Die Römer in Bayern

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Die Römer in Bayern
Die Römer in Bayern
Fortbildungslehrgang Nr. 72/392 vom 04.07. – 06.07.2007 / Anlage 15
Seminararbeit von Claudia Martin
Der obergermanisch-rätische Limes
und die Konzeption des
Römermuseums in Weißenburg
Staatliche Berufsoberschule München
Ausbildungsrichtung: Technik
Schuljahr: 2006/2007
Klasse: 13.02
Verfasserin: Claudia Martin
Lehrkraft: Frau Anna Kübel
Die deutsche Limes-Straße
Die Ziffern 1- 61 beschreiben die
römischen Sehenswürdigkeiten
an der Strecke
I. Einleitung
Bis heute wurden 800 Kultur- und Naturdenkmäler zum Welterbe der Menschheit erklärt. Seit
2005 gehört nun auch der obergermanisch-rätische Limes zu ihnen, das zweitlängste Bauwerk
nach der chinesischen Mauer, das heute allerdings nur noch als Bodendenkmal existiert. Als
Vorraussetzung für diese Anerkennung durch die UNESCO galten eine genaue Erfassung und
Dokumentation aller erhaltenen Reste durch die Denkmalpflegebehörden der Limes-AnrainerLänder Bayern, Baden- Württemberg, Hessen und der Rheinland-Pfalz.
Diese bedeutsame Auszeichnung brachte zwar keine finanzielle Förderung mit sich, jedoch
rückte der Limes vor allem durch die Medien ins öffentliche Bewusstsein, so dass sich die
Akzeptanz dieses doch bedeutenden Denkmals vor allem auch international erhöhte. Im
Folgenden soll das Phänomen Limes und der Entwicklung seiner Bedeutsamkeit
nachgegangen werden, wobei im Rahmen der vorliegenden Seminararbeit kein Anspruch auf
Vollständigkeit erhoben werden kann. Da das Limes- Informationszentrum im Weißenburger
Römermuseum als Anlaufstelle und Ausgangspunkt für Touristen und historisch Interessierte
gedacht ist, wurden neben diesem Informationszentrum, dem Römermuseum und dem Limes
auch Stationen im unmittelbaren Umfeld in die vorliegende Untersuchung einbezogen, um
doch ein umfassenderes Bild vom Leben am Limes zu zeichnen.
II. Der obergermanisch-rätische Limes und die Konzeption des
Römermuseums in Weißenburg
1. Allgemeines über den Limes und seine Bedeutung
Der Limes vom Rhein bis zur Donau ist mit seinen 549 km „das größte Bodendenkmal
Deutschlands“, „mit Abstand das größte archäologische Geländedenkmal Mitteleuropas“ und
zugleich eine „technische Glanzleistung“,1 die noch heute die Fachwelt begeistert. Er
überwindet vielfach große Höhenunterschiede, Berge und enge Täler, welche für die antiken
Planer, Architekten und Geometer kaum ernsthafte Hindernisse darstellten. Insgesamt umfasst
er mindestens 900 Türme, auch als Wachposten bezeichnet, über 60 rückwärtig gelegene
Militärlager, die Kastelle, sowie etliche Badeanlagen, sog. Thermen, und Teile von
Zivilsiedlungen, lat. vici.
Der Ausdruck limes „hängt sprachlich gesehen mit den Begriffen (limus = quer) und (limen =
Schwelle) zusammen. Ursprünglich bezeichnete man damit die Bahn, die ein Feld, einen
Wald [...] oder Himmel durchquert“,2 jedoch keine befestigte Landgrenze.
Erst Tacitus verwendete den Ausdruck als Erster für die römische Reichsgrenze selbst, welche
durch zahlreiche Um- und Ausbauphasen geprägt ist. So wurde der einst durch Türme
bewachte Patrouillenweg, während der Reise Kaiser Hadrians 121/122 n. Chr. nach Rätien
mit einer durchgehenden Palisadenwand vor den Holztürmen ausgebaut. Der aus halbierten
Eichenstämmen bestehende Palisadenzaun wurde dann Mitte des
2. Jhd. durch einen Flechtwerkzaun ersetzt. Zugleich erfolgte auch der Bau von dauerhaften
Steintürmen, anstelle der Holztürme. Abschließend wurden - „vermutlich zu Beginn des 3.
Jhd. unter Caracalla im Zusammenhang mit dem Feldzug des Jahres 213 gegen die
Alemannen - die Steintürme durch eine 1,20m breite und 3m hohe Mauer untereinander
verbunden.“3 Dies war wohl der letzte und stärkste Ausbau des obergermanischen-rätischen
Limes.
1
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 8
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 43
3
Verlag A. Beron, Im Weißenburger Land, S. 58
2
2. Entdeckung und Erforschung des Limes durch die Reichs-Limeskommission
Im 18. Jhd. gelang es erstmals Gelehrten wie Johann A. Döderlein aus Weißenburg oder Ernst
C. Hanßelmann aus Öhringen mit Erfolg den Verlauf von „Pfahl“ und „Teufelsmauer“, wie
der Limes sich im Volksmund erhalten hat, festzulegen. Dies war „die Geburt der
systematischen Limesforschung.“4 Einen weiteren Meilenstein in der Erforschung des
römischen Grenzwalles setzte auch die 1892 in Heidelberg gegründete ReichsLimeskommission, welche aus 15 führenden Altertumsforschern bestand, die durchweg
ehrenamtlich tätig waren. An ihrer Spitze stand der Historiker und Nobelpreisträger Theodor
Mommsen, der unermüdlich für die systematische Erforschung des Limes in Deutschland mit
Appellen wie diesen warb: „Solange die Zufälligkeiten hier walten, solange man nur gräbt,
wo zufällig Dilettanten und Geld sich dafür bereit finden, und an anderen Stellen, wo es viel
nötiger
und
aussichtsvoller
wäre,
die
Zerstörungsarbeit
ihren
stillen
Gang
unaufhaltsam weitergeht, solange bleibt diese
Aufgabe der deutschen Geschichtsforschung
ungelöst, und diese am wenigsten können wir
später Generationen vermachen“.5
Nach der Gründung dieser Reichs-Limeskommission, wurde der Limes erstmals
länderübergreifend auf seiner Gesamtlänge
erforscht. Hierfür teilte man ihn in insgesamt 15
Streckenteile auf, d. h. ausgehend von den 5
beteiligten Regierungen Bayern, Hessen, Preußen, Baden und Württemberg in 5 Sektionen zu
je 3 Streckenabschnitten, welche von Westen nach Osten gezählt wurden. Die Wachtürme
wurden ebenfalls nach dem gleichen System durchnummeriert; so bekam der erste Wachturm
die Nummer 1/1 und der letzte die Nummer 15/47.
Für diese Untersuchungen wurden ursprünglich 5 Jahre und 200.000 Reichsmark
veranschlagt, ein Ende fand man jedoch erst im Jahre 1937 mit einem Kostenaufwand von ca.
700.000 Mark. Die daraus entstandenen Ergebnisse (1894-1937) wurden schließlich von
Ernst Fabricius in einem 14-bändigen Monumentalwerk „Der obergermanisch-rätische Limes
im Römerreich“ veröffentlicht. Andreas Thiel schreibt hierzu in seinem Buch: „Dieses
mustergültige Inventar bildet bis heute die Grundlage für die Limesforschung und sicherte ihr
lange einen Spitzenplatz innerhalb der archäologischen Wissenschaft“.6
Nach dem 2. Weltkrieg begann man aufgrund drohender Zerstörung durch Bau-maßnahmen
aufs Neue mit zahlreichen Ausgrabungsarbeiten und stellte schließlich 2003 den Schutz der
Originalsubstanz in den Vordergrund.
3. Methoden der Erforschung und fundamentale Erkenntnisse über die
Vergangenheit
a) Geophysik
Da meist nur noch in den Boden eingegangene Spuren vorhanden sind, wie Fundamente,
Brunnen, Keller und Gräber, lässt sich in jüngster Zeit auf geophysikalische Methoden
4
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 10
Theodor Mommsen, zitiert nach: Andreas Thiel, Wege am Limes, S.9
6
Andreas Thiel, Wege am Limes, S.9
5
zurückgreifen, wie Magnetometer oder Widerstands-kartierung, um kleinste archäologische
Spuren im Untergrund nachweisen zu können.
- Magnetometer:
„Eine der klassischen Aufgaben des Magnetometers ist es, das
Erdmagnetfeld mit seinen Schwankungen zu vermessen. Treten
lokale Abweichungen des Magnetfeldes an der Erdoberfläche auf,
so deutet das auf ferromagnetische Materialien im Untergrund hin.
Diese Störungen können zur Detektion von [...] archäologischen
Strukturen dienen“.7
- Widerstandskartierung:
„Die geoelektrische Widerstandskartierung wird zur räumlichen Abgrenzung spezifischer
Widerstandsunterschiede in einem vorgegebenen Tiefenniveau eingesetzt. Die Leitfähigkeiten
des Untergrundes ändert (!) sich durch unterschiedliche Porenvolumina, Wasserführungen
und Kornverteilungen. Mit dieser Methode können Auffüllungen, Hohlräume und Mauerreste
lokalisiert werden, wenn unterschiedliche Leitfähigkeiten ausgeprägt sind“.8
b) Altersbestimmung/Datierung
Um Grabungsergebnisse zeitlich möglichst genau datieren zu können, greift man auf die
Dendrochronologie zurück sowie auf bestimmte Keramikfunde.
- Dendrochronologie:
Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie das Zählen der Jahres-ringe
bei Bäumen, (dendron = Baum, chronos = Zeit, logos = Lehre).
„Diese Methode der Altersbestimmung von Hölzern vergleicht die Zuwachsraten der
Jahrringmuster und bringt sie in eine kalendarische Folge. In Süddeutschland können dadurch
beispielsweise bis zu 10 000 Jahre alte Eichenfunde datiert werden“.9
- Keramik:
Anhand der Keramikform lässt sich eine Fundstelle bis aufs Jahrzehnt genau bestimmen;
besonders beliebt sind hierbei die sog. terra sigillata-Gefäße. Dieses kräftig orange-rote
Keramikgeschirr, dessen Zusammensetzung trotz chemischer Unter-suchungen bis heute ein
Rätsel bleibt, wurde nur in einer bestimmten Zeitspanne hergestellt.
c) Anthropologie
„Die prähistorische Anthropologie umfasst die Untersuchungen knöcherner Überreste, wie
menschlicher Skelette oder Leichenbrand, der bei Ausgrabungen römischer Friedhöfe in
großen Mengen auftritt, da die Römer ihre Verstorbenen in der Regel verbrannten. In vielen
Fällen lassen sich noch das Sterbealter, Geschlecht, Größe und gegebenenfalls auch
Krankheiten des Bestatteten feststellen“.10
Die häufigsten aufgetretenen Erkrankungen waren Entzündungen in der Mundhöhle, Verlust
von Zähnen, Karies, Fisteln, Zysten durch die kohlenhydratreiche Ernährung, Arthrose und
7
http:// www.wikipedia.org Suche: Magnetometer/Anwendung
http:// www.geologie.uni-freiburg.de/root/projekte/geophysik/muensterschwarzach/abtei.html
9
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S.13
10
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 13
8
Abnutzung der Wirbelsäule durch entbehrungsreiche, harte körperliche Arbeit. Die
durchschnittliche Lebenserwartung lässt sich bei Frauen auf 33 Jahre und bei Männer auf ca.
36 Jahre festlegen, wobei die häufigsten Todesursachen schwere Infektionen, Grippen,
Wundstarrkrampf, innere Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Gallensteine waren, bei Frauen
zusätzlich noch Schwangerschaft und Geburt.
d) Zoologie
Anhand von Tierknochenfunden lässt sich feststellen, dass die Römer schon früh begannen,
Kleintiere mit großen Tieren, wie Ochsen und Stieren, zu kreuzen. Zudem betrieben sie auch
Züchtung von Hühnern, Schafen, Schweinen, Rindern und Ziegen um Fleisch, Leder, Milch,
Eier und Wolle geliefert zu bekommen. Hierbei galten Spanferkel und Huhn als
Festtagsbraten.
Wie beim Menschen lassen sich auch bei den Rindern Abnutzungserscheinungen am Knochen
nachweisen, was belegt, dass diese schon im alten Rom ihren Einsatz als Zugtier fanden.
e) Botanik
„Mit Hilfe der Archäobotanik ist es möglich, Pflanzenreste aus historischen Kulturböden zu
bestimmen, wodurch sich Fragen zur Rekonstruktion von Umwelt und Vegetation
beantworten lassen“.11 Begehrt sind hier Funde von Samen und Früchten aus missglückten
Trockenvorgängen am Herd und vor allem die Funde aus den Latrinen (Toiletten), auch
bekannt als „Schatzkammern für botanische Freunde.“12
Insgesamt nachweisbar sind z. B. Getreidesorten wie Dinkel, Emmer, Gerste und Saatweizen,
Obst- und Nussbäume sowie zahlreiche Gemüsesorten aus dem Garten und Hülsenfrüchte.
f) Umwelt
„Die Pollenanalyse erlaubt vor allem vegetationsgeschichtliche Aussagen“.13 So lässt sich im
Limesgebiet eine intensive Niederwaldnutzung nachweisen, Äcker wurden erweitert und
Waldflächen minimiert, was angesichts des hohen Bau- und Brenn-holzbedarfs nicht
verwunderlich ist. Diese Maßnahmen zogen jedoch eine drastische Veränderung des
Waldbildes mit sich, da die Zahl der Eichen immer mehr sank und der Bestand der Buchen
stetig stieg.
4. Der Alltag am Limes
Der Alltag bestand nicht nur aus militärischem Drill und harter Arbeit, denn Funde von
Wandmalereien, beheizbaren Räumen, exotischen Nahrungsmittelimporten und einer
beachtlichen Ausstattung der Häuser mit Metallgeschirr, Glas und feinen Keramikgeschirr
belegen einen durchaus höheren Lebensstandart, der im Schatten des Limes lebenden
Bevölkerung. Von den Soldaten ist bekannt, dass der Besuch einer Therme ihr körperliches
Wohlbefinden erhöhte und sie auf die Allgegenwart der Götter sehr viel Wert legten.
Letzteres beweist der Schatzfund von Weißenburg mit seinen 16 Götterstatuen und den
Votivtafeln.
a) Die Soldaten und ihre Aufgaben
11
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 12/13
Aushang Römermuseum Weißenburg
13
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 13
12
Am Limes waren zu keiner Zeit römische Legionäre stationiert. „Die eigentliche Sicherung
der Grenze übernahmen Hilfstruppen (Auxilia). Sie rekrutierten sich aus Angehörigen der
unterworfenen Völkerschaften“.14 Der Name der jeweiligen Truppe verweist auf ihre
eigentliche Herkunft; so war z. B. die in Weißenburg stationierte Ala Hispanorum Auriana
ursprünglich aus Spanien. Daneben waren in Rätien noch Truppen von Britannien, der
Niederlande und Gallien stationiert. „Zu den Hilfstruppen gehörten Reitereinheiten (Alae) und
Fußtruppen (Cohortes) von 500 bis 1000 Mann Stärke“.15
Ihre Hauptaufgabe bestand weniger darin, Kampfhandlungen auszuführen, sondern mehr
darin, den Wach- und Patrouillendienst abzuleisten sowie den alltäglichen Pflichten in der
Kaserne wie dem Exerzieren, der Waffenpflege und dem Putzen der Latrinen nachzukommen.
Weitere Aufgaben waren die Beschaffung von Nahrungsmitteln, Baumaterialien, Kleidung
und Waffen. „Eine Legion übernahm gleichzeitig Aufgaben in der Verwaltung, führte
Handwerksbetriebe und besorgte den Bau von öffentlichen Gebäuden und Straßen in der
Provinz“.16
b) Handelstausch und Plünderungen
Nach dem Ausbau des Limes Mitte des 2. Jhd. n. Chr. begann ein intensiver Handelstausch.
„Dass ein blühender Handel mit dem so genannten freien Germanien bestand, bezeugen vor
allem archäologische Bodenfunde außerhalb des römischen Reiches, die mit Sicherheit als
römische Importware anzusprechen sind“.17
Die Germanen waren hauptsächlich an Dingen wie reich verzierten römischen Gewändern,
Spangen, Metallgefäßen, Metall als Rohstoff und qualitätvollem Geschirr interessiert.
Von römischer Seite aus bestand jedoch kaum Handelsbedarf, da weder die Qualität noch der
Geschmack der germanischen Handwerksprodukte der Vorstellung der Römer entsprach. Als
Gegenleistung fingen die Germanen schließlich an, landwirtschaftliche Erzeugnisse wie
Fleisch, Tiere, Felle, Häute, Federn und Honig zu liefern.
Eine Besonderheit hierbei war die in Germanien erfundene Seife.
Nachdem die Germanen jedoch mit dem unzähligen römischen Reichtum in Berührung
gekommen waren, starteten sie Plünderungszüge ins römische Reich. Diese Überfälle führten
schließlich zu innenpolitischen und wirtschaftlichen Problemen und nach Mitte des 3. Jhd.
allmählich zum Niedergang des Limessystems in Obergermanien und Rätien.
„Archäologische Ausgrabungen zeigen zunehmend, dass die Alamannen römische
Siedlungsplätze aufsuchten und sich dort niederließen“.18
5. Das Militär als Wirtschafts- und Integrationsfaktor
Das Militär bot eine überdurchschnittliche Bezahlung und die Möglichkeit eines sozialen
Aufstieges. Dies schaffte Anreiz, sich mit jungen 17 Jahren in die Armee einberufen zu lassen
und brachte zugleich noch eine wirtschaftliche Förderung mit sich, da die Soldaten ihr zur
Verfügung stehendes Geld weiter in Anschaffungen, Freizeitvergnügen oder die Familie
investierten. „Nach 25
Jahren Dienst und ehrenvoller
Entlassung er-hielten sie
und ihre Nachkommen das römische
Bürgerrecht.
Damit
gingen nicht nur steuerliche Vorteile
14
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 64
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 64
16
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 63
17
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 16/17
18
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 22/23
15
einher, sondern auch das Eherecht (Ius conubium), wodurch meistens bereits länger
bestehende Beziehungen rechtlich legitimiert wurden“.19 Es bestand nun zudem die
Möglichkeit, Grund und Boden zu erwerben. Das nach der Dienstzeit ausgehändigte
Militärdiplom ist somit eines der wichtigsten Zeugnisse der römischen Zeit. Es bestand aus 2
Bronzegusstafeln, um einer Fälschung vorzubeugen. Zudem musste der Urkundentext von 7
namentlich aufgeführten Zeugen bestätigt werden.
6. Das Römermuseum von Weißenburg mit Limes-Informationszentrum und seine
Konzeption
Um dem 1979 in Weißenburg gefunden
Römerschatz einen würdigen Ausstellungsrahmen zu geben, wurde 1983 das
Römermuseum in Weißenburg eröffnet. „Das
Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung in München ist in dem Gebäude
einer
Posamenten-Manufaktur
unterge20
bracht“ und hat seinen Schwerpunkt auf die
römische Epoche festgelegt, mit der
Hauptattraktion, dem Römerschatz. Joachim
v.
Elbe schreibt hierzu in seinen Buch „Die
Römer in Deutschland“: „Mit der Ausstellung
des
römischen Schatzfundes von Weißenburg
rückt das Römermuseum Weißenburg in die
Reihe der bedeutenden archäologischen
Sammlungen Deutschlands und darüber
hinaus. Niemand, der sich ein Bild von der
römischen Zivilisation in Deutschland verschaffen will, kann an dieser Ausstellung
vorbeigehen“.21
2005 bekam Weißenburg nach der
Anerkennung des Limes zum Weltkulturerbe, schließlich den Zuschlag für das LimesInformationszentrum in Bayern, „da hier das Denkmal der römischen Geschichte, [durch eine
ausgegrabene Therme, einen einzigartigen Schatzfund und ein teilrekonstruiertes Kastell], auf
Schritt und Tritt zu erleben ist“.22
Infolgedessen wurde nun das Erdgeschoss des Römermuseums für ca. 450.000 Euro zu einer
zentralen Anlaufstelle für Limestouristen in Bayern, dem Limes-Informations-zentrum,
umgebaut. „Auf ca. 200 m2 erhält der Besucher nun einen Überblick über die Attraktionen
am bayerischen Teil des Weltkulturerbes von Aschaffenburg bis Regensburg“.23 Bei seiner
Gestaltung war es laut Helmuth Richter, Museumsdirektor, oberste Priorität, kein normales
Museum, sondern eine informative, repräsentative, Verständnis bringende
und
kinderfreundliche Einrichtung zu schaffen. So begann man die Fenster rechts des
Eingangsbereiches mit einer Lamellenwand abzudecken, auf welcher sich eine gesüdete,
dekorative Karte des römischen Reiches befindet, denn nur durch diese
Darstellungsperspektive ist es dem Besucher möglich, sich der gigantischen Dimension des
Limes bewusst zu werden. Ihr gegenüber, in der Mitte des Raumes, befindet sich die Kasse
19
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 19
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 126/ 127
21
Joachim v. Elbe, zitiert nach: Anonym, 2000 Jahre Weißenburg in Bayern, Weißenburg, Mai 1999, S. 7
22
http://www.br-online.de/land-und-leute/thema/welterbe/welterbe_kanditat_limes.xml
23
http://www.br-online.de/land-und-leute/thema/welterbe/welterbe_kanditat_limes.xml
20
und zugleich die Touristeninformationsstelle, welche mit informativen Prospekten versehen
ist. Um den gesamten Raum zu gliedern, hat man eine Medienwand errichtet, die dem
Besucher einen kurzen informativen Überblick über das Weltkulturerbe bietet sowie
Informationen zu folgenden Themenbereichen: die Eroberung Germaniens, Archäologie,
Streckenführung und Vermessung des Limes, Bauwerke und deren Erscheinungsbild, das
Militär, die zivile Bevölkerung und die Germanen jenseits des Limes. Detailliertere
Informationen sowie z. B. einen nachgebildeten Römerhelm zum Aufsetzen und
Fotografieren findet man in den Schubladen, welche unterhalb der Medienwand eingearbeitet
sind. Rechts des Treppenaufgangs entstand eine Ecke, welche Einblicke in die Forschung und
deren Ergebnisse hinsichtlich des römischen Lebens ermöglicht. Speziell eingegangen wird
hierbei auf geophysikalische Methoden, die Altersbestimmung, Anthropologie, Zoologie,
Botanik und die Umwelt.
Im Nebenraum hinter der Medienwand hat der Besucher nun die Möglichkeit, Modelle von
Kastellen zu begutachten, die auf wissenschaftlich fundierten Ausgrabungen basieren. Sie
sind, soweit möglich, orginalgetreu bis ins Detail nachgestellt und lassen die römische Zeit für
einen kurzen Moment wieder aufleben. Die westliche Fensterwand des Raumes ist ebenfalls
von einer Karte abgedeckt, welche den Limesteilabschnitt durch das Altmühltal abbildet.
Rechts der Modelle befindet sich noch eine Medienecke mit einer kleinen Filmauswahl und
links eine Leseecke mit ausgewählten Büchern zum Thema Limes. Nicht zu vergessen sind
auch die Modelle der Limestürme, welche sich durch das komplette Informationszentrum
ziehen. „Sie sollen zeigen, dass der Limes eine Überwachungsgrenze, eine Art Kulturgrenze
war, aber nicht durchgehend geschlossen. Zudem sollen sie die Weitergabe der Lichtsignale
demonstrieren“24 , so Museumsdirektor Richter.
Edmund Stoiber, bayerischer Ministerpräsident, stellte begeistert fest: „Das neue LimesInformationszentrum ist ein Meilenstein in der Präsentation von Kultur und Leben der Römer
in Bayern. Die Römerstadt Weißenburg stehe nun auf einer Höhe mit den renommiertesten
Limes-Städten in Deutschland“.25
Im 1. Stock des Museumsgebäudes befindet sich eine allgemeine Sammlung; angefangen mit
Vorgeschichtlichem über Weißenburg geht der Rundgang weiter mit Informationen zu den
umliegenden bayerischen Kastellen und zum fränkischen Limes. Auch Einblicke in
Kulturhistorisches wie Lesen und Schreiben sowie in das römische Landleben werden
gegeben. Hervorzuheben ist hierbei die sog. Thermenvitrine, in der all die Gegenstände
ausgestellt sind, die bei den Ausgrabungsarbeiten der Thermenanlage gefunden wurden. Zu
sehen sind u. a. medizinische Geräte, gläserne Ölfläschchen, Schmuck, Fibeln, Haarnadeln,
Spielsteine und Essgeschirr. Zum Schluss lassen sich noch Paraderüstungen und Münzfunde
begutachten.
Der Römerschatz hat seinen Platz im 2. Stock gefunden, wo er ganz für sich steht und
unbeschwert zur Geltung kommen kann. Schon beim Betreten des 2. Obergeschosses wird
man von 3 der insgesamt 16 Götterstatuen in Glasvitrinen und den 11 Votivtafeln, welche sich
in einer großen Wandvitrine befinden, begrüßt. Weiter bekommt man 19 Bronzegefäße, die
Parademasken, 2 Eroten, 18 Bronzebeschläge und ca. 33 eiserne Geräte zu sehen.
7. Der Schatzfund von Weißenburg
Der vor Plünderungen geschützte und ca. 70m südlich der Therme sorgfältig im Erdboden
deponierte Römerschatz wurde am 19.10.1979 beim Anlegen eines Spargelbeetes unverhofft
24
25
Helmuth Richter, Museumsdirektor, Juli 2006
Edumund Stoiber, zitiert nach: http://www.br-online.de/land-und-leute/thema/welterbe/welterbe_
kanditat_limes.xml
wiederentdeckt. In seiner einmaligen Zusammensetzung bildet er den größten und wichtigsten
Schatzfund nördlich der Alpen.
Nach seinen Erwerb durch den Freistaat Bayern gelangte er am 22.04.1980 in den Besitz der
Prähistorischen Staatssammlung in München und konnte schließlich nach
3-jähriger Restaurierung im neu gestalteten Römermuseum Weißenburg der Öffentlichkeit
präsentiert werden.
„Insbesondere sind es 11 silberne Votivbleche mit der Darstellung verschiedener Götter und
16 besonders große und qualitätvolle Bronzefiguren, die den Rang dieses Fundes ausmachen.
Dazu kommen 19 z. T. reich dekorierte Bronzegefäße und Gesichtsmasken von
Paraderüstungen, neben einer großen Anzahl von Geräten und Kult-gegenständen“.26
a) Die Votivbleche
Jedes der 11 Votivbleche ist figürlich verziert, eines von ihnen trägt sogar eine Inschrift.
Ihre Formen sind alle von ähnlichem Typ. „Unten eine
rechteckige bis trapezförmige Platte, welche die Darstellung
der angeflehten Gottheit in Architekturrahmen trägt. [...] Der
obere Aufsatz ist dreigeteilt und besteht aus einem mittleren
dreieckigen Blatt und zwei seitlichen nach unten gebogenen
Blättern“.27 Dargestellt wurden durchweg nur klassische
römische Götter.
Ausgenommen von einer Göttertrias – hier Minerva, Apollo
und Merkur - ist jeweils nur ein Gott auf jedem Votivblech
vorzufinden.
Hierzu gehören:
- Mars:
Er ist der römische Kriegsgott und fand stets große Verehrung bei den Soldaten. Oft wurde er
auch mit „bodenständigen keltischen Gottheiten gleichgesetzt“.28
- Merkur:
Er gilt als „der Götterbote, der Geleiter der Seelen der Verstorbenen und der Schutzherr von
Handel und Verkehr und auch der Diebe“.29 Er fand vor allem in den nördlichen Provinzen
Anerkennung.
- Herkules:
Er ist ebenfalls ein stark verehrter Gott, zu dem v. a. das römische Heer eine enge Beziehung
pflegte. „Auch manche römische Kaiser förderten seinen Kult, ja sahen sich selbst als zweiten
Herkules“.30
- Luna:
Sie ist die Mondgöttin. Man begegnet ihr nur selten und dann meist nur in Verbindung mit
Sol, dem Sonnengott. Beide bilden das „Symbol für den Lebensrhythmus im Wechsel von
Tag und Nacht“.31
26
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, Klapptext
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 13
28
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 13
29
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 13
30
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 15
31
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 15
27
- Fortuna:
Sie ist die Schicksalsgöttin, welche das Wohlgelingen aller privaten und staatlichen
Unternehmen herbeiführen kann.
- Viktoria:
Sie ist „die römische Siegesgöttin und Ausdruck der Weltherrschaft der Römer“.32
b) Die Götterstatuen
„Die technisch wie künstlerisch in höchster Qualität gearbeiteten
Statuetten [...] zählen zu den bedeutendsten römischen Funden
Deutschlands“.33 „Sie stellen in ihrer Größe, Qualität, ihrem
Erhaltungszustand, z. T. auch in ihren Motiven einmalige Stücke
dar“.34Die 16 Bronzestatuen aus Weißenburg zeigen unter
anderem die Götter Jupiter, Juno, Minerva, Apollo, Merkur,
Venus und Herkules. Jede einzelne Statue ist ein Unikat und
verfügt über exakt ausgearbeitete Details. Ihre unterschiedlichen
Fertigungstechniken verraten zudem die Herkunft von verschiedenen Werkstätten.
An der Spitze der römischen Götterhierarchie standen hierbei Jupiter, Juno und Minerva.
Zusammen bildeten sie die kapitolinische Trias, deren Verehrung sich über das komplette
römische Imperium ausbreitete. Jupiter war von den dreien der höchste Gott, der Gottvater,
dem viele Weihungen zu ehren kamen. Sein Symbol ist der Adler auf der Hand und das
doppelte Blitzbündel. An zweiter Stelle stand seine Gattin Juno, die Göttermutter und
zugleich die Hüterin der Familie und der Ehe. Ihre Attribute waren ein Zepter, welches Macht
symbolisierte, ein Diadem im Haar und breite Armbänder aus Gold. An dritter Stelle kam
schließlich Minerva, die Göttin der Weisheit, der Künste und der Kriegsführung. Eine silberne
Lanze in der Hand und ein attischer Helm auf dem Kopf machen sie unverwechselbar.
Der gleich mit zwei Statuen vertretene Apollo ist einerseits der
der Künste und der Anführer des Musenchores. Klassische
Symbole hierfür bilden eine Kithara, ein Lorbeerkranz auf dem
und ein als Sockel dienender Tempel zu seinen Füßen.
Andererseits gilt er auch als Herr über Seuchen und Krankheiten.
Attribute hierfür sind Pfeil und Bogen sowie „vermutlich ein
Ölzweig“.35
Gott
Kopf
Seine
Weiter ist mit drei Figuren der Götterbote Merkur vertreten,
welcher zugleich auch der Gott der Händler und der Diebe war.
Kellner zitiert Caesar in seinen Buch: „Unter allen Göttern
verehren sie (die Kelten) vornehmlich Merkur. Man sieht sehr viel (!) Götterbilder von ihm.
Sie halten ihn für den Erfinder aller Künste und für den Geleiter auf Wegen und Reisen, und
es ist ihre feste Überzeugung, dass er den größten Einfluss auf Geldgewerbe und Handel
hat“.36 Seine Statuetten in den nördlichen Provinzen sind meist durch Geldbeutel, Heroldstab,
Flügelhaube und mit Begleittieren wie Ziege oder Hahn ausgestattet.
32
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 17
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 128
34
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 17
35
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 19
36
Caesar, zitiert nach: Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg,
33
Ebenso oft vertreten ist auch die Göttin Venus, von deren Statuen jede einzelne einen
berühmten Typus verkörpert. Sie steht für Liebe, Anmut, Schönheit, Familie und
Fruchtbarkeit, was sich auch in ihren Attributen wie Amor, Delphine oder Muscheln
ausdrückt.
Obwohl er erst durch das Bestehen von 12 Heldentaten zum Vollgott
wurde, gehörte auch Herkules mit zu den am meisten verehrten
Göttern. Er gilt „als Bezwinger aller Gefahren und Notlagen, als
Helfer im Kampf und sportlichen Wettkampf. Außerdem beschützte er
Reisenden und wachte über die Redlichkeit des Handelsverkehrs“.37
Seine Symbole sind das über den Arm hängende Löwenfell, die Keule
der linken Hand und sein mit Pappelblättern bekränztes Haupt.
die
in
c) Die Parademasken
Die Parademasken sind Teile von prächtigen Rüstungen, welche zu militärischen
Reiterspielen oder Turnieren getragen wurden, jedoch zu keinem richtigen Kampf. Sie
bestanden aus zwei Teilen, einer Gesichtsmaske und einen Hinterkopfhelm. Gefertigt aus
dünnem Bronzeblech wurden sie anschließend reich mit Dekorationen versehen. In
Weißenburg lassen sich noch drei dieser Gesichtsmasken und ein Hinterkopfhelm bestaunen.
d) Bronzegefäße
„Sie zeichnen sich durch ihre technische und künstlerische Qualität und durch ihren
Erhaltungszustand aus“.38 Viele von ihnen tragen auch figürliche Verzierungen. Eines der 19
sehr gut erhaltenen Bronzegefäße ist z. B. „ein großes Becken, mit der Darstellung des
Triumphzuges des Dionysos/Bacchus kombiniert mit der zwischen zwei Pferden sitzenden
Epona“.39 Weiter umfassen sie noch Kannen, Kannenhenkel, Eimer, Siebe, Kessel, Teller und
weitere Schalen.
e) Eisengeräte
Die gefundenen Eisengeräte lassen sich größtenteils in drei Gruppen, in „Küchengeräte“,
„Zubehör zu Pferd und Wagen“ und „Holzbearbeitungsinstrumente“ unterteilen.
Zu den Küchengeräten gehören hier lediglich Objekte, die zum Kochen zu gebrauchen sind,
wie ein Dreifuß, ein Fleischspieß, zwei Randreifen und eine Schaufel.
Dem Bereich Pferd und Wagen ordnete man einen Hufschuh, vier Teile einer Kette, zwei
Ringe mit Beschlagstücken, sowie drei große und drei kleine Achsreifen zu. Diese
Gegenstände gehörten wohl einst zu einem Ersatzteillager einer Wagenschmiede.
Mit den zu den Holzbearbeitungsinstrumenten gehörenden Geräten konnten die wichtigsten
Arbeitsgänge wie Behauen, Spalten, Sägen, Hobeln und Bohren ausgeführt werden, denn man
fand drei Äxte, einen Beitel, eine Säge, ein Hobeleisen und einen Löffelbohrer.
München/ Zürich 1983, S. 21
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 27
38
Hans-Jörg Kellner/ Gisela Zahlhaas, Der römische Schatzfund von Weißenburg, S. 30
39
Wolfgang Czysz, Karlheinz Dietz, Thomas Fischer, Hans-Jörg Kellner, Die Römer in Bayern,
S. 333/334
37
Nicht zu vergessen sind abschließend der eiserne Klappstuhl, die Waage, das Schloss, ein
Schlüssel und kleinere Eisenteile wie ein Nagel oder Ösenstift.
8. Der Limes in Weißenburg und seine Umgebung
a) Das Römerkastell Biriciana in Weißenburg
„In der Tabula Peutingeriana erscheint Weißenburg als (Statio) Biricianis an der Straße von
Theilenhofen nach Pfünz. Hier bestand ab etwa 90 n. Chr. ein Holz-Erde-Kastell auf dem
flach zur Rezat hin abfallenden „Kesselfeld“, dessen Name mit dem lat. Castellum in
Verbindung steht“.40 Hier war schließlich die 500 Mann Stark Ala Hispanorum Auriana
untergebracht.
.
Das Kastell Biriciana ist mit seiner 175 auf 180m großen Fläche fast quadratisch und gehörte
mit seinen ca. 3,1 ha zu den größten Lagern am mittelrätischen Limes.
In der ersten Hälfte des 2. Jhd. erfolgte unter Kaiser Hadrian und Kaiser Antonius Pius
schließlich der Ausbau zum Steinkastell. Hierfür „nutzte man durchweg sorgfältig behauene
Handquader aus Muschelkalk der nahegelegenen Jurahöhen“.41Die Umfassungsmauer des
Kastells weist nun vier Tore mit Tortürmen, je eines in jede Himmelsrichtung, sowie Eckund Zwischentürme auf. Der Mauer vorgelegt waren drei Gräben. Eine weitere Umbauphase
lässt sich noch gegen Ende des 2. Jhd. datieren, bei der die Porta decumana, das Nordtor des
Kastells, mit halbrund vorspringenden Tortürmen verstärkt wurde.
„Das Kastellinnere [war] nach einem festen Schema zwischen regelmäßig verlaufenden
Straßenzügen dicht bebaut“.42 Sichtbar hiervon sind heute noch die Grundmauern sowie der in
der Mitte gelegene Atriumhof mit seinem Brunnen und das 1990 rekonstruierte Nordtor,
welches zu einem Wahrzeichen der Stadt Weißenburg wurde.
Das Ende des Kastells kam schließlich gegen Mitte des 3. Jhd.. „Zerstörungs- und
Brandschichten in fast allen bislang untersuchten Arealen zeugen von einer plötzlich
eintretenden Feuerkatastrophe, die das Kastell und die ausgedehnte Zivilsiedlung vor seinen
Toren traf“ .43
b) Die römische Therme in Weißenburg
40
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 124/125
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 125
42
Verlag A. Beron, Im Weißenburger Land, S. 62
43
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 125
41
Die 1977 bei Bauarbeiten entdeckte Therme befindet sich „rund 130m westlich des Kastells
an der Straße, die vom Westtor, der porta principalis dextra aus zum Kastell Gnotzheim
hinführte“. 44
Die Originalmauern aus Jurakalkstein sind noch bis zu einer Höhe von 2,5m erhalten und
finden seit 1985 Schutz unter einer zeltförmigen Holzdachkonstruktion.
Ebenfalls noch vorhanden sind Badebecken und Stufen aus geschliffenen Solnhofener
Marmorplatten, Reste der Wandmalerei, Teile eines sorgfältig ausgeführten Terrazzo-boden
sowie Reste der Fußbodenheizung, die sog. Hypokaustenanlage (Hypokausten =
Ziegelsäulen), und der mit Hohlziegeln, sog. tubuli, verkleideten Wände, an denen die
erwärmte Luft entlang strömte um Wasser, Luft und Boden zu
erwärmen.
Insgesamt jedoch bestand das sechsmal umgebaute Badegebäude aus einer ca. 320m2 großen
Gymnastikhalle, der basilica, einem Warmbad, dem caldarium, einem Lau-warmbad, dem
tepitarium, einem Kaltbad, dem frigidarium, einem Schwitzbad, dem sudatorium und einem
Umkleideraum , dem apodyterium.
Die Römer nutzten diese Räumlichkeiten vorwiegend zum Reinigen ihres Körpers. Man
widmete sich aber auch der Maniküre und Pediküre sowie dem Gespräch, Spielen, Essen und
Trinken. Daneben wurden kleinere Operationen durchgeführt, wie aufgefundene Skalpelle
beweisen.
Den Frauen war der Gang in die Therme für 1 As (Kupfermünze) Eintritt von Früh bis Mittag
gestattet. Nach einem Wasserwechsel in den Becken hatten schließlich die Männer für nur ½
As Eintritt die Möglichkeit, die Therme von Mittag bis Abend zu nutzen.
Die gesamte Anlage war in den Hang gebaut, da für den täglich zweimaligen
Wasseraustausch noch keine Pumpen vorhanden waren.
c) Der Burgus in Burgsalach
44
Verlag A. Beron, Im Weißenburger Land, S. 62
Der Burgus befindet sich im Waldbezirk Harlach bei Burgsalach und ist einzigartig in ganz
Europa. „Jedoch finden wir ähnliche Anlagen an der einstigen römischen Reichsgrenze in
Nordafrika. Von dort stammt auch die Bezeichnung Centenarium (lat. centum für hundert),
die für Burgsalach ebenfalls verwendet wird“. 45
Der Burgus bildet ein Quadrat mit scharf ausgeprägten Ecken. Seine Seitenlänge beträgt
genau 32,6m, was exakt 100 römischen Fuß entspricht. Auf seiner Südseite befand sich ein
Tor, welches in einem halbkreisförmig zurückgesetzten Vorhof (1) lag. Dahinter befand sich
gleich die Torgasse (2), über der sich ein Wehrturm erhob. Die Räume im Inneren waren
direkt an die Wehrmauer angebaut, so dass sich im Zentrum Platz für einen offenen Innenhof
(3) bot, an den sich ein überdachter Umgang (4) anschloss. „In den Ecken des Hofes fanden
sich zwei Zisternen, so dass die kleine Anlage
nicht auf eine Wasserversorgung von außen
angewiesen
war“.46
Gegenüber
dem
Eingangstor lag ein halbrunder Raum (5), das
Fahnenheiligtum, in welchem die Feldzeichen
der Einheit untergebracht waren. Im großen
Raum (6) links des Einganges befand sich das
Magazin und in dem kleinen Raum (10)
nebenan der Eingang zum Treppen-aufgang.
Rechts des Tores lag ein weiterer großer Raum
(7) mit Keller sowie die Wohnung des
Kommandanten (8, 9, 10). Die sonstigen Räume
(11) waren die Mannschaftsquartiere. Sie waren
jeweils 20 m 2 groß und enthielten je einen aus
Lehm gebauten Herd. Insgesamt bot sich Platz
für ca. 100 Mann.
Die Existenz des Kastells währte jedoch nur
kurze Zeit, da der Burgus in die Spätlimeszeit einzuordnen ist und das Land nördlich der
Donau schließlich 259/260 n. Chr. endgültig von den Alemannen eingenommen wurde.
Der Burgus wurde schließlich erstmals „in den Jahren 1916-1919 systematisch untersucht und
komplett freigelegt. Damals stand das Mauerwerk noch bis zu 2m hoch“.47
d) Das Limeskastell Sablonetum in Ellingen:
Das 80 auf 90m große Numeruskastell in Ellingen wurde 1980-1982 vollständig
archäologisch untersucht und teilrekonstruiert.
Es war bereits in den Regierungsjahren Kaiser Hadrians gegründet worden und „steht
demnach in direktem Zusammenhang mit dem Limesausbau in der Zeit um 115/125 n. Chr“.48
Das einst reine Holzkastell, dessen Bohlenumwehrung ein innerer Erdwall stützte, wurde
schließlich 2 Generationen später mit einer 1,2m
breiten fundamentierten Steinmauer erweitert.
Eine bei Ausgrabungen gefundene Stein-inschrift,
welche über der südlichen Tordurchfahrt
angebracht war, datiert nun den
reinen
Steinausbau des Kastells in das Jahr 182 n. Chr.
„Ab dieser Zeit nahm eine einzelne, 51m lange
und 17m breite Doppel-baracke nahezu den
45
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 128
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 129
47
Andreas Thiel, Wege am Limes, S. 129
48
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 121
46
halben Innenraum ein. Sie besaß insgesamt 24 Schlafräume (Contubernia). Zusammen mit
zwei weiteren Unterkünften bot das Lager ausreichend Platz für rund 250 Soldaten“. 49
Weiter gab die Inschrift aber nicht nur Auskunft über den Ausbau des Kastells, sondern noch
wichtiger über den antiken Namen des Platzes, der mit Sablonetum (lat. am Sand) bezeichnet
wird, und über die dort tätige Truppe. In Ellingen war nämlich kein normaler Numerus
stationiert, sondern die Leibgarde des Statthalters, die pedites singulares.
„Das Numeruskastell Sablonetum blieb bis in die erste Hälfte des 3. Jhd. besetzt. Danach
wurde der Ort offenbar planmäßig geräumt“.50
III. Schlussgedanken
Ein Auszug aus dem Welterbe-Antrag besagt: „Der Verlauf des obergermanisch- rätischen
Limes, der in großen Teilen einer schnurrgeraden Linie folgt, stellt ein Meisterwerk
menschlichen Schöpfergeistes dar“.51
Um eine Vorstellung von diesen Meisterwerk zu erlangen, muss man sich einerseits mit
diesen Bodendenkmal direkt auseinandersetzen, andererseits aber auch mit dem, was in
unmittelbarem Zusammenhang steht, sprich den angegliederten Kastellen, den
Zivilsiedlungen, den Thermen, dem Leben im Schatten dieser Grenzanlage im Allgemeinen.
Dazu bietet das Limes-Informationszentrum in Weißenburg eine ideale Anlaufstelle, denn
dort kann man sich über den Limes in Bayern umfassend und anschaulich informieren.
Zudem bietet das Römermuseum mit seinen Funden aus der Umgebung des römischen
Standorts Biriciana und mit seinem einmaligen Römerschatz dem Besucher einem Einblick
ins römische Alltagsleben, in die römische Glaubenswelt und natürlich ins römische
Militärleben.
Es war wichtig, dass der Limes mit seinen angrenzenden Kastellen zum Weltkulturerbe
ernannt wurde, denn nur so ist es möglich, ihn zu schützen, die römische Geschichte in
Deutschland zu erhalten und den Menschen einen Einblick in die Vergangenheit zu gewähren.
IV. Literaturverzeichnis
49
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 122
Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel, Der Limes, S. 122
51
Aushang im Römermuseum Weißenburg, Zitat aus dem Welterbe-Antrag
50
ANONYM: 2000 Jahre Weißenburg in Bayern, Buchdruckerei W. Lühker Gmbh,
Weißenburg, 2. verb. Auflage, Mai 1999
CZYSZ, Wolfgang u. a.: Die Römer in Bayern, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1995
KELLNER Hans-Jörg, ZAHLHAAS Gisela: Der römische Schatzfund von Weißenburg,
Verlag Schnell & Steiner München, Zürich 1983
LIDL Josef u. a.: Im Weißenburger Land, Verlag Alfred Beron, München 1990,
RABOLD Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße vom Rhein bis zur Donau,
Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000
THIEL Andreas: Wege am Limes, 55 Ausflüge in die Römerzeit, Konrad Theiss Verlag,
Stuttgart 2005
URL: http://www.br-net.de/franken/heimatspiegel/alt/2006/03/060324-limesweißenburg.html
URL: http://www.br-online.de/land-und-leute/thema/welterbe /welterbe_kanditat _limes.xml
URL:http://www.geologie.unifreiburg.de/root/projekte/geophysik/muensterschwarzach/abtei.
html
URL: http://www.wikipedia.org
WEITERE INFORMATIONEN WURDEN BEZOGEN VON
Herrn Helmuth Richter, Museumsdirektor
Frau Ursula Reinhart, Museumsführerin
Aushänge im Römermuseum Weißenburg
V. Bilderverzeichnis:
Deckblatt: Broschüre „Deutsche Limes-Straße“
Abbildung 1, (S. 4): Ausgrabungen der Reichs-Limeskommission in Ober-Florstadt
Rabold Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße von Rhein bis zur Donau,
S. 11
Abbildung 2, (S. 5): magnetische Prospektion des Kastells Ruffenhofen
Prospekt Römerpark Ruffenhofen, nach Herrn Becker
Abbildung 3, (S. 8): Weißenburger Militärdiplom des Boiers Mogetissa (107 n. Chr.)
Anonym: 2000 Jahre Weißenburg in Bayern, S. 9
Abbildung 4, (S. 8): Aufbau des Limes-Informationszentrum Weißenburg
Karte: Bayerisches Limes-Informationszentrum Weißenburg i. Bay.
Abbildung 5, (S. 10): Votivtafel mit der Göttertrias Merkur, Apollo, Minerva
Rabold Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße vom Rhein bis zur Donau, S. 128
Abbildung 6, (S. 11): Die Götterstatue des Merkur
Rabold Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße vom Rhein bis zur Donau, S. 127
Abbildung 7, (S. 12): Die Götterstatue des Apollo
Rabold Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße vom Rhein bis zur Donau, S. 127
Abbildung 8, (S. 12): Die Götterstatue der Venus
Rabold Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße vom Rhein bis zur Donau, S. 128
Abbildung 9, (S. 14): Die Tabula Peutingeriana
Anonym: 2000 Jahre Weißenburg in Bayern, S. 7
Abbildung 10, (S. 15): Die Therme in Weißenburg
Anonym: 2000 Jahre Weißenburg in Bayern, S. 6
Abbildung 11, (S. 16): Grundriss des Burgus in Burgsalach
Lidl Josef u. a.: Im Weißenburger Land, S. 64
Abbildung 12, (S. 16): Rekonstruktion des Kastells Sablonetum in Ellingen
Rabold Britta u. a.: Der Limes. Die Deutsche Limes-Straße vom Rhein bis zur Donau, S. 122
VI. Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die Seminararbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und nur die im
Quellen- bzw. Literaturverzeichnis angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet habe.