Bernhard Worms, der Beständige

Transcrição

Bernhard Worms, der Beständige
Rede
von Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers
anlässlich der Feier zum 80. Geburtstag
von Bernhard Worms
am 28. März, 11.30 Uhr,
in der Abtei Brauweiler
Lieber Bernhard,
es ist nicht das erste Mal, dass ich eine Geburtstagsrede auf Dich halte.
Das erste Mal war es zu Deinem 60. Geburtstag.
Damals habe ich über Dich als „Landfahrer und Landpfarrer“
gesprochen.
Das zweite Mal zum 65.
Diese Rede in dem offiziellen, eher nicht beabsichtigen Ruhestand stand
unter der Überschrift „Schaff’ schön weiter.“
Zuletzt zum 75.
Da habe ich über Dich als guten Freund gesprochen.
Heute, zu Deinem 80. Geburtstag, gibt es noch keine Gesamtwürdigung
Deines Lebenswerkes.
Du kannst so gar nicht aufhören.
Und das ist gut so.
Ich habe mir also ein neues Thema ausgesucht.
Meine Frage heißt:
Was bist Du für ein Mensch?
Wer Dich kennt, weiß:
Du bist ein Rheinländer durch und durch.
Wer Dich besser kennt, weiß aber auch:
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Du lebst als Rheinländer preußische Tugenden.
Der Preuße aus Pulheim
Es sind die Tugenden, die Dein Vater vorgelebt hat.
Ein Postbeamter, konsequent in der Pflichterfüllung.
Ein Christ, ein Kommunalpolitiker, ein ehrenwerter Mann.
Unterstützt von Deiner Mutter, die Dich gelehrt hat,
Gottes Gebote zu achten.
Das prägt!
Treue und Verlässlichkeit,
Wahrheitsliebe und Pflichtbewusstsein,
Die Bereitschaft zu verzichten und zu dienen.
Die christliche Nächstenliebe.
Diese Tugenden lebst Du.
Sie haben Dir geholfen, einen einzigartigen Weg zu gehen.
Den Weg eines rheinischen Preußen!
Ein Mann mit Verstand, Hingabe und Herz
Die Vorsorge Deiner Eltern ging noch weiter.
Dein Namenspatron ist Bernhard von Clairvaux.
Der hatte sich täglich gefragt:
„Bernarde ad quid venisti“? Wozu bist du hier?
Und Deine Antwort?
„Ich will zurückgeben, was Eltern, Kirche, Staat und Gesellschaft mir
mitgegeben haben.“
Das hast Du getan.
Als Familienmensch, Christ, Beamter und Politiker.
Du hast es mit Verstand getan.
Du formulierst das etwas zackiger:
„Gehörtes verarbeiten, Schlüsse ziehen, Schlüsse umsetzen.“
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Du hast es mit Hingabe getan:
Dir ging es nie um Positionen, immer um die Sache.
Und noch besser: Um die Menschen.
Du hast es mit Herz getan:
Und da fragen Sie mal Antonius Rüsenberg.
Der arme Mann pendelte in den 80ern jeden Tag von Höxter nach
Düsseldorf.
Und Fraktionsvorsitzender Worms tat damals was?
Er begrüßte den jungen Kollegen morgens mit Kaffee und Brötchen.
Nein, das ist keine Kleinigkeit.
Das ist einer der vielen Belege für seine Menschlichkeit.
Und das macht ihn in unserer Branche zu etwas Besonderem.
Bernhard, der Beständige
Deinen Prinzipien bist Du treu geblieben.
Deine Ausdauer ist bewundernswert.
Hier mal ein einige Zahlen:
Seit mehr als 60 Jahren engagierst Du Dich für die CDU.
Du hast Deinem Vater schon beim Plakate kleben geholfen.
Du hast später in den zwanzig Jahren als Landespolitiker NordrheinWestfalen entscheidend mitgeprägt.
Die kommunale Neuordnung ist maßgeblich auch Dein Verdienst.
Pulheim, den Erftkreis gäbe es ohne Dich nicht so, wie wir sie heute
haben.
Du warst Abgeordneter im Bundestag und Staatssekretär im
Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Heute bist Du Präsident der Europäischen Seniorenunion.
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Seit fast 40 Jahren machst Du Dich in der
Gold-Kraemer-Stiftung für behinderte Menschen stark.
Seit fast 30 Jahren hilfst Du, dass der 1. FC Köln möglichst oft gewinnt.
Sie 20 Jahren engagierst Du Dich in der Heinz-Kühn-Stiftung für die
Ausbildung junger Journalisten.
Selbst in puncto Erholung setzt Du auf Tradition: Seit vierzig Jahren
verbringst Du den Sommerurlaub in St. Peter Ording!
Und etwas ganz Besonderes ist der lange gemeinsame Weg mit Deiner
Frau Hildegard.
Sie hat kurz vor Dir Geburtstag gefeiert.
Ihr und Euch will ich von Herzen gratulieren.
Bernhard, der weitsichtige Landespolitiker
Trotz aller Liebe zur Tradition:
Als Landespolitiker warst Du Deiner Zeit voraus.
Viele wegweisende Ideen stammen von Dir.
Zum Beispiel in der Familienpolitik:
Mutterschaftsgeld, Erziehungsgeld, bessere Alterversorgung für Mütter die Anregungen stammen von Dir.
Nicht zu vergessen die Landesstrukturbank:
Du hattest die Idee einer zentralen Wirtschaftsförderung schon Anfang
der 80er Jahre.
20 Jahre später wurde sie umgesetzt.
Als NRW.Bank.
Sie wurde unter Rot-Grün als völlig neuer Ansatz gefeiert.
Lieber Bernhard – wir wissen es besser!
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Bernhard, der Vermittler
Du hast die besondere Gabe, Menschen zusammenzuführen.
Selbst Westfalen und Rheinländer.
Wer erinnert sich nicht an die Gelsenkirchener Nacht!
An das Kriegsgeschrei der beiden CDU-Landesverbände.
Nicht weit von der Glückauf-Kampfbahn von Schalke trafen wir uns
damals.
Es stürmte draußen wie drinnen.
Wir wollten Westfalen und Rheinländer unter einen Hut bringen. Nur
unter wessen Hut, war die Frage!
Die Westfalen blieben stur.
Die Rheinländer sich uneins.
Irgendwann stürmten die Westfalen im Entenmarsch den Saal der
Rheinländer – aber ohne Erfolg.
Die Presse schrieb damals:
„Es ist schwierig, keine Satire über diese Nacht zu verfassen.“
Die Fusion drohte zu scheitern– da bist Du zum Rednerpult geschritten.
Du hast - so typisch für Dich – zur Verantwortung fürs Ganze gemahnt.
Es ist nicht übertrieben, wenn ich Dich einen der Väter der geeinten
CDU Nordrhein-Westfalen nenne.
Obwohl Du wusstest, dass Du persönlich ein großes Opfer dafür würdest
bringen müssen.
Nämlich den Abschied von Deinem Lebenstraum, Ministerpräsident von
Nordrhein-Westfalen zu werden.
Bernhard, der Prophet
Beim Thema Grenzen überwinden fällt mir natürlich auch Bernhard, der
Prophet, ein:
Du hattest die Deutsche Einheit frühzeitig vor Augen.
Und zwar schon im Frühjahr 1989.
Du bist mit der Fraktion in die DDR gereist.
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Und zwar direkt nach den gefälschten Kommunalwahlen.
Ihr nahmt damals gezielt Kontakt auf zu den Kirchen, zu den
Bürgerrechtlern, zu den Systemkritikern.
Nach diesem Besuch sagtest Du:
„Wir haben erlebt, dass wir eine gemeinsame Geschichte haben und
dass aus dieser gemeinsamen Geschichte eine Kraft erwächst, die uns
auch wieder zusammenführen wird.“
Im November warst Du wieder in Leipzig.
Du hast den Mauerfall hautnah miterlebt.
Du kamst zurück mit dem bewegenden Appell, den Menschen in der
DDR zu helfen.
Deine Schilderungen waren so eindrücklich, dass Du von ungewohnter
Seite Beifall bekamst.
Von Kurt Biedenkopf.
Und bis heute betreust Du Menschen, die Deutsche sind und doch durch
das Leben in der Diktatur geprägt nicht einfach im wiedervereinigten
Deutschland angekommen sind.
Abschied von der Landespolitik
Du hast Dir und uns Deinen Abschied aus der Landespolitik nicht leicht
gemacht.
Du warst das Muster an Verlässlichkeit, Kompetenz, Fleiß und
Kooperationsbereitschaft über Partei- und Fraktionsgrenzen hinaus.
Du warst immer auf Ausgleich bedacht.
Mit Dir konnte man immer reden.
Du zeigtest immer Größe.
Menschliche Größe.
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Auch deshalb bist Du einer der wenigen in der Politik,
den man wahrhaft einen Freund nennen kann.
Nur streiten kann man nicht mir Dir.
Denn wie Du selbst sagst:
„Mit mir kann keiner Krach kriegen.“
Bernhard, der Europäer
Und heute?
Haben Sie schon mal versucht, ihn zu erreichen?
Sein Tag hat weit mehr als 12 Stunden.
Ständig ist er unterwegs.
Meist für die Europäische Seniorenunion.
Lieber Bernhard, als Präsident der Europäischen Seniorenunion sprichst
Du für mehr als eine halbe Million Mitglieder.
Es ist noch viel zu tun, sagst Du.
„Wir müssen Europa eine Seele geben.
Eine Seele, die von der jüdisch-christlichen Tradition und Botschaft
geprägt ist und geprägt bleibt.“
Dazu gehört für Dich auch, für die Soziale Marktwirtschaft zu werben.
Wir werden also noch viel von Dir hören.
Deine unerschütterlichen Leitsätze halten Dich in Bewegung.
Dein Ja zur Gestaltung der sich ändernden Welt,
Dein Ja zur Eigenverantwortung,
Dein Ja zur Solidarität
Lassen Dich nicht zur Ruhe kommen.
Du arbeitest wie ein Jungunionist.
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Bernhard – immer noch unruhig
Wie er das schafft?
Bei Themen, die nicht relevant sind, schließt er die Augen.
Der Sekundenschlaf hält ihn wach.
Mit Ignoranz hat das nichts zu tun.
Er konzentriert sich auf das Wesentliche.
Das zu erkennen, ist der Vorteil des Alters.
„Die Jüngeren rennen schneller.
Die Älteren kennen die Abkürzung“, heißt es.
In diesem Zusammenhang fällt mir der Philosoph Otfried Höffe ein.
Erst kürzlich erinnerte Höffe in einem Essay für die FAZ an die
Philosophie des Alterns.
Daran, dass man das Alter nicht funktional betrachten darf. Dass es
nicht darum gehen kann, eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen.
Sprich: Was nutze ich der Berufswelt?
Und was koste ich das Gesundheitssystem?
Sondern: Wie altere ich in Würde?
Würde zu haben – sei einer der Vorzüge älterer Menschen.
Das habe auch Cicero schon gewusst:
Das Alter zeichnet sich in seinen Augen durch dignitas, gravitas und
auctoritas aus.
Durch Würde, Ernst und Ansehen.
Schluss
Und um jetzt wieder auf die Ausgangsfrage zurückzukommen:
Wer ist Bernhard Worms?
Das ist der Mann mit Würde, Ernst und Ansehen.
Das ist der Preuße, der Rheinländer, der Politiker, der Mensch, der diese
Hauptaufgaben auch weiterhin erfüllt.
Und der darüber das Älterwerden einfach vergisst.
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Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute zum Geburtstag!
Glück und Gottes Segen!
Bleib uns noch lange erhalten.
Wir danken es Dir – mit
Vergelt’s Gott!