Möglicher Zusammenhang zwischen dem Blutgerinnungssystem

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Möglicher Zusammenhang zwischen dem Blutgerinnungssystem
Möglicher Zusammenhang zwischen dem
Blutgerinnungssystem und der Entstehung
von MS
Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein bestimmter Bestandteil des
Blutgerinnungssystems, der Blutgerinnungsfaktor XII (FXII), einen Einfluss auf die Entstehung der
Multiplen Sklerose hat.
Dr. Lutz Achtnichts
Hintergrund
Forscher der Universitäten Duisburg-Essen und Münster entdeckten, dass Mäuse mit einer EAE
genannten Autoimmunerkrankung (Experimentelle Autoimmun-Enzephalitis), die als Modell für
die MS in Menschen dient, deutlich weniger neurologische Ausfallsymptome zeigen, wenn ihnen
das Gen für den Blutgerinnungsfaktor XII fehlt. Ausserdem bildeten diese Mäuse weniger
Interleukin-17A produzierende T-Helferzellen. Von diesem Typ weisser Blutkörperchen ist
bekannt, dass er eine wichtige Rolle in der Entstehung von MS spielt.
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Nicht nur Forschungsergebnisse mit Mäusen wurden untersucht. Klinische Daten von MSBetroffenen haben ebenfalls gezeigt, dass der FXII-Spiegel im Blut während Schüben besonders
hoch ist. Diese Ergebnisse sind überraschend, war doch bisher nur bekannt, dass der
Gerinnungsfaktor XII einen direkten Einfluss auf thrombotische Erkrankungen wie zum Beispiel
Schlaganfälle hat, jedoch nicht, dass er auch in der Entstehung von Autoimmunerkrankungen eine
Rolle spielt.
Eine wichtige weitere Erkenntnis der kürzlich veröffentlichten Resultate ist, dass nicht nur eine
Mutation des Faktors XII zu verringerten neurologischen Ausfällen in Mäusen mit EAE
führte, sondern dass der FXII mit einer Substanz namens Infestin-4 gehemmt werden kann.
Expertenkommentar
Unser Verständnis der biologischen Grundlagen und der Entstehung der Multiplen Sklerose, hat
sich in den letzten Jahren durch eine Vielzahl von Forschungsergebnissen vertieft. Verschiedene
Zellbausteine, für die bisher keine Funktion in der Immunabwehr bekannt war, wurden als
sogenannte Immunmodulatoren identifiziert. Das heisst diese können die Zellen des
Immunsystems beeinflussen und die Immunantwort verändern.
Einer dieser Faktoren scheint der Blutgerinnungsfaktor XII zu sein. Die vorliegende Studie zeigt auf,
dass der Faktor XII nicht nur am Anfang der Blutgerinnung steht, sondern dass er auch bei der
Entstehung der MS mitverantwortlich sein könnte. Dies geschieht, indem er die Entstehung von
entzündungsfördernden TH17 T-Helferzellen begünstigt und so das Gleichgewicht zwischen
entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Zellen beeinflusst. Den Forschern gelang
es, die entzündlichen Vorgänge in Mäusen zu reduzieren, indem sie den Faktor XII mit Infestin-4
hemmten.
Die Grundlagendaten der deutschen Kollegen, aber auch anderer Forschungsgruppen, deuten klar
darauf hin, dass das Blutgerinnungssytem eine Bedeutung in der Entstehung der MS sowie
anderer Autoimmunerkrankungen hat. Möglicherweise können diese Erkenntnisse für die
Entwicklung neuer Therapien genutzt werden. Die Entwicklung neuer Therapieansätze ist jedoch
langwierig und bedarf einer Vielzahl von Experimenten im Labor und klinischer Tests. Deshalb
bleibt es abzuwarten, ob Infestin-4 oder ähnliche Substanzen in der Zukunft therapeutisch genutzt
werden kann.
Reference
Göbel, K. et al., Blood coagulation factor XII drives adaptive immunity during neuroinflammation via CD87mediated modulation of dendritic cells. Nat Commun. 2016 May 18;7:11626. doi: 10.1038/ncomms11626.
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