Heimat - Vereins für sozialpädagogische Jugendbetreuung eV
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Heimat - Vereins für sozialpädagogische Jugendbetreuung eV
Verein für sozialpädagogische Jugendbetreuung Weggehen um anzukommen Wie viel Heimat brauchen wir? Jahresbericht 2015 Impressum Textbeiträge Herausgeber Andre Engelbrecht, Michael Schumm, Geschäftsstelle Nürnberg Verein für sozialpädagogische Jugendbetreuung e.V. Tanja Specker, Barbara Auch-Dressler (Vorstand vsj) Sandra Thiede, Jürgen Stöcklmeier, AD Nürnberg-Fürth Kontakt Celia Stowasser, Betreutes Wohnen für UMF vsj-Geschäftsstelle Nürnberg Ute Stenzel, Jugendhilfestation Coburg Pestalozzistraße 21 · 90429 Nürnberg Sarah Huzli, Jana Funk, Christoph Jakob, WG Fürth Telefon: (0911) 32 89 86 · Telefax: (0911) 32 62 536 Regina Adel, Familienwohngruppe Frauenaurach E-Mail: [email protected] · Internet: www.vsj.de Simone Fahmy, Ambulante Dienste Erlangen Karin von Minding, IBJ Coburg Vorstand Hasan P., Betreutes Wohnen Nürnberg Tanja Specker, Barbara Auch-Dressler Cora Schwiebus A. S. Betreutes Wohnen für UMF Geschäftsführung Daniel Boeder, Stanley Lauer AD Nürnberg-Fürth Andre Engelbrecht, Michael Schumm Satz & Layout Redaktionelle Bearbeitung Thomas Nester Andre Engelbrecht Jenny Hopf Druck & Versand Xenia Kroker DCT GmbH Coburg s Sparkasse Nürnberg Wir fördern Bildung und Soziales in Nürnberg, Stadt und Land. Kinder aus dem städtischen Zentralhort Veilhofstraße Inhalt 1 Vorwort 4 8 Berufliche Heimat vsj Andre Engelbrecht, Michael Schumm Jürgen Stöcklmeier (vsj-Geschäftsstelle Nürnberg) 2 Grußwort des Vorstandes vsj e.V. (Ambulante Dienste Nürnberg-Fürth) 6 9 Das Leben in einer Jugendwohngruppe Tanja Specker, Barbara Auch-Dressler 3 Heimat verbindet sich mit Orten, Menschen, Zeiten und Gefühlen 7 10 My Home is my Castle – Endlich eine eigene Wohnung Daniel Boeder, Stanley Lauer (Familienwohngruppe Frauenaurach) auch schwieriges Wort 10 11 Fremde oder Freunde Christoph Jakob Ute Stenzel 12 12 Ein Heimatgefühl zwischen Afghanistan und Deutschland Sarah Huzli, Jana Funk 6 Meine Gefühlswelt, meine (Betreutes Wohnen für UMF) 15 Simone Fahmy Versuch einer Definition 32 A. S. 13 Wo ist Heimat? Wo liegt sie? 33 Hasan P. (Ambulante Dienste Erlangen) 7 Der Begriff Heimat – 30 (Jugendhilfestation Coburg) (WG Fürth) Glaubenssätze: meine Heimat 29 (AD Nürnberg-Fürth) (WG Fürth) 5 Eine neue Heimat auf Zeit 26 Cora Schwiebus Regina Adel 4 Heimat – Ein schönes, dennoch 24 (Betreutes Wohnen Nürnberg) 22 Sandra Thiede (Ambulante Dienste Nürnberg-Fürth) Wenn wir aus Gründen der Lesbarkeit in einigen Textbei- Den vorliegenden Jahresbericht können Sie sich im trägen ausschließlich die männliche Form verwenden, Internet unter www.vsj.de als pdf-Datei herunterladen. sind damit Frauen und Männer gleichermaßen gemeint. Die Formulierung „Betreuer“ beispielsweise schließt Betreuerinnen ein. In einigen Artikeln haben wir die Namen der Jugendlichen aus datenschutzrechtlichen Gründen geändert. 3 1 Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, Michael Schumm und Andre Engelbrecht „Und da bin ich daheim.“ Seit einigen Jahren laufen im Bayerischen Fernsehen kurze Spots, die Menschen aus unterschiedlichen Regionen und gesellschaftlichen Milieus Bayerns zeigen, die sich mit ihrer Heimat verbunden fühlen und dies mit einem kurzen Statement und dem oben zitierten Satz beenden. Ein Plädoyer für die Vielfältigkeit unserer Gesellschaft und ein friedliches und tolerantes Miteinander. Wie ist es denn aktuell um den Begriff „Heimat“ bestellt? Was verbindet uns mit Heimat, was macht sie für uns so wichtig, warum berufen wir uns auf sie und was vermissen wir, wenn sie uns abhandenkommt? Kann es zwei Heimaten geben und kann man eine neue Heimat finden? Und warum wollen viele diese Heimat nicht mit anderen teilen? Es gibt da unserer Ansicht nach keine klaren Antworten. Für viele ist der Begriff „Heimat“ mit bestimmten Faktoren eng verknüpft, die sehr vielfältig und unterschiedlich sein können, sei es Familie, Landschaft, Gerüche, Traditionen, Sprache usw. Wir haben im Laufe des letzten Jahres festgestellt, dass es für unsere pädagogische Arbeit wichtig ist, sich näher mit dem Begriff und seinen unterschied- 4 lichen Facetten zu beschäftigen, und zwar nicht nur unter Berücksichtigung der seit 2014 immer stärker werdenden Flüchtlingsströme, sondern weil es uns aufgrund unserer Arbeit schon immer wichtig war, darüber nachzudenken, welche Faktoren zählen, um „heimisch“ zu werden, gerade wenn die Jugendhilfe stellvertretend ein Zuhause für eine lange Zeit sein soll. Kollegen wie Jugendliche haben sich darüber Gedanken gemacht und, wie wir finden, vieles Bemerkenswertes zusammengetragen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die mit ihren Gedanken, Artikeln und Bildern wieder zum Gelingen dieses Jahresberichtes beigetragen haben. In den bewegten Zeiten, in denen wir leben, müssen sehr viele ihre angestammte Heimat verlassen, für lange Zeit oder auch für immer. Dies ist an sich kein neues Phänomen. Allein durch den Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen, die bis heute reichen, wurden Millionen heimatlos und mussten in der Fremde neu anfangen, seien es sogenannte Heimatvertriebene in Deutschland oder displaced persons, die nicht einmal mehr irgendeine Staatsangehörigkeit vorweisen konnten und von Land zu Land geschickt wurden. Auch damals wollte ein großer Teil der Weltgemeinschaft die Flüchtlinge nur begrenzt oder gar nicht aufnehmen. Und für viele Vertriebene war es sehr schwer, in der Fremde Fuß zu fassen, obwohl die Sprache oft die gleiche war. Die Mechanismen scheinen also immer noch die gleichen zu sein? Heimat ist für mich... Wo ich mich zu Hause fühle und wo meine Menschen und Tiere leben, die ich mag und die mich mögen. Claudia 30 Jahre / Betriebswirtin und Fremdsprachenkorrespondentin Vorwort Im vergangenen Jahr beschäftigte uns daher eigentlich nur ein Thema. Wie schaffen wir es, den vielen Menschen, die vor Krieg, Not und tausendfachem Elend zu uns geflüchtet sind, halbwegs gerecht zu werden. Weder die staatlichen Stellen, noch wir Träger der sozialen Arbeit, waren auf diesen Ansturm wirklich vorbereitet und jeden Monat, der ins Land ging, wurden die Zahlen dramatischer und die Aufgaben immer größer. Wir haben mit der Schaffung von neuen Projekten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge versucht, unseren Beitrag zu leisten, und wurden dabei vielfältig institutionell und privat unterstützt. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle ausdrücklich bedanken, denn ohne die breite Unterstützung, die uns und den uns anvertrauten jungen Menschen zuteilwurde, wären diese großen Aufgaben nicht zu bewältigen. Die Mitarbeiter in den neuen Projekten haben tolle Aufbauarbeit geleistet und lernen täglich dazu, die neuen pädagogischen Herausforderungen zu bewältigen. Ein großer Dank gebührt ihnen, genauso wie den Kollegen in den anderen Einrichtungen des Vereins, die in 2015 wieder großen Einsatz und Engagement für den Verein und ihre Klienten gezeigt haben. Unser ehrenamtlicher Vorstand hat uns intensiv fachlich begleitet und einen sehr wichtigen Beitrag für das gute Miteinander im Verein geleistet. Wir sagen vielen Dank für die gute und fruchtbare Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Die Flüchtlingskrise hat, ob man es wahrhaben will oder nicht, viele Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Gesellschaft. Diese können positiv sein, aber auch sehr leicht ins Negative umschwenken. Viele Rückmeldungen aus unserer täglichen Arbeit zeigen beide Entwicklungen. Unkenntnis und Fehlinformationen schüren Ängste, die in vielen Fällen unbegründet sind und die sich in der Regel durch gute Kommunikation aus der Welt schaffen lassen. Das heißt 1 nicht, dass alles gut ist, sondern dass es natürlich eine Menge ungelöster Probleme gibt und wir erst am Anfang einer sehr dynamischen Entwicklung stehen. Versinken wir deswegen in Schockstarre oder versuchen wir, es positiv anzupacken und die Chancen, die sich daraus ergeben, zu nutzen? Es ist mit Sicherheit kein leichter Weg, auf dem wir auch auf die hohe Kooperations- und Integrationsbereitschaft aller Flüchtlinge angewiesen sind. Aber trotz aller Untergangs- und Überforderungsszenarien können wir viel gemeinsam erreichen. Wegschauen und nur abwehren ist keine Lösung. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen unserer „Heimatkunde“. Andre Engelbrecht, Michael Schumm Heimat ist für mich... Heimat kann ein Ort, ein anderer Mensch, ein Gefühl sein. Heimat kann überall sein, da wo wir uns zugehörig und geliebt fühlen, wo wir uns frei entfalten dürfen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man in einer „2“. Heimat genauso glücklich werden kann, wie in der, in der man geboren wurde. Warum geben wir nicht voller Liebe und Zuversicht anderen Menschen die Chance, bei uns eine neue Heimat zu finden? Karin von Minding-Hofmann 5 2 Grußwort des Vorstandes vsj e.V. Herzlich willkommen allen unseren Flüchtlingen, denen wir ein neues Zuhause geben, sie bei ihrer Integration unterstützen und ihnen helfen wollen, Erlebtes zu verarbeiten! Herzlich willkommen all den neuen Mitarbeitern, die im Laufe des Jahres zu uns kamen! Herzlich willkommen der neuen Vorständin Barbara Auch-Dressler! Das Jahr 2015 war gekennzeichnet von vielen Veränderungen im Verein. Unser langjähriger Vorstand Heinz Ernst stellte sich nicht wieder zur Wahl, um seinen verdienten Ruhestand genießen zu können! Annerose Forster aus der Geschäftsstelle verabschiedete sich Mitte des Jahres nun endgültig aus der Berufstätigkeit! Die politische Situation in Europa zwang uns zu handeln und so entschieden wir uns, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Angebote zu schaffen. An all unseren Standorten entstanden neue Einrichtungen! Barbara Auch-Dressler, Tanja Specker Danke an alle Mitarbeiter für das große Engagement, um in dieser kurzen Zeit so viel zu bewegen und aufzubauen! Danke an alle neuen Mitarbeiter, die teilweise unter schwierigen Bedingungen starten mussten! Danke an die langjährigen Mitarbeiter, deren herausragende Arbeit wir sehr zu schätzen wissen und würdigen. Name: Carina Werner Im August 2012 bin ich nach Nürnberg gezogen und seit Oktober 2015 bin ich beim vsj in der Geschäftsstelle tätig. Bisher konnte ich in den verschiedensten Bereichen Erfahrungen im Büro und der Verwaltung sammeln und jetzt macht es Spaß, sie einsetzen zu können. „Ich freue mich darauf, vielen Menschen beim Helfen zu helfen.“ 6 Danke auch an alle anderen Beteiligten, die uns Jugendliche immer wieder anvertrauen, unsere Arbeit unterstützen und mit denen wir kooperieren! Tanja Specker, Barbara Auch-Dressler Heimat ist für mich... Da, wo meine Eltern sind. Ob wir in der Türkei wären oder irgendwo, wäre mir egal. Marc 15 Jahre / Schüler Heimat verbindet sich mit Orten, Menschen, Zeiten und Gefühlen 3 Bericht aus dem 2-wöchigen Urlaub der Jugendhilfeeinrichtung Familienwohngruppe Reuer-Janeck Ich sitze mit meinem Kaffee in der Hand hier im Garten unserer schönen Ferienwohnung auf der Nordseeinsel Wangerooge. Die Vögel begrüßen den Morgen mit einem fröhlichen Zwitschern und ich habe Zeit, den gestrigen Tag Revue passieren zu lassen… Um 4.30 Uhr ging es am Samstag los. Alle Sachen waren bereits gepackt, sodass die Fahrt beginnen konnte. Mit müden Kindern im Gepäck setzte sich der 9-Sitzer in Bewegung. Im Dunkeln verließen wir das neblige Frauenaurach, genossen den Sonnenaufgang während der Fahrt, mit der Fähre über die Nordsee dann den ersten Nordwind in der Nase, um anschließend in der Ferienwohnung erschöpft anzukommen. Das Haus wurde sofort von den Kids gestürmt um alles zu entdecken und zu erkunden. Es gab viele Zimmer und bereits zu Beginn ging es los: WER SCHLÄFT WO? „Ich will ganz oben das Zimmer“, „ja da ist der Fernseher, da will ich hin“, „ich will aber unten schlafen“, „ und ich will auf keinen Fall im mittleren Zimmer sein“… So ging das dann ca. 20 Minuten hin und her, bis eine einigermaßen gute Lösung gefunden war. Und schon ging es los, jeder richtete gleich sein Zimmer ein. Ein riesen „Gewusel“ im ganzen Haus und mitten drin die Betreuer die einigermaßen versuchten, alles zu koordinieren, sodass nicht alles im Chaos endete. Nach ca. zwei Stunden war alles eingeräumt und versorgt. Ein erstes Wohlgefühl machte sich bei allen breit. 7 3 Heimat verbindet sich mit Orten, Menschen, Zeiten und Gefühlen Mit dem anschließenden Abendessen und dem ersten kleinen Erkundungsrundgang in dem Feriendorf wurde dieses Gefühl verstärkt und jeder fiel abends glücklich und zufrieden ins Bett. Wenn wir an neue Orte kommen, richten wir uns ein, wir gestalten unsere Umgebung schön, sodass wir uns wohlfühlen. Kann dann auch so eine Ferienwohnung eine Art Heimat für uns sein? Auf den ersten Blick ist der Begriff „Heimat“ vielleicht mit dem Ort verbunden, in dem man aufgewachsen ist, oder der Ort, an dem man sich zu Hause bzw. wohlfühlt. Für mich umfasst der „Begriff“ Heimat jedoch ein viel größeres Spektrum. Name: Regina Adel Alter: 26 Beruf:Sozialarbeiterin B.A. (FH) Seit Juli 2015 arbeite ich in der Familienwohngruppe Reuer-Janeck des vsj e.V. Besonders gefällt mir hier der Inklusionsgedanke (Jugendhilfekinder, Flüchtlinge, Autistin) sowie das familiäre Zusammenleben und -arbeiten. Schon als Jugendliche war ich immer in der Jugendarbeit tätig, weshalb ich nach meiner Arzthelferinnenausbildung dann auch Soziale Arbeit studierte. Das Praxissemster absolvierte ich in einem Jugendzentrum, welches mich auch danach nicht mehr so schnell los wurde und ich dort auf Honorarbasis weiterarbeitete. Um mein Spektrum in der Jugendarbeit zu erweitern, arbeitete ich danach in einer Flüchtlingswohngruppe für minderjährige Mädchen und im Anschluss führte es mich zur Familienwohngruppe Reuer-Janeck. „Jugendliche aus unterschiedlichsten Familien, Herkunftsländern, mit verschiedensten Vergangenheiten und Bedürfnissen, stellen uns immer wieder vor Herausforderungen, aus denen wir alle - Kind und Erwachsener - lernen und wachsen können.“ 8 Heimat verbindet sich mit Orten, Menschen, Zeiten und Gefühlen. Wenn ich nun meinen Arbeitsplatz in der Familienwohngruppe Reuer-Janeck mit allen Jugendhilfekindern betrachte, bestärkt dies auch nochmals meine Aussage. Für die Kinder ist zunächst einmal ihre Heimat bei ihren Eltern, in ihrem Geburtsort, gebunden an das Haus/die Wohnung in dem/der sie groß geworden sind. Dennoch haben sie auch hier bei uns eine Heimat gefunden. Sie leben und wohnen hier, haben täglich unterschiedliche Personen um sich herum, in der Schule, bei Freunden sowie zu Hause. Also verschiedene Orte, die zusammengenommen wichtige Stationen für die Kinder sind. Heimat verbindet sich mit Orten, Menschen, Zeiten und Gefühlen An diesen verschiedenen Orten begegnen sie Menschen, die ihnen wichtig werden oder geworden sind, und verbreiten ein Wohlgefühl, welches die Kinder gerne zu diesen Menschen zurückkommen lässt. Diese Menschen wachsen einem ans Herz und werden in Erinnerung bleiben, sowie zu neuen Begegnungen mit anderen Menschen führen, die wiederum Gefühle hervorrufen werden. Gefühle werden durch Orte, Menschen und Zeiten ausgelöst, positive wie negative. Selbst wenn wir Negatives in unserer Vergangenheit erlebt haben, wie die Jugendlichen in der Familienwohngruppe, so gehören auch negative Gefühle zu ihrer Heimat. Dennoch haben sie auch Gutes dort erfahren können, was zu einem Wohlgefühl und somit auch zu einem Heimatgefühl führt. Zeitabschnitte verbergen ebenfalls Heimat in sich. Im Hinblick auf die Jugendlichen in unserer Familienwohngruppe, haben alle ihr persönliches Heimatgefühl in der Zeit bei ihren Eltern, bzw. Erziehungsberechtigten. Nun beginnt für die Kids ein neuer Zeitabschnitt in der Familienwohngruppe, und sie können sich wieder eine weitere und neue Heimat aufbauen. Zusammengefasst ist Heimat also an Orte, Menschen, Gefühle sowie Zeiten gebunden. Im Hinblick auf diese Definition kann doch also auch ein Urlaubsort jemandem eine Heimat bieten. Heimat kann man mitnehmen, Heimat liegt in einem, Heimat trägt man mit sich herum wie einen Reisekoffer. Ich kann also meine Heimat in einen Koffer packen, an neuen Orten auspacken, neue Erfahrungen und Gefühle dazulegen, und Erinnerungen und Begegnungen aus dieser Zeit mitnehmen. 3 Name: Marcus Christian Müller Alter: 26 Jahre Beruf:Erzieher Seit dem 01. Oktober 2015 unterstütze ich die Familienwohngruppe Reuer-Janeck bei ihrer täglichen Arbeit. Schon im Bewerbungsgespräch wurde mir klar, dass das Konzept einer Familienwohngruppe sehr interessant für mich ist. Nach meiner Ausbildung an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Hof, bei der ich viele Erfahrungen in verschiedenen Arbeitsfeldern sammeln durfte, wollte ich eine neue Herausforderung. Nun bin ich seit kurzer Zeit in Erlangen und fühle mich super in das Team integriert. Von klein auf hörte ich von meiner Oma immer einen Spruch, der sich bei mir eingeprägt hat. „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ - J. W. von Goethe Wir benötigen Wurzeln, um fest stehen zu können, auch wenn um uns mal alles stürmt und tobt. Flügel aber brauchen wir zum Träumen und damit wir uns nicht alleine mit der Bodenhaftung zufrieden geben. Diese Zeilen sind sehr gut als Inspiration für die eigene Lebensgestaltung, denn es ist nie zu spät, an dem zu arbeiten, was es uns ermöglichen kann, glücklich und zufrieden zu leben. Dementsprechend ist Heimat meiner Meinung nach ein sehr flexibler Begriff, der keine klaren Grenzen beinhaltet, wodurch er für jeden Menschen individuell gestaltet werden kann, und das ein Leben lang. Regina Adel Heimat ist für mich... Ein Ort, an den ich gerne zurückkehre und wo ich die Zeit habe, zu mir zu finden. Ulli 50 Jahre / Lehrer, Coach, Familienhelfer 9 4 Heimat Heimat – Ein schönes, dennoch auch schwieriges Wort Ein mit Bedeutung aufgeladenes Wort. Was ist Heimat? Jedem fällt dabei sofort etwas ein, jeder hat eine Vorstellung davon. Aber wie soll man Heimat erklären? Ist Heimat einfach der eigene Herkunftsort? Nein, Heimat ist mehr. Mehr als Heim, mehr als Heimatstadt, mehr als Heimatland. Heimat ist eigen, konturlos, verschwimmend in Farben und Formen, ausufernd und ungreifbar wie ein Traum. In so einer „Heimat“ arbeite ich. Einer Jugendwohngruppe mit sieben jungen Erwachsenen, meistens im Alter von ungefähr 14 bis 19. Nicht unbedingt das Erste, was eines der Kinder als Heimat nennen würde, trotzdem vorübergehend der Ort, an dem sie leben. Heimat zu erleben sollte eine universelle Erfahrung sein, eine, die jedem Menschen widerfährt. Stellt sich die Frage: Wie entsteht Heimat? Und welche Bedeutung hat sie für unsere jungen Erwachsenen? Name: Jana Funk Alter: 30 Beruf:Sozialpädagogin B.A., Erzieherin Seit Juni 2015 bin ich ein fester Teil des Wohngruppenteams in Fürth. Im Anschluss an die Erzieherausbildung habe ich Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule in Nürnberg studiert. Während und nach dem Studium war ich als pädagogische Aushilfe und später als Teilzeitkraft in der WG Fürth tätig. Berufserfahrungen konnte ich in unterschiedlichen Einrichtungen der stationären Jugendhilfe sammeln. Mein Semesterpraktikum absolvierte ich in einem Beratungszentrum der Drogenhilfe. „Durch die Fähigkeit, sich dort wohlzufühlen, wo man ist, entsteht Heimat.“ 10 Heimat zeigt sich oft im Individuellen. Manchmal würzen unsere Schützlinge das Essen nicht auf die von uns erwartete Art und Weise, sondern wie sie es früher in ihren Familien erlebt haben. Sie gestalten ihre Zimmer nicht nach unserem Geschmack, wollen Dinge in den Wohngruppen verändern, die uns erst nicht passen oder ungewohnt sind. Diese kleinen, oft als störend empfundenen Momente, können einen Teil dazu beitragen, dass dieses Gefühl des „DaheimSeins“ stärker wird. Nicht immer entspricht Verhalten, Ordnung oder Geschmack unserem Bild der WG. Ich kann mich noch gut an eine Situation mit einem frisch eingezogenen Mädchen erinnern. Heimat 4 Mein Name ist Christoph Jahn und ich arbeite seit September in der WG in Fürth. Ich bin Sozialpädagoge und war zuvor acht Jahre lang als Inklusionsberater und Jobcoach tätig, habe also Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt qualifiziert. Während dessen und zuvor habe ich auch erlebnispädagogisch mit Auszubildenden und Schülern gearbeitet. Fantastischerweise gehören zu mir zwei Kinder und eine Frau. Wenn ich nicht mit ihnen am Wandern oder am Spielplatz bin, bin ich auf dem Skateboard zu finden oder in meiner Werkstatt in der ich Möbel und Schmuck aus alten Skateboards herstelle. Heimat? Heimat hat in der letzten Zeit einen komischen Beigeschmack bekommen -Heimat ist für mich an keinen Ort gebunden. Heimat ist dort, wo man sich wohl fühlt. Menschen diese Fähigkeit mitzugeben, sich wohlfühlen zu können. Sie hatte ein kleines Bild an die Wand gehängt. Im Querformat. Es hing immer schief und als ich es bemerkte sprach ich sie darauf an. Das Bild sei doch schief, sie müsse es gerade aufhängen. Sie lächelte und antwortete mir, es sei so gewollt. Daheim hing es auch immer schief und dieser „Fehler“ gab ihr das Gefühl von daheim. Dieses Gefühl des Zu-Hause-Seins entsteht, wenn man die Fähigkeit hat, sich dort wohlzufühlen, wo man ist. Wenn man kleine Erinnerungen oder Verhaltensweisen beibehält, die im Bezug zur Vergangenheit stehen. Wenn man sich auf neue Umgebungen einlässt. Wer das nicht kann, ist nie daheim - selbst wenn er seinen Geburtsort niemals verlassen hat. Heimat kann man sich machen. Egal wo. Und man kann helfen, „Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen“, schrieb Theodor Fontane. Wer von uns kennt das nicht? Ein längst ausgezogener ehemaliger Jugendlicher, heute erwachsen, besucht seine alte WG und erklärt voller Überzeugung, wie gut er es hatte, und fragt sich, wie er nur unzufrieden sein konnte? Erst mit etwas Abstand vergisst man die Fehler, den Ärger und das Nervige der (alten) Heimat. Ich denke, das Ziel ist erreicht, wenn einer unser ehemaligen Schützlinge vor der Tür steht und sagt: Er vermisse seinen alten Wohnort oder wie gut die Zeit war. Denn dann vermisst er ein ehemaliges Zuhause. Vermisst einen Platz, der, wenn auch nur kurz, seine Heimat gewesen ist. Und ist es nicht genau das, was wir wollen? Einem Menschen das Gefühl geben, bei uns „daheim“ gewesen zu sein? Wenn das das Ergebnis unserer Arbeit ist, war es gute Arbeit. Christoph Jakob 11 5 Eine neue Heimat auf Zeit? Die Verselbständigungsgruppe Maxstraße Fürth stellt sich vor! „Party, Spaß, Freiheit, ausschlafen und jeden Tag Nudeln“ – das sind oft die ersten Antworten, die wir von Jugendlichen bekommen, wenn wir sie nach ihren Vorstellungen von der ersten eigenen Wohnung fragen. Dass sie neben den schönen Dingen im Leben auch noch Verantwortung übernehmen, den Haushalt eigenständig führen und ihre finanzielle Existenz sichern müssen, ist vielen nicht ganz klar. Wie auch? Sie haben in der Regel noch nicht alleine gewohnt und können sich daher auch nur in Ansätzen vorstellen, welche Herausforderungen damit verbunden sind. Die langjährige Erfahrung des Wohngruppenteams Fürth hat gezeigt, dass die Schritte hin zur eigenständigen Lebensführung für viele Jugendliche mit einer großen Unsicherheit verbunden sind und sie die Verantwortungsübernahme teilweise überfordert. Es kam daher die Idee auf, den Übergang zwischen einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung und dem Leben in den eigenen vier Wänden als Übungsfeld für heranwachsende junge Menschen bewusst zu gestalten und ihnen mithilfe pädagogischer Unterstützung die Möglichkeit zu geben, die Anforderungen im Verselbständigungsprozess schrittweise zu erproben und zu festigen. Nach konzeptionellen Überlegungen und einer langen Renovierungsphase konnte nun im Oktober 2015 die Verselbständigungsgruppe in der Maxstraße 24 in Fürth mit einem Platzangebot für zwei Jugendliche eröffnet werden. Die Erdgeschosswohnung des Wohnhauses, in welchem sich auch die heilpädagogische Jugendwohngruppe befindet, verfügt über zwei geräumige und voll möblierte Einzelzimmer für die Jugendlichen, eine voll ausgestattete Wohnküche, ein saniertes Badezimmer mit Dusche, eine Waschmaschine sowie einen geräumigen Flur mit Garderobe. Das Angebot richtet sich an Jugendliche ab 16 Jahren, bei denen nach intensiven Erfahrungen in einer stationären Jugendhilfemaßnahme die Rückkehr in das familiäre Umfeld nicht möglich ist und im Rahmen des Hilfeplanverfahrens die Verselbständigung in die eigene Wohnung angestrebt wird. Des Weiteren werden Jugendliche aufgenommen, die in ihrem bisherigen Lebenskontext keine angemessene Unterstützung und Begleitung im Verselbständigungsprozess erfahren konnten. Betreut werden die jungen Menschen täglich von Montag bis Freitag nach zeitlicher Absprache von einer aus dem Wohngruppenteam eigens dafür freigestellten pädagogischen Fachkraft. Mit zunehmenden Entwicklungsfortschritten im Verselbständigungsprozess wird die Betreuungszeit an die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen angepasst. In den Nächten und am Wochenende stehen für Notfälle die anwesenden Mitarbeiter der Wohngruppe zur Verfügung. Die jungen Menschen finden in der Verselbständigungsgruppe individuell auf ihre Ressourcen und ihren Bedarf abgestimmte Unterstützung in der Haushaltsführung, der Strukturierung des Tagesablaufes, im Umgang mit Finanzen, im Aufbau eines sozialen Netzwerkes und in Schul-, 12 Eine neue Heimat auf Zeit? 5 Ausbildungs- und Ämterangelegenheiten. Die pädagogische Fachkraft steht ihnen auch in Konflikt- und Krisensituationen beratend und begleitend zur Seite und unterstützt die Jugendlichen zum Betreuungsende hin bei der Suche nach einer Wohnung oder einer geeigneten Anschlussmaßnahme sowie bei der Klärung der materiellen Absicherung und psychosozialen Versorgung. Angebote der Freizeitgestaltung mit dem Mitbewohner bzw. der angeschlossenen Wohngruppe bilden einen weiteren Betreuungsschwerpunkt. Ein wichtiges Augenmerk unserer pädagogischen Arbeit richtet sich auf die Partizipation von Jugendlichen. Wir fördern und fordern die jungen Menschen, aktiv an der Ausgestaltung ihres weiteren Lebensweges teilzuhaben. Aufgrund dessen war es uns besonders wichtig, die beiden Jugendlichen in die Gestaltung der Wohnung und in den Ablauf der Betreuung mit einzubeziehen. Wir möchten den Jugendlichen durch Transparenz, Wertschätzung und Akzeptanz einen Raum eröffnen, in welchem sie sich erproben können und ihre Einstellungen und Be- dürfnisse kennen- und vertreten lernen, unter anderem auch, um sich wohlfühlen zu können. Ob sich die Jugendlichen in ihrem neuen „Zuhause auf Zeit“ gut eingelebt haben und was der Begriff „Heimat“ für die beiden bedeutet, haben sie uns verraten: Sarah Huzli und Jana Funk Interview mit unseren Bewohnerinnen Eine neue Heimat auf Zeit? Was haltet ihr von der Überschrift und was bedeutet Heimat für euch? Heimat: mehr als nur Ort? Christina: Ich finde die Überschrift unpassend, weil für mich Heimat etwas Dauerhaftes bedeutet. Außerdem muss ich mir keine Gedanken um einen „neuen Platz“ machen. Sandra: Für mich ist Heimat nicht nur ein Ort, sondern auch ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlfühlens. Dazu schließe ich Freunde und Familie mit ein. Ihr wohnt jetzt seit fast vier Wochen in der Verselbständigungswohngruppe. Wie geht es euch und wie habt ihr euch eingelebt? Wie fühlt es sich an, den weiteren Schritt zu gehen? Christina: Es ist richtig schön hier, man kann vieles aus der WG oben selbstständig anwenden und lernt viel dazu, was man im Alltag sonst noch so wissen muss. Sandra: In der neuen Wohnung geht es uns ausgesprochen gut. Hier können wir Ruhe und Freiheit genießen. Natürlich haben wir auch mal anstrengende Tage, aber an solchen unterstützen wir uns gegenseitig, um gut mit unserer neuen Situation klarzukommen. Was ist euch in der Wohngruppe besonders wichtig, um euch wohlzufühlen? 13 5 Eine neue Heimat auf Zeit? Welche Erwartungen habt ihr an das Zusammenleben? Christina: Dass man sich an gegenseitige Absprachen hält, und dass auch weiterhin die Privatsphäre akzeptiert wird. Sandra: Ich finde es gut, nicht mehr um 22.00 Uhr auf dem Zimmer sein zu müssen. Wichtig ist mir, dass ich neue Erfahrungen sammeln kann und dass dies unter Einhaltung von Absprachen und gegenseitigem Respekt möglich ist. Auch die Einhaltung von Privatsphäre ist mir wichtig, d. h. anklopfen und nicht ins Zimmer gehen, wenn man nicht da ist. Auch der Betreuer darf nicht einfach ins Zimmer, selbst wenn man da ist. Die heilpädagogische Wohngruppe war für mehrere Monate oder auch Jahre euer Zuhause. Was fehlt euch und was war wichtig für euch, mitzunehmen? Christina: Manchmal fehlt mir das Zusammensitzen mit den anderen, da man viele schon Name: Manuela SüSS Alter: 25 Jahre Beruf:Ab 2016 Sozialpädagogin B.A. Ab Oktober 2012 habe ich mein Semesterpraktikum in der Heilpädagogischen Jugendwohngruppe Fürth absolviert. Danach war ich dort weiterhin als Aushilfskraft tätig. Seit Oktober dieses Jahres arbeite ich nun in der Verselbständigungsgruppe in Fürth. Es freut mich, dort zwei junge Frauen, die ich bereits in der Wohngruppe erleben durfte, bei ihrem nächsten Schritt Richtung Selbstständigkeit begleiten zu dürfen Heimat ist für mich jeder Ort, an dem es Menschen gibt, bei denen ich sein kann wie ich bin. 14 lange kennt und man auch nicht immer alleine ist, sondern jemanden um sich hat, mit dem man etwas unternehmen kann, wenn einem der Sinn danach steht. Sandra: Was ich vermisse ist das Zusammenleben mit gewissen Mitbewohnern und vertrauten Betreuer/innen, die ich über die Jahre als Familie betrachte und dass immer jemand da war, mit dem man sich unterhalten konnte und Spaß haben konnte. Ich nehme viele wundervolle Erfahrungen und Erlebnisse mit. Nach der Zeit in der Verselbständigungswohngruppe werdet ihr voraussichtlich eine kleine Wohnung beziehen. Wie und wo stellt ihr euch eure erste eigens geschaffene Heimat vor? Christina: Ich würde gerne wieder in meine alte Heimatstadt ziehen und auch etwas abseits der Stadt wohnen wollen, da man dort auch etwas mehr Ruhe hat und trotzdem einige Leute um sich hat, aber dort auch nicht zu viel los ist. Sandra: Ich würde gerne mit einer Freundin oder meinem Freund zusammen in eine Zwei- bis DreiZimmer-Wohnung. Am liebsten auf dem Land mit guter Anbindung an die Stadt. Meine Gefühlswelt, meine Glaubenssätze: meine Heimat 6 Das Gefühlskissen als eine Methode des Erlanger Teams Manchmal rattert in den Büroräumen in der Äußeren-Brucker-Straße in Erlangen die Nähmaschine, manchmal ist es sehr still, wenn Mitarbeiter mit ihren Klienten an einem Gefühlskissen arbeiten, besonders wenn das Kissen in einer mühevollen Handarbeit genäht wird. Mal fliegt eine Farbenpracht durch das Büro, manchmal wird es auch dunkel. Die Methode des Gefühlskissens hat schon viele Klienten und Jugendamtsmitarbeiter begeistert, da dieses Kissen Gefühle sichtbar und greifbar macht. In der Begleitung von Menschen wird in den ambulanten Diensten immer wieder der Fokus auf die Gefühle gelegt, die einen Menschen beeinflussen und manchmal behindern, notwendige Schritte zu gehen. Im übertragenen Sinne gehen wir mit den Klienten der Frage nach, ob sie sich in sich mit ihren Gefühlen beheimatet fühlen, oder ob dies nur der Wohnort ist, an dem sie geboren und aufgewachsen sind und ob sie den Wunsch haben, sich eine eigene (emotionale) Heimat zu schaffen. Bin ich mit der (von meinen Eltern bzw. meiner Vergangenheit geprägten) Heimat zufrieden, oder möchte ich mich auf den Weg machen, die Heimat zu suchen, die ich mir selbst aussuchen und gestalten kann? Generell geht es bei der Methode des Gefühlskissens um ein Freiraumschaffen. Einen Abstand zu bekommen, in dem es mir möglich wird, Dinge aus der Distanz zu betrachten. Was man mit einer Kur, einem Urlaub etc. schafft – nämlich herauszutreten aus der Alltagssituation – wird innerhalb der Arbeit mit dem Gefühlskissen möglich. Viele Menschen werden aber tagtäglich von ihren Erfahrungen und Erlebnissen, die sie bisher gesammelt haben, gesteuert. Die Psychosynthese, begründet vom Psychiater Robert Assagioli, geht davon aus, dass der Mensch eine Vielzahl von Rollen innehat, die er tagtäglich ständig wechselt und von einer in die nächste Rolle „hüpft“. So wie Assagioli es als Ziel ansieht, sich immer wieder selbst hinter all den Rollen kennenzulernen, so ist es auch in der Arbeit mit dem Gefühlskissen das Ziel, zum eigenen Ich zu gelangen. Denn nur das eigene „Ich“, welches autonom entscheiden kann, wann es sich in welchen Rollen und Beeinflussungen aufhält, ist frei. Es soll darum gehen, sich selbst klar zu werden, wann ich als „Ich“ handle und wann ich eine Beeinflussung von außen (z. B. durch generationsübegreifende Glaubenssätze), also dem „Rucksack“, den jeder Mensch mit sich herumträgt, zulasse. Diese emotionale Einflussnahme auf das eigene Verhalten soll anhand eines selbst entworfenen und selbst genähten Kissens verbildlicht werden. Die Methode des Gefühlskissens schafft eine wunderbare Möglichkeit, dem Verworrenen und Unsichtbaren eine Gestalt zu geben, um etwas Diffuses klarer werden zu lassen und damit in Beziehung dazu treten zu können, indem es externalisiert wird. Bei Erwachsenen ist dieses Etwas oft erst einmal gar nicht konkret ausgeprägt und sichtbar. Es ist eher ein Gefühl der Fachkraft, dass das ganze Handeln meines Gegenübers stark von den Erlebnissen der Vergangenheit und Glaubenssätzen beeinflusst wird. Oftmals haben wir es bei unserer Arbeit mit traumatisierten Menschen zu tun. Es ist eher etwas Verschwommenes, auch etwas, bei dem wir als sozialpädagogische Fachkräfte eher an die Notwendigkeit einer therapeutischen Unterstützung denken. Es geht um die Dinge, die tief im Klienten versteckt und verdrängt sind, aber das Verhalten extrem stark beeinflussen. Wir haben besonders oft Menschen vor uns, die keinerlei Zugang zu sich selbst und Angst haben, in sich selbst hineinzulauschen. Wenn man dem Klienten die Sicherheit und die Zuversicht gibt, dass es gut ist, das kennenzu- 15 6 Meine Gefühlswelt, meine Glaubenssätze: meine Heimat lernen, was mich so behindert, sind die meisten bereit dazu, sich auf den Weg zu machen. In der Arbeit mit Kindern ist das Etwas oftmals einfacher und schneller zu sehen. Es taucht oft viel direkter auf und wird als störendes Verhalten von den Eltern beschrieben. Ängste, Wut etc. geben Hinweise auf das Etwas und es kann dadurch von Anfang an konkret benannt werden. D. h. man kann im ersten Schritt direkt von der Wutwolke oder der Angst etc. sprechen und überlegen, wie die Wut/ Angst etc. aussehen würde, wenn diese sichtbar wäre. Im zweiten Schritt kann man das Kind fragen, was denn diese Wutwolke an Botschaften mitbringt. Was sagt Sie, dass du so wütend wirst? Wie kann sie dich genau da verletzen oder kitzeln, dass du austickst? Im Folgenden sind die konkreten Schritte für das Anfertigen eines Gefühlkissens aufgelistet. Alle Schritte sollen allerdings nur Vorschläge darstellen. Generell ist diese Methode tief humanistisch geprägt und greift das auf, was vom Klienten kommt. Schritte können also auch durcheinandergeworfen werden. Wir haben sie als Schritte bezeichnet, um eine Vorstellungen vom Prozess dieser Methode zu erhalten. Schritt 1 (Das imaginäre Kennenlernen und das Beobachten) Rein imaginär versucht man zunächst, sich eine Situation vorzustellen, in der man immer wieder anders handelt, wie man eigentlich möchte. Jetzt gilt es, sich eine Gestalt vorzustellen, die Gestalt, die eventuell neben einem sitzt, einem ins Ohr flüstert, einen umarmt. In diesem Schritt ist es noch nicht wichtig zu schauen, was diese Gestalt einem für Botschaften zuruft oder einflüstert. Wenn es dennoch schon auftaucht, wird es notiert. Generell ist es ein „In-die-Fantasie-gehen“, dem Etwas eine Gestalt zu geben. Kurzum: Man versucht so viel wie 16 möglich von diesem Etwas zu erfahren,… Schritt 2 (Die Namensfindung) Wenn die Gestalt eine Form angenommen hat sollte sie einen Namen bekommen. Es wird extrahiert und sichtbar. Erst das Sichtbare kann ich kennenlernen und in Beziehung treten. Wenn das Etwas nicht mehr gefühlsmäßig in mir ist, kann ich mit diesem in Beziehung treten und aktiv eine Beziehungsarbeit starten. Schritt 3 (Das Nähen) Im dritten Schritt steigt man in das wirkliche Sichtbarmachen ein. Man sucht einen passenden Stoff und bringt das imaginäre Bild auf Papier, sodass man eine Vorlage für das Kissen hat. Schritt 4 (Die Versöhnung mit der Vergangenheit und In-Beziehung-Gehen) Oftmals fallen einem nur die negativen Aspekte des Etwas ein. Es ist aber wichtig, auch zu schauen, vor was einem das Etwas geschützt hat und was die positiven Seiten waren/sind und weshalb es überhaupt da ist. Dieser Schritt ist wichtig, um dem Klienten zu einer Aussöhnung mit der Vergangenheit zu ermöglichen. Oftmals wird es dem Klienten wichtig sein, dass Liselotte – die Wutwolke Meine Gefühlswelt, meine Glaubenssätze: meine Heimat das Etwas nicht ganz verschwindet. Dennoch ist es Ziel, dass der Klient bestimmen darf, wann das Etwas nah sein darf und wann nicht. Er muss die Oberhand darüber gewinnen! Er soll entscheiden dürfen, wann das Etwas zu ihm spricht und wann es still zu sein hat! Schritt 5 (Botschaften und Glaubenssätze) In den Schritten 1 - 4 geht es vorwiegend um das beobachtbare Verhalten des Klienten als Folge der Beeinflussung des Etwas. Im Laufe der Nähphase soll der Klient aber dafür sensibilisiert werden, welche Botschaften und Sätze auftauchen, wenn das Etwas kommt. Es soll immer wieder nachgespürt werden, welche Sätze das Etwas einem sagt, ins Ohr ruft oder einem in die Gedanken legt. Diese werden gesammelt und notiert. Schritt 6 (Ein Etwas von Generationen?) Zu einem späteren Zeitpunkt kann man schauen, ob es dieses Etwas auch in vielfältigen Ausführungen und ähnlichen Kopien in der Herkunftsfamilie gibt. Ist es ein GenerationenEtwas, welches nicht nur mich heimsucht? Wenn dies zutrifft, wird dem Klienten dadurch klarer, dass andere Familienmitglieder eventuell vom gleichen Etwas beeinflusst werden und es noch nicht kennengelernt und steuern gelernt haben. Oftmals entsteht dadurch ein tiefes Verständnis beim Klienten, da das Verhalten eben nicht mehr diesem Menschen zugeordnet 6 wird, sondern der Grund dafür von diesem extrahiert und als Beeinflussung von außen erlebt werden kann. Schritt 7 (Die Botschaften des Kissens packen) In diesem Schritt sollen alle Botschaften, Glaubenssätze und Aussagen gesammelt werden, die im Laufe der vorhergehenden Schritte auftauchten. Ein Zettel wird pro Botschaft angefertigt. Oft eignet es sich, einen kleinen Rucksack oder Beutel anzufertigen, in den diese Botschaften hineingelegt werden. Das soll bewusst machen, welche Botschaften, das Etwas mitbringt, wenn es kommt. Das Kissen bekommt einen Rucksack. Schritt 8 (Platz des Kissens & Möglichkeiten) Zum Schluss soll ein Platz für das Kissen gesucht werden. Anderen Familienmitgliedern kann das Kissen vorgestellt werden. Gemeinsam kann überlegt werden, wann das Kissen hervorgeholt wird, um die unsichtbare Beeinflussung des Kissens aufzudecken. Es darf darauf herumgesprungen werden, es darf gehauen werden… die Wut, wenn es ungefragt gekommen ist, darf sichtbar gemacht werden. Nicht nur vom Akteur, sondern auch von anderen Familienmitgliedern. Emotionale Heimaten werden also sichtbarer und konkreter. Sie können dadurch wunderbar neu entwickelt und gestaltet werden. Simone Fahmy Liselotte kann sehr gut die Wut in einem herauskitzeln. Sie taucht auf und kitzelt das Kind und hat folgende Botschaften im Gepäck: • dir hört keiner zu • niemand lässt dich ausreden • du bist eh so ein Baby und keiner wird dich ernst nehmen Liselotte ist nicht zu übersehen. Wenn sie auftaucht, wird es laut. Sie brüllt am Anfang, wenn sie noch weit entfernt ist, ihre Botschaften – nur hörbar für den Betroffenen – wenn sie sich genähert hat, flüstert sie ihre Botschaften ununterbrochen so gekonnt ins Ohr des Kindes, dass das Kind gar nicht anders kann als auszuflippen. Vertreiben kann man sie nur, wenn man sie ertappt, wenn sie im Anmarsch um die Ecke kommt und von weiter Entfernung schon ihre Botschaften herausbrüllt. Wenn das Kind dies erkennt, kann das Kind Liselotte als Kissen holen und auf ihr herumtrampeln. 17 Highlights 2015 Betriebsausflug 2015 Trotz des sehr warmen Wetters haben sich am 26.06.2015 ca. 20 wanderfreudige Kolleginnen und Kollegen auf die 11 km lange Strecke Wannbach-Wichsenstein-Wannbach begeben. Neben einem wunderschönen Picknick mit selbst gebackenem Kuchen und gesunden Leckereien, gab‘s diesmal Kirschen direkt vom Baum und eine wunderschöne Aussicht über die Fränkische Schweiz zu genießen. Es gab untereinander viel zu erzählen und neue Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einrichtungen des vsj kennenzulernen. Nach der durchaus anstrengenden Wanderung wurde der gemütliche Teil im Gasthof Mühlhäuser in Wannbach fortgesetzt. Wir freuen uns schon auf‘s nächste Jahr. EP-Freizeit des vsj e.V. vom 23.05. bis 26.05.2015 Auf der EP Freizeit 2015 haben die Jugendlichen aller Wohngruppen auch dieses Jahr vielfältige Eindrücke und Erfahrungen sammeln können. Drei Tage verbrachten die Jugendlichen in Abwesenheit jeglicher digitaler Medien und elektronischer Geräte in der Natur. Die Querfeldeinwanderung fand in der Umgebung von Neustadt bei Coburg statt, vorbei am Stiefvater, dem höchsten Berg der Gegend, und dem Plesdner Berg gelangte die Gruppe (mit kurzem Autotransport) nach Schwürbitz am Main. Unterwegs arbeiteten die Jugendlichen in Kleingruppen auf Bauernhöfen, um im Gegenzug Lebensmittel für ein Abendessen zu erhalten. Ein weiteres Highlight für die Jugendlichen war ein Nachmittag auf einem Ponyhof. Mit viel Freunde wurden die Pferde von den Jugendlichen geputzt und ausgeführt. Außerdem konnten die Jugendlichen während der Wanderung zwei Esel und einen Hund führen. Das Übernachten im Gemeinschaftszelt und im selbst gebauten Biwak brachte die Jugendlichen in Kontakt mit ihren eigenen Ressourcen und Grenzen. Am Ende berichteten die Jugendlichen, dass es ihnen zwar schwergefallen sei, sich für die Aufgaben der EP-Freizeit zu überwinden. Sie erzählten allerdings auch mit Freude und Stolz von ihren persönlichen Erfolgen. 18 Highlights 2015 Teilzeitbetreute Wohngemeinschaft für minderjährige Flüchtlinge eingeweiht Am 25.11.2015 konnten wir im Rahmen einer kleinen Einweihungsfeier unsere Teilzeitbetreute Wohngemeinschaft in der Schweiggerstraße in Nürnberg offiziell in Betrieb nehmen. Bereits seit dem 01.10.2015 sind die fünf Plätze belegt, die wir anbieten können. Vorausgegangen waren mehrere Monate Renovierungsarbeiten und die in jetzigen Zeiten nicht ganz einfache Personalsuche, das Gott sei Dank sehr unbürokratischen Genehmigungsverfahren durch die Regierung von Mittelfranken und die Erstellung der pädagogischen Konzeption. Die Teilzeitbetreute Wohngemeinschaft Schweiggerstraße ist ein pädagogischer Ansatz, der die Balance zwischen einer schon hohen Selbsständigkeit und einer fachlich guten Betreuung herstellt. Die Zukunftsstifung der Sparkasse hat die Ausstattung der Einrichtung mit einer Zuwendung von 23.000,- € großzügig unterstützt und damit maßgeblich dazu beigetragen, dass wir mit dem Projektstart bereits am 01.10.2015 beginnen konnten. Geschäftsführer Andre Engelbrecht bedankte sich im Namen des vsj bei Herrn Jürgen Ziegler von der Zukunfsstiftung für die tolle Unterstützung. Die Gäste, unter anderem Frau Claudia Aryabacki, die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses der Stadt Nürnberg, konnten sich ein Bild von den neuen Räumlichkeiten machten und erfuhren durch den Leiter der Einrichtung Christian Kuhn einiges über die pädagogischen Ziele und Ansätze der Einrichtung. 6000,- € Förderung durch die Glücksspirale für ein neues Fahrzeug Für die Anschaffung eines neuen Fahrzeuges für unsere Wohnprojekt für minderjährige Flüchtlinge hat uns die Glücksspirale freundlicherweise 6.000,- € zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Glücksspirale, aber auch bei den Kollegen vom Paritätischen, die uns kenntnisreich und engagiert bei der Antragsstellung unterstützt haben. Im Bild sehen Sie unseren nagelneuen Ford Fiesta, der jetzt schon eifrig von den Kollegen genutzt wird. Wir hoffen auf viele unfallfreie Kilometer im Dienste des vsj und seiner Klienten. 19 Highlights 2015 Neue Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Landkreis Coburg Der vsj hat in enger Abstimmung mit dem örtlichen Jugendamt des Landkreises in Oberfüllbach, Gemeinde Ebersdorf, eine Wohngruppe für minderjährige Flüchtlinge eröffnet. Wir beherbergen seit dem 07.08.2015 acht junge Syrer im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Wir freuen uns sehr über die große Hilfsbereitschaft und gute Aufnahme in die Dorfgemeinschaft, die wir und die jungen Flüchtlinge in den letzten Wochen erfahren durften. Es muss zwar noch einiges improvisiert werden, weil in der Kürze der Zeit nicht alle baulichen Voraussetzungen erfüllt werden konnten, aber die Kollegen der neuen Wohngruppe haben in den letzten Wochen wirklich Großartiges geleistet, um den jungen Menschen das Ankommen in einer für sie völlig neuen Umgebung zu erleichtern. Wir sind auf einem guten Weg, ein schönes Zuhause zu Name: Julius Heymann Alter: 29 Beruf: Student Ich studiere Soziale Arbeit an der HS Coburg und schreibe momentan meine Bachelorarbeit im Bereich Jugendliche bzw. Jugendschutz. Seit August bin ich Teil des Teams in Oberfüllbach. Dort übernehme ich vorrangig die Nachtbereitschaften. Auf den vsj bin ich durch eine Freundin aufmerksam geworden, die mich weiterempfohlen hat. Vorher war ich v. a. im Bereich der Offenen Kinder- und Jugendarbeit tätig (Jugendtreffs, Praktikum in der Kommunalen Jugendarbeit am Landratsamt Coburg). Darüber hinaus bin ich ein leidenschaftlicher Musiker, der viel Zeit in sein geliebtes Hobby investiert. Daher übernehme ich zum Thema „Heimat“ gerne ein Zitat eines anderen Musikers: „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“ (Herbert Grönemeyer) 20 schaffen. Das Haus mit seinem tollen Garten bietet dafür gute Voraussetzungen. Der Verein hat für die Jugendhilfestation Coburg und besonders für die neue Einrichtung einen Bus angeschafft, da zwar im Alltag möglichst viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden soll, aber angesichts der vorhandenen Verkehrsverbindungen, sind wir auch auf ein zuverlässiges Fahrzeug angewiesen. Für die ganze Jugendhilfestation in Coburg ergeben sich dadurch viele neue Möglichkeiten, seien es Ausflüge, Wochenend- und Ferienfreizeiten und Transporte für unser Projekt Intensiv Betreutes Jugendwohnen. Wir wünschen allzeit gute Fahrt. Highlights 2015 Das Leitungsteam des vsj verabschiedet Annerose Forster Unsere langjährige Geschäftsführerin Annerose Forster wurde von den Mitgliedern des Leitungsteams des vsj in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Sie hat in den rund 30 Jahren ihrer Tätigkeit für den Verein fachlich und menschlich Außerordentliches geleistet und viel zur positiven Entwicklung des vsj beigetragen. Sie war gesuchte Ansprechpartnerin für alle Fragen, die die Mitarbeiter hatten, genauso wie in den vielfältigen Arbeitskontakten nach außen. Ein herzliches Dankeschön seitens des Vorstandes des vsj und der gesamten Belegschaft. Ihr Nachfolger Michael Schumm ist bestens eingearbeitet und kann nahtlos die wichtige Arbeit in der Geschäftsstelle fortsetzen. Wir wünschen ihm und Andre Engelbrecht viel Erfolg bei der Bewältigung der kommenden Aufgaben. Heimat ist für mich... Heimat ist mir ein Bedürfnis. Dort wo ich geboren bin, wo die Menschen sind, mit denen ich aufwuchs und zur Schule ging, den Krieg erlebte… Seit Jahrzehnten lebe ich im Schwabenland. Bei Seniorentreffen hier beneide ich die, die den gesamten Lebensweg miteinander gegangen sind. Ich empfinde das als großen Reichtum, als Gnade. Getragen sein und Verbundenheit erleben durch alle Zeiten, Geburt, Leben und Tod. Ich habe hier eine Heimat gefunden, trage aber eine tiefe Sehnsucht nach meinem geliebten Frankenland in mir. Ria 88 Jahre / Malerin 21 7 Der Begriff Heimat – Versuch einer Definition „Heimat“: Ein großes Wort haben wir uns diesmal als Überschrift für unseren Jahresbericht ausgesucht Ein Wort, das lange etwas altmodisch klang, in unserer flexiblen Zeit, die geprägt ist von der Mobilität der Menschen. Und doch ist es ein Wort, das plötzlich wieder modern geworden ist, im Hinblick auf die Flüchtlingsströme, die ihre Heimat verlassen, und auch als Gegenbewegung der Globalisierung. Aber was ist das denn genau „Heimat“? an dem sie einschneidende Lebenserfahrungen in der Wachstumsphase gemacht haben. Die Heimat kann aber auch eine Wahlheimat sein – und damit ein Ort, von dem der Mensch gebürtig nicht stammt, an dem er sich aber angekommen und zu Hause fühlt. (…) (Definition-online.de). Der Duden gibt folgende Definition vor: Wenn man heute im Internet nach einer Definition für diesen Begriff sucht, findet man (wie so oft im Netz) unzählig viele verschiedene Definitionen. Hier nur ein paar Beispiele: • Heimat ist die „menschliche, landschaftliche und geschichtliche Umwelt, in der sich der Mensch identifiziert, rational und emotional bindet und sichert“ (W. Schmidt, in Neumeyer 1992, 64). • „Heimat ist ein vages, verschieden besetzbares Symbol für intakte Beziehungen. Das mag ausgedrückt werden in Landschaft oder Dialekt, in Tracht oder Lied – immer geht es um Beziehungen zu Menschen und Dingen. (H. Businger, in Neumeyer 1992, 120). • Die Heimat ist der Ort, an dem ein Mensch wohnt oder von dem er ursprünglich stammt. Dabei ist die Heimat ein sehr subjektiv geprägter Begriff, der davon abhängt, wo sich der Einzelne beheimatet fühlt. Viele Menschen geben als Heimat den Ort an, an dem sie aufgewachsen sind oder 22 1.Land, Landesteil oder Ort, in dem man geboren und aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt (oft gefühlsbetonter Ausdruck enger Verbundenheit gegenüber einer bestimmten Gegend) 2.Ursprungs-, Herkunftsland eines Tieres, einer Pflanze, eines Erzeugnisses, einer Technik o. Ä. Klar scheint auf jeden Fall zu sein, dass wir uns von dem eigentlichen Begriff „Heimat“, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als ein nüchternes Wort, welches im juristischen und 7 Der Begriff Heimat – Versuch einer Definition dort leben zu tun. Freunde habe ich hier gefunden, aber meine Verwandtschaft treffe ich in der Heimat. Wäre der Ort, an dem ich aufgewachsen bin, auch noch meine Heimat, wenn diese Menschen dort ebenfalls wegziehen würden? Ich glaube schon. Dort benutzt man dieselben „komischen“ Wörter wie ich, es gibt typische Nachnamen, die hier jeden zum Schmunzeln bringen, dort gibt es Bräuche, die man hier nicht kennt, und vor allen Dingen richtig leckere Milchhörnchen. Ich würde die Heimat wahrscheinlich nicht mehr so oft besuchen, aber sie bliebe doch meine HEIMAT. Sandra Thiede geografischen Sinne gebraucht wurde, weit entfernt haben. „Heimat“ hat heutzutage viel mit den Gefühlen der Menschen zu tun. Auffällig ist, dass Heimat dann bedeutend wird, wenn man sie verlässt (oder verlassen muss), auf Zeit oder auch für immer. Dann bekommt man plötzlich Heimweh, nach einem Ort, nach Menschen, Gerüchen oder auch Gerichten. Die meisten von uns können recht klar sagen, was ihre Heimat (oder manchmal auch ihre Heimaten) ist, aber genau erklären, was denn Heimat ausmacht, fällt uns schwer. Ich möchte an dieser Stelle eine ganz persönliche Definition versuchen. Auch ich habe vor über zehn Jahren meine Heimat verlassen und bin nach Nürnberg gezogen. Längst fühle ich mich hier heimisch und zu Hause. Ab dem Moment, in dem ich zum ersten Mal beim Bäcker jemanden traf, den ich kannte und der mich daher freundlich grüßte, fühlte ich mich irgendwie angekommen. Meine Kinder sind hier geboren und das Gedankenspiel, hier wegzuziehen, löst bei mir Unbehagen aus. Und trotzdem ist und bleibt wahrscheinlich für immer meine Heimat der Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Natürlich hat dies auch viel mit den Menschen, die Hallo! Mein Name ist Noemi Eilingsfeld und ich bin seit Septemer als Nachfolgerin von Frau von Winkler für die Soziale Gruppenarbeit Südwest in Eibach zuständig. Seit meinem Abschluss 2013 als Sozialpädagogin an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg, habe ich einige Jahre im Elementarbereich gearbeitet. Meine Freizeit verbringe ich mit Aktivitäten in der Natur, Yoga und mit meiner Familie. Heimat sind meine Familie, meine Wurzeln und meine Erinnerungen an früher. Heimat bedeutet für mich ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, aber auch das „Aufmachen“ und neue Wege gehen. Dabei neue Menschen kennenzulernen und sich neuen Aufgaben zu stellen, diese zu verstehen und verstanden zu werden. Gemeinsamkeit, Zugehörigkeit, Humor, Lachen und ein Angekommensein in der Gemeinschaft gehören für mich dazu und um mit den Worten von Johann Wolfgang von Goethe abzuschließen: „All diese vortrefflichen Menschen zu denen Sie nun ein angenehmes Verhältnis haben, das ist es, was ich Heimat nenne.“ 23 8 Berufliche Heimat vsj Nach meinen ersten beiden Kurzbeschäftigungsverhältnissen als frisch gebackener Diplom-Sozialpädagoge wollte ich unbedingt in das spannende Feld der erzieherischen Hilfen, um mit den damals sogenannten verhaltensauffälligen Jugendlichen zu arbeiten. Ich bekam glücklicherweise die Stelle beim vsj im Betreuten Wohnen und konnte am 01.01.1990 dort beginnen. Mein fester Vorsatz war, diese Arbeit auf keinen Fall länger als zwei Jahre zu verrichten, um mich dann neu zu orientieren und andere berufliche Herausforderungen zu suchen. Die ersten Begegnungen im Betreuten Wohnen mit den durchaus fordernden persönlichen und fachlichen Herausforderungen bestärkten damals zunächst meinen Wunsch nach einem Wechsel der Arbeitsstelle. Aber irgendwie ist es anders gekommen. Der vsj ist meine berufliche Heimat geworden und bis heute geblieben. Mittlerweile arbeite ich bereits 26 Jahre in diesem, wie ich meine „besonderen Verein“ zunächst als pädagogischer Mitarbeiter und später als Einrichtungsleitung. Verantwortlich für die „Treue“ sind sicher Zufälle, wie wenige andere Angebote für Sozialpädagogen in den 1990er Jahren, aber auch bewusste eigene Name: Regina Machowski Alter: 24 Jahre Ausbildung: BA Pädagogin Seit 01.10.2015 arbeite ich beim vsj, Ambulante Dienste Nürnberg, Sandstraße 1 Ich freue mich schon auf die neuen Herausforderungen und Erfahrungen, die ich hier sammeln werde. Auch fernab von seinem Heimatort, kann man sich unter freundlichen Menschen und guten Freunden zu Hause fühlen. „Heimat findet man nicht an Orten, sondern in den Herzen anderer Menschen.“ Edith Linvers 24 Entscheidungen für genau diese Tätigkeit bei genau diesem Arbeitgeber. Mir stellt sich hierzu die Frage: Was ist eigentlich eine „berufliche Heimat“? Die Arbeit mit den Jugendlichen im Betreuten Wohnen, später bei Erziehungsbeistandschaften und Sozialpädagogischer Familienhilfe und als Einrichtungsleitung hat mir immer Spaß gemacht und ich konnte jederzeit erkennen, dass das, was konzeptionell vorgesehen war und was tatsächlich getan wurde für die Jugendlichen und die Familien, eine wirkliche Hilfe und Unterstützung war. Die Arbeit hatte also einen „Sinn“ und verschaffte mir stets auch eine Zufriedenheit mit dem, was ich in der Gewissheit tun kann, nicht für irgendjemandes Gewinnmaximierung zu arbeiten, sondern eine Aufgabe mit einem ethischen Hintergrund zu haben. Bei Heimat denke ich an Wohlfühlen, Identifikation und Mitwirken am Geschehen. Aber bis vor nicht allzu langer Zeit wurde Heimat vor allem auch mit Kitsch, Provinz, Spießigkeit, konservativer bis reaktionärer Grundhaltung verbunden. Zum Beispiel der Gartenzwerg und das Oberbayern-Klischee. Diesen Heimatbegriff meine ich ganz sicher nicht. Heute, wo das angeblich Weltläufige, örtliche und berufliche Mobilität als Erfolgsfaktoren voraussetzt, bekommt der Begriff der Heimat eine neue Qualität. Auch in den beruflichen Biografien macht sich diese Entwicklung bemerkbar – es gibt immer weniger patriarchalisch geprägte Unternehmen, denen man von der Lehre bis zur Rente treu bleibt, in denen oft sogar Familiendynastien beschäftigt sind und in denen man sich als „große Familie“ fühlt. Auch das ist und war der vsj für mich nicht. Berufliche Heimat vsj 8 gene politische und fachliche Einstellungen verwirklichen. Hier wird meine Arbeit anerkannt und als wichtig betrachtet. Was ist also in den 26 Jahren geschehen, was berufliche „Heimatgefühle“ ausgelöst hat? Heimat prägt den Charakter, die Identität, die Einstellungen von Menschen. Man eignet sich etwas an, das typisch ist und den Ort verschieden zu ähnlichen Orten macht. Sie bestimmt zu einem nicht unerheblichen Teil wie man denkt und wer man ist. Ähnlich ist es auch mit dem vsj, er ist anders und ganz speziell im Unterschied zu anderen Jugendhilfeträgern, die im Prinzip die gleichen Aufgaben erledigen. Er färbt mit seiner Besonderheit zu einem gewissen Teil auch auf die Mitarbeiter ab, sofern sie sich auf die spezielle Vereinskultur einlassen. Umgekehrt bietet der vsj die Möglichkeit – vielleicht verlangt er es auch wegen seiner eigenen basisdemokratischen Kultur als Notwendigkeit – durch aktive Gestaltung die Institution, den Träger und die eigene Arbeitssituation weitgehend zu beeinflussen. Hier gilt es für jeden Beschäftigten, die Balance zwischen eigenen persönlichen Interessen, Interessen der Betreuten, des Jugendamtes und natürlich auch des Trägers zu finden. Im bisher weitgehend gelungenen Prozess beim vsj bildete sich deshalb diese eigene Unternehmenskultur heraus, in der ich mich wiederfinden kann. Hier kann ich, ohne allzu große Hürden überwinden zu müssen, ei- Heimat bietet Sicherheit, Verlässlichkeit, sie ist ein Ort, an dem gegenseitiges Vertrauen herrscht. Aus meiner Sicht gilt dies auch für den vsj. Er ist verständlich und durchschaubar. Der vsj ist trotz ständigen Wachstums keine unüberschaubare Großeinrichtung, sondern operiert mit mehr oder weniger kleinen, überblickbaren Einrichtungen mit hoher Autarkie und Selbstverantwortung in ihren Entscheidungsfindungsprozessen. Dies ermöglicht ein sinnvolles und abschätzbares Handeln. Um sich irgendwo heimisch fühlen zu können, ist immer auch der Zeitfaktor wichtig. Ich muss mich eine gewisse Zeit an einem definierten Ort wohlgefühlt haben, um ihn als meine Heimat betrachten zu können. Heimat wird immer persönlich erfahren, es ist mit dem eigenen Empfinden verbunden. Heimat ist da, wo es mir gut geht. Dort, wo ich zufrieden mit den Rahmenbedingungen meiner Arbeit bin, dort, wo ich einen Sinn erkennen kann. Eine Beschäftigung, die als Job ausschließlich zum Geldverdienen ausgeübt wird, kann für mich nicht zur beruflichen Heimat werden. Heimat und auch die berufliche Heimat ist demnach etwas sehr Individuelles, das jeder selbst für sich definieren muss. Heimat ist für mich ein Gefühl, eine Hoffnung, ein Bedürfnis, verbunden mit der Frage: Bin ich hier am richtigen Platz? Dies kann ich für mich frei nach dem Bayerischen Rundfunk beantworten: Ich bin der Jürgen und beim vsj bin i daham. Jürgen Stöcklmeier 25 9 Das Leben in einer Jugendwohngruppe Eine ehemalige WG-Bewohnerin berichtet Für Jugendliche, die aus irgendeinem Grund nicht daheim leben können, gibt es sogenannte „Jugendwohngruppen“. Das hört sich zunächst etwas undurchsichtig an. Deshalb möchte ich euch diese Art zu wohnen ein wenig näherbringen. In einer solchen Gruppe leben mehrere Jugendliche zusammen. Die Wohnsituation ist von Wohngruppe zu Wohngruppe unterschiedlich. In einer WG des vsj beispielsweise leben bis zu sieben Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren. Jeder hat sein eigenes Zimmer, das bereits möbliert ist, aber dennoch individuell gestaltet werden kann. Jeder Jugendliche hat ein Taschengeld, welches durch das Alter festgelegt ist. Davon kann man Genussmittel, bestimmte Hygieneartikel (zum Beispiel Make-up oder Markenartikel) oder Freizeitwünsche finanzieren. Die WG finanziert Name: Christoph Seiz Alter: 25 Beruf:Sozialpädagoge Seit Oktober 2015 bin ich Teammitglied in der Teilzeitbetreuten Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Das gegenseitige Kennen- und Zusammenlernen vor dem Hintergrund verschiedener kultureller Herkünfte und der nun gemeinsam verlaufende Weg hin zu einer neuen Kultur und Heimat für alle, bilden für mich den Kern und Reiz dieser Arbeit. Heimat ist dabei für mich weniger ein bestimmter Ort, sondern mehr ein Gefühl, das auf einem Fundament von gegenseitigem Respekt entsteht, und so ein friedliches Zusammenleben der Menschen ermöglicht. Es freut mich, von Anfang Teil dieses Projektes zu sein, Erfahrungen in einem für mich neuen Arbeitsfeld sammeln zu können und so auch eine eigene, neue (berufliche) Heimat zu finden. 26 eine Grundhygieneausstattung, also „normales“ Shampoo/Duschgel etc., aber keine Markenartikel. Ebenso bekommt man Kleidergeld, das monatlich 20,- € beträgt. Davon kann man eigentlich alles kaufen, was man benötigt, ausgenommen Snapbacks, Halstücher und Taschen. Die Wohngruppe wird vom Jugendamt finanziert. Die Einrichtung bekommt einen bestimmten Betrag pro Monat für die Jugendlichen, der u. a. für Verpflegung, Schulmaterialien (auch Schulausflüge und alles andere, das man für die Schule braucht), Taschengeld, Kleidergeld und Freizeitgestaltung ausgegeben werden kann. Das Leben in einer Jugendwohngruppe Die Jugendlichen werden von Sozialpädagogen oder Erziehern betreut, die abwechselnd rund um die Uhr in der Wohngruppe arbeiten. Sie dienen den Jugendlichen als Vertrauens- und Kontaktpersonen in jeder Situation. Außerdem nehmen sie auch die Rolle des Erziehungsberechtigten ein, indem sie Formulare, Rücklaufzettel für die Schule usw. der Minderjährigen unterschreiben und die Verantwortung übernehmen. Sie kümmern sich auch um die Verwaltung der Finanzen, also um den täglichen Einkauf, die Auszahlung von Taschengeld und anderen Geldern und Neuanschaffungen bzw. Reparaturen. 9 Name: Anna Hoffmann Alter: 29 Beruf:Diplom-Pädagogin Angefangen habe ich beim vsj bereits 2013 in der Heilpädagogischen Jugendwohngruppe in Röttenbach als Aushilfe. Seit September 2015 arbeite ich nun in der teilzeitbetreuten Wohngemeinschaft für UMF in Nürnberg. Für mich ist die Arbeit in der Wohngemeinschaft sehr spannend, da wir hier alles zusammen neu aufbauen und das Arbeitsfeld UMF ist für mich auch neu. Die Arbeit mit den Jugendlichen hier bedeutet für mich neue Kulturen kennenzulernen und auch meine Heimat und Kultur den Jungs näherzubringen. Heimat ist für mich nicht unbedingt ein Ort, sondern ein Umfeld, in dem ich mich wohlfühle, fallen lassen kann und einfach ich selbst sein kann, ohne mich verstellen zu müssen. In der Wohngruppe ist es die Pflicht der Jugendlichen, einmal wöchentlich das Kochen für die Gemeinschaft zu übernehmen, wobei die Jugendlichen eigentlich nur darauf achten müssen, dass das Essen lecker und ausgewogen ist. Man trägt meist am Wochenende der vorherigen Woche in die „Kochliste“ ein, wann man was kochen möchte. In den Ferien kochen in der Regel unsere Betreuer. Nach dem Essen muss der Koch die Küche aufräumen, also Töpfe, Pfannen usw. spülen, den Geschirrspüler einräumen, Tisch abwischen und den Boden kehren und wischen. Außerdem gibt es Regelungen, wann man zu Hause sein muss. Sonntag bis Donnerstag ist das um 22.00 Uhr (unter 16 Jahren: 21.00 Uhr), Freitag und Samstag um 0.00 Uhr (unter 16 Jahren: 22.00 Uhr). Ausnahmen können jederzeit bei den Betreuern erfragt werden und werden unter Berücksichtigung der Umstände entschieden. Zu den Normen zählt auch das Verbot von Alkohol, Drogen und Waffen in der Wohngruppe. Außerhalb der Einrichtung darf jeder Jugendli- 27 9 Das Leben in einer Jugendwohngruppe che ab 16 Jahren nach dem Jugendschutzgesetz, allerdings in Maßen, trinken. Das Rauchen in der Wohngruppe ist nicht gestattet. Es gibt auch verpflichtende Gruppenaktivitäten in den vsj-Wohngruppen. In den Pfingstferien findet eine erlebnispädagogische Freizeit (EP) statt, die vier Tage dauert. Da fahren alle Wohngruppen (insgesamt vier Wohngruppen mit je ca. sieben Mitbewohnern) zusammen weg und nächtigen auf Campingplätzen in großen, oft selbstgebauten Zelten. Während dieser Zeit finden Aktivitäten statt, die die Jugendlichen oft an ihre Grenzen treiben und diese vielleicht auch erweitern. Ich war auf zwei EPs dabei und habe von Floßfahrten bis Slacklining über sechs Meter hohen Klippen bereits alles erlebt. Außerdem findet im Sommer eine Freizeit statt, in der jede Wohngruppe für sich alleine wegfährt. Das ist eher ein entspannter Urlaub mit festen Betten und Dach über dem Kopf, der die Jugendlichen aber auch an den Rand ihrer Grenzen bringen kann. Auf der letzten Freizeit wurde auch geklettert und gewandert. Des Weiteren findet circa einmal pro Monat an einem Sonntag ein Gruppenausflug statt. Was dort gemacht wird, entscheiden Betreuer und Jugendliche oft gemeinsam. Mal geht die Gruppe mit dem diensthabenden Betreuer bowlen, ein anderes Mal gehen alle zusammen wandern. Dem sind hier keine Grenzen gesetzt. Einmal im Monat findet auch ein Gruppenabend statt, an dem wichtige Dinge besprochen werden oder eine Gruppenarbeit zu einem bestimmten Thema angesetzt wird. All die genannten Veranstaltungen werden in der Regel von den Betreuern organisiert. Natürlich werden auch Geräte zur „Kommunikation mit der Außenwelt“ zur Verfügung gestellt. Wir besitzen einen PC mit Internetzugang, der von 14.00 bis 21.00 Uhr den Jugendlichen zugänglich ist – also ist für jeden eine Stunde eingeplant. Dieser ist natürlich mit einem Jugendschutzprogramm versehen, was, wenn ich 28 ehrlich bin, ziemlich nervig sein kann, da viele harmlose Videos und für die Schule benötigten Seiten für uns nicht zugänglich sind. Außerdem gibt es ein Telefon, von dem aus man unbegrenzt in alle Netze telefonieren kann. Nur das Versenden von SMS ist nicht erlaubt, da das zu zusätzlichen Kosten führen würde. Wie ihr sehen könnt, ist das Leben in einer Jugendwohngruppe sehr strukturiert, was sehr hilfreich für das weitere Leben sein kann. Allerdings hängt alles auch ein wenig von den Jugendlichen ab; diese müssen schon mitarbeiten, wenn die Gruppe und vor allem auch die Arbeit mit den Betreuern funktionieren sollen. Deshalb gibt es immer gute und schlechte Zeiten. Aber wenn die Gruppe stark ist und zusammenhält, können alle Krisen überstanden werden und man kann sich „daheim“ fühlen. Cora Schwiebus Heimat ist für mich... Ruhe und Geborgenheit. Andrea 48 Jahre / Friseurin My Home is my Castle – Endlich eine eigene Wohnung Etwa ein Jahr lang befanden sich Ahmed und Ridwan, beides Flüchtlinge aus Somalia, auf der Suche nach einer geeigneten Wohnung im Nürnberger Stadtgebiet. Während es für andere Jugendliche aus dem betreuten Wohnen schon schwer genug ist, eine passende Wohnung zu finden, waren für die die beiden Somalier noch weitaus höhere Hürden zu überwinden. So störten sich potenzielle Vermieter entweder an der Hautfarbe der beiden, an deren ausländerrechtlichem Status oder zeigten sich grundsätzlich ablehnend gegenüber „solchen vom Amt“ – eine auf Dauer zermürbende und nicht hoffnungsvoll stimmende Situation. Vor diesem Hintergrund erwies sich der Kontakt zu der immowelt.deInitiative „Verändere deine Stadt“ als wahrer Glücksfall für Ahmed und Ridwan. Binnen kurzer Zeit nach der Veröffentlichung ihres Mietgesuches meldeten sich die ersten Vermieter, um Wohnraum anzubieten. Zwar mussten die beiden auch hier aus ähnlichen bereits geschilderten Gründen Rückschläge hinnehmen, da Vermieter ihre Wohnungsangebote kurzfristig wieder zurückzogen, doch was ewig währte, wurde dann irgendwann gut. Ein sehr engagiertes Ehepaar ermöglichte Ahmed und Ridwan den lang ersehnten Umzug in die eigene Wohnung. Und nicht nur das. Mit der Zurverfügungstellung von Beständen aus ihrem eigenen Fundus an Küchenutensilien und zum Teil auch Einrichtungsgegenständen und Möbeln boten sie den beiden eine nicht selbstverständliche Starthilfe für den Umzug in ihre neuen eigenen vier Wände. Inzwischen konnten Ahmed und Ridwan die 3-Zimmerwohnung auch nach ihren eigenen Vorstellungen dekorieren und gemütlich einrichten, und fühlen sich dort auch sehr wohl. Mit dem Ende dieser nervenaufreibenden Zeit beginnt für die zwei nun ein neuer Lebensabschnitt, dem sie zuversichtlich und hoffnungsfroh entgegenblicken. Daniel Boeder, Stanley Lauer 10 Name: Fiona Weix Alter: 23 Beruf:Sozialpädagogin Geboren und aufgewachsen bin ich am wunderschönen Untermain in der Nähe von Miltenberg. Nach Nürnberg verschlagen hat es mich im Oktober 2011 durch mein Studium der Sozialen Arbeit. In diesem Rahmen habe ich dann auch mein Praxissemester 2013 in der Wohngruppe Fürth abgeleistet, wo ich anschließend zwei tolle Jahre als Aushilfe bleiben durfte. So bin ich zum vsj gekommen – und geblieben. Seit Oktober bin ich Teammitglied in der Teilzeitbetreuten Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Das Projekt von der Eröffnung an begleiten zu dürfen, ist sehr spannend und macht vor allem unglaublich viel Spaß. Das Thema Heimat ist quasi Grundlage unserer alltäglichen Arbeit mit den Jungs. Jeder von uns bringt ein Stück Heimat mit in die Gemeinschaft. Denn Heimat ist nicht nur der Ort, an dem wir aufgewachsen sind. Es ist eine tiefe Verbundenheit, zu Menschen, die uns lieben und von denen wir uns verstanden fühlen. Heimat prägt uns und wird daher auch immer ein Teil von uns bleiben. „Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss.“ Johann Gottfried von Herder Heimat ist für mich... In der „Fremde“ bei einem Seminar, ich durfte im Verständnis und der Liebe völlig fremder Menschen „baden“… Jeden Einzelnen trage ich jetzt als ein Stück Heimat in meinem Herzen. Ansonsten: Heimat ist für mich das wundervolle Coburg, sein Umland mit seiner vielfältigen Natur, den wundervollen Bauwerken und liebenswerten Menschen, den kulturellen Angeboten und natürlich den leckeren fränkischen Spezialitäten! Karin 57 Jahre / Pädagogin Vielen Dank an Andrea Uhrig vom Immowelt 29 11 Fremde oder Freunde? „Du kennst mich doch, Du weißt, ich habe nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde, aber diese Fremden sind nicht von hier.“ Asterix und Obelix „Das Geschenk Cäsars“ Mit diesem Diskussionsbeitrag bringt Methusalix es auf den Punkt. Solange die oder das Fremde uns fern bleibt, haben wir damit kein Problem. Wir üben uns in Toleranz und Nächstenliebe, lassen großzügig oder gleichgültig zu, dass jeder seinen Glauben lebt, seine Kleidung trägt, seine Freundschaften pflegt… – oder finden es sogar wildromantisch, wenn im Urlaub der Ruf des Muezzins zum Gebet die Kulisse des Andersartigen, Neuen und Aufregenden so malerisch umrahmt. Das ist angenehm, solange wir uns davon distanzieren, die Grenzen selbst bestimmen und den Austausch mit Gleichgesinnten aus der Komfortzone heraus pflegen können. Ganz anders sieht es da schon aus, wenn diese Fremden das Fremde und Neue zu uns in unsere Dörfer, Städte und Gemeinden tragen. Wenn sie gar Teil dieser Gemeinschaft werden wollen, Name: Steffi Herrmann Alter: 27 Jahre Beruf:Sozialpädagogin (B.A.), Kinder- und Jugendmedien (M.A. 2016) Seit August 2015 unterstütze ich das IBJ-Team der Jugendhilfestation Coburg. Nach meinem BA-Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule Coburg zog es mich nach Erfurt für den Masterstudiengang der Kinderund Jugendmedien. Dadurch war es mir möglich, mich zusätzlich auf den Kinder- und Jugendmedienschutz zu spezialisieren. „Die beiden schönsten Dinge sind die Heimat, aus der wir stammen, und die Heimat, nach der wir wandern.“ – Heinrich Jung-Stilling (18. Jh.) – 30 wo sie doch so eindeutig „nicht von hier sind“ womit man sich (nicht nur, aber doch sehr nachdrücklich) in Franken fürs Erste auf jeden Fall mal disqualifiziert hat. Der vorsichtige Umgang mit Unbekanntem liegt uns in den Genen und konnte zu allen Zeiten das Überleben sichern. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass wir ängstlich, unsicher und ablehnend reagieren, wenn wir uns damit konfrontiert sehen. Ebenfalls in die Wiege gelegt ist uns jedoch die Neugier, mehr oder weniger mutig auf Neues zuzugehen, das Bestreben, neue Erfahrungen zu machen, sich weiterzuentwickeln und in der Interaktion mit unseren Artgenossen gemeinsame Interessen zu pflegen. Fremde oder Freunde? 11 Name: Elisabeth Söllner Alter: 22 Jahre Beruf:Sozialpädagogin B.A. Wir freuen uns sehr, dass es in der Gemeinde Ebersdorf offensichtlich viele „mutige“ Menschen gibt, die Ängste und Vorbehalte überwinden und den Jugendlichen in unserer neuen Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Ortsteil Oberfüllbach mit Offenheit und Neugier begegnen. Auch unsere Jungs sind, nicht zuletzt aufgrund ihrer Erfahrungen mit Krieg und Gewalt und dem Verlust ihrer Familie, unsicher und vorsichtig, aber auch sie sind neugierig und offen für neue Erfahrungen. Auf der Basis dieser Gemeinsamkeiten wird es gelingen, aufeinander zuzugehen, sich auf gemeinsame Aktivitäten einzulassen, den kulturellen Austausch zu pflegen und im Miteinander der persönlichen Begegnung die Andersartigkeit nicht nur zu akzeptieren, sondern als Bereicherung zu erleben. Erste Schritte sind gemacht, und wer weiß, ob so nicht doch auch in Franken aus Fremden Freunde werden können….. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle, die uns ein Willkommen bereitet und ihre Unterstützung angeboten haben. Sei es durch guten Rat, nette Worte, Verständnis, Sach- und Geldspenden sowie die freundliche Aufnahme in Sport- und Kulturvereine. Ute Stenzel Ich arbeite seit Anfang August 2015 beim vsj e.V. in der heilpädagogischen Wohngruppe in Oberfüllbach bei Coburg. In unserer Wohngruppe leben acht unbegleitet minderjährige Flüchtlinge, die ihre Heimat Syrien verlassen haben. Ich stimme der Aussage von Stefan Kuzmany zu: „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl.“ Heimat ist für mich, wenn ich nach Hause zu meinen Eltern komme, die frische Landluft einatme und meine Katze in den Arm nehmen kann. Wenn in der Weihnachtszeit alle Fenster mit Lichterbögen geschmückt sind und es in den Zimmern nach Räucherkerzen duftet, dann weiß ich, ich bin in meiner Heimat. Es ist also ein Gefühl und nicht allein der Ort, der mir sagt, ich bin daheim. Name: Gerrit Lepper Alter: 26 Beruf:Erzieher, seit Oktober 2013 Studium Soziale Arbeit in Coburg Seit September 2015 arbeite ich in der Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Oberfüllbach (Landkreis Coburg). Während meines Praxissemesters bekam ich die Möglichkeit zu einem ersten Kontakt mit einigen Jugendlichen der Wohngruppe. Als ich erfuhr, dass der vsj eine Wohngruppe im Landkreis Coburg für diese Jungs gründet, entschied ich mich, mich neben meinem Studium dort zu engagieren. Ich freue mich über die Teilzeitstelle, die es mir auch ermöglicht, in meinem erlernten und nach der Ausbildung in Bamberg (Tätigkeit in einer Wohngruppe) ausgeübten Beruf zu arbeiten. „Erziehen ist vor allem Sache des Herzens.“ Don Bosco 31 12 Ein Heimatgefühl zwischen Afghanistan und Deutschland Jedes Land hat bestimmte Werte, Normen und Sitten. Ich bin mit afghanischen Werten aufgewachsen. Afghanistan, mein Heimatland, hat viel Kultur und ich vermisse hier in Deutschland afghanische Sitten und Lebensweisen, z. B. die afghanische Kleidung, die ich hier in Deutschland auf der Straße nicht tragen kann. Ich vermisse Alltagskultur wie z. B. das Essen und vor allem die Küche meiner Mutter und das Leben und Lachen mit meiner Familie. habe, konnte ich erfahren, dass auch andere Lebensweisen schön sein können. Die deutsche Kultur als neue und die afghanische Kultur als alte sind aber schwer zu verbinden und zu vergleichen. Deutsche Sitten, die ich kennengelernt habe, finde ich sehr gut. Aber genauso gibt es afghanische Sitten und Werte, die mir in der deutschen Kultur fehlen. Mein Heimatland Afghanistan wird für mich immer meine Heimat sein, mit allem Guten und Schlechtem. Seitdem ich in Deutschland lebe, habe ich erfahren, dass man neben seinem Heimatland auch ein zweites, anderes Heimatgefühl haben kann. Für mich entsteht ein Heimatgefühl dort, wo ich in Sicherheit leben kann, Freunde habe und von der Gesellschaft respektiert und anerkannt werde. Wichtig hierbei ist für mich, dass ich so leben darf wie die deutschen Bürger, mit allen Rechten und Pflichten. Um diesen Zustand vollständig zu erlangen, wünsche ich mir einen sicheren Aufenthaltsstatus in Deutschland. Das Miteinanderleben in Afghanistan ist ein ganz anderes als in Deutschland. In meinem Heimatland leben generationsübergreifend die Familien zusammen in einem Haus. Das Zusammenleben und Zusammenhalten mit und in der Familie ist in meiner Kultur sehr wichtig. Das Alleineleben, wie viele es in Deutschland tun, wäre in Afghanistan so nicht möglich. Zum einen, weil das nur die Eltern entscheiden können, und weil die außenherum lebende Gesellschaft denken würde, man wäre keine gute Person, da man wahrscheinlich mit seiner Familie nicht auskommt. Hier in Deutschland lebe ich alleine ohne Familie und werde vom vsj e.V. betreut. Das gefällt mir sehr gut. Seitdem ich von Afghanistan weg bin und ich eine neue, die deutsche Kultur kennengelernt 32 In meiner Situation fühle ich mich wie zwischen zwei Kulturen. Afghanistan als Heimat, die ich hier in Deutschland ein bisschen verliere und unsicher zum leben ist und Deutschland als Land der Unsicherheit, ob ich überhaupt bleiben darf und es sich demnach lohnt, sich voll und ganz darauf einzulassen. Hier in Deutschland wünsche ich mir, dass ich einen guten Beruf erlernen kann, eine Familie gründe, gute Freunde habe und in Sicherheit leben kann. Das wäre für mich Heimat. Manchmal denke ich, wenn ich hier in Deutschland nicht bleiben kann, ist mein Leben nichts. Nicht mehr ganz afghanisch und nicht ganz deutsch. A.S. Wo ist Heimat? Wo liegt sie? 13 Da, wo wir geboren sind? Wo wir am längsten gelebt haben? Die Erinnerungen an die Kindheit? Vertraute Orte, vertraute Sprache, vertraute Menschen? Da, wo ich aufgewachsen bin? Da, wo meine Familie und Freunde sind? Ja, das alles kann der Begriff „Heimat“ umfassen. Aber Heimat kann auch ein innerer Ort sein. Dann wird er zeit- und grenzenlos. Die geistige Heimat in der Kunst, Musik und Literatur. Der Ausdruck eines inneren Gefühls in der Sprache der Musik und Literatur. Für unsere Jugendlichen heute, heißt dies, sich auszudrücken auf „ihrer Bühne“, mit ihren Worten, mit ihrer Musik. Ehrlich und ohne Schnörkel, frisch von der Leber weg. Ein Rap-Text unseres Jugendlichen Hasan P. zeigt, wo Heimat auch sein kann, weit weg von Familie und Herkunft. Der Text ist sehr spontan in wenigen Minuten entstanden und deshalb vielleicht auch so ehrlich und erfrischend. Und die Botschaft? Vielleicht drückt es ein Zitat von Karl Jaspers am besten aus: Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde. Karl Jaspers (1883 - 1969), dt. Philosoph Heimat ist für mich... Name: Marian Hanner Alter: 44 Beruf: Sozialarbeiter B.A. Ich arbeite seit August 2015 beim vsj e.V. im betreuten Wohnen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Erlangen und Fürth. Auf die Arbeit mit minderjährigen Flüchtlingen bin ich aufgrund meiner eigenen Lebensgeschichte gekommen. Im gleichen Alter wie sie flüchtete ich in den 1990er Jahren vor dem totalitären, kommunistischen Regime in meinem Geburtsland Bulgarien. Beim vsj erhielt ich nun die großartige Möglichkeit, beides, Jugend- und Flüchtlingsarbeit, zu verbinden. Dabei möchte ich meinen Klienten nicht bloß helfen, sich in der Fremde zurechtzufinden, sondern vor allem ihnen aufzeigen, wie sie daraus eine neue Heimat entstehen lassen können. Denn Heimat ist für mich nicht nur ein Ort auf Erden, sondern ein tiefer Punkt in der eigenen Mitte, der stets auf‘s Neue gesucht, gefunden und bewahrt werden muss. Da, wo meine Familie ist, meine Freunde sind, wo ich aufgewachsen bin. Wo mein Dialekt gesprochen wird, bekannte Gesichter sind, Schäufele und Klöße, fränkisches Essen. Sven 38 Jahre / Pädagoge 33 13 Wo ist Heimat? Wo liegt sie? Mama! Papa!, ich geb euch nicht die Schuld dafür, dass ich kein leichtes Leben hab. Aber ich denke, mit euch hätte ich, hätte ich es sicher nicht so schwer gehabt. Ein bisschen Unterstützung ist das zu viel verlangt? Es ist so hart zu leben, wenn das Geld nicht langt. Vielen Dank an den vsj, dank euch hab ich ein Dach übern Kopf, Essen und nen Job. Ich weiß nicht, wie ich es ohne euch geschafft hätte. Danke für das weiche Bett, Kissen, Decke. Im Sommer passt das Wetter, im Winter ist es warm. Hab ich mal Probleme nehmt ihr mich in den Arm. Ihr wisst mit Menschen umzugehen und habt viel Geduld, ich lieg tief in eurer Schuld. Peter, du bist meine Respektperson. Hut ab, ich finde, dass du dein Job gut machst. Auch wenn du mal schlecht drauf bist, du lachst. Ich frag mich immer, wie du das machst. Wo zur Hölle holst du diese Kraft. Hab ich ein Problem und sprech dich darauf an, tust du alles was möglich und es dauert nicht lang, bis du eine Lösung hast, bis alles wieder passt. Bau ich mal Scheiße sagst du, „hör auf, es wird gefährlich“, du weißt, dass ich es schätz, dass du dich so krass für mich einsetzt. Du bist nicht nur ein Betreuer, du bist mein Freund, ein Freund, der mich nebenbei betreut, der auf mich aufpasst, der raus haut, „zeig was du drauf hast“, der ehrlich zu mir ist und es laut sagt, obwohl er weiß, dass ich ne harte Faust hab. Du machst ne klasse Arbeit als Betreuer, für dich leg ich meine Hand ins Feuer. Hasan P. Heimat ist für mich... Ein Platz, wo du immer gerne hingehst und Ruhe findest und gerne zurückkommst. Dazu gehört natürlich die Familie. Mihai 34 Jahre / Sportlehrer Spendenaufruf Wenn Sie unsere Arbeit unterstützen wollen... Ihre Spende kommt direkt unserer pädagogischen Arbeit und damit unseren betreuten Kindern, Jugendlichen und Familien zugute, z. B. • Neuanschaffung von Sport- und Spielgeräten • Förderung im medialen Bereich • Zuschüsse für Ferien- und erlebnispädagogische Freizeiten • Aufbau von neuen innovativen Betreuungs- und Beratungsprojekten Spendenkonto: Sparkasse Nürnberg, IBAN DE49 7605 0101 0001 0442 30, BIC SSKNDE77XXX Auf Wunsch senden wir Ihnen eine steuerabzugsfähige Spendenbescheinigung zu. 35