" Der Geist von Lourdes " Wallfahrts-Bericht eines Obergefreiten aus
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" Der Geist von Lourdes " Wallfahrts-Bericht eines Obergefreiten aus
Der Geist von Lourdes Wallfahrts-Bericht eines OG Eine Erfahrung, wie man sie selten macht und auf die man um keinen Preis verzichten sollte, war für mich und drei meiner Kameraden aus Regen die Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes, wo der Hl. Bernadette im Jahr 1858 die Mutter Gottes mehrmals erschienen ist. Das Besondere war und ist diese Fahrt wegen ihrer vielseitigen Nuancen: Zum einen ist Lourdes ein blühendes Zentrum für Gläubige und Pilger und bietet viele Möglichkeiten, einen spirituellen Weg zu sich selbst zu finden und sich tief in der Seele berühren zu lassen. Zum anderen sind auf dieser Wallfahrt Kameradschaft, harmonisches Miteinander und Offenheit gegenüber anderen für jeden Pilger gegenwärtig, wenn er an den internationalen Begegnungen und Messen oder Prozessionen teilnimmt. So kann es hier zu einer wahren Völkerverständigung kommen, bei der sich die Soldaten der Nationen mit ihren Besonderheiten kennen und schätzen lernen. So war es für uns etwas gänzlich Neues, vorher nie in der Form Erlebtes. Schon bei der Abfahrt unseres Sonderzuges zeigten sich die Freundlichkeit und Gelassenheit der Pilger, seien es nun hohe Dienstgrade oder Militärseelsorger. Ein jeder gab sich äußerst umgänglich und suchte neue Freundschaften ganz im Geist dieser Wallfahrt. Uns sind dabei die neuentstandenen Freundschaften mit Kameraden aus den Nachbarstandorten Freyung und Feldkirchen, zu denen wir auch jetzt nach der Wallfahrt noch Kontakt halten, besonders wichtig, aber auch die Begegnungen mit Kameraden aus entfernteren deutschen Standorten oder Soldaten aus Ländern, wie Österreich und der Schweiz. In Lourdes angekommen, zeigte sich uns die Gegend mit all ihrer Herrlichkeit, wonnige südliche Temperaturen, blauer Himmel, grün sprießende Ebenen und ein prächtiger Ausblick in die schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen hinein. Nach dem Beziehen des Lagers trafen wir uns mit unseren Standortseelsorgern, Pastoralreferent Hans Rückerl und Pfarrer Norbert Sauer zu einer ausführlichen Einführung im Heiligen Bezirk um anschließenden in einer kurzen Stadtführung noch verschiedene Orte (Geburtshaus-Mühle Boly , Cachot), in denen Bernadette lebte, gezeigt zu bekommen. Schließlich gingen wir mit unseren beiden Seelsorgern noch den Kreuzweg mit seinen 14 Stationen. Das Besondere auf diesem Kreuzweg sind die lebensgroßen, detailgetreuen Nachbildungen der einzelnen Figuren auf dem Leidenswegs Jesu, wie auch die Tatsache, dass man wirklich einen Weg, den Berg hinauf zurücklegt. So ganz anders berührte uns dieser Kreuzweg. „Dieser Kreuzweg war für mich der spirituellste und tiefgründigste Teil dieser ganzen Wallfahrt“, meinte ein Kamerad auf der Heimfahrt. Am Abend wurde nach einer kurzen Begrüßung der Wallfahrer durch den deutschen Lagerkommandanten die internationale Begegnungsstätte im deutschen Lager eröffnet, wo wir später noch lang in die Nacht hinein zusammen mit deutschen, österreichischen, kroatischen, tschechischen, amerikanischen und anderen Soldaten feierten. So war es durchaus nicht verwunderlich, dass am nächsten Tag so mancher Kamerad noch nicht so ganz „Fit for Lourdes“ war. Der Tag begann nach dem Frühstück mit dem deutschen Eröffnungsgottesdienst. Nachmittags stand für uns - trotz großer Hitze - die Teilnahme an der Fußwallfahrt durch die malerische Landschaft nach Bartrès auf dem Plan. Dort konnten wir den Stall sehen, bei dem Bernadette Schafe hütete. Nächste Station war ein schattiger Biergarten in der Nähe, in dem noch alle Pilger einkehrten bevor sie mit dem Bus nach Lourdes zurückfuhren, um abends bei der Parade der Länderdelegationen in die Pius-Basilika dabei zu sein. Diese hatten sich prächtig herausgeputzt und traten teilweise in prunkvollen, aufwendig geschmückten Paradeuniformen auf. Nach dem internationalen Eröffnungsgottesdienst ging’s anschließend ins Zeltlager, um gemeinsam zu feiern und neue Bekanntschaften zu schließen. Dabei wurden auch Teile der eigene Ausrüstung und Abzeichen gegen ausländische Ausrüstungsgegenstände getauscht. Besonders begehrt waren dabei unsere Barette und Schützenschnüre. Als es im Lager schließlich zunehmend ruhiger und leerer wurde, machten wir uns zu zweit auf den Weg in die Stadt, in eine Disco am Fluss. Und wieder dasselbe Bild: Menschen aller Nationen tanzen und feiern in frohem Miteinander. – Das ist, was diese Wallfahrt ausmacht, sie verbindet die Menschen und Nationen in Frieden und Freundschaft. Als wir die Disco wegen der franz. Sperrstunde um 02.00 verlassen mussten, gingen wir, wieder zu zweit, zur Grotte von Massabielle, dem Erscheinungsort, um die Ruhe und Ausstrahlung des Ortes auf uns wirken zu lassen. Jetzt konnte dies ungestört erfolgen, da nicht mehr so viele Pilger dort waren, wie man sie noch um Mitternacht antrifft. In Stille und im Gebet verblieben wir dort einige Zeit und brachen dann auf in unser Zeltlager zum ersehnten Schlafsack auf dem Feldbett. Nach dieser etwas kurzen Nacht nahmen wir an einem sehr schönen Gottesdienst in der „Grünen Kathedrale“ im Zeltlager teil. Am Nachmittag fasste „unser Zelt“ den Entschluss eine Wanderung auf den nahegelegenen Pic du Jer zu unternehmen. Der Weg hinauf war zwar teilweise recht anstrengend, doch die Aussicht und eine französische Brotzeit auf dem Gipfel, waren uns Entlohnung genug. Viel Zeit blieb uns allerdings nicht, um auszuruhen und die Aussicht zu genießen, da der Zeitplan an diesem Tag sehr straff war. In abendlicher Dämmerung zogen wir als scheinbar endloser Zug von Menschen, - jeder mit einer Kerze in der Hand - durch die Straßen und engen Gassen der Stadt hin zum Heiligen Bezirk. „Man bekommt wirklich Gänsehaut, wenn zum Einsetzten des Gesangs gleichzeitig alle Kerzen gen Himmel empor gestreckt werden“, meinte ein Unteroffizier. Am folgenden Pfingstsonntag gingen wir wiederum in die unterirdische Basilika Pius X., zum internationalen Pfingstgottesdienst. Ein wunderbarer Gottesdienst, der schönste den ich bisher an Pfingsten mitgefeiert habe, vor allem deswegen, weil hier jenes Sprachwunder von Pfingsten erlebbar wurde: Alle sprechen und beten in verschiedenen Sprachen, wissen aber doch um ihre Einigkeit im Glauben an Gott und können trotz der unterschiedlichen Sprachen mitfeiern. Am Nachmittag hieß es für uns erst mal regenerieren, da die teils sehr kurzen Nächte und unser Tagesprogramm uns ziemlich strapaziert hatten. Wieder fit und einigermaßen ausgeschlafen gingen wir am Abend zum Konzert des Heeresmusikkorps 1 aus Hannover mit Musik von klassischen Kirchenliedern über ABBA bis zu Music von John Miles. Im Anschluss hieß es noch mal alles geben, da am letzten Abend einer unvorstellbar gelungenen Wallfahrt wieder international gefeiert wurde. Musikduos spielten alle möglichen Nationalhymnen, Iren spielten auf ihren Dudelsäcken, andere gaben Vorstellungen ihrer traditionellen Volkstänze aber auch von modernem Breakdance. Wir schlossen letzte Tauschgeschäfte ab und kamen frühmorgens im Zeltlager an, um nach kurzem Schlaf die Zelte aufzuräumen und zu reinigen. Im Anschluss marschierten wir in die Stadt hinunter zum Abschlussgottesdienst und um Abschied zu nehmen von einem Ort, der anders ist, der erfüllt ist von tiefer Frömmigkeit und Glauben, der aber auch beispielhaft ist für die Kommerzialisierung des Religiösen. Vollgepackt mit Andenken und natürlich Kanistern mit Wasser aus der Quelle, dem eine heilende Wirkung nachgesagt wird, marschierten wir bei gefühlten 30°C zum Bahnhof. Im Zug wurden die Andachtsgegenstände und das mitgebrachte Wasser gesegnet und dann wurde es zusehends ruhiger, bis zum Abend jedenfalls. Da hieß es noch einmal Endspurt: man sang miteinander bei einem gemütlichen Bier zum Gitarrenspiel eines Kameraden. Als dabei das „gewöhnliche“ Liedrepertoire des Gitarristen beinahe aufgebraucht war, schwenkten wir kurzerhand auf kirchliche Lieder um und saßen so noch bis spät in die Nacht hinein zusammen. Der Abschied kam schnell, da wir schon gegen Mittag unsere Heimatbahnhöfe erreichten. Es war schade, sich von neugewonnen Freunden zu verabschieden, im Wissen, dass man vielen nicht mehr begegnen wird. Aber dies ist dann schon auch der einzige Wehrmutstropfen einer grandiosen Unterbrechung des Dienstalltags. Mein Tipp für euch, liebe Leser: Diese Wallfahrt unbedingt mitmachen und miterleben. Es sind unvergessliche Tage, außergewöhnliche Freundschaften und tiefe und beeindruckende Erlebnisse, die ihr in Lourdes erfahren werdet, wenn ihr nächstes Jahr dabei seid! Ignaz Ganslmeier, einer der 4 OG aus Regen