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Dienstag, 14. April 2015 von apa/red -­ 21
Völlig legale Cannabiszucht
Brunn/Gebirge: In der Gärtnerei "Flowery Field" wächst eine legale Cannabisplantage
In der Gärtnerei "Flowery Field" in Brunn am Gebirge wächst auf 1.000 Quadratmetern eine völlig
legale Cannabisplantage. Aus den Mutterpflanzen werden die Stecklinge für den Verkauf aufbereitet.
Solange die Hanfpflanzen nicht zur Blüte gebracht werden, ist deren Besitz erlaubt.
Die Sache mit dem legalen Cannabisanbau ist gar nicht so einfach erklärt. Solange die Hanfpflanzen nicht
zur Blüte gebracht werden, ist deren Besitz erlaubt. "Samen und Blätter der Cannabispflanze, die nicht mit
Blüten-­ und Fruchtständen vermengt sind, sind ausdrücklich von der Suchtgiftverordnung ausgenommen
(...)", ortete das Wiener Oberlandesgericht.
© FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Denn erst mit der Blüte entwickelt der Hanf den berauschenden Cannabis-­Wirkstoff THC. Dessen Erwerb,
Erzeugung und Verkauf ist in Österreich strafbar. Und in diesem juristischen Graubereich werden in
Österreich zahlreiche Geschäfte betrieben, die auf legalem Weg Cannabispflanzen aufziehen und
schlussendlich mit dem Hinweis verkaufen, dass die Stecklinge nicht zur Suchtgiftgewinnung verwendet
werden dürfen.
18-­stündige Bestrahlung
© FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Dazu werden die Pflanzen unter Vorgaukelung eines langen Sonnentages aufgezogen. Das heißt, das
Cannabis wird für mindestens 18 Stunden beleuchtet, um die Ausbildung von Blüten-­ und Fruchtständen
hintanzuhalten. Der Hanf ist eine einjährige Pflanze, die im Frühjahr keimt, im Sommer wächst und im
Herbst, wenn die Tage kürzer werden, zu blühen beginnt. "Mit der Bestrahlung von 18 Stunden simulieren
wir den Sommer und verhindern so die Blüte", erzählte Alexander Kristen, der seit elf Jahren im Geschäft ist.
In seiner Gärtnerei "Flowery Field" in Brunn am Gebirge wächst auf 1.000 Quadratmeter eine völlig legale
Cannabisplantage. Aus den Mutterpflanzen werden die Stecklinge für den Verkauf aufbereitet, nicht immer
zur Freude von Anrainern. Obwohl die Gewächse keine Blüten haben, wurde Kristen im Zuge seiner
Geschäftstätigkeit bereits mehrmals angezeigt, weil Nachbarn verdächtigen süßlichen Marihuanageruch in
seinen Räumlichkeiten wahrnahmen. Vier Mal wurden die Vorwürfe gerichtsanhängig, die Verfahren jedoch
eingestellt.
© FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Alexander Kristen
Heimanbau statt Straßenerwerb
Das Problem ist nämlich, dass Marihuanakonsumenten seit geraumer Zeit ihr Suchtgift lieber daheim
anbauen, als das Gras auf der Straße zu erwerben, weiß Anwalt Philipp Wolm, der u.a. Mitglieder der
Wiener Drogenbande "La Familia" vertritt. "Weil das ist auch die leichtere Variante für den Konsumenten,
um an sein Gift zu kommen", erklärte der Strafverteidiger. Somit könnte den Geschäften, in denen
Cannabisstecklinge an diese Homegrower verkauft werden, Beitragstäterschaft unterstellt werden. "Das ist
aus meiner Sicht absolut strittig momentan, weil der Vorsatz des Grow-­Shop-­Betreibers müsste sein, dass
die Abnehmer dadurch Suchtgift gewinnen können und er sich auch mit diesem Umstand abfindet. Das
könnte eine Beitragstäterschaft rechtfertigen", meinte Wolm.
2012 wurde nämlich in der Steiermark eine Bande festgenommen, weil u.a. der Geschäftsbesitzer des
Hanfshops nebenher eine illegale Cannabiszucht betrieben haben soll. Bei der Operation "Grasgeflüster"
wurden damals 24 Kilo Marihuana sichergestellt, kein gutes Licht für andere Grow-­Shop-­Betreiber.
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Beschluss des OLG richtungsweisend
Richtungsweisend könnte zu diesem Thema der Beschluss des OLG Wien sein. Eine niederösterreichische
Gärtnerei wehrte sich gegen die Beschlagnahmung von rund 1.000 Cannabispflanzen und 5.000
Hanfsetzlingen, indem sie einwandte, dass das Kultivieren von Cannabissetzlingen nicht grundsätzlich
strafbar sei, da sie zu keinem Zeitpunkt ins Auge gefasst hätte, dass mit diesen Pflanzen Suchtgift erzeugt
werde, sondern diese als "Zierpflanzen" verkauft werden sollten. Die Betreiber dieser Gärtnerei verwiesen
auch auf "Flowery Field", was zur Folge hatte, dass auch gleich gegen Kristen ermittelt wurde.
Die Anklagebehörde ortete nämlich Beitragstäterschaft, da sich der Betreiber des niederösterreichischen
Hanf-­Shops auch strafbar mache, "wenn er selbst zwar lediglich Stecklinge züchtet und weitergibt, seine
Abnehmer jedoch damit Suchtgift gewonnen haben und dieser Umstand von seinem Vorsatz umfasst ist",
zitierte das OLG. "Dass er sich allerdings mit der Suchtgiftgewinnung seiner Handelspartner (oder deren
Abnehmer) abfand, ist dem Akteninhalt derzeit nicht zu entnehmen", ortete das Oberlandesgericht. Auf
einem "Beipackzettel" habe das beschuldigte Unternehmen den Kunden "unmissverständlich zum Ausdruck
gebracht, sich keinesfalls mit einer Suchtgiftgewinnung durch seine Käufer abfinden zu wollen." Somit gebe
es im Rahmen dieser Grenzen "Raum für legalen Cannabispflanzenanbau", entschied das OLG.
© FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
An diese Vorgabe hält sich auch Kristen. "Wir weisen im Geschäft darauf hin, dass die Pflanzen nicht zu
einem gesetzwidrigen Zweck verwendet werden dürfen", deutet der Geschäftsmann auf ein
Informationsschild neben der Kassa. 2004 hat er in einem 20 Quadratmeter großen Raum in einem Keller in
Wien-­Neubau seine erste Plantage gepflanzt, das war "für die Leute noch etwas Exotisches". Die
Geschäftsidee für eine legale Hanfaufzucht kam Kristen ausgerechnet bei seinem Jusstudium im Rahmen
der Strafrechtsprüfung.
80-­100 verschiedene Cannabissorten
Jetzt verkauft er in seinen nüchtern gehaltenen Verkaufsräumen 80 bis 100 verschiedene Cannabissorten,
über einen Umsatz schweigt er sich allerdings aus. Er soll jedoch in die Millionen gehen. Jede Woche
verkauft er "mehrere tausende" Stecklinge. Mittlerweile hat er 30 Mitarbeiter. Seine Kunden sind in allen
Schichten zu finden. "Akademiker, Polizisten, bis hin zu den Leuten, die das volle Klischee erfüllen" würden
Kristens Zierpflanzen kaufen
"Ich merke schon die gesellschaftliche Veränderung", meinte Kristen. Seit elf Jahren führt er das Geschäft
und "ich merke wie ich jetzt von den Leuten behandelt werde und wie es noch vor zehn Jahren war." Eine
Entkriminalisierung von Cannabis zum Eigenbedarf sieht auch die Strafgesetzbuch-­Reform vor. Dabei soll
der Grundsatz der "Therapie statt Strafe" für Drogensüchtige stärker betont werden. Das heißt, der Besitz
von Kleinstmengen an Drogen nachweislich zum Eigengebrauch soll nicht mehr automatisch zur
Strafanzeige führen, wenn der Betreffende mit den Gesundheitsbehörden kooperiert.
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