Gemeinsam auf Renditejagd

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Gemeinsam auf Renditejagd
38 PRIVATE GELDANLAGE
DIENSTAG, 2. NOVEMBER 2010, Nr. 212
Gemeinsam auf Renditejagd
In über 6 400
Aktionärsclubs sind
Anleger in Deutschland
aktiv – in kleinsten
Vereinen oder
professionell geführten
Investmentclubs.
Bulle vor der Frankfurter Börse: Die großen Investmentclubs werden von Profis gemanagt.
ders aus. Aufpassen sollten Verbraucher auch, dass die Kosten nicht zu
hoch werden. Börsebius kann hier
zwar mit niedrigen Provisionen von
gerade einmal 0,68 Prozent pro Jahr
überzeugen: Bei anderen liegen die
Kosten aber teilweise ähnlich hoch
wie bei klassischen Investmentfonds.
Im Workshop in Köln zur fundamentalen Bewertung von Aktien
nehmen die Hobby-Anleger des ACC
später am Abend die Deutsche BankAktie unter die Lupe. Mit einem eigens entwickelten Verfahren berechnen sie einen fairen Kurs für die Aktie. „Weiterhin unterbewertet“,
stellt Arning fest. Die Aktie sollte im
Portfolio bleiben, die Bezugsrechte
ausgeübt werden.
Der ACC ist in seiner Form einmalig. Dort treffen die Mitglieder die
Entscheidungen nicht nur komplett
selbst, parallel werden diese auch in
einem börsengehandelten Investmentfonds umgesetzt. Das gibt es
sonst nirgendwo in Deutschland.
Zwar legen auch andere Aktienclubs
verschiedene Fonds auf, allerdings
treffen die Entscheidungen dann
fast immer die Fondsverwalter allein.
Die größten Börsenclubs
Bei einigen Clubs machten Banken
die Depots dicht
Klaus Schepers
Köln
Anleger können nicht in allen Clubs
tatsächlich mitbestimmen
„Die Förderung der Aktienkultur ist
eines der Hauptziele der Investmentclubs“, sagt Marc Tüngler von der
Deutschen Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz (DSW). Der DWS
dient als Dachverband für die Investmentclubs – darunter so Große wie
der Hanseatische Anleger Club oder
der Itzehoer Aktien Club (s. Tabelle).
In Deutschland gibt es, trotz diverser Finanzkrisen und einigen Rückschlägen an den Aktienmärkten, immer noch über 6 400 Aktienclubs.
Das sind zwar knapp 500 weniger
als im Jahr 2006, in den letzten beiden Jahren hat sich die Zahl allerdings kaum noch verändert.
Das Spektrum ist breit gefächert:
Es gibt kleine Zweimann-Vereine auf
der Suche nach dem schnellen Geld,
Held7travelstock44
W
er sich bei der Geldanlage nicht von Banken
oder Fonds bevormunden lassen will, aber
auch nicht alleine durch die Finanzwelt irren möchte, kann sich für einen Aktienclub entscheiden. 6 400
gibt es davon in Deutschland.
Zu ihnen zählt auch der „Actien
Club Köln“ (ACC). Etwa 20 Clubmitglieder sind zur monatlichen Anlagesitzung gekommen. Geleitet wird sie
von Dirk Arning, der den Club während seiner Studienzeit vor 17 Jahren
gegründet hat und bis heute Vorsitzender ist.
Bevor die Entscheidungen für das
Club-Depot getroffen werden, gibt
er in zwei Workshops Auskunft darüber, wie sich die Aktienindizes und
Rohstoffpreise in den letzten Wochen entwickelt haben. Fast alle Mitglieder des ACC sind auch mit ihrem
eigenen Depot auf den Aktienmärkten aktiv – Anregungen für das eigene Portfolio holen sie sich im
Club.
Kennzahlen im Vergleich
Performance
seit 1.1.2008 seit 1.1.2010
Mitglieder
verwaltetes
Vermögen in Euro
Mindestanlagesumme in Euro
Gründungsjahr
größter
Aktienfonds
WKN
Börsebius Zentral*
1642
167 430 000
25 000
(und 150 monatlich)
2008
RR Analysis
TopSelect Universal
A0HF4N
-18,51%
4,60%
Hanseatischer
Anleger-Club
4000
120 000 000
keine
1996
HAC World Top-Investors A0M1KG
-10,86%
7,92%
Itzehoer Aktien Club
5314
47 000 000
2500
1998
IAC-Aktien Global
A0M2JB
-11,44% **
4,66%
Münchner
Investment Club
2500
31 000 000
keine
1989
MIC Aktien Plus Fonds
A0NAAB
-15,00%
1,60%
1993
NDAC Invest
A0Q4LK
Name
Niedersächsischer
Aktienclub
800
7 000 000
1 500
(oder 25 monatlich)
Actien Club Coeln
160
6 500 000
keine
1993
ACC Alpha Select AMI
724864
-14,92%
0,92%
Oldenburger Aktienclub
230
2 500 000
5000
2001
Clubdepot
-
-25,34%
5,14%
335 000
1 500
(und 50 monatlich)
1998
Clubdepot
-
-7,72%
6,29%
Radebeuler Actien Club
Handelsblatt
42
*nur für Ärzte und Selbständige; ** im Vergleich zum Auflegungsdatum 15.02.2008; *** im Vergleich zum Auflegungsdatum 04.08.2008
aber auch professionell geführte Investmentclubs mit dem Charakter einer Vermögensverwaltung. Sie alle
Bündeln Geld, um Kosten zu sparen
und Mindestanlagesummen zu erreichen.
Ab einer Anlagesumme von
500 000 Euro oder mehr als 50 Mitgliedern wird das Geschäft der Investmentclubs von der Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (Ba-
Fin) überwacht. Dann muss zwingend auch ein Finanzportfolioverwalter eingesetzt werden – wie bei
Börsebius Zentral. Ein Vermögen
von 170 Mio. Euro wird dort verwaltet – mehr als bei allen anderen Aktienclubs. „Größere Clubs nutzen
den Begriff Investmentclub inzwischen immer öfter auch als Werbung“, kritisiert Marc Tüngler.
„Viele sind aber häufig gar kein In-
-7,46% ***
15,47%
Quellen: Börsenclubs
vestmentclub im klassischen Sinne
mehr.“ Entscheidend sei, ob man als
Anleger selbst noch mitbestimmen
könne.
Bei Börsebius geht das nicht
mehr: Zwar findet ein Mal in der Woche eine Telefonkonferenz statt, in
der die Anleger sich über die aktuellen Änderungen im Portfolio informieren oder Vorschläge machen können, doch Mitbestimmung sieht an-
In Köln ist die Höhe der Fondsanteile eines einzelnen Mitglieds unwichtig, jeder hat eine Stimme. Nur
bestimmte Mindestgrenzen müssen
erreicht werden. Inzwischen liegt
die Anlagesumme bei ungefähr 6,5
Mio. Euro, in den nächsten Jahren
will der Club sogar die Zehnmillionenmarke erreichen.
Köln gehört zu den Positivbeispielen. So gut klappt die Geldanlage
nicht überall. Vor allem kleinere Aktienclubs haben in den letzten Jahren Probleme bekommen, weil Banken die Depots dicht gemacht haben. So erging es auch dem Berliner
„Hexensabbat Club“, einem der damals größten Aktienclubs für
Frauen. Nachdem zum zweiten Mal
binnen kurzer Zeit eine Bank das Depot geschlossen hatte, lösten die
etwa 35 Frauen ihren Club auf der
zehnjährigen Jubiläums-Hauptversammlung auf.
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aktienkultur
Bulle & Bär: Anleger sollten stärker auf die Treibhausgas-Emissionen von Unternehmen achten. Bei
einigen Konzernen drohen die Kosten für Emissionsrechte zur großen Belastung zu werden.
Annika Reinert
Frankfurt
W
as für ein Glück, dass wir
die Wirtschaftskrise hatten! Den meisten Anlegern dürfte so ein Satz sicherlich
nicht über die Lippen gehen, vielleicht aber manchem Umweltschützer.
Wegen der Krise ist Deutschland
seinem Klimaziel für das Jahr 2020
deutlich näher gekommen. Bis dahin sollen die Emissionen von Treibhausgasen 40 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. „Wirtschaftskrise führt zum stärksten Emissionsrückgang seit Gründung der Bundesrepublik“, jubelte jüngst das
Umweltbundesamt: Um 8,4 Pro-
zent sind die Treibhausgasemissionen im vergangenen Jahr gesunken.
In Wirklichkeit war die Wirtschaftskrise aber kein Segen. Gesunken ist zu allererst die Wirtschaftsleistung. Wer weniger produziert,
stößt weniger Schadstoffe aus. Logisch. Der Haken: Wer weniger produziert, investiert auch weniger in
Nachhaltigkeit. Auch logisch. Auf
langfristige Sicht hat die Krise dem
Klima damit wahrscheinlich mehr
geschadet als genützt.
Energie- und Baustoffkonzernen
drohen hohe zusätzliche Kosten
Wie sich die Emissionen entwickeln, ist nicht nur für Umweltschützer, sondern auch für Anleger
interessant. Das Carbon Disclosure
Project, ein Zusammenschluss internationaler Investoren, befragte
kürzlich 200 große deutsche Unternehmen zu ihrer Klimabilanz. Die
Studie zeigt, dass CO2-intensiven Unternehmen große finanzielle Gefahren drohen.
Zwei Drittel der befragten Unternehmen produzierten 2009 im Verhältnis zum Umsatz deutlich mehr
Kohlendioxid (CO2) als im Jahr davor. Oder anders ausgedrückt: Die
Emissionen sind weniger stark gefallen als die Umsätze. Eine höhere
Emissionsintensität kann bei Energiekonzernen oder Baustoffherstellern Riesenlöcher in die Kalkulation reißen, zumal die Kosten für
Emissionsrechte in Zukunft kräftig
steigen sollen.
Beispiel Heidelberg Cement: Für
jede Million Euro Umsatz setzt der
Baustoffkonzern 4,6 Mio. Tonnen
CO2 frei. Interessant ist dabei folgende Rechnung: Beim aktuellen
Preis für zugeteilte Emissionsrechte von 15 Euro pro Tonne CO2,
so die Studie, verpuffen bei Heidelberg Cement 31 Prozent des Gewinns durch Treibhausgaskosten.
Wäre die zweieinhalbfache Gebühr
von 37,50 Euro fällig, was als moderates Szenario für die Umsetzung
der Klimaziele der wichtigsten Industriestaaten (G8) gilt, wären
mehr als drei Viertel des Gewinns
dahin.
Das alles ist eine Modellrechnung. Dass die Mehrkosten tatsächlich irgendwann so in der Bilanz auftauchen, ist unwahrscheinlich.
Doch zeigt es, dass ein Unternehmen mit schlechter Klimastrategie
auf lange Sicht für Investoren eine
gefährliche Anlage ist. Wer als Anleger nur danach schaut, ob jedes
Jahr die Emissionen in Deutschland
die von der Politik gesteckten Ziele
erreichen, übersieht den Kern der
Sache: Unternehmen sollten so aufgestellt sind, dass sie auch bei weltweit wachsender Bevölkerung und
höherem Lebensstandard weder
Klima noch Bilanzen überfordern.
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