self-destructive. Forums have
‘netiquettes’ with sanctions through moderators or users. Chat rooms, however, in real time, has
no effective control mechanism. Everybody can enter under fantasy names (nicknames), any war
paint, sometimes sound, animated gif-graphics, etc. If I don’t like someone, I can ‘dump’ the
nickname (announced as ‘plop’), but I cannot hinder them to reappear under (a) different nick(s).
Chat rooms are a much more complex communication than it appears to be. Most interesting is
how communication develops its own rules even here, which control, via expectancies,
communication connections. If a communication event were totally unpredictable, one could not
react to it. In this case, there could only be established: a communicative intention (‚et dixi: A a a,
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Domine Deus, ecce nescio loqui, quia puer sum’ Jeremia 1,6) , but all rules would be up to
negotiation and the negotiated would still await medialisation. [Here is the hobby horse of
philosophy of language: an Adamitic language…]
Ego and alter ego constitute their Selves as complementary subjects and identities through
these rules. Even though subjects constructing meaning in the Internet are navigating, they are
arbitrary subjects. They are not bound by a real world, nor by their proper Self, for instance as
their proper body. This radically incorporeal communication, regarded as identity, has also radical
effects on interaction. Such an identity would not suffice for social interaction.
Methodologically, chat rooms are accessible in conversation analysis (even though
Atkinson’s transcription rules reveal how simplified this conversation is, lacking all prosody,
substituted by poor smileys, etc.) As with every conversation, three principal tasks have to be
mastered:
1. exordium
2. interaction
form
(turn
taking)
role
constitution
(rules
of
precedence,
e.g.)
fast in-group feelings and rules
3. epilogue
1. exordium: Dialogue presupposes roles. How does somebody achieve in a chat room to
become a persona with auctoritas? (auctoritas: all the qualities representing my communication
competence) Patently this is quite different here that with a navigator in an online newspaper,
which presupposes a specific, predetermined distribution of roles.
For chat rooms the special role problem is anonymity: by no means can ego / I become
void of qualities. What I display, I have to display in order to become dialogue partner. In this
task there are clear linguistic signals: a ‘cool’ language, jargon, the right acronyms (lol, e.g.), alone
as a compensation for the inability to display prosodically that one lies or jokes.
These are signs that one learns a new language or idiom, in order to partake in the meaning
of chat rooms. Only this idiom displays ego to alter ego. There is no representation by other
means. In normal conversational contexts, face to fact interaction, telephony, I am anchored in
my life world. One opens telephone conversations with ‘if you remember me, last time we…’.
One expresses through one’s mimic and gestures that one presupposes one’s own face as known
and that one knows the other’s face. This is impossible in a chat room, not only technically, but
also as a medial constraint. This disables any identity construction through anchoring in real life
worlds.
2. Turn taking: A determinate whole (dialogue, conversation, negotiation, meeting,
allocution) is formed through rules or the type of communicative exchange (turn taking in
conversation). This type inspired the term ‘chat’ for IRC communication, which, however,
applies only metaphorically, since chat has no relation to the homonymous communication at
receptions, etc, but is sui generis.
Chat has its own coherence and rule collection. One can never shout down somebody in
the Internet, nor monopolise conversations through loudness. One can only use upper case
letters, and then be scolded: ‘don’t shout at me!’
Chat as a mega-form, though, is not distinguished by beginnings and ends, which would
exercise from there some causal constraint. Chat never started and continues without end, i.e. it
can never be brought to a logical end. One says: ‘join a channel’ (radio jargon). No subject is
treated exhaustively, one never reaches results, it is not reasonable to say: ‘this has been said
before’ as in a curriculum. (FAQs are an Internet favourite, because redundancy is systemic)
2a. Roles: How do you construct not only auctoritas or pragmatic competence, but also
cooperatively an action programme or a performance of a transformation of a status ante quo to
a status post quem. This is a programme of an interactive transformation of a common identity.
Chat room interaction follows rules, but the usual rules of politeness do not apply, as they
have been created in different complexities societally and culture-contingently. Channels regulate
much simpler. Since there are no status differences, everybody can become a virtual sanctioning
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instance. Some of Grice’s conversation rules do not apply, Leech’s politeness rules are very
limited. Therefore, conversely, ‘positive face’ becomes a problem: one can hardly lose one’s face
or menace others with loss of face. ‘Negative face’ is non existent either, since it is improper to
defend one’ s autonomy.
Differentiation in the chat room takes place on different premises, since there is no
assumption that differences disappear altogether. There are no longer quantitative differences
(+/- status, power, class, etc); one is only qualitatively different. The qualitatively complementary
determination is the distinctive mark of specificity of each channel.
2b. Rules: In spite of a truly egalitarian role distribution, but through qualitative
differentiation, group rules are created immediately: most important: ‘be pertinent!’ (Grice), off
topic is sanctioned most severely. One is reduced to ‘newbie’ status (the worst!) fast when one
inquires persistently about the fundamental virtual reality of a channel. Metacommunication is
disturbing and is tolerated only as an exception (or else: newbie of FAQ channel).
3. Epilogue: it is the easiest task to end a chat interaction (compared to telephone
conversation): just log off. Chat goes on, you don’t miss anything.
Methodological consequences of these observations:
(1) Identities in the Internet are collections of virtual attributes.
(2) Comparison with real world identities is fruitless
(3) Identity here is a totally different construct than in psycho-social contexts. This offers the
chance for a medium of complete openness without reality constraints for identity
formation: Eigen-meaning
For religious communication there are special conditions in chat rooms. Can faith be
communicated in chat rooms?
How is communication connected with subsequent ones if representation of faith (between
human beings it is always representation) is no longer vouched for by an identity? If Tiger Lilly or
Tarzan gives witness to their faith, what are they talking about?
If illusion and reality is no longer differentiated, does this lead to a different kind of faith,
completely merged with fantasy. Thus, it is constrained by media to mutate forcibly into ‘new
age’. What is left, then, for belief is a sheer product of interiority and totally indifferent. Not even
a traditional apologetic emergency brake would work: “do you really believe this?” This
counterfactual question is impertinent with new age religious feelings, because that would already
overstretch its validity claim, comprehended as ‘conviction’: nobody is compelled through the
testimony of nothing to place it over one’s own belief.
It is even more difficult to chat about things containing values. Normally one could refer to
appeals to one’s own behaviour, at least regarding what I am prepared to do. If nobody, however,
can raise this Pragmatic Maxim, because nobody acts in this universe, then there is no locus for
values. Although, logically not a single value has a real object (i.e. every value is potentiality), at
least it has always a locus in someone who has to act in this world.
Communication lacking identity can be seen as the last step beyond mass media. With such
an evanescence also evaporates the last grip of control over alter ego, beyond comprehension
even in mass media. The constraint to answer (responsabilitas) is lost, not even in the form of the
authority of public opinion. The sweet constraint of correct seeing can no longer be exercised.
On the contrary, extreme views are condition to be seen. The tendency is a complete playfulness
of communication, only display, no responsibility.
Consequences for mediated religious communication from Internet
meaning construction
1. It is literally meaningless to construct role identities as in the mass media. In fact, it is
almost unimaginable how a church scandal such as in the Boston Globe could be staged.
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Public opinion always addresses roles, and roles are narrowly typified identities. This can
be an enormous liberation in comparison with the mediality presently dominating public
relations of the Church. Identityless communication means also that one does no longer
have to deal with identity constructs. However, this loss of identity is not balanced as
communicational gain by being able to communicate the representation of ‘authenticity’.
2. Implications of the reality theory of this medium concern religious communication in
particular. On the one side, the Internet constructs its reality quite unlike the reality
effects of other media; For example, spatiotemporal constraints are invalidated; there is
no notoriety of facts, taken for true by all, commonly accepted, and unquestionable (as
the mass media have to operate). On the contrary, the Internet only produces virtuality,
for which there are hardly any factual validity claims. Also, there is no communicational
effects control of ego over alter ego, which includes those effects available in the mass
media, such as public opinion, legitimation (as the fight against extremist sites in Europe
shows).
On the other side, the sole reality which remains is in the effectiveness of the interaction
itself. This is therefore total and is uniquely qualified to generated a type of virtual
universe. This kind of reality construction is absolutely unused and unusual for religious
communication, as it leaves no other point of reference than the communicative
interaction itself. This means the complete loss of the existential, moral, historical and
factual references, through which religious communication used to operate. What is left,
however, are all references to pure texts, including biblical texts, inasmuch as they are
quotable and survive as quotes in other media specific texts. In view of such a referential
poverty nothing warrants any confidence except into the communicative interaction itself.
3. Communicative Interactants are also centrally concerned by the effects of virtualisation.
One might be tempted to hope that the loss of identity in chat rooms could be
compensated by still other places where identity can manifest itself as real and
trustworthy. If such a hope would not imply as consequence that church presences in the
Internet are reduced to static web sites with church documents and official statements,
then the question arises: How does one produce that meaning? By which means would
one represent authority, e.g.? How should authenticity of religious interiority be brought
to representation without the help of a representable identity? One must conclude, then,
that in a non-reliable, non-authoritative communication religious content can no longer
be
communicated
under
traditional
conditions.
It is not new that in the course of her history the Church suffered a number of
communicational cataclysms, which, however, invariably were compensated by gains in
authenticity. What authority lost in credibility could be more than compensated through
sanctity (saints, religious orders, popular piety, spirituality). For short, V. Turner’s theory
of liminality seems to be roughly confirmed even in the historical vicissitudes: When
magisterial authority was lacking, at least communitas gained in validity (cf S. Francis of
Assisi
and
Pope
Innocence
VIII).
Under the conditions of communication without identity, however, these two liminal
cornerstones seem to cancel each other: neither authority nor authenticity. Thus, there is
no communitas in chat rooms (or some other compensation). The question for the
Church, then, ‘as who’ do I communicate in the Internet? becomes radically different.
There is only an ‘as’ left, ‘who’ does not play any major role. It is completely irrelevant in
a chat room if someone (i.e. some ‘nickname’) goes by ‘Holy Ghost’ or (probably much
more frequently) ‘Satan’ ‘black devil’, etc.
4. The message itself, then, can only be radically different, under these circumstances. This
elucidates when compared to two mass-mediated meaning productions, which apparently
are similar to these unreliable, massively ubiquitous messages in chat rooms:
advertisement and entertainment. These messages are a medium without control of ego
over alter ego’s behaviour. Also, a ‘blind’ communication, because even as interaction it
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prevents the possibility of feedback (which presupposes parallel channels) to ascertain
ego’s and alter’s identical interpretation of the message. For instance, it proves to be
highly complicated, i.e. only aided by ‘smilies’ and the like, to represent irony or anger –
remaining in the domain of merely the basic feelings; let alone complex emotional
states…
Is there anything useful which can be accomplished with such messages? There are only
two slightly different possibilities left: two ways of reading such a message, or more
precisely, of producing, as an interactant, a next connecting communication:
(a)
as
a
voyeurist
(without
active
or
passive
responsibility)
(b) as seeker (as novels are read seeking for behavioural or life models, but also: ‘seek, and
ye
shall
find’)
ad (a) Here an exactly identical interpretation does not matter, since there is not much at
stake. The sameness in the object of communication is pre-determined by the thematic of
the IRC Channel, abuse or misunderstanding is sanctioned through the ‘kill’ command.
Forums and IRC exercise in this way some meaning control. By the same token they
enable (literally) irresponsible interaction. Such media are notoriously open for ‘lurking’,
i.e. eavesdroppers with arbitrary (mostly evil) intents. However, since no participant is
his/her own self, even this communication mode conforms to the system and manifests
itself
in
the
type
of
messages.
ad (b) novels, i.e. any kind of ‘fictive’ narration, are existential lies (‘temporary madness’ in
Reader Act Theory). Contrary to purely voyeuristic interaction, however, such narratives
have validity claims of ‘typical’ truths. Such true deceptions are special logical cases. They
need to unite existential lies with the general truth, in other words, these are instances of
genuine generality. In principle, no true generality can be represented with all-quantifiers.
It is necessarily existentially underdetermined, and cannot be falsified by instances of the
contrary
(only
‘precised’).
All
natural
laws,
e.g.,
are
general.
If chat interactions are understood as ‘narrative role play’, then they are strictly ‘types’ of
meaning. ‘Fictionality’, however, prevents this meaning from becoming reality control.
This was still the case with ‘truth roles’ constituting public opinion and legitimation in
mass media. Chat interactions do not produce social reality either, i.e. by producing
positive
or
negative
face.
By practicing und understanding chat interaction as real time, open, virtual role play, a
plethora of entirely different meaning potential opens up. Similar to improvised theatre
(‘commedia dell’arte, happenings and action theatre, psychodrama, bibliodrama)
incorporeal, pure meaning takes place without reality constraints, but with truth.
This potential offers great interest for the communication of faith. Of course, this is far
beyond taking-for-true belief, since everybody knows for certain that it is not true
(eixistentially). Faith, belief can only refer to the truth of the non-existent. In this regard,
chat rooms are similar to the communicational situation of biblical parables and similes.
Every chat room role becomes a parabolic figure. Such as readers / listeners have to
reconstruct the Samaritan, Levite, and Priest as different types of behaviours, chat room
behaviour
has
to
be
reconstructed
parabolically.
The sole interest in such a parabolic role is not so much its behaviour, but my
behavioural model. It is measured not by the standard of an existent behaviour of a
person, but of my own plan or conception of behaviour.
5. This demonstrates more exactly, what could be the religious meaning which is possible in
this most virtual of all internet communication forms. Religious faith, too, is not
measured by existent reality. This is the reason why already the Holy Scriptures make
intensive use of forms of fantasy such as myths (Jonah, Job), paradigmatic narratives
(Uriah), and countless parables. Not even the so-called ‘historical books’ have factual
truth claims in the sense of modern historiography, but their foremost intention is to
represent the history of the salvation plan of God. The quintessence of religious textual
J. Ehrat S.J. Gott im Netz / God in the Net
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forms, for short, have more interest in the possible than in the necessary (logical
Possibility more than logical Necessity). Theological reasons for this preference are
patent, and there is no real need of Nietzsche’s hypostasis of a ‘coming God’ (Dionysus).
In the contrary, already thinking the resurrection defies every power of imagination.
Chat rooms, thus, provide a virtual space beyond the social and factual, with the sole
possibility in vigour as validity. Virtual reality thrives without the traditional support of
fiction, i.e. without what H. Weinrich’s theory of literature calls the universe ‘between two
interruptions of communication’, and without what is known in semionarratology as
shifting in / out. The guaranty of recognisablity is the role construct alone, in which only
presence is left en lieu of identity. In these roles there is a certain truth.
6. In traditional poetics the truth of the narrated invariably related to the typos, which in
turn related to the ethos of a given society as its collective behavioural ideal. Otherwise
there would be no reason to concern oneself with the experiences and fates of other
people, and to identify one’s self with theirs in the act of reading or comprehending. Only
with this reference to the behavioural ideal alien behavioural fate becomes interesting for
one’s own behaviour, because alien fate represents one’s own. Who sees and
comprehends Oedipus, does not have to live through this tragic fate oneself, which is as
true for Oedipus as it is for the reader / spectator self.
At this point arises the question of the reason for the truth of chat room interaction:
Does ‘exemplarity’ exist there? Typos, as it is known, is narratologically defined (in
Aristotle’s Poetic 48a2f) in comparatives, such as ‘better than contemporaries’ (in
tragedies, ‘worse’ in comedies). Only what is better or worse is entitled to raise pathos
and sym-pathy, which causes pity or fear. What became of the typos in chat rooms? Is
there only typicisation left of typos, which can no longer invite any pathos, but subsists
merely as a quotation? If that were the case, Virtual Reality would be purposeless, without
‘vis’ to become real. Thus, merely remnants of fantasy roles?
This virtuality automatically affects those who would try to be ‘authentic’: How, under
which conditions, can I represent My authenticity, if there is no behavioural ideal
‘authenticity’? How can one give testimony of what one hopes (cf Letter of Peter)?
This problem is in connection with historical facts, and, therefore, can only be answered
in a historical-empirical, or culture-contingent way. However, it should be very surprising
if today one could genuinely re-enact that ethos, which brought forth tragedy and tragic
truth. At the least, one would have to reckon with the resistance of our contemporary
elementary sense of justice against the punishment beyond measure of a tragic mistake. In
the same sense one has to reckon that in a society, which entertains the Internet, its ethos
changes and might be radically different in some points from an ethos stemming from a
Christian culture.
7. Even though it is much more difficult to retrieve, in chat room behaviour, a repertoire of
valid behavioural ideals, fantasy needs points of reference, too. In this, then, it may be not
so easy to distinguish true from false fantasies, but also fantasy needs the presupposition
or postulate, as its purpose, of an ideal. If this kind of collective fantasizing cannot refer
to societal behavioural ideals, then, at least, it has to refer to another aspect of those
ideals. No ideal will ever be perfectly real. It must always contain a rest of unfulfilment.
Unfulfilled rests, however, belong as much to an ideal as the realised parts. In fantasy,
therefore, the unfulfilled creates its own space, and this is a necessary complimentary
space of the realised. One might see in the free fantasy of role constructions also a kind
of refiguration, in the sense in which Ricoeur’s narratology uses this term. Virtuality, then,
in its entirety, would be that aspect of human history / human stories, which had never a
chance
to
getting
realised.
Even here, however, there is no facile ‘justice’, no ‘perfect[ioned] human image’ in the
sense of Gadamer’s ‘Urbild’. The reason for this Internet defect or deficiency is because
this relation to humane-ness in full is not taking place in responsibility. One may, as it
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were, entertain wild fantasies, one may become a comic figure. It is left to chat
participants to decide whether they relate to a vis comica or confessionally to their realityas-fuller-than-the-real-one.
8. Even Sarah laughed because she could not believe into the promises of God’s envoys:
Gen 18,10-15: Sarah denied, saying, I laughed not; for she was afraid. And he said: Nay;
but thou didst laugh! Gen 21,6 And Sarah said, God hath made me laugh, so that all that
hear will laugh with me.
Bibliography
Atkinson (1984), J.M. & Heritage, J. (Eds.). Structures of social action: Studies in
conversation analysis. Cambridge (Cambridge University Press)
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