Symbiose_files/Symbiose 04-03

Transcrição

Symbiose_files/Symbiose 04-03
Foto: büro conrad©
Foto: Schaper & Brümmer©
EDITORIAL
Die Geschäftsführer der Schaper & Brümmer GmbH & Co. KG
Arne Schaper
Dr. Dirk Reischig
Liebe Leserinnen und Leser,
in den letzten Jahren ist von vielen Seiten vor allem im Zusammenhang der Diskussion über die sogenannte „Positivliste“ darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Ungleichbehandlung von Phytopharmaka gegenüber synthetischen Arzneimitteln nicht nur medizinisch nicht vertretbar sei, sondern auch
teuer. Die Befürchtungen waren realistisch. Zwar ist die Positivliste, bei der pflanzliche Arzneimittel nur im Anhang aufgeführt worden wären, nie Wirklichkeit geworden, ihre Ankündigung hat jedoch viele Medizinerinnen und Mediziner so
verunsichert, dass die Verordnung von Naturstoffarzneimitteln drastisch zurückging. Daher wurde in den letzten Jahren bei leichten und mittelschweren Erkrankungen schon vermehrt mit Kanonen auf Spatzen geschossen – mit allen
negativen Folgen für die Gesundheit der Patienten und die Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen.
Leider ist daraus niemand von denen klug geworden, die an den neuen Gesetzen gebastelt haben.
Da das, was Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt Reform nennt, die Erstattung von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbietet – was für beinahe
alle pflanzlichen Präparate gelten wird – werden die negativen Folgen noch
gravierender sein. Es ist nämlich nicht zu erwarten, dass sich an der vom Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller ermittelten Tatsache, dass mehr als 90
Prozent aller Arztbesuche zu einer Verordnung führen, etwas ändern wird. Ferner
ist wenig wahrscheinlich, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten ihren
Arzt nicht um ein Arzneimittel bittet, das erstattet wird.
Zwar besitzen Phythopharmaka in der deutschen Bevölkerung eine sehr hohe
Akzeptanz, aber die häufig geäußerte Bereitschaft, sie auch aus eigener Tasche
bezahlen zu wollen, muss als theoretisch gewertet werden, da sie während der
Umfragen ja noch erstattet wurden. Ob diese Bereitschaft vor dem Hintergrund
der für den Patienten negativen Folgen der Gesundheitsreform und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage hoch sein wird, darf für die überschaubare Zukunft bezweifelt werden.
Das Gesundheitsministerium hofft, mit der Herausnahme der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel die gesetzlichen Krankenkassen um eine Milliarde Euro entlasten zu können. Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Da pflanzliche Arneimittel erheblich günstiger sind als syntetische, gehen Fachleute von
Mehrausgaben von weit mehr als einer Milliarde Euro aus, selbst wenn nur die
Hälfte der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel ersetzt würden.
3
EDITORIAL
Da sich kein vernünftiger Mensch gegen sinnvolle Sparmaßnahmen wendet, kommt es darauf an, diese sehr wahrscheinlich negative Entwicklung
im Sinne der Patientengesundheit und der Sozialausgaben positiv zu verändern. An erster Stelle ist hier die Ärzteschaft gefordert, aber auch die
Apothekerinnen und Apotheker können hierbei beratend eine wichtige
Rolle spielen. Wir werden das Unsrige dazu beitragen.
Trotz aller Schwierigkeiten, mit denen wir im neuen Jahr rechnen müssen,
richten wir den Blick zuversichtlich nach vorn, da wir trotzallem an die Kraft
guter Argumente glauben.
Während unserer 80-jährigen Firmengeschichte hat das Unternehmen
zahlreiche schwierige Probleme erfolgreich gemeistert. Das gibt uns Zuversicht! Der vierte Teil der Firmengeschichte über die Jahre 1980 bis 2003,
den Sie in dieser Ausgabe lesen können, ist daher nur vorläufig der letzte.
In fünf Jahren werden wir Ihnen berichten, wie es weitergegangen ist.
Für einen aktiven Winterurlaub ohne Erkältung hat die Symbiose-Redaktion ein paar Tipps zusammengestellt, die sicher auch für die Beratung von
Nutzen sind.
Ein Portrait des Mediziners, Alchimisten, Apothekers , Astronomen, Idealisten, Mystikers und Schriftstellers Philippus Aureolus von Hohenheim, der sich
auch Theophrastus Bombastus vor allem aber Paracelsus nannte, zeichnet Angelika Schaller.
Christel Stahn-Heise hat für Sie das vorweihnachtliche Dresden besucht.
Voller Geschichten und Vorschläge ist sie in die Redaktion zurückgekehrt,
um Ihnen zu erzählen, was man auf dem berühmten „Striezelmarkt“ und
an anderen Orten des wiedererstehenden Elbflorenz erleben und unternehmen kann.
Claus Conrad war auch in Dresden und berichtet über eines der spannensten Wiederaufbauprojekte in der sächsischen Landeshauptstadt. Entstehung und Rekonstruktion der Frauenkirche sind nicht nur ein großes kulturelles Thema, sondern auch eine nicht ganz alltägliche Geschichte über
Bürgersinn und Spendenbereitschaft.
Wiederaufgebaut wurde auch das Taschenbergpalais. Es war Schauplatz
sehr weltlicher sächsischer Geschichte. Wenn Staatsmänner und Königinnen die großen Suiten des heutigen Luxushotels bewohnen, kann es
durchaus sein, dass hier wieder Geschichte geschrieben wird. Im Vordergrund stehen jetzt jedoch Wohlbefinden und Genuss.
Barbara de Marie hat Jörg Mergner, dem Chefkoch des Hotels Taschenbergpalais, in die Töpfe schauen dürfen. Das Symbiose-Menü aus Dresden ist sicher auch auf Ihrer Tafel ein vorweihnachtlicher oder weihnachtlicher Höhepunkt.
Ihnen und Ihren Familien wünschen wir eine festliche und fröhliche Weihnachtszeit! Im neuen Jahr möge Ihnen Glück, Gesundheit und Erfolg beschieden sein.
Mit freundlichen Grüßen aus Ringelheim
Arne Schaper
4
Dr. Dirk Reischig
Foto: project photos©
INHALT
FIRMENGESCHICHTE
Claus Conrad:
80 Jahre Schaper & Brümmer
Teil 4: 1980–2003
PHYTOPHARMAKA
Claus Conrad:
Wintersport ohne Erkältung
GESUNDHEIT
Angelika Schaller:
Paracelsus
13 - 15
17 - 21
UNTERWEGS
Christel Stahn-Heise:
Der Striezelmarkt in Dresden
KULTUR
Claus Conrad:
Auferstanden aus Ruinen –
die Frauenkirche
EMPFEHLUNG
Claus Conrad:
Kempinski Hotel Taschenbergpalais
KOCHEN
Barbara de Marie:
Jörg Mergner kocht
5
6 - 12
23 - 26
27 - 30
31 - 34
35 - 37
BUCHTIPP
Handbuch der Klosterheilkunde
von Gottfried Mayer, Bernhard Uehleke und
Pater Kilian Saum, OSB
38 - 39
PREISRÄTSEL
Drei Fragen an aufmerksame Leserinnen und Leser
40
FIRMENGESCHICHTE
Foto: Frank Burhenne
von Claus Conrad
6
Die wirtschaftliche Entwicklung der
achtziger Jahre unterlag starken konjunkturellen Schwankungen. Obwohl
sich das reale Wirtschaftswachstum
bis zum Ende der siebziger Jahre wieder einigermaßen stabilisiert hatte,
sackte es 1980 auf 1,8 und 1981 auf 0,2 Prozent ab. Die Regierung Kohl
konnte ab 1982 zwar im Zuge einer
konjunkturellen Erholung zuerst wirtschaftliche Erfolge vorweisen, geriet
aber gegen Ende der Dekade auch in
ökonomische Probleme, deren Konsequenzen durch den beginnenden deutschen Einigungsprozess allerdings
vorerst verdeckt wurden. Stark belastend wirkte sich die Zahl der Arbeitslosen aus, die 1983 bei 2,3 Millionen
lag, sich 1985 auf 2,6 Millionen steigerte und 1989 unter die 2 MillionenGrenze sank. Entsprechend hoch waren die jährlichen Belastungen, die
1982 bereits bei rund 115 Mrd. € la-
Teil 4: 1980–2003
gen. Nun war die Arbeitslosenstatistik
kein Barometer des wirtschaftlichen
Erfolges oder Misserfolges, denn die
hohe Arbeitslosigkeit war zu einem
guten Teil der Preis des Fortschritts:
Automatisierung in der Fertigung und
Datenverarbeitung in der Verwaltung
setzten hunderttausende Arbeitskräfte
frei. Die hohen und weiter ansteigenden Kosten der sozialen Sicherung
und die verminderte Arbeitszeit bei
vollem Lohnausgleich – ab 1983 wurde die 38-Stunden-Woche auch in der
Chemischen Industrie eingeführt – be-
schleunigten diesen Prozess der technologischen Wende.
Niedersachsen wurde von den strukturellen Veränderungen stark betroffen,
denn die Krise im Schiffbau, die einherging mit Massenentlassungen und
Firmenstillegungen, traf vor allem die
Küstenländer. In Niedersachsen lag
der prozentuale Anteil der Arbeitslosen stets etwas höher als im Bundesdurchschnitt. Vor diesem Hintergrund
wundert nicht, dass die ständig steigenden Ausgaben der gesetzlichen
Krankenversicherung von Politik und
FIRMENGESCHICHTE
Wirtschaft aufgrund der stetig steigenden Kosten für Arbeitgeber und -nehmer als drückend empfunden wurden,
da sie einerseits Kaufkraft abschöpften und andererseits die Wettbewerbsfähigkeit einer exportorientierten
Wirtschaft negativ beeinflussten.
GESUNDHEITSREFORMEN
Die Behauptung einer „Kostenexplosion im Gesundheitswesen“ wurde bei
näherer Betrachtung der Zahlen nachvollziehbar: Die Kosten stiegen von
8,9 Milliarden 1960 auf 23,8 Milliarden 1970 weiter über 97,2 Milliarden
1985 auf 134 Milliarden 1990, was eine jährliche Steigerung von 9 % seit
1970 bedeutete. Alarmierend war diese Entwicklung, da die Beitragseinnahmen nur durch die ständige Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ausreichten, um die erbrachten Leistungen des Gesundheitswesens zu bezahlen. Daher wurden verschiedene Kostendämpfungsgesetze verabschiedet,
um das Sozialversicherungssystem zu
stabilisieren. Das wichtigste Einzelgesetz war das „KrankenversicherungsKostendämpfungsgesetz“ von 1977.
Es führte eine „Verordnungsblatt-Gebühr“ (Rezeptgebühr) und die Einrichtung einer „Konzertierten Aktion“
im Gesundheitswesen ein. Zur weiteren Kostendämpfung wurde ein Preislistenvergleich beschlossen und der
Auftrag zur Erstellung einer „Negativliste“, die „unwirtschaftliche“ Arzneimittel ausschloss, in Auftrag gegeben.
Mit Wirkung vom 1. April 1983 wurden durch die Negativliste z. B. die
Erstattung von Abführmitteln, Grippemitteln und von Mitteln gegen Reisekrankheiten ausgeschlossen. Damit
wurde jedoch die problematische Kostenentwicklung nicht wirksam gestoppt.
Die „Gesundheitsreform“ war der
nächste Versuch, das System der Gesetzlichen Krankenversicherung zu sanieren. Die politischen Bemühungen
lösten heftige sozialpolitische Diskussionen aus. „Wettbewerbsfähigkeit“
und „Solidarität“ waren die polarisierenden Schlagworte. Der Begriff „Gesundheitsreform“ wurde zum Wort des
7
Jahres 1988. Mit dem „Gesundheitsreform-Gesetz“ wurde am 1. Januar
1989 die erste Stufe der Reform in
Kraft gesetzt. Die wesentliche Neuerung war die Einführung von „Festbeträgen“, also der Festlegung von Erstattungsobergrenzen für wirkstoffgleiche Präparate. Vom „Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen“ wurde
eine Erstattungshöhe festgelegt, die
von den Krankenkassen übernommen
wurde. Überstieg der Preis eines Präparates den Festbetrag, so hatte die
Patientin oder der Patient die Differenz selbst zu bezahlen. Das Gesundheitsreform-Gesetz war im ersten Jahr
durchaus erfolgreich, denn es konnte
ein Ausgabenrückgang im Arzneimittelbereich von 3 Prozent festgestellt
werden. 1990 stiegen die Ausgaben
allerdings erneut um 8,6 Prozent an.
GENERIKA
Die Einführung der Festbeträge führte zu einem massiven Preiskampf der
einzelnen Anbieter unterhalb der festgelegten Erstattungshöhe. Da erschienen die Generika als Ausweg. Es war
zu erwarten, dass die Ärzte aufgrund
des Wirtschaftlichkeitsgebotes verstärkt diese günstigeren Nachahmerprodukte verordnen würden. Hans
Henning Schaper sah hier bereits Anfang der achtziger Jahre eine Chance,
Schaper & Brümmer einen zweiten
chemisch-syntetischen orientierten
Generika-Markt neben den NaturstoffPräparaten zu eröffnen. Es wurden daher einige chemisch-synthetische Produkte hergestellt, die von einem
eigens dafür geschaffenen Außendienst vertrieben wurden. Obwohl die
Schaper & Brümmer-Generika preislich im unteren Segment lagen, entwickelte sich ihr Absatz nicht zufrieden
stellend. Der Erfolg der Generika- Linie war wohl deshalb so mäßig, weil
die anerkannte Kompetenz von Schaper & Brümmer auf dem Feld der
Phytopharmaka nicht auf die chemisch-synthetischen Produkte übertragen wurde. Man zog in Ringelheim
die Konsequenzen und stellte die Produktion und den Vertrieb der Generika 1985 ein.
QUALITÄT, WIRKSAMKEIT UND
UNBEDENKLICHKEIT
Die 80er Jahre waren in der Forschung gekennzeichnet durch die Auswirkungen des „Gesetzes über den
Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz)“ von 1976:
„Es ist der Zweck dieses Gesetzes, im
Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von Mensch und
Tier für die Sicherheit im Verkehr mit
Arzneimitteln, insbesondere für die
Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel (...) zu sorgen“ (§ 1 AMG)
Die konkreten Forderungen des Arzneimittelgesetzes waren den entsprechenden Arzneimittel-Prüfrichtlinien
zu entnehmen. Prof. Dr. Götz Harnischfeger, damals Leiter des Hauptbereichs Pharmazie von Schaper &
Brümmer, hat 1997 knapp die Inhalte
dieser Richtlinien erläutert:
„Hierin wurde eine weitgehende Aufklärung von arzneilich wirksamen Inhaltsstoffen sowie eine dokumentierfähige Fertigung, Beschaffung von
Ausgangsmaterialien und Entwicklung spezifischer Kontrollmechanismen gefordert.“
Die Befolgung der Arzneimittel-Prüfrichtlinien war aufwendig und teuer.
Für diejenigen Arzneimittel, die sich
vor dem Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes auf dem Markt befanden –
und das waren beinahe alle Präparate
von Schaper & Brümmer – musste eine Nachzulassung erfolgen. Für klinische Untersuchungen waren Kosten in
Millionenhöhe aufzubringen.
Es ist daher bemerkenswert, dass ein
mittelständisches Unternehmen wie
Schaper & Brümmer trotz der ebenfalls aufwendigen und teuren ständigen Qualitätskontrolle der laufenden
Produktion auch unerforschte, aber
auch bekannte Arzneipflanzen auf
wirksame Inhaltsstoffe untersuchte.
Die qualitativen Anforderungen waren
dabei so hoch, dass über 90 Prozent
aller untersuchten Wirkstoffe ausschieden. Bei Erfolg bedurfte es etwa
10 bis 12 Jahre weiterer intensiver
Forschung bis zur Zulassung als Arzneimittel.
FIRMENGESCHICHTE
KOOPERATION MIT NAMHAFTEN
FORSCHUNGSEINRICHTUNGEN
Zu den Forschungsaktivitäten von
Schaper & Brümmer in den achtziger
Jahren gehörte auch die Kooperation
mit namhaften Forschungseinrichtungen im In- und Ausland. So begann
1989 auf der Basis vorangegangener
Forschungen in vier Teilprojekten, an
denen Schaper & Brümmer die Federführung hatte, ein Technologietransferprojekt zur Entwicklung eines „In
vitro Kulturverfahrens“ für die Arzneipflanze „Baptisia tinctoria (L.) R.
Br.“ und für die Erstellung eines Konzeptes zum Massenanbau dieser nordamerikanischen
Heilpflanze
in
Deutsch- land mit dem „Institut für
Angewandte Botanik der Universität
Hamburg“, das in den 90er Jahren erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Bei den vier vorangegangenen Teilprojekten „Chemie“, „Experimentelle
Medizin und Biologie“, „Drogenanalytik“ und „Angewandte Botanik“ gab
es eine Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Göttingen,
der Duke University in Durham NC
und der University of Cincinnati. Der
Grund für die Beschäftigung mit der
Heilpflanze Baptisia tinctoria (L.)
R.Br. war der große Erfolg von Esberitox® und die Anforderungen des
Arzneimittelgesetzes von 1976. Diese
betrafen auch Baptisia tinctoria, über
die es zu diesem Zeitpunkt relativ wenig gesicherte Erkenntnisse gab. Bei
der Ausgangsdroge Baptisiae tinctoriae radix ging es vornehmlich um das
Problem der langfristigen Sicherung
der Beschaffung bei steigender Nachfrage von Esberitox®, da die Ernte (5 t
jährlich), die bisher ausschließlich aus
Wildsammlungen stammte, weltweit
zu 80 bis 90 Prozent bei Schaper &
Brümmer in Ringelheim verarbeitet
wurde. Etwa ab 1988 erkannte man,
dass ein Anbau in Deutschland aus
wirtschaftlichem Zwang heraus unumgänglich war. Im Heidedorf Solkau
wird Baptisia seit 1994 durch das Institut für Pflanzenkultur erfolgreich
angebaut. Schaper & Brümmer investierte in das Baptisia-Projekt 2,86
Millionen €.
8
DAS BAUEN GEHT WEITER
Die notwendige Verstärkung der Forschung machte eine erneute Erweiterung des Forschungsbereiches notwendig. Die Trelementbauten wurden
abgerissen und an ihrer Stelle entstand
ein neues, dreistöckiges Gebäude, das
bis heute unverändert blieb. Ferner erhielt die Frontpartie zwischen 1988
und ‘89 ihre heutige Gestalt. Es entstand ein neues Treppenhaus und eine
Galerie, welche den Forschungstrakt
mit den Hauptgebäuden verband. Damit einher ging auch eine neue innere
Gestaltung des Eingangsbereiches als
großzügiges Foyer des Hauses Schaper & Brümmer. Der Verbindungsbau
zwischen Herstellungstrakt und Verwaltung erhielt ein drittes Stockwerk
mit weiteren Büros und einem Konferenzraum. 1997 wird dann auf dieser
Ebene auch der Geschäftsführungsbereich in neuer innenarchitektonischer
Gestalt entstehen.
ERFOLG IST KEIN ZUFALL
Trotz der Gesundheitsreform und des
Gesundheitsreform-Gesetzes entwickelte sich der Umsatz von Schaper &
Brümmer gut. Mit rund 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steigerte
sich der Umsatz von 20 Millionen €
im Jahr 1983 auf 26 Millionen € 1989,
also um über 25 Prozent. Unter schwieriger werdenden gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen war ein
solcher Erfolg nur mit besonderen Anstrengungen zu erzielen. Schaper &
Brümmer beteiligte sich wie bisher an
Messen und Ausstellungen und qualifi- zierte den Außendienst, der seine
personell notwendige Stärke (70-75
Personen) bereits in den siebziger Jahren erreicht hatte, durch intensive
Schulungen.
Die gesundheitspolitische Diskussion
unter dem Stichwort „Kostenexplosion“ hatte dem Image der Pharmaindustrie schwer geschadet. Es war gelungen, sie in den Augen der Bevölkerung für die Kostensteigerung im
Gesundheitswesen – 1989 belief sich
der Anteil der Kosten auf 9,6 Prozent
des Bruttosozialprodukts – verantwortlich zu machen, während sich die
„res publica“ weitgehend handlungsunfähig zeigte. Am Ende der Dekade
wurden die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie immerhin von 83
Prozent der Öffentlichkeit abgelehnt,
was eine Meisterleistung in der Steuerung der öffentlichen Meinung bedeutete, da etwa dem gleichen Prozentsatz (87%) die Produkte dieses
Industriezweigs höchst willkommen
waren.
Schaper & Brümmer bemühte sich daher verstärkt um Vertrauen und Verständnis in der Öffentlichkeit. Während die wissenschaftlich ausgerichtete „Biologische Umschau“, deren
Erscheinen 1988 eingestellt worden
war, sich vor allem an die Ärzteschaft
wandte, konzipierte man Ende der
achtziger Jahre eine Alternative mit
Breitenwirkung: die „Symbiose“. Ihr
erster Jahrgang erschien 1989. Erscheinungsbild und Konzept wurden
seitdem zielgruppenorientiert mehrfach überarbeitet. Auch die erste Imagebroschüre des Hauses Schaper &
Brümmer gehörte mit zum Public Relations-Programm. Die Broschüre mit
dem Motto der Firma als Titel „Naturstoff-Forschung und Therapie“, das
sich am Ende der Dekade in „Naturstoff-Forschung für die Therapie“
wandelte, stellte das Unternehmen
„von allen Seiten“ vor. In acht Kapiteln wurde von der „Kommunikationsbis zur Indikations-Seite“ vorgestellt,
was Schaper & Brümmer für die Gesundheit tat. Bis heute wurden drei
weitere Imagebroschüren aufgelegt.
Die letzte Version mit dem Titel „natürlich gut“ erschien im Sommer 1997
und knüpfte in ihrer ausführlichen
Darstellung der Tätigkeitsfelder von
Schaper & Brümmer wieder an die erste Broschüre an. Da bewegte Bilder
mit Musik und Text weit eindrucksvoller sind als reich bebilderte Printmedien, entschloss man sich bei Schaper & Brümmer zu einem Imagefilm,
der die Bezüge zwischen Forschung,
Herstellung und Qualitätskontrolle zusammenhängend darstellen sollte. Der
erste Schaper & Brümmer-Film mit
dem Titel „Retorte Natur“ hatte 1987
Premiere. Ihm folgte 1992 „Arznei-
FIRMENGESCHICHTE
mittel aus Ringelheim“ und 1997 der
Film „natürlich gut“, welcher den Bogen vom Heilpflanzenanbau bis zum
Export spannte. Er wurde 2003 überarbeitet und aktualisiert.
In die Anzeigenwerbung hielt Ende
der achtziger Jahre die Kunst Einzug.
Das Wesen der jeweiligen Präparate
sollte durch ein zusätzliches Bild versinnbildlicht werden. Bis heute haben
sich die Bilder verändert, nicht jedoch
der Grundgedanke, die nützliche Wirkung zu visualisieren. Nicht nur die
Informationsbroschüren, die den Ärzten und Apothekern die einzelnen Produkte vorstellten, sowie die Werbemedien, die für den OTC-Bereich
werben sollten, wurden in diesem Sinne gestaltet, sondern auch die vermehrten Anzeigenschaltungen in Zeitschriften und Magazinen.
DIE DEUTSCHE EINHEIT
UND DIE FOLGEN
Am 3. Oktober 1990 trat die DDR der
Bundesrepublik Deutschland bei.
Bund und Länder beschlossen einen
Fonds „Deutsche Einheit“ in Höhe
von 59 Milliarden €. Man kann sagen,
dass Niedersachsen unter dem Strich
von der deutschen Wiedervereinigung
profitierte. Besonders begünstigt wurden das Dienstleistungsgewerbe, die
Konsumgüterindustrie sowie das Baugewerbe und dessen Zulieferer. Ab
1993 kamen jedoch keine nennenswerten konjunkturellen Impulse mehr
aus den neuen Bundesländern, da der
Konsumstau abgebaut werden konnte
und die Erstausstattung mit langlebigen Gütern aus dem Westen erreicht
wurde.
DRAMATISCHE ÄNDERUNG
1992 schlug Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) vor, die
Kostenexplosion im Gesundheitswesen durch Einsparungen in Höhe von
5,7 Milliarden € mittels einer neuen
„Gesundheitsreform“ zu dämpfen, die
an die Stelle der von Norbert Blüm
(CDU) initiierten Reform von 1989
treten sollte. Die Bonner Regierungskoalition und die oppositionelle SPD
begannen daraufhin die Diskussion
9
über ein „Gesundheitsstruktur-Gesetz
(GSG)“. Am 1. Januar 1993 trat es in
Kraft und führte für die Pharmaindustrie zu dramatischen Änderungen, da
es eine Budgetierung aller medizinischen Leistungsbereiche einführte.
Bezogen auf die Arzneimittel bedeutete dies das Einfrieren der möglichen
Ausgaben auf dem Niveau von 1991.
Die Ärztinnen und Ärzte durften also
nur noch Arzneimittel bis zu der Höhe
verordnen, die ihnen 1991 zur Verfügung stand. Mehrverordnungen sollten
zu Lasten ihres eigenen Honorars gehen.
Die bis dahin ungebrochen positive
Entwicklung des Unternehmens wurde jäh unterbrochen, denn Schaper &
Brümmer musste einen Umsatzrückgang im Inland von 6 Prozent gegenüber dem Wirtschaftsjahr 1992 hinnehmen.
DOPPELGLEISIGE STRATEGIE
Arne Schaper, der Schaper & Brümmer gemeinsam mit Hannelore Kracke führte, hat die Reaktion des Unternehmens auf die Finanzprobleme des
Sozialversicherungssystems in der
Firmenbroschüre 1997 so beschrieben:
„Schaper & Brümmer zog daraus die
Konsequenz, den Selbstmedikationsbereich intensiv auszubauen. Diese
strategische Entscheidung brachte den
gewünschten Erfolg: der Anteil der
vom Patienten selbst gekauften Arzneimittel liegt heute bei rund 50 Prozent vom Gesamtumsatz. Die doppelgleisige Strategie der Bearbeitung des
Verordnungs- und des Selbstmedikationsmarktes führte auch zur Steigerung des Gesamtumsatzes von Schaper & Brümmer.“
1994 konnte der Umsatzeinbruch wieder ausgeglichen werden.
Export übernahm. Ab Januar 1995
wurden alle Aktivitäten aufgrund einer
organisatorischen Neuordnung direkt
aus Ringelheim wahrgenommen.
Das Unternehmen wurde deshalb in
fünf Hauptbereiche umgegliedert: Marketing/ Vertrieb, Forschung und Entwicklung, Medizin, Pharmazie und
Verwaltung. Hinzukamen die Stabsabteilungen: Recht, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Qualitätssicherung, Zulassung, Einkauf, Technik und Umwelt sowie Controlling. Alle Abteilungen unterstanden direkt der Geschäftsführung.
Durch den rechtzeitigen Aufbau des
kaufmännischen Außendienstes – im
OTC-Bereich arbeiteten Mitte der
90er Jahre 16 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter – konnte der Selbstmedikationsbereich forciert ausgebaut werden. Der Verordnungsbereich wurde
von 58 Pharmareferentinnen und -referenten betreut. Insgesamt beschäftigte Schaper & Brümmer 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
ZUGPFERD EXPORT
Der Export gewann immer mehr an
Bedeutung. Arzneimittel aus Ringelheim wurden und werden in fast alle
europäischen Länder geliefert. Die
Produkte von Schaper & Brümmer
waren und sind in Süd- Mittel- und
Nordamerika ebenso wie in Japan,
Hongkong, Süd-Korea, Taiwan und in
Australien begehrte Arzneimittel. Die
erste Registrierung für den chinesischen Markt wurde im Februar 1994
Für Esberitox® N erteilt. Damit ist
Schaper & Brümmer der erste westliche Phytopharmaka-Hersteller, dem
die Registrierung eines pflanzlichen
Arzneimittels in VR China gelungen
ist. Neben dem Vertrieb eigener Produkte vergab Schaper & Brümmer Lizenzen an ausländische Partnerfirmen.
STRUKTURELLE ANPASSUNG
Bereits 1990 hatte Schaper & Brümmer das Tochterunternehmen „plantapharmazie
Vertriebsgesellschaft
mbH“ in Göttingen gegründet, das neben der Betreuung von Patenten, den
Bereich der vom Patienten selbst gekauften Arzneimittel (OTC) und den
DEFIZITE IM SYSTEM DER
KRANKENVERSICHERUNGEN
In den alten Bundesländern belief sich
der Negativsaldo 1991 im Arzneimittelbereich auf 2,86 Milliarden €, 1992
bereits auf 4,55 Milliarden €. Ein Bündel von Maßnahmen sollte der defizi-
FIRMENGESCHICHTE
tären Entwicklung entgegenwirken.
So wurde für 1993/94 vorgeschrieben,
die Hersteller-Abgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf
95 Prozent und für nicht verschreibungspflichtige Präparate auf 98 Prozent der am 1. Mai 1992 geltenden
Preise abzusenken („Preismoratorium“).
Für die neuen Bundesländer galt vom
1. April 1992 bis Ende 1993 eine Preisabsenkung von zuerst 22 Prozent, die
dann auf 20 Prozent verändert wurde.
Zu den geringeren Preisen trat das restriktive Verordnungsverhalten der Ärzteschaft, die sich durch die im Gesundheitsstruktur-Gesetz vorgeschriebenen Ausgleichszahlungen bei Budgetüberschreitung bedroht sahen. Eine
dramatische Wende nahm diese Vorschrift, als sich insbesondere in den
neuen Bundesländern 1995/96 herausstellte, dass das Arzneimittelbudget
nicht ausreichte. Überschreitungen
konnten nicht ausbleiben. Darauf reagierten die Krankenkassen mit Einbehalt von den Arzthonoraren. In diesem
Zusammenhang empfahl die „Kassenärztliche Bundesvereinigung“ (KBV)
im 3. Quartal 1996 den Vertragsärzten
dringend, auf die Verordnung sogenannter „umstrittener“ Arzneimittel zu
verzichten. Mangels eigener Ausarbeitungen bediente man sich des „Arzneimittelreports ‘96“. In diesem umstrittenen Report wurde eine Aufstellung von über vierzig Indikationsgebieten veröffentlicht, aus denen auf
die Verordnung von Arzneimitteln
nach Ansicht der Pharmakologen völlig verzichtet werden könne, da sie
„Arzneimittel mit umstrittener Wirksamkeit“ wären. In diesen Arzneimittelgruppen waren vor allem pflanzliche Arzneimittel enthalten. Die erfolgreiche Therapie mit diesen Arzneimitteln – teilweise über Jahrzehnte
– ließen die Pharmakologen dabei
nicht gelten. Aufgrund der Befürchtung vieler Ärztinnen und Ärzte, wegen
der Verordnung angeblich „umstrittener“ Arzneimittel in Regress genommen zu werden, fand eine Hinwendung zu angeblich „unumstrittenen“
innovativen – aber meist sehr teuren –
Medikamenten statt. Die Folge war,
10
dass trotz Preisstabilität und zurückgehender Verordnung der Arzneimittelumsatz bundesweit anstieg, wovon
hauptsächlich die Großindustrie profitierte. Die Verschreibung teurer innovativer Arzneimittel stellte nicht nur
eine Verteuerung der Behandlung,
sondern vielfach auch eine Übertherapie mit teilweise überflüssigen Nebenwirkungen für den Patienten dar.
BITTERE FOLGEN
Die positive Umsatzentwicklung von
Schaper & Brümmer, die sich über die
Mitte der neunziger Jahre fortsetzt –
1995 kann eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr von 12,8 Prozent
realisiert werden, 1996 ist mit einem
weltweiten Umsatz von rund 48 Millionen € (davon 6 Mio. € im Ausland)
das bislang erfolgreichste Geschäftsjahr in der Geschichte des Unternehmens – wurde durch die Vorgehensweise der KBV 1997 jäh gestoppt. Am
19.08.1997 besuchte der damalige
niedersächsische Ministerpräsident
Gerhard Schröder auf seiner „Sommerreise“ im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes auch das Unternehmen
Schaper & Brümmer. Henning Fahrenkamp, seinerzeit Stabsabteilungsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, informierte bei dieser Gelegenheit den Ministerpräsidenten darüber,
dass das sogenannte „Notprogramm“
der KBV den überwiegend mittelständischen Naturarznei-Herstellern schade. Am Beispiel von Schaper & Brümmer erläuterte Fahrenkamp, dass die
Empfehlung, nur noch auf der „Positivliste“ vermerkte Arzneimittel zu verordnen, in den ersten sieben Monaten
des Geschäftsjahres 1997 Umsatzeinbußen auf dem Inlandmarkt von 24,6
Prozent gegenüber 1996 zur Folge gehabt hätte. Ende des Jahres stand fest,
dass der Umsatz um 16 Millionen
gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen war. Erfreulich war das „Gastgeschenk“ von Ministerpräsident Schröder. Das Unternehmen erhielt einen
Zuwendungsbescheid über 700.000,DM für Forschungsinvestitionen aus
Mitteln der „Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe.“
SCHEINBARER
AUSGABENRÜCKGANG
Am 10.03.1998 meldete zwar der federführende Bundesverband der Betriebskrankenkassen, dass die Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel zum ersten Mal seit 1992 gesunken wären (In Westen um 4,1 Prozent, im Osten im 6,8 Prozent), räumte aber ein, dass die Ausgabenminderung auf die höheren Zuzahlungen der
Patienten zurückgehe. Mit rund 3,6
Milliarden € (1997: 2,81 Mrd. €,
1996: 1,53 Mrd. €), die für 1998 erwartet worden seien, würden die Patienten rund ein Fünftel der Ausgaben
für Medikamente aus eigener Tasche
zahlen.
GENERATIONSWECHSEL
Nicht nur in der Politik regieren die
„Enkel“, auch bei Schaper & Brümmer hat der Generationswechsel stattgefunden. Durch den plötzlichen Tod
von Hans-Henning Schaper am 24. Juni 1991 wurde sein Sohn Arne zu seinem designierten Nachfolger in der
Leitung des Unternehmens. Da der
Dipl. Ökonom jedoch zu diesem Zeitpunkt noch Erfahrungen in einem anderen Pharmaunternehmen sammelte,
entstand ein „Interregnum“. Frau Hannelore Kracke, bis 2000 neben Arne
Schaper Geschäftsführerin des Unternehmens, trat damals die Geschäftsführung an. Anlässlich ihres 65. Geburtstages wurde Hannelore Kracke
nach 46 Arbeitsjahren mit einem glänzenden Fest verabschiedet. Nachdem
Arne Schaper etwa anderthalb Jahren
die Geschäftsführung des Tochterunternehmens „plantapharmazie“ innehatte, übernahm der Enkel Erich
Schapers am 4. Mai 1994 die Leitung
des Familienunternehmens als Geschäftsführender Gesellschafter
DAS FÜHRENDE NICHT-KONZERNGEBUNDENE UNTERNEHMEN
Den Stellenwert der Innovationsfähigkeit von Schaper & Brümmer für das
Unternehmen hat Dr. Johannes Freudenstein, Hauptbereichsleiter Forschung und Entwicklung, in einem
Vortrag im Juli 1997 verdeutlicht:
FIRMENGESCHICHTE
„Schaper & Brümmer gehört zu den
traditionsreichen forschenden Unternehmen des deutschen pharmazeutischen Mittelstandes und hat parallel
zum Wachstum des Gesamtunternehmens auch die Forschungsaktivitäten
kontinuierlich ausgebaut. Mittlerweile existieren zwei Hauptbereiche, die
sich mit der Entwicklung neuer Präparate und der Verbesserung der bereits
im Markt befindlichen Arzneimittel
beschäftigen. Der Hauptbereich Forschung & Entwicklung bearbeitet
sämtliche präklinische Fragestellungen, also all die Untersuchungen von
der Wirkstofffindung über die Pharmakologie und Toxikologie bis zur
Entwicklung einer geeigneten Darreichungsform. Die klinische Erforschung eines Arzneimittels, beginnend
mit der ersten Verträglichkeitsprüfung
am Menschen über die Dosisfindung
bis hin zum Wirksamkeitsnachweis
durch große klinische Studien wird
betreut vom Hauptbereich Medizin.
Im Vergleich zu früher ist die Aufgabenstellung – ein neues Arzneimittel
zu entwickeln – heute so komplex,
dass sie nur noch von Teams aus hochspezialisierten Wissenschaftlern der
unterschiedlichsten Disziplinen gelöst
werden kann. Den Medizinern, Tiermedizinern, Apothekern, Chemikern,
Ingenieuren und Biologen unseres
Unternehmens stehen jährlich etwa 10
Mio. DM (5,1 Mio. €) zur Verfügung,
also mehr als 10% des derzeitigen
Umsatzes. Die Ergebnisse dieser intensiven Forschung sind in einer Vielzahl von Publikationen dokumentiert.
(...) In einer offiziellen Statistik wurden die Patente aus den Jahren 19901994 erfasst, an denen niedersächsische Erfinder beteiligt waren. Insgesamt belegt Schaper und Brümmer mit
7 Patenten in diesem Zeitraum den
vierten Platz. Berücksichtigt man nur
die niedersächsischen Unternehmen,
so liegen wir hinter der Kali-Chemie
in Hannover auf dem stolzen Platz 2
und sind damit das führende nichtkonzerngebundene Unternehmen.“
Zum 75. Geburtstag ist Schaper &
Brümmer in einer zukunftsfähigen
Ausgangsposition.
11
75 JAHRE SCHAPER UND BRÜMMER
REFORMEN MIT NEBENWIRKUNGEN
Mehr als 120 Persönlichkeiten aus
Wirtschaft, Politik und Kultur waren
der Einladung der Geschäftsführung
von Schaper und Brümmer gefolgt,
um am 1. April 1998 das 75jährige
Firmenjubiläum zu feiern. In der zu
diesem Anlass erschienenen umfangreichen Festschrift schrieb Arne Schaper:
„75 Jahre Schaper & Brümmer ist eine
Erfolgsgeschichte aller Mitwirkenden.
Der Blick zurück ist nicht nostalgisch,
sondern dient der Orientierung. Für
uns hat am 1. April 1998 die Zukunft
bereits begonnen.“ Vorausschauend
analysierte er die Entwicklung im
deutschen Gesundheitswesen: Sie „...
wird sich, vor allem auf dem Verordnungsmarkt, nicht verbessern. ... Wir
werden die Selbstmedikationslinie
weiter konsequent ausbauen und vor
allen Dingen aufgrund der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen,
die in Deutschland herrschen, auch
den Export unserer Arzneimittel weiter forcieren.“
Von den politischen Vertretern aus
Stadt und Land wurde das Unternehmen als wichtiger regionaler Wirtschaftsfaktor, der aus der industriellen
Monostruktur Salzgitters wohltuend
herausrage, gelobt. Den Festvortrag
„Pflanzliche Arzneimittel : Vom Patienten bevorzugt, vom Arzt benötigt“
hielt der Vorstandsvorsitzende des
Bundesverbandes der Pharmazeutische Industrie (BPI) Professor Hans
Rüdiger Vogel. Er warnte vor der Diskriminierung pflanzlicher Arzneimittel, denn gerade mit diesen patientenfreundlichen Präparaten könne eine
auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvolle Therapie durchgeführt werden.
Dr. Jochen Wilkens, Geschäftsführer
des Arbeitgeberverbandes der Chemischen Industrie Niedersachsens e.V.
machte deutlich, dass das Verschreibungsverhalten niedergelassener Ärzte seit der Gesundheitsreform zugunsten chemischer Präparate in krassem
Gegensatz zur intensiv betriebenen
Naturstoffforschung an den niedersächsischen Universitäten stehe.
Arne Schaper sollte Recht behalten –
die Lage wurde in der Tat nicht besser.
Die Folgen der verschiedenen gesundheitspolitischen Reform-Ansätze vor
und nach der Jahrtausendwende wirkten sich negativ auf die Umsatzentwicklung von Schaper & Brümmer
aus. Nachdem das am 4. November
1999 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesundheitsreformgesetz
von Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer im Bundesrat einstimmig
abgelehnt worden war, wurde am 16.
Dezember 1999 nur noch das als „Reform“ beschlossen, was nicht der Zustimmungspflicht des Bundesrates
unterlag. Weder die Neuordnung der
Krankenhaus-Finanzierung noch das
Globalbudget wurden so Wirklichkeit.
Stattdessen blieb es bei den voneinander abgeschotteten Budgets, deren
Ausstattung eine ordnungsgemäße
Pharmakotherapie der Bevölkerung
nicht gestattete. Ferner sah das Gesetz
die Einführung einer Positivliste vor,
bei der besondere Therapierichtungen
nur im Anhang aufgeführt werden
sollten. Obwohl diese Liste nie Gesetzeskraft erlangte – ein Gesetzentwurf
der Bundesregierung wird im Vorfeld
der Verhandlungen zwischen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt
und MdB Horst Seehofer (CSU) gestoppt werden, entwickelte ihre Ankündigung fatale Folgen. Die ärztlichen Verordnungen von Phytopharmaka gingen merklich zurück. Das
Beitragssatzsicherungsgesetz
(BSSichG), das am 1. Januar dieses
Jahres in Kraft trat, zwang Apotheken,
Pharmaindustrie und Großhandel, 1,4
Milliarden Euro des sich auf rund 2,4
Milliarden Euro belaufenden Defizits
des Gesundheitssystems über Rabatte
zu finanzieren. Die Apotheken, deren
Rohertrag durch die Reimport-Quote,
die Aut-idem-Regelung und Rabatterhöhung um ein Prozent im 1. Halbjahr
2002 bereits um 40 Millionen € gesunken war, mussten den gesetzlichen
Krankenkassen ab 2003 sechs- bis
zehnprozentige Rabatte einräumen.
Der Großhandel wurde mit drei Prozent Rabatt für rezeptpflichtige Fertig-
FIRMENGESCHICHTE
arzneimittel und die Pharmaindustrie
mit sechs Prozent Rabatt auf den Herstellerabgabepreis belastet.
KLEINE FEIER
Westfälische Tradition
und Behaglichkeit mit
modernem Komfort
Was bis zum 80. Geburtstag von
Schaper & Brümmer über das für
2004 geplante Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) als „Eckpunkte“ bekannt wurde, ließ keine ausgelassene Feststimmung aufkommen.
Da die Konsequenzen aus dem Reformvorhaben zu erahnen waren, fand
nur eine interne Feier statt.
NEUE STRATEGIEN
Erholsame Ruhe mit
Landhaus-Charme
Ausgezeichnete
regionale Küche mit
mediterranem Esprit
Besonderes Ambiente
durch Antiquitäten und
moderne Kunst
Stilvolles Restaurant mit 80 Plätzen
Biergarten und Terrasse
Mittag- und Abendkarte, Nachmittags Kaffee
25 individuelle Hotelzimmer mit Bad oder
Dusche, Telefon und Farbfernseher
Feste und Tagungen für 8 bis 80 Personen
Dorfstraße 11 • 44549 Ladbergen
Tel. 05485 | 93 93 0 • Fax. 054 85 | 93 93 92
E-mail: [email protected]
www.gastwirt.de
Um sich weiter erfolgreich am Markt
zu behaupten, konzentrierte man sich
seit 2001 neben der Pflege der Produktklassiker auf die Facharztgruppe
der Gynäkologen. Diese Entscheidung
führte zum Verkauf der drei Cystinol®-Präparate an das Unternehmen
Hoyer-Madaus, das sich auf Urologie
spezialisiert hat. Die Pflege der Esberitox®-Familie schloss sogar einen
Fernsehwerbespot ein, der erstmals im
Winterhalbjahr 2001/02 über die Sender lief. Esberitox® N entwickelte
sich zum Marktführer seiner Indikation in Deutschland. Dass gute Pflege
Nachwuchs einschließt, belegte die
Entwicklung des neuen Mitglieds der
Esberitox®-Familie, die Esberitox®
mono Brausetablette. Sie wurde Anfang 2002 eingeführt. Erfolgreich war
auch die Erschließung des Marktes für
gynäkologische Präparate. Remifemin® wurde nicht nur das in Deutschland meist verkaufte pflanzliche Arzneimittel in dieser Indikation, sondern
seine Bedeutung nahm und nimmt
auch im Ausland zu. So hat Remifemin® z. B. in Australien die Marktführerschaft erobert. Am 1. Juni 2003
wird Remicalcin+D3 als sinnvolle Ergänzung zu Remifemin® und Remifemin® plus auf den Markt gebracht
werden. Dieses neue Präparat stellt
während der Wechseljahre die optimale Versorgung mit Calcium und Vitamin D3 sicher und schützt so vor
Osteoporose.
EXPORT, DER RICHTIGE WEG
2003 werden 18 verschiedene Arzneimittel von Ringelheim aus weltweit
verkauft. Seit 1997 konnten durch den
Stabsbereich „Zulassung“ über 30 Registrierungen im Ausland erwirkt werden. Mit Ausnahme Afrikas sind die
Produkte von Schaper & Brümmer auf
allen Kontinenten vertreten. Der inter-
nationale Vertrieb geschieht in vielen
Ländern mit Vertriebspartnern. Im Dezember 1999 schloss Schaper &
Brümmer mit SmithKline Beecham,
dem nach der Fusion mit Glaxo größten Pharmakonzern der Welt einen
Vertrag über die Vermarktung von Remifemin® in den Vereinigten Staaten.
NEUE STRUKTUREN
Seit dem 75. Geburtstag wurden auch
die inneren Strukturen auf der Basis
einer Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Seit
Juni 2002 gibt es nur noch 4 Stabsbereiche und vier Geschäftsbereiche, um
so flexibler handeln und schneller entscheiden zu können.
F+ E, DIE ZUKUNFTSGARANTEN
Erfolgreiche Forschung und eine
marktfähige Entwicklung sind die
Voraussetzung für Produkte, welche
die Zukunft eines Unternehmens sichern. Ein gutes Beispiel dafür ist die
neue, erfolgversprechende Entwicklung zur Migräneprophylaxe aus Mutterkraut (Tanacetum parthenium), die
schon 1987 begonnen wurde. Die im
Januar 2003 beendeten klinischen Prüfungen zeigten, dass der patentierte
Mutterkraut-CO2-Extrakt von Schaper & Brümmer die Häufigkeit der
Migräneattacken stark betroffener Patienten bei regelmäßiger Einnahme
um durchschnittlich zwei Anfälle pro
Monat senkt. Die Wirksamkeit ist vergleichbar mit den derzeit von der deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) für die Prophylaxe
empfohlenen chemisch definierten
Migränemitteln, wobei sich der Mutterkraut-Extrakt durch besonders geringe Nebenwirkungen und gute Verträglichkeit auszeichnet. Die Zulassung des neuen pflanzlichen Migräneprophylaktikums wird in Kürze beim
BfArM beantragt worden.
Eine stolze Leistung für ein mittelständischen Familienunternehmen, die
zeigt, dass Schaper & Brümmer genügend innovatives Potential besitzt, um
die Zukunft trotz aller Probleme erfolgreich zu meistern.
PHYTOPHARMAKA
Foto: project photos©
Wintersport
ohne Erkältung
von Claus Conrad
Ob Abfahrt, Langlauf oder Snowboarden: Skifahren steht hoch im
Kurs. Aktive Erholung an der frischen Höhenluft, der AdrenalinKick bei Talfahrten, das Erlebnis der
Bergwelt und die Geselligkeit auf
der Hütte machen Skifahren zum
beliebten Wintervergnügen.
SPIELVERDERBER ERKÄLTUNG
Leicht kann eine Erkältung den Freizeit- oder Ferienspaß im Schnee
gründlich verderben.
Die kaltfeuchte Luft in den Höhenlagen reizt nicht nur die Schleimhäute der Atemwege, sondern
verschlechtert gleichzeitig ihre
Durchblutung. Ist die Blutzufuhr imSchleimhautgewebe jedoch reduziert, so gelangen dorthin auch weniger Abwehrzellen. Schnupfenviren, die bei feucht-kalter Witterung besonders angriffslustig sind,
haben so beste Chancen, ein neues Opfer zu finden.
„Besonders infektgefährdet sind Skifahrer, die ihrem Körper nach einer
längeren Pause gleich zu viel zumuten ...“, so Prof. Dr. med. Gerhard Uhlenbruck, Immunbiologe an
der Universität Köln. Durch „... die
ungewohnte Belastung und die Klimaumstellung kommt es leicht zu
einer Überforderung, die auch das
Immunsystem beeinträchtigt. Um
einer Erkältung keinen Vorschub zu
leisten, sollte man sich deshalb
beim Wintersport nicht völlig auspowern und auf ausreichende Erholungsphasen achten...“, empfiehlt der Immunbiologe.
13
Fotos: project photos ©
PHYTOPHARMAKA
Willkommen!
Bienvenue!
Wellcome!
Foto: project photos ©
ÜBERANSTRENGUNG SCHADET
Gerade zu Beginn eines Skiurlaubs
sollte man vorsichtig sein und Übertreibungen vermeiden. Der Körper
braucht etwas Zeit, um sich an das
anstrengende Höhenklima zu gewöhnen.
Aus diesem Grund sollte man lieber
auf die eine oder andere Abfahrt
verzichten und stattdessen durch
die winterliche Landschaft spazieren. Das fördert die Entspannung
und erleichtert auch für das Immunsystem die Umstellung.
Genuss, Luxus, Tradition,
Wellness, Ruhe und Wohlbefinden
vor der Kulisse der
Chiemgauer Bergwelt
Erfüllen Sie sich diesen Traum
in der
Kirchplatz 1 • 83229 Aschau
Tel.: 08052 - 179 00 • Fax.: 08052 - 17 99 66
E-mail: [email protected]
www.residenz-heinz-winkler.de
MODERATES
AUSDAUERTRAINING HILFT
Um dem Verletzungsrisiko vorzubeugen und um fit am Wintersportort anzukommen, empfiehlt sich eine gezielte Vorbereitung, die besonders dann maßvoll betrieben
werden sollte, wenn man nicht das
ganze Jahr über Sport treibt.
Wie intensiv man sich sportlich vorbereiten kann, ohne sich zuviel zu
zumuten, hängt nicht zuletzt vom
persönlichen Fitnesszustand ab. Anfänger beginnen am besten mit
Trainingseinheiten von 20 bis 30 Minuten, die dann langsam erhöht
werden.
Ideal für das Immunsystem sind drei
bis vier Stunden moderates Ausdauertraining pro Woche verteilt
auf drei bis vier Einheiten. Das Motto „viel hilft viel“ ist keine geeignete
Methode, um Kondition und Fitness
zu steigern. Nur ein ausgewogenes
Trainingsprogramm kann die Leistungskraft erhöhen.
ANSTRENGUNG UND RUHE
Eine zentrale Rolle spielt bei jeder
sportlichen Betätigung das richtige
Verhältnis von Anstrengung und Ruhe.
Besonders ambitionierte Sportler
müssen daher auf genügend Erholungspausen achten, in denen sich
Körper und Immunsystem regenerieren können.
Nach extremen Langzeitbelastungen, wie zum Beispiel einem Marathonlauf, benötigt die Immunabwehr etwa 24 Stunden, um wieder
ihre volle Leistungsfähigkeit zu erreichen.
Was für die Vorbereitung richtig ist,
gilt auch für den Wintersport. Der
Skipass ist kein hinreichender
Grund, unbedingt auch die letzte
Abfahrt noch mitzunehmen. Gönnen Sie sich hin und wieder einen
erholsamen Blick auf die Landschaft, sie ist es in der Regel wert!
Auch eine Ruhepause bei sonnigem Wetter im Liegestuhl vor der
Hütte ist kein Zeichen von Schlaffheit, sondern von sportlicher Vernunft – vom Vergnügen ganz abgesehen.
TROCKEN UND WARM
Die Skibekleidung, oft in erster Linie
nach modischen Kriterien ausgewählt, sollte vor allem warm und
trocken halten, um Unterkühlungen
zu vermeiden. Der häufige Wechsel
zwischen Eiseskälte draußen und
bulliger Wärme drinnen, stellt eine
hohe Belastung für Körper und Immunsystem dar.
PHYTOPHARMAKA
Foto: Schaper & Brümmer ©
Damit man nicht ins Schwitzen
kommt oder anfängt zu frieren, ist
es ratsam, sich nach dem Zwiebelprinzip kleiden.
Wer bereits einige Wochen vor
dem Urlaub regelmäßig in die Sauna geht, kann den Körper auf die
häufigen Temperaturwechsel vorbereiten und stärkt damit auch seine Abwehrkräfte.
Die in der Regel trockene Heizungsluft in den Wintersporthotels macht
das Problem des Temperatur- und
Klimawechsels nicht gerade kleiner.
ABWEHRSTARK
IN DEN WINTERSPORT
Um das Immunsystem gezielt winterfit zu machen, hilft die pflanzliche Immunstimulation mit der Kombination aus Wildem Indigo, Lebensbaum und Sonnenhut. Dieses
spezielle Präparat (Esberitox® N aus
der Apotheke) erhöht die Zahl der
Abwehrzellen und steigert ihre Aktivität. Darüber hinaus wirken die
pflanzlichen Inhaltsstoffe auch di-
rekt gegen Schnupfenviren. Bei ersten Anzeichen einer Erkältung eingenommen, sorgt das Arzneimittel
außerdem dafür, dass die Beschwerden weniger stark ausgeprägt sind und schneller überwunden werden.
Das neue Mitglied der Esberitox®Familie, die Esberitox® mono Brausetablette, ist ein praktischer Begleiter in den Wintersport. Zubereitungen aus dem roten Sonnenhut
werden seit Jahrhunderten für die
Stimulation des Immunsystems bei
Erkältungen genutzt. Der standardisierte Wirkstoff aus den oberirdischen Teilen des Sonnenhutes ist in
Esberitox® mono enthalten.
Förderkreis Immunschutz
Usinger Straße 1
61273 Wehrheim
Telefon 0 60 81 | 98 34 34
Telefax 0 60 81 | 98 34 44
www.immunschutz.de
IMMUNSCHUTZ-INFORMATIONEN
Weitere Informationen zum Thema:
„Stärkung der Abwehrkräfte“ erhalten Sie beim Förderkreis Immunschutz.
Dort können Sie auch Informationsbroschüren zum Thema „Immunabwehr“ bestellen.
Pflichttexte zu Esberitox® N,
Esberitox® mono und
Esberitox® mono Brausetablette
unter
www.schaper-bruemmer.com
15
Fotos: project photos ©
GESUNDHEIT
Angelika Schaller
Paracelsus
ALLEIN UND FREMD UND ANDERS
Nichts ist leichter und schwerer zugleich als Paracelsus (1493–1541)
zu beschreiben. Eine überquellende Literaturflut verstellt gelegentlich
den Blick, so dass unter anderem
Intuition in der Beschäftigung mit
dem Allroundgenie gefragt ist. Vor
unserem geistigen Auge steht ein
Mann voller Widersprüche und Rebellion. Idealist und Individualist,
Mediziner und Mystiker, Alchimist
und Apotheker, Autor und Astronom – das alles war Paracelsus
gleichzeitig. Dazu hoch begabt,
gar nicht konziliant und dennoch
ein friedlicher Geist. Und: Als Feindbild erster Güte pflegte er seinerseits Feindbilder mit Ausdauer und
Hingabe.
SPRENGSTOFF
Die Apotheker hatten nichts zu lachen: Als „Suppenwüst- und Sudelköche“ hatte Paracelsus sie beschimpft und vehement agitiert:
„Die Sudlerei, wie die Mompelierischen Apotheker handeln ist keine
Kunst, sondern Sudelwerk mit ihren
Sudelküchen“. Und weiter: „Also
auch die Apotheker und etliche
Barbierer, nehmen sich der Arznei
an, halten und wollten als wäre es
ein Holzwagen, gehen in der Arznei
um wider ihr eigen Gewissen, vergessen ihre eigenen Seelen, allein
das sie reich werden, Haus und Hof
und alles was dazu gehört zu rich-
17
ten und aufputzen: Achten nit,
dass es unverdient in ihre Hand
kommen ist allein wenn es nur da
ist.“
Starker Tobak, der nicht gerade auf
enthusiastische Gegenliebe stieß.
Sämtliche Ressentiments regten
sich. Da kam ein einfacher und leidenschaftlicher Wanderarzt daher,
der vorgab, in Ferrara zum „Doctor
utriusque medicinae“ promoviert
worden zu sein, zugleich dem Galenismus abschwor und – Gipfel der
Dreistigkeit – nicht nur mit den Arzneimitteln aus dem „Regnum minerale“ heilte, sondern mit allerlei
Wundermitteln, ja selbst mit Hilfe
von Dämonen. Und der die bis dahin gängige Humoralpathologie
(also die Vier-Säfte-Lehre) nicht
mehr als die einzig selig machende
Lehre bei der Heilung von Krankheiten ins Kalkül zog. Stattdessen,
so die Forderung des Dubiosen, solle man im „Buch der Natur“ lesen,
um daraus effektiver als aus den
gelehrten Büchern zu lernen. Und
um zu „augenscheinlicher Erfahrenheit“ zu kommen, also zu einer
Art Erkenntnis im Geiste des Ganzen. Paracelsus aufwieglerische
These: Persönliche Erfahrung und
empirische Forschungen sind tradierten Erkenntnissen, die niemand
je in Frage stellt, eindeutig überlegen und damit vorzuziehen.
Sprengstoff, soviel steht fest. Darüber hinaus mischte er sich in philosophische und theologische Fragestellungen ein, statt einfach nur Arzt
zu sein. Und dies alles kein bisschen
diplomatisch und zurückhaltend.
WER WAR DIESER MANN,
der quasi aus dem Nichts kam und
überall dort, wo er auftauchte, die
Gemüter des Wissenschaftsbetriebs
bis zur Weißglut reizte? Das genaue
Geburtsdatum von Paracelsus ist
umstritten; Ende 1493 wird es wohl
gewesen sein. Seine Eltern gaben
ihm die Vornamen Philippus Aureo-
GESUNDHEIT
INDIVIDUELLE
APOTHEKEN
GESTALTUNG
MIT KONZEPT
PKA
Dipl. Ing.
Ralf Oelze
Tischlerei
Innenausbau
Möbeldesign
Steinstraße 18
30559 Hannover
Telefon: 0511 - 958 291/-42
Telefax: 0511 - 958 52 37
lus; Theophrastus Bombastus Philippus von Hohenheim nannte er sich
erst seit seinen öffentlichen Auftritten. In Briefen und Büchertiteln
unterschrieb er meist mit „Theophrastus von Hohenheim“, manchmal
setzte er „genannt Paracelsus“ hinzu.
Sein Vater war Gemeindearzt in Einsiedeln (Kanton Schwyz) und süddeutscher Herkunft. Paracelsus bezeichnete ihn als seinen ersten und
einflussreichsten Lehrmeister, da
sein Vater ihm die ersten und elementaren Kenntnisse in Alchemie,
Wundarzneikunst und Medizin beibrachte. Nach dem Tod der Mutter
erhielt der erst acht Jahre alte Knabe in Villach (Kärnten) seine Grundausbildung in der Klosterschule St.
Paul im Lavanttal, hospitierte an
der Bergschule und war Laborant
in den nahen Metallhütten und Mineralbergwerken, die ihn beeindruckten und seine Phantasie
nachhaltig beflügelten. Die schichtartige Lagerung der Mineralien
wird ihm zu einem Bild für die vielfältig geschichtete Ordnung der
Natur, in der auch der Mensch sein
„verordnet Wesen“ hat.
1509/1510 reiste Paracelsus nach
Wien, wo er vermutlich den Grad
des Bakkalaureus erwarb. Später
schickte ihn sein Vater auf die Universität nach Basel. Da Paracelsus
die dogmatische und in Tradition
erstarrte Auffassung von Medizin
und Heilung der gelehrten Autoritäten von damals nicht geheuer
war, trieb er lediglich unregelmäßige akademische Studien, was ihm
später als Makel angelastet wurde
und seine wissenschaftliche Dignität so manches Mal in Frage stellte.
LERNEN VON "EINFELTIGEN" WIE
"GESCHEYDTEN"
1512 machte sich Paracelsus auf
die Reise nach Italien. Er ging– um
alchimistische Studien zu betreiben
– in die Lehre der damals berühmtesten Chymisten und schloss diese
Studien in Ferrara ab. In dieser damals berühmten medizinischen
Hochburg studierte er Medizin und
wurde mit den Lehren des römi-
schen Arztes Galenos bekannt.
1516 promovierte er zum Doktor
Chirurgus wie Medicus (Doctor beyder arzneyen). Danach war er unsteter Wanderarzt und Feldarzt im
Venedischen Krieg (1516/1517), im
Niederländischen Krieg (1519) und
– ein Jahr darauf – im Dänischen
Krieg. Die Jahre der Wanderschaft
führten ihn durch Süd- und Westeuropa, durch die nordischen Länder
und den europäischen Osten. Er
reiste, um seine Kenntnisse in der
praktischen Erfahrung zu erhärten
und weiter dazu zu lernen. Und dies
nicht nur bei Ärzten, Laboranten,
Alchemisten, sondern er lernte
auch von alten (weisen) Frauen,
von Scharfrichtern, Scherern, Juden, Badern, Zigeunern, von „Gescheydten“ wie „Einfeltigen“ gleichermaßen.
1524 kehrte Paracelsus nach Villach zurück, zog aber bald nach
Salzburg, wo er sich als praktischer
Arzt niederließ. Er geriet in Verdacht, mit aufständischen Bauern
zu sympathisieren, so dass er bald
aus Salzburg fliehen musste. Dieses
Erlebnis war der Auslöser für sein
theologisches Schaffen, das sich
mehr an sozialen und ethischen
Fragen orientierte denn an ideologischer Systematik.
ABLEHNUNG UND ANFEINDUNG
Paracelsus fand auf seinen unsteten Wanderschaften „Irrsal und
stets übel“, dass so viele Ärzte, „vornehmlich zu Montpellier, Salerno
und Paris, die da den Ruhm haben
wollen, nichts wissen und können.“
Eine der Zentren in diesem wenig
schmeichelhaften Zusammenhang
war Paris. Die Stadt an der Seine
war damals die orthodoxe Hochburg der mittelalterlichen Hochschulmedizin. Die Wissenschaft war
wie versteinert in unselbstständiger
Autoritätengläubigkeit und Anbetung nie hinterfragter Überlieferungen. In diesem Umfeld machte Paracelsus von sich reden, da ihm
einige Heilungserfolge von längst
aufgegebenen Patienten gelungen waren. Doch statt Respekt
schlug ihm blanker Hass und erbitterte Nachstellung entgegen. Es
GESUNDHEIT
durfte nicht sein, was nicht sein
konnte. Das war der Beginn eines
lebenslänglichen Kampfes, den Paracelsus mit der traditionellen Medizin führen sollte, „allein und fremd
und anders“, wie er selbst (mitnichten resignierend) sagte. Verbittert,
gedemütigt, aber ungebrochen
fährt er fort: „Sie treiben mich aus
Litauen, danach aus Polen, den
Niederländern und Universitäten
gefiel ich nicht, weder den Juden
noch Mönchen. Ich dank aber
Gott, den Kranken gefiel ich.“ Genau das hielt sein Feuer am Lodern.
Von den Kranken wurde er verehrt.
Was machte es da aus, wenn ihn
Gelehrte als dubiosen Zauberer
ächteten, nur weil eben seine Heilerfolge sichtbar waren? Es ist belegt, dass Paracelsus Kranken gegenüber von größter Fürsorge und
Barmherzigkeit war, eingedenk der
eigenen Maxime: „Die höchste
und wirksamste Arznei ist die Liebe!“
SELBSTBEWUSSTER SCHRIFTSTELLER
Paracelsus eckte aufgrund seiner
unorthodoxen Ausbildung und Ansichten überall an und machte sich
mehr Feinde denn Freunde. Dennoch: Trotz aller Schwierigkeiten
wurden all seine Werke ins Deutsche, Französische und Englische
übersetzt, und viele Wissenschaftler
und Ärzte sammeln noch heute ihr
Wissen aus diesen Büchern (wenngleich sie die Quelle oft wohlweislich verheimlichen). Das Selbstbewusstsein von Paracelsus im Hinblick auf seine Publikationen, zeigt
sich in folgendem Ausspruch:
„Ich will es bezeugen dass keines
meiner Werke früher geschrieben
worden ist weder von Philosophen
19
noch von Ärzten gehört oder gele
sen Meine Schriften beweisen dass
ich Erfindungen in diesem Bu
che anzeige von denen keines je von
einem alten oder neuen Philosophen
oder Arzte erwähnt oder zugelassen
wurde denn er hätte alle alten
Schriften verlassen müssen“ (Paracelsus Bd II S XX)
VIER-SÄULEN
Zu den drei Säulen Philosophie, Astronomie und Alchemie zählt Hohenheim als vierte Säule die Redlichkeit und Trefflichkeit des Arztes,
seine „virtus“, die sich in Gott gründet und ihm durch die Natur offenbart wird. „Philosophie“ bedeutet
in Paracelsus’ Verständnis eine Art
„Natur-Kunde“ vom Menschen
oder Anthropologie; sie verbindet
ärztliches Denken mit medizinischem Wissen. „Astronomie“ ist eine Art „Zeit-Kunde“ und begleitet
alle pathischen Prozesse, die Existenz des Menschen eben in seinem
leibhaftigen Werden und Verfallen.
Mit „Alchemie“ ist die Kenntnis biophysikalischer Energetik eines Organismus gemeint; und „virtus“ beschreibt das praktische, redliche
Tun des Arztes.
Anhand dieser vier Säulen sollte der
gute Arzt Krankheiten erkennen
und Heilmittel finden, indem er den
„äußeren“ ebenso wie den „inneren“ Menschen beobachtete. Die
Gegensätzlichkeit von Makro- und
Mikrokosmos als großer und kleiner
Welt, von „innerer“ und „äußerer
Anatomei“ sollte dem Arzt den
Weg weisen. Mit diesem Wissen
wollte Paracelsus den Arzt zum gebildeten Fachmann für den Menschen machen und die Medizin
zum bedeutenden „Eckpfeiler der
Universität“.
KARRIERE UND KONFLIKTE
Akademisch ging es – trotz aller Anfechtungen – zunächst aufwärts:
erst in Straßburg (1526), dann
(1527) im nahen Basel. Dorthin war
er als viel gesuchter Konsiliarius gerufen worden. Sein Heilerfolg beim
einflussreichen Buchhändler Froben
und eine therapeutische Beratung
des Erasmus von Rotterdam brachten ihm eine Anstellung als Stadtarzt zu Basel ein, mit dem Recht, öffentliche Vorlesungen zu halten.
Auch hier machte sich Paracelsus
durch allzu anmaßende Selbstsicherheit und Lust am Kritisieren
nicht beliebt. Geradlinig, radikal
und energisch zog er gegen das
traditionelle medizinische Lehrwerk
von Galen und Avicenna ins Feld –
brach so mit dem Autoritätsglauben an die Wissenschaft und leitete ein neues Kapitel in der Geschichte der Medizin ein.
Schonungslos deckte er den korrupten Zustand des damaligen
Apothekerwesens auf, ebenso die
in Tradition erstarrte Praxis seiner
Kollegen.
Paracelsus lehrte in Basel als erster
Wissenschaftler auch in deutscher
Sprache. So hielt er Vorträge mit
pragmatischen Themen – etwa
über Geschwüre und offene Wunden – in deutscher Sprache, da die
Wahrheit nur deutsch und deutlich
gelehrt werden könne .
Seine Arbeiten „Herbarius. Das
Buch von den natürlichen Dingen“,
„De Mineralibus" sowie „Aphorismen des Hippokrates“, „De modo
pharmacandi“, „Libri paragraphorum“ entstanden in Basel.
Nach etwa einem Jahr verließ Paracelsus wegen juristischer Streitigkeiten mit dem Magistrat Basel und
reiste weiter nach Kolmar.
GESUNDHEIT
1582 beendete er dort die Arbeit
„Bertheonea“. Seine Beschäftigung
mit der damals noch unerforschten
Syphilis mündete in verschiedene
Syphilis-Schriften wie zum Beispiel in
den Traktat „Vom Ursprung und
Herkommen der Franzosen sampt
der Rezepten Heilung, 8 Bücher“
(1529), bei dessen Veröffentlichung
er zum ersten Mal das Pseudonym
„Paracelsus“ verwendete.
1531 ging er erneut auf Reisen.
Nach kurzen Aufenthalten im oberpfälzischen Beratzhausen sowie in
Regensburg und Amberg zieht Paracelsus nach St. Gallen. Dort beendet er die Schrift „Paragranum“.
Darin beschrieb er die vier Säulen
der Heilkunst und rechtfertigt seine
philosophische und medizinische
Auffassung. Das „Opus Paramirum“, eine Lehrschrift über die Ursachen von Krankheiten, stellte Paracelsus 1531 ebenso fertig wie die
Arbeit „Von den unsichtbaren
Krankheiten“ und theologische
Ausarbeitungen.
1533 begab sich der Unstete erneut auf Wanderschaft durch das
Appenzeller Land, wo er auch als
Laienprediger wirkte.
Im Frühling 1534 wanderte er mittellos durch das Oberinntal nach Innsbruck. Der dortige Bürgermeister
untersagte ihm den Aufenthalt, da
er nicht glauben wollte, dass ein
Mann in so abgerissener Kleidung
ein Arzt sein könne.
Paracelsus wanderte weiter über
den Brenner ins südliche Tirol nach
Sterzing, wo die Pest wütete. In seiner Schrift „Büchlein von der Pest“
schilderte der Hohenheimer nicht
nur die Symptome der furchtbaren
Seuche, er beschrieb auch, wie
man sie bekämpfen, ja verhindern
und ihr vorbeugen könne.
20
PREMIEREN UND REGES PUBLIZIEREN
1535 untersuchte Paracelsus in Bad
Pfeffers die Heilwirkung der dortigen Thermalquelle und verfasste
eine umfangreiche balneologische
Schrift zur Heilwirkung von Thermalquellen, zu Indikationen, diätetischen Vorschriften sowie Behandlungsrichtlinien. Man kann sagen,
dass mit Paracelsus die balneologische Wissenschaft begann.
In Tirol besuchte Paracelsus vermutlich auch die Eisenhütten von
Jenbach und die Kupferwerke von
Brixlegg. Er untersuchte als erster
die Krankheiten der Erzknappen,
Schmelzer, Silberbrenner und Quecksilberarbeiter, die in unvorstellbarer
Not arbeiteten und hausten. So
verdanken wir ihm die erste medizinische Schrift über Gewerbekrankheiten und Gewerbehygiene mit
dem Titel „Von der Bergsucht und
anderen Bergkrankheiten“. Dies
war der schlichte Anfang unserer
heutigen Arbeitsmedizin.
Im Jahre 1536 wurde in Ulm die
zweibändige Schrift, die als das
(unvollendete) Hauptwerk von Paracelsus gilt, „Die große Wundartzney“, gedruckt. Sie erreichte die
höchsten Auflagen seiner Schriften.
Im gleichen Jahr reiste Paracelsus
nach Eferding in Österreich, wo er
die letzte Fassung der Schrift „Von
die Tartarischen Krankheiten“
schrieb.
Die „Astronomia Magna“ entstand
1537, blieb aber auch Fragment
und wurde erst 1571 unter dem Titel „Die Ganze Philosophia Sagax
der großen und kleinen Welt“ gedruckt. Das Werk beinhaltet eine
Fülle von theologischen und metaphysischen Überlegungen und verdeutlicht Paracelsus' theologische
Unabhängigkeit.
Weitere Aufenthalte in Wien und
Klagenfurt waren bereits überschattet von beginnender Krankheit.
TOD IN SALZBURG
Um 1540 rief Fürstbischof Ernst von
Wittelsbach den früh gealterten
Hohenheimer zurück nach Salzburg. Ein Jahr später, am 25. September 1541, hat er, wie auf dem
Grabstein steht, „das Leben mit
dem Tode vertauscht“. Am natürlichen Ende des erst 48jährigen
wurde gezweifelt.
Trotz der Anfeindungen seiner Gegner blieb der Ruf von Paracelsus als
überragender Arzt unerschüttert.
Einerseits erhöhten seine scharfsichtigen Prognosen, aber auch
seine Kenntnisse rasch wirkender
Heilmittel, sein Ansehen. Andererseits heilte er zahlreiche Kranke, die
nach der damaligen Schule als unheilbar, ja sogar gefährlich galten.
SEINER ZEIT VORAUS
Das Wort Magnetismus im eigentlichen Sinne nimmt bei Paracelsus
seinen Ursprung. Er war der Entdecker der verborgenen Eigenschaften des Magneten und des tierischen Magnetismus. Er war auch
der Entdecker des Wasserstoffs
Ebenso war er der kühne Schöpfer
der chemischen Medizin.
Paracelsus sah den Menschen eingebunden in die ihn umgebende
Welt. Daher lehrte er das Verständnis für Alchemie, Astrologie, Natur
und Gott, so dass die Ursache der
Krankheit erkannt, wirkliche und
bleibende Heilung erfolgen könne.
Makrokosmos und Mikrokosmus,
Himmel und Natur – in allem sei
nichts, was nicht zugleich im Menschen wäre.
GESUNDHEIT
Hohenheims Auffassung von der
Zubereitung der Arzneimittel ist
durch die „Alchemia“ geprägt. Nur
die mit ihrer Hilfe gefundenen Arcana (Arcanum = geheimnisvoller
Stoff) können ihrer Feinheit wegen
als Arzneimittel eingesetzt werden,
wobei der Arzt den Lauf des „äußeren Firmaments“ beobachten
muss, um die im „inneren Firmament“ anzuwendenden Arcana
richtig zuzubereiten.
Diese Arcana finden sich sowohl im
Makrokosmos als auch im Mikrokosmos wieder. So können „äußere Mineralien“ und deren Zubereitungen
die durch „innere Mineralien“ hervorgerufenen Krankheiten heilen:
Arcanum mercurii vitae erneuert
den menschlichen Körper und führt
ihm frische Kräfte zu; Mercurius essentificatus (Antimontrichlorid) und
die Tinctura wirken als Universalheilmittel. Arcana sind auch die Magisterien, die aus Steinen, Perlen,
Korallen, Pflanzen, Wein oder Blut
hergestellt werden. Wenn sie mit
Goldverbindungen aufgearbeitet
werden, liefern diese Magisterien
als Aurum potabile ein vorzügliches
Arzneimittel.
Paracelsus fasste also nicht nur den
Krankheitsbegriff ontologisch auf,
er erweiterte ihn durch seinen Arzneimittelbegriff, der nicht mehr alleine auf der antiken Humoralpathologie fußte, sondern auf den Tria
Principia oder Tria Prima: Sulfur, Mercurius und Sal.
Gänzlich konnte sich aber auch
Hohenheim der Vorstellung von
den vier Elementen nicht ganz entziehen. So besaß für ihn jedes der
Elemente eine Art genetischer
„Matrix“, die aus ihm einen Körper
werden läßt. Ebenso enthält es die
Tria Principia, die – unter chemischen Gesichtspunkten – als Verbrennung (Sulfur), Verflüssigung
21
(Mercurius) und Veraschung (Sal)
gedeutet werden können.
Für Paracelsus stellten diese Tria
Principia jedoch keine fassbaren
Agentien, sondern vielmehr geistige Prinzipien dar, die eine stoffliche
Umsetzung innerhalb des Mikrokosmos dynamisch bewirkten. Aufgabe der Alchemia als Scheidekunst
oder „Ars Spagyrica“ war es, aus
den Heilmitteln der „Drei Reiche
der Natur“ eine feinstoffliche „Quinta essentia“ zu ziehen.
„HIMMEL UND ERDE
SCHAFFEN DEN MENSCHEN“
Konnten nun diese Theorien des
Schweizer Provokateurs für die Zeitgenossen einen Ausweg aus der
therapeutischen Sackgasse, in die
Arabismus und Galenismus geraten
waren, darstellen? Nur zögerlich
vermochte sich die gelehrte Ärzteschaft für Paracelsus zu erwärmen,
zumal dessen in deutscher Sprache
abgefasste Schriften in der Mehrzahl nur in Manuskripten von Hand
zu Hand gingen. Trotz der Übersetzungen in die Gelehrtensprache
Latein von Adam von Bodenstein,
Michael Toxites oder Gerhard Dorn
schenkte man Hohenheims Theorien im 16. Jahrhundert kaum Beachtung. Im 17. Jahrhundert entflammt der Streit zwischen „Galenisten“ und „Paracelsisten“ vehement. Die beiden Parteien standen
sich besonders deshalb unversöhnlich gegenüber, weil sich Hohenheim nicht nur auf seine Rolle als
Arzt beschränkt hatte, sondern sich
auch in andere, vor allem theologische Fragestellungen eingemischt
hatte.
Trotz oder wegen des Streites gewannen die Vorstellungen von Paracelsus, waren sie auch durch magisch-astronomische Einflüsse belastet, in sofern an Boden, als in die
Arzneibüchern ab dem 17. Jahrhunderts immer mehr chemische
Arzneistoffe aufgenommen wurden, die damit auch Eingang in die
Apothekenlaboratorien fanden.
Der Leitspruch von Paracelsus „Alterius non sit, qui suus esse potest"
(„Wer in sich selber kann bestahn,
der gehöre keinem andern an“)
spiegelt in knappen Worten das
Selbstverständnis des großen Arztes, Pharmazeuten, Naturforschers,
Philosophen und Theologen. In jedem einzelnen Individuum liege
der Kern für Gelingen oder Misslingen. Paracelsus war beseelt von
der Idee der Heilkunst, welche die
Selbstheilungskräfte – physischer
wie psychischer Natur – aktiviert
und somit zur Gesundung verhilft.
Zentrale Themen waren das Maß
des Menschen, der Gedanke der
Heilmittelfindung und die Beziehung zwischen Himmel und Erde.
Das Heilmittel sollte dazu dienen,
dem Menschen die verlorene Mitte
wiederzugeben.
Paracelsus war ein Kämpfer gegen
seine Zeit, ein Mann, der alle Hoffnung auf das Zukünftige gesetzt
hat, das seiner Zeit folgen werde.
Der große Universalgelehrte war
wohl der letzte, der eine in sich geschlossene Theorie der Medizin vorgelegt hat, in der Theorie und Praxis
im Gleichgewicht war.
Die Medizin verlor in den Folgejahrhunderten zunehmend ihren Anspruch auf eine Universalwissenschaft vom Menschen zugunsten
eines rein pragmatischen Ansatzes,
bei dem die „utilia“ im Fokus stand
und steht.
ddddddddd
LITERATUR:
Benzenhöfer U: Paracelsus Rein
bek bei Hamburg ( rororoMono
graphien )
Paulus J: ParacelsusBibliographie
– Heidelberg Schneider W: Mein Umgang mit
Paracelsus und Paracelsisten Frank
furt/Main Theophrast von Hohenheim gen
Paracelsus: Sämtliche Werke Abt Me
dizinische naturwissenschaftliche und
philosophische Schriften Hrsg v Sud
hoff K Bde München UNTERWEGS
Tradition seit 1434
Der
Striezelmarkt
in Dresden
von Christel Stahn-Heise
Um es vornweg zu sagen: Dresden
ist wegen seiner Schönheit und der
Vielfalt kulturhistorischer Sehenswürdigkeiten zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. In der Vorweihnachtszeit entfaltet die zu Recht
auch „Elbflorenz“ genannte Stadt
einen ganz besonderen Reiz.
VON STRÜZELN UND STROCZELN
Jedes Jahr im Advent verwandelt
sich der Altmarkt in Dresden in eine
einzigartige Weihnachtslandschaft
und das schon seit einem halben
Jahrtausend. Unmittelbar im Zentrum der Stadt, nahe der Kreuzkirche, findet dann der traditionelle
„Dresdner Striezelmarkt“ statt, der
neben dem Nürnberger Christkindl-
markt zu den ältesten und bekanntesten Weihnachtsmärkten Deutschlands gehört. Der sächsische Kurfürst Friedrich II. verlieh 1434 der
Stadt Dresden das Marktrecht
„umb gemeines nutzens und unserer Stadt Dresden besten willen“. Es
durfte fortan an einem Tag in jeder
Woche und „am Tage vor dem
Heiligen Christabend“ ein Markt
veranstaltet werden. Dieses Privileg
bezog sich zunächst auf einen
freien Fleischmarkt, auf dem die
Dresdner nach den vorweihnachtlichen Fastentagen ihren Festbraten kaufen konnten.
Im Jahre 1471 tauchte die Bezeichnung „Strüzel“ bzw. „Stroczel“ in
Rechnungsbüchern des Bartholomäi-, Materni- und Brückenhofhospitals als Fastengebäck auf. Mit
„Strüzel“, „Stroczel“ oder »Striezel«
In diesem Jahr findet der
Dresdner Striezelmarkt bereits zum
569. Mal statt.
Vom 27. November bis zum
24. Dezember 2003 ist er täglich von
10.00 Uhr bis 20.00 Uhr,
freitags und samstags bis 21.00 Uhr
geöffnet.
Am Mittwoch, den 24. Dezember ist
er von 10.00 Uhr bis 14. 00 Uhr
geöffnet.
23
Otto Schubert: Striezelmarkt
Otto Fritsche: Striezelmarkt
Postkarte von 1900
UNTERWEGS
bezeichnete man im mittelhochdeutschen Wortschatz ein Hefegebäck in länglicher, teils auch geflochtener Form. Es symbolisierte
das in Windeln gewickelte Jesuskind. In einigen sächsischen Städten wurde dieses „Christbrot“ aufgrund seiner Form auch „Stollen“
oder „Stolle“ genannt. Das Rezept
dieses frühen „Brotbildes“ entsprach dem kirchlichen Verbot, Butter und Milch zum Backen von Fastengebäck zu verwenden. Es bestand daher zuerst nur aus Mehl,
Hefe und Wasser. 1450 wandte sich
Kurfürst Ernst von Sachsen an Papst
Nikolaus V. mit der Bitte, das Butterverbot aufzuheben. Der Heilige Vater verfasste daraufhin den „Butterbrief“, der erlaubte, neben Butter
auch Milch und feine Zutaten wie
Rosinen, Mandeln und Früchte für
den Stollen zu verwenden. Es musste allerdings dafür eine Buße bezahlt werden. Ab1496 machte der
Rat der Stadt ganz gute Geschäfte
mit dem Verleih von „Strutzelbre-
24
tern“. Auf Ihnen wurden die Striezel
auf dem Markt verkauft. Seit 1500
fand der Markt stets am Montag
vor dem Weihnachtsfest statt und
wurde daher „Striezelmontag“ genannt. Wegen des regen Zuspruchs
wurde der Markt bald vom Montag
bis zum Weihnachtsabend verlängert und „Striezelmarkt“ genannt.
Im 18. Jahrhundert veränderte sich
das Marktangebot. Ab 1700 verkaufte das städtische Waisenhaus
in sogenannten „Strumpfbuden“
auch „Puppenwerk“. Reisende Händler, die von den Heimarbeiterfamilien im Erzgebirge Holzarbeiten aufkauften, und die deshalb im Volksmund „Schachtelleute“ hießen, begannen bemaltes Kinderspielzeug
anzubieten. Der heute auf dem Altmarkt stattfindende Striezelmarkt
hatte im Laufe der Jahrhunderte
wechselnde Standorte. So wurde
er unter anderem auch auf dem
Neumarkt, dem Post-, Theater und
Antonsplatz, der Weissen Gasse
und dem Stallhof abgehalten.
MEHR ALS STRIEZEL
Ende November werden auf dem
Altmarkt die Holzhäuschen der
Händler aufgereiht und mit Tannengrün und Beleuchtung versehen. Adventskalender, Nussknacker
und Räuchermännchen in gigantischen Größen finden ihren Standplatz, genauso wie der riesengroße
Weihnachtsbaum und eine 14 m
hohe Pyramide, die auf sechs Ebenen die Geburt Christi, den Dresdner Striezelmarkt, einen Bergmannszug, erzgebirgische Weihnachtsfiguren sowie Chorsänger und Fanfarenengel zeigt. Besonders schön
ist die Pyramide abends anzusehen, wenn sich die 42 Figuren im
festlichen Licht drehen.
TRADITION WIRD HOCHGEHALTEN
In den vielen Verkaufsständen machen sich heimische Händler aller
Art Konkurrenz. Man achtet in den
letzten Jahren verstärkt auf eine
qualitative Zusammenstellung des
Angebots: Kunsthandwerk hat ge-
UNTERWEGS
genüber billigen Massenartikeln auf
jeden Fall Vorrang. Neben Glühwein und Thüringer Bratwurst findet
man vor allen Dingen traditionelle
Waren wie den Dresdner Stollen
(Striezel), Pulsnitzer Lebkuchen, Krapfen, original erzgebirgische Holzschnitzarbeiten, Blaudrucke und
Keramik aus der Lausitz sowie den
„Pflaumentoffel“.
Dies ist eine Figur aus getrockneten
Pflaumen, die wie ein Schornsteinfeger aussieht und als Glückssymbol gilt. Sie stammt aus einer Zeit,
als Kaminkehrerjungen noch mit einem Kehrbesen in die Kamine klettern mussten, um diese von innen
zu reinigen.
Zahlreiche Handwerksbetriebe und
Manufakturen aus dem sächsischen Erzgebirge präsentieren ihre
Handwerkskunst besonders in Form
von Weihnachtspyramiden, Räuchermännchen, Schwibbögen und
Nussknackern. Viele davon werden
im sächsischen Seiffen hergestellt.
25
Der Größe und Gestaltung dieser
Holschnitzarbeiten sind fast keine
Grenzen gesetzt. Sie schmücken
nicht nur den Striezelmarkt in Dresden, sondern sind in der Vorweihnachtszeit allerorts auf Marktplätzen und Weihnachtsmärkten sowie
in Häusern und Wohnungen in
Sachsen zu finden.
NICHT NUR AUF DEM ALTMARKT
Neben dem Striezelmarkt gibt es
parallel noch weitere Weihnachtsmärkte in Dresden, auf denen neben den traditionellen Verkaufsständen aus heimischen Regionen
Unterhaltung und Leckereien angeboten werden. So unter anderem auf dem „Weihnachtsmarkt
Prager Straße“, dem „Weihnachtsmarkt Hauptstraße“, dem „Neustädter Adventsweihnachtsmarkt“,
bei der „Weihnacht im Barockviertel“ und auf dem Weihnachtsmarkt
im Stallhof, dem „Stallhöfischen Advent-Spektakel“. Wer vorweihnachtliche Geschichte erleben will, dem
kann man diesen mittelalterlichen
Weihnachtsmarkt besonders empfehlen. In den historischen Mauern
des Residenzschlosses erlebt man
eine gemütlich-romantische Atmosphäre inmitten historischer Buden
und Gerätschaften mit Gauklern,
Komödianten und „Spielleut“, die
an den Wochenenden auftreten.
Für den Gaumen wird einiges an
Leckereien bereitgehalten.
Das „Stollenfest“ bildet einen Höhepunkt im bunten vorweihnachtlichen Dresdner Treiben. Jedes Jahr
backen Mitglieder des Schutzver-
bandes Dresdner Stollen e.V. am
Sonnabend vor dem zweiten Advent einen ca. 3.000 kg schweren
Riesenstollen. Diese Veranstaltung,
die seit 1994 stattfindet, soll an ein
Fest erinnern, das 1730 von August
dem Starken im Rahmen des „Zeithainer Lustlagers“ für mehr als
20.000 Gäste veranstaltet worden
war. Damaliger Höhepunkt war ein
fast 1,8 Tonnen schwerer Riesenstollen, den 100 Personen in einwöchiger Arbeit unter der Leitung des
Dresdner Bäckermeisters Zacharias
geschaffen hatten. Das imposante
Backwerk war in einem eigens vom
Hofbaumeister Matthäus Daniel
Pöppelmann errichteten Ofen
sechs Stunden lang gebacken worden. Auch heute wird der Riesenstollen nach einer Prozession durch
die Altstadt von einem Dresdner
Bäckermeister angeschnitten. Er
verwendet dabei eine Nachbildung des riesigen Stollenmessers,
das man damals eigens zu diesem
Fest entworfen und angefertigt
hatte. Der Erlös aus dem Verkauf
der Striezelscheiben wird einem guten Zweck zugeführt.
ECHT DRESDNER CHRISTSTOLLEN
Der Dresdner Stollen ist bekannt wie
kein anderes Backwerk aus der Elbmetropole und hat weltweite Berühmtheit erreicht. Dieser Christstollen wird in seiner jetzigen Qualität
allerdings erst seit dem letzten Jahrhundert so gebacken. Es werden
ausschließlich hochwertige, edle
Rohstoffe, erlesene Zutaten, natürliche Aromastoffe und exotische
UNTERWEGS
Stollenfahrt“ mit der Hummelbahn
und die „Adventsfahrten“ der Sächsischen Dampfschifffahrt auf der
Elbe.
Das „Weihnachtsshopping“ wird in
diesem besonderen Umfeld zum Erlebnis. Das abendliche Dresden mit
den vielen weihnachtlichen Lichtern und Figuren verzaubert Jung
und Alt. Diese Stimmung sollte man
sich nicht entgehen lassen.
Alle Fotos und Reproduktionen: Landeshauptstadt Dresden - Presseamt ©
Gewürze verarbeitet. Auch wenn
es ein Grundrezept gibt, hat doch
jeder Stollenbäcker sein ererbtes
Familiengeheimnis. Der Schutzverband Dresdner Stollen e.V. garantiert mit seinem Gütesiegel die
gleichbleibend hohe Qualität des
„Original Dresdner Stollens“. Geliefert wird er in die ganze Welt.
Mein Lieblingsstollen stammt aus der
Spezialitätenbäckerei von Dr. Hartmut Quendt. Ein Unternehmen, zu
dessen Tradition, die 1876 beginnt,
nicht nur der vom Chocolatier Herbert Wendler einst als „Notpraline“
erfundene Dominostein gehört, sondern auch die Herstellung von Rus-
sisch Brot, das unter anderem in einer Bio-Variante angeboten wird.
RAHMENPROGRAMM
Die vorweihnachtlichen Märkte in
Dresden werden von einem umfangreichen Veranstaltungs- und
Ausstellungsprogramm begleitet.
Hierzu zählen zum Beispiel musikalische Veranstaltungen wie Adventssingen und Weihnachtskonzerte in
Dresdner Kirchen, Theateraufführungen in den Theatern und Schauspielhäusern der Stadt, das nationale Reit- und Springturnier mit
großem Adventsmarkt in der „Messe Dresden“ sowie die „Winterliche
Wie anfangs schon gesagt:
Dresden ist immer eine Reise wert.
Erst recht zur Adventszeit!
INFORMATIONEN
Landeshauptstadt Dresden
Amt für Wirtschaftsförderung
Abt. Kommunale Märkte
Postfach 12 00 20
01001 Dresden
Telefon 0351-4884430 oder
0351-4884404
Telefax 0351-4884403
www.dresden.de/striezelmarkt
www.stallhof.de
www.dr-quendt.de
Natur, Ruhe, Behaglichkeit + Komfort
Kreative Küche mit natürlichen Produkten
Hotel
Gasthaus
CAMP REINSEHLEN
29640 Reinsehlen bei Schneverdingen
Telefon
05198 | 983 - 0
Telefax
05198 | 983 - 99
E-mail
[email protected]
www.campreinsehlen.de
Internet
Claus Conrad
Die Frauenkirche
Auferstanden aus Ruinen
ARCHITEKTUR
27
Foto: büro conrad ©
ARCHITEKTUR
Historische Ansicht aus
den 30er Jahren des
20. Jahrhunderts
mit dem 2. Grundriss von
George Bähr.
28
BESCHLUSS
im Jahre 1722 beschloss der Rat
der Stadt Dresden mit Zustimmung
des sächsischen Kurfürsten, die
baufällige Pfarrkirche „Zu Unser Lieben Frauen“ abzutragen und an ihrer Stelle einen Neubau zu errichten. Mit der Planung wurde der
Ratszimmermeister George Bähr
(1666–1741) beauftragt. Die Pfarrkirche, die man im 11. Jahrhundert
erbaut hatte, war das älteste Gotteshaus Dresdens. Ihr Abriss fand
1726 statt.
PLÄNE
George Bährs erster Entwurf hatte
ein griechisches Kreuz mit kurzen
Armen zur Grundlage. Treppenhäuser und Eingänge traten als Risalite an drei Seiten hervor. Auf der
Altarseite wölbte sich der Chor im
Halbkreis heraus. Der Innenraum
war im Kern ein Quadrat über dem
sich die Kuppel erhob.
Die Überarbeitung dieses Plans
durch den damaligen Landbaumeister Johann Christoph Knöffel
(1686–1752) hatte eine Vereinfachung der Fassade, eine klarer erkennbare quadratische Grundform
und einen kreisförmigen Innenraum
zur Folge. Knöffel betonte die OstWestausrichtung durch einen stärker akzentuierten Chor sowie durch
zwei aus der Fassade heraustretende Treppentürme und eine so entstehende Eingangsfront mit großzügiger Freitreppe.
Die Ausführungsplanung George
Bährs übernahm die kreisförmige
Innenraumgestaltung, die Betonung der quadratischen Grundstruktur und die schlichte Fassadengestaltung. Bähr gelang so eine
spannende Divergenz zwischen
geradlinigen Außenmauern und
selbstständiger Wandbewegung im
Innenraum (weitere Beispiele in
Symbiose 3/2003, S.30).
Fotos büro conrad ©
Beinahe 50 Jahre lag auf dem
Neumarkt von Dresden ein Trümmerhaufen, der von den Ruinen
des Chores und eines Treppenturmes der Frauenkirche überragt wurde. Das Ensemble sollte an die Zerstörung Dresdens und die Schrecken des Krieges erinnern.
Am Vormittag des 15. Februars
1945 – zwei Tage nach dem britischen Bombenangriff, der die Altstadt von Dresden weitgehend zerstörte – stürzte das evangelische
Gotteshaus ein. Hier brach nicht
nur ein Wahrzeichen zusammen,
das als bedeutendster Kuppelbau
nördlich der Alpen zu den wichtigsten Werken europäischer Kulturund Baugeschichte zählte, sondern
auch das Symbol einer kurzen Hoffnung, denn es schien den Bürgern
Dresdens zuerst, als habe die Kirche
Bombenangriff und Feuersturm so
standgehalten wie dem preußischen Bombardement von1760.
ARCHITEKTUR
Fotos büro conrad ©
Den zentralen Charakter des Bauwerks akzentuierte er mit vier gleichen Treppentürmen, die er im 45Gradwinkel zu den Außenmauern
in die dafür abgeschlagenen
Ecken stellte. Der Chor trat wie im
ersten Entwurf nur halbkreisförmig
hervor. Dank der in drei Geschossen angeordneten fünf Emporen
gelang Bähr das Kunststück, auf einer nur knapp 40 x 40 m großen
Grundfläche Platz für 5000 Menschen zu schaffen.
BAUWERK
1726 begannen die Bauarbeiten,
1733 entschied sich der Rat der
Stadt endgültig für den bereits 1729
von Bähr geäußerten Vorschlag,
anstelle der geplanten kupferbeschlagenen Holz- eine Steinkuppel
zu errichten.1738 konnte sie vollendet werden. Als Bähr im selben Jahr
verstarb, hatte er sein Ziel, dass die
Frauenkirche „von Grund aus bis
oben hinauf gleichsam nur ein einziger Stein“ sei, fast verwirklicht,
denn die krönende Laterne sollte
zwar steinerne Säulen, aber eine
kupferbedeckte Holzhaube erhalten, da man unsicher war, ob die
Kuppel und die sie tragenden Säulen einer massiveren Konstruktion
gewachsen gewesen wären.
29
Fotos büro conrad ©
Bis zum Kuppelkreuz hatte die Kirche nach ihrer Vollendung 1743 eine Gesamthöhe von 93 m. Die
Kuppel bestimmte rund 200 Jahre
lang das Panorama von Dresden
und die Kirche wurde zum Wahrzeichen. Beteiligt war daran auch der
Maler Bernardo Belotto (1721–1780),
der sich nach seinem Onkel auch
Canaletto nannte, da seine Bilder
von Dresden verdeutlichten, wie
sehr die Frauenkirche die Silhouette der Stadt prägte.
Geweiht wurde die Frauenkirche
bereits 1734 – noch ohne Kuppel
und Orgel und nur mit einem provisorischen Altar ausgestattet. Die
berühmte Orgel von Gottfried Silbermann (1683–1753) wurde 1736
geweiht. Erprobt hatte sie Johann
Sebastian Bach. Über dem Zentralraum wölbte sich die Innenkuppel.
Sie war von Hofmaler Johann Baptist Grone (1682–1748) mit allegorischen Darstellungen der christlichen Tugenden und mit Bildnissen
der Evangelisten Matthäus, Markus,
Lukas und Johannes ausgemalt
worden. Der Innenraum war trotz
seines zentralen Charakters auf den
von Johan Christian Feige d. Ä.
(1689–1751) geschaffenen Altar ausgerichtet, über dem sich in grandiosem Aufbau die Orgel erhob.
WIEDERAUFBAU
Mittlerweile hat der Wiederaufbau
eine Höhe von 65 m erreicht und
die Kuppel der rekonstruierten Frauenkirche erhebt sich wieder über
die Dächer der Altstadt, über die
Türme von Schloss und Hofkirche,
über die Kuppeln und Giebel von
Zwinger, Semperoper sowie Kunstakademie und -verein.
Kurz nach der Vereinigung setzten
sich namhafte Persönlichkeiten für
einen Wiederaufbau der Frauenkirche ein. Sprecher der Bürgerinitiative war der Musiker Prof. Ludwig
Güttler. Der „Ruf aus Dresden“ verhallte nicht ungehört. Nicht nur aus
Deutschland sondern auch aus
Großbritannien, Frankreich und
den USA kam Unterstützung.
Der Wunsch nach Wiederaufbau
der Frauenkirche ist jedoch viel älter. Bereits während der letzten
Kriegsmonate wurde die Forderung
formuliert, die Frauenkirche solle
wiederaufgebaut werden. Bereits
1946 rief die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens zu
Spenden für den Wiederaufbau
auf und das Landesamt für Denkmalpflege führte erste Untersuchungen über die Möglichkeit einer Rekonstruktion auf der Basis der
Baudokumentationen durch, die
ARCHITEKTUR
während der Restaurierungsarbeiten vor und während des Zweiten
Weltkrieges angefertigt worden
waren. Um zu einem späteren Zeitpunkt den Wiederaufbau mit einem Höchstmaß an ursprünglichen
Bausegmenten durchführen zu
können, begann man 1948 mit der
Bergung und Katalogisierung von
Trümmerteilen. Aufgrund der politischen Entwicklung seit der Gründung der DDR 1949 konnten die
begonnenen Arbeiten nicht fortgesetzt werden.
PHASEN
Nachdem 1992 die Baugenehmigung für den Wiederaufbau der
Frauenkirche unter weitgehender
Verwendung historischer Bausubstanz gemäß den historischen Originalplänen erteilt worden war,
machte man Anfang 1993 mit der
archäologischen Enttrümmerung
weiter. Gleichzeitig begann die
statische Sicherung der Ruine.
Nach nur 17 Monaten war der Trümmerberg abgetragen. 8.390 Fassadenteile und Steine der inneren
Wand- und Deckenflächen sowie
91.500 Hintermauerungssteine konnten nicht nur geborgen werden,
sondern wurden digital fotografiert
und photogrammetrisch ausgewertet. Dank dieser akribischen Vorarbeiten und computergestützter
Recherchen sind mittlerweile wieder alle sichtbaren Fundstücke an
ihrem ursprünglichen Platz. Aufgrund ihrer dunklen Färbung ist das
Prinzip der archäologischen Rekonstruktion am Bauwerk ablesbar.
Der eigentliche Wiederaufbau begann im Mai 1994 mit dem Zusammenfügen der ersten Sandsteinquader. 1996 konnte die Unterkirche in den ehemaligen Katakomben, die in der Bombennacht
vielen Menschen Schutz geboten
hatten, mit einem festlichen Gottesdienst geweiht werden. 1997 wurde mit dem Bau der acht Innenpfeiler begonnen. Jeder wird später eine Last von ca. 1.800 t zu tragen haben, deshalb musste mit
erstklassigem Material und höchster
Präzision gearbeitet werden.
Im Herbst 2003 ist nicht nur ein
Großteil der Gerüste verschwunden
und der Blick auf Fassade und Kuppel weitgehend frei, hängen nicht
nur die geweihten Glocken in den
Türmen, sondern ist auch der Ausbau im Innern schon weit fortgeschritten. Während die Trockenbauarbeiten bereits abgeschlossen
werden konnten, bauen die Tischler an den Emporenbrüstungen,
haben die Holzschnitzer die Modelle für den Orgelprospekt fertiggestellt und schaffen die Stuckateure
die Voraussetzungen für die malerische Ausgestaltung. Kunsthandwerker und Künstler aus ganz Europa
sind damit beschäftigt, auch im
Innenraum den Zustand von 1738
so originalgetreu wie möglich wiedererstehen zu lassen. Besonders
schwierig ist die Neuschaffung des
Deckengemäldes.
Da man die Frauenkirche technisch gemäß den Erkenntnissen
und Erfordernissen des 21. Jahrhunderts ausstatten will, arbeiten auch
Heizungs-, Lüftungs-, Sanitär- und
Elektromonteure in der Kirche.
FUNKTIONEN
In erster Linie soll die Frauenkirche
das sein, was sie einmal war – ein
evangelisches Gotteshaus. Darüberhinaus soll sie als Stätte der Versöhnung und des Friedens die Tradition der Kirchenruine als Mahnmal und Gedenkstätte aufnehmen.
Die Frauenkirche soll aber auch als
Konzertsaal genutzt werden.
Daher wird nur die originalgetreue
Nachbildung des Orgelgehäuses
an die Silbermann-Orgel erinnern.
Die innere Anlage wird auf Empfehlung der seit 1996 arbeitenden
Orgelkommission ein Neubau sein,
der Silbermanns Grundideen so
weit wie möglich folgt.
Gewertet werden kann die Orgeldiskussion durchaus als Beispiel für
viele Detaildiskussionen zwischen
den Vertretern der reinen Rekonstruktion und denen, die zeitgemäße Lösungen dort anstreben, wo
diese sinnvoll erscheinen.
In weniger als zwei Jahren müssen
alle Auseinandersetzungen produktiv beendet und alle Arbeiten abgeschlossen worden sein, damit die
Frauenkirche – wie geplant – am
30. Oktober 2005 erneut geweiht
werden kann.
Die Chancen stehen gut!
Der Wiederaufbau der Frauenkirche ist
auch ein herausragendes Zeichen bürgerlichen Engagements.
Ein Großteil der Baukosten in Höhe von
rund 130 Millionen Euro konnte durch
Förderer, Sponsoren und Geldgeber finanziert werden. Da noch 17 Millionen
Euro aufzubringen sind, müssen die vielen Initiativen, welche die „Stiftung Frauenkirche Dresden“ als Bauherrin unterstützen, engagiert weiterarbeiten.
Eine davon ist der Verein Wiederaufbau
Frauenkirche in Ladbergen, der nun
schon das 4. Festliche Konzert mit Ludwig Güttler und dem Solistenensemble
Virtuosi Saxoniae veranstaltet.
Das Konzert findet am 13. Dezember
2003 um 20 Uhr in der Evangelischen
Kirche Ladbergen statt.
Kartenbestellungen über:
Foto büro conrad ©
30
www.guettler-konzerte-ladbergen.de
www.gastwirt.de
Gasthaus zur Post
Dorfstraße Ladbergen
Telefon: | Telefax: | Kempinski Hotel
REISEkultur KULTURreise
Foto Kempinski ©
Taschenbergpalais
von Claus Conrad
Foto SLB, Dt. Fotothek
„Das Alte stürzt,
es ändert sich die Zeit,
und neues Leben
blüht aus den Ruinen“
Friedrich von Schiller, „Wilhelm Tell“ (1804)
31
s war einmal ein Kurfürst, der regierte seit 1694
als Friedrich August I. in Sachsen und in Polen,
dessen König er seit 1697 ebenfalls war, als August II.
Da das etwas unübersichtlich war, nannte man ihn
lieber „den Starken“, obwohl seine politischen Ambitionen weit größer waren als seine Erfolge.
Wirklich außerordentlich waren seine Prunksucht und
Bauwut. Seinen Untertanen bürdete er damit schwere Lasten auf, der Nachwelt hinterließ er in Warschau
und Dresden so prächtige Bauwerke wie den
von1710 bis 1732 von Matthäus Daniel Pöppelmann
(1662–1736) erbauten Zwinger, dessen plastischer
Schmuck aus der Werkstatt von Bathasar Permoser
(1651–1732) stammte.
Wie viele andere Herrscher des 18. Jahrhunderts eiferte er dem französischen König Louis XIV. nach. Zum
absolutistischen Selbstverständnis gehörte die „maîtresse en titre“, obwohl die außereheliche Beziehung
eines Bürgers von der Kirche als Sünde gebrandmarkt, von der Justiz mit hoher Strafe geahndet und
von den Zünften mit Berufsverbot belegt wurde.
Zu den bekanntesten Mätressen des sächsischen
Herrschers gehörte neben der Gräfin Aurora von Königsmark, Anna Constanze Freifrau von Hoym, geborene Gräfin Brockdorff aus Kletkamp in Ostholstein
und spätere Reichsgräfin Cosel (1680-1765).
REISEkultur KULTURreise
Das Hauptgebäude,
das auch als Palais der
Gräfin Cosel bezeichnet werden kann, ist
farbig hervorgehoben.
Die späteren Anbauten
sind durch Grautöne
markiert.
Foto Kempinski ©
a nicht nur die Mätresse, sondern
auch deren Ausstattung zur Repräsentation des barocken Hofes gehörten, schenkte August seiner Geliebten nicht nur Schloss Pillnitz,
sondern ermöglichte ihr auch den
Bau eines Palais auf dem Taschenberg neben seinem Residenzschloss.
1705 begann Freifrau von Hoym
(ab 1706 zur Reichsgräfin Cosel erhoben) auf dem Taschenberg Häuser aufzukaufen und äußerte gegenüber dem Kurfürsten ihre Absicht, dort ein Palais bauen zu wollen. Vom Hof wurden Mittel bereitgestellt. Erste Entwürfe für diesen
Bau enstanden vermutlich noch in
diesem Jahr. Die erste Bauphase
endete 1708. Ein Jahr später war
der dänische König im Palais zu
Gast. 1712 wurde weitergebaut.
Die Gräfin konnte sich an den Baufortschritten nur kurz freuen, denn
sie musste 1713 Dresden verlassen.
b der Entwurf der dem Schloss
zugewandten Front des Hauptgebäudes mit seinen drei Portalen
und einem durch reichere Dekoration betonten Mittelteil von Matthäus Daniel Pöppelmann stammt,
ist nicht gesichert. Da August der
Starke dazu neigte, an einem Bauvorhaben mehrere Architekten
gleichzeitig arbeiten zu lassen,
kommen neben Johann Friedrich
Karcher (1650–1726) auch Christoph Beyer (1653–1741) und Johann Christoph Naumann (1664–
1742) in Frage. Da allerdings die
32
Fassade eines 1711 von Pöppelmann für einen Kammerherren in
Kösern im Stile eines Palais en miniature erbauten Jagdhauses der
des Palais’ auf dem Taschenberg
sehr ähnelte, spricht sehr viel für die
Urheberschaft Pöppelmanns.
eute präsentiert sich das Palais der Gräfin Cosel wieder in seiner ursprünglichen Form, da man
beim Wiederaufbau des gesamten Palais’ den Wappen- und Figurenschmuck oberhalb der Traufe,
der im 19. Jahrhundert hinzugefügt
worden war und der die Kriegszerstörungen überstand, entfernt hat.
Dem heutigen Mittelteil der gesamten Straßenfront wurde anstelle des flachen Satteldaches auch
das hohe Mansarddach des 18.
Jahrhunderts mit seinen Gauben
wieder aufgesetzt.
Seine heutige Gestalt mit den
westlichen und östlichen „Ehrenhöfen“ und dem durch das „Haupthintergebäude“ sowie den beiden
Seitengebäuden umschlossenen
„Großen Hof“ erhält das Palais
überwiegend im 18. Jahrhundert.
Im folgenden Jahrhundert wurde
neben einigen Umbauarbeiten, zu
denen Teilaufstockungen und die
Errichtung niedriger Satteldächer
gehörten, nur der Südostflügel errichtet, den man stilistisch anpasste. Die Innenausstattung des Palais’ wurde entsprechend der
Nutzung und der Wünsche seiner
Bewohner häufig geändert.
715 beschloss August der Starke,
die der Gräfin Cosel „ehemals überlaßenen Häuser an Uns zu bringen“.
Das Palais erhielt aufgrund seiner
neuen Möblierung und Innenausstattung den Namen „Türkisches
Haus“ und wurde von der neuen
Mätresse Augusts des Starken, Gräfin Maria von Dönhoff, bewohnt.
Ab 1718 baute man das Palais zur
Thronfolgerresidenz um. Diese Funktion behielt das nun „Prinzliches Palais“ genannte Gebäude bis zum
Ende der Monarchie im November
1918.
Danach diente es so unterschiedlichen Zwecken wie der Krankengymnastik und der Herstellung von
Konserven. Ferner beherbergte das
Palais die Hauptkasse der Staatstheater und die Wehrmachts- kommandantur Dresden.
n der Nacht vom 13. zum 14.
Februar 1945 wurde das Palais
ebenso wie die gesamte Dresdner
Altstadt durch einen britischen
Bombenangriff zerstört. Die Umfassungsmauern des Hauptgebäudes,
des Haupthintergebäudes sowie einiger Seitenfügel blieben in Teilen
stehen und wurden in der Nachkriegszeit gesichert. Einige Mauerreste wurden aber 1956 und 1968
aus Sicherheitsgründen abgebrochen.
Ab 1957 entstanden verschiedene
Pläne und Nutzungsvarianten für
einen Wiederaufbau, die jedoch
nicht realisiert werden konnten.
REISEkultur KULTURreise
Fotos büro conrad + Kempinski ©
990 schrieb die Stadt Dresden einen Wettbewerb für den denkmalgerechten Wiederaufbau als Hotel
aus, der von der Architektengemeinschaft Peter Albert, Peter
Hentschel und Dieter Schölzel vom
Institut für Kulturbauten gewonnen
wurde. Mit dem ersten Spatenstich
am 6. November 1992 und der
Grundsteinlegung am 30. Juni 1993
wurde begonnen, diese Planung zu
realiseren. Bei der Rekonstruktion
des Baudenkmals wurde – soweit
möglich – historische Bausubstanz
verwendet. Die aufwendigen Baumaßnahmen dauerten zwei Jahre
und kosteten 127,8 Millonen Euro.
Über 10 Prozent dieser Summe entfielen für Maßnahmen des Denkmalschutzes.
as Kempinski Hotel, das jetzt den
Namen „Taschenbergpalais“ trägt,
kann am 31. März 1995 glanzvoll eröffnet werden.
Wer heute dieses zu den „Leading
Hotels of the World“ zählende
Grandhotel besucht, findet aber
ein bereits erneut im Inneren verändertes Gebäude vor, denn die
Flutkatastrophe vom August 2002
suchte auch das Taschenbergpalais heim. Alle vier Untergeschosse
und das gesamt Erdgeschoss bis
zur einer Höhe von 20 cm verschwanden unter den schmutzigen
Wassermassen, die das Hotel, den
Zwinger, das Schloss und die Semperoper zu Inseln in einem riesigen
See werden ließen.
Allein die Schäden am Bauwerk und
an den technischen Einrichtungen
beliefen sich bereits auf eine Summe oberhalb von 10 Millionen Euro.
ereits im Oktober vergangenen
Jahres konnte das Hotel – wenn
auch nur eingeschränkt – seinen
Betrieb wieder aufnehmen.
Die Sanierungsarbeiten dauerten
allerdings noch viele Monate an.
Die Neuinstallation der Elektro-,
Heiz-, Lüftungs- und Küchentechnik
war ein zeitraubendes Unterfangen.
Der große Ballsaal im Souterrain
und sein Foyer wurden ebenso wie
die Hotelbar völlig neu gestaltet.
Alle Bodenbeläge im Unter- und
Erdgeschoss – egal ob Sandstein,
Parkett oder Teppich – mussten neu
verlegt werden.
Foto Kempinski ©
Foto Kempinski ©
33
eute präsentiert sich das Taschenbergpalais wieder in allen Bereichen als 5-Sterne Luxushotel. Es
verfügt über 184 Zimmer, 31 Suiten
sowie 15 Bankett- und Veranstaltungsräume.
Die Hotelzimmer unterscheiden sich
in Größe und Lage.
Die „Kurfürstenzimmer“ haben eine
Größe von bis zu 50 qm und eine
Deckenhöhe von 4,80 m. Sie bieten
großartige Ausblicke auf den Zwinger, die Semperoper oder das
Schloss.
Die „Palaiszimmer“ sind etwa 40
qm groß und die „Regentenzimmer“ verfügen über 28 qm. Sie liegen überwiegend in der vierten
Etage und haben etwas kleinere
Fenster als die Zimmer der beiden
höheren Kategorien.
Die Ausstattung der in hellen Pastelltönen gehaltenen Räume ist in
allen Zimmern gleich. Sie verfügen
über eine individuell regelbare und
erfreulich leise Klimaanlage, Radio,
Fernseher, Telefon, Telefax und PCAnschluss, eine gut bestückte Minibar und einen kleinen Safe. Die
eleganten Möbel sind aus Ulmenholz. Sie wurden extra für das Taschenbergpalais von den Deutschen Werkstätten Hellerau angefertigt. Die großzügigen Bäder besitzen eine Fußbodenheizung und
beheizte Handtuchhalter. Erfreulich
ist nicht nur, dass die meisten Bäder
über eine geräumige Dusche sowie eine große Badewanne verfügen, sondern dass die Toilette separat untergebracht ist. Für den
Weg in den Wellnessbereich liegen
REISEkultur KULTURreise
Foto büro conrad ©
flauschige Bademäntel bereit.
Nachts werden die Schuhe geputzt
und es steht den Gästen rund um
die Uhr ein Zimmerservice mit einer
ansprechenden Auswahl von Gerichten zur Verfügung.
Im Dachgeschoss liegt der Wellnessbereich mit einem Pool, dessen
Maße und eine Gegenstromanlage es gestatten, dass man nicht
nur baden sondern auch schwimmen kann. Ferner stehen eine Sauna, ein Solarium und ein Fitnessraum zur Verfügen. Man kann sich
dort auch massieren lassen. Die
Poolbar bietet Erfrischungen.
Im Erdgeschoss gibt es sieben Ladengeschäfte und acht verschiedene Restaurants und Bars. Hier bekommt man sowohl einen Espresso
als auch eine zünftige Brotzeit, ein
rustikales Essen in den historischen
Gewölben, einen High Tea im Vestibül oder Haute cuisine im Restaurant Intermezzo.
emnächst wird das Kempinski
Hotel mit der Dachterrasse im fünften Stock des im Ausbau befindlichen „Taschenberg Modern“ über
eine weitere Attraktion mit Blick
über die Kuppeln und Türme der
wiederentstehenden Altstadt verfügen. Der moderne Annex wird
durch eine Brücke mit dem Taschenbergpalais verbunden werden und über 180 moderne Zimmer
und Suiten verfügen.
Der Gast wird dann die Wahl zwischen barockem Ambiente sowie
modernem Design und zeitgenössischer Kunst haben.
Foto Kempinski ©
ur Adventszeit bietet das Taschenbergpalais mit der Eisbahn im
Innenhof ein besonderes vorweihnachtliches Vergnügen. Ob mit
Schlittschuhen auf dem Eis oder
beim Glühwein an der Eisbar ist es
ein einzigartiges Erlebnis, diesen
Innenhof, der neben dem „Großen
Hof“ des benachbarten Residenzschlosses als prachtvollster Palasthof Dresdens gilt, so dekoriert und
beleuchtet zu sehen.
Es entsteht eine leise Ahnung von
den glanzvollen barocken Festen,
die im Palais stattgefunden haben.
Erinnert man sich an zeitgenössische Berichte, so kann man sich
zum Beispiel die aufwändige Inszenierung der „magnifique assemblée“ anläßlich des Namenstages
Augusts des Starken oder eines
„ball en masque“ gut vorstellen.
Kempinski
Hotel Taschenbergpalais
Taschenberg 3
01067 Dresden
Telefon
0351 | 49 12-0
0351 | 49 12 812
E-Mail:
reservations.taschenbergpalais
@kempinski-dresden.de
www.kempinski-dresden.de
34
Foto büro conrad ©
Telefax
KOCHEN
Barbara de Marie
Foto büro conrad ©
Jörg
Mergner
kocht
Jörg Mergner stammt aus Calbe an der Saale. Er absolvierte seine Lehre im Ratskeller von Schönebeck, damals das erste Haus am
Platze. Nach einigen Jahren beruflicher Praxis legte er in Magdeburg seine Prüfung als Küchenmeister ab.
Anschließend sammelte Jörg Mergner Erfahrungen in der „Kleber
Post“ in Bad Saalgau, einer renommierten Traditionsadresse, wo
oberschwäbische Gastlichkeit gepflegt wird. Danach wechselte
er ins Restaurant „Graues Haus“ in Östrich-Winkel, das in den 90er
Jahren zu den Topp-Adressen des Rheingaus zählte.
Seit Dezember 2002 ist Jörg Mergner Küchenchef des Hotels Taschenbergpalais. Sein Stil ist klassisch, der leidenschaftliche Koch
kann und will aber sein Liebe zur Mittelmeerküche nicht verleugnen. Im Sommer, wenn man im heiteren Innenhof des Palais speisen kann, lernt man seine leichten mediterranen Gerichte besonders zu schätzen.
Das „Intermezzo“ ist zwar ein Hotelrestaurant, hebt sich aber wohltuend von der häufig langweiligen und qualitativ wenig überzeugenden Hotelgastronomie ab. Im Taschenbergpalais wird ambitioniert nicht nur für Hotelgäste gekocht, denn das Restaurant wird
auch von den Dresdnern sehr geschätzt. Das hohe Niveau der
Intermezzo-Küche ist deshalb erstaunlich, weil in einem Grandhotel wie dem Taschenbergpalais natürlich auch zahlreiche Veranstaltungen bis hin zum großen Bankett für mehrere hundert Gäste
kulinarisch betreut werden müssen. Entsprechend groß ist die Küchenbrigade mit 39 Mitgliedern. Der schwierige Spagat gelingt,
weil Jörg Mergner unnachgiebig Qualität verlangt und Wert auf
erstklassige, frische Produkte legt. Fleisch und Gemüse werden zu
einem guten Teil von lokalen Produzenten bezogen. Da zwischen
Dresden und Leipzig ein hervorragendes Obstanbaugebiet liegt,
verwundert es nicht, dass sächsisches Obst angeboten wird.
Jörg Mergner kocht saisonal orientiert, daher wechselt die Karte
etwa alle drei Wochen.
Der Service im Intermezzo, im Vestibül und in der Bar ist sehr freundlich um das Wohl der Gäste bemüht und zelebriert seine Professionalität in wohltuend lockerer Form.
Man isst daher nicht nur sehr gut, sondern man fühlt sich hier auch
ausgesprochen wohl.
35
Foto Kempinski ©
Foto Kempinski ©
Restauraunt Intermezzo
Cafè Vestibül
Taschenberg Bar
Foto Kempinski ©
KOCHEN
Foto büro conrad ©
Lachstatar
mit feinen Kartoffelküchlein
Rosa gebratener Rehrücken
mit eingelegten Feigen
Wirsing und Grießnocken
EINKAUFEN
EINKAUFEN
FÜR DAS TATAR…
g
Lachsfilet
Salz Pfeffer
Limonenöl
Schnittlauch
FÜR DAS TATAR…
kleiner Rehrücken ca kg
Fett zum Braten
g
Wurzelwerk bestehend aus Möhre
Sellerie und Zwiebel
El
Tomatenmark
l
Wildfond oder Geflügelfond
Kartoffelstärke zum Binden der
Sauce
Gewürzsäckchen (Wacholder Piment
Lorbeerblatt und Korianderkörner )
FÜR DIE MAYONNAISE…
Eigelb
El Senf
ml Öl
ml
Geflügelbrühe
Frischen Dill
Salz Pfeffer
FÜR DIE KARTOFFELKÜCHLEIN…
g
Kartoffeln
Eigelb
Fett zum Braten
Salz Pfeffer
Muskat
ZUM GARNIEREN…
Salate der Saison
Dillspitzen
Kleine Tomaten
SO WIRD´S GEMACHT
Das Lachsfilet mit einem schweren Messer fein würfeln Den
Schnittlauch klein schneiden und diesen dann mit Salz Pfeffer
und dem Limonenöl zum Lachs geben
Für die Mayonnaise Eigelb und Senf miteinander vermischen
und dann das Öl langsam unterrühren Geflügelbrühe Dill und
die Gewürze zugeben
Kartoffeln nicht ganz gar kochen pellen und dann abgekühlt
auf einer Kartoffelreibe grob reiben
Eigelb zugeben und mit Salz Pfeffer und Muskat abschmecken
Von beiden Seiten in wenig Fett knusprig goldgelb braten
36
Foto büro conrad ©
FÜR DIE FEIGEN…
Stück Feigen
g
Zucker
ml
Rotwein
Lorbeerblatt
Nelken
ml
Wodka
Zeste
einer halben unbehandelten Orange
etwas Butter
Sternanis
etwas
Zimtstange
FÜR DEN WIRSING…
kleiner Wirsingkopf
Salz
Pfeffer
etwas
Muskat
Creme fraiche
FÜR DIE GRIEßNOCKEN…
l
Milch
g
Grieß
g
Butter
geriebener Parmesan
frischer Thymian
Knoblauch
Salz
KOCHEN
Foto büro conrad ©
Foto büro conrad ©
Rosa gebratener Rehrücken
mit eingelegten Feigen
Wirsing und Grießnocken
Quarkauflauf
mit Rumtopffrüchten und
Vanilleschaum
SO WIRD´S GEMACHT
EINKAUFEN
REHRÜCKEN
Das Rehrückenfilet vom Knochen lösen von Sehnen befreien
und die Knochen in walnußgroße Stücke hacken (das können
Sie von Ihrem Metzger machen lassen)
Knochen anrösten Wurzelwerk zugeben und ebenfalls gut
rösten Tomatenmark zugeben und vorsichtig weiter rösten
Dann mit dem Fond ablöschen und diesen Ansatz reduzieren
lassen bis die Flüssigkeit verkocht ist Diesen Vorgang bis mal
wiederholen um alle Röst und Geschmacksstoffe zu lösen Mit
dem restlichen Fond aufgießen und langsam ca Stunde
köcheln lassen bis die Sauce einen kräftigen Geschmack be
kommen hat Minuten vor der Fertigstellung das Gewürz
säckchen dazugeben Sauce durch ein feines Sieb gießen und
dann binden Das Rehrückenfilet würzen und gleichmäßig bei
nicht zu starker Hitze anbraten Das Fleisch dann bei ca °C
für ca Minuten (richtet sich nach der Fleischstärke) in den
Ofen geben und nach dem Braten noch etwas ruhen lassen
FÜR DEN AUFLAUF…
g
Quark
Eigelb
Eiweiß
g
Zucker
Abrieb einer unbehandelten Zitrone
El
Butter
EINGELEGTE FEIGEN
Für die Marinade den Zucker karamelisieren lassen bis er eine
kaffeebraune Farbe annimmt Dann mit dem Rotwein ab
löschen und den Zucker so verkochen Gewürze dazugeben
etwas einkochen lassen und dann mit dem Wodka vermischen
Die Feigen leicht mit einer Rouladennadel einstechen und für
drei Tage einlegen
Zum Anrichten etwas von dem Rotweinfond einkochen die in
Stücken geschnittenen Feigen dazugeben und mit etwas kalter
Butter (kleine Würfelchen am besten aus dem Eisschrank)
binden
GRIESSNOCKEN
Für die Grießnocken gesalzene Milch mit Knoblauch und Thy
mian fast zum Kochen bringen Diesen Ansatz durch ein Sieb
schütten so dass der Knoblauch und der Thymianzweig heraus
gefiltert werden Grieß in die dann passierte kochende Milch
einlaufen lassen und ca Minuten unter ständigem Rühren
ausquellen lassen In eine gebutterte Form cm hoch schütten
und mit zerlassener Butter beträufeln Nun den geriebenen
Parmesankäse darüber streuen und erkalten lassen
Halbmondförmig ausstechen und dann überbacken
FRÜCHTE…
g
Rumtopffrüchte
ZUM GARNIEREN…
Vanillesauce
Minze
Puderzucker
SO WIRD´S GEMACHT
Die beiden Eigelbe mit g Zucker warm und kalt schlagen
(erst auf warmem Wasserbad dann auf kaltem Wasserbad )
anschließend Zitronenschale und Quark darunter geben
Eiweiß mit g Zucker aufschlagen / der Eiweißmasse
unter die Quarkmasse rühren / danach vorsichtig darunter
heben
Förmchen mit etwas Butter ausstreichen und mit Zucker
ausstreuen Auflaufmasse einfüllen und dann im Wasserbad
bei Grad im Ofen etwa bis Minuten garen
Mit Früchten und Vanillesauce anrichten
GEMÜSE
Dazu Wirsing reichen der leicht rahmig zubereitet werden
sollte
37
Alle Rezepte von Jörg Mergner sind für
Personen berechnet
BUCHTIPP
Gesundheit
aus dem Kloster
Zu einem Handbuch
über Heilpflanzen und bewährte Therapien
HEILMITTEL DER NATUR SIND
GEFRAGT
Die Nachfrage nach Naturheilmitteln hat Konjunktur. Das bestätigen
nicht nur aktuelle Umfragen, sondern auch das Kaufverhalten der
Bundesbürger. Rund 4 Milliarden
Euro geben die Deutschen pro
Jahr für Arzneimittel aus der Natur
aus. Als Naturstoffarzneimittel (Phytopharmaka) gelten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Arzneimittel, deren wirksame Bestandteile ausschließlich aus pflanzlichem Material bestehen, wie beispielsweise Pflanzenpulver, Pflanzensekrete, ätherische Öle oder
Pflanzenextrakte“. Dabei ist zu beachten, dass homöopathische Zubereitungen nicht zu den Phytopharmaka gehören.
KLOSTERHEILKUNDE
Benedikt von Nursia (geb. um 480,
gest. nach 542) war mit seiner im 6.
Jahrhundert verfassten Ordensregel nicht nur der Begründer des
abendländischen Mönchstums,
sondern durch sein Postulat, dass
die Sorge um den Körper ebenso
wichtig sei wie die Sorge um die
Seele, auch der Initiator der Klosterheilkunde. Die Versorgung und
Pflege der Kranken, und zwar nicht
nur der Angehörigen des eigenen
Ordens, sondern aller, die mit gesundheitlichen Beschwerden ins
Kloster kamen, stand ganz oben im
klösterlichen Aufgabenbereich.
38
AUTOREN
Dr. Johannes Gottfried Mayer
lehrt in Würzburg am Institut für Geschichte der Medizin und ist seit 1999
Mitglied der Forschergruppe Klostermedizin. Er hat Zugang zur weltweit
umfangreichsten Sammlung historisch-medizinischer Schriften des
Mittelalters. Als Autor und Mitherausgeber hat Johannes Gottfried Mayer
mehrere Sammelbände zur Literatur
und Medizin des Mittelalters publiziert.
Dr. med. Dr. rer. nat.
Bernhard Uehleke
hat sich als Mediziner auf Naturheilverfahren spezialisiert. Er arbeitet am
Lehrstuhl für Naturheilkunde an der
Freien Universität Berlin und gilt als
einer der führenden Kenner der Phytotherapie in Deutschland.
Pater Kilian Saum (OSB)
aus dem Orden des heiligen Benedikt
übernahm 1993 nach seiner Ausbildung zum Heilpraktiker und Physiotherapeuten die Leitung der Krankenund Pflegeabteilung im Kloster St. Ottilien. Er kümmert sich um die Pflege
und die medizinische Betreuung der
Mitbrüder, der Internatsschüler und
der Gäste. Außerdem ist Pater Kilian
Dozent an Krankenpflegeschulen.
Das führte unter anderem dazu,
dass in den Scriptorien das Wissen
um die Heilkünste durch Abschreiben der antiken Schriften nicht nurfestgehalten, sondern systematisch
weiter erforscht und verbreitet wurde. Hier entstanden auch die ersten Kräuterbücher. Zur sich etablierenden Klosterheilkunde gehörte vor allem der Anbau von Heilpflanzen.
In der Landgüterverordnung „Capitulare de villis vel curtis imperii“
Karls des Großen von 795, der Beschützer und tatkräftiger Förderer
der Klöster war, wurde der Anbau
bestimmter Gemüse-, Gewürz- und
Heilpflanzen vorgeschrieben. Aus
dem karolingischen Klosterplan
von St. Gallen aus der 1. Hälfte des
9. Jahrhunderts, der lange als Musterplan für weitere klösterliche Neugründungen wirkte, geht hervor,
dass neben dem „herbularius“ genannten Kräutergarten mit 16 Beeten auch ein Vorratsraum für Arzneimittel („armarium pigmentorum“) und ein Haus der Ärzte („domus medicorum“) anzulegen war.
Aus den Aufbewahrungsorten für
die in der Regel getrockneten Heilpflanzen und Kräuter (gr. Apotheke), in denen auch einfache Medikamente zubereitet wurden, entwickelten sich langsam die Klosterapotheken. Sie können nicht als
selbstständige Einrichtungen betrachtet werden, denn sie waren
Teil der „Infirmarien“ genannten
BUCHTIPP
Bereiche. Diese Infirmarien lassen
sich besonders bei den Benediktinerklöstern, aber auch bei den Augustiner Chorherrenstiften sowie
den Klöstern der Prämonstratenser
und Zisterzienser anhand von Urkunden bis zum Ausgang des
Mittelalters nachweisen.
Dem Klerus wurde 1130 im Konzil
von Clermont verboten, ärztlich tätig zu sein. Mit den „Constitutiones“,
dem sogenannten „Edikt von Melfi“ regelte der Hohenstauferkaiser
Friedrich II. 1231 das Medizinalwesen. Ärzte und Apotheker durften
nicht mehr zusammenarbeiten,
sondern die Ärzte mussten fortan
die Apotheken kontrollieren, um
den Verkauf minderwertiger Arzneien und Betrug zu unterbinden.
Ab dem 13. Jahrhundet entstanden in den aufstrebenden deutschen Städten die ersten Apotheken außerhalb der Klöster.
Im Übergang vom Mittelalter zur
Neuzeit gaben die Klöster ihre umfassende Versorgung allmählich
auf. Es folgte die Zeit der scholastischen Medizin, die an den Universitäten gelehrt wurde.
Im 15. Jahrhundert erlebten die
Kräuterbücher durch die Erfindung
der Buchdruckerkunst eine Renaissance. (vgl. auch Symbiose, 2/02, S.
13. Hier sind die wichtigsten frühen
gedruckten Kräuterbücher aufgeführt).
Durch die Entdeckungsreisen und
auch durch die Missionarstätigkeiten der Mönche kamen fremdländische Pflanzen zu uns mit neuen
Anwendungsmöglichkeiten in der
Heilkunst. So zog sich die Klosterheilkunde durch das gesamte Mittelalter bis in die Neuzeit.
39
DAS HANDBUCH
Im Mittelpunkt des Handbuches
der Klosterheilkunde, geschrieben
von drei Fachleuten der Naturheilkunde und Physiotherapie, steht
die Klosterheilkunde des Abendlandes, die seit etwa 20 Jahren eingehend erforscht wird.
Die in den Klöstern entwickelten
Heilverfahren werden mit den Mitteln moderner Forschung auf den
Prüfstand gestellt. Es wird anhand
von Kräuterbüchern untersucht, inwieweit frühere und heutige Erkenntnisse der in den Heilpflanzengärten der Nonnen und Mönche
angebauten und verwendeten
Heilpflanzen korellieren. Die Untersuchung ist auf die europäische
Pflanzenwelt begrenzt.
Auf den historischen Überblick unter der Überschrift „Alte Schätze neu entdeckt“ folgen die „Steckbriefe der Heilpflanzen“. Jedes der
100 Portraits von Pflanzen aus der
Klosterheilkunde ist nach folgendem übersichtlichen Schema aufgebaut: Geschichte, Herkunft und
Anbau, verwendete Teile und Inhaltsstoffe, Anwendungsgebiete,
Anwendungsform und Dosierung.
Im folgenden Kapitel „Der gesunde
Rhythmus des Lebens“ wird entwickelt, wie man die Lehren der Nonnen und Mönche im modernen Alltag nutzen kann.
Dann folgt unter der Überschrift
„Die Praxis der Klosterheilkunde“ eine Darstellung bewährter Therapien, die nach Stichworten wie z. B.
„Für Psyche und Nerven“ oder „Für
Magen und Darm“ gegliedert ist.
Im letzten Kapitel „Die praktischen
Anwendungen“ gibt Pater Kilian
praktische Tipps. Sie reichen von
der richtigen Zubereitung von Kräutertees bis zum richtigen therapeutischen Einsatz von Bädern.
Die Ergebnisse sind für den, der die
Wirksamkeit von Phytopharmaka
kennt, kaum verblüffend: Viele Erkrankungen lassen sich mit Naturstoffarzneien und dem Wissen der
Klosterheilkunde lindern oder heilen. Dieses Buch zeigt eindrucksvoll,
was der Klostergarten so hergibt
und ist ein begrüßenswertes Plädoyer für die Phytopharmka.
Bei der Abhandlung der einzelnen
Krankheiten und wie man ihnen mit
einer modern interpretierten Klosterheilkunde wirkungsvoll begegnen kann, bleibt die Einheit von
Körper und Geist stets gewahrt.
In diesem Sinne ist es ein religiöses
Buch, das im Sinne des Heiligen Benedikts die seelischen und körperlichen Bedürfnisse des Menschen
berücksichtigt und ihn als ganzheitliches Wesen begreift.
FACIT
Erstmals wird hier eine Synthese von
altem Wissen und neuen Erkenntnissen über Heilkräuter vorgenommen, die früher in der Klostermedizin eine zentrale Rolle gespielt
haben.
Dank guter Bebilderung und Gestaltung ein sehr übersichtliches,
aber vor allem nützliches, lehrreiches und unterhaltsames Buch!
Johannes Gottfried Mayer
Bernhard Uehleke Kilian Saum:
Handbuch der Klosterheilkunde
Wissen über die Wirkung der
Heilpflanzen
Vorbeugen behandeln und heilen
Verlag Zabert Sandmann
Seiten Preis: Euro
IMPRESSUM
PREISRÄTSEL
Herausgeber
FRAGEN
1
Auf welcher Seite befindet sich die Abbildung, von der dieses Detail stammt?
2
Was ist ein „Pflaumentoffel“?
3
Seit wann besitzt Dresden Markrecht?
PREISE
1. Preis
Ein Menü und eine Übernachtung für
2 Personen im Gasthof zur Post in Ladbergen
(Empfohlen in Symbiose H. 3/2001)
2. Preis
12 Flaschen Heitersheimer Maltesergarten,
Spätburgunder Spätlese
Weingut Gerhard Fünfgeld,Heitersheim
Markgräflerland, Baden
3. Preis
Schlemmerpaket aus der
Spezialitätenbäckerei Dr. Quent, Dresden
TEILNAHME + EINSENDUNG
Bitte senden Sie uns Ihre Antworten per E-Mail aus
Ihrer Apotheke oder Praxis mit dem
Stichwort „Symbiose“-Preisrätsel
an folgende Anschrift:
[email protected]
EINSENDESCHLUSS
ist der 29. Februar 2004. Es gilt das Datum der
E-Mail. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
LÖSUNG SYMBIOSE 3/2003
Verleger
Dr. Claus Conrad
Stephansplatz 1, 30171 Hannover
Tel:
05 11|80 41 80
Fax:
05 11|80 53 39
E-Mail:
[email protected]
Internet:
www.symbiose-online.de
Technische Realisierung
macademy® GbR
Birkenstraße 17, 30171 Hannover
Tel:
05 11 |270 32 00
Fax:
05 11 |806 05 97
E-Mail:
[email protected]
Redaktion + Gestaltung
büro
conrad
Stephansplatz 1, 30171 Hannover
Tel:
05 11 |80 41 80
Fax:
05 11 |80 53 39
Leonardo:
05 11|600 34 67
E-Mail:
[email protected]
Internet:
www.buero-conrad.de
Chefredakteur:
Dr. Claus Conrad
Redaktionsteam:
Dr. Angelika Schaller: Medizin
Barbara de Marie: Kochen
Frank Burhenne +
Toni Hermes: Bildredaktion
Saul C. Ratkühn: Layout
Doris Steinert: Schlussredaktion
Die Lösung lautet:
1.
S. 29
Gastautoren:
2.
5 bis 9 Liter
Christel Stahn-Heise
3.
Gehirn und Leber
Copyright
Die Gewinner waren:
1. Preis: Apotheker Bernd-Keuten
Graf-Anton-Günther-Apotheke
26129 Oldenburg
2. Preis: Alexander Zeitler
Spitzweg-Apotheke
71034 Böblingen
3. Preis: Dr. Elisabeth Vollers-Sauer
04275 Leipzig
Herzlichen Glückwunsch!
40
Schaper & Brümmer GmbH & Co. KG
Postfach 61 11 60, 38251 Salzgitter
Tel:
0534 |307121
Fax:
0534 |307125
E-Mail:
[email protected]
Internet:
www.schaper-bruemmer.com
Schaper & Brümmer + büro
conrad
Alle Rechte, insbesondere das Recht auf Verbreitung, Nachdruck von Text und Bild, Übersetzung in Fremdsprachen sowie Vervielfältigung
jeder Art durch Fotokopie, Mikrofilm, Funk- und
Fernsehsendung für alle veröffentlichten Beiträge
einschließlich der Fotos und Grafiken vorbehalten.
Die Symbiose hat eine unabhängige Redaktion,
daher geben die in den Beiträgen geäußerten
Meinungen nicht in jedem Falle den Standpunkt
von Schaper & Brümmer wieder.