"der Scheideweg" 04/2015

Transcrição

"der Scheideweg" 04/2015
4/2015
G 5949
Jubiläum:
40 Jahre Gefährdetenhilfe Scheideweg
Weihnachtsaktion
für Gefangene
Dietrich Bonhoeffer:
Weihnachten in
der Gefängniszelle
Wie viel Vater
(gem)einsame
braucht
ein Mensch?
Wei(h/n)-nacht
Termine
Veranstaltungen
Dezember 2015 – März 2016
Gefängnis
04.12.
06.12.
08.12.
08.12.
08.12.
10.12.
10.12.
10.12.
10.12.
12.12.
12.12.
14.12.
15.12.
15.12.
15.12.
15.12.
17.12.
17.12.
18.12.
21.12.
21.12.
22.12.
28.02.
28.02.
06.03.
06.03.
13.03.
13.03.
20.03.
JVA Geldern – Adventsfeier
JVA Schwerte – Gottesdienst mit Petra Halfmann & Band (9:30)
JVA Köln / Frauen (Haus 14) – Adventsfeier
JVA Köln / Frauen (Haus 16) – Adventsfeier
JVA Remscheid – Adventsfeier
JVA Schwerte – Adventsfeier
JVA Düsseldorf – Adventsfeier
JVA Siegburg (Haus 1) – Adventsfeier
JVA Hagen – Adventsfeier
Jugendarrestanstalt Remscheid – Adventsfeier
JVA Berlin-Tegel – Adventsfeier
JVA Siegburg (Haus 2) – Adventsfeier
JVA Köln / Frauen (Haus 10) – Adventsfeier
JVA Köln / Frauen (Haus 15) – Adventsfeier
JVA Köln / Männer (Häuser 8+11) – Adventsfeier
JVA Köln / junge Erwachsene (Haus 9) – Adventsfeier
JVA Bochum – Adventsfeier
JVA Kleve – Adventsfeier
JVA Wuppertal-Vohwinkel – Adventsfeier
JVA Willich I – Adventsfeier
JVA Rheinbach – Adventsfeier
JVA Wuppertal-Ronsdorf – Adventsfeier
JVA Remscheid – Gottesdienst mit Team „Alte Schule Scheideweg“ (10:30)
JVA Hagen – Gottesdienst (10:30)
JVA Schwerte – Gottesdienst (9:30)
JVA Siegburg – Gottesdienst (9:45)
JVA Wuppertal-Vohwinkel – Gottesdienst mit Band „Next Blues Generation“ (11:00)
JVA Wuppertal-Ronsdorf – Gottesdienste (10:00, 11:00)
JVA Düsseldorf – Gottesdienst (8:45)
Impressum
Herausgeber:
Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V.
Unterscheideweg 1-3
D-42499 Hückeswagen
Tel.: +49 (0)2192 2011, Fax: +49 (0)2192 2015
E-Mail: [email protected]
Internet: www.scheideweg.nrw
2
Pflanzenpark / Café
Erscheinungsweise vierteljährlich.
Die Ausgabe erscheint unentgeltlich.
1. Vorsitzender: Dr. Peter Christian Knüppel
Geschäftsführer: Jörg Hübner (V.i.S.d.P.)
bis 24.12.
04.12.
12.12.
24.12.
Adventsausstellung
Adventlicher Freundeabend mit Bratapfelbuffet (ab 19:00)*
Weihnachtsbaumverkauf mit bergischem Waffelbuffet
Weihnachtsbrunch (9:00 – 12:00)*
* Telefonische Reservierung unter 02192 201-240
Sonstiges
12.01.
23.01. 04.-09.02.
11.02.
20.02.
27.02.
Besuch Mitarbeitergruppe CVJM Westbund (15:15)
Teilnahme am Männertag „Das 4te Musketier-Event“
Teilnahme an einer Ski-Freizeit in Oberaudorf (Oberbayern)
Berufskolleg Bleibergquelle, Velbert – Gestaltung
Schulgemeinschaftsstunde (8:45)
Hallen-Fußball-Turnier in der Mehrzweckhalle Hückeswagen (10:00)
Missionale-Treffen (Messe Köln) – Infostand (13:30 - 19:00)
Personen vom Finanzamt als mildtätig anerkannt. Darüber hinaus ist sie in eine justizinterne
Datenbank eingetragen und kommt als EmpfänBildnachweis: S. 1 © Anne Kitzman – shutterstock, gerin von Geldauflagen in Betracht. Dieses elektronische Verzeichnis wird von der GeneralstaatsanS. 3 © David Wurth, S. 5 © Volt Collection –
waltschaft Düsseldorf geführt.
shutterstock, übrige Fotos © Gefährdetenhilfe
SCHEIDEWEG e.V.
Bankverbindung:
Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen
Gestaltung: Agentur kollundkollegen, Berlin
BLZ: 340 513 50, Konto-Nr.: 34 111 310
Druck: Druckhaus Gummersbach PP GmbH
IBAN: DE23 3405 1350 0034 1113 10
Die Gefährdetenhilfe SCHEIDEWEG e.V. ist wegen BIC: WELADED1RVW
der Betreuung und Wiedereingliederung von
straffälligen, haftentlassenen und gefährdeten
www.scheideweg.nrw
Redaktion: Georg Fischer, Jutta Sieper,
Christine Hildebrandt
Grüße aus Scheideweg
Sie sind fester Bestandteil von Weihnachten: die Darstellungen der „heiligen Familie“. Maria und Josef mit
dem Kind in der Krippe. Dabei steht das Jesuskind im
Mittelpunkt. Und das zu recht. Wegen Jesus feiern wir
Weihnachten. Ganz dicht dabei seine Mutter Maria.
Eine privilegierte junge Frau. Josef dagegen wird
meistens eine belanglose Nebenrolle eingeräumt,
an dem die eigentliche Geschichte vorbeizog. Er war
ja laut biblischem Bericht nicht einmal der Erzeuger,
nur „Pflegevater“. Ja, und das war er! Josef hat sich um
den kleinen Jungen gekümmert, war mit ihm auf der
Flucht, um sein Leben zu retten, hat ihn ernährt, erzogen und ausgebildet. Wahrscheinlich hat er ihn auch getröstet, mit ihm gespielt, ihm
die Welt erklärt, ihm Liebe geschenkt. Er war seine männliche Bezugsperson, von der
Jesus lernte, was ein Mann ist. Er war Vater. Er war da.
Nicht jeder Erzeuger ist auch Vater. Leider. Viele von denen, die bei uns Hilfe suchen,
denken traurig daran zurück. Das Vergangene läßt sich nicht ändern. Aber wir können
es heute anders machen – so wie Josef. Wir können Menschen an unserer Seite ein
Stück auf ihrem Lebensweg begleiten und für sie da sein – als Vater oder Mutter, als
Freund oder Freundin. Wir können da sein, weil ein guter Vater im Himmel für uns da
ist – ein göttlicher Vater, der Weihnachten als Mensch zu uns Menschen kam und uns
seine Liebe und Zuwendung zeigte.
Inhalt
2
Termine
Dezember 2015 – März 2016
4
Wie viel Vater
braucht der Mensch?
5
Weihnachtsaktion
für Gefangene
6
Jubiläum
40 Jahre Gefährdetenhilfe Scheideweg
7
Nachrichten
Internationales Gefährdetenhilfe-Forum
Mongolei
Nachrichten aus Scheideweg
8
Weihnachten in der
Gefängniszelle
Dietrich Bonhoeffer
In diesem Sinne eine frohe und gesegnete Advents- und Weihnachtszeit
Georg Fischer
(Redaktionsleiter und Mitglied im Leitungsteam)
P.S.: Nach mehr als 25 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit möchte ich mich bei Ihnen
/ Euch verabschieden. Im nächsten Jahr kommen im Bereich der Jugendhilfe neue
berufliche Herausforderungen auf mich zu. Ich werde der Arbeit der Gefährdetenhilfe
Scheideweg weiterhin verbunden bleiben.
3
Wie viel Vater
braucht ein Mensch?
von Christine Hildebrandt (Mitarbeiterin im Redaktionsteam)
Im Vergleich zu früheren Generationen hat
sich die Rolle des Vaters in der Familie sichtbar
gewandelt. Es ist nichts Außergewöhnliches
mehr, wenn Väter Kinderwagen durch den
Park schieben, weinende Kinder trösten oder
ihren Nachwuchs wickeln. Viele junge Männer
möchten sich nicht nur auf Beruf und die finanzielle Versorgung ihrer Familien beschränken,
sondern an den großen und kleinen Entwicklungsschritten ihrer Kinder teilnehmen. Sie
haben begriffen, dass ihnen durch eine einseitige Fixierung auf Karriere wichtige und schöne
Erfahrungen innerhalb der Familie entgehen.
Deshalb wollen sie heute Beruf und Familienleben miteinander in Einklang bringen und
Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrnehmen. Und das ist auch gut so, denn für
eine gesunde Entwicklung benötigt ein Kind
beide Elternteile. Langzeitstudien bestätigen
die Bedeutung des Vaters für die kindliche Entwicklung und die psychische Gesundheit auch
im späteren Erwachsenenleben.
Wie die Mutter kann auch der Vater auf die
Entwicklungs-und Bindungsbedürfnisse des
Kindes einfühlsam und fürsorglich eingehen.
Dabei ist entscheidend, wie gut es dem Vater
gelingt, die Bedürfnisse seines Kindes zu erkennen und darauf einzugehen. Um das zu erlernen braucht er – genau wie die Mutter – Zeit
und Erfahrung im Umgang mit dem Kind.
Vater werden ist nicht schwer,
Vater sein dagegen sehr
Schon Wilhelm Busch erkannte, dass „VaterSein“ eine Herausforderung ist. Der Vater steht
vor der Aufgabe, seinem Kind Zuwendung,
emotionale Achtsamkeit und Geborgenheit zu
schenken. Auch die körperliche, emotionale,
Der abwesende Vater
Kinder sind für ihre gesunde Persönlichkeitsentwicklung auf beide Eltern angewiesen. Ohne
den zweiten Elternteil kann das Kind bestimmte
Entwicklungsschritte nicht oder nur eingeschränkt vollziehen.3 Die Familienforschung
belegt einen deutlichen Zusammenhang von
Vaterpräsenz und gesunder Entwicklung des
Kindes auf der einen Seite und von Vaterabsenz
und der Gefahr des Scheiterns auf der anderen.
Besonders Jungen scheinen mit dem Fehlen
des Vaters nicht gut zurechtzukommen.4
Vor allem bei ihnen fand sich ein mehrfach
erhöhtes Risiko für psychosomatische Erkrankungen, innere Verwahrlosung, Risikoverhalten, Sucht, Kriminalität, Gewalt, Depression und
Suizid.5 Die amerikanischen Psychologen Dan
Kindlon und Michael Thompson berichten, dass
es in Therapien wenig gäbe, was einen erwachsenen Mann zu Tränen rühre. Männer könnten
recht gefasst über gescheiterte Ehen sprechen,
über missratene Kinder, über Karriereknicks
oder Krankheiten. Wenn sie dann aber einmal
weinten, dann über das, was sie mit ihren
Vätern nicht oder zu wenig erleben durften.
Ein absenter Vater ist – so weiß die Therapeutik – eine lebenslange Quelle von Einsamkeit,
Traurigkeit, Ärger, Verbitterung und Scham. Das
hängt mit der Einzigartigkeit dieser Beziehung
zusammen. Jedes Kind hat nur einen Vater.
Selbst wenn die Beziehung nicht gelebt wird,
bleibt sie bestehen. Es ist eine schwere Kränkung für die kindliche Seele, wenn sich der
Vater nicht kümmert, weil das dem Kind vermittelt, bedeutungslos, nicht wichtig genug für ihn
zu sein.6 Dies führt zu einem diffusen Schmerz,
dem Vater nahe sein zu wollen und doch nie
Bestätigung von ihm erfahren zu haben. In
diesem Zusammenhang spricht man von der
Vaterwunde.7 Ohne Vater bleibt ein Mann auf
der Suche nach seiner eigenen Identität. Das
Empfinden dem leiblichen Vater gegenüber
ist durchsetzt von Ohnmacht, Hass und Verzagtheit. Man entwickelt einen Abgrenzungswunsch von allem, was sich Vater nennt. Das
erschwert dem Mann eine angemessene Rolle
als Erwachsener in Ehe, Familie und Gesellschaft
einzunehmen. Das erschwert aber auch seine
Beziehung zu Gott.
Väter können auch anwesend zum Problem
werden, wenn sie z.B. alkohol- oder drogenabhängig sind, wenn sie ihrem Kind Gewalt
antun oder es sexuell missbrauchen. Gewalterfahrungen und Missbrauch, die Kinder zuhause
erleben, bedeuten eine ungeheure Belastung
mit massiven Folgen sowohl für die körperliche
als auch psychische Gesundheit. Auch wirken
www.familienhandbuch.de/elternschaft/vaterschaft/die-bedeutung-des-vaters-in-der-fruhen-entwicklung-des-kindes#familie (Zugriff im Juli 2015)
Dr. Karl Gebauer: http://www.lernwelt.at/downloads/die-bedeutung-des-vaters_interview_dr_karl_geb.pdf
3
www.wera-fischer.de/Vaeter
4
Ringback Weitoft, A. Hjern, B. Haglund, M. Rosen: Mortality, severe morbidity, and injury in children living with single parents in Sweden: a population-based study.
In: Lancet 361, 2003
5
www.dijg.de/ehe-familie/forschung-kinder/vater-bezug/
6
Prof. Dr. Walter Hollstein Festansprache p. 3
7
Hans Peter Rösch, „Männerprobleme“ in „Adam online“ 2014/40, Seiten 6-7
8
Dr. Tobias Mock und Karsten Sewing in „Männerprobleme“ in „Adam online“ 2014/40, Seiten 8-9
1
2
4
soziale und kognitive Entwicklung seines
Kindes kann er anregen und fördern.1
Besonders weist sich der „moderne Vater“ u.a.
dadurch aus, dass er sich in die Wünsche und
Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder
einfühlen und diese auch in seinem Handeln
berücksichtigen kann. Je stärker der Vater sich
zur Familie hin orientiert, desto stärker erleben
die Kinder ihn als aufmerksam, unterstützend
und einfühlsam. Es kommt also vor allem auf
die emotionalen und kommunikativen Fähigkeiten eines Vaters an.2
Weihnachtsaktion für
Gefangene
sich solche Erfahrungen negativ auf das
Erlernen von Problemlösungsmustern
und Konfliktkompetenzen aus – Kompetenzen, die für das menschliche Miteinander grundlegend sind.
Bei der Gefährdetenhilfe Scheideweg
unterstützen wir in der Hauptsache junge
Männer, die häufig Wunden aus der Vergangenheit mit sich herumtragen, in
ihrer Suche nach einem gelingenden
Leben. Hinter Sucht und Aggression
steckt oft die Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe.
Um schwere Erfahrungen zu verarbeiten,
um (selbst-)zerstörerische Abwehr- und
Überlebensstrategien aufzubrechen und
zu verwandeln, benötigen die Betroffenen Schutz, Sicherheit, Stabilität, Vertrauen und Zeit. Wir unterstützen sie
darin, sich mit ihren persönlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen und
helfen ihnen dabei, neue Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Den Vater
aus der Vergangenheit können wir nicht
ersetzen, aber wir können sie in ihrer
Einzigartigkeit annehmen und ihnen
eine sichere Freundschaft anbieten. Wir
können Vorbild sein, sie bei Entscheidungen „väterlich“ beraten und ihnen
in schwierigen Zeiten beistehen. Oft
bewirkt die Verbundenheit mit anderen
Männern emotionale Heilung. Von daher
spielt in unserer Arbeit der Kontakt mit
anderen Männern im Alltag und in der
Freizeit eine wichtige Rolle.
Auch dürfen wir auf Gott als den Vater
und Quelle bedingungsloser Liebe hinweisen. Jesus spricht viel von seinem
Vater und weist immer auf ihn hin. Gott
möchte als Vater unsere tiefste menschliche Sehnsucht nach Angenommen sein,
nach Halt und Sinnerfüllung stillen. Er
kennt unsere Verletzungen und unseren
Schmerz. Mit Gott als Vater haben wir
für unser Leben einen sicheren Boden
unter den Füßen, ein Fundament, das
nicht erschüttert werden kann. Bei Gott
finden wir ein wahres Zuhause und
unsere wahre Identität.
Praktischer Umgang mit
der Vaterwunde
Viele verwundete Männer machen die
Erfahrung, dass sie heil werden, wenn sie
den Weg der Vergebung und Versöhnung
gehen. Ein Anfang ist, sich die schmerzende „Vaterwunde“ einzugestehen, Verletzungen und Mangel beim Namen zu
nennen und Vergebungsbereitschaft für
jeden Punkt zuzusprechen – eventuell
in Gegenwart eines Zeugen. (Wurde ein
Mann von seinem Vater gänzlich abgelehnt, kann das Gespräch mit Gott, das
beharrliche Fragen, wie er über mich
denkt, zum Schlüssel der Identitätsfindung werden.8) Aus der Sprachlosigkeit
heraus zu treten und mit dem Vater etwa
durch einen Brief in die Auseinandersetzung zu kommen, ist ein nächster Schritt.
Erinnert ein Mann im weiteren Verlauf
auch gute Seiten des Vaters, kann sich
ein differenzierteres, „sanfteres“ Vaterbild entwickeln. Werden Ähnlichkeiten
im Verhalten und Denken entdeckt, ist
es gut zu wissen, dass Geschichte nicht
wiederholt werden muss. Jeder hat die
Chance, anders zu handeln. Sich von
Hass, Verbitterung und Verachtung an
den Vater durch Vergebung zu lösen,
ermöglicht es, frei zu werden für ein eigenes Leben, für neue Beziehungen und für
Begegnungen mit Gott.
Die Weihnachtszeit im Gefängnis ist geprägt von
Einsamkeit, Wehmut und Hoffnungslosigkeit. Mit
kleinen Aufmerksamkeiten, Geschenkpäckchen
und festlich gestalteten Adventsfeiern möchten
wir darum vielen Gefangenen eine Freude machen
und die Weihnachtsbotschaft weitergeben. Wir
wollen deutlich machen: Kein Mensch ist vergessen – auch nicht hinter Gittern.
Kaffee, Tee und Gebäck
zu Weihnachten
Inhaftierte, die keinen Kontakt zu Angehörigen
haben, erhalten zu Weihnachten weder ein Paket
noch andere Aufmerksamkeiten. Wir möchten
gerne einige Gefängnisseelsorger dabei unterstützen, die nicht bedachten Inhaftierten mit Kaffee,
Tee und Gebäck zu beschenken.
Wer sich an der „Weihnachtsaktion für Gefangene“
beteiligen möchte, kann uns durch eine besondere Spende mit dem Vermerk „Weihnachtsaktion” unterstützen.
Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen
Verwendungszweck: Weihnachtsaktion
IBAN: DE23 3405 1350 0034 1113 10
Herzlichen Dank für die Unterstützung!
Kalender-Geschenke
Seit vielen Jahren verschenken wir die Abreißkalender „Die gute Saat“ und „Gottes Wort für jeden
Tag“ sowie den Taschenkalender „Timekeeper“ am
Jahresende an Gefangene. Auch den ausländischen
Inhaftierten können wir Abreißkalender in verschiedenen Sprachen anbieten. Wir danken der „Christlichen Schriftenverbreitung Hückeswagen“ dafür,
dass sie uns dazu die Kalender zur Verfügung stellt!
5
JUBILÄUM
40 Jahre Gefährdetenhilfe
SCHEIDEWEG e.V.
Im Januar 1975 gegründet, fand am 19. September 2015 das 40. Vereinsjubiläum der Gefährdetenhilfe
SCHEIDEWEG e.V. statt; als Grillfest – von bergischem Wetter erfrischt. Viele unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter
sind gekommen. Nachfolgend aus der Ansprache des 1. Vorsitzenden Dr. Peter Knüppel:
1. Wo sind wir 1975 gestartet und wo stehen
wir heute?
Gesellschaftliches Engagement im Strafvollzug
war bis in die 70ger Jahre unüblich bis unerwünscht. Die damalige Situation von straffällig Gewordenen zeigt u.a. der Beitrag der Remscheider Bewährungshelfer Herr Jäckel und
Herr Marquart auf der Gründungsversammlung
1975: Während historisch der Gedanke der Vergeltung den Strafvollzug bestimmt hat, „lägen
(jetziger Rechtsprechung) Einflüsse aus den Initiativen Einzelner sowie aus Erkenntnissen aus
sozialwissenschaftlichen Theorien zugrunde“.
(Protokoll-Niederschrift S. 2) Instrumente wie
die noch junge Bewährungshilfe seien aber
angewiesen auf die Mithilfe der breiten Öffentlichkeit durch Bereitstellung von Arbeitsplätzen, Wohnraum, Schutz der Jugendlichen vor
Gefährdung und sinnvolle Freizeitangebote,
„denn Veränderungen der Werte-Welt schaffe
Veränderungen des inneren Menschen“. (ebd.) Leider gäbe es eine deutliche Diskrepanz zwischen Gesetzeslage und dem Interesse der
Öffentlichkeit, diese umzusetzen. „Die öffentliche Grundhaltung gegenüber den straffällig
gewordenen Leuten sei negativ. Mehr noch: Sie
betätige sich als Nach-Richter durch zusätzliche
Verurteilung. Immer wieder! Diese Auswirkung
sei tiefer als der Richterspruch, jetzt habe der
Angeklagte keinen Anwalt mehr, keine Argumente, die er vortragen könnte.“ (ebd. S. 3) Deshalb sei die Bewährungshilfe dankbar für die
Gruppe in Scheideweg, die einen ersten Beitrag zur Resozialisierung leiste, wo es bisher
Null Unterbringungsmöglichkeiten in Remscheid für Haftentlassene gäbe. Dankbar für
ihre Ziele, für die Solidarisierung mit den Ausgestoßenen und auch für die Entlastung, die
die Bewährungshilfe als staatliche Stelle durch
das Vereins-Engagement erfahre. (vgl. Protokoll-Niederschrift 1975)
In 2015 sind wir regelmäßig mit Kontaktgruppen in 14 Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Andere Gefährdetenhilfen besuchen weitere Gefängnisse.
Die Gefährdetenhilfe bietet jungen Menschen
Aufnahme in Wohngemeinschaften, Arbeitstraining und Ausbildung in Zweckbetrieben,
6
Freizeitgestaltung, Seelsorge und Schuldnerberatung. Vielfältige staatliche und institutionelle Angebote für straffällig gewordene Menschen entwickelten sich. Noch manches könnte
besser werden, aber es ist schön zu sehen, dass
sich vieles verbessert hat.
2. Was bewirkt ein Rückblick?
Die Gefährdetenhilfe schaut auf 40 Jahre
zurück. Aber was bewirkt ein Rückblick und
was sagt dieser uns für die Zukunft?
Wir können uns das Gute, das geschehen ist,
bewusst machen, im Sinne von Psalm 103,2:
„Lobe den Herrn, meine Seele und vergiss
nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Dies ist ein
wichtiges Prinzip für jede menschliche Beziehung und für jede uns herausfordernde Situation: Zurück schauen und aufzählen, was Gutes
geschehen ist, „Inventur machen“. An die guten
Dinge und Erfahrungen der Jahre erinnern.
Zurückschauen kann aber auch behindern. Deshalb wird in Jesaja 43,18-19 gesagt: „Gedenkt
nicht an das Frühere und achtet nicht auf das
Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues schaffen,
jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht?“
Die Ausrichtung auf die Vergangenheit kann
zum zweifachen Hemmnis werden: Erfolge und
Konzepte der Vergangenheit helfen heute nicht
mehr. Wir leben in einer Zeit rasender Beschleunigung, die die Gegenwart auf immer kürzere
planbare Zeiträume schrumpfen lässt.
Und zweitens eine Färbung der Gegenwart:
Ich lebe nur noch in meiner Erinnerung und
kann die neuen Notwendigkeiten gar nicht
mehr sehen.
Der persönliche Rat an jeden und an uns in der
Gefährdetenhilfe ist deshalb, eine gute Balance
in der Rückschau zu finden. Was ist das Gute
der Vergangenheit, was hat Gott alles Gutes
für uns getan? Damit kann ich auch für die
Zukunft Vertrauen in Ihn haben. Aber auch die
Frage: Was müssen wir neu anpacken, weil die
Anforderungen an uns so anders sind. Es wird
spannend sein zu beobachten, was dies für die
Zukunft bedeutet.
3. Ein neuer / alter Blick in die Bibel
Eine Rückschau in die Bibel ist immer eine gute
Orientierung, da Gottes Wort Altes und Neues
für uns bereithält. Beisitzer Robert Jäger schloss
die Gründungsversammlung 1975 mit Micha
6,8: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und
was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes
Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor
deinem Gott“. Der Ausdruck „Demut“ kommt
vom althochdeutschen „diomuoti“ und heißt
„dienstwillig“, also eigentlich „Gesinnung eines
Dienenden“. Er bezeichnet Haltung und Handlung. Robert Jäger sagte damals, Gott fordere,
daß wir 1. sein Wort halten, das er in diesem
Text konkretisiere, 2. Liebe praktisch üben: ein
Zimmer freimachen, 3. Demut üben im rechten
Verhältnis zu Gott. Das sollen wir tun und nur
dann hat die Gefährdetenhilfe 2015 weiterhin
eine Berechtigung. Was wir in 40 Jahren vorfinden, wird dann vielleicht ganz anders oder
ähnlich sein. Festhalten wollen wir die Gedanken: „Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“
und „Siehe, ich will Neues schaffen“.
Nachrichten
aus Scheideweg
Wohngemeinschaften
Internationales Gefährdetenhilfe-Forum 2015
Zum 30. Mal trafen sich Teilnehmer aus
dem In- und Ausland zum Gefährdetenhilfe-Forum, das seit einigen Jahren
seinen festen Austragungsort in der
Familien-Ferienstätte des Blauen Kreuzes
in Burbach-Holzhausen hat. Vorträge
von Pastor Michael Martens (Skye bei
Bremen) und Gruppenarbeiten zum
Thema „Vergebung“ folgten Berichten
aus der internationalen Gefährdetenhilfe-Arbeit. Workshops über praktische
Fragen der Begleitung von Hilfesuchenden, Lieder, persönliche Erlebnisse, Gottesdienst und Pausenplausch
beim „Käffchen“ ergänzten das Programm. Dauerteilnehmer und Tagesgäste knackten am Samstag die 100er
Marke. Doch wir rücken gern ein wenig
zusammen und laden schon jetzt zum
nächsten Forum vom 21. – 23. Oktober
2016 ein.
Als weiteren Schritt in die Selbstständigkeit ist
Marcel in eine WG-Einliegerwohnung gezogen.
Nachdem Ende September Familie Thieme ihre
Tätigkeit als Hauseltern beendete, konnten wir
das neue Betreuungsmodell „Begleitende Wohngemeinschaft“ einführen. Wir freuen uns, dass
die Übergabe gut geklappt hat und der Start reibungslos verlief. Danke an alle, die dafür gebetet haben.
Renovierung
Wir danken allen herzlich, die für die notwendigen Renovierungsarbeiten der neuen WG
spendeten. Juan Sanchez hat sich mit seinem
Auszubildenden Dominik richtig ins Zeug gelegt
und das Bad saniert, Zimmer gestrichen, Teppich­
böden gründlich gereinigt und zwei Fenster
erneuert. Vielen Dank!
Mitarbeiter,Praktikanten & Besucher
Im Gartenbau hat Thomas seine Mitarbeit beendet und Marc arbeitet wieder in seinem erlernten
Metall-Beruf. Wir wünschen beiden alles Gute für
die Zukunft!
Marcel hat seine LKW-Führerscheinprüfung
bestanden. Herzlichen Glückwunsch!
Silvana aus der Nähe von Friedrichshafen hat
1 Woche bei uns mitgelebt und -gearbeitet,
ebenso Nils aus Lüdenscheid für 2 Wochen.
Vielen Dank für die Unterstützung!
Mongolei
Während ihrer Reise in die Mongolei
Ende Oktober konnten Dong-Hwan Kim
und Jörg Hübner das Haus der Gefährdetenhilfe in Ulaanbaatar an die Stiftung
„Hope Hospice“ offiziell übergeben. Wir
freuen uns, dass das Haus auch weiterhin
für Menschen in Not offensteht.
Ende Oktober hatten wir internationalen
Besuch: Das Ehepaar Moser von der „Gefährdetenhilfe Ostschweiz“ und Pastor Immanuel &
Familie vom indischen Missionswerk „KSM“ aus
Bangalore. Die Gemeinschaft und der Austausch
haben uns gut getan.
Offizielle Schlüsse
lübergabe
Neuer Erdenbürger
Nachwuchs bei Familie Stehle: Doreen & Eduard
freuen sich mit Simson und Liora über die Geburt
von Kirill Matis. Herzliche Glück- und Segenswünsche!
Das Haus in Ulaanbaatar
7
U
Dietrich Bonhoeffer:
Weihnachten in der Gefängniszelle
von Georg Fischer
Als 1933 in Deutschland die nationalsozialistische Herrschaft begann,
übernahm der 27-jährige Dietrich Bonhoeffer ein deutsches Auslandspfarramt in London. Ein guter Ort, um aus sicherer Entfernung
die Bekennende Kirche in Deutschland und den Widerstand gegen
das Nazi-Regime zu stärken. Doch schon 1935 kehrte er zurück, um
das „illegale“ Predigerseminar in Finkenwalde zu leiten, das drei Jahre
später von der Gestapo geschlossen wurde. Während einer USA-Reise
im Frühsommer 1939 hatte Bonhoeffer wieder die Chance, sich dem
Nazi-Terror und der Verfolgung zu entziehen und dort zu bleiben.
Doch ihm wurde klar: „Ich muß die schwierige Periode unserer nationalen Geschichte mit den Christen Deutschlands durchleben.“ Er kehrte
wieder zurück, erhielt Redeverbot, später Schreibverbot und wurde
schließlich 1943 verhaftet.
„So eine Gefängniszelle ist übrigens ein guter Vergleich für die Adventssituation“, schrieb Bonhoeffer im Dezember 1943. „Man wartet, hofft, tut
dies und jenes – letzten Endes Nebensächliches – die Tür ist verschlossen und kann nur von außen geöffnet werden.“ Für das Weihnachtsfest
formulierte er Gebete für sich und andere Gefangene:
In mir ist es finster, aber bei Dir ist das Licht;
Ich bin einsam, aber Du verläßt mich nicht;
Ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist die Hilfe;
Ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede;
In mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist die Geduld;
Ich verstehe Deine Wege nicht,
aber Du weißt den Weg für mich.
U U
g
Bis zuletzt hoffte er vergeblich, Weihnachten 1943 in Freiheit zu verbringen und schrieb einem Freund: „Ich muss die Gewißheit haben
können, in Gottes Hand und nicht in Menschenhänden zu sein… Du
musst übrigens wissen, dass ich noch keinen Augenblick meine Rückkehr 1939 (aus Amerika) bereut habe… Das geschah in voller Klarheit
und mit bestem Gewissen. Ich will nichts von dem, was sich seit damals
ereignet hat, aus meinem Leben streichen…“
Und über das bevorstehende Fest schrieb er: „Vom Christlichen her gesehen, kann ein Weihnachten in der Gefängniszelle ja kein besonderes
Problem sein. Wahrscheinlich wird in diesem Hause hier von vielen ein
sinnvolleres und echteres Weihnachten gefeiert werden als dort, wo
man nur noch den Namen dieses Festes hat. Daß Elend, Leid, Armut,
Einsamkeit, Hilflosigkeit und Schuld vor den Augen Gottes etwas ganz
anderes bedeuten als im Urteil der Menschen, daß Gott sich gerade
dorthin wendet, wo die Menschen sich abzuwenden pflegen, daß Chris­
tus im Stall geboren wurde, weil er sonst keinen Raum in der Herberge
fand – das begreift ein Gefangener besser als ein anderer und das ist
für ihn wirklich eine frohe Botschaft…“
Ein Jahr später wurde Bonhoeffer in den Berliner Gestapo-Bunker verlegt und im April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet. Den letzten Brief,
den seine Verlobte Maria im Dezember 1944 von ihm erhielt, schloss er
mit „ein paar Versen“, die ihm an den Abenden zuvor eingefallen waren:
Von guten Mächten wunderbar geborgen,
Erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.