Auf hohem Niveau - chortage hannover

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Auf hohem Niveau - chortage hannover
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CHORTAGE HANNOVER 2013
Auf hohem Niveau
Hannover Jazz Singers (Ltg. Claudia Burghard)
Die fünfte Auflage der Chortage Hannover, die am Wochenende vor Pfingsten in der
Gartenkirche Hannover sowie in der Galerie Herrenhausen stattfand, hat die
Erwartungen der Chormusik interessierten Öffentlichkeit erneut deutlich mehr als
erfüllt. In insgesamt sechs Konzerten präsentierten sich bei diesem vom
Niedersächsischen Chorverband in Kooperation mit dem Kulturbüro der
Landeshauptstadt Hannover veranstalteten Chormusikevent 30 Chöre aus der Region
Hannover. Sie boten den 2.600 Zuhörern an den vier Tagen ein stilistisch
facettenreiches Programm, das von fetzigen Popsongs, groovendem Jazz und Werken
der Romantik und Klassik bis zum Barock und Alter Musik reichte. Krönender
Höhepunkt der Chortage war erneut das Abschlusskonzert, das dem mit der Stadt
Hannover verbundenen Komponisten Georg Friedrich Händel huldigte.
Die Chortage Hannover haben inzwischen in der niedersächsischen Kulturlandschaft einen wortwörtlich „guten
Klang“ und sind dank des Niedersächsischen Chorverbandes wieder zur Tradition geworden. Dies bestätigte auch
die Kulturdezernentin der Landeshauptstadt Hannover, Marlis Drevermann, die in ihren Grußworten an die
Initiative des NC-Präsidenten Wolfgang Schröfel vor fünf Jahren erinnerte, die Reihe der Chorkonzerte mit
hannoverschen Chören in der Galerie
Herrenhausen wieder aufleben zu lassen. Spätestens mit der diesjährigen
Auflage der Chortage ist diese gelungene Veranstaltung nicht mehr aus
dem kulturellen Spektrum Hannovers
wegzudenken.
9. Mai 2013 – Eröffnung in der
Gartenkirche
Anders als in den Vorjahren fand die
Eröffnung der Chortage nicht in der
Galerie Herrenhausen, sondern in der
Gartenkirche statt, um dem sakralen
Genre der Chormusik einen adäquaten
Hintergrund zu bieten. Den Anfang in
diesem stimmungsvollen Ambiente
macht das 2010 gegründete 16-köpfige Ensemble Vox Aeterna (Ltg. Ute Engelke), das mit einem vielfältigen Repertoire von Schütz bis Buchenberg
aufwartet und durch geschmeidigen
Klang sowie eine ausgezeichnete Phrasierung überzeugt.
Danach folgt der Europäische Synagogalchor (Ltg. Andor Izsák), der auf
jüdisch-liturgische Werke spezialisiert
ist. Neben diesen überrascht er an diesem Abend aber auch mit italieni-
Raggio di Sol (Ltg. Alfredo Ihl)
schem Belcanto von Rossini sowie
„Kiddush“ von Kurt Weill. Jazzigswingend präsentiert sich anschließend der Choro mixturo (Ltg. Hartmut
Niemitz) mit Johannes Matthias Michels Jazz-Motette „Jubilate“.
Nach der Pause geht es weiter mit
dem Allegro-Chor aus Stuhr-Brinkum
(Ltg. Karin Gastell), der insbesondere
mit dem locker-lebhaft dargebotenen
„Easter Carol“ von Charles Ives – einem
bedeutenden amerikanischen Komponisten der Neuzeit – brilliert. Das Finale des gelungenen Auftaktkonzertes der
Chortage Hannover 2013 bestreitet das
Collegium Vocale (Ltg. Florian Lohmann), das bei Mahlers „Urlicht“ und
„Laudatio Domini“ von Joonas Kokko-
nen perfekte Akzentierungen setzt sowie die Zuhörer mit ungeahnten, fast
unheimlich anmutenden dynamischen
Kontrasten zum Staunen bringt.
10. Mai 2013 – Vocal-Jazz in der
Galerie Herrenhausen
Mit einem wahrhaft mitreißenden Programm wartete das zweite Konzert der
Chortage Hannover 2013 auf, brachten
doch alle Ensembles neben der Musik
auch Bewegung und Show auf die
Bühne. Die Hannover Jazz Singers (Ltg.
Claudia Burghard) starten mit dem Instrumental-Klassiker „James“ von Pat
Metheny – ohne Worte, aber mit dichter Stimmung, dem ein einfühlsames
„Moonglow“ im Arrangement von DaDER CHOR 1 / 2 0 1 3
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Chor der Leibniz Universität (Ltg. Tabea Fischle)
Collegium Vocale (Ltg. Florian Lohmann)
Date@eight (Ltg. Joachim Rust)
mon Maeder folgt. Date@eight (Ltg.
Joachim Rust) überrascht nicht nur mit
zwei Arrangement der Real Group,
sondern auch mit Johann Sebastian
Bachs „Willst du dein Herz mir schenken“ im Originalsatz, was erneut beweist, dass Bach und Jazz anscheinend
doch nicht so weit voneinander entfernt sind wie gemeinhin gedacht.
Das erst seit 2012 bestehende Ensemble 6 Grad+ (Ltg. Christin Strittmatter) gefällt mit sehr eingängigen Songs
aus dem Popgenre, ehe altbekannte
Gäste der Chortage – die Vivid Voices
(Ltg. Claudia Burghard) – die Galerie in
einen Jazzclub verwandeln und das Publikum von einem Gemütszustand in
den nächsten katapultieren: Gänsehautfeeling bei „Align“ von Morton Kjaer,
brasilianischer Karneval beim Martin
Carbows „Journey to Brazil“ und ein
schier unglaubliches Scat-Solo nebst
Mouth-Drum-Machine von Vinh Khuat
bei „Virtual Insanity“ von Jamiroquai!
11. Mai 2013 – Frühlingskonzert 1 in
der Galerie Herrenhausen
Beim Nachmittagskonzert beginnen
die „Kleinen“ – der Kinder- und Jugendchor KiKoBa (Ltg. Christine Etzold) sowie der KIKIMU-Konzertchor
(Ltg. Lisa Laage-Smidt) –, die mit ihren
unbekümmerten, zeitweise etwas verschämt wirkenden Auftritten das Publikum verzücken. Der Gemischte Chor
Brink Langenhagen (Ltg. Sandra Engelhardt) und das Ensemble vis-à-vis
(Ltg. Jürgen Tippe) pflegen anschließend auf hohem Niveau eher traditionelle Chormusik von Mozart, Brahms
und Dvorák. Die Singin’ Friends (Ltg.
Michael Hoppmann) entführen zum
Abschluss dieses Konzertes die Zuhörer optisch und akustisch auf den
„Schwarzen Kontinent“: Die Spirituals
und traditionellen afrikanischen Weisen werden durch das Outfit des Chores stimmig unterstützt.
11. Mai 2013 – Chorklassiker in
der Galerie Herrenhausen
Exakt und intonationssicher präsentiert sich als erster Teilnehmer des
Abends der Chor der Leibniz Universität Hannover (Ltg. Tabea Fischle). Sehr
stilsicher werden zwei Kompositionen
von Felix Mendelssohn Bartholdy vorgestellt, ehe der Chor seinen Auftritt
mit dem sphärischen „Sleep“ von Eric
Whitacre beschließt. Einen schönen
stilistischen Kontrast dazu setzt danach Clazz – Junger Konzertchor Han-
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nover (Ltg. Martin Jordan), die mit
choreografierten Pop- und Jazzarrangements (stark das „Words“ von Anders Edenroth/RealGroup) aufwarten.
Bei seinem zweiten Auftritt bei den
diesjährigen Chortagen bietet Vox aeterna (Ltg. Ute Engelke) „schwere Kost“,
künstlerisch gewohnt perfekt, aber bisweilen wenig eingängig. Der MHHChor (Ltg. Eva Filler) interpretiert anschließend Felix Mendelssohn Bartholdys „Lieder im Freien zu singen“ sowie
Fanny Hensels „Schöne Fremde“ sehr
stilsicher. Die Capella St. Crucis Hannover (Ltg. Florian Lohmann) konzertiert
an diesem Konzertabend das dramatisch-verzweifelt klingende „Un soir de
neige“ von Francis Poulenc aus dem
Jahr 1944, kurz vor dem Ende des
Zweiten Weltkriegs. Zum Abschluss des
Konzertes erklingt die von Clytus Gottwald stammende 16-stimmige Bearbeitung von Richard Wagners „Träume“ in
perfekter Intonation.
12. Mai 2013 – Frühlingskonzert 2 in
der Galerie Herrenhausen
Die Schaumburger Märchensänger (Ltg.
Sascha Davidovic) eröffneten das
Nachmittagskonzert am letzten Tag der
Chortage Hannover 2013 mit rhythmisch gut dargebotenen Liedern. Das
Ensemble Raggio di Sol (Ltg. Alfredo
Ihl) bewegt sich stilsicher in der Alten
Musik und stellt dies erneut – auch unter Einsatz schauspielerischer Fähigkeiten – unter Beweis.
Der Kammerchor Herrenhausen
(Ltg. Anna Mittner) bietet klassisches
Chorrepertoire gekonnt dar, wozu der
Jazzchor Hannover (Ltg. Christin
Strittmatter) mit drei Jazz-Klassikern
einen reizvollen Kontrast liefert. Der
Junge Chor Hannover (Ltg. Karina Seefeldt) wandelt stilistisch durch die
Jahrhunderte, wobei u.a. das „Come
Again“ von John Dowland und das
„Chi la gagliarda“ von Baldassare Donato trefflich gelingen.
Das Finale dieses Konzertes bestreitet das Chorensemble Nordstadt (Ltg.
Beate Binder), eine 60-köpfige Formation, die u.a. mit dem 8-stimmigen
„An den Wassern zu Babel“ von Heinrich Schütz überzeugt, sich aber auch
sicher in der populären Musik („Englishman in New York“/Sting) bewegt.
12. Mai 2013 – Finale in
der Galerie Herrenhausen
„Händel!“ lautete die Überschrift des
Abschlusskonzert der diesjährigen
Vivid Voices (Ltg. Claudia Burghard)
Clazz (Ltg. Martin Jordan)
Chortage Hannover – und wo Händel
drauf steht, ist auch Händel drin! Sowohl der „junge“ (Dixit Dominus), als
auch der „ältere“ Händel (Dettinger Te
Deum) waren vertreten, eingebettet in
ein Werk, das epochal etwa in der Mitte liegt (Coronation Anthems). Die Interpreten: herausragende Chöre aus
Hannover, das Barockorchester L’Arco
und Gesangssolisten.
Mit den ersten beiden Krönungshymnen begann der Bachchor Hannover (Ltg. Thomas Straube/Keno Weber)
gekonnt das Konzert. Der JohannesBrahms-Chor Hannover (Ltg. Gudrun
Schröfel) folgte sehr konsequent dem
Fanfaren-Ton, mit dem das „Dettinger
Te Deum“ beginnt. Gudrun Schröfel
hatte eine kluge Auswahl aus dem eigentlich 40 Minuten dauernden Stück
getroffen und fand den Jubelklang
ebenso wie das Beschwörende der
Komposition. Dass hier Gott als
Kriegsgott bejubelt wird, kann bei so
viel musikalischer Überredungskunst
getrost vergessen werden.
Das vom Collegium Vocale (Ltg.
Florian Lohmann) stimmig intonierte
„Dixit Dominus“ ist ideologisch wesentlich unverdächtiger; gekonnt vorgetragen war es allemal.
Den umjubelten Abschluss des
„Händel“-Konzertes und gleichzeitig
der Chortage Hannover 2013 übernahm wieder der Bachchor Hannover
mit den Krönungshymnen 3 und 4, in
denen u.a. den „Nebenfrauen“ und den
„Nebenkindern“ der damaligen Könige
gehuldigt wurde.
Tosender Beifall und Fußgetrampel
sind der gerechte Lohn für eine imposante Würdigung der Werke eines für
die Landeshauptstadt Hannover bedeutenden Komponisten, die im kommenden Jahr – vom 26. bis 29. Juni 2014 –
auf dem Hintergrund der Landesausstellung „Hannovers Herrscher auf Englands Thron“ bei den 6. Chortagen Hannover ihre Fortführung findet.
vc
Fotos: Anke Schröfel
Hinweis
Von den sechs Konzerten der Chortage Hannover
2013 wurden CDs der einzelnen Konzerte produziert. Näheres dazu auf der hinteren Umschlagseite sowie unter www.ndschorverband.de.
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