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Diözesan Bulletin des Lateinischen Patriarchates
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Jahr 75
Papst
Benedikt XVI.
im Heiligen Land
8.–15. Mai 2009
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Seiner Seligkeit Patriarch Fouad Twal
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Der Besuch des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI.
im Heiligen Land – ein Überblick • Der Papst in Jordanien • Der Papst in Israel
• Der Papst in Jerusalem • Der Papst in der Palästinensischen Autonomiebehörde
• Der Papst in Nazareth
• Der letzte Tag in Jerusalem 5
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Ansprachen
• von Patriarch Fouad
- an der Universität in Madaba
- im Internationalen Stadium in Amman
- im Päpstlichen Institut Notre Dame of Jerusalem Center
- in der Konkathedrale von Jerusalem - in Gethsemani
- in Bethlehem
- beim Heiligen Grab • von Bischof Salim Sayegh
- an der Taufstelle Jesu • von Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo
- beim Interreligiösen Treffen in Nazareth
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Die Botschaft von Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
• Der Pilger
• Der Hirte
• Der Mann des Dialogs
• Der Friedensstifter
• Die Einheit Gottes, die Einheit der Menschheitsfamilie
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Jerusalem
Jahr 75
Sonderausgabe
Papst
Benedikt XVI.
im Heiligen Land
8.–15. Mai 2009
Lateinisches Patriarchat
P.O.Box 14152
91141 Jerusalem
Büro des Patriarchates
für soziale Kommunikation :
Tel : +972-(0)2-628 23 23
+972-(0)2-627 22 80
Fax : +972-(0)2-627 16 52
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Fotos:
Mounir Hodaly
[email protected]
www.lpj.org
Dankbrief von Papst Benedikt XVI. 147
Antwort von Patriarch Fouad 148
LATIN PATRIARCHATE PRINTING PRESS
BEIT JALA — 2009
Jersusalem möchte Christo Asfour, Marie-Armelle Beaulieu (C.T.S.), Peter Dammon
(Agentur Focus), Ariel Jerozolimski und Gabriela Mihlig für die Bereitstellung ihrer
Fotos besonderen Dank aussprechen.
“Ich komme
als Pilger and Hirte”
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Vorwort
von Seiner Seligkeit Patriarch Fouad Twal
Wer hätte jemals vorhersagen können, daß die Pilgerreise von
Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. so gut verlaufen würde?
Vom Moment der offiziellen Verlautbarung seines Besuches an wurden in der Tat
viele Stimmen auch von christlicher Seite her laut, welche ihre Zweifel über die Nachricht
von solch einer Reise äußerten. Es muß auch gesagt werden, daß sich - vom menschlichen
Standpunkt aus betrachtet - die politische Situation in Israel und Palästinensischen
Autonomiebehörde stark verschlechterte und der Friedensprozeß als völlig blockiert
erschien. Was die palästinensische Sichtweise betrifft, bringt sie die folgende Frage zum
Ausdruck: Stieg denn nicht noch immer der Rauch von dem israelischen Bombardement
auf Gaza über ihrem Territorium auf? War da nicht eine völlig traumatisierte Bevölkerung
zu sehen, welche den blutigen Gazakrieg, der über sie herabregnete, erlitt? Von israelischer
Seite aus stellt sich zudem die Frage, ob nicht die vielen kürzlich geschehenen Ereignisse,
und die deutsche Volkszugehörigkeit von Papst Benedikt XVI. dazu geführt haben
könnten, daß die Herkunft der Katholischen Kirche, ihre Versöhnung und ihre Solidarität
mit ihren „älteren Brüdern im Glauben“ in Zweifel gezogen schien? Kurz gesagt, beide
Seiten, Araber wie Israelis, befanden sich in einem Zustand extremer Sensitivität.
Und wir konnten nicht helfen, sondern wir stimmten all jenen Menschen zu,
die dachten, der Zeitpunkt wäre ungeeignet und der Besuch des Heiligen Vaters würde
scheitern und für ein politisches Ende der einen oder anderen Partei ausgenutzt. An diesem
Punkt angelangt, erwog die Versammlung der Katholischen Ordinarien im Heiligen Land
sogar den Wunsch, die Reise zu verschieben.
Jedoch sind Gottes Wege nicht die des Menschen. Wieder einmal zeigte sich, daß
sich das biblische Wort vom Propheten Jesaja als wahr erwies: „Meine Gedanken sind
nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege, Spruch des Herrn.“ (Jes 55,8)
Ja, Gott sei Dank, der Besuch des Heiligen Vaters war in der Tat ein Erfolg und ein
Segen!
Alle Teilnehmer haben den Frieden, die Menschlichkeit, die Freundlichkeit, die
Liebe und die Wahrheit, welche in den Worten und Handlungen Papst Benedikts XVI.
während seiner Pilgerreise nach Jordanien, Israel und zu den Territorien palästinensischer
Autorität zum Ausdruck kamen, bemerkt.
Der Papst kam vor allem als Pilger und deshalb in einer demütigen und betenden
Geisteshaltung, weil er sich selbst „an den Heiligen Stätten unserer Erlösung und
Wiedergeburt in Christus“ der Betrachtung übergeben hat (Besuch des Heiligen Grabes).
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Als Hirte kam er, um seine geliebte Herde im Heiligen Land zu trösten, zu stärken
und zu ermutigen - und auch, um zu einer allgemeinen Umkehr aufzurufen, damit die
Menschen „Mut haben mögen, die fruchtlosen Wege ihres Denkens, Handelns und
Reagierens zu verlassen“ (Heilige Messe in Bethlehem).
Als Friedensstifter hat Papst Benedikt XVI. aufgezeigt, wie sehr der israelischpalästinensische Konflikt das Heilige Land weiterhin auseinanderreißt. Der Heilige Vater
betonte, daß die Resolution des Konfliktes in der Verantwortung der politischen Führer
und der Internationalen Gemeinschaften liegt. Er rief Führer und Einwohner beider Völker
auf, „eine neue ‚geistliche’ Infrastruktur zu errichten, welche fähig ist, die Energien aller
Männer und Frauen guten Willens im Dienst der Erziehung, Entwicklung und Förderung
der gemeinsamen Güter zu stehen, zu galvanisieren.“ (Messe in Bethlehem) Im selben
Atemzug rief er wiederholt seine Zuhörer auf, „in der Menschlichkeit Fortschritte zu
machen“, dem einzigen wahren Fortschritt, der befähigt, eine gerechte Gesellschaft zu
bauen, worin jeder Mensch seinen Platz hat. Schließlich wird der Aufruf, den der Papst
am 15. Mai machte, unmittelbar bevor er das israelische Territorium verließ, noch ein lang
anhaltendes Echo in unserem Geist und in unseren Herzen haben: „Kein Blutvergießen
mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Laßt uns
stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden Frieden herrschen,
der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge
allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden
und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge
anerkannt werden, daß das palästinensische Volk Recht auf eine souveräne, unabhängige
Heimat, auf ein Leben in Würde, und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung
möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben. Von diesen Ländern her soll sich
der Frieden ausbreiten, sie sollen als ‚Licht für die Völker’ (Jes 42,6) dienen und den vielen
anderen Regionen, die unter Konflikten leiden, Hoffnung bringen.“ (Abschiedszeremonie,
Ansprache von Papst Benedikt XVI., Internationaler Flughafen Ben Gurion). Dieser
Aufruf nach Frieden in einem geteilten Heiligen Land war ein Leitmotiv, das, obwohl
notwendig, gerade darin beinahe den Höhepunkt erreichte. Jedoch zu glauben, daß das
Heilige Land ein Modell des Friedens für die Völker werden möge, ist eine andere Sache:
Es offenbart eine Hoffnung, die im Jenseits ihren Ursprung hat.
Als Bischof der Kirche von Rom, „welcher den Vorsitz der Liebe hat“, hob der
Papst die reiche Vielfalt und Komplementarität der verschiedenen wunderschönen Riten
innerhalb der Katholischen Kirche hervor. Er sprach auch kraftvolle Worte der Ermutigung
für die Einheit und Gemeinschaft unter den Christen, zögerte nicht, über „die Schande
unserer Spaltungen“ zu reden und hat die Kirchen aufgerufen „gemeinsam Zeugnis für die
Liebe des Vaters zu geben“ (Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates).
Faktum ist, daß Benedikt XVI. vor allem als ein Mensch der Hoffnung kam. Es
gab kaum eine Ansprache, in welcher er nicht die Zuhörer aufrief, sich zu öffnen und die
Tugend der Hoffnung zu nähren, welche eine übernatürliche Gabe Gottes ist. Oh, welch´
ein Segen für dieses Land, welches in unseren menschlichen Grenzen unter Verdacht
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
steht, die Hoffnung verloren zu haben!
Es ist notwendig, die Worte Benedikts XVI., welche er im Namen Christi an uns
richtet, zu lesen und nochmals zu lesen und sie zu meditieren und sich dann zu bemühen,
diese in die Praxis umzusetzen. Das ist nun die Herausforderung, die vor uns steht.
Für uns, die Kirche des Heiligen Landes, ist es eine einzigartige Möglichkeit, unsere
Identität, unsere Berufung und unsere Mission auf dieser Welt zu vertiefen. Unser Herz
kann erwärmt, erneuert und gestärkt daraus hervorgehen, um nicht länger vom Mitleid
politischer Illusionen, der verführerischen Stimme der Medien, oder unseren eigenen
Ängsten verwirrt zu werden.
Jerusalem als die spezielle Kernfrage, wurde aus folgendem Grund zur Sprache
gebracht: Eine Auswahl und Zusammenstellung diesbezüglicher Papstreden möchten wir
- dem Thema entsprechend - unseren Freunden und Lesern als Idee von der Reichhaltigkeit
der Botschaft Papst Benedikts XVI. geben und in ihnen den Wunsch wecken, diese in
die Lebenspraxis umzusetzen - entweder im Heiligen Land, oder anderswo. Im selben
Geist werden wir in Kürze eine Sammlung von Papstreden in verschiedenen Sprachen
veröffentlichen und in unseren Pfarreien verteilen.
Möge Gott gewähren, daß uns die kürzlich stattgefundene Pilgerreise von Papst
Benedikt XVI. einen Neubeginn im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe für das
Wohl des Heiligen Landes und für das Heil der Welt gibt!
+ Fouad Twal
Lateinischer Patriarch von Jerusalem
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Der Besuch
des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI.
im Heiligen Land – ein Überblick
Der Papst in Jordanien
Freitag 08. Mai 2009 startete um 09.30h das Flugzeug vom Flughafen Fiumicino und
brachte Papst Benedikt XVI. in das Heilige Land. Wie seine Vorgänger Paul VI. im Jahr
1964 und Johannes Paul II. im Jahr 2000, begann auch Benedikt XVI. seine Pilgerreise
in das Heilige Land in Jordanien, einem Land, das reich an Ereignissen der biblischen
Frohbotschaft ist. Für das Patriarchat von Jerusalem ist Jordanien von wesentlicher Bedeutung: Die Diözese des Lateinischen Patriarchates umfaßt 130.000 Gläubige, wovon
mehr als die Hälfte (etwa 70.000) Jordanier sind. Aus ihnen geht auch die Mehrheit
der priesterlichen Berufungen hervor. Insgesamt umfassen die verschiedenen christlichen Kirchen Jordaniens ungefähr 220.000 Personen, was beinahe schon die Hälfte der
Christen im Heiligen Land ausmacht.
Der Heilige Vater gab in der traditionellen Pressekonferenz im Flugzeug die
drei Schlüsselthemen seiner Pilgerreise bekannt: Friede, interreligiöser Dialog und die
Christen im Heiligen Land. Der Papst sagte, daß die Kirche, als „geistliche Kraft“ hel-
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
fen könnte, den Frieden durch das Gebet, die Gewissensbildung und den Appell an die
Vernunft aufzubauen. Im Hinblick auf den religiösen Dialog mit Juden und Muslimen
betonte er nicht nur die Notwendigkeit, mit dem „bilateralen Dialog“ voranzuschreiten,
wo die Kirche mit den Juden auf der einen Seite, und mit den Muslimen auf der anderen Seite spricht – dasselbe gelte auch für den „trilateralem Dialog“ als gemeinsames
Gespräch mit Christen, Juden und Muslimen. Zuletzt hat er auch die Frage nach den
Christen im Heiligen Land und ihre ernsten Probleme im Hinblick auf die Auswanderung angesprochen. Benedikt XVI. sagte, er wollte die Christen an diesem Ort ermutigen, ihre schwierige, jedoch außerordentlich wichtige Berufung zu akzeptieren: „So
hoffe ich, daß die Christen wirklich den Mut, die Demut und die Geduld finden können,
in diesen Ländern zu bleiben und ihren Beitrag zur Zukunft dieser Länder zu leisten.“
Gegen 14.30h landete das Flugzeug des Papstes auf der Landebahn des Queen
Alia International Airport in Amman. König Abdullah II. und Königin Rania von Jordanien bereiteten einen sehr herzlichen Empfang, indem sie den Heiligen Vater – gänzlich gegen die protokollarischen Bestimmungen - bereits an den Stufen der Gangway
begrüßten. Die Grundlage für
einen dreitägigen Besuch, die
von einem Klima der Freundlichkeit, des Respekts, des Dialoges und des Friedens geprägt
wurden, war somit gegeben.
Ein angesehenes Empfangskomitee erwartete Papst
Benedikt XVI.: Mitglieder der
königlichen Familie, die offiziellen Regierungsvertreter, das
hohe Militär Jordaniens, Religionsführer, Christen und Muslime. Unter den Autoritäten der
christlichen Kirchen befanden
sich vorrangig Seine Seligkeit
Fouad Twal, der Lateinische
Patriarch von Jerusalem. Er
hieß den Heiligen Vater im
Namen der Versammlung der
Katholischen Ordinarien des
Heiligen Landes („The Assembly of the Catholic Ordinaries
of the Holy Land“, im folgenden kurz „ACOHL“genannt),
denen er als Patriarch vorsteht,
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willkommen. Es ist bedeutend zu erwähnen, daß der
Heilige Vater zu allererst auf
die Einladung von den Katholischen Ordinarien geantwortet hatte, und sich dazu
entschlossen hatte, diese Pilgerreise anzutreten, obgleich
auch die Regierungen Jordaniens, Israels und Palästinas
den Papst offiziell eingeladen
hatten.
Als Antwort auf die
sehr herzliche Begrüßungsrede Seiner Majestät König
Abdullahs II. drückte der Heilige Vater seine Freude über „seine erste Reise in den
Mittleren Osten seit seiner Erwählung zum Papst“ aus und bot dem Haschemitischen
Souverän zu seinem 10. Jahrestag seiner Thronbesteigung seine Glückwünsche dar.
Unverzüglich nach der Begrüßungszeremonie am Flughafen besuchte Papst
Benedikt XVI. das Our Lady of Peace Center (auch Regina Pacis Center genannt),
welches sich 12 km von Amman entfernt in Um al-Kundum befindet. Es wurde in den
Jahren 2001 – 2004 unter der Führung von Bischof Salim Sayegh, dem Lateinischen
Patriarchalvikar von Jordanien, errichtet. Das Hauptanliegen dieses Zentrums ist es,
Menschen mit Behinderungen zu empfangen, zu versorgen und zu rehabilitieren. So
wird ihnen geholfen, Anerkennung und soziale Integration zu erlangen, während die
jordanische Gesellschaft dahingehend ausgebildet wird, ein größeres Bewußtsein
sowie Respekt für deren Würde und Rechte zu bekommen. Ein Team aus Christen
und Muslimen, bestehend aus vielen jungen Menschen, arbeitet mit Personen,
die an Behinderungen leiden, um im Dienst an den Schwächsten ein Modell der
Zusammengehörigkeit und eine Zusammenarbeit für Menschen verschiedener
Glaubenszugehörigkeit zu bieten. Das Zentrum beherbergt kostenlos jene Personen, die
in Not sind – unabhängig von ihrer religiösen oder politischen Zugehörigkeit und ihres
sozialen Status. Dieses Zentrum steht jungen Christen sowohl für stille Einkehrtage, als
auch für Bildung und Aktivitäten zur Verfügung. Gegenwärtig wird ein
neuer Gebäudetrakt erbaut, welcher dazu dienen soll, eine größere
Zahl von Menschen in Not aufzunehmen. Von
jenseits des Jordans fanden sich
junge Menschen mit
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Vatikan- und Jordanienflaggen ein, welche auch Spruchbänder mit Aufschriften in
verschiedenen Sprachen in den Händen hielten. Der Refrain „Benedetto, Benedetto“,
welcher von Rev. Bashir Bader komponiert wurde, war wiederholt in der gesamten
Pilgermenge zu hören gewesen. In dieser jubelnden und feierlichen Atmosphäre wurde
der Heilige Vater willkommen geheißen.
Nachdem er die Versammlung begrüßt hatte, betrat Benedikt XVI. die Kirche
des Guten Hirten, dem Herzen des Our Lady of Peace Centers, wo Mitglieder des
Personals, zivile und religiöse Persönlichkeiten und Wohltäter warteten. In seiner Ansprache an den Heiligen Vater, erwähnte Patriarch Twal die Person des Guten Hirten,
die in der Perikope von Ezechiel zu finden ist: „Die verloren gegangenen Tiere will
ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen
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kräftigen, die fetten und starken
behüten. Ich will ihr Hirt sein und
für sie sorgen, wie es recht ist.“ (Ez
34,16). Er lud den Papst auch ein,
sich darüber zu freuen, daß durch
diese Arbeit „viele Menschen die
Güte Gottes und des Guten Hirten,
der uns führt, erfahren haben. Viele Menschen haben entdeckt, daß
es möglich ist, im Vertrauen darauf zu arbeiten, eine Gesellschaft
aufzubauen, die die Würde jedes
Menschen ‒ beginnend mit den
Schwächsten und den Verletzlichsten ‒ achtet.“
Papst Benedikt XVI. dankte in seiner Rede dem Lateinischen Patriarchat, und
insbesondere Bischof Sayegh, dem Gründer und Direktor des Zentrums, zusammen mit
Patriarch Emeritus Michel Sabbah, der das Projekt von einem materiellen Standpunkt
aus unterstützte. Das Our Lady of Peace Center hat viel Nutzen aus der Großzügigkeit
der vielen Spender, insbesondere der Spanischen Stiftung Promoción Social de la Cultura, gezogen, welche von Fräulein Pilar Lara Alan, Präsidentin, und Frau Macarena
Cotelo, Projektdirektorin, repräsentiert wurden. Der Papst lobte sowohl die Mitglieder
des Personals im Zentrum, als auch die behinderten Personen. In seiner kurzen Ansprache, die eine Meditation über den Sinn des menschlichen Leidens, das manchmal
schwer zu verstehen ist, beinhaltete, sagte er, daß, wenn es akzeptiert und begleitet
wird, „uns helfen kann, Dinge zum Besseren zu verändern. Durch unsere eigenen Prü-
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
fungen und an der Seite anderer Menschen in ihren Schwierigkeiten sehen wir das
Wesen unseres Menschseins. Wir werden, sozusagen, menschlicher.“
Beim Verlassen des Our Lady of Peace Center stattete Papst Benedikt dem Königlichen Palast in Amman-Husseiniyye einen Höflichkeitsbesuch bei seiner Majestät
dem König und der Königin von Jordanien, sowie deren Familie ab.
Am folgenden Tag, dem Samstag, 9. Mai, nach der Feier der Heiligen Messe in der
Kapelle der Apostolischen Nuntiatur in Amman, besuchte der Papst die Basilica of the
Memorial of Moses on Mount Nebo. Wie schon sein Vorgänger, Papst Johannes Paul II.,
betrachtete er die Steppen von Moab, dem Toten Meer, dem Jordantal und dem dahinter
liegenden Land von Judäa.
Pater José Rodriguez Carballo OFM, Generalminister des Franziskanerordens,
überbrachte eine Willkommensbotschaft, in welcher er den Papst mit Mose verglich,
der auch ein Hirte und Pilger war. Er führte, nährte und unterrichtete das Volk Gottes
während vierzig Jahren in der Wüste und betrachtete vom Gipfel des Berges Nebo aus
das Gelobte Land: „Heiliger Vater, Sie wollten hier ein Pilger sein, um uns zu erinnern,
Photo : L'Osservatore Romano
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daß das die Kondition des Volkes Gottes ist. Während dieser Reise sind Sie nicht allein.
Wir möchten Sie begleiten, besser Ihnen nachfolgen, wie einst das Volk Israel Mose
gefolgt war und von ihm geführt wurde. Wir, unsererseits, fühlen uns auch in einem
Wüstenland und bedürfen auch eines Hirten, der uns zum Herrn führen und der uns
jetzt helfen möge, Ihn immer mehr als den kennen zu lernen, der der vorhergesagte
und barmherzige Vater ist, der sich offenbart hat in unserem Herrn Jesus Christus.“
Pater Jose erwähnte seinen Mitbruder, Frater Michele Piccirillo OFM, Archäologe und
berühmter Liebhaber von Jordanien, der sehr viele verborgene Schätze ans Tageslicht
gebracht hat, am 26. Oktober 2008 verstarb und auf der Berghöhe des Berges Nebo begraben ist, den er so sehr liebte. In seiner Rede hat ihn Papst Benedikt lobend erwähnt.
Später am Vormittag auf seinem Weg zum Platz, wo die Madaba Universität bald eröffnet werden wird, und wo er deren Grundstein segnete, durchquerte der Heilige Vater
– zu diesem Anlaß feierlich bekleidet - das christliche Stadtviertel. An der Seite, wo
die Universität errichtet wird, wurde ein Zeremonienzelt aufgebaut, um den Heiligen
Vater und alle Gäste, inklusive Seine Königliche Hoheit Prinz Ghazi ibn Mohammed
ibn Talal, viele zivile und religiöse Persönlichkeiten, der Präsident und die Verwaltungsbehörde der Universität als auch Wohltäter und Freunde zu begrüßen. Am Eingang des Zeltes wurde Benedikt XVI. von Patriarch Fouad Twal, Patriarch Emeritus
Michel Sabbah, Bischof Salim Sayegh, Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo, Bischof
Kamal Bathish als auch vom Erziehungsminister, dem Bürgermeister von Madaba,
dem Major von Madaba und dem Rektor
der Universität willkommen geheißen.
Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal
begann seine Ansprache, indem er wiederholt auf dieses schöne und anspruchsvolle
Projekt verwies, das Dank der besonderen
Unterstützung des Heiligen Vaters Papst
Benedikt XVI. möglich geworden war, da
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
er es persönlich in seinem Herzen getragen hatte. Er dankte auch Seiner Majestät dem
König Abdullah II., der von Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ghazi vertreten war, und
seiner Regierung für ihre Unterstützung und Förderung. Seine Seligkeit brachte auch
die Geschichte der lateinischen Schulen in Erinnerung, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Dörfern zu einer Zeit gegründet wurden, in der Bildung auf die Randzonen der wohlhabenden Stadtbevölkerung begrenzt war. Heute, Dank der felsenfesten
Unterstützung des Heiligen Stuhles und des Ordens des Heiligen Grabes, besitzt und
leitet das Lateinische Patriarchat von Jerusalem 45 Schulen in Jordanien, Palästinensischen Autonomiebehörde und Israel. Zählt man die anderen katholischen Schulen
dazu, kommt man auf ein Netzwerk von 116 Einrichtungen, die für zehntausende Studenten von allen sozialen Schichten und ohne Diskriminierung Bildung zur Verfügung
stellen. In Bezug auf die Mission der Universität von Madaba sagte Patriarch Twal:
„Wohin immer die Kirche gegangen ist, so war doch stets die Leidenschaft für den
Menschen ihr zentrales und fundamentales Anliegen. Mit großer Erwartung wagen wir
dieses neue Projekt in der Hoffnung, daß viele unserer jungen Menschen die Möglichkeit haben werden, das Wagnis ihrer menschlichen Existenz - ausgestattet mit der
bestmöglichen Ausbildung – in einem gesunden Milieu zu leben.“
In seiner Rede würdigte der Heilige Vater die Königliche Familie – in besonderer Weise Königin Rania – und die Regierung für ihre Sorge daran, den Unterricht
und die Bildung in Jordanien zu entwickeln und zu verbessern. Danach richtete er
seine Überlegungen an die engen Beziehungen zwischen dem Streben nach Wahrheit
und moralischer Rechtschaffenheit, um dem Gemeinwohl zu dienen. Am Ende seiner
Rede enthüllte er den Gründungsstein der zukünftigen Universität und segnete ihn.
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Der Stein trägt die folgende Inschrift: „Im Königreich Seiner Majestät König Abdullah II Ibn Al Hussein, Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. segnete und legte den
Gründungsstein der Universität von Madaba, 9. Mai 2009, während seiner Pilgerreise
in das Heilige Land.“
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Die Universität von Madaba
Die neue Universität von Madaba ist das neueste und modernste Zentrum wissenschaftlicher Innovation und akademischer Arbeit in dieser Region. Es bringt
den Menschen in dieser Region gedeihende und zukunftsfähige Wurzeln und
wird auf dem Prinzip einer friedlichen Koexistenz zwischen Völkern grundgelegt sein. Dieses Institut höherer Bildung wird von der englischen Sprache
als Unterrichtssprache Gebrauch machen. Es wird eine hochwertige qualitative
Ausbildung auf Grundlage von Toleranz und gegenseitigem Respekt bieten,
Zusammenhalt und moralischer Rechtschaffenheit. Das Land von Jordanien
wurde als Platz für diese Universität wegen seiner politischen, ökonomischen
Stabilität gewählt, die es ermöglicht, Studenten aller Teile des Haschemitischen
Königreiches und anderen arabischen Ländern anzuziehen. Nichtsdestoweniger ist die Universität vorrangig für die Menschen in dieser Region von Madaba
bestimmt.
Die Universität wird 34 Studienfächer abdecken, welche in 7 Colleges
unterteilt sind: Wirtschaft und Finanz (6 Abteilungen), Ingenieurwesen (4 Abteilungen), Wissenschaft und Gesundheitsberufe (8 Abteilungen), Informationstechnologie (3 Abteilungen), Wissenschaft (4 Abteilungen), Sprachen und
Kommunikation (4 Abteilungen), Kunst und Design (5 Abteilungen).
Die Universität möchte jedem Mitglied der geplanten 8.000 Studierenden
dienen. Deshalb wird nur eine beschränkte Anzahl in jeder Abteilung akzeptiert. Das Universitätspersonal wird aus nahezu 500 Akademikern und 350
Technikern, Verwaltungspersonal und Assistenten bestehen. Die Gesamtfläche
des Campus wird auf etwa 500.000 Quadratmeter geschätzt.
Was die Infrastruktur der Universität betrifft, werden Indoor- und Outdoor-Sporteinrichtungen errichtet. Ein Fußgängerweg wird die verschiedenen
Teile des Campus miteinander verbinden. Eine limitierte Fahrmöglichkeit für
Studenten mit Behinderungen wird auch gegeben sein.
Ein grünes Gebäude, das mit regenerativer Energie erhalten wird, wird
auf dem Campus errichtet. Es wird Wasser wiederaufbereiten und geothermale
Quellen zum Betreiben verwenden. Dieses wird im Mittleren Osten das erste
Bauwerk von dieser Art sein.
8. – 15. Mai 2009
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Der Papst folgte an diesem Tag dem sehr dichten Programm und ging weiter zur AlHussein Bin Tala Moschee in Amman. Während seines Aufenthaltes in Jordanien,
wollte Papst Benedikt XVI. die Wichtigkeit des Katholisch-Muslimischen Dialoges
betonen. An der Moschee wurde der Papst von Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ghazi
Bin Muhammad Bin Talal, dem Cousin und Repräsentanten des Königs Abullah, der
weltweit für seinen affirmativen und erleuchteten Einfluß im interreligiösen Dialog anerkannt ist, empfangen und geleitet. Es war dies der zweite offizielle Besuch als Papst
in einer Moschee nach dem Besuch in der Blauen Moschee in Istanbul im Jahre 2006.
Sie teilten in der Moschee „einen Moment der Meditation“, und gingen danach zum
Austausch der Ansprachen in den Hof hinaus.
Im Königlichen Hof der Moschee waren auch die muslimischen Religionsführer
präsent, sowie Mitglieder des Diplomatischen Corps und die Rektoren der Universitäten Jordaniens. Prinz Ghazi sprach zuerst, um den Heiligen Vater kraft seiner vier Titel
willkommen zu heißen: „Als Muslime, als Haschemit und Nachkomme des Propheten
Mohammed und als Araber und Nachkomme des Ismael und schließlich als Jordanier.“
Er gab einen Rückblick über die lange Entwicklung und die gegenwärtigen Fortschritte
im islamisch-katholischen Dialog unter Bezug auf die zwei grundlegenden Schritte in
der Linie, die Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache im Jahr 2006 in Regensburg
vorgegeben hatte: Den offenen Brief „A common Word between Us“ - adressiert an
den Papst und die Hierarchen der anderen christlichen Konfessionen, datiert vom 13.
Oktober 2007 und herausgegeben von 138 Muslimschülern – inklusive Prinz Ghazi
selbst, der einer der Hauptautoren dieses Briefes ist, und das erste Seminar des International Katholisch-Muslimischen Forums, welches vom 4. – 6. November 2008 mit
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Papst Benedikt XVI. stattfand, deren Schlußzeremonien er selbst im Vatikan vorgestanden hatte. Der Prinz würdigte auch das frühere Vermächtnis, die Loyalität und die
vielen Beiträge der christlichen Gemeinschaft im Leben und in der Geschichte Jordaniens. Er hieß Benedikt XVI. willkommen, in welchem er „ein geistliches Oberhaupt
von 1.1 Milliarden Katholiken sieht, die an vielen Orten Seite an Seite mit Muslimen
leben“, einen Papst, „der den interreligiösen Dialog und den intra-religiösen Dialog
zu einer Priorität in seinem Pontifikat gemacht hat“, um guten Willen und Verständnis
unter allen Menschen auf der Erde zu verbreiten. Er nannte Papst Benedikt XVI. „ein
Staatshaupt, das mutige Worte zu globalen Themen anbietet, und schließlich einen Pilger des Friedens, „der gekommen ist, mit Demut und Güte zu beten, wo Jesus Christus
der Messias – Friede sei über ihm! – getauft wurde und vor 2000 Jahren seine Mission
begann.“
In seiner Antwort
dankte Papst Benedikt
Prinz Ghazi und brachte auch seine Zufriedenheit über den bereits guten Verlauf zum
besseren gegenseitigen
Verständnis zwischen
Katholiken und Muslimen zum Ausdruck. Er
8. – 15. Mai 2009
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widmete den Großteil seiner Rede dem Thema des Dialoges und der Zusammenarbeit
zwischen Christen und Muslimen, indem er aus dem Brief der 138 Offiziellen zitierte,
jedoch auch aus älteren Dokumenten zitierte, wie unter anderem aus der Amman Message von 2004 und der Amman Interfaith Message von 2005. Schließlich anerkannte
der Papst die Arbeit, die vom Königlichen Institut für Interreligiöse Studien und Islamischen Glauben geleistet
wurde. „Solche Initiativen“,
sagte er, „führen klar zu einem besseren Verständnis und
sie fördern einen wachsenden
Respekt für das, was beide
gemeinsam haben und für
das, was wir unterschiedlich
verstehen. Demnach sollten
Christen und Muslime helfen,
tiefer die wesentliche Beziehung zwischen Gott und der
Welt zu erkunden, sodaß wir
danach streben können sicherzustellen, daß die Gesellschaft
in Harmonie mit der göttlichen
Ordnung aufgebaut wird.“
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Am späteren Nachmittag besuchte Benedikt XVI. die Melkitische Kathedrale von St.
Georg in Amman, um mit einer großen Anzahl von Priestern, Seminaristen und katholischen Laien der verschiedenen Riten die Vesper zu beten. Seine Seligkeit Gregorios
III. Laham, Griechisch Katholischer Patriarch von Antiochien und Seine Exzellenz Yaser Ayyash, Melkitischer Erzbischof von Amman, richteten eine Grußbotschaft an den
Papst. Letzterer antwortete, indem er unter anderem seine Bewunderung über „den
Schatz der alten und lebendigen Traditionen der Kirchen des Ostens, ein Schatz, der die
Universalkirche bereichert“ zum Ausdruck brachte. Während der Feier gab der Papst
einige Gesten der Byzantinischen Liturgie, sowie die feierliche Segnung mit den beiden dreispitzigen Kerzen.
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Der Sonntag, 10. Mai, war von zwei großen Ereignissen gekennzeichnet: Der Messe
am Morgen im Internationalen Stadion in Amman, und am Nachmittag der Grundsteinsegnung für die Griechisch-Katholische Kirche in Bethanien jenseits des Jordan.
Eine jubelnde Menge von Christen versammelte sich unter der Sonne, um die
Heilige Eucharistie im Hussein Stadion in Amman mit dem Nachfolger Petri zu feiern.
Diese Papstmesse fand an jenem Sonntag statt, an dem das Lateinische Patriarchat
von Jerusalem den Weltgebetstag für Berufungen feierte. Die Autoritäten Jordaniens
berichteten von einer Besuchermenge von etwa 50.000 Menschen. Viele Muslime wurden eingeladen. Auf nahezu jedem Kopf war eine weiß-gelbe Kappe zu sehen, auf
der das Vatikanemblem und die jordanische Flagge aufgedruckt waren. Es gab überall
Flaggen, Wimpeln und Transparente zu sehen. Hier ein großes Foto vom Händedruck
zwischen Papst Benedikt und
König Abdullah, dort ein
Transparent von der jordanischen Caritas, geschmückt
mit dem Initialwort POPE,
welches im Englischen für
„People Of Peace Excited
to meet you“ (in der Übers.:
„Menschen des Friedens,
die begeistert sind, Sie zu
treffen“) stand, da eine pa-
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
lästinensische Fahne, und dort eine irakische Fahne, hier eine Flagge vom Libanon mit der Inschrift:
„Lebanon loves you!“ Eintausendzweihundert Kinder waren im Morgengrauen gekommen und ließen
ihre weißen Fahnen wehen: Sie empfingen während
der heiligen Messe ihre erste Heilige Kommunion,
einige von ihnen [sogar] aus der Hand des Papstes
selbst. Oberhalb der großen Altarplattform, wo der
Thron und die Stühle der vielen Patriarchen und gegenwärtigen Bischöfen platziert waren, war eine große Tafel angebracht, worauf eine Reproduktion aus
dem 6. Jahrhundert des berühmten Mosaikplanes von
Jerusalem und des Heiligen Landes, die in Madaba
aufbewahrt ist, zu sehen war. Es waren drei große Reproduktionen von Fresken von
der Kirche zum Guten Hirten beim Our Lady of Peace Center zu sehen: In der Mitte
steht Christus am Jordanfluß, abgebildet als der gute Hirte, der das verlorene Schaf auf
seinen Schultern trägt. Auf der rechten Seite ist das Bild der Jungfrau Maria, die das
Jesuskind in den Armen hält, zu sehen und schließlich auf der linken Seite steht Johannes der Täufer, der Patron Jordaniens. Unter den Gästen waren auch Seine Königliche
Hoheit Prinz Ghazi Bin Mohammad zugegen, der König Abdullah repräsentierte.
Als das Papamobil in das Stadion einfuhr, sang die Menge: „Benedikt, willkommen in Jordanien!“ Der Papst pries die Versammlung und die Menge applaudierte
mit Enthusiasmus. Die Patriarchen und Bischöfe stiegen die Plattform hinauf, um zu
konzelebrieren. Den meisten war der katholische Ritus bekannt, aber die meisten Priester trugen ihre traditionellen liturgischen Gewänder. Verschiedene Repräsentanten der
orthodoxen Kirchen waren ebenso zugegen. Ala’Musharbash and Issa Hijazin, jüngst
geweihte Diakone des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem, und Wajdi Salameh,
der Diakon des Institutes Verbum Incarnatum, hatten die Ehre und das Vergnügen, dem
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Papst am Altar zu dienen. Es war Ala’, der das Evangelium vom „Guten Hirten“ verkündete.
In seiner Rede an den Heiligen Vater gab Patriarch Fouad Twal drei Beispiele, um den Reichtum und
die Vitalität der Lateinischen Kirche von Jerusalem zu
zeigen, und nannte Jordanien „die Lungen der Diözese“: Das Seminar in Beit Jala wurde zu klein, um
alle Priesteramtskandidaten unterzubringen und die
Kongregation der Rosenkranzschwestern – die einzig
ursprüngliche arabische Kongregation – wartet in den
kommenden Wochen auf die Verlautbarung von Papst
Benedikt XVI., die Seligsprechung ihrer Gründerin,
Mutter Marie-Alphonsine Ghattas zu proklamieren.
Ein weiteres schönes Beispiel sind die beiden Bischöfe, die vom Lateinischen Patriarchat an die Kirche Nordafrikas in den letzten fünf Jahren
gegeben wurden, nämlich: Seine Exzellenz Maroun Lahham, Erzbischof von Tunis seit
2005, und Seine Exzellenz Ghaleb Bader, Erzbischof von Algier seit 2008.
In seiner Homilie bat der Papst die Christen in Jordanien inständig, ihr Vertrauen
auf Christus, den guten Hirten, zu setzen und ihrer Berufung inmitten der Schwierigkeiten treu zu bleiben. Er betonte die Wichtigkeit der Familien als „Mysterium der
Liebe, die Leben gibt“. Er würdigte auch die Frauen, „Trägerinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Friedensstifterinnen“ zu sein.
Nach der Liturgie traf der Papst mit einigen Repräsentanten von der irakischen
Flüchtlingsgemeinschaft in Jordanien zusammen. 1 Million Iraker, davon etwa 40.000
Christen, welche in diesem Land Zuflucht gesucht haben. Die Nacht zuvor, während
seiner Rede an Al-Hussein Bin Talal, hat Benedikt XVI. Seine Seligkeit Emmanuel III.
Delly, Patriarch von Baghdad, willkommen geheißen und ihm und den Christen im Irak
seine Gebete und die Solidarität der ganzen Kirche versichert.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
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Nach der Papstmesse wurde Benedikt
XVI. mit dem päpstlichen Gefolge, den
Patriarchen und Bischöfen vom Lateinischen Vikariat in Amman zum Mittagessen empfangen. Danach übergab der
Vikar dem Heiligen Vater ein PerlmuttFaksimile von der zukünftigen Kirche
der Taufe Jesu Christi. Im Anschluß daran hatten zahlreiche Priester die Möglichkeit und die Freude, den Papst zu
begrüßen.
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
8. – 15. Mai 2009
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Am späteren Nachmittag besuchte der Papst die Taufstelle Jesu in Maghtas (Bethanien
jenseits des Jordan), um die Grundsteine für die Lateinische und Griechisch-Katholische Kirche zu segnen, die auf jenem Land erbaut werden, das von der Kommission
der Taufstelle, welcher Prinz Ghazi vorsteht, gegeben wurde. Außerprotokollarisch
war die Entscheidung von König Abdullah und der Königin, den Papst zu der Zeremonie zu begleiten. Sie fuhren in einem elektrischen Wagen vom Parkplatz bis zur
Taufstelle mit ihm mit. Der Papst und das königliche Paar enthüllten gemeinsam die
Plaques für die beiden zukünftigen Kirchen, die beide vom selben Modell genommen sind. Die eine wird als die Lateinische Kirche von der Taufe Jesu Christi, und
die andere als die Griechisch-Katholische Kirche vom heiligen Johannes den Täufer
bekannt werden.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Nach dem Segen hielt der Lateinische Patriarchalvikar, Bischof Salim Sayegh, eine
Rede, in der er die verschiedenen biblischen Episoden und Persönlichkeiten aus
dem Alten und Neuen Testament aufzählte, die Bethanien, das in Jordanien liegt,
schmücken: von Elija bis Johannes den
Täufer, und von Josua bis Jesus, der an
diesem Ort getauft wurde. Für den Bischof
ist dieser Ort von den Besuchen der Päpste
- Johannes Paul II. in 2000 und Benedikt
XVI. heute - geheiligt, und der Moment
wurde in Erinnerung gebracht, wo der
Apostel Petrus Christus selbst begegnete:
„Im Jahre 2000, zum ersten Mal in der Geschichte, kam Petrus in der Person seines
Nachfolgers Papst Johannes Pauls II. als
Pilger an diesen Platz, um ihn zu besuchen, wo er Jesus das erste Mal getroffen hatte.
Sie, Ihrerseits, Heiliger Vater, Nachfolger von Johannes Paul II., sind gekommen, um
diese Pilgerreise zu erneuern, und um sich jenen Moment wieder zu vergegenwärtigen,
als Jesus das erste Mal erkannt wurde - im Geist und in der Wonne seiner ersten Begegnung mit ihm - und um die Fülle des Segens auf die Kirche und die ganze Menschheit
herab zu rufen.“ In seiner kurzen Rede, entwickelte der Papst das Thema der Taufe und
der Kirche als Corpus Christi Mysticum und Christus als dessen Haupt: „Der Gründungsstein einer Kirche ist ein Symbol Christi. Die Kirche ist auf Christus gegründet
8. – 15. Mai 2009
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und von Ihm getragen, und kann nicht von Ihm getrennt werden. (…) Mit Ihm sind wir
die lebendigen Steine, geformt zu einem geistlichen Hause, einer Wohnstatt Gottes.“
Am Montag Morgen, dem 11. Mai, verließ Papst Benedikt XVI. Jordanien. Während
der Verabschiedungszeremonie am Queen Alia International Airport dankte König
Abdullah für seine „erste Reise“, welche, er hoffte „nicht die letzte sein würde.“ Mit
Bezug auf den Verlauf im christlich-muslimischen Dialog, brachte Seine Majestät den
Wunsch zum Ausdruck, daß „wir den Dialog, den wir begonnen haben, mit Respekt
weiterführen.“ Schließlich, sprach der König, indem er dem Papst alles Gute für seine Pilgerreise nach Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde wünschte, vom
Konflikt, welcher die beiden Länder zerreißt. Er wiederholte die Notwendigkeit „die
Rechte der Palästinenser zu garantieren und die Sicherheit Israels“ durch „eine ZweiStaaten-Lösung, welche die einzige [sein würde], die das Versprechen eines dauernden
Friedens anbietet, zu gewährleisten.“ Der König schloß seine Rede an den Heiligen
Vater mit einer herzlichen Einladung, bald wieder „als lieber Freund“ nach Jordanien
zurück zu kehren. In seiner Antwort dankte Benedikt XVI. dem König, der königlichen
Familie, den Autoritäten und dem jordanischen Volk für die hohe Qualität ihrer warmen Gastfreundschaft. Er drückte seine Freude darüber aus, daß er bei verschiedenen
Gründungsereignissen verschiedener Initiativen zugegen war, die für die katholische
Gemeinschaft in Jordanien wichtig sind - einschließlich den beiden zukünftigen Kirchen im jordanischen Bethanien und der Universität von Madaba. Der Papst sprach
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
von seinem Besuch der Al-Hussein Bil Talal Moschee und von seinem Treffen mit den
muslimischen Religionsführern als „einen der Höhepunkte dieser Tage“ und ermutigte
die Jordanier, seien sie Christen oder Muslime, auf den unerschütterlichen Grundlagen
der religiösen Toleranz aufzubauen. Sein letztes Wort war an die Christen gerichtet, in
welchem er seiner Freude Ausdruck verlieh, in ihren Heiligtümern gebetet und die Heilige Eucharistie mit ihnen gefeiert zu haben. Der Papst verließ sie mit einer exhortatio,
ihrem Taufversprechen in dem Land, in welchem Christus selbst getauft wurde, treu zu
bleiben.
Am oberen Teil der Gangway, unmittelbar vor Eintritt in das Flugzeug, drehte sich Benedikt XVI. um
und pries König Abdullah
und Königin Rania, welche ihn bis zum Anfang
der Stufen der Gangway
begleitet hatten. So endete
die erste Station der päpstlichen Pilgerreise in das
Heilige Land.
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8. – 15. Mai 2009
Das zentrale Koordinationskommittee
für die Papstvisite in Jordanien:
Seine Exzellenz Francis Assisi Chullikatt,
Nuntius für Jordanien
Seine Exzellenz Yaser Ayyash,
Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Amman
Seine Exzellenz Selim Sayegh,
Lateiner Patriarchatsvikar in Jordanien
Monsignore Michael Crotty
Rev. Hanna Kildani
Rev. Yacoub Rafidi Rev. Rif´at Bader
Rev. Hikmat Haddaden
Rev. John Haddad
Herr Majdi Dayyat
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Der Papst in Israel
Um 11.00h landete das Flugzeug der Royal Jordanian Airlines am Ben Gurion Airport
von Tel Aviv. Als der Papst das Flugzeug verließ, begrüßte er den Präsidenten von
Israel, Shimon Peres, und den Premierminister, Benjamin Netanyahu, die gekommen
waren, um ihn willkommen zu heißen. Viele christliche Religionsführer der Kirchen
Jerusalems waren zugegen sowie die Mitglieder der Vereinigung der Katholischen
Ordinarien des Heiligen Landes, geleitet von Patriarch Fouad Twal.
Präsident Peres hieß den Papst in seiner Begrüßungsrede zuerst auf Hebräisch
und dann auf Latein im Namen des Staates Israel willkommen: [„Shalom lekha
Benedict, manhig ha-ma‘aminim, asher mevakker hayyom be-eretz ha-qodesh.] Ave
Benedicte, qui hodie princeps fidelium terram Sanctam visitas.“ (dt. Übers.: „Sei
gegrüßt, Benedikt, Oberhaupt der Gläubigen, der heute das Heilige Land besucht.“). Er
stellte seine ganze Rede unter das Banner der Hoffnung auf Frieden. Zu Beginn dieser
Rede beschrieb er den Besuch von Papst Benedikt XVI. als eine „Friedensmission“
und sagte: „Ihr Besuch bringt ein gesegnetes Verständnis zwischen den Religionen und
erweitert den Frieden für die Menschen nah und fern. Das historische und das erneuerte
Israel heißen Ihre Ankunft als eine Bereitung der hohen Straße für den Frieden von
Photo : Gabriela Mihlig
8. – 15. Mai 2009
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Stadt zu Stadt willkommen.“ Mit Bezug auf den israelisch-palästinensichen Konflikt
gab er die Zusicherung: „Wir haben mit Ägypten und Jordanien Frieden geschlossen,
und wir verhandeln gegenwärtig mit den Palästinensern, um Frieden zu erlangen, und
sind sogar auf der Suche nach einem umfassenden regionalen Frieden.“
Benedikt XVI. nahm in seiner Antwortrede ebenso Bezug auf das Thema des
Friedens, wie er es in Jordanien getan hatte. So erinnerte er auch hier zuerst daran,
daß er vor allem als Pilger gekommen war und sich als Pilger vorgenommen hatte,
besonders für das Geschenk des Friedens zu beten. Er verurteilte alle Formen des
Antisemitismus und rief zum interreligiösen Respekt und zum Frieden für den Zugang
zu allen Heiligen Stätten auf, insbesondere jener in Jerusalem. Er bat, daß alles dazu
getan werden möge, daß Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde einen je
eigenen souveränen und unabhängigen Staat mit international anerkannten Grenzen
haben mögen. Weiters begrüßte er die Christen des Heiligen Landes sehr herzlich und
gab ihnen zu verstehen, daß sie mit ihrer Präsenz und ihrem Zeugnis „einen bedeutenden
Beitrag zur Beendigung der Feindseligkeiten leisten können, welche dieses Land
schon zu lange geplagt haben.“ Dann fügte er hinzu: „Ich bete, daß eure bleibende
Präsenz in Israel und den palästinensischen Territorien weiterhin Frucht eines immer
größer werdenden Friedens und einer immer größer werdenden gegenseitigen Achtung
zwischen den Völkern, die im Land der Bibel leben, bringen möge.“ Er schloß seine
Rede mit seinem Wunsch: „Möge Gott Sein Volk mit Frieden segnen!“
Ein wenig später hielt der Papst im Präsidentschaftspalast in Jerusalem eine
kurze Höflichkeitsrede an den Präsidenten des Staates Israel, Shimon Peres. Die beiden
Männer pflanzten einen Olivenbaum im Palastgarten, als Zeichen des gegenseitigen
guten Willens zwischen Juden und Christen, zwischen dem „Olivenbaum“ und dem
„wilden Olivensproß“, um das Bild vom heiligen Paulus in seinem Brief an die Römer
zu zitieren. Der Papst gründete den Großteil seiner Rede auf den folgenden Vers des
Propheten Jesaja 32,17: „Das Werk der Gerechtigkeit wird der Friede sein, der Ertrag
Photo : Gabriela Mihlig
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
der Gerechtigkeit sind Ruhe und Sicherheit für immer“. Er sagte, daß diese Werte,
Gerechtigkeit, Gesetz, Friede und Sicherheit, nicht nur die Frucht menschlichen
Mühens sind, sondern auch aus der grundlegenden Beziehung zwischen Gott und dem
Menschen entspringen. Sie sollten nicht nur gefördert werden, sondern zuerst und vor
allem auf allen Ebenen in die Praxis umgesetzt werden: individuell, in der Familie,
national. Indem er das Thema der Sicherheit, das für Israel so wesentlich ist, ansprach,
erklärte Papst Benedikt XVI., daß die Wurzel des hebräischen und biblischen Ausdrucks
für das Wort „Sicherheit“ [hebr. Wurzel: b(Beth) t(Taw) h(Chet), in Transliteration:
bitahon] einerseits die Abwesenheit von Bedrohung bedeutet, andererseits Vertrauen
heißt. Aber wahres Vertrauen kann nur „durch die Bekehrung der Herzen“ erreicht
werden, „die uns dem anderen in die Augen blicken läßt und dieses ‚Du’ als meinen mir
gleichen, meinen Bruder, meine Schwester, anerkennen läßt.“
Am späteren Nachmittag besuchte der Papst die Holocaustgedenkstätte in Yad Vashem.
Während der Zeremonie entzündete er die Flamme der Erinnerung und traf einige
Überlebende der Konzentrations- und Todeslager. In seiner Rede betrachtete Papst
Benedikt XVI. die Bedeutung des hebräischen Wortes „yad“ (Gedenken) und „shem“
(Name) und erläuterte, daß der Name der Person das Siegel seiner unverletzbaren
Würde ist und für immer in der Erinnerung Gottes verbleibt, selbst, wenn Mann oder
Frau versucht haben, ihn vom Antlitz der Erde zu tilgen. Der Papst appellierte auch an
das Erinnerungsvermögen von Mann und Frau, indem er ausrief: „Mögen die Namen
dieser Opfer nie sterben! Möge ihr Leid nie verleugnet, herabgewürdigt oder vergessen
werden! Und mögen alle Menschen guten Willens wachsam bleiben, indem sie aus dem
Herzen von jedem die Wurzeln ausreißen, die zu solchen Tragödien führen.“ Als Bischof
von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus, bestärkte er wiederum die Verpflichtung
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der Kirche „unaufhörlich dafür zu beten und zu arbeiten, um sicherzustellen, daß der
Haß nie mehr in den Herzen der Menschen herrschen soll.“ So wie Papst Johannes
Paul II. im Jahr 2000, so betonte auch Papst Benedikt XVI. die Notwendigkeit im
Angesicht einer solchen Tragödie Stille zu halten. Er sagte zu Beginn seiner Rede:
„Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Mahnmal zu stehen, das zu Ehren an das
Gedenken von Millionen von Menschen errichtet worden ist, die in der schrecklichen
Tragödie des Holocaust ermordet wurden.“ Zum Schluß seiner Rede merkte der Heilige
Vater an: „Liebe Freunde, ich bin Gott und auch Euch für diese Gelegenheit, die mir
geschenkt worden ist, um hier in Stille stehen zu können, zutiefst dankbar: Stille, um zu
erinnern, Stille, um zu beten, Stille, um zu hoffen.“ Indem er dem Wort die Tat folgen
ließ, hielt der Papst in einem langen Moment der Sammlung inne.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Nach seinem Besuch in Yad Vashem wurde Papst Benedikt XVI. vom
Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat, begrüßt, mit dem er eine kurze Unterredung
hatte. Am frühen Abend fuhr er zum Pontifical Institute Notre Dame of Jerusalem
Center. Dort war das Treffen mit Repräsentanten von mehr als hundert Organisationen,
Einrichtungen, Bewegungen und Gruppierungen – Juden, Christen und Muslime,
von Israelis, Palästinensern und Menschen verschiedener Nationen - alle beteiligt am
interreligiösen Dialog, an inter-kommunitären Begegnungen sowie am Friedensaufbau.
Patriarch Fouad Twal stellte diese Organisationen dem Heiligen Vater im Einzelnen
vor und betonte ihre „gemeinsame Vision von einer Gesellschaft, die auf die Werte
von Gerechtigkeit, Frieden, Gleichheit und gegenseitiger Achtung, Vergebung und
Versöhnung und schließlich auf Brüderlichkeit und Liebe gegründet ist.“ Er schloß seine
Präsentation, indem er zum Heiligen Vater sagte: „Diese Männer und Frauen, die sich
heute vor Ihnen versammelt haben, sind die Friedensbringer, auf die sich unser Herr in
seiner Lehre von den Seligpreisungen bezogen hatte, als er sprach: ‚Selig, die Frieden
stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.’ (Mt 5,9)“ In seiner Ansprache
Photos : CTS / MAB
8. – 15. Mai 2009
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bedankte sich der Papst herzlich und ermutigte die
Anwesenden. Dann schlug er eine Betrachtung
über die Beziehung zwischen Religion und Kultur
vor und stellte seinen Hörern die Frage, welchen
Beitrag die Religion für die Weltkulturen in
dieser Zeit der Globalisierung erbringen kann und
sollte. Papst Benedikt XVI. rief alle Gläubigen
verschiedener Religionen gemeinsam dazu auf,
diese Herausforderung anzunehmen und auf dem
aufzubauen, was sie miteinander teilen, nämlich
„ein allgemeines Verständnis von Anbetung und
Achtung für die universale und absolute Wahrheit“.
„Gemeinsam“, fuhr der Papst fort, „bekennen wir,
daß Gott existiert, daß wir wissen, daß Ihm die
Erde gehört, daß wir Seine Geschöpfe sind und, daß Er jeden Mann und jede Frau dazu
aufruft, mit Respekt vor Seinem Plan für die Welt zu leben.“ Mit dieser Vorgangsweise
können Religionen die verschiedenen Kulturen adeln, bereichern und vertiefen, indem
sie ihnen helfen, auf zentrale transzendente Werte zu bauen, von denen der Wahrheit
der erste Platz zukommt.
Photos : CTS / MAB
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Der Papst
in Jerusalem
Benedikt XVI. verbrachte am Dienstag
den 12. Mai den ganzen Tag in Jerusalem. Zuerst besuchte er den „Tempelberg“
(„Al-Haram al-sharif“, i. e. „die Heilige
Moschee“) - jenen heiligen Ort, an dem
gläubige Muslime zweier Ereignisse gedenken: Des Opfers Abrahams, und der
Himmelfahrt Mohammeds. Der Papst besuchte diesen heiligen Ort des Islam gemeinsam mit Muhammad Ahmad Hussein,
dem Großmufti Jerusalems, Sheikh Mohammed Azzam al-Khatib al-Tamimi, dem
Präsidenten des islamischen Waqf von Jerusalem, und Sheikh Abd al–Azim Salhab,
dem Haupt des Rates des Awqaf. Alle drei
hießen den Papst herzlich willkommen. In
seiner Rede dankte der Papst und sprach
Photo : L'Osservatore Romano
8. – 15. Mai 2009
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der muslimischen Gemeinde von Jerusalem seine Empfehlung aus. Danach stellte er
das Erbe, das Juden, Christen und Muslime miteinander teilen, in den Mittelpunkt:
Den Glauben an den einen Gott, den Schöpfer und Walter aller Dinge; die gemeinsame
Anerkennung Abrahams als Ahnen und als einen Mann des Glaubens, der von Gott
auf besondere Weise gesegnet wurde; sowie die Langlebigkeit des Glaubens und die
vielen geistlichen, intellektuellen und kulturellen Schätze, die er über die Jahrhunderte
hinweg hervorgebracht hat. Dann ging der Papst auf den islamisch-christlichen Dialog
ein und schlug einen Leitgedanken für die Arbeit vor, der neu und tiefgehend ist: „Wie
ist die Einheit Gottes untrennbar mit der gesamten Menschheitsfamilie verbunden?“
Nach seinem Besuch der Esplanade
besuchte der Papst die „Westmauer“
(oder auch „Klagemauer“ genannt) jenen verbleibenden Rest des Tempels,
der einst Gottes bleibende Wohnstatt
war – bis die Römer 70 nach Christus
das Gebäude zerstörten. Der Tempel
war der heiligste Ort für die gläubigen
Juden. Wie sein Vorgänger Papst
Johannes Paul II. sprach auch Papst
Benedikt XVI. hier ein Gebet [das auf
einem Blatt Papier notiert war] und
schob es danach in eine Ritze zwischen
den Steinen. Sein Text lautet wie folgt:
„Gott aller Zeiten, an meinem Besuch
von Jerusalem, der ‚Stadt des Friedens’,
der geistlichen Heimat der Juden,
Christen und Muslime gleichermaßen,
bringe ich vor Dich die Freuden,
Photo : L'Osservatore Romano
Hoffnungen und die Sehnsüchte, die Prüfungen,
das Leid und die Schmerzen Deines ganzen Erdenvolkes.
Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, höre den Schrei der Heimgesuchten,
der Angsterfüllten und der Verwaisten; sende Deinen Frieden auf dieses Heilige Land,
auf den Nahen Osten, und auf die ganze Menschheitsfamilie herab;
bewege die Herzen aller, die Deinen Namen anrufen dazu,
demütig den Weg der Gerechtigkeit und des Mitleides zu gehen.
‚Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, zur Seele, die ihn sucht.’ (Klgl 3,25).“
Photo : CTS / MAB
Papst Benedikt XVI.
ging dann zum Hechal
Shlomo Center, wo er die
beiden Großrabbiner von
Jerusalem, den Sepharden Shlomo Amar und
den Aschkenasen Yona
Metzger, traf und ihnen
gegenüber den Fortschritt
auf dem Weg von Versöhnung und Dialog zwischen Juden und Christen
begrüßte. Der Heilige VaPhoto : L'Osservatore Romano
ter hob dabei die Besuche
der beiden Großrabbiner im Vatikan 2004 und 2005, und die letzten sieben Treffen des
bilateralen Komitees zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Großrabbinat hervor. Papst
Benedikt XVI. betonte die Verpflichtung der Kirche, sich in dieser Richtung weiterhin
zu engagieren und konstatierte: „Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß
die katholische Kirche sich unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem
Zweiten Vatikanischen Konzil für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen
Christen und Juden gewählt wurde.“
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Photo : L'Osservatore Romano
Kurz vor Mittag kamen der Heilige Vater und die Mitglieder der Vereinigung der
Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes zur Vorbereitung auf das Regina
caeli-Gebet im Obergemach zusammen, das erst kürzlich renoviert worden war.
Pater Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des Heiligen Landes, begrüßte den Papst
im Namen der „ACOHL“. In seiner Antwort wiederholte der Papst gegenüber den
anwesenden Bischöfen und Priestern, wie sehr ihm, als Nachfolger des heiligen
Petrus, die Gläubigen und das Heilige Land, das sie repräsentieren, am Herzen liege.
Der Papst begann mit einer Meditation über die Heilige Eucharistie, „welche uns in
das Geheimnis der göttlichen Liebe führt“, und er rief die Fürsprache der Jungfrau
Maria für das „Wohlergehen und die geistliche Erneuerung aller Christen des Heiligen
Landes“ an, indem er ihre doppelte Kernmission betonte, „Förderer von Gemeinschaft
und Frieden“ zu sein.
Im Anschluß daran begab sich Papst Benedikt XVI. zur Konkathedrale des
Lateinischen Patriarchates beim Jaffator, wo Hunderte von Priestern, Ordensleuten
Photo : Christo Asfour
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
und Laien von Jerusalem auf ihn warteten. Alle Kongregationen waren vertreten.
Der Papst hatte darauf bestanden, daß auch Mönche und Nonnen mit von Alter
oder Krankheit bedingten Gehbehinderungen ebenso anwesend sein sollten. Alle
Angestellten des Patriarchates waren zugegen, zusammen mit allen Seminaristen
von Beit Jala, vom Jüngsten bis zum Ältesten. Als der Heilige Vater die Kirche
betrat, herrschte - trotz langen Wartens - eine Atmosphäre von Freude und Gesang.
Es kostete den Papst viel Zeit, durch die Bänke zu gehen. Er wurde bei jedem Schritt
von den Gläubigen angehalten, die glücklich waren, ihn zu begrüßen, seine Hand zu
küssen, oder seinen Segen zu erhalten. In seiner Begrüßung stellte Patriarch Fouad
Twal die Kirche Jerusalems vor, die vor ihm vertreten war, besonders die vielen
Ordenskongregationen, die ihr dienen und die sie stützen, dabei die fünfzehn Orden,
ausschließlich kontemplativer Sendung. Er zollte ihnen Tribut, indem er sagte: „Im
Geheimnis des Gebetes und einem Leben der Selbsthingabe, stützen sie auf unsichtbare
Weise die Kirche und das Heilige Land als solches. Sie halten Fürsprache für unsere
Mission und die Einheit der Kirche, für die Versöhnung zwischen Völkern und
zwischen Religionen. Wo wären wir ohne sie?“ Seine Seligkeit teilte die Neuigkeiten
aus Rom mit, indem er dem Papst für die Verlautbarung der baldigen Seligsprechung
von Mutter Marie Alphonsine dankte, welche die Kongregation Schwestern des
Rosenkranzes gegründet hatte. Es ist dies die einzige Kongregation des Heiligen
Landes arabischen Ursprungs. Patriarch Fouad Twal schloß nun alle Gläubigen der
Kirche des Heiligen Landes in seine Vorstellung ein und versicherte dem Heiligen
Vater: „Alle sind sich bewußt, daß sie weder lieben, leben, arbeiten, noch mutige
Mitarbeiter der Wahrheit (i. e. das Motto von Papst Benedikt XVI.) im Heiligen Land
sein können, ohne durch das Kreuz zu gehen.“ Der Papst forderte Seine Seligkeit und
die anwesenden Gläubigen dazu auf, sich am Geist der ersten christlichen Gemeinde
Jerusalems zu orientieren. In einer besonderen Bemerkung wünschte er auch
Anerkennung für das Apostolat der Orden, besonders der kontemplativen, Ausdruck
zu verleihen, und bat sie darum, nicht müde zu werden, für den „Frieden in Jerusalem
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zu beten“ (vgl. Ps 122,6) als auch unaufhörlich für
ein Ende des Konfliktes zu beten, der die Menschen
dieses Landes so viel Leid kostet.
Nach dem Segen in der Konkathedrale stieg
Benedikt XVI. die Stufen hinauf, um mit den
Ordinarien des Heiligen Landes, Äbten, Oberen von
Ordenskongregationen, und mit Laien, welche die
verschiedenen Gemeinden von Jerusalem vertraten,
Mahl zu halten. Während des Mahls überreichte
Patriarch Fouad Twal dem Papst feierlich die
„Pilgermuschel“, die traditionellerweise den Rittern und Damen des Heiligen Grabes
verliehen wird, wenn sie nach Jerusalem pilgern. Nach dem Essen nahm der Papst inmitten von jubelnden Ausrufen der Seminaristen und deren Lehrern von Beit Jala voll Freude an einer improvisierten Fotositzung teil.
Photos : Christo Asfour
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Höhepunkt dieses 12. Mai war die große Open Air-Messe, die am späten Nachmittag zelebriert wurde, obwohl die Teilnahme der Gläubigen von Jerusalem aus verschiedenen Gründen weit unter der erwarteten Anzahl lag - u. a. wegen der drakonischen Natur der israelischen Sicherheitsmaßnahmen. Unterhalb des Ölberges, gerade
unter der Basilika Aller Nationen in Gethsemani, inmitten von Olivenbäumen und Palmen, waren große Areale mit einer Rampe für das Papamobil und ein großes Podium
vorbereitet. Für all jene, die an dieser Heiligen Messe teilnahmen, war es ein wunderschöner Moment des Gebetes, der Hoffnung und der Gemeinschaft. Die Atmosphäre
von Einheit in der Vielfalt, welche ein Charakteristikum der Kirche Jerusalems ist, und
die auch das Thema des ersten Pastoralbriefes von Patriarch Fouad Twal darstellte, war
hier eindeutig spürbar: Neben palästinensischen Gläubigen von Jerusalem fanden sich
nicht nur viele Mönche und Nonnen aus dem Heiligen Land ein, sondern auch von an-
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deren Ländern des Nahen Ostens und von der
ganzen Welt, sowie die Hebräisch sprechende Gemeinde, Hunderte sudanesische Gläubige, die in Israel leben – ganz abgesehen
von den vielen Pilgergruppen, die während
dieser Tage in Jerusalem waren.
In einer erhebenden und viel beachteten Rede verglich Patriarch Fouad Twal die
Agonie Jesu im Garten von Gethsemani vor
zweitausend Jahren mit derjenigen des Heiligen Landes von heute: „Um uns haben wir
die Agonie des palästinensischen Volkes, das
davon träumt, in einem freien und unabhängigen Staat zu leben, jedoch keinen Weg zur
seiner Verwirklichung findet; und [wir haben] die Agonie des israelischen Volkes, das
von einem normalen Leben in Frieden und
Sicherheit träumt und trotz all seiner militärischen Macht und Medienmacht dessen
Verwirklichung nicht gefunden hat. Auch die
internationale Gemeinschaft steht dabei - wie
einst die Jünger Jesu - abseits - mit Augen
der Gleichgültigkeit und unbeteiligt an der
Agonie des Heiligen Landes, die nun schon
61 Jahre andauert, und sie schickt sich auch
nicht an, eine gerechte Lösung zu finden.“
Und weiter: „In diesem Josaphat-Tal, einem
Tal der Tränen, erheben wir unser Gebet für
die Verwirklichung der Träume dieser beiden
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Völker. Wir erheben unser Gebet für Jerusalem, das von den beiden Völkern und drei
Religionen geteilt wird.“ Er erwähnte auch das Leid der Flüchtlinge ohne Hoffnung
auf Rückkehr, die Tragödie der Okkupation und der Trennmauer, den Skandal der Zerstörung der Häuser, das Drama der Emigration, und schließlich die Demütigung, die
Gewalt und den Haß, der täglich durch den Konflikt wächst. Während Patriarch Twal
Papst Benedikt XVI. dafür dankte, in das Heilige Land gekommen zu sein, um die
Christen des Heiligen Landes zu trösten und zu ermutigen, forderte der Patriarch die
Gläubigen dazu auf, sich durch die dauernde Abwesenheit des solange ersehnten Friedens nicht entmutigen zu lassen, sondern zu ihrem Glauben zu stehen und auf Jesus
allein zu schauen. Er sagte: „Mit Jesus und in Jesus können wir uns hier und jetzt an
einem Frieden erfreuen, den die Welt weder unseren Herzen geben, noch unseren Herzen entreißen kann. Dieser Friede bedeutet Ruhe, Glaube, einen begrüßenswerten Geist
und die Freude am Leben und am Arbeiten in diesem Land.“ Der Patriarch beendete
seine Ansprache mit folgenden an den Papst gewandten Worten: „Darum ziehen wir
aus Ihrer gesegneten Gegenwart Nutzen und rufen mit dem leidenden Vater im Evangelium aus, der Jesus darum anflehte, seinen Sohn von seiner langen Qual zu befreien:
‚Ich glaube, hilf meinem Unglauben!’ (Mk 9,24).“
In seiner Predigt wandte sich Benedikt XVI. besonders an die Christen von Jerusalem, die er mit den Worten: „Auf daß [ihr] Zeugnis in den Augen Gottes sehr wertvoll
und wichtig sei für die Zukunft dieser Länder“, ermutigte. In klaren und starken Worten
erinnerte sie der Papst an ihre Sendung: „Ihr, die Christen des Heiligen Landes, seid
nicht nur gerufen, als Leitstern des Glaubens der universalen Kirche zu dienen, sondern auch Sauerteig der Harmonie, Weisheit und des Gleichgewichtes im Leben einer
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Gesellschaft zu sein, die traditionsgemäß pluralistisch, multiethnisch und multireligiös
gewesen ist und es weiterhin ist.“
Er sprach offen über die dramatischen Konsequenzen des israelisch-palästinensischen Konfliktes – und besonders von der Not der Flüchtlinge und dem Ausbluten der
christlichen Bevölkerung durch Emigration. Der Heilige Vater fand so starke Worte, daß
sie weithin Beifall erregten: „Im Heiligen Land ist Platz für alle! Indem ich die Autoritäten dazu aufrufe, die christliche Anwesenheit hier zu achten und zu unterstützen und
wertzuschätzen, möchte ich Euch der Solidarität, Liebe und Unterstützung der ganzen
Kirche und des Heiligen Stuhles versichern.“ Unter den Mauern der Heiligen Stadt hob
Benedikt XVI. auch die Rolle des irdischen Jerusalems heraus, „Prophetie und Verheißung der universellen Versöhnung und des Friedens, den Gott für Seine ganze Menschheitsfamilie erhofft, zu sein.“ Er bedauerte jedoch, „daß es noch so viel zu tun gibt, bis
Jerusalem für alle Menschen wirkliche eine ‚Stadt des Friedens’ wird, in die jeder zu
einer Wallfahrt kommen kann, um Gott zu suchen und Seine Stimme zu vernehmen –
‚eine Stimme,
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
die den Frieden spricht’ (vgl. Ps 85,9).“ Der Papst bezeichnete diejenigen, die an einen
gnädigen Gott glauben – gleichgültig, ob sie sich nun als Juden, Christen oder Moslems
begriffen – als die ersten, welche die Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern.“
Mehrere Male rief er die Gläubigen dazu auf, fest in der christlichen Hoffnung zu stehen
- im Wissen, „was es sie an Leiden und Verfolgung kostet“.
Er schloß, indem er die Macht des Lebens, der Bekehrung und der Erlösung,
die in der Auferstehung frei wird, beschwor und rief aus: „Laßt uns unseren Glauben
am Sieg des Lebens stärken und laßt uns beten, daß jeder ‚schwere Stein’, der die Tür
unseres Herzens verschließt und unsere Ganzhingabe an den Herrn in Glaube, Hoffnung
und Liebe blockiert, durch die Macht des Lichtes und des Lebens zertrümmert werde,
welche von Jerusalem an jenem ersten Ostermorgen von Jerusalem in die ganze Welt
ausstrahlte. Christus ist auferstanden, Halleluja! Er ist wahrhaft auferstanden, Halleluja!“
Der Heilige Vater segnete Grundsteine
In Jordanien segnete der Papst den Grundstein der Lateinischen Kirche der Taufe Jesu
Christi, der Melkitischen Kirche zum Heiligen Johannes den Täufer, der Universität von
Madaba, der Lateinischen Kirche von Stella Maris in Aqaba, der Lateinischen Kirche in
Jubeiha und jenen der Maronitischen Kirche zum Heiligen Charbel in Amman. In Jerusalem segnete er die Grundsteine des Wohnkomplexes, der vom Lateinischen Patriarchat in
Beit Safafa gebaut wurde und den Grundstein für das „Magdalena Center“ für Pilger, die
nach Migdal unterwegs sind. Vor der Heiligen Messe in Nazareth segnete er das Johannes
XXIII.-Jules Isaac Memorial und eine Olivenholzrepräsentation der Versöhnung; Während
der Heiligen Messe segnete er den Grundstein für das Internationale Center für die Spiritualität der Familie, den für die akademische Institution Mar Elias Campus in Nazareth/
Galiläa, jenen für die Lateinische Patriarchatsschule von Rameh, jenen der Salesianischen
Technischen Schule in Nazareth und den Grundstein für das Johannes Paul II. Memorial
am Ort des Domus Galiläa in Korazim.
8. – 15. Mai 2009
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Der Papst in der
Palästinensischen Autonomiebehörde
Der Papst verbrachte den ganzen Mittwoch, den 13. Mai 2009, in Bethlehem, im
Territorium des palästinensischen Hoheitsgebietes. Die ganze Stadt war zu diesem Anlaß
mit den vatikanischen Farben und denen der palästinensischen Autorität geschmückt.
In den Straßen hingen große Porträts von Benedikt XVI., alleine oder gemeinsam mit
dem Präsidenten Mahmoud Abbas Abu Mazen abgebildet.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Der Papst wurde zuerst vom Präsidenten Abbas in einer Willkommenszeremonie
im Präsidentschaftspalast begrüßt. In seiner Ansprache betonte Benedikt XVI., daß er
nach Bethlehem gekommen war, um „in der Stadt Davids und dem Geburtsort Jesu
Christi zu beten“, jedoch auch, um „dem palästinensischen Volk zu begegnen“. Mit
Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt sagte der Papst dem Präsidenten:
„Herr Präsident, der Heilige Stuhl unterstützt die Rechte Ihres Volkes für ein souveränes palästinensisches Heimatland, das Land ihrer Vorfahren, sicher und im Frieden mit
seinen Nachbarn innerhalb international anerkannter Grenzen.“ Er brachte auch seine
Sympathie und Solidarität mit allen Opfern der Gewalt und der Ungerechtigkeit zum
Ausdruck, besonders gegenüber den Hinterbliebenen, den getrennten Familien und den
8. – 15. Mai 2009
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Flüchtlingen. Unter Bezugnahme auf den Frieden erinnerte Benedikt XVI. daran, daß
der Friede auf Gerechtigkeit
und Dialog gegründet ist, und
daß er auch auf – etwas sehr
Schwieriges – Versöhnung
und Vergebung beruht. „Ich
möchte die involvierten Parteien dringend bitten, in diesem
langwierigen Konflikt, allen
Kummer und alle Trennungen
zu vergessen, die auf dem Weg
der Versöhnung noch verbleiben und sich mit Großzügigkeit und Mitleid auf die andere Partei hin auszustrecken, die doch im Grunde genommen nicht so verschieden von ihnen selbst ist, ohne jeglicher Diskriminierung.“ Im
selben Geist rief der Papst die palästinensischen Jugendlichen auf, gegen die Bitterkeit,
den Haß und die Abneigung in ihren Herzen zu kämpfen und er rief sie auf, der Versuchung zu widerstehen, in die Gewalt - als Mittel der Rache gegen erlittenes Unrecht
- zu flüchten. Er ermutigte sie, anstatt dieser erbitterten Mittel, „alles, was sie erfahren
haben, zu lassen, und ihre Bestimmung zu erneuern, den Frieden zu bauen.“ Er fuhr
fort: „Laßt Euch mit einer tiefen Sehnsucht, einen anhaltenden Beitrag für die Zukunft
Palästinas zu leisten, erfüllen, damit es seinen rechtmäßigen Platz auf der Weltbühne
einnehmen kann. Laßt Euch zu Gefühlen des Mitleides für all jene, die leiden, Eifer für
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Photo : CTS / MAB
die Versöhnung, und einen starken Glauben an die Möglichkeit einer helleren Zukunft,
inspirieren.“ Schließlich, bat Benedikt XVI. die internationale Gemeinschaft, ihren gewichtigen Einfluß zum Erreichen einer Lösung geltend zu machen.
Am späteren Morgen stand der Heilige Vater der Feier der Heiligen Messe
am Krippenplatz bei strahlendem Sonnenschein vor. Tausende Gläubige aus vielen
palästinensischen Städten und Dörfern versammelten sich zu dieser Gelegenheit: von
Bethlehem, Beit Jala und Beit Sahour und natürlich auch von Jericho, Bir Zeit, Jifna,
Ain Arik, Taybeh, Ramallah, Aboud, Nablus, Rafidia, Jenin, Zababdeh. Eine kleine
Gruppe von weniger als [etwa] hundert Christen war sogar aus Gaza gekommen. Sie
waren glücklich mit dem Papst zu sprechen und begrüßten ihn stellvertretend für die
leidenden Menschen in Gaza.
Sogar schon vor Beginn der Feier waren der Enthusiasmus und die Leidenschaft
der Menschen spürbar gewesen. Ein Chor von mehr als hundert Stimmen sang auf der
Plattform bekannte Lieder. Hüte, Schals, Banner und Fahnen in den vatikanischen und
palästinensischen Farben gaben der Menge ein farbenfrohes und freudiges Aussehen.
Unter den VIPs konnte man auch die Anwesenheit des Präsidenten Abbas, des Premierministers Salam Fayyad, des Ministers für christlichen Tourismus Khouloud D’ebes
und weitere Mitglieder der palästinensischen Regierung erblicken. In der Zusammenkunft mischten sich muslimische Verehrer mit ihren christlichen Brüdern. Wie [bereits]
in Amman und Jerusalem, wurde Benedikt XVI. auch hier bei seiner Ankunft mit den
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Ausrufen „Benedetto, benvenuto!“
(„Benedikt, willkommen!“) begrüßt.
Die Eucharistiefeier wurde durch Elemente der verschiedenen katholischen
liturgischen Riten bereichert, auch
durch den syrisch-katholischen Ritus.
Patriarch Fouad hob in seiner
Willkommensbotschaft an den Heiligen
Vater das Leiden des Heiligen Landes
und auch jenes des palästinensischen
Volkes hervor. Er sagte: „Heiliger Vater,
dieses Land, das Jesus auserwählte, um
darin zu leben und die Welt zu retten,
braucht Friede, Gerechtigkeit und
Versöhnung. Unsere Wunden müssen
geheilt werden, unsere Gefangenen
entlassen werden, unsere Herzen vom
Haß gereinigt werden und unser Volk
muß in Frieden und Sicherheit leben.
Unser Volk hat gelitten und leidet immer noch an Ungerechtigkeit und Krieg – für
Hunderttausende von Menschen ist der Gaza-Krieg immer noch eine offene Wunde
– von der Besetzung und dem Mangel an Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“ Wie
zuvor in Gethsemani, präsentierte der Patriarch die drei theologischen Tugenden als die
einzigen Waffen, die mächtig genug sind, um den Herausforderungen und Prüfungen
stand zu halten. Und er sagte zum Papst: „In Ihrer Gegenwart erneuert die Katholische
Kirche ihren Glauben an Jesus Christus, ihre Liebe zu Gott und den Nächsten und ihre
Hoffnung auf die barmherzigen Pläne Gottes für uns alle.“
Benedikt XVI. begann seine Homilie mit einem ausführlichen und überaus herzlichen „Hallo“ an die palästinensischen Christen, besonders an jene in Gaza, deren
Vertreter von ihren Brüdern und Schwestern einen herzlichen Applaus erhielten. Der
Papst schlug drei Wege vor, um die Standfestigkeit in der Hoffnung zu kultivieren,
daß die gute göttliche Vorsehung
trotz aller äußeren Umstände
am Wirken ist. Zuerst geht es
um die „beständige Umkehr
zu Christus“ und dann um „ein
Wachsen in einer Mentalität des
Friedens, welche auf Gerechtigkeit und der Achtung der Rechte
und Pflichten, sowie auf einer
Verpflichtung, für das allgemei-
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Photo : CTS / MAB
ne Wohl zusammen zu arbeiten, gründet.“ Schließlich [geht es darum,] „eine Beharrlichkeit im Guten und eine Zurückweisung des Bösen“ aufrechtzuerhalten. Der Heilige
Vater schloß seine Homilie mit einem ergreifenden Aufruf, in welchem er wiederholte
Male auf die Worte des Engels zurückkam, der zu den Hirten in der Christnacht sprach:
„Fürchtet euch nicht (…)!“ (vgl. Lk 2,10), und lud die Gläubigen ein, auf das Gebet und
auf die Solidarität mit der Universalkirche zu vertrauen, ihre Präsenz im Heiligen Land
trotz aller Nöte zu festigen, „Brücken des Dialogs und der Zusammenarbeit zu sein“,
und „eine Kultur des Friedens“ zu bauen als „lebendige Steine“ ihrer Ortskirchen. Wie
tags zuvor in Jerusalem, wiederholte der Papst, daß nur die Umkehr des Herzens zum
auferstandenen Christus und die geistliche Erneuerung den Christen dazu verhelfen
kann, in den Prüfungen stand zu halten, Mauern niederzureißen und Frieden in das
Heilige Land zu bringen.
8. – 15. Mai 2009
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Photo : L'Osservatore Romano
Am Nachmittag ging der Papst alleine in die Geburtskirche, um einige Zeit vor
dem Geburtsort zu verbringen. Danach besuchte er das Caritas Baby Hospital, eine
Einrichtung, die vor mehr als fünfzig Jahren von Pater Ernst Schnydrig gegründet
wurde, um Kinder zu beherbergen, die Opfer von Konflikten in der Gegend von
Bethlehem und in Palästinensischen Autonomiebehörde geworden sind, und, um für sie
zu sorgen. Der Heilige Vater dankte Pater Michael Scheiger, Präsident der Kinderhilfe
Association, Herrn Ernesto Langensand, der gerade seine Zeit als Vorstandsvorsitzender
vollendet, Mutter Erika Nobs, Superiorin der Gemeinschaft der Franziskanerinnen von
der hl. Elisabeth von Padua, verantwortlich für das Spital, als auch Bischof Robert
Zollitsch und Bischof Kurt Koch, als Vertreter der jeweiligen Bischofskonferenzen
Deutschlands und der Schweiz, die diese Arbeit unterstützen. Der Papst dankte und lobte
die Administratoren, Doktoren, Krankenschwestern
und das Personal des Caritas Baby Hospital, welches
jedes Jahr Tausenden von Kindern Hilfe schenkt.
Photos : Peter Damman / Agentur Focus
Eines der vom palästinensischen Volk am meisten erwarteten Ereignisse im
Kalender des Heiligen Vaters war, ohne Zweifel, der Besuch des Papstes im Aida
Flüchtlingslager in Bethlehem. Wie sein Vorgänger Johannes Paul II., der ein anderes
Flüchtlingslager besucht hatte, wollte Benedikt XVI. eine Geste der Solidarität mit den
Palästinensern setzen. Er betonte das bereits zu Beginn seiner Rede: „Mein Besuch im
Aida Flüchtlingscamp an diesem Nachmittag gibt mir eine willkommene Gelegenheit,
meine Solidarität mit allen heimatlosen Palästinensern zum Ausdruck zu bringen, die
sich danach sehnen, an ihren Geburtsort zurückzukehren, oder dauerhaft in einem
Heimatland leben zu können, das ihnen gehört.“ Das Datum des Papstbesuches hatte
eine wichtige symbolische Bedeutung: Es war dies nur 2 Tage vor dem 61. Jahrestag
von Nakba, dem arabischen Wort für „Katastrophe“, das verwendet wird im Rückblick
auf die palästinensische Tragödie des Krieges, der Vertreibungen und der Zerstörung,
die mit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 Hand in Hand gingen. Der Papst
nahm im Schulhof in Aida an einem einstündigen Programm teil, in dem Ballone stiegen,
eine Aufführung von Dabke – einem traditionell palästinensischen und nahöstlichen
Tanz – von den Kindern des Camps dargeboten wurde, offizielle Ansprachen gehalten
wurden und eine Rezitation eines Gedichtes von Mahmoud Darwish zu hören war,
sowie die Übergabe von Geschenken und Briefen an den Papst. Der Vater des ältesten
Gefangenen des Camps, Herr Khalid Al-Azraq, übergab an Benedikt XVI. eine Stola,
in die auf die eine Seite das Wappen des Vatikans und der Geburtskirche eingestickt ist,
und in die auf die andere Seite der „Schlüssel der Rückkehr“ (Symbol des „Rechtes
auf Rückkehr“ der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat), der Felsendom und
der oktogonale Stern von Kanaan eingestickt ist. Ein anderer Campbewohner, Yusif
Abusrour, schenkte dem Papst aus der alten palästinensischen Stadt Tiberias einen Stein,
der in die Form des historischen Palästinas geschliffen war und in der Mitte eine Gravur
mit dem „Schlüssel der Rückkehr“ hatte. Zum Schluß übergaben ein muslimisches
Mädchen, dessen Vater und Mutter im Gefängnis sind, und ein christliches Mädchen,
dessen Vater auch in Haft ist, dem Papst einen Brief, der im Namen von Tausenden
von palästinensischen Gefangenen, die in Israel festgehalten sind, geschrieben wurde.
Der Direktor des Aida Camp People´s Committee, Abu Zayd, hielt eine Rede und
anschließend der Präsident Mahmoud Abbas. In seiner Ansprache zeigte sich der
Papst dem palästinensischen Volk in seinem Leiden selbst nahe und unterstützend: Er
erwähnte die Flüchtlinge im Exil, die Notlage der getrennten Familien, das Gefühl in
ein Gefängnis eingesperrt zu sein, Arbeitslosigkeit, die Trennmauer, den Teufelskreis
Photos : CTS / MAB
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
der Gewalt. Er rief zum Frieden auf, um „den die ganze Welt seufzt“. Nakba ins
Gedächtnis rufend, bekräftigte der Papst wiederum das Recht der Palästinenser auf
einen unabhängigen Staat und die Notwendigkeit, vor allem eine politische Lösung mit
Hilfe der internationalen Gemeinschaft zu finden. Der Papst bat die Campbewohner,
und besonders die Jugend, inständig gegen die Versuchung der Gewalt zu kämpfen,
und dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi und allen Friedensstiftern zu
folgen: „An Euch alle erneuere ich meine inständige Bitte, einen profunden Einsatz zu
leisten, um den Frieden und die Gewaltlosigkeit zu kultivieren, und dabei dem Beispiel
des heiligen Franziskus und anderen großen Friedensstiftern zu folgen. Friede muß zu
Hause, in der Familie und im Herzen beginnen.“
Am frühen Abend dieses Tages, während des Beginns der Zeremonien bei der
palästinensischen Autorität im Präsidentenpalast in Bethlehem, drückte Benedikt XVI.
nochmals seine „brennende Sehnsucht für
die Verwirklichung des Friedens und der
Versöhnung in diesen gequälten Ländern“
aus, und verlieh wiederholt seiner Traurigkeit im Anblick der Trennmauer und seiner Emotion im Anblick der Palästinenser,
besonderer derer von Gaza, Ausdruck. Er
bestärkte nochmals seine Entscheidung für
die Herstellung eines gerechten Friedens
und eines freien unabhängigen palästinensischen Staates: „Als einen wichtigen Schritt
in dieser Richtung sucht der Heilige Stuhl
gemeinsam mit der Palästinensischen Autorität eine dauernde bilaterale Kommission
zu gründen, so wie im Rahmenvertrag angedacht, unterzeichnet im Vatikan am 15. Februar 2000 (vgl. Grundlagenvertrag zwischen
dem Heiligen Stuhl und der PLO, Art. 9).
Photos : CTS / MAB
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8. – 15. Mai 2009
Die Liturgie und der Chor
Die liturgische Vorbereitung für den Papstbesuch erfolgte sehr sorgfältig. Das
liturgische Zentralkomitee, angeleitet von Bischof Marcuzzo und zusammengestellt
von Frater Stéphane Milovitch OFM, Koordinator für Jerusalem, Monsignore
William Shomali, Koordinator für Bethlehem, und Frater Agapios Abu-Saada,
Koordinator für Nazareth.
Zu den Messen und zu den verschiedenen Feiern der Vesper zeichnete
sich der Chor von selbst durch Gründlichkeit in der Vorbereitung als auch durch
Qualität in der Durchführung aus. In Amman wurde der Chor Yanbu‘ al-Muhabba
(Frühling der Liebe) von Frater Bashir Bader geleitet; in Jerusalem wurde der Chor
der Kustodie von Hania Soudah-Sabbara geleitet; in Bethlehem wurde der Chor
des Seminars und die Pfarrchöre von Frater Ibrahim Shomali dirigiert; in Nazareth
setzte sich der gemischte Chor aus dem lateinischen Chor von der Verkündigung,
dirigiert von Youssef al-Khel, die melkitischen Chöre von Nazareth und Haifa,
angeleitet von Frater Agapios Abu-Saada und Awni Hayek, und dem maronitischen
Chor Nazareths, dirigiert von Bishara Azzam, zusammen.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Der Papst in Nazareth
Am Donnerstag, den 14. Mai 2009, besuchte Papst Benedikt XVI. Nazareth. Der
Höhepunkt des Tages war die Heilige Messe, welche im Freien am Berg des Abgrundes
(„Mount Precipice“) in Anwesenheit einer Versammlung, die für ihre Vielfalt
bemerkenswert ist, zelebriert wurde. Katholiken – Lateiner, Melkiten und Maroniten
– mischten sich mit Menschen von anderen christlichen Konfessionen – insbesondere
Orthodoxe und Anglikaner – und sogar andere Religionen: einige tausend Muslime
waren zugegen und zahlreiche Juden. Tausende Pilger aus vielen umliegenden Ländern
waren gekommen, wie auch gegenwärtig Residierende in Israel. Wir sahen auch, daß
eine große Gruppe von Filipinos und ausländischer Arbeiter anderer Nationalitäten
anwesend waren, so zum Beispiel einige aus dem Sudan und eine Menge Menschen
aus den palästinensischen Territorien, für die die israelischen Behörden Pässe bereit
gestellt hatten.
Am Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) stehend, blickt man über den
Hügel auf die Stadt Nazareth und auf die Basilika der Verkündigung. Auch sieht
8. – 15. Mai 2009
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man ein schönes Amphitheater und eine beeindruckende Esplanade, die von der
Stadtverwaltung errichtet worden waren.
Die Heilige Messe mit dem Papst war für 10.00 Uhr vormittags geplant. Bereits
um 04.00h morgens war eine Menge von Gläubigen vor Ort, die den Rosenkranz
beteten oder - in ihren Decken eingehüllt - schliefen. Allmählich, Stunde um Stunde,
füllten sich die Sitzreihen, die für 62.000 Gläubige bereit gestellt waren. Sie kamen von
Jerusalem und von ganz Israel, die meisten waren Galiläer, unter ihnen Nazarener. Sie
alle waren glücklich und stolz, den Heiligen Vater willkommen zu heißen und die Welt
an ihr einzigartiges und vitales Dasein zu erinnern. Nazareth ist eine Stadt mit ungefähr
70.000 Einwohnern. Sie ist die größte arabische Stadt in Israel und es leben ungefähr
40 % Christen darin.
Die versammelte Menge von Gläubigen sang bereits eineinhalb Stunden vor
der Ankunft des Papstes unter glühender Sonne Lieder und Hymnen und den Refrain
„Welcome, Benedict!“ oder „Benedetto, benvenuto!“ sowie ein schönes
Lied, das von Louaie Zaher und Rabab Zeitoun, den beiden katholischen
Künstlern aus Nazareth, komponiert und gesungen wurde.
Bei seiner Ankunft am Landeplatz des Helikopters wurde Benedikt
XVI. von etlichen Bischöfen, dem Bürgermeister von Nazareth, Ramez
Jarayseh, und seinem Stadtrat, von Bürgermeistern nahe gelegener Städte
und von verschiedenen Würdenträgern der israelischen
Ministerien
für interne und externe Angelegenheiten, willkommen
geheißen. Der Papst begrüßte jeden von ihnen. Danach
wurde der Heilige Vater mit dem Papamobil in das
Amphitheater hinein gefahren. Er fand eine Atmosphäre von
großer Freude vor. Der Papst wurde noch viel herzlicher, als
man sich jemals vorstellen konnte, willkommen geheißen und
gefeiert. In einer schönen Prozession stiegen die Zelebranten
zum Altar hinauf und trugen eine große Ikone mit sich,
die von einem melkitischen Priester, namens Rev. Samir
Rohana, gemalt wurde.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Nach der Willkommensrede, welche von Erzbischof Elias Chacour, Griechisch
Katholischer Erzbischof von Akko, gegeben wurde, begann die Heilige Messe.
Die Liturgie wurde zu Ehren der Heiligen Familie gefeiert und durch Elemente des
melkitischen und des maronitischen Ritus bereichert. Das wurde von den Organisatoren
so ausgewählt, um das Jahr, welches von den katholischen Kirchen des Heiligen Landes
im Jahr 2008 - 2009 der Familie gewidmet war, zu beschließen. In seiner Homilie,
welche auf der Grundlage fußte, daß Nazareth die Stadt der Heiligen Familie ist, betonte
der Heilige Vater ausführlich die Heiligkeit und die vitale Mission der christlichen
Familie. Er richtete seine Homilie in besonderer Weise an die Männer, Frauen und
Kinder. Benedikt XVI. ermahnte auch, der Versuchung von interreligiöser Gewalt zu
widerstehen - insbesondere bezog er sich auf die Spannungen zwischen Christen und
Muslime im Hinblick auf die Mosche in Nazareth, die 1999 ausgebrochen waren – und
er rief zum Dialog, zu gegenseitigem Respekt und zu einer friedvollen Koexistenz
auf. Er betonte: „Mögen wir alle der zerstörerischen Macht von Haß und Vorurteil,
die zuerst die Seelen der Menschen und dann ihre Körper tötet, eine klare Absage
erteilen!“
8. – 15. Mai 2009
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Trotz der großen Mehrheit von Gläubigen,
die keine Heilige Kommunion empfingen, fand
die Heilige Messe in einer kontemplativen
Atmosphäre von Freude und Danksagung statt.
Jene Personen, die für die israelische Sicherheit
verantwortlich waren, und die aufgrund der
Größe der Menge Angst vor Schwierigkeiten
bekommen hatten, verliehen ihrer Bewunderung
über das tadellose Benehmen der Gläubigen
während der Feier Ausdruck. Hier müssen wir
den Pfadfindern danken und sie anerkennen,
da sie hart gearbeitet hatten, um das Ereignis
vorzubereiten. Sie dienten den Anwesenden als
Ordner.
Das Schauspiel des Stromes der Gläubigen, der sich die Straße hinunter bis zum
Fuß des Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) bewegte, war sehr eindrucksvoll.
Leider wurde eine Menge von Leuten – größtenteils Muslime – die sich zu beiden
Seiten der Straße von der Bergspitze bis ganz nahe zur Basilika drängten, um den Papst
auf seinem Weg zu begrüßen, enttäuscht: Die israelische Polizei hatte versprochen, den
Papst sichtbar für die Leute entlang der Straße [fahren] zu lassen, damit sie ihm die
Ehre erweisen könnten, aber anstatt ihn ins Papamobil einsteigen zu lassen, brachte die
israelische Polizei den Papst im letzten Moment in ein Auto mit verdunkelten Fenstern!
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Nach dem Mahl mit den Bischöfen, der Franziskanergemeinschaft und dem
päpstlichen Gefolge im Franziskanerkloster von Nazareth, traf Benedikt XVI. mit dem
israelischen Premierminister Benyamin Netanyahu zusammen. Ihr Gesprächsaustausch
hatte Wege zum Friedensprozeß in der Region und die Anwendung des Grundlagenvertrages zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Israel zum Inhalt.
Später am Nachmittag kam der Papst zum Auditorium der Verkündigungskirche
in Nazareth zu einer Begegnung mit den christlichen, jüdischen, muslimischen und drusischen Religionsführern Galiläas zusammen. In seiner Begrüßungsrede begann Bischof
Giacinto-Boulos Marcuzzo, der Vikar des Lateinischen Patriarchates von Israel, mit der
Bemerkung, „daß Nazareth in Schrift und Tradition der Treffpunkt par excellence sei:
Zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen Gott und Mensch, zwischen
Himmel und Erde, Endlichkeit und Unendlichkeit und zwischen Zeit und Ewigkeit.“ Er
wandte sich mit folgenden Worten an den Heiligen Vater: „Eine revidierte Form des „Dialogs“ könnte genau Ihr päpstliches Motto ‚Cooperatores veritatis’ (3 Joh 1,8) zum Ausdruck bringen; Zusammenarbeit in der Suche nach der Wahrheit. Durch diese konkrete Umsetzung kann unsere Verschiedenartigkeit ein herrliches Mosaik werden, das den
Reichtum des Glaubens als eine schöne harmonische Symphonie und unsere Traditionen
als einen wunderbaren Garten von schönen und gefälligen Blumen widerspiegelt.“
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Der Papst nahm in seiner Rede auch Bezug auf die besondere Berufung Galiläas,
indem er sprach: „Es ist ein Land, bekannt für seine religiöse und ethnische Vielfalt, es
ist Heimat für ein Volk, das sehr gut die Mühen kennt, die es braucht, um in harmonischer
Koexistenz zu leben.“ Er bat seine Zuhörer ihr Bemühen um den Dialog fortzusetzen,
das Verständnis, den Respekt und die gegenseitige Zusammenarbeit sowie den Frieden
und das Wohlergehen der menschlichen Familie als Ganzes zu fördern. Aber was
jenseits der Worte von diesem Treffen in Erinnerung bleibt, ist vor allem ein Bild,
das durch die Einladung eines Rabbiners zustande kam: Die Teilnehmer, angeleitet
von Papst Benedikt XVI., vereinten ihre Stimmen zu einem Friedenslied, das für diese
besondere Gelegenheit komponiert worden war. Der Papst stand auf und nahm die
Hände seiner Nachbarn, in einer symbolisch sehr berührenden Geste von Einheit und
Brüderlichkeit. Dieses Bild wurde sogleich auf der ganzen Welt gezeigt.
Der Heilige Vater ging weiter zur Verkündigungsbasilika, um dort an der
Grotte, wo die Jungfrau Maria die Verkündigung des Erzengels Gabriel empfing,
einige Zeit im stillen Gebet zu verbringen. Dann stand er, wie in Amman, der Vesper
mit den Bischöfen, Priestern und Nonnen, als auch den kirchlichen und pastoralen
Bewegungen Galiläas vor. Erzbischof Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von
Haifa, sprach die Willkommensrede im Namen des Klerus, der Mönche und Nonnen
zum Heiligen Vater. In seiner
Antwort betrachtete der Papst das
Geheimnis der Verkündigung und
der Menschwerdung. Er wandte
sich mit einer dringenden Bitte, ja
beinahe mit einem Flehen an die
Christen des Heiligen Landes, indem
er sagte: „Habt Mut treu zu Christus
zu sein und hier in diesem Land, das
Er durch seine Gegenwart geheiligt
hat, zu leben! Wie Maria, habt auch
ihr eine Rolle im Heilsplan Gottes
zu spielen, indem ihr als Zeugen
Christus und seine Botschaft von
Frieden und Einheit der Welt
gegenwärtig macht. Dafür ist es
wesentlich, daß ihr untereinander
geeint seid, damit die Kirche im
Heiligen Land klar als ‚ein Zeichen
und Instrument der Gemeinschaft
mit Gott und der Einheit mit der
ganzen
menschlichen
Rasse’
(Lumen Gentium I) erkennbar ist.“
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
8. – 15. Mai 2009
Das zentrale Koordinationskomitee
für den Papstbesuch
nach Israel und in die
Palästinensische Autonomiebehörde
Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal,
Lateinischer Patriarch von Jerusalem und Präsident von „ACOHL“
Seine Exzellenz Antonio Franco,
Päpstlicher Nuntius und Apostolischer Delegat
Seine Exzellenz Elias Chacour,
Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Akko
Seine Exzellenz Paul Nabil Sayah,
Maronitischer Erzbischof von Jerusalem, Jordanien und Haifa
Seine Exzellenz Giacinto-Boulos Marcuzzo,
Lateinischer Patriarchalvikar für Israel
Monsignore Raphael Minassian,
Armenisch Katholischer Patriarchalexarch von Jerusalem und Amman
P. Pierbattista Pizzaballa OFM,
Kustos des Heiligen Landes
Monsignore Paolo Borgia,
Sekretär des Nuntius
P. David Neuhaus SJ,
Lateinischer Patriarchalvikar für die Hebräisch sprechenden Gemeinden
Rev. Humam Khzouz,
Kanzler des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem
Rev. Shawki Baterian,
Generaladministrator des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem
P. Pietro Felet SCJ,
Generalsekretär von „ACOHL“
Herr Wadie Abu-Nassar,
Leiter der Kommunikationsabteilung des Lateinischen Patriarchates
von Jerusalem
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Multimedia-Produktionen während des Papstbesuches
Der Besuch von Benedikt XVI. war eine Gelegenheit für diverse audiovisuelle Produktionen, wovon es u. a. die folgenden gibt:
Die israelische Regierung teilte den Schulen – besonders den christlichen – ein
spezielles Budget zu, um Studenten auf den Besuch des Heiligen Vaters vorzubereiten.
Shaadi Abu-Khadra, im Auftrag des katechetischen Komitees in Israel, fertigte eine
CD-Rom-Präsentation an, die Erklärungen uRev. Bashir Bader und Rev. Rif´at Bader
nahmen mit dem Chor Yanbu‘ al-Muhabba (Frühling der Liebe) eine CD mit Musikstücken und religiösen Liedern auf. Unter diesen Liedern wurden Hymnen vorgetragen,
die anlässlich der verschiedenen Weltjugendtage und anlässlich des Besuches von Johannes Paul II. ins Heilige Land im Jahr 2000 komponiert wurden. Sie nahmen auch
originale Kompositionen auf, die speziell für den Besuch von Benedikt XVI. geschrieben wurden.
In Galiläa nahmen die beiden katholischen Künstler, Louaie Zaher und Rabab
Zeitoun eine CD auf, auf welcher traditionelle Hymnen - darunter zwei besondere,
komponiert für den Besuch von Benedikt XVI., - aufgenommen wurden.
Die besten Willkommensbotschaften
Die Gläubigen haben sich während der Pilgerreise des Papstes gegenseitig mit Enthusiasmus, Kreativität und Tiefe im Verfassen von Willkommensgrüßen überboten. Ihre
Willkommensbotschaften wurden auf Fahnen, Postern und Kunstdrucken gezeigt.
Hier einige Beispiele:
In Amman: „P.O.P.E.“, was bedeutet: „People of Peace Excited to meet you“
(Caritas, Jordanien) = übersetzt: “Menschen des Friedens, die begeistert sind, Sie zu
treffen”
In Jerusalem: „Israel welcomes Pope Benedict who comes in a spirit of unity and
peace“ = übersetzt: „Israel heißt Papst Benedikt willkommen, der im Geist der Einheit
und des Friedens kommt“
In Bethlehem: «Unser Papst ist unser Hoffnung».
In Nazareth: „Nazareth, the city of peace where everything began“; „Welcome
home, dear Pope“; „The Latin Patriarchate of Jerusalem affectionately welcomes H.H.
Pope Benedict XVI., Messenger of Peace, Truth and Dialogue, to Nazareth the brotherly city“ = übersetzt: “Nazareth, die Stadt des Friedens, wo alles begann”; “Willkommen zu Hause, lieber Papst”; “Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem heißt
Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI, den Botschafter des Friedens, der Wahrheit und
des Dialogs, in Nazareth, der brüderlichen Stadt, herzlich willkommen“.
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Der letzte Tag in Jerusalem
Am Freitag, den 15. Mai 2009 verbrachte der Papst den letzten Tag seiner Pilgerreise
in Jerusalem. Nachdem er eine Privatmesse in der Kapelle der Apostolischen Delegation, die am Ölberg liegt, zelebrierte, besuchte Benedikt XVI. das Griechisch Orthodoxe Patriarchat im christlichen Viertel der Altstadt. Er traf Seine Seligkeit Patriarch
Theophilos III., der die Willkommensrede vor den Erzbischöfen, Bischöfen, Äbten und
Priestern und einer Anzahl Gläubiger hielt. In seiner Rede sagte der Papst, daß er schon
„lange“ auf den Moment „gewartet“ und sich danach gesehnt hätte, eine Kontinuität
mit den historischen Treffen zwischen Paul VI. und Patriarch Athenagoras im Jahre
1964, sowie weiters mit Johannes Paul II. und Patriarch Diodoros im Jahr 2000 herzustellen. Er sprach zudem mit tiefer Überzeugung von der „ökumenischen Aufgabe“:
Der Papst bezog sich auf die Arbeit der Gemeinsamen Internationalen Kommission für
den theologischen Dialog zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und den Orthodoxen Kirchen, das kürzlich erschienene Ravenna-Dokument, und die Teilnahme des
Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Seine Heiligkeit Bartholomäus I. an
der Bischofssynode über das Wort Gottes. Ausdrucksstark bekräftigte Benedikt XVI.
zudem, daß allein schon das rechte Gefühl für „die Schande unserer Spaltungen ein
kleines Wunder“ gewesen sei und Ausdruck einer wirklichen Sehnsucht nach Einheit
sei. Er ermutigte verschiedene ökumenische Initiativen, die bereits in Jerusalem bestehen, und lobte die Arbeit, die schon von den Leitern der christlichen Gemeinschaften
vollendet wurde.
Photo : Christo Asfour
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Der Papstbesuch in
der Heiligen Grabeskirche
war zweifellos einer der Höhepunkte seiner Pilgerreise.
Das Bild von Benedikt XVI.,
als er vor dem leeren Grab
in dem kleinen Heiligtum
Photo : Christo Asfour
der Anastasis kniete, war ein
Glaubensakt und ein Glaubenszeugnis. Der Papst übergab vor dem Heiligen Grab eine
seiner stärksten Botschaften während der gesamten Reise zum Thema der Hoffnung.
Patriarch Fouad Twal bekräftigte diese Tatsache am Schluß seiner Willkommensrede
mit folgenden Worten: „Heiliger Vater, geführt von der Stärke der Auferstehung und
rückversichert durch die Verheißung des Herrn, bei uns zu bleiben bis an das Ende
der Zeit, wage ich zu sagen, daß weder Konflikt noch Besetzung, weder Trennmauern
noch die Kultur des Todes oder die Emigration der Christen unsere Moral zerstören,
unsere Hoffnung auslöschen und unsere Freude ersticken kann!“ Vor dem leuchtenden
Geheimnis des leeren Grabes entwickelte der Papst das Thema der christlichen Hoffnung: Eine „Hoffnung, die nicht enttäuscht, weil sie die Gabe des Geistes des Lebens
ist“ (vgl. Röm 5,5), und stellte fest, daß dies „die Botschaft war, die er uns am Ende im
Heiligen Land hinterlassen wollte.“ Es war vor dem leeren Grab, als der Papst seinen
leidenschaftlichsten Aufruf an die Christen
im Heiligen Land richtete, indem er die
Kirche von Jerusalem an ihre Berufung
erinnerte, der erste Verkünder der Auferstehung zu sein: „Das ist die Botschaft,
die ich euch heute zum Abschluß meiner
Pilgerreise in das Heilige Land übergeben will … Die Kirche im Heiligen Land,
welche so oft schon das dunkle Mysterium
von Golgotha erfahren hat, darf niemals
aufhören, ein unerschütterlicher Bote der
leuchtenden Botschaft der Hoffnung zu
sein, welche dieses leere Grab proklamiert.
In diesem Grab soll die Kirche all ihre
Ängste und Befürchtungen begraben, um
jeden Tag aufs Neue an der Auferstehung
teilzuhaben und ihren Weg durch die Straßen von Jerusalem, Galiläa und darüber hinaus fortzusetzen, indem sie den Triumph
der Vergebung Christi und das Versprechen
eines neuen Lebens verkündet.“
Photo : Ariel Jerozolimski
8. – 15. Mai 2009
Photos : L'Osservatore Romano
In der Beibehaltung des ökumenischen Geistes, welcher einer der bezeichnenden Charakteristika in seiner
Pilgerreise war, ging Benedikt XVI. zur
Armenisch-Apostolischen Kirche von
Jerusalem, die dem heiligen Jakobus geweiht ist. Dort traf er mit Seiner Seligkeit Patriarch Torkom Manooghian und
den Erzbischöfen, Bischöfen, Priestern
und den gläubigen orthodoxen Armeniern zusammen. Nochmals begrüßte
der Papst die „bedeutende Entwicklung
der Beziehungen zwischen der Katholischen Kirche und der Armenisch Apostolischen Kirche“. Mit Freude erinnerte
Papst Benedikt XVI. an den im Jahre
2008 stattgefundenen Rombesuch des
Obersten Patriarchen und Katholikos
aller Armenier, Karekin II., und des
Katholikos von Zilizien, Aram I., und
erwähnte das letzte Dokument über die
71
72
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Natur und die Mission der Kirche, welches von der Vereinten Kommission zwischen
der Katholischen Kirche und den orientalischen Orthodoxen Kirchen verfaßt wurde.
Benedikt XVI. schloß seine Rede, indem er die „glorreiche Geschichte“ der armenischen Gemeinde in Jerusalem in Erinnerung rief. Er verwies auf „ein außergewöhnlich
blühendes monastisches Leben und eine Kultur, die mit den heiligen Stätten und mit
den liturgischen Traditionen, die darum entstanden sind, verbunden ist“, und er betete,
daß ein erneuertes Leben beständig aus diesen reichen Traditionen hervorgehen möge.
Am frühen Nachmittag wurde der Papst am Ben Gurion Airport in Tel Aviv für die
Abschiedszeremonie von Israel erwartet. Er wollte mit seinen Zuhörern „einige
starke Eindrücke“ von seiner Pilgerreise in das Heilige Land teilen. Der Heilige Vater
widmete den Großteil seiner Rede dem Friedensaspekt. Er erinnerte seine Zuhörer, daß
er als Freund der Israeli und der Palästinenser in dieses Land gekommen war. „Freunde
haben Freude daran, Zeit miteinander zu verbringen, und sie bedauern es zutiefst, daß
der andere leidet. Kein Freund der Israelis und der Palästinenser kann sich der Trauer
über die andauernde Spannung zwischen Euren beiden Völkern entziehen. Kein Freund
kann es unterlassen bei diesem Leiden und diesem Verlust an Leben zu weinen, das
beide Völker über die letzten sechzig Jahre hinweg erlitten haben.“
In seinen letzten Worten, kurz bevor er all seinen Gastgebern und den Organisatoren
seines Besuches gedankt hatte, sprach der Heilige Vater von der Trennmauer zwischen
Jerusalem und Bethlehem, „als einen der traurigsten Anblicke“ während seiner
Pilgerreise. Ein letztes Mal drängte er das israelische und das palästinensische Volk
dazu, statt des Mißtrauens und der Trennung, ein gerechtes, bleibendes Vertrauen und
einen Respekt aufzubauen.
Jedoch ist ohne Zweifel das, was von der Abschiedsrede Benedikts XVI. vom
15. Mai 2009 verbleibt, sein Appell, der eine Synthese seiner Friedensbotschaft ist:
„Nie wieder Blutvergießen! Nie wieder Kämpfe! Nie wieder Terrorismus! Nie wieder
Krieg! Stattdessen laßt uns den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt dauernden
Frieden, der auf Gerechtigkeit gegründet ist, herrschen, laßt eine ursprüngliche
Wiedervereinigung und Heilung geschehen. Laßt es universal anerkannt sein, daß der
Staat Israel ein Recht auf seine Existenz hat und sich an Frieden und Sicherheit innerhalb
international anerkannter Grenzen erfreut. Anerkennt ebenso, daß das palästinensische
Volk ein Recht auf einen souveränen, unabhängigen Heimatstaat hat, und das Recht,
in Würde zu leben und sich frei bewegen zu können: Laßt die Zwei-Staaten-Lösung
Realität werden, und nicht einen Traum bleiben.“
★ ★ ★
8. – 15. Mai 2009
Die führenden Kirchenoberhäupter
und kirchliche Würdenträger, welche während
der Päpstlichen Pilgerreise anwesend waren
Seine Seligkeit Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem
Seine Seligkeit Theophilos III., Griechisch Orthodoxer Patriarch von Jerusalem
Seine Seligkeit Kardinal Emmanuel III. Delly, Patriarch von Babylon der Chaldäer
Seine Seligkeit Kardinal Nasrallah Pierre Sfeir, Maronitischer Patriarch von Antiochia
Seine Seligkeit Gregorios III. Laham, Melkitisch Griechisch Katholischer Patriarch von
Antiochia
Seine Seligkeit Ignatius Joseph III. Younan, Katholisch Syrischer Patriarch von Antiochia
Seine Seligkeit Nerses Bedros XIX. Tarmouni, Armenisch Katholischer Patriarch von Zilizien
Seine Seligkeit Michel Sabbah, Lateinischer Patriarch Emeritus von Jerusalem
Seine Exzellenz Antonio Franco, Apostolischer Nuntius in Israel
und Apostolischer Delegat für Palästinensische Autonomiebehörde
Seine Exzellenz Elias Chacour, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Akko
Seine Exzellenz Yaser Ayyash, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Amman
Seine Exzellenz Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von Haifa
und des Heiligen Landes
Seine Exzellenz Pierre Melki, Syrisch Katholischer Bischof von Jerusalem
Seine Exzellenz Jules Yousef Zerrey, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von
Jerusalem
Seine Exzellenz Salim Sayegh, Lateinischer Patriarchalvikar für Jordanien
Seine Exzellenz Giacinto-Boulus Marcuzzo, Lateinischer Patriarchalvikar für Israel
Seine Exzellenz Kamal Bathish, Lateinischer Patriarchalvikar General Emeritus
Seine Exzellenz Aristarchos Peristeis, Generalsekretär des Griechisch Orthodoxen
Patriarchates
Seine Exzellenz Aris Shirvanian, Armenisch Orthodoxer Erzbischof
Seine Exzellenz Mounib Younan, Lutheranischer Bischof von Jerusalem
Seine Exzellenz Suheil Dawani, Anglikanischer Bischof von Jerusalem
Seine Exzellenz Riah Abu al-‘Assal, Anglikanischer Bischof Emeritus von Nazareth
P. Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des Heiligen Landes
Monsignore Raphael Minassian, Armenisch Katholischer Exarch von Jerusalem
Monsignore Paolo Borgia, Sekretär des Nuntius
P. Pietro Felet, SCJ, Generalsekretär von „ACOHL“
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74
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Das Päpstliche Gefolge
Seine Eminenz Kardinal Tarcisio Bertone, Staatssekretariat
Seine Eminenz Kardinal Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen
Kirchen
Seine Eminenz Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung
der Einheit der Christen
Seine Eminenz Kardinal John Patrick Foley, Großmeister des Ordens des Heiligen Grabes
Seine Eminenz Kardinal Jean-Louis Tauran, Präsident des Päpstlichen Rates für den
Interreligiösen Dialog
Monsignore Guido Marini, Päpstlicher Zeremonienmeister
Monsignore Marco Agostini, Päpstlicher Zeremonienmeister
★ ★ ★
Unter den weiteren
Würdenträgern waren präsent:
Seine Eminenz Kardinal Ennio Antonelli, Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie
Seine Exzellenz Jean Sleiman, Lateinischer Erzbischof von Baghdad
Seine Exzellenz Paul Dahdah, Apostolischer Vikar von Beirut
Seine Exzellenz Maroun Lahham, Bischof von Tunis
Seine Exzellenz Ghaleb Bader, Erzbischof von Algerien
Seine Exzellenz Nicodème Barrigah-Benissan, Bischof von Atakpamé
Seine Exzellenz Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg im Breisgau
Seine Exzellenz Kurt Koch, Erzbischof von Basel
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8. – 15. Mai 2009
Die Delegation des Ordens
vom Heiligen Grab
Mehr als siebzig Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem nahmen am päpstlichen Besuch im Heiligen Land teil:
Großmagisterium
Agostino Borromeo, Generalgouverneur
Adolfo Rinaldi
Mario Cantutti
Christa von Siemens
Jerusalem und Amman
Issa und Claudette Habesh
Jiries und Henriette Sharbeen
Said Sawalha
Karam und Bdour Msiih
Deutschland
Heinrich Dickmann, Statthalter
Karl Gertler
Folker Muller
Michael Bühlhoff
Richard Lorisch
Christoph Johannes Kimberger
England und Wales
Michael Whelan, Statthalter
Norah Whelan
Bartholomew und Mary Bond
Brendan und Gavan Ryan
John und Zofia Mill
Gerald und Pauline Soane
Rupert und Patricia Page
Bernard und Margaret Waddingham
Joseph und Anne Nolan
Claire Anne Nolan
Stephanie Allanach
Suzanne Kavanagh
Dominic Golding
Rev. Richard Hind
Emily O’Brien
Patricia Richardson
Christopher Richards
William Metcalf
Laila Asfoura
Kanada – Toronto
Robert und Vida Nairn
Terrance und Irene Wolff
Roland und Marie Bertin
Douglas und Maureen Murray
Kathleen McGilly
Spanien
María Cristina de Vilar y Hernández
Ernesto Domínguez y Porta
Vereinigte Staaten – West
Patrick Powers, Statthalter
Vereinigte Staaten – Nord
George Thomas Zirnhelt, Statthalter
Susan Mary Zirnhelt
76
Frankreich
Bertrand und Nathalie Ferrier
Norwegen
Lars-Ole Svanenhielm Djupdal
Helene Lund
Gaute Haug Eriksen
Philippinen
Jesus P. Tambunting, Statthalter
Margarita Tambunting
José L. und Maria Victoria Cusia
Portugal
Gonzalo Medina Figueiredo
de Barros, Statthalter
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Antonio und Maria Teresa
de Magalhaes e Menezes
Francisco und Maria Isabel
José Paulo und Maria
de Fatima Barahona
Castelbranco Mascarenhas
Luis und Virginia Chaves Costa
Ana Julia Galvao Coelho
de Campos
Nuno de Sousa Mendes
Joao A.T. Goulart de Bettencourt
Schweiz
Frank und Rita Deiters
8. – 15. Mai 2009
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Ansprachen
von Patriarch Fouad Twal,
von Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo, Patriarchalvikar für Israel,
von Bischof Salim Sayegh, Patriarchalvikar für Jordanien
Reden von Patriarch Fouad

beim Regina Pacis Center
Heiliger Vater,
im Namen der Angestellten und der Volontäre heißen wir Sie frohen Herzens
willkommen im Regina Pacis Center, zu welchem die Kirche zum Guten Hirten, ein
Treffpunkt für die christliche Jugend Jordaniens und ein Dienst für Behinderte, gehört.
Ihre Anwesenheit ist für uns Höhepunkt all unserer Hoffnungen, unserer Arbeit
und unserer Erfahrung hier. Heiliger Vater, in der Heiligen Schrift sagt der Herr:
„Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen,
78
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
die verletzten verbinden, die schwachen
kräftigen, ... und für sie sorgen, wie es recht
ist.“ (Ez 34, 16)
Unsere jungen Menschen – wie alle
jungen Menschen – brauchen wirklich einen
guten Hirten, der sie auf die rechten Wege
leitet und sie durch Reue und Vergebung
auf die grünen Weiden des wahren Lebens
zurückruft. Sie sind unser guter Hirte,
Heiliger Vater. Ihre Bemühungen für die
Jugend sind bekannt, und wir erinnern
uns alle gerne an den Erfolg des letzten
Weltjugendtages in Sydney. Voller Stolz
heißen Sie unsere jungen Menschen, die
hier um Sie versammelt sind, willkommen.
Dieses Zentrum verdankt seinen Bestand
der harten Arbeit und klugen Leitung
unseres Weihbischofs von Amman,
Seine Exzellenz Salim Sayegh. Es soll
der Stärkung des Glaubens junger Christen dienen, und zwar sowohl aus dem
Haschemitischen Königreich, als auch aus den umliegenden Ländern.
Das Regina Pacis Center wurde 2004 eingeweiht. In der Schrift heißt es, daß
unser Herr „nicht daran festhielt, wie Gott zu sein“ (Phil 2, 6) sondern zu uns kam, die
wir arm und hilflos sind, um unsere Situation der Schwachheit zu teilen und uns zu sich
zu erheben. Und so teilen jene, die für das
Wort Gottes offen sind, ihr Leben mit den
Bedürftigen, und stellen ihnen ihre Kräfte
zur Verfügung. Daher ist dieses Zentrum
kostenlos für all jene offen, die in Not sind,
ungeachtet der Religionszugehörigkeit,
oder politischer und sozialer Herkunft.
Die Arbeit dieses Zentrums hat demnach
nicht nur auf menschlicher und geistlicher
Ebene Auswirkungen, sondern auch auf
nationaler und sozialer Ebene. Denn mit
der ausgesprochenen Ermutigung der
zivilen Behörden kommen hier alle Zweige
der jordanischen Gesellschaft zusammen,
arbeiten gemeinsam, leben gemeinsam
und helfen einander. Das Zentrum versucht
ebenso, das Bewußtsein für die Würde
8. – 15. Mai 2009
79
behinderter Menschen zu fördern. Wir helfen Familien, diese Würde zu erkennen und
die Rechte dieser Menschen in Familie und Gesellschaft zu fördern und zu verteidigen.
Jedoch: wer gibt, der empfängt. Diejenigen, die sich in den Dienst der Behinderten
stellen, entdecken mit Freude, wie sehr ihre eigenen Herzen durch diesen Dienst gestärkt
werden. Die Zeugnisse dieser Menschen, die mit solchen Schwierigkeiten und dennoch
so großer Freude leben, können jeden von uns erbauen. Sie lassen uns erkennen, daß
all unsere Intelligenz, Stärke und Reichtum nichts sind im Vergleich zu einem Herz,
das inmitten so vieler Bürden weiter hofft. Viele, die hierher kommen, um zu geben,
entdecken, daß sie eigentlich die Empfangenden sind.
Die Volontäre hier im Regina Pacis Center, Muslime und Christen, empfangen
tatsächlich viel. Unsere Volontäre leben diesen Liebesdienst gemeinsam und gründen
sich auf religiöse Prinzipien des Christentums und des Islams. Das verwurzelt sie in
einer tiefen Hochachtung vor unserem gemeinsamen Menschsein. Sie machen auch
eine praktische Erfahrung des konstruktiven Dialogs, indem sie gemeinsam arbeiten
und dem anderen offen, ohne Vorbehalt und Vorurteil, begegnen. Unsere Arbeit hier
wurzelt im gegenseitigen Respekt. Unser gemeinsamer Dienst öffnet unsere Herzen
füreinander und erfüllt uns mit Vertrauen in das Wesen des anderen. Dieses Vertrauen
ist die Grundlage jeder menschlichen Gesellschaft, die dieses Namens wert ist.
Heiliger Vater, wir wünschen uns, daß Sie sich mit uns freuen, denn durch dieses
Werk sind so viele der Güte Gottes begegnet, der uns leitet. So viele haben entdeckt,
daß man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, um eine Gesellschaft zu bauen, die
die Würde aller anerkennt, zuallererst der am meisten verletzbaren und hilflosen.
Wir bitten Sie heute, dieses Werk zu segnen, sowie alle unsere Wohltäter, die
dieses Zentrum ermöglichen. Segnen Sie alle, die hier durch ihren Dienst so vielen
[Menschen] Heilung und Hoffnung schenken. 
80

Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
bei der Universität von Madaba
Eure Heiligkeit,
Eure Majestät König Abdullah,
Eure königliche Hoheit, Prinz Ghazi,
verehrte Gäste,
liebe Freunde!
Es ist uns eine tiefe Freude, Sie heute in Madaba, der Stadt, „die Christus liebt“,
willkommen zu heißen. Unsere Stadt erfährt heute die große Ehre und Genugtuung von
Ihnen, den Segen des Grundsteins einer neuen kirchlichen Institution zu empfangen,
und zwar der Universität von Madaba.
Wir sind uns der zahlreichen und großen Herausforderungen, die uns bevorstehen,
wohl bewußt, und sind dennoch voll Glauben und Zuversicht.
Erstens, aufgrund Ihrer großzügigen Unterstützung, Heiliger Vater. Ihr
persönliches Interesse hat diesem umfangreichen Unternehmen ans Licht verholfen.
Zweitens, aufgrund der wohlwollenden Ermutigung unseres geliebten Königs,
Seiner Majestät Abdullah II., und seiner ehrenwerten Regierung, die hier vertreten ist
durch Seine königliche Hoheit, unseren lieben Freund, Prinz Ghazi.
Wir sind zuversichtlich, daß diese weitere kirchliche Institution einen Beitrag für
die Erziehung unserer jungen Menschen leisten können wird. Es ist dies ein Anliegen,
8. – 15. Mai 2009
81
welches Seine Majestät König Abdullah selbst und die ehrenwerte Dynastie der
Haschemiten sehr schätzen und fördern.
In allen Unternehmungen der Kirche ist die Leidenschaft für den Menschen
ihre zentrale und wichtigste Triebkraft. Wir gehen diese neue Herausforderung voller
Zuversicht an, und hoffen, daß viele unserer jungen Menschen die Gelegenheit haben
werden, das Abenteuer ihrer Existenz und ihres Studiums in einem gesunden Umfeld
ganz auskosten zu dürfen. Dies wird aus ihnen hervorragende Bürger machen, erfüllt,
talentiert und fähig, dem Aufbau und der Wohlfahrt ihrer Gemeinschaft und ihres
Volkes zu dienen.
Vor über hundertfünfzig Jahren, im Jahre 1846, in einer Zeit, als Bildung noch
eine Seltenheit war, die auf reiche Stadtbewohner beschränkt blieb, fühlten wir uns
gegenüber unseren ländlichen Gebiete verpflichtet und begannen unsere ersten
Schulen im Heiligen Land, hier in Jordanien und in Palästina, zu errichten. Wir bauten
Schulen in entlegenen Städten und Dörfern. Solche Bemühungen wurzeln in unserem
uneingeschränkten Wunsch, dem Volk des Heiligen Landes zu dienen, zu dem wir
durch Gottes Gnade gehören.
Heute betreibt das Lateinische Patriarchat allein 45 Schulen. Insgesamt umfaßt
das Netzwerk katholischer Schulen 116 Einrichtungen, Heime für zehntausende Schüler
aus allen Schichten unserer Gesellschaft ohne die geringste Diskriminierung. Seit
Jahrhunderten erreichen nun Jahrgang nach Jahrgang stolze Schüler ihren Abschluß.
Die großzügige und langfristige Unterstützung des Heiligen Stuhls steht hinter diesem
stetigen Erfolg.
Heute möchten wir mit der Universität von Madaba einen weiteren Schritt setzen
und unseren Dienst ausweiten. Diese Universität möchte nicht nur menschlichen und
intellektuellen Zielen dienen, sondern ein lebendiges Forum des Dialogs und der
Offenheit sein.
82
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Sapientia et Scientia: das ist unser Motto. „Weisheit und Wissen“. Weisheit ist eine
menschliche Qualität, die, wenn sie vom Glauben durchdrungen ist, unser Wissen leitet
und unsere Energie auf das Wohl der Menschheit ausrichtet, auch in einer Zeit, in der
viel menschliches Wissen zum Schaden unserer Gesellschaft und unseres Wertesystems
benutzt wird. Wir hoffen, daß die Universität von Madaba „Weisheit und Wissen“ in
der Atmosphäre eines lebendigen Dialogs, an einem Ort des Zusammenlebens und der
geteilten Erfahrung, vermitteln wird.
Wir hoffen unserer Gesellschaft Führungskräfte zu schenken, die einen wertvollen
Beitrag leisten können, in Toleranz und in der Weite des Geistes, im Engagement für
das Gemeinwohl. Es sind dies Werte, die in unserem geliebten Jordanien angegriffen
sind, in dieser Zeit, die von Engstirnigkeit und Ablehnung des Anderen geprägt ist.
Heiliger Vater, Sie sind ein Mann der Weisheit und des Wissens. Sie waren
jahrelang Universitätsprofessor und sind mit der akademischen Welt wohl vertraut.
Als Haupt der Katholischen Kirche sind Sie heute die Stimme, die der ganzen Welt
die Eintracht von Glaube und Vernunft verkündet, deren Interaktion der Eckstein
menschlichen Fortschrittes und Wohlstandes ist.
Heiliger Vater, in einer Zeit bedeutender wirtschaftlichen Krisen blicken die
Bewohner von Madaba und der gesamten Region erwartungsvoll auf dieses wichtige
Projekt. Dieses neue Unternehmen wird, abgesehen von seiner akademischen
Bedeutung, vielen Menschen Arbeitsplätze gewähren, was wiederum Stabilität für die
Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft bedeutet.
Im Namen aller Jordanier, insbesondere der Einwohner dieser Stadt Madaba,
im Namen des Präsidenten und der Mitarbeiter der Universität heißen wir Sie erneut
willkommen, ahlan wasahlan, Eure Heiligkeit, und wir versprechen Ihnen, für Sie zu
beten. Wir bitten Eure Heiligkeit uns alle sowie diese Universität und unser geliebtes
Land zu segnen. 
8. – 15. Mai 2009

83
im Internationalen Stadion in Amman
Heiliger Vater,
Heute heißt Jordanien mit all seinen Bewohnern, Muslimen und Christen, Sie,
sowie Ihre hochwürdige Delegation, voller Stolz willkommen. Gemeinsam mit der
Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes, den Kardinälen,
Patriarchen, Bischöfen und dem katholischen Klerus des Nahen Ostens, mit all unseren
lieben Gästen und Freunden, die aus den benachbarten arabischen Ländern und aus der
ganzen Welt gekommen sind, um heute mit Ihnen, Eure Heiligkeit, zu beten, und ihrer
Treue und Liebe Ausdruck zu verleihen, sagen wir Ihnen: ahlan wasahlan. Seien Sie
herzlich willkommen im Haschemitischen Königreich von Jordanien, unserem innig
geliebten Heimatland!
Da ich hier im Namen aller Jordanier und insbesondere der Katholischen
Gemeinde demütig vor Ihnen stehe, kann ich nicht umhin, die außergewöhnlichen Bande
zu erwähnen, die den Heiligen Stuhl und Jordanien, und besonders unsere geliebte
Königsfamilie mit den Nachfolgern Petri verbinden. Heute sind wir bestrebt, Ihnen
unsere arabisch-jordanische Gastfreundschaft und Wärme zu erweisen, und hoffen, daß
Sie Ihren Aufenthalt bei uns ebenso genießen, wie wir uns über Ihr Kommen freuen.
Eure Heiligkeit, Sie sind die maßgebliche Stimme der Wahrheit, der Liebe, der
Freiheit und des Friedens in der Welt. Darüber hinaus heißen wir Sie als den Nachfolger
Petri willkommen, den der Herr beauftragt hat, seine Brüder im Glauben und seine
Mitmenschen zu stärken. Wir schauen auf zu Ihnen als unseren geliebten Heiligen
Vater und glauben fest, daß Ihr Besuch uns im Glauben stärken wird.
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Heiliger Vater, Gott hat Seine eigenen Wege. Letzten Sonntag feierten wir den
Weltgebetstag für geistliche Berufungen in der Weltkirche. Zu diesem frohen Anlaß
möchten wir Ihnen die Lage der Berufungen im Heiligen Land schildern. Ich gebe zu,
wir sehen uns mit einigen Berufungsproblemen konfrontiert...zum ersten Mal in seiner
ganzen Geschichte ist unser Seminar in Beit Jala voll belegt, ja eigentlich überbelegt,
und wir mußten ausbauen und vergrößern, um die zusätzlichen Seminaristen unterzubringen. Heiliger Vater, bitte danken Sie mit uns Gott für diesen Segen, so wie wir mit
ihnen in ihrem Anliegen beten, „daß Laien und christliche Gemeinden verantwortliche
Förderer von Priester – und Ordensberufungen seien.“
Es ist eine unglaubliche Gnade! Denn, trotz der Auswanderung und trotz der geringen und immer kleiner werdenden Anzahl von Katholiken im Heiligen Land haben
wir zahlreiche Berufungen. Die meisten von ihnen kommen aus unseren jordanischen
Pfarrschulen. Die dort herrschende politische Stabilität, die vor allem auf eine dauerhafte und weise Leitung des Landes zurückzuführen ist, schafft die Grundlage, in der
familiäre Werte wachsen, aus denen Berufungen hervorgehen. So beginnen wir voller
Freude und Enthusiasmus gemeinsam mit der Weltkirche am 19. des kommenden Monats das Jahr des Priesters.
Aus denselben arabisch-christlichen Familien stammt die Kongregation der Rosenkranzschwestern, unsere einzige lokale Gemeinschaft. Im Namen des Lateinischen
Patriarchates und der Rosenkranzschwestern sind wir Ihnen, Eure Heiligkeit, dankbar
für die anstehende Seligsprechung ihrer Gründerin, Schwester Maria Alphonsine. Die
Rosenkranzschwestern sind unsere wichtigsten Partner in unserer Mission im Heiligen
8. – 15. Mai 2009
85
Land, gemeinsam mit zahlreichen anderen Kongregationen. Für sie alle erbitten wir
Ihren Segen.
Eure Heiligkeit, es ist unser tiefster Stolz, daß unser Lateinisches Patriarchat
in den letzten fünf Jahren zwei Bischöfe für Nordafrika stellen konnte, und wir sind
jederzeit bereit mit unserer Mutter Kirche in Rom zusammenzuarbeiten, wo auch
immer sie uns braucht.
Eure Heiligkeit, das Haschemitische Königreich von Jordanien ist wohl bekannt
für seine herzliche, gastfreundliche Natur. Zeichen dafür sind auch die Millionen
Flüchtlinge, und auch die Arbeiter aus Asien und anderen Ländern, die hier auf diesem
gesegneten Boden Zuflucht fanden. In jüngster Zeit, und in Folge der amerikanischen
Invasion im Irak sind über eine Million Iraker nach Jordanien geflüchtet. Fast
vierzigtausend von ihnen sind Christen... Wir wissen, Heiliger Vater, wie sehr das
Thema der Flüchtlinge auf der ganzen Welt Ihnen persönlich am Herzen liegt. Wir
möchten Ihnen versichern, daß unsere Diözese alles nur Mögliche tut, um sie pastoral
zu unterstützen. Trotz der extremen Herausforderung ist ihre Gegenwart hier eine
wunderbare Gelegenheit für unser Volk und unsere Regierung, die Seligpreisungen
wirklich zu leben und ihnen unsere traditionelle jordanische Wärme und Solidarität
angedeihen zu lassen.
Heiliger Vater, Nachfolger Petri und unser geliebter Hirte, aus der Tiefe unserer
glücklichen Herzen sagen wir Ihnen erneut: ahlan wasahlan, willkommen in Jordanien. Bitte beten Sie für uns und segnen Sie unsere Länder und unsere Völker. 
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
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
im Päpstlichen Zentrum Notre Dame of Jerusalem
Eure Heiligkeit,
Es ist mir eine große Ehre und eine tiefe Freude, Ihnen hier in Jerusalem diese
Versammlung von zahlreichen angesehenen Freunden und Kollegen vorzustellen. Wir
haben heute Abend eine Gruppe Menschen hierher eingeladen, mit denen wir eine Vision
teilen, die Vision der Propheten des alten Israel, die Vision der frühen moslemischen
Gemeinschaft, eine Vision, die in den Seligpreisungen tief verwurzelt ist, die unser
Herr Jesus hier auf Erden lehrte: die Vision einer Gesellschaft, die auf Werten der
Gerechtigkeit und des Friedens, der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts,
der Vergebung und der Versöhnung und letztlich auf Brüderlichkeit und Liebe gründet.
Das Volk von Jerusalem und das gesamte Heilige Land tragen die Berufung, ein Licht
für die Völker der Erde zu sein. Von diesem Ort muß das Wort Gottes ausgehen – ein
Wort der Heiligkeit und Gerechtigkeit für alle Männer und Frauen.
Eure Heiligkeit, Sie begegnen hier Vertretern von über hundert Organisationen,
Institutionen, Bewegungen und Gruppen, die zum geistlichen und menschlichen Wohl
der Bewohner dieser heiligen Stadt und des Heiligen Landes beitragen. Manche von
ihnen sind in der israelischen Gesellschaft verwurzelt, andere in der palästinensischen
Gesellschaft, wieder andere wirken in den internationalen NGOs mit, die hier im
Heiligen Land vertreten sind. Manche gehen auf israelische Initiativen zurück, andere
auf palästinensische oder ausländische Initiativen. Manche sind jüdischen Ursprungs,
manche moslemischen und manche christlichen Ursprungs.
Es sind anwesend:
‒ Vertreter der verschiedenen religiösen Oberhäupter der unterschiedlichen Strömungen in Judentum, Christentum und Islam, aus Jerusalem und der Umgebung. In
besonderer Weise ist hier zu erwähnen die segensreiche Initiative des Council of
Religious Institutions of the Holy Land, welches Leiter verschiedener Religionsgemeinschaften umfaßt, und dessen Ziel es ist, gegenseitiges Verständnis, Respekt und
Dialog zu fördern. Dieser Rat ist heute auch hier gegenwärtig.
Photo : CTS / MAB
8. – 15. Mai 2009
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Ebenfalls anwesend sind:
‒ Vertreter von Organisationen, die den interreligiösen Dialog zwischen Juden,
Moslems und Christen fördern, und zwar sowohl innerhalb Israels, als auch in den
palästinensischen Territorien.
‒ Vertreter von Organisationen, die sich für die Förderung von Konfliktlösung,
Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung einsetzen, entweder innerhalb der
israelischen Gesellschaft oder innerhalb der palästinensischen Gesellschaft, oder
auch die politische israelisch-palästinensische Spaltung überschreitend.
‒ Vertreter verschiedener Bildungsinitiativen, die die Werte von Demokratie,
Gleichberechtigung und Toleranz über die politische Spaltung im Heiligen Land
hinaus fördern.
‒ Vertreter von Organisationen, die auf dem Gebiet der Entwicklung, der Menschenrechte und der Gemeindebildung arbeiten, sei es in Israel, sei es in den palästinensischen Territorien, sei es in beiden.
‒ Vertreter von Schulen, Universitäten, Krankenhäusern und Behindertenheimen, die
Menschen jeder Religionszugehörigkeit aufnehmen und in ihrem Alltag interreligiöse
und interkulturelle Begegnungen leben.
‒ Vertreter katholischer und anderer christlicher Institutionen und religiöser
Gemeinschaften, die in der interreligiösen und interkulturellen Realität dieses Landes
verwurzelt sind, welches drei Religionen als heilig gilt und von zwei Völkern geteilt
wird.
Heiliger Vater, all diese verschiedenen Gruppen und Initiativen haben eines
gemeinsam: sie versuchen, die Gesellschaft, in der sie leben, zu verbessern, indem
sie den Dialog pflegen und eine Erziehung zur Toleranz, zur Demokratie und zur
Gleichberechtigung fördern. Wir bitten Sie, Heiliger Vater, ein Wort der Ermutigung an
sie zu richten. Sie arbeiten in einer schwierigen Situation, in der die Werte, denen sie
sich verpflichtet fühlen, und die sie zu fördern suchen allzu oft auf Widerspruch und
Ablehnung stoßen. Diese Männer und Frauen, die heute hier versammelt sind, sind die
Friedensstifter, die unser Herr in den Seligpreisungen segnete, als er sagte: „Selig die
Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes heißen.“ (Mt 5, 9). Wir bitten auch Sie,
Heiliger Vater, sie zu segnen. 
Photo : CTS / MAB
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
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
in der Konkathedrale von Jerusalem
Heiliger Vater,
es ist mir eine tiefe Freude und ein großes Privileg, Sie heute im Namen der Versammlung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes in dieser Konkathedrale
des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem willkommen heißen zu dürfen.
Es ist gleichfalls eine Freude, Ihnen die hier versammelten Gläubigen vorzustellen, die Sie froh empfangen, und Ihnen dadurch ein Zeugnis der Liebe und der Treue
geben wollen. Wir versichern Sie unseres Gebetes und erbitten Ihren Segen.
Die hier anwesenden Priester, Seminaristen, Ordensfrauen und -männer beten
und dienen seit vielen Jahren - ja manchmal ihr Leben lang - im Heiligen Land. Manche
unter ihnen stammen aus diesem Land, andere aus verschiedenen Ländern des Nahen
Ostens und wieder andere schließlich aus aller Herren Länder, von Lateinamerika bis
Japan, aus Europa, Afrika, Asien und Australien. Diese Einheit in der Vielfalt illustriert
auf lebendige Weise, wie sehr das Heilige Land und vor allem Jerusalem uns alle
sammelt und wir im Herzen der Kirche sind.
Diese Boten aus der ganzen
Welt sind ein Reichtum für unsere
Ortskirche, und wir sind ihnen unendlich dankbar für die unschätzbare
Arbeit, die sie in der Erziehung und
im Dienst an den Armen, Kranken
und Behinderten leisten. Die Kirche
Jerusalems ist sich wohl bewußt, daß
sie ohne diese Internationalität nicht
in der Lage wäre, ihre Sendung im
Schoße der Weltkirche und in dieser
Region zu erfüllen.
Der Dienst von Gebet und
Fürbitte ist nicht minder wertvoll.
Unter den zahlreichen Ordenskongregationen in unserer Diözese, die
in der Vereinigung der Ordensleute
des Heiligen Landes zusammengefaßt sind, hat ein gutes Dutzend eine
rein kontemplative Berufung. Diese
geliebten Brüder und Schwestern
sind die „unsichtbaren Wachpos-
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Photo : Christo Asfour
ten“, die in der Verborgenheit des Gebetes und eines hingegebenen Lebens unsere
Kirche und das ganze Heilige Land tragen. Was wären wir ohne sie?
Heiliger Vater, auch die hier anwesenden gläubigen Laien sind ein wertvoller
Schatz der Kirche Jerusalems. Sie alle widmen sich auf bewundernswerte Weise dem
Leben unserer christlichen Familie im Heiligen Land, in den Pfarren, in der Erziehung
und der Katechese, in den Jugendbewegungen, in den neuen Gemeinschaften und
kirchlichen Bewegungen...Unter den Jüngern Jesu sind einige direkte Nachfahren der
Brüder und Schwestern der ersten Kirche Jerusalems. Sie leben seit Jahrhunderten an
den Orten, an denen die Heilsereignisse stattfanden, sie sind Zeugen des Todes und
der Auferstehung des Herrn und leben heute, wie Sie wissen, unter sehr schwierigen
Bedingungen. Sie sind sich bewußt – und wir alle sind uns bewußt – daß wir in diesem
Heiligen Land nicht lieben, leben und arbeiten können, nicht diese mutigen Mitarbeiter
an der Wahrheit sein können, ohne den Weg des Kreuzes zu wählen. Umso mehr freuen
sie sich, Heiliger Vater, über Ihren Besuch, der sie ermutigt und in ihrer Berufung
bestätigt.
Heiliger Vater, Ihre Gegenwart, Ihr Gebet und Ihr Segen sind für uns eine mächtige
Ermutigung und Quelle großen Vertrauens. Danke für Ihren Besuch, der uns tröstet und
stärkt. Für Sie stimmen wir in den alten biblischen Ausruf der Jünger Christi bei seinem
Einzug nach Jerusalem an: „Gepriesen sei, der kommt im Namen des Herrn!“ 
90

Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
in Gethsemani
Heiliger Vater!
Die Kirche von Jerusalem heißt Sie in dieser Stadt mit Begeisterung willkommen.
Es ist jene Stadt, in der Jesus Christus von der Menge mit „Hosanna in der Höhe, Hosanna,
der kommt im Namen des Herrn!“ (vgl. Mt 21,9) begrüßt wurde. Willkommen in der
Stadt, wo Er den Sieg über Sünde und Tod und die Rettung für die an Ihn Glaubenden
errungen hat! Hier versammelt sich die Kirche mit Ihnen in Liebe und trägt Sorge, um
an jenen Plätzen zu beten, an denen Unser Herr seine Ehrfurcht gebietenden Taten der
Erlösung vollbrachte. Diese Orte legen Zeugnis ab von dem Geschehenen und von der
Wahrheit unseres gegenwärtigen Lebens.
Nur ein paar Meter von hier entfernt, sagte Jesus zu seinen auserwählten Jüngern:
„Bleibt hier und wacht mit mir.“ (Mt 26,38). Jedoch fand Jesus seine Jünger schlafend
vor, als er von seinem Gebet zurückkam, das er ein kleines Stück entfernt von ihnen im
Garten Gethsemani hielt (vgl. Mt 26,39ff.).
Heiliger Vater, die Situation hat sich heute in vielfacher Hinsicht nicht geändert:
In unserer Umgebung erleben wir die Agonie des palästinensischen Volkes. Es
träumt davon, in einem freien und unabhängig palästinensischen Staat zu leben. Die
Verwirklichung dessen wurde jedoch noch nicht gefunden. Und wir erleben die Agonie
des israelischen Volkes, das von einem normalen Leben in Frieden und Sicherheit
träumt. Dieses Leben hat es jedoch trotz ihrer militärischen und medialen Macht noch
nicht verwirklichen können.
Die internationale Gemeinschaft steht abseits, wie einst die auserwählten Jünger
Jesu, mit Augen der Gleichgültigkeit und unbeteiligt an der Agonie des Heiligen
Landes, die nun schon 61 Jahre lang andauert, und schickt sich nicht an, eine gerechte
Lösung zu finden. In diesem Josaphat-Tal, einem Tal der Tränen, erheben wir unser
Gebet für die Verwirklichung der Träume dieser beiden Völker. Wir erheben unser
Gebet für Jerusalem, das von den beiden Völkern und drei Religionen geteilt wird.
Auf dem Ölberg hat Jesus im Übermaß über Jerusalem geweint und er weint noch
immer mit den desillusionierten Flüchtlingen, die ohne Hoffnung auf Rückkehr sind,
8. – 15. Mai 2009
91
und mit den Witwen, die Opfer von Gewalt wurden, und mit den vielen Familien in
dieser Stadt, die jeden Tag ihre Häuser demoliert sehen, weil behauptet wird, daß diese
„illegal gebaut“ worden seien, wo doch die gesamte Situation illegal ist und immer
noch auf eine Lösung wartet!
Unser Herr hat an dem Ort, der sich oberhalb von uns befindet, gerufen:
„Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir
gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne
ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.“ (Vgl. Lk 13, 34).
Lieber Heiliger Vater, wir bitten Sie, das Leben Ihrer armen Kinder hier anzusehen und zu verstehen, und unseren Glauben und unsere Hoffnung zu stärken. Ihr
Besuch bringt uns die Aufmerksamkeit und die Solidarität der ganzen Kirche, und die
Wahrnehmung der ganzen Welt für diese Region, diese Völker, ihre Geschichten, ihre
Kämpfe und Hoffnungen, ihr
Lächeln und ihre Tränen.
Für einen Menschen,
der leidet – einen Gebrechlichen, einen Flüchtling, einen
Gefangenen oder für einen,
der die Last des Unrechts erträgt - ist es die größte Not,
zu erkennen, daß er vergessen
wurde und niemand ihn sieht,
daß niemand ihn kennt oder
daß niemand davon betroffen
ist, was er zu erleiden hat. Ihr
heutiger Besuch tröstet die
92
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Herzen und trägt viel dazu bei, um allen zu sagen, daß der Gott des Erbarmens alle jene
Menschen nicht vergessen hat, die an ihn glauben.
Eure Heiligkeit, Sie sind der Nachfolger des heiligen Petrus, von Gott dazu
beauftragt, die „Brüder im Glauben zu stärken“ (vgl. Lk 22,32). Darum bitten wir
Sie nun, und wir rufen mit den Aposteln im Evangelium aus: „Stärken Sie unseren
Glauben!“ (vgl. Lk 17,5).
Heiliger Vater, Sie stehen vor einer kleinen Herde, die noch kleiner wird. Diese
Herde leidet aufgrund der Emigration, welche vorwiegend auf die Auswirkungen
der ungerechten Besatzung mit all ihrer Demütigung, Gewalt und Haß zurückgeht.
Dennoch wissen wir, daß der Glaube der Sieg ist, der die Welt besiegt (vgl. 1 Joh 5,4),
und, daß wir im Glauben in jeder Person Jesus Christus sehen und erkennen können.
Mit Jesus und in Jesus können wir uns hier und jetzt am Frieden erfreuen, den die Welt
weder unseren Herzen geben kann, noch aus unseren Herzen nehmen kann. Dieser
Friede bedeutet Ruhe, Glaube, einen begrüßenswerten Geist und die Freude am Leben
und am Arbeiten in diesem Land.
Darum ziehen wir aus Ihrer gesegneten Gegenwart Nutzen und rufen mit dem
leidenden Vater im Evangelium aus, der Jesus darum anflehte, seinen Sohn von seiner
langen Qual zu befreien „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24).
Lieber Heiliger Vater, da wir Sie als den Nachfolger des heiligen Petrus
willkommen heißen, [bitten wir Sie]: Helfen Sie uns in unserem schwachen Glauben!
Beten Sie nun mit uns zu unserem Himmlischen Vater für alle Bewohner des Heiligen
Landes, und zur Mutter der Schmerzen, die nicht davor zurückschreckte, unter dem
Kreuz ihres leidenden Sohnes zu stehen, auf daß sie uns helfen möge, den gleichen
Glauben wie sie an Gottes liebende Vorsehung zu haben, um alles anzunehmen, noch
bevor wir es verstehen. Oh Herr, stärke unseren Glauben! 
8. – 15. Mai 2009

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in Bethlehem
Heiliger Vater,
im Namen meiner Mitbrüder, der katholischen Bischöfe des Heiligen Landes und
im Namen aller Ortskirchen Jesu Christi hier in diesem Land, im Namen aller Bewohner
und Besucher dieses Landes, das durch Geburt, Leben, Tod und Auferstehung unseres
Herrn Jesus Christus geheiligt ist, heiße ich Sie heute willkommen in Bethlehem.
Wir heißen Sie willkommen als den Nachfolger des Heiligen Petrus, den Christus
beauftragt hat: „Stärke deine Brüder!“. Sie sind in unserer Mitte unser Vater und unser
Bruder. Ihre Gegenwart heute bedeutet, daß die Weltkirche weiterhin an uns denkt und
mit uns fühlt, daß die ganze Katholische Kirche mit uns und für uns da ist. Ihr Gebet
und das Gebet der Kirche stützen uns und erneuern unseren Mut, dem Herrn in diesem
Land zu dienen.
Nur wenige Meter entfernt von hier wurde unser Herr Jesus Christus geboren, das
Wort Gottes ist sichtbar geworden. Gott hat sein Volk besucht. Er wurde der Emmanuel,
Gott, der mit uns ist. Und er kommt weiterhin, um jeden Tag mit uns zu sein. In diesem
Land ertönte die Botschaft der Engel für die Ärmsten und Niedrigsten: Ehre sei Gott
in der Höhe und Frieden seinem Volk. Das ist die himmlische Botschaft an unsere
Vorfahren, die Hirten von Bethlehem. Diese Botschaft wird auch weiterhin tagtäglich
94
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
verkündet. Wenn das die
Botschaft unseres Landes,
die Botschaft Bethlehems
an die Welt ist, so ist
es unsere Sendung und
Berufung, in diesem
geprüften Land, Gott
die Ehre zu geben und
Seinen Frieden auf Erden
Photos : CTS / MAB
zu verbreiten. Diese
Botschaft ist Aufgabe und Sendung für jeden Tag. Sie findet Eingang im Engagement
der Kirche für Frieden und Versöhnung, in der Unterstützung der Armen, Stärkung der
Schwachen, und Stärkung der Hoffnung unter den Verzweifelten. Für diese Aufgabe
brauchen wir Ihre Unterstützung und Ihr Gebet.
Heiliger Vater, dieses Land, in dem Jesus leben wollte, um die Welt zu retten,
braucht Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Unsere Wunden brauchen Heilung,
unsere Gefangenen Freiheit, unsere Herzen Reinigung von Haß und unser Volk braucht
ein Leben in Frieden und Sicherheit. Unser Volk leidet weiterhin unter Ungerechtigkeit,
Krieg (der Krieg in Gaza ist immer noch eine Quelle des Leidens für Hunderttausende),
Besatzung und Hoffnungslosigkeit bezüglich einer besseren Zukunft.
Als wir Ihren Vorgänger, Papst Johannes Paul II. hier willkommen hießen,
erlebten wir eine Periode voller Hoffnung, Hoffnung auf einen Frieden, der nicht kam.
Viele Menschen verloren die Hoffnung und haben das Land verlassen, um in anderen
Ländern nach einer besseren Zukunft zu suchen. So hat die Zahl der Christen in letzter
Zeit abgenommen und diese Tendenz setzt sich fort. Ich befürchte, daß sich dies nicht
8. – 15. Mai 2009
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ändern wird, solange wir nicht Frieden und Ruhe finden. Wir können in unserem Land
keinen Frieden finden, solange die politische Unsicherheit fortdauert, solange die
Mauer gebaut wird, die Bethlehem von Jerusalem und vom Rest der Welt trennt.
Heiliger Vater, die Einwohner von Bethlehem und den palästinensischen
Territorien sind hier, um Sie willkommen zu heißen und mit Ihnen zu beten: Katholiken
und Christen aller Kirchen, Moslems und Vertreter der Palästinensischen Autonomien.
Wir alle sind hier, um unsere Suche nach einem gerechten Frieden zu bekräftigen,
einen Frieden, in dem jeder Mensch und jedes Volk würdevoll in seinem eigenen Land
leben kann, wo Eltern nicht um die Sicherheit ihrer Kinder bangen müssen, wo junge
Menschen ein normales Leben führen und eine Zukunft aufbauen können, wo die
Berufung dieses Landes, heilig zu sein, sich erfüllen kann, indem Gott verherrlicht
wird und die Völker in Frieden leben.
Wir sind uns der Berufung dieses Landes bewußt, allen Gläubigen gegenüber
offen zu sein, Gott anzubeten, ein Land der Harmonie und der friedlichen Koexistenz
zu sein, ein Land, in dem all jene, die an den selben Gott glauben, spüren können, daß
sie „hier geboren sind“ (vgl. Ps 87). Niemand kann vorgeben, dieses Land auf Kosten
anderer und unter deren Ausschluß zu besitzen. Gott selbst hat dieses Land erwählt und
Er möchte, daß alle seine Kinder zusammen in diesem Heiligen Land leben.
Eure Heiligkeit, wir sind hier hergekommen, um mit Ihnen zu beten und auf Sie
zu hören. Wir alle sehen in Ihnen einen Boten des Friedens, ein geistliches Oberhaupt,
der die Armen und Unterdrückten verteidigt, einen Vater und Bruder, der die Botschaft
der Liebe und Solidarität verkündigt.
Wir wollen Ihnen auch versichern, daß wir die Frohe Botschaft Jesus Christi
leben und verbreiten wollen. In Ihrer Gegenwart erneuert die Katholische Kirche ihren
Glauben an unseren Erlöser Jesus Christus, ihre Liebe zu Gott und zum Nächsten, und
ihre Hoffnung in Gottes barmherzigen Plan für uns alle.
Möge Gott, unser Retter, mit Ihnen sein, Sie in Ihrer Sendung und Ihrer
unermüdlichen Arbeit für Frieden und Versöhnung stützen und leiten. 
Photo : CTS / MAB
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
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
beim Heiligen Grab
Heiliger Vater,
im Namen der christlichen Kirchen im Heiligen Land richte ich an Sie, sowie an
die Mitglieder Ihrer Delegation und an unsere hier anwesenden Gäste die Worte des
auferstandenen Herrn an Seine Jünger: „Freide sei mit Euch!“
Wir sind soeben in feierlicher Prozession vom Salbungsstein bis zum leeren Grab
gezogen, und haben das „Te Deum“ gesungen, jenen großartigen Lob- und Dankhymnus
an Gott.
Heiliger Vater, wir singen dieses „Te Deum“ zuallererst als Dank für Ihre
Gegenwart in unserer Mitte während dieser segensreichen Tage.
Wir singen dieses „Te Deum“ als Ausdruck unserer Freude, daß Sie diese Wallfahrt
durchführen konnten, und dies trotz der sehr schwierigen Situation, der höchst schweren
Verantwortung, die Sie tragen, und all der Ermüdung, die dies mit sich bringt.
Wir singen dieses „Te Deum“ in einem Geist der Danksagung für die Freude,
den Glauben, das Vertrauen und den Mut, mit denen Sie das Schiff des heiligen Petrus
leiten, und dies trotz all der Angriffe, die gegen Sie persönlich und gegen die Kirche
toben, einfach deshalb, weil Sie ein „ Miatrbeiter der Wahrheit “ sind.
Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung für die Gegenwart so vieler
religiöser Gemeinschaften, sowohl aktiver als auch kontemplativer Lebensform, in
unserer Diözese. Sie unterstützen unsere Gläubigen durch ihr Gebet und ihre Werke.
Photo : Christo Asfour
8. – 15. Mai 2009
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Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung dafür, daß es in unserer Diözese
zahlreiche Priesterberufungen gibt, ungeachtet unserer geringen Anzahl und der großen
Schwierigkeiten, denen wir uns gegenüber sehen.
Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung an Gott, da die internationale
Gemeinschaft und die gegnerischen Parteien sich langsam bewußt werden, wie dringlich
es ist, den Konflikt zu lösen, der seit so vielen Jahren das Heilige Land zerreißt.
Ja, Heiliger Vater, wir wollen Gott danken, denn Ihre Wallfahrt ist für Sie
selbst, für uns, für die ganze Kirche und für das gesamte Heilige Land eine Quelle
der Gnade. Möge diese Wallfahrt dazu beitragen, unsere kirchliche communio, die
Einheit der Christen und die Beziehungen unter den Völkern im Vertrauen und im
gegenseitigen Respekt zu stärken.
Vor einem Monat haben die christlichen Kirchen in ihren verschiedenen Riten,
Sprachen und Traditionen Ostern gefeiert und dennoch finden wir uns alle gemeinsam
in dem einzigartigen Osterjubel wieder: „Das Grab ist leer! Christus ist auferstanden!“
Heiliger Vater, wie Sie bemerken konnten, ist die Entfernung zwischen dem
Grab der Auferstehung und Golgotha sehr kurz. Dank des Gebetes der Kirche und
des Engagements der Internationalen Staatengemeinschaft, dank der Bemühungen
aller Menschen guten Willens hoffen wir ebenso, daß die Entfernung von dieser
konfliktgeladenen Zeit zu der kommenden [Zeit der] Gerechtigkeit kurz sein wird.
Heiliger Vater, die Kraft der Auferstehung drängt mich, und die Verheißung des
Herrn, bis ans Ende der Zeiten mit uns zu sein, ermutigt mich und so wage ich zu
bekräftigen, daß weder dieser Konflikt, noch die Besatzung, noch die Trennmauer,
noch die Kultur des Todes, noch die Auswanderung der Christen unsere Moral zunichte
machen und unsere Hoffnung auslöschen oder unsere Freude mindern können.
Resurrexit sicut dixit. Halleluja! 
Photo : Christo Asfour
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Rede von Bischof Salim Sayegh
An der Taufstelle (Maghtas – Bethanien jenseits des Jordanflusses)
Lieber Heiliger Vater!
An diesem Morgen, an dem unsere Herzen mit der Osterfreude erfüllt sind, haben
wir mit Eurer Heiligkeit, dem Nachfolger des heiligen Apostelfürsten Petrus, dem
Stellvertreter Christi und Obersten Hirten der Kirche, die heilige Eucharistie gefeiert.
Wir sind an diesem heiligen Ort um Sie herum als Kirche und als Pilger versammelt.
Wir erneuern unser Taufversprechen und sind mit Ihnen, Eure Heiligkeit, wenn Sie den
Grundstein der Kirche von der Taufe Christi, die sich bereits im Bau befindet, segnen,
sowie jenen der zukünftigen Melkitischen Kirche.
Das Land für diese Bauwerke wurde großzügigerweise von der Commission
for the Baptismal Site, welcher Seine Hoheit Prinz Ghazi vorsitzt, gestiftet. Die zwei
Gemeinschaften des Institutes Verbum Incarnatum versprechen Ihnen ihr Gebet und
ihre pastoralen Dienste für die Pilger.
An dieser Stelle, an der Christus getauft wurde, begegnen einander das Alte und
das Neue Testament auf dem Weg der Erlösung. Ja, tatsächlich, es war hier, als Joshua
- nach dem Tod des Mose - zusammen mit dem ganzen Volk, den Jordanfluß durchwatete, um in das „Verheißene Land“ (vgl. Jos 3,14-17) einzuziehen. Dieser transitus war
ein Vorausbild jenes transitus, den Christus der ganzen Menschheit dargeboten hat, als
er für sie den Tod erlitten hat, damit sie vom Tod zum Leben, von der Sklaverei der
Sünde zur Freiheit der Gotteskindschaft gelangen kann.
8. – 15. Mai 2009
99
Der Herr führte den Propheten Elija am Ende seines Lebens an diese Orte. Er wurde von Elischa begleitet, der ihm nachfolgen wollte und dem Gott einen doppelten Teil
des Geistes seines Meisters Elija schenken sollte, damit er seine Mission durchführen
könnte. „Während sie miteinander gingen und redeten, erschien ein feuriger Wagen mit
feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel
empor.“ (2 Kön 2,11).
Die Jahre vergingen. Und hier haben wir
Johannes, den Täufer, der an diesem Ort und in
der gesamten Region Jordaniens erschien (vgl.
Lk 3,3) und eine Bußtaufe zur Vergebung der
Sünden proklamierte. Er ist der letzte Prophet
des Alten Testamentes und der erste Apostel
des Neuen. Er taufte in den Jordanquellen dieser Gegend (vgl. Joh 3,23). Er machte Bethanien jenseits des Jordanflusses, das auch heute noch unterhalb der Sandfläche liegt,
während der Zeit seiner Predigt (vgl. Joh 1,28; 10,40) zu seiner Wohnstätte.
Das Evangelium berichtet uns, wie die Menschen zu Johannes kamen, um von
ihm getauft zu werden. Auch Jesus verläßt Nazareth und geht hinaus zu Johannes, um
von ihm im Jordan getauft zu werden. Er, der Eine, der Heilige, der zu den Juden sagen
wird: „Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen?“ (Joh 8,46), ist derselbe, der
sich selbst in die Reihe der Sünder einordnet, die gekommen waren, um sich zum Zeichen der Buße taufen zu lassen. Johannes taufte ihn im Jordan (vgl. Mk 1,9). Dadurch
ist das Jordanwasser geheiligt. So wurde das Wasser zu allen Zeiten auf die Vorfahren
ausgegossen, wo immer sie sich taufen ließen, und auf diese Weise wurden all jene Orte
geheiligt. Dieses Wasser ermöglicht den Seelen, für das Leben mit dem Dreifaltigen
Gott im Schoß der Kirche geboren zu sein, frei von der Knechtschaft der Sünde.
Als Jesus getauft war, kam er sogleich aus dem Wasser heraus. Der Himmel
öffnete sich. Johannes sah den Geist Gottes wie eine Taube herabsteigen und auf Jesus
kommen. Und eine Stimme wurde vom Himmel her gehört, die sagte: „Du bist mein
geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe.“ (vgl. Mt 3,16-17; Mk 1,9-11).
Die Juden Jerusalems sandten einige Priester und Leviten zu Johannes, um ihn zu
fragen: „Wer bist Du?“ Er gestattete ihnen die Frage und wies sie nicht zurück, sondern
erklärte: „Der Messias bin ich nicht …
Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft:
‚Ebnet den Weg für den Herrn!’“ Am
folgenden Tag sah er Jesus, der zu ihm
kam. Johannes sagte: „Seht, das Lamm
Gottes, das die Sünde der Welt hinweg
nimmt.“ (vgl. Joh 1,19–29). Weitere drei
Johannesschüler sollten Jesus folgen.
Einer von ihnen war Petrus.
100
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Der heilige Johannes erzählt auch, wie sich während der Feier der Tempelweihe
die Juden um Jesus herum versammelten und begannen, Jesus Fragen zu stellen. Sie
versuchen Jesus zu ergreifen, aber er entzieht sich ihren Händen. „Dann ging Jesus
wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte; und dort blieb er.“ (Joh 10,40) Viele Menschen haben ihm Glauben geschenkt (vgl.
Joh 10,40 – 42). Dorthin werden Martha und Maria Boten zu Jesus schicken, die ihm
die Nachricht bringen: „Herr, der, den du liebst [Lazarus], ist krank“ (vgl. Joh 11,1ff.).
Im Jahr 2000 kam Petrus in der Person seines Nachfolgers, des Papstes Johannes
Paul II., zum ersten Mal in der Geschichte in einer Pilgerreise hierher, um die Stellen
zu besuchen, an denen der Apostel Jesus zum ersten Mal getroffen hatte. Und hierher
sind nun Sie, Hochverehrter Heiliger Vater, gekommen, als Nachfolger Johannes Pauls
II., um dessen Wallfahrt fortzuführen und sich in Jesus in der Frische und Freude, die
diese erste Begegnung mit sich gebracht hatte, zu erfreuen sowie reichen Segen für die
Kirche und die ganze Menschheit zu erbitten.
Wir danken Ihnen, Heiliger Vater, im Namen der Vereinigung der Katholischen
Ordinarien des Heiligen Landes. Wir erflehen Ihren Segen und Ihre Gebete für unser
Land, für den Frieden im Nahen Osten und für die Pilger, die hierher kommen, um
die Barmherzigkeit Gottes und die Kraft des Geistes zu erbitten, damit sie dem
Taufversprechen die Treue halten können.
Im Namen der Vereinigung der Katholischen Ordinarien des Heiligen Landes
danken wir auch Ihren Majestäten, König Abdullah II. Ibn Hussein und Königin Rania,
welche Eure Heiligkeit während der Pilgerreise zur Taufstelle begleiteten und mit Ihnen
die beiden vela der Grundsteine unserer Kirchen zu dieser Heiligen Stätte trugen.
Seine Majestät hat in den letzten zehn Jahren seine große Ehrerbietung und seinen
Eifer für die christlichen heiligen Orte zum Ausdruck gebracht. Er hat das Leben der Jordanier, Christen und Muslime, der Welt vor Augen geführt, die als eine Familie zusammen leben. Der unermüdliche Einsatz Seiner Majestät für den Frieden im Nahen Osten
ist nicht nur in dieser Region wohl bekannt, sondern überall in der Welt. Möge der Herr
Seine Majestät segnen! Möge der Herr Jordanien, unser geliebtes Land, segnen! 
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Rede von Bischof Marcuzzo
Interreligiöses Treffen in Nazareth
„Eine revidierte Form des Dialogs: ‚Mitarbeiter der Wahrheit’ zu sein (vgl. 3
Joh 1,8)“
Eure Heiligkeit!
Im Namen Seiner Seligkeit, des Patriarchen von Jerusalem, dessen Vikar ich
in Israel bin, und im Namen meiner Mitbrüder der Versammlung der Katholischen
Ordinarien des Heiligen Landes, heiße ich Sie, Heiliger Vater, in Liebe und Dankbarkeit
zu diesem Treffen mit den Leitern der religiösen Gemeinschaften in Israel willkommen.
Da es ein interreligiöses Treffen in Nazareth ist, möchten wir Sie mit dem - zu diesem
Anlaß - am besten geeigneten orientalischen Gruß willkommen heißen: Es ist jener
Gruß, den der heilige Erzengel Gabriel Maria von Nazareth überbrachte: Salam,
Shalom! Da Ihre Gegenwart an diesem Ort eine ausgesprochene Gnade ist, ist es
mir eine überaus große Freude, Eure Heiligkeit und alle hier Versammelten mit dem
biblischen und populären Gruß: Mabruuk! zu begrüßen.
Es ist eine sehr bedeutende Tatsache, daß wir diese Begegnung in Nazareth abhalten. Der Heiligen Schrift und ihrer Überlieferung entsprechend, ist Nazareth der Ort
der Zusammenkunft zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen Gott
und Mensch, Himmel und Erde, Ort und Unendlichkeit, Zeit und Ewigkeit, par excel-
102
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
lence. In Nazareth ist das „Wort [Gottes] Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“
(vgl. Joh 1,14). Wir wurden zu Kindern Gottes, weil Gott uns an Kindes statt angenommen hat. Er [Jesus] ist unser Bruder geworden, weil er uns Menschen zu seinen
Brüdern machte. Deshalb ist Nazareth aufgrund ihrer Berufung und ihrer Sendung die
Stadt der Begegnung, der göttlichen Vaterschaft, der Sohnschaft und der Bruderschaft.
Wie Sie sehen, Heiliger Vater, haben viele Religionsführer in Israel (nahezu alle),
koordiniert vom Council of the Leaders of Religious Communities, Ihre Einladung,
mit Ihnen, Eure Heiligkeit, zusammenzukommen, mit großer Freude und Bereitschaft
angenommKatholische Bischöfe und Priester;
‒ Griechisch-orthodoxe und Koptisch-orthodoxe Bischöfe und Priester;
‒ Anglikaner, Baptisten und andere protestantische Bischöfe und Pastoren;
‒ Rabbinen und andere jüdische Oberhäupter;
‒ Muftis, Imame, Richter und andere führende Muslime;
‒ Imame, Richter und Vorsitzende der Drusen-Gemeinde;
‒ Baha’i Vorsitzender;
‒ Einige Repräsentanten politischer Autoritäten sowie von Gemeinden und von zivilen
und juridischen Autoritäten;
‒ Schuldirektoren und Professoren;
‒ Andere Vertreter der Gesellschaft Israels, Juden und palästinensische Araber, die am
Dialog engagiert sind.
Wir leben in Dörfern und Städten mit gemischter Bevölkerung, und erleben
manchmal die Versuchung der Exklusivität, Uneinsichtigkeit und Gewalt. Diese
Bevölkerung bedarf einer Geisteshaltung, die eine gegenseitige Annahme, einen Dialog
und eine Zusammenarbeit und Versöhnung ermöglicht.
Was die katholischen Gemeinschaften im Heiligen Land betrifft, so haben wir in
den neunziger Jahren eine wunderbare Pastoralsynode auf Diözesanebene abgehalten.
Eine besondere Frucht dieser Synode war ein allgemeiner Pastoralplan, in dem der
8. – 15. Mai 2009
103
Dialog und die Zusammenarbeit mit den Anderen im Geiste der Konzilserklärung
Nostra Aetate Vorrang haben. Die Briefe der Vereinigung der Katholischen Patriarchen
(„CCPO“) räumten dem Dialog dieselbe Bedeutung ein.
Gott sei Dank, leisten viele von ihnen wunderbare Arbeit, um Glaube und Vernunft
zusammenzubringen, das Mißtrauen zunichte zu machen, Gewalt und Extremismus
zu vermeiden und für Gerechtigkeit und Friede mitzuwirken. In Nazareth, dem
Zuhause der Jungfrau Maria, sehnen wir uns alle danach, die Verfügbarkeit Mariens
Gott gegenüber nachzuahmen: „Siehe, wir sind die Diener des Herrn. Möge an uns
geschehen, was deinem Wort entspricht.“ (vgl. Lk 1,38). Unsere Verpflichtung zum
Dialog erfolgt auf Grundlage der Heiligen Schrift, als auch auf Grundlage unserer
traditionellen Kultur. Wir denken hier an den sehr reichen und inspirierenden Dialog
der jüdischen, christlichen und moslemischen Gelehrten des Mittelalters, wie etwa
Maimonides, Averroes, Raimundus Lullus und Nikolaus von Kues et al., die in der
christlich-arabischen Literatur genannt werden. All jene [geistigen] Tugenden der
religiösen Koexistenz waren Gegenstand Ihrer persönlichen Studien und Lehren. Sie
kommen sowohl in Ihrem pastoralen Führungsstil kraftvoll zum Ausdruck als auch in
Ihren zahlreichen Begegnungen und Maßnahmen, die zugunsten des Dialogs zwischen
den Religionen und Kulturen gesetzt werden. Deshalb sind wir äußerst sorgfältig darauf
bedacht, auf Ihr autoritatives Wort zu hören. Ihre Initiativen zum Dialog lassen uns stets
mehr und mehr erkennen, daß die Gewalt gerade das Gegenteil der Religion darstellt.
Eine revidierte Form des „Dialogs“ könnte genau Ihr päpstliches Motto „Cooperatores
veritatis“ (3 Joh 1,8) zum Ausdruck bringen; Zusammenarbeit in der Suche nach der
Wahrheit. Durch diese konkrete Umsetzung kann unsere Verschiedenartigkeit ein
herrliches Mosaik werden, das den Reichtum des Glaubens als eine schöne harmonische
Symphonie und unsere Traditionen als einen wunderbaren Garten von schönen und
gefälligen Blumen widerspiegelt.
Ist das möglich? Ja! Gerade hier in Nazareth hat der Erzengel Gabriel bestätigt:
„Denn für Gott ist nichts unmöglich!“ (Lk 1, 37).
Heiliger Vater, wir möchten bei Ihrem Abschied wahrlich an Ihre Worte denken,
in Anbetracht der historischen Bedeutung dieses Treffens in Nazareth, der Stadt
der Begegnung par excellence, die wir mit Aufmerksamkeit wahrnehmen und mit
Kohärenz leben werden, als die historische Nazareth Declaration for Inter-Religious
Co-Existence. 
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Die Botschaft
von Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Photo : Ariel Jerozolimski
8. – 15. Mai 2009
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Der Pilger
„Ich komme als Pilger nach Jordanien, um die heiligen Stätten zu verehren, die eine
solch bedeutende Rolle bei einigen zentralen Ereignissen der biblischen Geschichte
gespielt haben.“ (Ankunft in Amman, 8. Mai)
„Wie unzählige Pilger vor mir bin nun ich an der Reihe, dem innigen Wunsch
Genüge zu tun, die Orte, wo Jesus lebte und die er durch seine Gegenwart geheiligt hat,
zu berühren, an ihnen Trost zu schöpfen und sie zu verehren. (…) Liebe Freunde, jeder
von uns ist ein Pilger.“ (Besuch des Regina Pacis Center, 8. Mai)
„Es ist angemessen, daß meine Pilgerreise auf diesem Berg beginnt, von dem Mose
aus der Ferne das verheißene Land erblickte. Sein Beispiel erinnert uns daran, daß
auch wir ein Teil der die Zeiten überdauernden Pilgerschaft des Gottesvolkes durch die
Geschichte sind. (…) Seit frühester Zeit sind die Christen zu den Stätten gepilgert, die
in Verbindung mit der Geschichte des auserwählten Volkes, mit den Ereignissen des
Lebens Christi und mit den Anfängen der Kirche in Verbindung stehen. Diese große
Tradition, die meine gegenwärtige Wallfahrt weiterführen und bekräftigen möchte,
gründet in dem Verlangen, im Gebet und in der Betrachtung jene Stätten zu sehen,
zu berühren und auszukosten, die durch die körperliche Gegenwart unseres Heilands,
seiner seligen Mutter, der Apostel und der ersten Jünger, die ihn nach der Auferstehung
von den Toten sahen, gesegnet wurden.“ (Berg Nebo, 9. Mai)
Photo : Christo Asfour
106
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
„Die Kirche selbst ist ein Pilgervolk.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)
„Liebe Freunde, wie Sie wissen, bin ich in erster Linie als Pilger und Hirte nach
Jordanien gekommen. Daher sind die Besuche an den heiligen Stätten und die Zeiten des
Gebets, die wir dort gemeinsam verbracht haben, jene Erfahrungen, die am stärksten in
meinem Gedächtnis eingeprägt bleiben werden.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen
Flughafen „Queen Alia“ Amman, 11. Mai)
„Ich weiß die Gelegenheit zu schätzen, die mir geboten wurde, eine Pilgerreise in ein
Land zu unternehmen, das durch die Fußspuren von Patriarchen und Propheten geheiligt
ist, ein Land, das Christen als Schauplatz des Lebens, des Todes und der Auferstehung
Jesu Christi besonders verehren. Ich nehme meinen Platz ein in einer langen Reihe
christlicher Pilger zu diesem Land, eine Reihe, die bis in die ersten Jahrhunderte der
Geschichte der Kirche zurückreicht und die gewiß lange in die Zukunft fortdauern
wird.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)
„Liebe Freunde, ich bin auf einer Reise des Glaubens nach Jerusalem gekommen.“
(Besuch beim Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)
„Ich bin als Pilger des Friedens gekommen. Die Pilgerfahrt ist ein wesentliches Element
vieler Religionen, auch des Islams, der jüdischen Religion und des Christentums. Sie ist
auch ein Bild für unser Leben, das ein Vorwärtsgehen ist, auf Gott hin und so auch auf
die Gemeinschaft der Menschheit zu.“ (Grußworte von Benedikt XVI. an die Journalisten
während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)
Der Hirte
Die
Kirche im Heiligen Land,
Präsenz und Ausdruck der Universalkirche
„Ihr vertretet die katholischen Gemeinschaften im Heiligen Land, die mit ihrem
Glauben und ihrer Frömmigkeit wie brennende Kerzen an den heiligen Stätten der
Christen leuchten, denen die Gnade der Gegenwart unseres lebendigen Herrn Jesus
Christus geschenkt wurde. Dieses einzigartige Privileg gewährt euch und euren
Gläubigen einen Platz besonderer Zuneigung in meinem Herzen als Nachfolger Petri.
(…) Die verschiedenen hier befindlichen christlichen Kirchen stellen ein reiches und
vielfältiges geistliches Erbe dar und sind ein Ausdruck der zahlreichen Formen des
Zusammenspiels zwischen dem Evangelium und den unterschiedlichen Kulturen.
Sie erinnern uns auch daran, daß der Missionsauftrag der Kirche darin besteht, die
8. – 15. Mai 2009
107
universale Liebe Gottes zu verkünden und aus nah und fern alle von ihm Berufenen zu
sammeln, so daß sie mit ihren Traditionen und Talenten die eine Familie Gottes bilden.
Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen
geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem
neuen ökumenischen Bewußtsein geprägt.“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)
„Die Teilkirchen innerhalb der Weltkirche bezeugen die Dynamik ihrer irdischen
Pilgerschaft und offenbaren allen Gläubigen einen Schatz an geistlichen, liturgischen
und kirchlichen Traditionen, die auf Gottes umfassende Güte verweisen und auf
seinen die ganze Geschichte hindurch sichtbaren Willen, alle in sein göttliches Leben
einzubeziehen. (…) Eure Liturgien, die kirchliche Ordnung und das geistliche Erbe sind
ein lebendiges Zeugnis für die Entfaltung eurer Tradition. Ihr verstärkt das Echo der
ersten Verkündigung des Evangeliums, ihr verleiht den alten Erinnerungen an die Taten
des Herrn neue Frische, ihr laßt seine heilbringenden Gnaden gegenwärtig werden und
ihr verbreitet erneut den ersten Schimmer des österlichen Lichtes und die zuckenden
Flammen von Pfingsten.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)
„Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die
Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der
Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die
Kirche im Heiligen Land deutlich erkannt werden kann als ‚Zeichen und Werkzeug für
Photo : Christo Asfour
108
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit’ (Lumen
gentium, 1).“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)
„Ich (…) umarme mit dem Friedensgruß meine Brüder im bischöflichen Amt, die
Priester und Ordensleute, und alle Gläubigen Galiläas, die in der Vielfalt ihrer Riten
und Traditionen die Universalität der Kirche Christi zum Ausdruck bringen.“ (Heilige
Messe in Nazareth, 14. Mai)

Die
Ermutigung für die Christen
„Die öffentliche Erscheinung eures christlichen Glaubens ist natürlich nicht auf die
geistliche Sorge umeinander und um euer Volk beschränkt, so wesentlich das auch
ist. Sondern eure zahlreichen Initiativen allgemeiner Nächstenliebe erstrecken sich auf
alle Jordanier – Muslime und Angehörige anderer Religionen – sowie auch auf die
große Anzahl der Flüchtlinge, die dieses Königreich so großzügig aufnimmt. (…) Von
Kindergärten bis zu höheren Bildungsanstalten, von Waisenhäusern bis zu Altenheimen,
von der Arbeit mit Flüchtlingen bis zur Musikakademie, zu medizinischen Kliniken
und Krankenhäusern, zum interreligiösem Dialog und zu Kulturinitiativen – überall ist
eure Gegenwart in dieser Gesellschaft ein wunderbares Zeichen der Hoffnung, die uns
als Christen auszeichnet. Diese Hoffnung reicht weit hinaus über die Grenzen unserer
eigenen christlichen Gemeinden.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)
„Während ich über das Geheimnis von Gottes Treue nachdachte, betete ich, daß
die Kirche in dieser Region in der Hoffnung gefestigt und in ihrem Zeugnis vom
auferstandenen Christus, dem Retter der Menschheit, gestärkt werden möge. (…) Als
Nachfolger des hl. Petrus, dem der Herr die Fürsorge für seine Herde anvertraut hat
(vgl. Joh 21,15–17), habe ich mich lange nach dieser Gelegenheit gesehnt, als Zeuge
des auferstandenen Retters vor euch zu stehen und euch zu ermutigen, im Glauben, in
der Hoffnung und in der Liebe auszuharren, in Treue zu den altehrwürdigen Traditionen
und zur ruhmreichen Geschichte des christlichen Zeugnisses, die bei euch bis in die Zeit
der Apostel zurückreicht. Die hiesige katholische Gemeinde ist zutiefst berührt von
den Schwierigkeiten und der Unsicherheit, von denen alle Menschen im Nahen Osten
betroffen sind. Ihr sollt niemals die große Würde vergessen, die eurem christlichen
Erbe entspringt, und stets die liebevolle Solidarität all eurer Brüder und Schwestern in
der Kirche auf der ganzen Welt spüren! (…) Die Treue zu euren christlichen Wurzeln,
die Treue zur Sendung der Kirche im Heiligen Land verlangt von einem jeden von euch
eine besondere Art von Mut: den Mut der Überzeugung, der dem persönlichen Glauben
entspringt, nicht der bloßen gesellschaftlichen Konvention oder der Familientradition;
den Mut, einen Dialog zu führen und Seite an Seite zu arbeiten mit anderen Christen
im Dienst des Evangeliums und in Solidarität mit den Armen, den Vertriebenen und
109
8. – 15. Mai 2009
den Opfern großer menschlicher Tragödien; den Mut, neue Brücken zu bauen, um
eine fruchtbare Begegnung von Menschen verschiedener Religionen und Kulturen zu
ermöglichen und dadurch das Gesellschaftsgefüge zu bereichern. Es bedeutet auch,
Zeugnis abzulegen von der Liebe, die uns anspornt, unser Leben im Dienst an anderen
‚hinzugeben’ und dadurch Gesinnungen entgegenwirken, die es als gerechtfertigt
betrachten, unschuldigen Menschen das Leben ‚zu nehmen’. ‚Ich bin der gute Hirt;
ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich’ (Joh 10,14). Freut euch, daß
der Herr euch beim Namen gerufen und in seine Herde aufgenommen hat. Folgt ihm
mit Freude nach und laßt euch auf allen euren Wegen von ihm führen! Jesus weiß,
welchen Herausforderungen ihr gegenübersteht, welchen Prüfungen ihr ausgesetzt seid
und wieviel Gutes ihr in seinem Namen tut. Vertraut auf ihn, auf seine immerwährende
Liebe zu allen Schafen seiner Herde, und harrt in eurem Zeugnis für den Triumph
seiner Liebe aus.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)
„In diesem Land, in dem Petrus den Auftrag erhielt, die Schafe des Herrn zu weiden,
komme ich als Nachfolger des Petrus, um unter euch meinen Dienst zu tun. (…) Den
christlichen Gemeinden im Heiligen Land sage ich: Durch euer gläubiges Zeugnis für
Ihn, der Vergebung und Versöhnung predigte, durch euer Engagement, die Heiligkeit
allen menschlichen Lebens zu schützen, könnt ihr einen besonderen Beitrag zur Beendigung der Feindseligkeiten leisten, die
so lange schon dieses Land belasten.
Ich bete, daß eure fortwährende Anwesenheit in Israel und in den Palästinensergebieten viel Frucht bringen wird zur
Förderung des Friedens und des gegenseitigen Respekts unter allen Völkern,
die in den Ländern der Bibel leben.“
(Begrüßungszeremonie am Internationalen
Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)
„Die Christen im Nahen Osten tragen mit
den übrigen Menschen guten Willens
als loyale und verantwortungsbewußte
Bürger trotz der Schwierigkeiten und
Einschränkungen zur Förderung und
Festigung eines Klimas des friedlichen
Zusammenlebens in der Vielfalt bei. Ich
möchte ihnen erneut das sagen, was ich
2006 in meiner Weihnachtsbotschaft
für die Christen im Nahen Osten
festgehalten habe: ‚Ich spreche euch
Photo : Christo Asfour
110
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
mit Zuneigung meine persönliche Nähe aus in eurer Lage menschlicher Unsicherheit,
täglicher Leiden, der Angst und der Hoffnung, die ihr erlebt. Euren Gemeinden
wiederhole ich vor allem die Worte des Erlösers: ‚Fürchte dich nicht, du kleine
Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben‘ (Lk 12,32)’
(Weihnachtsbotschaft Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. an die Katholiken in den
Ländern des Nahen Ostens, 21. Dezember 2006). (…) Meinerseits erneuere ich meinen
Aufruf an alle unsere Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt, die christlichen
Gemeinden im Heiligen Land und im Nahen Osten zu unterstützen und ihrer im Gebet
zu gedenken. (…) Liebe Brüder, wenn wir nun gemeinsam unser freudiges Gebet an
Maria, die Königin des Himmels, richten, so wollen wir das Wohlbefinden und die
geistliche Erneuerung aller Christen im Heiligen Land in ihre Hände legen, damit sie
unter der Führung ihrer Hirten im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen
und in ihrer Sendung als Förderer der Gemeinschaft und des Friedens ausharren.“
(Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)
„Laßt uns heute diesen Segen empfangen. Er [Jesus] erteilt ihn auf besondere Weise
euch, liebe Brüder und Schwestern: Ihr steht in einer ununterbrochenen Reihe mit
jenen ersten Jüngern, die dem auferstandenen Herrn begegneten, als er das Brot brach,
mit jenen, die durch die Predigt des Petrus bekehrt wurden, und mit jenen, die als
erste die Ausgießung des Heiligen Geistes im ganzen Reichtum seiner Pfingstgaben
erlebten. Als Nachfolger des heiligen Petrus habe ich seine Spuren zurückverfolgt, um
mitten unter euch den auferstandenen Christus zu verkündigen, um euch im Glauben
eurer Väter zu bestärken und den Trost auf euch herabzurufen, der das Geschenk des
Parakleten ist. (…) Ich hoffe, meine Anwesenheit hier ist ein Zeichen, daß man euch
nicht vergessen hat, daß eure beharrliche Anwesenheit und euer Zeugnis wirklich
wertvoll sind vor Gott und daß sie für die Zukunft dieser Region wesentlich sind.
Aufgrund eurer tiefen Verwurzelung in diesem Land, eurer altehrwürdigen und starken
christlichen Kultur und eures unerschütterlichen Vertrauens in Gottes Verheißungen
seid ihr, die Christen des Heiligen Landes, dazu berufen, nicht nur ein Lichtstrahl des
Glaubens für die universale Kirche zu sein, sondern auch Sauerteig der Eintracht, der
Weisheit und des Gleichgewichts im Leben einer Gesellschaft, die traditionell stets
pluralistisch, multiethnisch und multireligiös war und dies auch weiterhin ist. (…)
Aus diesem Grund muß die christliche Gemeinde in dieser Stadt, die die Auferstehung
Christi und die Ausgießung des Heiligen Geist sah, um so mehr an der Hoffnung
festhalten, die aus dem Evangelium kommt. Sie muß das Unterpfand des endgültigen
Sieges Christi über Sünde und Tod lieben und ehren, muß von der Kraft der Vergebung
Zeugnis geben und das tiefste Wesen der Kirche aufzeigen, als Zeichen und Sakrament
einer versöhnten und erneuerten Menschheit, die eins geworden ist in Christus, dem
neuen Adam. (…) Ich bitte die staatlichen Autoritäten eindringlich, die Anwesenheit
der Christen an diesem Ort zu achten und zu unterstützen, und ich möchte euch auch
die Solidarität, die Liebe und die Unterstützung der ganzen Kirche zusichern. (…) Ich
8. – 15. Mai 2009
111
bete heute darum, daß ihr auch weiterhin Tag für Tag die Zeichen der Vorsehung Gottes
und seiner grenzenlosen Gnade „seht“ und an sie „glaubt“, um mit erneuertem Glauben
und erneuerter Hoffnung die trostreichen Worte der Verkündigung der Apostel zu
„hören“, die Quellen der Gnade in den Sakramenten zu „berühren“ und für andere das
in diesen enthaltene Unterpfand des Neubeginns zu verkörpern: die Freiheit, die aus
der Versöhnung kommt, das innere Licht und den Frieden, die auch in die dunkelsten
menschlichen Realitäten Heilung und Hoffnung bringen können.“ (Heilige Messe im
Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)
„ ‚Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude… Heute ist euch
in der Stadt Davids der Retter geboren’ (Lk 2,10-11). Die Botschaft vom Kommen
Christi, die durch die Stimmen der Engel vom Himmel gebracht wurde, erschallt auch
weiter in dieser Stadt, und ebenso erschallt sie in Familien, Häusern und Gemeinden
auf der ganzen Welt. Sie ist, wie die Engel sagen, ‚eine große Freude, die dem ganzen
Volk zuteil werden soll’. Sie verkündet uns, daß der Messias, der Sohn Gottes und
der Sohn Davids, ‚für euch’ geboren wurde: für euch und mich, und für die Menschen
aller Orte und aller Zeiten. Im Plan Gottes wurde Bethlehem, ‚so klein unter den
Gauen Judas’ (Mi 5,1), zu einem Ort unvergänglicher Herrlichkeit: dem Ort, wo
Gott in der Fülle der Zeit beschlossen hat, Mensch zu werden, der langen Herrschaft
von Sünde und Tod ein Ende zu setzen und einer Welt, die alt und müde geworden
war und die die Last der Hoffnungslosigkeit niederdrückte, neues Leben in Fülle zu
bringen. (…) Ihr habt die menschlichen Ressourcen, um jene Kultur des Friedens
und der gegenseitigen Achtung zu bauen, die eine bessere Zukunft für eure Kinder
gewährleisten kann. Das ist die edle Aufgabe, die vor euch liegt. Fürchtet euch nicht!“
(Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)
„Im Staat Israel und in den Palästinensischen Gebieten bilden die Christen eine
Minderheit in der Bevölkerung. Vielleicht habt ihr manchmal das Gefühl, daß eure
Stimme wenig gilt. Viele eurer Mitchristen sind ausgewandert, in der Hoffnung,
woanders größere Sicherheit und bessere Aussichten zu finden. Eure Lage ruft jene
der jugendlichen Jungfrau Maria ins Gedächtnis, die in Nazareth ein Leben im
Verborgenen führte, ohne weltlichen Reichtum oder Einfluß. (…) Habt das Vertrauen,
Christus treu zu sein und hier in dem Land zu bleiben, das er durch seine persönliche
Gegenwart geheiligt hat! Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu,
indem ihr Christus in die Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft
des Friedens und der Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander
einig sind, so daß die Kirche im Heiligen Land deutlich erkannt werden kann als
‚Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der
ganzen Menschheit’ (Lumen gentium, 1). Eure Einheit in Glaube, Hoffnung und Liebe
ist eine Frucht des Heiligen Geistes, der in euch wohnt und euch befähigt, wirksame
Werkzeuge für Gottes Frieden zu sein, indem ihr helft, echte Versöhnung zwischen
112
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
den verschiedenen Völkern zu schaffen, die Abraham als den Vater ihres Glaubens
erkennen.“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)
„Es ist darum eine Verpflichtung, daß christliche Führer und ihre Gemeinschaften ein
lebendiges Zeugnis für das ablegen, was unser Glaube verkündet: Das ewige Wort,
das in diesem Land in Raum und Zeit eingetreten ist, Jesus von Nazaret, der auf
diesen Straßen wanderte, ruft durch sein Wort und sein Tun Menschen jeden Alters
in sein Leben der Wahrheit und der Liebe. Liebe Freunde, während ich Sie ermutige,
den auferstandenen Herrn freudig zu verkünden, möchte ich auch der auf dieses Ziel
ausgerichteten Arbeit der Leiter der christlichen Gemeinschaften, die sich regelmäßig
in dieser Stadt treffen, meine Anerkennung aussprechen. Mir scheint, daß der größte
Dienst, den die Christen Jerusalems ihren Mitbürgern erweisen können, die Erziehung
und Ausbildung einer kommenden Generation gebildeter und engagierter Christen ist,
die den innigen Wunsch haben, in großherziger Weise zum religiösen und zivilen Leben
dieser einzigartigen und heiligen Stadt beizutragen. Für jeden christlichen Leiter hat es
höchste Priorität, den Glauben der einzelnen und der Familien, die seiner Seelsorge
anvertraut sind, zu fördern.“ (Ökumenisches Treffen, Griechisch-Orthodoxes Patriarchat,
Jerusalem, 15. Mai)
„Das leere Grab spricht zu
uns von Hoffnung, von der
Hoffnung, die uns nicht
zugrunde gehen läßt, da sie
die Gabe des lebendigen
Geistes ist (vgl. Röm 5, 5).
Das ist die Botschaft, die
ich euch heute, am Ende
meiner
Pilgerreise
ins
Heilige Land, hinterlassen
möchte. Möge durch Gottes
Gnade die Hoffnung in den
Herzen aller Menschen, die
in diesen Ländern wohnen,
stets neu aufsteigen! Möge
sie in euren Herzen wurzeln,
in euren Familien und
Gemeinschaften bleiben und
in einem jeden von euch
ein immer treueres Zeugnis
für den Friedensfürsten
anregen! Die Kirche im
8. – 15. Mai 2009
113
Heiligen Land, die so oft das dunkle Geheimnis von Golgota erfahren hat, darf niemals
aufhören, ein unerschrockener Herold der leuchtenden Botschaft der Hoffnung zu
sein, die dieses leere Grab verkündet. Das Evangelium beteuert uns, daß Gott alles
neu machen kann, daß Geschichte sich nicht wiederholen muß, daß Gedächtnisse
geheilt werden können, daß die Bitterkeit von Beschuldigung und Feindseligkeit
überwunden werden kann und daß eine Zukunft der Gerechtigkeit, des Friedens, des
Wohlstands und der Zusammenarbeit entstehen kann für jeden Menschen, für die
ganze Menschheitsfamilie und in besonderer Weise für die Menschen, die in diesem
Land wohnen, das dem Erlöser sehr am Herzen liegt. (…) Ich bete, daß die Kirche im
Heiligen Land stets neue Kraft aus der Betrachtung des leeren Grabes des Heilands
schöpfen möge. Sie ist gerufen, in diesem Grab all ihre Angst und Furcht zu begraben,
um jeden Tag wieder aufzustehen und ihren Weg durch die Straßen von Jerusalem,
Galiläa und darüber hinaus fortzusetzen und dabei den Triumph der Vergebung Christi
und die Verheißung neuen Lebens zu verkünden.“ (Besuch des Heiligen Grabes, Jerusalem,
15. Mai)

Das
Drama der Emigration
„Wir wollen die Christen im Heiligen Land und im ganzen Nahen Osten vor allem
ermutigen, zu bleiben, in ihren Herkunftsländern ihren Beitrag zu leisten: sie sind ein
wichtiger Teil der Kultur und des Lebens in diesen Regionen. (…) Unsere Schulen bilden
eine Generation aus, die die Möglichkeit haben wird, im heutigen Leben, im öffentlichen
Leben präsent zu sein. (…) Außerdem gibt es viele christliche Vereinigungen, die auf
unterschiedliche Weise den Christen helfen und sie mit konkreten Hilfen zum Bleiben
ermutigen. So hoffe ich, daß die Christen wirklich den Mut, die Demut und die Geduld
finden können, in diesen Ländern zu bleiben und ihren Beitrag zur Zukunft dieser
Länder zu leisten.“ (Interview mit Papst Benedikt XVI. auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)
„Liebe Brüder im Bischofsamt, zählt auf meine Unterstützung und meine Ermutigung,
wenn ihr alles tut, was in eurer Macht steht, um unseren christlichen Brüdern und
Schwestern beizustehen, damit sie hier im Land ihrer Vorfahren bleiben und Boten
und Förderer des Friedens sind. Ich schätze eure Anstrengungen, ihnen als reife
und verantwortungsbewußte Bürger Werte und Leitlinien anzubieten, die ihnen
helfen können, ihre Rolle in der Gesellschaft auszuüben.“ (Gebet des Regina Caeli,
Jerusalem, 12. Mai)
„An dieser Stelle möchte ich direkt eine tragische Realität ansprechen, die alle,
die diese Stadt und dieses Land lieben, mit großer Besorgnis erfüllen muß: die
Abwanderung so vieler Angehöriger der christlichen Gemeinde in den letzten Jahren.
Während verständliche Gründe viele und besonders junge Menschen dazu veranlassen
114
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
auszuwandern, so bringt diese Entscheidung für die Stadt eine große kulturelle und
geistliche Verarmung mit sich. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei
anderen Gelegenheiten gesagt habe: Im Heiligen Land ist Raum für alle!“ (Heilige
Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

An
die Familien
„Wenn wir diese Worte hören, sollten wir dankbar sein für die Liebe dieses Vaters, die
wir in unseren Familien erfahren haben, durch die Liebe unserer Väter und Mütter,
unserer Großeltern, unserer Geschwister. Im Jahr der Familie, das gegenwärtig gefeiert
wird, hat die Kirche im Heiligen Land über die Familie als Geheimnis lebensspendender
Liebe nachgedacht. Sie gehört zu Gottes Plan und hat eine ihr eigene Berufung und
Sendung: die göttliche Liebe auszustrahlen, die die Quelle und letzte Erfüllung jeder
anderen Liebe in unserem Leben ist. Möge jede christliche Familie in der Treue zu
ihrer hohen Berufung wachsen, um eine wahre Schule des Gebets zu sein, wo die
Kinder eine aufrichtige Liebe zu Gott lernen können, wo sie in der Selbstdisziplin
8. – 15. Mai 2009
115
und im Sorgetragen für die Nöte anderer heranreifen und wo sie, geprägt durch die
Weisheit, die aus dem Glauben kommt, zum Aufbau einer immer gerechteren und
brüderlicheren Gesellschaft beitragen. Die starken christlichen Familien dieser Region
sind ein großes Vermächtnis, das frühere Generationen weitergegeben haben. Mögen
die heutigen Familien diesem eindrucksvollen Erbe treu sein, und möge ihnen niemals
der materielle und moralische Beistand fehlen, den sie brauchen, um ihre unersetzliche
Rolle im Dienst an der Gesellschaft auszuüben.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)
„Wenn wir uns nun ihr (Jungfrau Maria) zuwenden, wollen wir ihre mütterliche
Fürsprache für alle Familien in diesem Land erbitten, damit sie wirklich Schulen des
Gebets und Schulen der Liebe sind.“ (Gebet des Regina Caeli, Amman, 10. Mai)
„Wie ich in meiner Botschaft zum Weltfriedenstag im letzten Jahr sagte, ist die Familie
‚der erste und unerläßliche Lehrmeister des Friedens’ (Nr. 3), und daher hat sie bei
der Heilung von Spaltungen auf jeder gesellschaftlichen Ebene eine wesentliche
Rolle zu spielen.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“,
Tel Aviv, 11. Mai)
„Den Eltern kommt hier eine äußerst wichtige Rolle zu, und so rufe ich alle Familien in
diesem Lager auf: Achten Sie darauf, Ihre Kinder in ihrer Ausbildung zu unterstützen
und ihre Begabungen zu fördern, damit es in der zukünftigen palästinensischen
Gesellschaft nicht an qualifizierten Kräften für Führungspositionen fehlt. Ich weiß,
daß viele Ihrer Familien auseinandergerissen sind – durch Gefangenschaft einzelner
Familienmitglieder oder aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit – und viele
unter Ihnen haben im Laufe der Feindseligkeiten den schmerzlichen Verlust von
Angehörigen erlebt. Alle, die in dieser Weise leiden, haben mein Mitgefühl.“ (Besuch
des Aida Flüchtlingslagers, Bethlehmen, 13. Mai)
„Wir sind hier in der Heimatstadt Jesu, Marias und Josefs zusammengekommen, um
das Jahr der Familie ausklingen zu lassen, das die Kirche im Heiligen Land heuer
gefeiert hat. Als Zeichen der Hoffnung für die Zukunft werde ich den Grundstein eines
internationalen Zentrums für die Familie segnen, das in Nazaret gebaut werden soll.
Laßt uns beten, daß das Zentrum dem Familienleben in dieser Region starken Auftrieb
gebe, Familien überall Unterstützung und Beistand gewähre und sie dazu anspornen
möge, ihre unersetzliche Sendung in der Gesellschaft zu erfüllen. [...] Hier kommen
wir noch mehr dazu, am Beispiel Marias, Josefs und Jesu die Heiligkeit der Familie
zu würdigen, die im Plan Gottes auf der im heiligen Bund der Ehe geschlossenen
Beziehung zwischen Mann und Frau basiert, die sich ein Leben lang die Treue halten
und das von Gott geschenkte neue Leben annehmen. [...] wie wichtig ist doch das
Zeugnis von Ehepaaren für die Bildung gesunder Gewissen und den Aufbau einer
Kultur der Liebe! In der ersten Lesung des heutigen Tages aus dem Buch Jesus Sirach
116
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
(3, 3-7.14-17) wird uns die Familie durch das Wort Gottes als erste Schule der Weisheit
gezeigt; eine Schule, die ihre Mitglieder in der Übung jener Tugenden unterrichtet, die
zu wahrem Glück und dauerhafter Erfüllung führen. Im Plan Gottes für die Familie
trägt die Liebe zwischen dem Ehemann und der Ehefrau Frucht in neuem Leben; eine
Liebe, die Tag für Tag in dem liebevollen Bemühen der Eltern zum Ausdruck kommt,
ihren Kindern eine umfassende menschliche und spirituelle Bildung zu geben. In der
Familie wird jede Person, das kleinste Kind ebenso wie das älteste Familienmitglied, um
seiner selbst willen geschätzt, und nicht als Mittel betrachtet, das irgendeinem anderen
Zweck dient. Hier können wir bereits die ersten Anzeichen der wesentlichen Rolle
erkennen, die der Familie als Grundstein einer wohlgeordneten und aufnahmebereiten
Gesellschaft zukommt. [...] so ist auch die Familie, die auf diese Liebe gründet, gerufen,
‚Hauskirche’ zu sein, ein Ort des Glaubens, des Gebets und der liebevollen Sorge um
das wahre und dauerhafte Wohl jedes ihrer Glieder.“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

An
die Frauen
„Ein wichtiger Aspekt eurer Reflexion in diesem Jahr der Familie war die besondere
Würde, Berufung und Sendung der Frau in Gottes Plan. Wie viel verdankt die Kirche in
dieser Region doch dem geduldigen, liebevollen und treuen Zeugnis zahlloser christlicher
Mütter, Ordensfrauen, Lehrerinnen und Krankenschwestern! Wie viel verdankt eure
Gesellschaft all jenen Frauen, die auf unterschiedliche Weise ihr Leben dem Aufbau des
Friedens und der Förderung der Liebe gewidmet haben! Bereits auf den allerersten Seiten
der Bibel sehen wir, daß Mann und Frau als Abbild Gottes geschaffen und dazu bestimmt
sind, einander zu ergänzen als Verwalter der Gaben Gottes und Partner in der Weitergabe
seines Geschenks des Lebens – sowohl des leiblichen als auch des geistlichen Lebens
– an unsere Welt. Leider wurde diese gottgegebene Würde und Rolle der Frau nicht
immer hinreichend verstanden und geachtet. Die Kirche und die Gesellschaft als Ganze
haben erkannt, wie dringend wir das brauchen, was der verstorbene Papst Johannes Paul
II. das ‚prophetische Charisma’ der Frauen nannte der (vgl. Mulieris dignitatem, 29).
Als Botinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des
Friedens bringen sie Wärme und Menschlichkeit in eine Welt, die den Wert einer Person
nur allzuoft nach den kalten Maßstäben des Nutzens und des Profits bemißt. Dadurch,
daß sie die Achtung der Frau öffentlich bezeugt und die jedem Menschen innewohnende
Würde verteidigt, kann die Kirche im Heiligen Land einen wichtigen Beitrag leisten zur
Förderung einer Kultur wahrer Menschlichkeit und zum Aufbau einer Zivilisation der
Liebe.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)
„Während der Messe habe ich über das prophetische Charisma der Frauen als Botinnen
der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des Friedens
gesprochen. Das höchste Vorbild fraulicher Tugend ist die selige Jungfrau Maria, die
8. – 15. Mai 2009
117
Mutter der Barmherzigkeit und die Königin des Friedens.“ (Gebet des Regina Caeli in
Amman, 10. Mai)
„Nazaret gemahnt uns an unsere Pflicht, die besondere Rolle der Frau und die ihr von
Gott gegebene Würde anzuerkennen und zu respektieren, ebenso wie ihre besonderen
Charismen und Talente. Ganz gleich, ob sie nun als Mütter in Familien leben, als
wichtiger Part im Arbeitsleben und in den gesellschaftlichen Einrichtungen oder in einer
besonderen Berufung unserem Herrn durch die evangelischen Räte der Keuschheit,
Armut und des Gehorsams folgen: die Frauen spielen stets eine unersetzliche Rolle
dabei, jene „Humanökologie“ (vgl. Centesimus annus, 39) zu schaffen, derer unsere
Welt und dieses Land so dringend bedürfen: ein Umfeld, in dem Kinder lernen zu
lieben und für andere Sorge zu tragen, zu allen ehrlich und respektvoll zu sein, sich in
der Tugend der Barmherzigkeit und Vergebung zu üben.“ (Heilige Messe in Nazareth,
14. Mai)

An
die Jugend
„Mit diesen Gedanken im Herzen ermutige ich in besonderer Weise die christlichen
Studenten Jordaniens und der Nachbarregionen, sich verantwortungsvoll ihrer
eigenen professionellen und moralischen Ausbildung zu widmen. Ihr seid gerufen,
Bauleute einer gerechten und friedlichen Gesellschaft zu sein, die sich aus Menschen
mit verschiedenem religiösen und ethnischen Hintergrund zusammensetzt. Diese
Gegebenheiten – ich möchte es nochmals betonen – dürfen nicht zur Entzweiung,
118
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
sie müssen zu gegenseitiger Bereicherung führen. Die Mission und die Berufung der
Universität von Madaba liegt gerade darin, ihnen zu helfen, noch mehr an dieser hohen
Aufgabe teilzuhaben.“ (Universität von Madaba, 9. Mai)
„Tatsächlich gilt dasselbe für alle jungen jordanischen Christen: fürchtet euch nicht,
euren eigenen weisen, wohl abgewogenen und respektvollen Beitrag zum öffentlichen
Leben des Königreiches zu leisten. Die authentische Stimme des Glaubens wird immer
Redlichkeit, Gerechtigkeit, Mitgefühl und Frieden bringen!“ (Vesper in Amman, 9. Mai)
„Heute lade ich die vielen hier anwesenden jungen Menschen ein, darüber
nachzudenken, wie der Herr euch ruft, ihm nachzufolgen und seine Kirche aufzubauen.
Sei es im Priesteramt, im geweihten Leben oder im Sakrament der Ehe: Jesus braucht
euch, damit die Menschen seine Stimme hören, und zur Arbeit am Wachstum seines
Reiches.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)
„Bitten wir sie, die so großzügig auf den Ruf des Engels geantwortet und ihre Berufung,
die Mutter Gottes zu werden, angenommen hat, um Mut und Kraft für alle jungen
Menschen heute, die über ihre Berufung nachdenken, damit auch sie sich großzügig der
Erfüllung von Gottes Willen widmen können.“ (Gebet des Regina Caeli, Amman, 10. Mai)
„An die vielen jungen Menschen im Bereich der Palästinensischen Gebiete richte ich
diesen Appell: Laßt nicht zu, daß der Verlust von Leben und die Zerstörung, die ihr mit
ansehen mußtet, in euren Herzen Bitterkeit und Groll wachsen lassen. Habt den Mut,
jeder vielleicht von euch verspürten Versuchung zu widerstehen, Gewalt anzuwenden
oder terroristische Akte zu begehen. Was ihr erfahren habt, soll vielmehr eure
Entschlossenheit erneuern, Frieden zu stiften. Es soll euch mit dem tiefen Verlangen
erfüllen, einen bleibenden Beitrag zur Zukunft Palästinas zu leisen, damit es auf der
Weltbühne den ihm zustehenden Platz einnehmen kann. Es soll in euch Gefühle des
Mitleids für alle Leidenden wecken, Eifer für die Versöhnung und einen festen Glauben,
daß eine bessere Zukunft möglich ist.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)
„Zu allen jungen Menschen hier sage ich: Bereitet euch mit neuem Eifer auf die Zeit
vor, wenn ihr in den kommenden Jahren für die Angelegenheiten des palästinensischen
Volkes verantwortlich sein werdet!“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, 13. Mai)
„An dieser Stelle möchte ich den hier versammelten jungen Menschen gerne einen
kleinen Denkanstoß geben. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt uns, daß die Kinder
bei der Heiligung ihrer Eltern eine besondere Rolle spielen (vgl. Gaudium et spes, 48).
Ich bitte euch eindringlich, darüber nachzudenken und euch vom Vorbild Jesu leiten
zu lassen, also euren Eltern nicht nur Respekt zu zollen, sondern ihnen auch zu helfen,
jene Liebe in ihrer ganzen Fülle zu erkennen, die unserem Leben erst seinen tiefsten
119
8. – 15. Mai 2009
Sinn gibt. In der Heiligen Familie von Nazaret war es Jesus, von dem Maria und Josef
von der Größe Gottes, seines himmlischen Vaters, erfahren haben, jener letzten Quelle
aller Liebe, dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der
Erde benannt wird (vgl. Eph 3,14-15).“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)

Die Ausweitung
der Humanität, Bekehrung und Erneuerung
„Sei es in unseren eigenen Prüfungen, sei es, daß wir anderen in ihren Mühen zur Seite
stehen, wir bekommen einen Einblick in das Wesen unseres Menschseins, wir werden
sozusagen menschlicher.“ (Regina Pacis Center, 8. Mai)
„Das menschliche Herz kann verhärtet werden durch sein begrenztes Umfeld, seine
Interessen und seine Leidenschaften. Aber jeder Mensch ist ebenso zu Weisheit und
Rechtschaffenheit aufgerufen, zur grundlegenden und überaus bedeutsamen Wahl des
Guten vor dem Bösen, der Wahrheit vor der Unaufrichtigkeit, und jeder kann bei dieser
Aufgabe unterstützt werden. [...] In der Tat, die menschliche Person, ihr Platz und ihr
Sinn im Universum lassen sich nicht in den Grenzen der Wissenschaft erfassen. ‚Die
zu erstrebende Vollendung der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit,
die den Geist des Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht’
(Gaudium et spes, 15).“ (Universität von Madaba, 9 Mai)
„Möge eine echte Umkehr der Herzen aller zu einem stets bestärkenden Engagement
für Frieden und Sicherheit durch Gerechtigkeit für jeden führen. Shalom!“ (Besuch beim
israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)
„Liebe Brüder, wenn wir nun gemeinsam unser freudiges Gebet an Maria, die Königin
des Himmels, richten, so wollen wir das Wohlbefinden und die geistliche Erneuerung
aller Christen im Heiligen Land in ihre Hände legen, damit sie unter der Führung ihrer
Hirten im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen und in ihrer Sendung
als Förderer der Gemeinschaft und des Friedens ausharren.“ (Gebet des Regina Caeli,
Jerusalem, 12. Mai)
„Erstens, die ständige Bekehrung zu Christus, die sich nicht nur in unseren Taten
widerspiegelt, sondern auch in unserer Einstellung: dem Mut, uns von unfruchtbaren
und nutzlosen Wegen des Denkens, Handelns und Reagierens abzuwenden; [...] Eure
Heimat braucht nicht nur neue wirtschaftliche und politische Strukturen, sondern –
und das ist das Wichtigste – sozusagen eine neue ‚spirituelle’ Infrastruktur, die in
der Lage ist, die Energien aller Menschen guten Willens im Dienst der Erziehung,
der Entwicklung und der Förderung des Gemeinwohls zu beleben.“ (Heilige Messe in
Bethlehem, 13. Mai)
120

Das
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Gebet
„Als Gläubige sind wir überzeugt, daß
das Gebet eine echte Kraft ist: Es öffnet
die Welt für Gott. Wir sind überzeugt, daß
Gott uns hört und daß er in der Geschichte
handeln kann. Ich denke, wenn Millionen
Menschen, Millionen Gläubige beten, ist
es wirklich eine Kraft, die einen Einfluß hat
und dazu beitragen kann, daß es im Frieden
Fortschritte gibt.“ (Flug nach Amman, 8. Mai)
„Gebet ist gelebte Hoffnung. Und tatsächlich ist im Gebet die tiefe Einsicht enthalten:
Wir treten mit dem einen Gott, dem Schöpfer aller Dinge, in eine liebende Verbindung
ein, und dadurch erkennen wir die Sinnlosigkeit menschlicher Trennungen und Vorurteile und erahnen die außerordentlichen Möglichkeiten, die sich vor uns auftun, wenn
unsere Herzen sich zu Gottes Wahrheit, zu seinem Plan für einen jeden von uns und für
unsere Welt bekehren.“ (Regina Pacis Center, 8. Mai)
„Liebe Freunde, Gott und Ihnen bin ich äußerst dankbar für die Gelegenheit, hier in
Stille zu verweilen: eine Stille, um zu gedenken, eine Stille, um zu beten, eine Stille,
um zu hoffen.“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)
Der Mensch des Dialogs

Die
reiche Vielfalt der orientalischen Kirchen
„Ihnen allen wie auch den Priestern, Ordensschwestern und -brüdern, Seminaristen und
gläubigen Laien, die heute Abend hier versammelt sind, drücke ich meinen aufrichtigen
Dank aus, daß ihr mir diese Gelegenheit gebt, zusammen mit euch zu beten und etwas
von dem Reichtum unserer liturgischen Traditionen zu erleben. [...] Die Teilkirchen
innerhalb der Weltkirche bezeugen die Dynamik ihrer irdischen Pilgerschaft und
offenbaren allen Gläubigen einen Schatz an geistlichen, liturgischen und kirchlichen
Traditionen, die auf Gottes umfassende Güte verweisen und auf seinen die ganze
Geschichte hindurch sichtbaren Willen, alle in sein göttliches Leben einzubeziehen.
Der altehrwürdige lebendige Schatz der Traditionen der Ostkirchen bereichert die
8. – 15. Mai 2009
121
Weltkirche und könnte nie einfach als ein passiv zu bewahrendes Objekt verstanden
werden. [...] Und genau wie vor zweitausend Jahren in Antiochien die Jünger erstmalig
Christen genannt wurden, so werdet auch ihr – kleine Minderheiten in über diese
Länder verstreuten Gemeinden – heute als Gefolgschaft des Herrn erkannt. [...] Eure
Liturgien, die kirchliche Ordnung und das geistliche Erbe sind ein lebendiges Zeugnis
für die Entfaltung eurer Tradition. Ihr verstärkt das Echo der ersten Verkündigung des
Evangeliums, ihr verleiht den alten Erinnerungen an die Taten des Herrn neue Frische,
ihr laßt seine heilbringenden Gnaden gegenwärtig werden und ihr verbreitet erneut den
ersten Schimmer des österlichen Lichtes und die zuckenden Flammen von Pfingsten.“
(Vesper in Amman, 9. Mai)
„Die heutige freudige Feier des eucharistischen Opfers bringt die reiche Vielfalt der
katholischen Kirche im Heiligen Land zum Ausdruck.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)
„Freuen wir uns darüber, daß diese zwei Kirchenbauten, ein lateinischer und ein
griechisch-melkitischer, dazu dienen werden, gemäß den Traditionen der jeweiligen
Gemeinschaft die eine Familie Gottes aufzubauen.“ (Segnung der Grundsteine für die
Kirche der Lateiner und der Griechisch-Melkitischen Kirche, Amman-Bethanien jenseits des
Jordan, 10. Mai)
„Ihr vertretet die katholischen Gemeinschaften im Heiligen Land, die mit ihrem
Glauben und ihrer Frömmigkeit wie brennende Kerzen an den heiligen Stätten der
Christen leuchten, denen die Gnade der Gegenwart unseres lebendigen Herrn Jesus
Christus geschenkt wurde. Dieses einzigartige Privileg gewährt euch und euren
Gläubigen einen Platz besonderer Zuneigung in meinem Herzen als Nachfolger Petri.
[...] Die verschiedenen hier befindlichen christlichen Kirchen stellen ein reiches und
vielfältiges geistliches Erbe dar und sind ein Ausdruck der zahlreichen Formen des
Zusammenspiels zwischen dem Evangelium und den unterschiedlichen Kulturen.
Sie erinnern uns auch daran, daß der Missionsauftrag der Kirche darin besteht, die
universale Liebe Gottes zu verkünden und aus nah und fern alle von ihm Berufenen zu
sammeln, so daß sie mit ihren Traditionen und Talenten die eine Familie Gottes bilden.
Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen
geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen
ökumenischen Bewußtsein geprägt.” (Gebet des Regina Caeli in Jerusalem, 12. Mai)
„Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die
Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der
Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die
Kirche im Heiligen Land deutlich erkannt werden kann als „Zeichen und Werkzeug für
die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen
gentium, 1).“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)
122

Der ökumenische
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Dialog
„Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen
geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen
ökumenischen Bewußtsein geprägt. Der Geist lenkt unsere Herzen sanft zu Demut und
Frieden, zu gegenseitiger Annahme, zu Verständnis und Zusammenarbeit. Diese innere
Bereitschaft zur Einheit unter dem Impuls des Heiligen Geistes ist entscheidend, wenn
die Christen ihre Sendung in der Welt erfüllen sollen (vgl. Joh 17,21).“ (Gebet des
Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)
„In tiefer Dankbarkeit und Freude statte ich dem Griechisch-Orthodoxen Patriarchat
in Jerusalem diesen Besuch ab – ein Moment, auf den ich mich sehr gefreut habe.
[...] Heute morgen gehen meine Gedanken zu den historischen Begegnungen, die hier
in Jerusalem zwischen meinem Vorgänger Papst Paul VI. und dem Ökumenischen
Patriarchen Athenagoras I. sowie auch zwischen Papst Johannes Paul II. und Patriarch
Diodoros stattgefunden haben. Diese Treffen, einschließlich meines heutigen Besuches,
sind von großer symbolischer Bedeutung. Sie erinnern daran, daß von dem Moment an,
als uns das ‚aufstrahlende Licht aus der Höhe’ (Lk 1,78) besuchte, das Licht aus dem
Osten (vgl. Jes 60,1; Offb 21,23f) die ganze Welt erleuchtet hat, und sie erinnern uns
auch daran, daß von hier ausgehend das Evangelium allen Völkern verkündet wurde.
[...] Angesichts dieses geheiligten Ortes neben der Grabeskirche, welche die Stelle
kennzeichnet, wo unser gekreuzigter Herr für die ganze Menschheit vom Tod erstand,
und in der Nähe des Abendmahlssaals, wo sich am Pfingsttag ‚alle am gleichen Ort
8. – 15. Mai 2009
123
befanden’ (Apg 2,1) – wer würde sich da nicht gedrängt fühlen, guten Willen, rechte
Gelehrsamkeit und geistliches Verlangen mit vollem Einsatz in unsere ökumenischen
Bemühungen einzubringen? Ich bete, daß unsere heutige Versammlung der Arbeit des
theologischen Dialogs zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen
neuen Schwung verleihe und die jüngsten Errungenschaften der Studiendokumente
und anderer gemeinsamer Initiativen ergänze. [...] So ist es kaum verwunderlich, daß
wir gerade in unserem brennenden Wunsch, Christus zu den anderen zu bringen, seine
Botschaft der Versöhnung bekannt zu machen (vgl. 2 Kor 5,19), die Schande unserer
Spaltung empfinden. Da wir jedoch in die Welt hinausgesandt (vgl. Joh 20,21) und
durch die einende Kraft des Heiligen Geistes ermächtigt sind (ebd., V. 22) sowie die
Versöhnung verkünden, die alle dazu führt zu glauben, daß Jesus der Sohn Gottes ist
(vgl. ibid., V. 31), werden wir die Kraft finden, unsere Anstrengungen zu verdoppeln,
um unsere Gemeinschaft zu vertiefen, sie zur vollen Gemeinschaft werden zu lassen,
vereint Zeugnis zu geben von der Liebe des Vaters, der seinen Sohn sendet, damit die
Welt an seine Liebe zu uns glauben kann (vgl. Joh 17,23).“ (Besuch des GriechischOrthodoxen Patriarchates - Ökumenisches Treffen, Jerusalem, 15. Mai)
„Ich hatte auch Gelegenheit, die Oberhäupter anderer christlicher Kirchen und
kirchlicher Gemeinschaften wie auch die Führer anderer Religionen im Heiligen Land
zu treffen. Dieses Land ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für
den interreligiösen Dialog [...].” (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben
Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)
„Ich habe auch ein sehr ermutigendes ökumenisches Klima vorgefunden. Es gab viele
sehr herzliche Begegnungen mit der Orthodoxie; ich konnte auch mit einem Vertreter
der anglikanischen Kirche sprechen sowie mit zwei lutherischen Vertretern, und man
sieht sehr gut, daß diese Atmosphäre des Heiligen Landes auch die Ökumene ermutigt.“
(Grußworte an die Journalisten während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)

Die
Notwendigkeit des Dialogs und seine Prinzipien
„Sicherlich gibt es auch eine gemeinsame Botschaft, und es wird Gelegenheit geben, sie
hervorzuheben. Trotz der unterschiedlichen Ursprünge haben wir gemeinsame Wurzeln,
weil, wie ich schon gesagt habe, das Christentum aus dem Alten Testament hervorgeht,
und die Schriften des Neuen Testaments gäbe es nicht ohne das Alte Testament, denn sie
beziehen sich ständig auf ‚die Schrift’, das heißt das Alte Testament. Aber auch der Islam
entstand in einem Umfeld, in dem sowohl das Judentum als auch die unterschiedlichen
Zweige des Christentums – das Judenchristentum, das antiochenische Christentum, das
byzantinische Christentum – präsent waren. All diese Umstände spiegeln sich in der
Überlieferung des Korans wider, so daß wir von den Ursprüngen her und auch im
124
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Glauben an den einen Gott sehr viel gemeinsam haben. Deshalb ist es wichtig, auf der
einen Seite einen bilateralen Dialog zu pflegen – mit dem Judentum sowie mit dem
Islam – und dann auch den trilateralen Dialog. [...] Der trilaterale Dialog muß also
weitergehen, und er ist äußerst wichtig für den Frieden und auch damit, sagen wir es
einmal so, jeder die eigene Religion gut zu leben versteht.” (Interview auf dem Flug nach
Amman, 8. Mai)
„Ich möchte alle Jordanier, seien sie Christen oder Muslime, ermutigen, auf dem
festen Fundament der religiösen Toleranz aufzubauen, das es den Mitgliedern
verschiedener Gemeinschaften erlaubt, miteinander in Frieden und in gegenseitiger
Achtung zu leben. Seine Königliche Majestät ist in bemerkenswerter Weise darum
bemüht, den interreligiösen Dialog zu fördern, und ich möchte hier festhalten, wie
sehr sein diesbezügliches Engagement geschätzt wird. Dankbar anerkenne ich auch
die besondere Aufmerksamkeit, die er den christlichen Gemeinden in Jordanien
entgegenbringt. Dieser Geist der Offenheit hilft nicht nur den Mitgliedern verschiedener
ethnischer Gemeinschaften in diesem Land, miteinander in Frieden und Eintracht zu
leben, sondern hat auch zu den weitblickenden politischen Initiativen Jordaniens zur
Förderung des Friedens im ganzen Nahen Osten beigetragen.“ (Abschiedszeremonie am
Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 11. Mai)
„Darum müssen die religiösen Führer bedenken, daß jede Teilung oder Spannung, jede
Tendenz zu Zurückgezogenheit oder Mißtrauen unter den Gläubigen oder zwischen
unseren Gemeinschaften leicht zu einem Gegensatz führen kann, der die Einzigkeit
des Allmächtigen verdunkelt, unsere Einheit verrät und im Widerspruch steht zu dem
Einen, der sich selbst als ‚reich an Huld und Treue’ offenbart (Ex 34,6; vgl. Ps 136,2;
Ps 85,11).“ (Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)
„Dann stellt sich natürlich die Frage, welchen Beitrag die Religion auf dem Hintergrund
der raschen Globalisierung zu den Kulturen der Welt leistet. Da viele schnell damit zur
Hand sind, auf die offensichtlichen Unterschiede zwischen den Religionen hinzuweisen,
stehen wir als gläubige oder religiöse Menschen vor der Herausforderung, deutlich
unsere Gemeinsamkeiten zu verkünden. [...] Zwar können die Unterschiede, die
Gegenstand des interreligiösen Dialogs sind, uns manchmal als Hindernisse erscheinen,
sie brauchen aber nicht die gemeinsame Ehrfurcht und Achtung vor dem Universalen,
dem Absoluten und der Wahrheit zu überschatten, durch die religiöse Menschen
überhaupt dazu gebracht werden, das Gespräch miteinander zu suchen. [...] Wenn wir
den Willen hegen, der Wahrheit gehorsam zu sein, wird unser Vernunftbegriff und
sein Anwendungsradius erweitert und ein echter Dialog der Kulturen und Religionen
ermöglicht, der heute so dringend notwendig ist. [...] Einige wollen uns glauben
machen, daß unsere Unterschiede zwangsläufig Anlaß zur Uneinigkeit geben und sie
daher höchstens toleriert werden können. Manche vertreten sogar die Ansicht, daß
8. – 15. Mai 2009
125
unsere Stimmen einfach zum Schweigen gebracht werden sollten. Wir aber wissen,
daß unsere Verschiedenheiten niemals fälschlich als unvermeidlicher Grund für
Reibereien oder Spannungen hingestellt werden dürfen, weder unter uns selbst noch in
der Gesellschaft im ganzen. Vielmehr geben sie Menschen unterschiedlicher Religion
eine wunderbare Gelegenheit, in tiefer gegenseitiger Achtung, Wertschätzung und
Anerkennung zusammenzuleben und einander auf Gottes Wegen zu ermutigen. Mit
Hilfe des Allmächtigen und von seiner Wahrheit erleuchtet mögen Sie auch weiterhin
mutig auf Ihrem Weg voranschreiten, indem sie all das achten, was uns unterscheidet,
und all das fördern, was uns vereint als Geschöpfe, die den Wunsch haben, unseren
Gemeinschaften und unserer Welt Hoffnung zu bringen. Möge Gott uns auf diesem
Weg leiten!” (Inter-Religiöses Treffen in Jerusalem, 11. Mai)
„Hier treffen sich die Pfade der drei großen monotheistischen Religionen, und wir
werden an all das erinnert, was sie gemeinsam haben. Jede von ihnen glaubt an einen
Gott, den Schöpfer und Lenker des Alls. Jede sieht in Abraham einen ihrer Vorfahren,
einen Mann des Glaubens, den Gott mit einem besonderen Segen beschenkt hat. Jede
hat im Lauf der Jahrhunderte eine große Zahl von Gläubigen versammelt und wurde
zur Inspiration für ein reiches geistliches, intellektuelles und kulturelles Erbe.“ (Besuch
beim Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)
„Vertrauen ist unbestritten ein wesentliches Element eines wirksamen Dialogs.“ (Besuch
bei den Großrabbinern von Jerusalem, „Hechal-Shlomo“ Center, Jerusalem, 12. Mai)
126
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
„Meine lieben Freunde, ich weiß, daß Sie zuvorkommend und mit einem Gruß
des Friedens die vielen Pilger empfangen, die nach Galiläa strömen. Ich ermutige
Sie, weiterhin gegenseitig Respekt zu üben, wenn Sie daran arbeiten, Spannungen
bezüglich der Gebetsstätten abzubauen und so eine friedvolle Umgebung für Gebet
und Betrachtung hier und überall in Galiläa zu gewährleisten. [...] Das Land Galiläa,
das für seine religiöse und ethnische Vielfalt bekannt ist, beheimatet ein Volk, das sehr
wohl die Anstrengungen kennt, die erforderlich sind, um in harmonischer Koexistenz
zu leben. Unsere verschiedenen religiösen Traditionen haben ein mächtiges Potential,
um eine Kultur des Friedens zu fördern, besonders weil sie die tieferen spirituellen
Werte unseres gemeinsamen Menschseins lehren und predigen. Wenn wir die Herzen
der jungen Menschen formen, formen wir die Zukunft der Menschheit selbst. Christen
verbinden sich bereitwillig mit Juden, Muslimen, Drusen und Menschen anderer
Religionen im Wunsch, Kinder vor Fanatismus und Gewalt zu schützen, wenn sie
sie zu Gestaltern einer besseren Welt erziehen. [...] Auch wenn Sie verschiedenen
religiösen Traditionen angehören, teilen Sie das Verlangen, zu einer Verbesserung der
Gesellschaft beizutragen und damit für die religiösen und spirituellen Werte einzutreten,
die mithelfen, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Ich versichere Ihnen, daß
die katholische Kirche sich verpflichtet weiß, an diesem ehrbaren Unterfangen
teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens wird sie bemüht sein
sicherzustellen, daß das Licht der Wahrheit, des Friedens und der Güte weiterhin von
Galiläa ausstrahlen wird und Menschen weltweit dazu anleitet, all das anzustreben, was
die Einheit der Menschheitsfamilie stärkt.“ (Grußworte an die Religionsführer von Galiläa,
Nazareth, 14. Mai)
„Dieses Land ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für den
interreligiösen Dialog, und ich bete, daß die reiche Vielfalt religiösen Zeugnisses in der
Region in wachsendem gegenseitigen Verständnis und Respekt Frucht tragen wird.“
(Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)
„ (…) daß ich überall, im muslimischen, christlichen und jüdischen Umfeld,
eine entschiedene Bereitschaft zum interreligiösen Dialog vorgefunden habe, zur
Begegnung, zur Zusammenarbeit zwischen den Religionen. Und es ist wichtig, daß
dies von allen nicht nur als ein – so könnten wir sagen – in der gegebenen Situation von
politischen Motiven inspiriertes Handeln angesehen wird, sondern als Frucht, die aus
dem Wesenskern des Glaubens selbst hervorgeht. Denn an den einen Gott zu glauben,
der uns alle geschaffen hat, der unser aller Vater ist, an diesen Gott zu glauben, der die
Menschheit als eine Familie erschaffen hat, zu glauben, daß Gott die Liebe ist und will,
daß die Liebe die dominierende Kraft in der Welt ist, impliziert diese Begegnung, die
Notwendigkeit der Begegnung, des Dialogs, der Zusammenarbeit – als Erfordernis des
Glaubens selbst.“ (Grußworte von Benedikt XVI. an die Journalisten während des Rückfluges
nach Rom, 15. Mai)
127
8. – 15. Mai 2009

Der christlich-islamische
Dialog
„Mein Besuch in Jordanien gibt mir eine gute Gelegenheit, von meinen tiefen Respekt
gegenüber der muslimischen Gemeinschaft zu sprechen und der führenden Rolle Anerkennung zu zollen, die Seine Königliche Majestät bei der Förderung eines besseren
Verständnisses der vom Islam verkündeten Tugenden gezeigt hat. Nachdem einige Jahre seit der Veröffentlichung der Amman Message und der Amman Interfaith Message
vergangen sind, können wir sagen, daß diese verdienstvollen Initiativen viel Gutes bei
der Unterstützung einer Allianz der Kulturen zwischen dem Westen und der muslimischen Welt bewirkt haben und damit die Voraussagen jener widerlegt haben, die Gewalttätigkeit und Konflikt als unvermeidlich betrachten. [...] Liebe Freunde, bei dem
Seminar des Katholisch-Muslimischen Forums in Rom im vergangenen Herbst, haben
die Teilnehmer die zentrale Rolle diskutiert, die in unseren jeweiligen religiösen Traditionen das Gebot der Liebe einnimmt. Ich hoffe sehr, daß dieser Besuch und wahrlich
alle Initiativen, die geplant sind, um gute Beziehungen zwischen Christen und Muslimen zu fördern, uns helfen, in der Liebe zum allmächtigen und barmherzigen Gott und
in brüderlicher Liebe für einander zu wachsen.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler
Flughafen “Queen Alia”, Amman, 8. Mai)
„Gerade wegen der Bürde ihrer gemeinsamen Geschichte, die so oft von Mißverständnis
gekennzeichnet war, müssen Muslime und Christen bestrebt sein, als Gläubige erkannt
und anerkannt zu werden, die treu beten, die bemüht sind, die Gebote des Allmächtigen
zu halten und ihnen gemäß zu leben, die barmherzig und mitfühlend sind, die konsequent
alles Wahre und Gute bezeugen, die stets den gemeinsamen Ursprung und die Würde
Photo : CTS / MAB
128
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
aller Menschen bedenken, die der Höhepunkt des göttlichen Schöpfungsplans für die
Welt und die Geschichte bleiben. [...] Gestern lernte ich die berühmte Erziehungs- und
Rehabilitationsarbeit des Regina-Pacis-Zentrums kennen, wo Christen und Muslime das
Leben ganzer Familien verwandeln, indem sie ihnen helfen zu gewährleisten, daß deren
Kinder mit Behinderung ihren berechtigten Platz in der Gesellschaft erhalten. Heute
morgen segnete ich den Grundstein der Madaba-Universität, wo junge muslimische und
christliche Erwachsene Seite an Seite vom dritten Bildungsweg profitieren werden, der
sie dazu befähigt, in geeigneter Weise zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung
ihres Landes beizutragen. Großes Verdienst kommt auch den zahlreichen Initiativen
des interreligiösen Dialogs zu, die von der königlichen Familie und der diplomatischen
Gemeinschaft unterstützt werden und zeitweise in Verbindung mit dem Päpstlichen Rat
für den Interreligiösen Dialog durchgeführt wurden. Dazu gehören auch die laufende
Arbeit des Königlichen Instituts für Interreligiöse Studien und Islamisches Denken,
die Amman Message von 2004, die Amman Interfaith Message von 2005 und der
jüngste Brief Common Word, der ein Thema widerspiegelt, das im Einklang mit meiner
ersten Enzyklika steht: die unlösliche Verschränkung von Gottes- und Nächstenliebe
und der fundamentale Widerspruch der Gewaltanwendung oder des Ausschlusses im
Namen Gottes (vgl. Deus caritas est, 16). [...] Sie sollten daher Christen und Muslime
dazu veranlassen, die wesentliche Beziehung zwischen Gott und seiner Welt noch
gründlicher zu erforschen, so daß wir miteinander bestrebt sein mögen sicherzustellen,
daß die Gesellschaft mit der göttlichen Ordnung in Harmonie mitschwingt. [...] Verehrte
Freunde, ich vertraue darauf, daß die Gedanken, die ich heute zum Ausdruck gebracht
habe, uns mit neuer Hoffnung für die Zukunft zurücklassen. …Christen und Muslime
werden gemeinsam dazu angespornt, alles zu suchen, was recht und richtig ist.“ („AlHussein Bin-Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)
„Ich bete, daß Moslems und Christen bei der Weiterführung des bereits begonnen
respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie das Einsein Gottes untrennbar mit
der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist. Mögen alle Angehörigen dieser
Religionen, wenn sie sich Gottes liebevollem Plan für die Schöpfung fügen, wenn sie
das Gesetz erforschen, das dem Kosmos eingeschrieben und dem Herz des Menschen
eingeprägt ist, und wenn sie über das geheimnisvolle Geschenk der Selbstoffenbarung
Gottes nachdenken, ihren Blick fest auf sein absolutes Gutsein richten und nie aus
den Augen verlieren, wie diese Güte sich in den Gesichtern der Mitmenschen
wiederspiegelt.“ (Besuch beim Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)
„Wie wir alle wissen, hat es in Nazaret in den letzten Jahren leider Spannungen gegeben,
die den Beziehungen zwischen den hier lebenden christlichen und muslimischen
Gemeinden geschadet haben. Ich ersuche die Menschen guten Willens in beiden
Gemeinden dringend, den bereits angerichteten Schaden wieder gutzumachen und in
der Treue im Glauben an den einen Gott, den Vater der Menschheitsfamilie, Brücken
8. – 15. Mai 2009
129
zu bauen und den Weg zu einem friedlichen Zusammenleben zu finden. Mögen wir alle
der zerstörerischen Macht von Haß und Vorurteil, die zuerst die Seelen der Menschen
und dann ihre Körper tötet, eine klare Absage erteilen!“ (Heilige Messe in Nazareth, 14.
Mai)

Der jüdisch-christliche Dialog
„Es ist wichtig, daß wir wirklich dieselbe Wurzel haben, dieselben Bücher des Alten
Testaments, die – sowohl für die Juden als auch für uns – Buch der Offenbarung
sind. Aber natürlich darf man sich nach 2000 Jahren unterschiedlicher, ja sogar
getrennter Geschichte nicht darüber wundern, daß es Mißverständnisse gibt, weil
sich sehr unterschiedliche Traditionen der Interpretation, der Ausdrucksweise, der
Gedankenwelt gebildet haben, sozusagen ein sehr andersartiger »semantischer Kosmos «,
so daß dieselben Worte auf beiden Seiten Verschiedenes bedeuten; und durch diesen
Gebrauch von Worten, die im Lauf der Geschichte unterschiedliche Bedeutungen
ausgebildet haben, entstehen offensichtlich Mißverständnisse. Wir müssen alles
tun, um die Sprache des anderen zu erlernen, und mir scheint, wir machen darin
große Fortschritte. Heute haben wir die Möglichkeit, daß die jungen Menschen, die
zukünftigen Theologieprofessoren, in Jerusalem studieren können, an der Hebräischen
Universität, und die Juden haben akademische Kontakte zu uns: So kommt es zu einer
Begegnung dieser unterschiedlichen «semantischen Kosmen». Lernen wir voneinander
130
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
und gehen wir voran auf dem Weg des wahren Dialogs, lernen wir einer vom anderen,
und ich bin sicher und überzeugt, daß wir Fortschritte machen werden. Und das wird
auch dem Frieden helfen, mehr noch, der gegenseitigen Liebe.“ (Interview auf dem Flug
nach Amman, 8. Mai)
„Die alte Tradition der Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten erinnert uns auch an das
unzertrennbare Band zwischen der Kirche mit dem jüdischen Volk. Von Anfang an hat
die Kirche in diesen Ländern in ihrer Liturgie der großen Gestalten der Patriarchen und
Propheten gedacht, als Zeichen ihrer großen Wertschätzung für die Einheit der beiden
Testamente. Unsere heutige Begegnung schenke uns eine neue Liebe zum Kanon der
Heiligen Schrift und ein Verlangen, alle Hindernisse auf dem Weg der Versöhnung
zwischen Christen und Juden in gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit im Dienst
des Friedens, zu dem uns das Wort Gottes ruft, zu überwinden!“ (Besuch der Moses-
Gedächtniskirche, Berg Nebo, 9. März)
„Ich bin für die Einladung dankbar, Hechal Shlomo zu besuchen und Ihnen während
meiner Reise in das Heilige Land als Bischof von Rom begegnen zu können. Ich danke
dem sephardischen Rabbi Shlomo Amar und dem aschkenasischen Rabbi Yona Metzger
für ihre freundlichen Worte der Begrüßung, mit denen sie auch den Wunsch geäußert
haben, die Bande der Freundschaft weiter zu festigen, welche die katholische Kirche
und das Großrabbinat in den letzten Jahrzehnten zu schmieden sich mit Sorgfalt bemüht
haben. Ihre Besuche im Vatikan in den Jahren 2003 und 2005 sind ein Ausdruck des
guten Willens, der diese Entwicklung kennzeichnet. Verehrte Rabbiner, ich erwidere
die guten Wünsche, indem ich Ihnen und Ihren Gemeinschaften meine Gefühle der
Achtung und Wertschätzung bekunde. Ich versichere Sie zugleich meines Wunsches,
das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen
Stuhl, dem Großrabbinat Israels und den jüdischen Menschen auf der ganzen Welt
zu vertiefen. [...] Diese Themen des Dialogs stellen nur die Anfangsphase eines, wie
wir hoffen, stetigen Voranschreitens auf dem Weg zu einem größeren gegenseitigen
Verständnis. [...] Möge der begonnene Dialog weiterhin Ideen hervorbringen, wie
Christen und Juden zusammenarbeiten können, um das Verständnis der Gesellschaft für
den besonderen Beitrag unserer religiösen und ethischen Traditionen zu steigern. Hier
in Israel, wo die Christen nur einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen,
schätzen sie besonders die Gelegenheiten zum Dialog mit ihren jüdischen Nachbarn.
[...] Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß die katholische Kirche sich
unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil
für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen Christen und Juden gewählt
wurde. Wie die Konzilserklärung Nostra Aetate klarstellt, schätzt die Kirche weiterhin
das gemeinsame spirituelle Erbe der Christen und Juden. Sie strebt durch biblische
und theologische Studien wie auch durch den brüderlichen Dialog ein immer tieferes
Verständnis füreinander und einen gegenseitigen Respekt an. Mögen die sieben Treffen
8. – 15. Mai 2009
131
der bilateralen Kommission, die zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Großrabbinat
bereits stattgefunden haben, hierfür ein Beweis sein!“ (Besuch bei den Großrabbinern,
„Hechal Shlomo“-Zentrum, Jerusalem, 12. Mai)
„Herr Präsident, Sie und ich haben einen Olivenbaum bei Ihrer Residenz am Tag
meiner Ankunft in Israel gepflanzt. Der Olivenbaum ist, wie Sie wissen, ein Bild,
das vom heiligen Paulus gebraucht wird, um die sehr engen Beziehungen zwischen
Christen und Juden zu beschreiben. Paulus führt im Römerbrief aus, daß die Kirche der
Völker wie ein wilder Oliventrieb ist, der in den edlen Olivenbaum des Bundesvolkes
eingepfropft wurde (vgl. 11,17-24). Wir werden von den gleichen spirituellen Wurzeln
genährt. Wir begegnen uns als Brüder – Brüder, die in unserer Geschichte gelegentlich
ein gespanntes Verhältnis zueinander hatten, die aber unter der festen Verpflichtung
stehen, Brücken für eine beständige Freundschaft zu bauen. [...] diese furchtbaren
Erinnerungen sollten uns in der Entschiedenheit stärken, enger zusammenzurücken als
Zweige des gleichen Olivenbaums, die von den gleichen Wurzeln genährt werden und
in brüderlicher Liebe geeint sind.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen
„Ben Gurion”, Tel Aviv, 15. Mai)
Der Friedensstifter

Den
Frieden, den wir so sehr ersehnen
„Sicherlich möchte ich zum Frieden beitragen, nicht als Einzelperson, sondern im
Namen der katholischen Kirche, des Heiligen Stuhls. Wir sind keine politische Macht,
sondern eine geistliche Kraft, und diese geistliche Kraft ist eine Realität, die zu
Fortschritten im Friedensprozeß beitragen kann. [...] Sicher gibt es Hoffnung, denn
es handelt sich jetzt, wie Sie bereits gesagt haben, um einen schwierigen Augenblick,
aber es ist auch ein Moment der Hoffnung, des Neuanfangs, eines neuen Impulses auf
dem Weg zum Frieden. [...] Wir sind dabei, eine katholische Universität in Jordanien
aufzubauen. Dies scheint mir eine großartige Perspektive zu sein, wo junge Menschen
– sowohl Muslime als auch Christen – einander begegnen, gemeinsam lernen, wo eine
christliche Elite ausgebildet wird, die bereit und fähig ist, für den Frieden zu wirken.“
(Interview auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)
„Möge Er [Gott] Jordanien mit Wohlergehen und Frieden segnen!“ (Begrüßungszeremonie
am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 8. Mai)
„Freunde, im Gegensatz zu den Pilgern früherer Zeiten komme ich nicht mit Geschenken
oder Gaben. Ich komme einfach mit einer Absicht, einer Hoffnung: für das wertvolle
132
Geschenk der Einheit und des Friedens zu beten,
insbesondere für den Nahen Osten. Frieden für
die Menschen, für Eltern und Kinder, für die
Gemeinschaften; Frieden für Jerusalem, für das
Heilige Land, für die Region; Frieden für die ganze
Menschheitsfamilie; dauerhafter Frieden, der aus
Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Mitgefühl entsteht,
Frieden, der von Demut, von Vergebung und vom
tiefen Wunsch, miteinander in Harmonie zu leben,
herrührt.“ (Regina Pacis Center, Amman, 8. Mai)
„Ich bekunde den Förderern dieser neuen Institution
meine Anerkennung für ihr mutiges Vertrauen in
gute Ausbildung als ein Sprungbrett für persönliche
Entwicklung wie auch für Frieden und Fortschritt
in der Region.“ (Universität von Madaba, 9. Mai)
„Im Nahen Osten, der gezeichnet ist von tragischem und ungerechten Leiden, von Jahren der
Gewalt und der ungelösten Spannungen, sind die
Christen dazu aufgerufen, angespornt vom Beispiel Jesu ihren Beitrag der Versöhnung und des
Friedens durch Vergebung und Großmut zu leisten.“ (Segnung der Grundsteine, Amman-Bethanien
jenseits des Jordan, 10. Mai)
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
8. – 15. Mai 2009
133
„Ich bete, daß Sie sich jetzt und für kommende Generationen des Friedens und
des Wohlstands erfreuen können. Noch einmal vielen Dank. Gott segne Sie alle!“
(Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 11. Mai)
„Ich komme, wie so viele andere vor mir, um an den heiligen Stätten zu beten und um
besonders für den Frieden zu beten – Frieden hier im Heiligen Land und Frieden in aller
Welt. [...] Auch wenn der Name Jerusalem „Stadt des Friedens“ bedeutet, ist es doch
gar zu offenbar, daß über Jahrzehnte hinweg der Friede den Einwohnern dieses heiligen
Landes tragisch vorenthalten blieb. [...] Gemeinsam mit allen Menschen guten Willens
bitte ich inständig alle Verantwortlichen, auf der Suche nach einer gerechten Lösung
der ausstehenden Schwierigkeiten jeden möglichen Weg zu prüfen, auf daß beide
Völker in Frieden in einem eigenen Heimatland innerhalb sicherer und international
anerkannter Grenzen leben können. In dieser Hinsicht hoffe und bete ich, daß bald ein
Klima größeren Vertrauens geschaffen werden kann, welches beide Seiten befähigt,
wirkliche Fortschritte auf dem Weg zu Frieden und Stabilität zu machen. [...] Möge
Gott sein Volk mit Frieden segnen!” (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen
„Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)
„Herr Präsident, in der Gratulationsbotschaft, die ich Ihnen anläßlich Ihrer Amtseinführung sandte, habe ich gerne an Ihren hervorragenden Ruf im Dienst für Ihr Land
erinnert, der durch ein starkes Engagement im Streben nach Gerechtigkeit und Frieden gekennzeichnet ist. Heute nachmittag möchte ich Ihnen wie der neugebildeten
Regierung sowie allen Einwohnern des Staates Israel versichern, daß meine Pilgerreise zu den heiligen Stätten dem Gebet um das kostbare Geschenk der Einheit und
des Friedens für den Nahen Osten und für die ganze Menschheit gewidmet ist. In der
Tat bete ich täglich darum, daß ein aus Gerechtigkeit hervorgehender Friede in das
Heilige Land und die gesamte Region zurückkehre und allen Sicherheit und neue
Hoffnung bringe. Friede ist vor allem ein göttliches Geschenk. Denn Friede ist Gottes
Verheißung an die Menschheit und führt zur Einheit. [...] Kein einzelner, keine Familie, keine Gemeinschaft oder Nation ist von der Pflicht entbunden, in Gerechtigkeit
zu leben und für den Frieden zu arbeiten. [...] Ich höre den Ruf derer, die in diesem
Lande leben, den Ruf nach Gerechtigkeit, nach Frieden, nach Achtung ihrer Würde,
nach dauerhafter Sicherheit, einem Alltag ohne Angst vor Bedrohung von außen und
sinnloser Gewalt. Und ich weiß, daß eine bemerkenswerte Anzahl von Männern, Frauen und Jugendlichen durch Kulturprogramme und durch Initiativen mitfühlender und
praktischer Hilfeleistung für Frieden und Solidarität arbeiten; demütig genug, um zu
vergeben, greifen sie nach dem Traum, der ihr Recht ist. [...] Möge eine echte Umkehr
der Herzen aller zu einem stets bestärkenden Engagement für Frieden und Sicherheit
durch Gerechtigkeit für jeden führen. Shalom!“ (Besuch beim israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)
134
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
„Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist der Gott des Friedens (vgl. Ps 85, 9).“
(Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)
„Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, höre den Schrei der Heimgesuchten, der
Angsterfüllten und der Verwaisten; sende Deinen Frieden auf dieses Heilige Land, auf
den Nahen Osten, und auf die ganze Menschheitsfamilie herab.“ (Gebet an der Western
Wall, Jerusalem, 12. Mai)
„Mit den Worten des Psalmisten bitte ich euch auch, Frieden für Jerusalem zu erbitten
(vgl. Ps 122,6) und ohne Unterlaß für ein Ende des Konflikts zu beten, der so viel Leid
über die Menschen dieses Landes gebracht hat. So erteile ich euch nun meinen Segen.“
(Besuch der Lateinischen Konkathedrale, Jerusalem, 12. Mai)
„Alle, die an einen gnädigen Gott glauben – seien sie Juden, Christen oder Muslime –
müssen als erste diese Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern, wie mühevoll
und langsam der Prozeß auch immer sein mag und wie schwer die Last der Erinnerung
auch immer wiegt. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei anderen
Gelegenheiten gesagt habe: Im Heiligen Land ist Raum für alle!“ (Heilige Messe im
Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)
„Ja, ich bete jeden Tag für Sie alle, und ich bitte den Allmächtigen aufrichtig um Frieden, um einen gerechten und dauernden Frieden in den Palästinensischen Gebieten und
in der ganzen Region. [...] In den Worten des
verstorbenen Papstes Johannes Pauls II. gibt
es „keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und
keine Gerechtigkeit ohne Vergebung“ (Botschaft zum Weltfriedenstag 2002). Ich rufe alle
Parteien dieses langandauernden Konflikts
auf, alle Ressentiments und Spaltungen zu
überwinden, die der Versöhnung noch im Weg
stehen, und großzügig und mitfühlend auf alle
ohne Unterschied zuzugehen. [...] Glauben und
vertrauen Sie, daß durch einen ehrlichen und
ausdauernden Dialog unter voller Achtung der
Anforderungen der Gerechtigkeit wirklich ein
dauerhafter Friede für diese Länder erreichbar
ist. [...] ich bete innig, daß der Gesang, den
die Engel an diesem Ort erklingen ließen, in
Erfüllung gehe: Friede auf Erden, guter Wille unter den Menschen. (Begrüßungszeremonie,
Bethlehem, 13. Mai)
8. – 15. Mai 2009
135
[An die Christen]: „Seid eine Brücke des Dialogs und der konstruktiven Zusammenarbeit
beim Aufbau einer Kultur des Friedens, die uns aus der gegenwärtigen festgefahrenen
Lage von Furcht und Aggression herausführen kann.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)
„In diesem Lager erinnert die Anwesenheit der Franziskanischen Missionsschwestern
vom Unbefleckten Herzen Marias an die charismatische Figur des heiligen Franziskus,
dieses großen Apostels des Friedens und der Versöhnung. Und so möchte ich meine
besondere Dankbarkeit für den enormen Beitrag bekunden, den verschiedene
Glieder der franziskanischen Familie durch ihren Einsatz für die Menschen in diesen
Ländern leisten, indem sie sich zu „Werkzeugen des Friedens“ machen, wie ein
althergebrachtes, dem Heiligen von Assisi zugeschriebenes Wort sagt. Werkzeuge des
Friedens. Wie sehr sehnen sich die Menschen in diesem Lager, in diesen Gebieten
und in dieser ganzen Region nach Frieden! [...] Die ganze Welt sehnt sich danach,
daß diese Spirale durchbrochen werde, sehnt den Frieden herbei, der den ständigen
Kämpfen ein Ende setzt. [...] Wie sehr sehnen wir uns danach, die Früchte der viel
schwierigeren Aufgabe zu sehen, Frieden zu schaffen! Wie ernsthaft beten wir für
ein Ende der Feindseligkeiten, welche den Bau dieser Mauer verursacht haben! [...]
Aber die Geschichte hat gezeigt, daß es nur dann zum Frieden kommt, wenn die
Konfliktparteien gewillt sind, ihren Groll zu überwinden und auf gemeinsame Ziele
hin zusammenzuarbeiten, indem jede die Interessen und die Besorgnisse der anderen
ernst nimmt und sich bemüht, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Es muß
die Bereitschaft vorhanden sein, mutige und phantasievolle Initiativen zur Versöhnung
zu ergreifen: Wenn jeder auf vorgängige Zugeständnisse des anderen beharrt, kann
das Ergebnis nur eine Pattsituation sein. [...]Die Unterstützung der internationalen
Gemeinschaft ist unbedingt notwendig, und daher richte ich einen neuerlichen Appell
an alle Betroffenen, ihren Einfuß zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung
geltend zu machen, und zwar unter Berücksichtigung der legitimen Forderungen aller
Parteien und in Anerkennung ihres Rechts auf ein Leben in Frieden und Würde, in
Übereinstimmung mit dem internationalen Recht. [...] Sie alle rufe ich erneut zu einem
tiefgreifenden Engagement auf, nach dem Vorbild des heiligen Franziskus und anderer
großer Friedensstifter den Frieden und die Gewaltlosigkeit zu fördern. Der Friede muß
im Hause, in der Familie, im Herzen seinen Anfang nehmen. Ich bete weiterhin darum,
daß alle in den Konflikt verwickelten Parteien in diesen Ländern den Mut und die
Phantasie aufbringen, den anspruchsvollen, aber unverzichtbaren Weg der Versöhnung
zu beschreiten. Möge der Friede in diesen Ländern eine neue Blütezeit erleben! Gott
segne sein Volk mit Frieden! (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, 13. Mai)
„Ich versichere Ihnen allen, daß ich Sie in meinem Herzen mitnehme und ich sehnlichst
wünsche, Friede und Versöhnung in diesen leidgeprüften Gebieten zu erleben. [...] Auch
wenn es ein leichtes ist, Mauern zu errichten, wissen wir doch alle, daß sie nicht auf ewig
Bestand haben. Sie können niedergerissen werden. Zuerst ist es jedoch notwendig, die
136
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Mauern zu entfernen, die wir um unsere Herzen errichten, wie auch die Barrieren, die
wir gegen unsere Nächsten aufstellen. [...] Ich wünsche Ihnen, dem palästinensischen
Volk, aufrichtig, daß dies bald der Fall sein möge und daß Sie sich endlich des Friedens,
der Freiheit und der Stabilität erfreuen können, die Ihnen so lange vorenthalten
waren. Seien Sie gewiß, daß ich weiterhin jede Gelegenheit nutzen werde, um alle
an den Friedensverhandlungen Beteiligten dringend aufzufordern, auf eine gerechte
Lösung hinzuarbeiten, die die legitimen Ansprüche der Israelis und der Palästinenser
gleichermaßen achtet. Als wichtigen Schritt in diese Richtung blickt der Heilige Stuhl
freudig der baldigen Einrichtung der Ständigen Bilateralen Arbeitskommission mit
der Palästinensischen Autonomiebehörde entgegen, die in dem am 15. Februar 2000
unterzeichneten Grundsatzabkommen ins Auge gefaßt wurde (vgl. Grundsatzabkommen
zwischen dem Heiligen Stuhl und der Palästinensischen Befreiungsorganisation,
Art. 9). [...] Und er [Gott] möge das palästinensische Volk mit Frieden segnen.“
(Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)
„In der Mitte aller religiösen Traditionen steht die Überzeugung, daß der Frieden selbst
ein Geschenk Gottes ist, auch wenn er nicht ohne menschliche Anstrengung erlangt
werden kann. Dauerhafter Frieden entspringt der Erkenntnis, daß die Welt letztlich nicht
uns selbst gehört, sondern vielmehr den Hintergrund bildet, vor dem wir eingeladen
sind, an Gottes Liebe teilzuhaben und unter seiner Führung bei der Lenkung der Welt
und der Geschichte mitzuarbeiten.“ (Inter-Religiöses Treffen, Nazareth, 14. Mai)
„Als Christen wissen wir, daß der Friede, nach dem dieses von Streit zerrissene Land
sich sehnt, einen Namen hat: Jesus Christus. „Er ist unser Friede“, der uns mit Gott
in einem einzigen Leib durch das Kreuz versöhnte und die Feindschaft beendete (vgl.
Eph 2, 14.16). [...] Jesus fragt einen jeden von uns, Zeuge der Einheit und des Friedens
zu sein für alle, die in dieser Stadt des Friedens wohnen. [...] Als das Lamm Gottes
ist er der Quell jener Versöhnung, die zugleich Gabe Gottes und heilige Aufgabe ist,
die uns auferlegt ist. Als der Friedensfürst ist er der Quell jenes Friedens, der alles
Verstehen übersteigt, des Friedens des neuen Jerusalems.“ (Besuch in der Heiligen
Grabeskirche, 15. Mai)
„Herr Präsident, ich danke Ihnen für die Herzlichkeit Ihrer Gastfreundschaft, die
ich sehr zu schätzen weiß, und ich möchte festhalten, daß ich in dieses Land als
Freund der Israelis zu Besuch gekommen bin, genauso wie ich auch ein Freund des
palästinensischen Volkes bin. Freunde verbringen gerne ihre Zeit miteinander, und
es betrübt sie sehr zu sehen, wie der andere leidet. Ein Freund der Israelis und der
Palästinenser kann nur traurig sein über die weiter bestehende Spannung zwischen Ihren
beiden Völkern. Ein Freund kann nur weinen angesichts des Leids und des Verlusts
von Menschenleben, die beide Völker in den vergangenen sechs Jahrzehnten erlitten
haben. Erlauben Sie mir, diesen Appell an alle Menschen dieser Länder zu richten:
8. – 15. Mai 2009
137
Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg
mehr! Laßt uns statt dessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden
Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung
walten. Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu
existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu
genießen. Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf
eine souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit
hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.
Von diesen Ländern her soll sich der Frieden ausbreiten, sie sollen als ein „Licht für
die Völker“ (Jes 42,6) dienen und den vielen anderen Regionen, die unter Konflikten
leiden, Hoffnung bringen. Einer der traurigsten Anblicke während meines Besuchs hier
war für mich die Mauer. Als ich an ihr vorbeikam, habe ich für eine Zukunft gebetet,
in der die Völker des Heiligen Landes in Frieden und Eintracht zusammenleben
können, ohne solche Instrumente der Sicherheit und der Trennung zu brauchen, sondern
vielmehr in gegenseitiger Achtung und Vertrauen zueinander sowie unter Verzicht auf
alle Formen der Gewalt und Aggression. Herr Präsident, ich weiß, wie hart es sein wird,
dieses Ziel zu erreichen. Ich weiß, wie schwierig Ihre Aufgabe ist, genau wie jene der
palästinensischen Autonomiebehörde. Ich versichere Sie jedoch meiner Gebete, und die
Gebete der Katholiken in aller Welt begleiten Sie in Ihren weiteren Bemühungen, einen
gerechten und dauerhaften Frieden in dieser Region zu schaffen.“ (Abschiedszeremonie,
Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)
„Es gibt sehr große Schwierigkeiten – das wissen wir, und das haben wir gesehen
und gehört. Aber ich habe auch gesehen, daß auf allen Seiten ein tiefer Wunsch nach
Frieden vorhanden ist. Die Schwierigkeiten sind sichtbarer, und wir dürfen sie nicht
verstecken: Es gibt sie, und sie müssen geklärt werden. Der allgemeine Wunsch nach
Frieden, nach Brüderlichkeit ist zwar nicht so augenfällig, aber mir scheint, wir müssen
auch darüber sprechen und alle in diesem Willen ermutigen, um die sicherlich nicht
einfachen Lösungen für diese Schwierigkeiten zu finden.“ (Grußworte an die Journalisten
während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)

Das
Leiden und die Rechte der Palästinenser
„Es ist meine aufrichtige Hoffnung, daß alle Pilger zu den heiligen Stätten freien und
uneingeschränkten Zutritt haben können, um an religiösen Feiern teilzunehmen und
für einen angemessenen Unterhalt der Gotteshäuser an den heiligen Stätten zu sorgen.“
(Arrival in Tel Aviv, May 11)
„Wenn ich heute vor euch stehe, möchte ich den Schwierigkeiten, dem Schmerz und
dem Leid Anerkennung zollen, die so viele von euch infolge der Konflikte ertragen
138
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
mußten, die diese Region heimgesucht
haben, sowie den bitteren Erfahrungen der
Vertreibung, die so viele eurer Familien
gemacht haben und – Gott verhüte es –
vielleicht noch machen müssen.“ (Heilige
Messe im Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)
„Ich weiß, wie sehr Sie an der seit Jahrzehnten in diesem Land herrschenden
Unruhe gelitten haben und weiter leiden.
Mein Herz wendet sich all jenen Familien
zu, die kein Zuhause mehr haben. Heute
nachmittag werde ich das Aida Refugee
Camp besuchen, um den Menschen, die
so viel verloren haben, meine Solidarität
zu bekunden. All jenen unter Ihnen, die
über den Verlust von Angehörigen und
Freunden in den gewaltsamen Auseinandersetzungen und besonders in den jüngsten Konflikten in Gaza trauern, versichere
ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufiges Gebetsgedenken. [...] Herr Präsident,
der Heilige Stuhl unterstützt das Recht
Ihres Volkes auf eine eigenständige palästinensische Heimat im Land seiner Vorfahren
in Sicherheit und in Frieden mit seinen Nachbarn innerhalb von international anerkannten Grenzen. [...] Ich habe die feste Hoffnung, daß die ernsten Bedenken bezüglich der
Sicherheit in Israel und in den Palästinensischen Gebieten bald hinreichend beschwichtigt werden können, so daß eine größere Bewegungsfreiheit möglich wird, vor allem
hinsichtlich des Kontakts zwischen Familienangehörigen und hinsichtlich des Zugangs
zu den heiligen Stätten. Palästinenser haben wie alle anderen ein natürliches Recht,
zu heiraten, Familien zu gründen und zu Arbeit, Ausbildung und Gesundheitsfürsorge
Zugang zu erhalten. Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft der Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo immer Wohnhäuser,
Schulen und Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der
jüngsten Kampfhandlungen im Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen
dieses Landes in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen.“
(Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)
„Überall verbinden Menschen Betlehem mit dieser Frohbotschaft von Wiedergeburt,
Erneuerung, Licht und Freiheit. Und doch scheint die großartige Verheißung hier, mitten
unter uns, so fern von ihrer Verwirklichung zu sein! Wie weit entfernt erscheint uns
8. – 15. Mai 2009
139
dieses Reich der großen Herrschaft und des Friedens, der Sicherheit, der Gerechtigkeit
und des Rechts, das der Prophet Jesaja in der ersten Lesung verkündet hat (vgl. Jes
9,6) und das wir mit dem Kommen Jesu Christi, dem Messias und König, als endgültig
eingesetzt verkünden!“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)
„Mein Besuch im Aida Refugee Camp an diesem Nachmittag bietet mir eine
willkommene Gelegenheit, meine Solidarität mit allen heimatlosen Palästinensern zu
bekunden, die sich danach sehnen, an ihren Geburtsort zurückkehren zu können oder
ständig in ihrem eigenen Heimatland zu leben. [...] Ich weiß, daß viele Ihrer Familien
auseinandergerissen sind – durch Gefangenschaft einzelner Familienmitglieder oder
aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit – und viele unter Ihnen haben im Laufe
der Feindseligkeiten den schmerzlichen Verlust von Angehörigen erlebt. Alle, die in
dieser Weise leiden, haben mein Mitgefühl. Bitte seien Sie versichert, daß ich aller
palästinensischen Flüchtlinge auf der ganzen Welt, besonders derjenigen, die während
des jüngsten Konflikts im Gazastreifen ihre Häuser und geliebte Menschen verloren
haben, ständig in meinen Gebeten gedenke. [...] Sie leben jetzt unter unsicheren
und schwierigen Bedingungen, mit begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten. Es
ist verständlich, daß Sie sich oft frustriert fühlen. Ihr legitimes Streben nach einem
ständigen Zuhause, nach einem unabhängigen palästinensischen Staat, bleibt unerfüllt.
Statt dessen sehen Sie sich – wie so viele in dieser Region und in der ganzen Welt
– gefangen in einer Spirale der Gewalt, von Angriff und Gegenangriff, Vergeltung
und fortwährender Zerstörung. [...] Über uns, die wir uns an diesem Nachmittag hier
versammeln, steht hoch aufragend ein krasses Mahnmal für die Pattsituation, in welche
die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern geraten zu sein scheinen – die
Mauer.“ (Besuch des Aida-Flüchtlingslagers, Bethlehem, 13. Mai)
„Es war für mich sehr bewegend, auch die Zeugnisse der Bewohner zu hören,
die über die Lebensumstände hier in der West Bank und im Gazastreifen zu uns
gesprochen haben. [...] Schmerzlich wurde mir die Lage der Flüchtlinge deutlich, die
wie die heilige Familie aus ihrem Zuhause fliehen mußten. Und ich habe die an das
Flüchtlingslager angrenzende und Betlehem überschattende Mauer gesehen, die in
euere Gebiete eindringt, Nachbarn voneinander trennt und Familien auseinanderreißt.”
(Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)
„Ich bete, daß die von den Christen Jerusalems angestrebten Ziele als übereinstimmend
mit denen aller Einwohner, gleich welcher Religionszugehörigkeit, verstanden werden:
ein Leben in Religionsfreiheit und friedlicher Koexistenz und – besonders für die
jungen Menschen – unbehinderter Zugang zu Ausbildung und Beruf, die Aussicht
auf ein angemessenes Wohnen und ein Zuhause für die Familien sowie die Chance,
von wirtschaftlicher Stabilität zu profitieren und auch selber dazu beizutragen.“
(Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates, Jerusalem, 15. Mai)
140
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
„Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf eine
souveräne, unabhängige Heimat, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat.
Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.“
(Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen “Ben Gurion”, Tel Aviv, 15. Mai)

Die
Rechte Israels
„Auf tragische Weise haben jüdische Menschen die schrecklichen Folgen von Ideologien
erfahren, welche die grundlegende Würde jeder menschlichen Person leugnen. Es ist
recht und angemessen, daß ich während meines Aufenthalts in Israel die Gelegenheit
haben werde, der sechs Millionen jüdischen Opfer der Schoah zu gedenken und zu
beten, daß die Menschheit nie wieder Zeuge eines Verbrechens dieses Ausmaßes
sein werde. Leider zeigt der Antisemitismus in vielen Teilen der Welt weiterhin seine
häßliche Fratze. Das ist völlig inakzeptabel. Jede Anstrengung muß unternommen
werden, um den Antisemitismus zu bekämpfen, wo immer er angetroffen wird, und um
Respekt und Achtung vor den Menschen jedes Volkes, jedes Stammes, jeder Sprache
und Nation auf der Erde zu fördern.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen
„Ben Gurion”, Tel Aviv, 11. Mai)
„Die Heilige Schrift bietet uns auch ein Verständnis des Begriffs „Sicherheit“. Nach
hebräischem Sprachgebrauch leitet sich „Sicherheit“ - batah - von „Vertrauen“ ab und
bezieht sich nicht nur auf das Nicht-vorhanden-Sein von Bedrohung, sondern auch
auf das Empfinden von Ruhe und
Zuversicht. [...] Ich höre den Ruf
derer, die in diesem Lande leben,
den Ruf nach Gerechtigkeit, nach
Frieden, nach Achtung ihrer Würde,
nach
dauerhafter
Sicherheit,
einem Alltag ohne Angst vor
Bedrohung von außen und sinnloser
Gewalt.“ (Besuch beim israelischen
Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)
„Ich bin gekommen, um in Stille
vor diesem Denkmal zu stehen,
das zur ehrenvollen Erinnerung an
die Millionen in der schrecklichen
Tragödie der Schoah getöteten
Juden errichtet wurde. Sie haben
ihr Leben verloren, doch niemals
8. – 15. Mai 2009
141
werden sie ihre Namen verlieren: Diese sind fest in die Herzen ihrer Lieben, ihrer
Mitgefangenen, die überlebt haben, und all jener eingeschrieben, die entschlossen
sind, niemals zuzulassen, daß eine solche Grausamkeit wieder über die Menschheit
hereinbricht. Mehr als alles andere sind ihre Namen für immer in das Gedächtnis
des Allmächtigen Gottes eingeprägt. Man kann einen Mitmenschen seines Besitzes,
seiner Chancen oder seiner Freiheit berauben. Man kann ein heimtückisches Netz
von Lügen spinnen, um andere zu überzeugen, daß gewisse Gruppen keine Achtung
verdienen. Doch sosehr sich einer auch bemüht, man kann niemals den Namen eines
Mitmenschen wegnehmen.“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)
„Auch wenn die Verwirklichung dieses Ziels heute noch fern erscheint, fordere ich Sie
und Ihr Volk auf, die Flamme der Hoffnung am Leben zu erhalten, einer Hoffnung, daß
ein Weg gefunden werden kann, die legitimen Ansprüche beider Seiten, der Israelis und
der Palästinenser, zu erfüllen.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)
„Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ist unbedingt notwendig,
und daher richte ich einen neuerlichen Appell an alle Betroffenen, ihren Einfuß
zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung geltend zu machen, und zwar
unter Berücksichtigung der legitimen Forderungen aller Parteien und in Anerkennung
ihres Rechts auf ein Leben in Frieden und Würde, in Übereinstimmung mit dem
internationalen Recht.“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, Bethlehem, 13. Mai)
„Seien Sie gewiß, daß ich weiterhin jede Gelegenheit nutzen werde, um alle an
den Friedensverhandlungen Beteiligten dringend aufzufordern, auf eine gerechte
Lösung hinzuarbeiten, die die legitimen Ansprüche der Israelis und der Palästinenser
gleichermaßen achtet.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalas
„Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren
und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen.
[...] Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.“
(Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)

Gaza
„All jenen unter Ihnen, die über den Verlust von Angehörigen und Freunden in den
gewaltsamen Auseinandersetzungen und besonders in den jüngsten Konflikten in Gaza
trauern, versichere ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufiges Gebetsgedenken.
[...] Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft der
Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo immer Wohnhäuser, Schulen und
Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der jüngsten
142
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Kampfhandlungen im Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen
dieses Landes in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen.“
(Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)
„In besonderer Weise wende ich mein Herz den Pilgern aus dem vom Krieg erschütterten
Gazastreifen zu: Ich bitte euch, eure Familien und eure Gemeinden meiner innigen
Verbundenheit zu versichern, meiner tiefen Trauer über die erlittenen Verluste und
meines Gebetsbeistands für das große Werk des Wiederaufbaus, das nun vor euch
liegt.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)
„Bitte seien Sie versichert, daß ich aller palästinensischen Flüchtlinge auf der ganzen
Welt, besonders derjenigen, die während des jüngsten Konflikts im Gazastreifen ihre
Häuser und geliebte Menschen verloren haben, ständig in meinen Gebeten gedenke.“
(Besuch des Aida-Flüchtlingslagers, 13. Mai)
„Es war für mich sehr bewegend, auch die Zeugnisse der Bewohner zu hören, die über
die Lebensumstände hier in der West Bank und im Gazastreifen zu uns gesprochen
haben. Ich versichere Ihnen allen, daß ich Sie in meinem Herzen mitnehme und ich
sehnlichst wünsche, Friede und Versöhnung in diesen leidgeprüften Gebieten zu
erleben.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)
Photo : CTS / MAB
8. – 15. Mai 2009

Die
143
Berufung und Situation Jerusalems
„Auch wenn der Name Jerusalem „Stadt des Friedens“ bedeutet, ist es doch gar zu
offenbar, daß über Jahrzehnte hinweg der Friede den Einwohnern dieses heiligen
Landes tragisch vorenthalten blieb.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen
„Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)
„Meine Freunde, Jerusalem, das seit jeher ein Kreuzungspunkt für Völker unterschiedlicher Herkunft war, ist eine Stadt, die Juden, Christen und Muslimen sowohl die Pflicht
auferlegt als auch das Privileg bietet, gemeinsam das von den Anbetern des einen Gottes lang ersehnte friedliche Zusammenleben zu bezeugen, den Plan des Allmächtigen
für die Einheit der dem Abraham verheißenen Menschheitsfamilie zu offenbaren und
die wahre Natur des Menschen als Gottsucher zu verkünden.“ (Besuch beim israelischen
Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)
„Gott aller Zeiten,
an meinem Besuch von Jerusalem,
der ‚Stadt des Friedens’,
der geistlichen Heimat der Juden,
Christen und Muslime gleichermaßen,
bringe ich vor Dich die Freuden,
Hoffnungen und die Sehnsüchte, die Prüfungen,
das Leid und die Schmerzen Deines ganzen Erdenvolkes.“
(Gebet an der Western Wall, Jerusalem, 12. Mai)
„Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben,
anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und
jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will. Leider
müssen wir unterhalb der Mauern dieser Stadt auch darüber nachdenken, wie weit
unsere Welt von der vollkommenen Erfüllung dieser Prophezeiung und Verheißung
entfernt ist. In dieser heiligen Stadt, wo das Leben den Tod überwand, wo der Geist
ausgegossen wurde als Erstlingsfrucht der neuen Schöpfung, kämpft die Hoffnung
immer noch gegen Verzweiflung, Frustration und Zynismus und ist der Friede, das
Geschenk und der Ruf Gottes, immer noch bedroht durch Konflikte, Uneinigkeit und
die Last geschehenen Unrechts. [...] Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle,
die dieses irdische Jerusalem lieben, anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung
jener universalen Versöhnung und jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze
Menschheitsfamilie will. Leider müssen wir unterhalb der Mauern dieser Stadt auch
darüber nachdenken, wie weit unsere Welt von der vollkommenen Erfüllung dieser
Prophezeiung und Verheißung entfernt ist. In dieser heiligen Stadt, wo das Leben
den Tod überwand, wo der Geist ausgegossen wurde als Erstlingsfrucht der neuen
144
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Schöpfung, kämpft die Hoffnung immer noch gegen Verzweiflung, Frustration und
Zynismus und ist der Friede, das Geschenk und der Ruf Gottes, immer noch bedroht
durch Konflikte, Uneinigkeit und die Last geschehenen Unrechts. (Heilige Messe im
Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)

Religionsfreiheit
„In dieser Hinsicht müssen wir feststellen, daß das Recht auf Religionsfreiheit sich
über die Frage des Kultes hinaus erstreckt und das Recht – besonders der Minderheiten
– auf fairen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen
Lebens einschließt.“ („Al-Hussein Ibn Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)
„Wenn man die religiöse Dimension des Menschen leugnet oder beiseite schiebt, wird
damit die eigentliche Grundlage für ein rechtes Verständnis der unveräußerlichen Rechte
des Menschen aufs Spiel gesetzt.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben
Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)
„Es ist ein Zeichen des Respekts dieses Landes für die
verschiedenen Religionen, daß
die katholische Gemeinschaft
Jordaniens die Möglichkeit hat,
öffentliche Gottesdienststätten
zu errichten. In ihrem Namen
möchte ich zum Ausdruck bringen, wie sehr diese Offenheit
gewürdigt wird. Religionsfreiheit ist in der Tat ein grundlegendes Menschenrecht, und es
ist meine inständige Hoffnung
und mein Gebet, daß die Wertschätzung für die unveräußerlichen Rechte und die Würde
jedes Menschen zunehmend
anerkannt und verteidigt werden – nicht nur im Nahen Osten, sondern in jedem Teil der
Welt.“ (Begrüßungszeremonie,
Internationaler Flughafen „Queen
Alia“, Amman, 8. Mai)
Photo : Gabriela Mihlig
8. – 15. Mai 2009
145
Der eine Gott und die Einheit
der Menschheitsfamilie
„Und wir werden daran erinnert, daß unsere gemeinsame menschliche Würde es ist,
welche die allgemeinen Menschenrechte begründet, die für jeden Mann und jede
Frau in gleicher Weise gelten, unabhängig von religiöser, sozialer oder ethnischer
Zugehörigkeit.“ („Al Hussein Ibn Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)
„Darum müssen die religiösen Führer bedenken, daß jede Teilung oder Spannung, jede
Tendenz zu Zurückgezogenheit oder Mißtrauen unter den Gläubigen oder zwischen
unseren Gemeinschaften leicht zu einem Gegensatz führen kann, der die Einzigkeit
des Allmächtigen verdunkelt, unsere Einheit verrät und im Widerspruch steht zu dem
Einen, der sich selbst als „reich an Huld und Treue“ offenbart (Ex 34,6; vgl. Ps 136,2;
Ps 85,11). Meine Freunde, Jerusalem, das seit jeher ein Kreuzungspunkt für Völker
unterschiedlicher Herkunft war, ist eine Stadt, die Juden, Christen und Muslimen
[...] den Plan des Allmächtigen für die Einheit der dem Abraham verheißenen
Menschheitsfamilie zu offenbaren [...] Lassen Sie uns den Vorsatz fassen, dafür zu
sorgen, daß wir unseren jeweiligen Gemeinschaften durch die Unterweisung und die
Führung helfen, ihrem eigentlichen Wesen als Gläubige treu zu sein und stets die
unendliche Güte Gottes, die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen und die
Einheit der gesamten Menschheitsfamilie im Bewußtsein zu haben. [...] Sehr geehrte
Damen und Herrn, dauerhafte Sicherheit ist eine Sache des Vertrauens, das durch
Gerechtigkeit und Redlichkeit genährt und durch die Umkehr der Herzen besiegelt
wird, die uns bewegt, dem anderen in die Augen zu schauen und mein Gegenüber, das
„Du“, als Meinesgleichen, als meinen Bruder oder meine Schwester zu erkennen.“
(Besuch des israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)
„Aus diesem Grund ist es so wichtig, daß jene, die den einen Gott anbeten, sichtbar
machen, daß sie sowohl auf dem Boden der Einheit der ganzen Menschheitsfamilie
stehen als auch auf sie ausgerichtet sind. Man könnte mit anderen Worten sagen, daß die
Treue zu dem einen Gott, dem Schöpfer, dem Allerhöchsten, dazu führt anzuerkennen,
daß alle Menschen grundlegend miteinander verbunden sind, da alle ihr Dasein einer
einzigen Quelle verdanken und auf ein gemeinsames Ziel hingeordnet sind. Ihnen allen
ist das unauslöschliche Abbild des Göttlichen eingeprägt und sie sind dazu berufen, aktiv
an der Heilung der Trennungen mitzuarbeiten und die Solidarität unter den Menschen zu
fördern. [...] Die Vernunft öffnet den Geist für die Erkenntnis des gemeinsamen Wesens
und des gemeinsamen Ziels der Menschheitsfamilie, während die Freiheit das Herz
anspornt, den anderen anzunehmen und ihm in Liebe zu dienen. So werden die ungeteilte
146
Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Liebe zu dem einen Gott und die Liebe zum Nächsten zum Angelpunkt, um den sich
alles andere dreht. Aus diesem Grund arbeiten wir unermüdlich daran, die Herzen der
Menschen vor Haß, Groll und Rachegelüsten zu bewahren. [...] Ich versichere Ihnen,
daß die Kirche den innigen Wunsch hat, zum Wohl der Menschheitsfamilie beizutragen.
Sie glaubt fest, daß die Erfüllung des Versprechens, das Gott Abraham gegeben hat,
ihrem Ziel nach universal ist und alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder
ihrem gesellschaftlichen Status umfaßt. Ich bete, daß Moslems und Christen bei der
Weiterführung des bereits begonnen respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie
das Einsein Gottes untrennbar mit der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist.
(Besuch beim Grußmufti, Jerusalem, 12. Mai)
„Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben,
anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und
jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will.“ (Heilige
Messe in Jerusalem, 12. Mai)
„In Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens wird sie bemüht sein sicherzustellen,
daß das Licht der Wahrheit, des Friedens und der Güte weiterhin von Galiläa
ausstrahlen wird und Menschen weltweit dazu anleitet, all das anzustreben, was die
Einheit der Menschheitsfamilie stärkt.“ (Grußworte an die Religionsführer von Galiläa,
Nazareth, 14. Mai)
8. – 15. Mai 2009
147
Dankbrief
von Papst Benedikt XVI.
An Seine Seligkeit Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus
Christus.“ (Gal 1,3)
Ich schreibe Ihnen, Eure Seligkeit, und an alle Ihre kollegialen Ordinarien, um
Ihnen für Ihre liebenswürdige Einladung zu danken, das Heilige Land zu besuchen,
und für Ihre großzügige Gastfreundschaft, die Sie mir während meines kürzlich
stattgefundenen Aufenthaltes unter Ihnen zu teil werden ließen. Es war mir eine große
Freude, die heilige Liturgie mit Ihnen und mit so vielen Gläubigen an den Heiligen
Stätten, die mit den zentralen Mysterien der Erlösung verbunden sind, zu feiern.
Ich selbst als ein Pilger, spreche im Namen von unzähligen Generationen von
Pilgern der Vergangenheit und Gegenwart, wenn ich Ihnen für den Empfang danke,
den wir erhielten, und für die Sorge, die Sie für die Heiligen Stätten geben, damit sie
aufrecht erhalten bleiben. Ich bin mir sicher, daß sich die Tradition des Pilgerns auch
noch lange in die Zukunft hinein erhalten wird. Ich bete besonders dafür, daß die
politischen Spannungen und Reisebeschränkungen bald eine Tatsache sein werden, die
der Vergangenheit zuzuordnen sind, damit alle Christen, von zuhause und aus dem
Ausland, ungehinderten und freien Zugang zu den Heiligen Stätten haben können.
Ich bitte Sie, Ihre Herde in meinem Namen zu grüßen und sie meiner geistlichen
Nähe in allen ihren Prüfungen und in all Ihrer Drangsal, die sie als Konsequenz der
Unruhe zu erdulden haben, die viele Teile des Heiligen Landes plagt, zu versichern.
Nochmals bitte ich Sie inständig in Ihrem wahrheitsgetreuen und gemeinsamen
Zeugnis für das Evangelium im Land, wo Jesus lebte, lehrte, starb und vom Tod
erstand, um der ganzen Welt die Erlösung zu bringen, auszuharren.
Mit diesen Gedanken versichere ich Ihnen und allen Ordinarien des Heiligen
Landes, zusammen mit den Gläubigen, die sich Ihrer pastoralen Fürsorge anvertraut
haben, meine beständigen Gebete und erteile Ihnen mit Freude meinen Apostolischen
Segen.
Vatikanstadt, 26. Mai 2009.
† Benedictus XVI
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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land
Antwort von Patriarch Fouad
Prot. N. (1) 700 / 09
Jerusalem, 29. Juni 2009
Eure Heiligkeit!
Mit großer Bewegtheit erhielt ich Ihren herzlichen und gnadenreichen Brief. Ihr
väterlicher Besuch unter uns war wahrlich der eines Vaters: tröstend, ermutigend
und führend. Ihre Präsenz zeigte uns, daß wir einen mutigen Hirten haben, der nicht
zögert, sogar in einer Zeit zu kommen, in der die Umstände sehr schwierig sind, um
seine Herde im Glauben zu stärken. Wir sind dankbar für die Gelegenheit, die es
ermöglicht hat, die Gläubigen zu einem Leib zu vereinen, der Sie willkommen heißt
und um mit Ihnen zu beten und unseren Herrn und Erlöser an allen Orten, wo er
lebte, starb und für uns vom Tod erstanden ist, anzubeten.
Ihre Worte an uns - so einfach und direkt - brachten das starke Mitleid Gottes
zum Ausdruck und führten stets Ihre Gesprächspartner in ihrer Menschlichkeit einen
Schritt vorwärts, um Frieden und Fortschritt in unser unruhiges Land zu bringen. Das
Wichtigste war, daß Sie Ihre Herde über ihre Sendung zum Nachdenken brachten, ihre
Berufung in Christus zu leben, und somit Hoffnung zu allen Menschen zu bringen. Sie
haben uns darin ein Beispiel gegeben und in uns die Hoffnung erneuert. Das ermutigt
uns innig, damit wir uns unserer Berufung gegenüber aufs Neue verpflichten, weiterhin
Zeugnis vom Auferstandenen zu geben.
Wir sind überzeugt, daß Ihre weisen und lehrreichen Worte nicht verloren
gehen, sondern unser Volk belehren, welches sich ihrer Mission und ihrem Leben
gegenüberstehend weiß. Aus diesem Anlaß veröffentlichen wir ein Buch mit all Ihren
Reden und verteilen dieses an unsere Gläubigen. Wir hoffen, daß unsere Priester Ihre
Worte immer wieder aufs Neue aufgreifen werden und damit den ihnen anvertrauten
Gläubigen helfen mögen, das Evangelium zu leben.
Ich überbringe Eurer Heiligkeit, stellvertretend für die Vereinigung der
Katholischen Bischöfe und für die Christen, die in den Ländern leben, in denen „Jesus
lebte, lehrte, starb und vom Tod erstanden war“, meinen aufrichtigen Dank für Ihre
Präsenz, Ihre Worte und für Ihr Christuszeugnis, unseren Herrn.
In Christus, Unseren Erlöser.
† Fouad Twal, Patriarch
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Das Logo, welches für die Pilgerreise von Papst Benedikt XVI. gewählt
wurde, ist eine Reproduktion der Statue des Heiligtums von der Primatsstelle
des Petrus, auch Mensa Christi genannt, welche bei Tabgha, am Seeufer von
Tiberias liegt. Sie steht an der Frontseite des Heiligtums. Diese Bronzestatue ist
eine Arbeit von Fr. Andrea Martini OFM.
Biblische Sichtweise: Es war in Tabgha, als Jesus nach seiner Auferstehung
mit seinen Jüngern das Brot teilte und auch den Fisch, welchen sie auf
wunderbare Weise gefangen hatten. Die Apostel wurden in ihrem Glauben an
den Auferstandenen bestärkt. Jesus fragte dort Simon Petrus dreimal: „Liebst
du mich?“ und bestätigte ihn in seinem Hirtenauftrag mit den Worten: „Weide
meine Schafe!“.
Künstlerische Perspektive: Die Haltung des Petrus, der sich vor Jesus
niederwirft, bringt zweierlei zum Ausdruck: Während er unter der Last seiner
Mission gebeugt ist, gibt er sich im selben Moment Jesus ganz hin. Deshalb kann
er sie weiter tragen in seiner Liebe zu seinem Meister. Jesus wird dargestellt, wie
er feierlich das Hirtenamt an Petrus überträgt, aber auch den Segen und seine
Freundschaft. Die Silhouette der beiden Personen ist auf einem Fels befestigt, als
Symbol der Worte Christi an Petrus: „Du bist Petrus, der Fels.“
Die allgemeine Bedeutung des Logos ist sowohl eminent spirituell, als
auch pastoral. Papst Benedikt XVI., als Nachfolger des heiligen Petrus, kommt
als Pilger in das Heilige Land, um seine Liebe zu Jesus neu zu bestätigen, an der
Sendung der Mutter Kirche teilzuhaben, und um seine Brüder im Glauben zu
stärken.