Programmheft
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Programmheft
Von Simon Moore nach Stephen King Misery Misery Von Simon Moore nach Stephen King Inszenierung Bühnenbild Kostümbild Dramaturgie Videoeinspielungen, Sounddesign Tonaufnahmen Paul Sheldon Annie Wilkes In den Videoeinspielungen Regieassistenz Abendspielleitung Bühnenbau Technik Redaktion Programmheft Layout Programmheft Fotos Programmheft Layout Plakat Verwaltung Kasse Besucherservice Theaterhund Achim Bieler Frank Rommerskirchen Nadine Dupont Frank Rommerskirchen Tom Hirtz Achim Bieler Achim Bieler, Tom Schreyer Bernhard Schnepf Wieslawa Wesolowska Ulrike Bieler, Lina Kmiecik, Wolfgang Kramer, Mario Thomanek, Bernhard Schnepf Susanne Schreyer Susanne Schreyer, Li Pappert, Ina Pappert, Ulrike Bieler Helmut Hompesch, Martin Vonhoegen Armin Pappert (Leitung), Jürgen Melzer, Timo Pappert, Lukas Kleinen, Jan Terstegge Anja Mathar Hanyo Lochau Achim Bieler CARABIN CREATIVES Ilona Büttgens Ilona Büttgens (Leitung), Beate Dupont, Wally Herbertz, Jan Hildebrandt, Theresa Hirtz, Inge Klusemann, Li Pappert Nadine Dupont (Leitung), Lina Alt, Lena Braunisch, Ida Chakraboty, Laura Gaisendris, Theresa Hirtz, Annik Klafka, Katharina Mainz, Hanna Mertens, Sophia Nellissen, Hanna Thuma Diva (1993-2009), Hera Aufführungsrechte: AHN & SIMROCK Bühnen- und Musikverlag GmbH Premiere: 14.01.2016, DAS DA THEATER Aufführungsdauer: ca. 90 min, keine Pause Das DAS DA THEATER wird unterstützt von: Sparkasse Aachen, LEO – der Bäcker & Konditor; Rechtsanwälte Daniel, Hagelskamp & Kollegen; KOHL automobile GmbH; HIT-Markt; Bartsch Holzbau; Goebels Sanitär-Heizungsbau; ASEAG; eventac; Deubner Baumaschinen; DEKRA; nesseler grünzig bau GmbH; Druckerei Mainz; Malermeister Wynands; Partyservice Hennes; Buchladen Pontstraße 39; NetAachen; CarabinBackhaus Communication; Power + Radach; Steuerberatungsgesellschaft T. Bergs; APAG; STAWAG; Förderkreis DAS DA THEATER Das Stück Paul Sheldon, Star-Autor der kitschigen Liebesromanserie „Misery“, findet sich – eben noch auf der Bühne seine Dankesrede für den Buchpreis haltend – im nächsten bewussten Moment in einer etwas schäbigen Hütte in einem Bett wieder, mit bandagierten Beinen und von Schmerztabletten leicht benebelt. Von einer ihm unbekannten, freundlichen und höchst euphorisierten Dame erfährt er die näheren Umstände: Er hatte einen Autounfall. Seine Retterin heißt Annie Wilkes und ist nicht nur ehemalige Krankenschwester, sondern auch sein größter Fan. Hingebungsvoll pflegt sie ihn und hilft ihm bei seinen Erinnerungslücken auf die Sprünge. Manchmal allerdings kann sie auch ganz schön ungehalten werden. Zum Beispiel, als sie das Manuskript seines neuesten Buches in seiner Tasche findet. Entrüstet muss sie feststellen, dass es sich nicht um einen ihrer Misery geliebten „Misery“-Romane handelt, sondern um Pauls Versuch, sich endlich als ernsthafter Autor zu etablieren – mit unerquicklicher Handlung und lauter schmutzigen Ausdrücken! Als sein fürsorglichster und treuester Fan sieht sie es jetzt als ihre Pflicht, Paul zu bestrafen. Nur zu seinem Besten natürlich. Doch die skurrile Dame mit mangelnder Affektkontrolle wird immer mehr zur Bedrohung für Paul. Als sie den neuen „Misery“-Roman verschlingt und ihre angebetete Heldin ungeheuerlicher Weise am Ende stirbt, brennt ihr die Sicherung durch. Sie zwingt den Schriftsteller mittels Entzug der Schmerztabletten, sein schmutziges Machwerk eigenhändig zu verbrennen und eine neue Folge von „Misery“ zu schreiben – nur für sie allein. Schnell wird Paul klar: Er wird leben; solange er für Annie schreibt ... Der Autor Stephen King wurde am 21. September 1947 in Portland/Maine geboren. Als er zwei Jahre alt war, verließ der Vater die Familie. Nach häufigen Umzügen innerhalb der USA ließ sich die Mutter mit ihren beiden Kindern schließlich wieder in Maine nieder, wo Stephen die Schule besuchte. Im Alter von sieben Jahren begann er, Geschichten zu schreiben. Aber erst mit zwölf erwachte sein Interesse für Horror und Science-Fiction-Bücher. Sechs Jahre später wurde seine erste Geschichte veröffentlicht. Nach seinem Studium an der Universität Orono arbeitete King von 1971 bis 1973 als Englischlehrer an der Hampden Academy. Stephen King Mit dem Verkauf des Manuskriptes „Carrie“ 1973 gelang ihm ein erster großer Erfolg – allerdings nur dank seiner Frau, die das Manuskript aus dem Müll gerettet und an den Doubleday Verlag übergeben hatte. Heute wird die weltweite Auflage all seiner Bücher auf etwa 100 bis 400 Millionen geschätzt. Ein Großteil seiner ca. 50 Romane wurde verfilmt – so auch der 1987 erschienene Roman „Misery“. Simon Moore Mit der von ihm selbst produzierten Bühnenadaption zu „MISERY“ schuf Simon Moore die einzige von Stephen King persönlich autorisierte Bühnenfassung des gleichnamigen Romans. 1993 wurde sie im Londoner Criterion Theatre uraufgeführt und feiert seit der deutschsprachigen Erstaufführung 1996 im Hansa Theater Berlin auch hierzulande regelmäßig große Erfolge. Besondere Beachtung fand dabei die Inszenierung von Leander Haußmann im Bochumer Schauspielhaus im Jahr 1996. Was seine eigene Person angeht, verfährt der 1958 geborene Simon Moore frei nach seinem Arbeitsmotto „Show it, don´t say“. Denn er lässt lieber die Ergebnisse seiner Arbeit für sich sprechen, als dass er sich selbst in den Vordergrund stellt. So lassen sich über den erfolgreichen Autoren, Regisseur und Produzenten nur wenige Informationen finden. Aus seiner Feder stammen allerdings mehrere Drehbücher, so auch „The Quick and the Dead“ („Schneller als der Tod“) das mit Sharon Stone, Gene Hackman und Leonardo di Caprio 1995 verfilmt wurde. Ein Jahr später erhielt er für sein bemerkenswertes Skript zu dem Zweiteiler „Gulliver‘s Reisen“ einen Emmy. Weitere bekannte Filme aus Moores Feder sind der Thriller „Under Suspicion“, den er mit Liam Neeson und Laura Giacomo 1991 selbst in Szene setzte, sowie „Dinotopia“ (2001). Diese phantastische Kurzserie nach dem Kultklassiker von James Gurney wurde mehrfach für den Emmy nominiert. MISERY: Gedanken zur Bühne Der Ort der Handlung: ein Haus, vermutlich aus Holz, irgendwo im Norden Amerikas. Da, wo die Winter hart und lang sind. Abgeschieden, weit weg von neugierigen Nachbarn, irgendwo im Wald. Dort lebt Annie. Alleine. Mit der Bühne für „Misery“ versuchen wir diese Dinge aufzuspüren und sichtbar zu machen. Wir haben uns entschieden, keinen real existierenden Raum zu bauen. Dieser Raum gleicht eher einer Versuchsanordnung und folgt keiner architektonischen Logik. Das Ganze hat etwas von einer Einsiedelei. Mit dem feinen Unterschied, dass Annie sich nicht abgesondert hat, weil sie spirituelle Erfahrungen machen möchte. Sie hat die Einsamkeit gewählt, weil andere Menschen ihr eher lästig sind. Die Anderen. Das sind die, die mit dem Finger auf sie zeigen, die die Köpfe zusammenstecken, wenn sie mal ins Dorf fährt, um Besorgungen zu machen. Die Anderen sind die, die sie ausgrenzen würden, wenn Annie das nicht schon selbst erledigt hätte… Oben. Das Zimmer von Annie. Ihr Allerheiligstes. Der Raum, wo sie ihre einzige Freude erlebt. Beim Lesen ihrer geliebten „Misery“-Geschichten. Drohend hängt ihr Zimmer über der Szene. Sie überblickt den Schauplatz. Wie eine Spinne in ihrem Netz hat sie die Fäden in der Hand, kontrolliert alles um sie herum. Wie lebt so jemand? Eine Frau, die nur das Nötigste braucht? Die kein Aufheben darum macht, wie sie aussieht, wie sie wohnt. Eine Frau, der Kategorien wie heimelig, wohlig, schön abhanden gekommen sind? Das ist Annie. Und dann ist da Paul. Der unfreiwillig bei Annie „zu Gast“ ist. Paul, verletzt, krank und ausgeliefert. Der über Wochen nur die vier Wände sieht, die ihn umgeben, ohne jede Idee davon, wo diese vier Wände sich befinden? Ohne eine konkrete Vorstellung, wie er dort hingeraten ist. Filmriss. Wie erlebt Paul seine Umgebung. Ans Bett gefesselt. Lauschend. Bangend. Hoffend? Unten. Der Raum für Paul. Schwer zu sagen, was dieser Raum ist. Ein Keller? Ein Abstellraum? Ein Teil, der zu Annis Imkerei gehört? Dieser Raum bietet Paul nichts außer einem Bett und spärlichem Licht aus einer einzigen schmucklosen Glühbirne. Der Rest ist Gerümpel. Dieser Raum ist Pauls Krankenzimmer. Alles andere als aseptisch. Nicht wirklich geeignet, um einen Mann, der einen schlimmen Unfall hatte, wieder aufzupäppeln. Und ebenso wenig eine inspirierende Klause, worin sich ein mittel begabter Autor zurückzieht, um eines seiner neuen Werke zu schreiben. Und doch muss dieser Raum all das für Paul sein – oder werden. Der Raum ist eine Falle. Die Treppe unbezwingbar für einen Mann mit gebrochenen Beinen. Und die Falle ist zugeschnappt. Frank Rommerskirchen Zitat Aus Stephen Kings Leben “Den größten Teil von Misery schrieb ich, an Kipling‘s Tisch in Brown‘s Hotel in London sitzend, mit der Hand. Dann fand ich heraus, dass Kipling an diesem Tisch gestorben war. Dieser Gedanke geisterte in meinem Kopf herum, bis ich am Ende das Hotel verließ.“ Stephen King Am 19. Juni 1999 wurde King beim Spazierengehen am Straßenrand von einem Kleinbus erfasst und schwer verletzt. Der Fahrer, Bryan Smith, war betrunken und nach eigenen Angaben „von seinem Hund abgelenkt“ worden. Er bat später öffentlich um Entschuldigung für den von ihm verursachten Unfall. King lag drei Wochen in einem Krankenhaus. Er wurde zuerst fälschlich von einer lokalen Zeitung für tot erklärt. Während seiner Genesung von den Unfallfolgen schrieb er den Roman „Duddits“ („Dreamcatcher“). Da es ihm durch die Gestelle an den Beinen nicht möglich war, an einem Tisch zu sitzen und die Schreibmaschine zu bedienen, schrieb er den gesamten Roman per Hand. King erwarb später das Unfallauto, welches er am ersten Jahrestag seines Unfalls eigenhändig zerstörte und entsorgen ließ, um es, wie berichtet wurde, als Handelsobjekt aus dem Verkehr zu ziehen. Bryan Smith starb mit 43 Jahren im September 2000 – zufällig an Kings Geburtstag, was zu einigen Mystifikationen in Kings Fangemeinde führte. Wissenswertes über Stephen King und seine Werke • Ursprünglich planten King und der Viking-Verlag, den Roman unter dem Pseudonym „Richard Bachman“ herauszugeben, da die Publikationen unter dem Pseudonym größtenteils übernatürlicher Elemente entbehrten. Die Enttarnung durch den Buchhändler Brown führte jedoch dazu, dass „Sie“ (deutscher Titel für „Misery“) regulär als Stephen-KingWerk publiziert wurde. • 1990 wurde das Buch unter dem Originalbuchtitel „Misery“ von Regisseur Rob Reiner mit Kathy Bates und James Caan verfilmt. Der Film war ein großer Publikumserfolg und brachte Bates einen Oscar ein. Stephen King äußerte sich positiv zu dieser Adaption. Monstrum“, „Stark – The Dark Half“, „Sara“ und „Love“, sowie zahlreiche Kurzgeschichten (wie etwa „Der Straßenvirus zieht nach Norden“ aus „Im Kabinett des Todes“) und Novellen (z. B. „Das heimliche Fenster“ und „Langoliers“). • Stephen Kings Werk hat viele innere Bezüge, Doppelungen, Knotenpunkte und Parallelen, die sein Schaffen über einzelne Bücher hinaus komplex und faszinierend machen (siehe auch: „Die Welt von Stephen King“ oder den Castle-Rock-Zyklus). Die meisten seiner Geschichten spielen im US-Bundesstaat Maine. • Annie weiß von Jack Torrance, dem • Stephen King wurde im Jahre 1988 Hausmeister des Overlook Hotels („Shifür den Roman in der Kategorie „Best ning“), denn sie erzählt Paul von ihm. Novel“ mit dem Bram Stoker Award („Es handelte sich um ein berühmtes ausgezeichnet. altes Hotel namens Overlook. Es ist vor • Nach dem Zwei-Personen-Stück zehn Jahren abgebrannt. Der Hausmei„Sie“ kam das Ein-Frau-Stück „Das ster hat es niedergebrannt. Er war verSpiel“, woraufhin King in einer Presse- rückt. Jeder in der Stadt hat das gesagt.“) konferenz scherzhaft ankündigte, sein nächstes Buch würde „The Livingroom“ („Das Wohnzimmer“) heißen und ohne Personen auskommen. Tatsächlich erschien mit „Das Mädchen“ 1999 noch ein Ein-Mädchen-Stück. • „Sie“ bildet den Auftakt zu einer Flut von Büchern und Geschichten von King, welche die Ängste von Schriftstellern thematisieren. Es folgten „Das • Romane von Paul Sheldon werden von vielen Charakteren in Kings Werken gelesen: von Naomi Higgins (der Bibliothekspolizist in „Nachts“), von Ellen Carver („Desperation“) und auch von Rose Daniels („Das Bild“), die ein Buch liest, das in „Sie“ nicht vorkommt: „Miserys Reise“. Ein Hinweis, dass Paul nach seiner Tortur doch wieder Gefallen gefunden hat an seiner „Misery“? • Isolation ist ein zentrales Motiv in Kings Werk. Paul kämpft in einem abgeschiedenen Haus um sein Leben, Jessie Burlingame in einer abgelegenen Sommerhütte mitten im Herbst („Das Spiel“), Donna und Tad Trenton in einem Auto („Cujo“), David Drayton und andere in einem Supermarkt („Der Nebel“ in „Im Morgengrauen“), Jugendliche auf einem Floß („Der Gesang der Toten“), die Familie Torrance in einem eingeschneiten Hotel („Shining“), Reisende in einer Tankstelle („Nachtschicht“), Patricia McFarland im Wald („Das Mädchen“), Insulaner auf einer durch einen Sturm von der Außenwelt abgeschnittenen Insel („Der Sturm des Jahrhunderts“), Richard Pine ebenfalls auf einer einsamen Insel („Der Fornit“), Reisende in einem Flugzeug außerhalb der Zeit („Langoliers“), Astronauten auf einem öden Wüstenplaneten („Der Fornit“), Fletcher in einem Folterraum („Im Kabinett des Todes“), die Einwohner der Kleinstadt Chester Mills, die von einer unsichtbaren Kuppel vom Rest der Welt abgeschnitten wurde („Die Arena“) und – vielleicht das extremste Beispiel – Bewohner einer Straße, welche aus dem Raum-Zeit-Gefüge geschnitten ist („Regulator“). • Stephen King war jahrelang alkoholund kokainabhängig, wobei sich King Gedanken machte, inwieweit die Sucht sein Schreiben beeinflusst. King hatte Angst, ohne Drogen nicht mehr schreiben zu können. In seinem Roman „Misery“ sieht er seine Abhängigkeit in der Figur Annie Wilkes personifiziert. „Da wird ein Schriftsteller von einer geistesgestörten ehemaligen Krankenschwester gefangen gehalten. „Sie war mein Delirium. Sie war meine Metapher für meine Sucht. Eine verrückte Krankenschwester“, erzählte Stephen King dem Spiegel-Magazin. • Radio Bremen und der Süddeutsche Rundfunk produzierten 1994 den Stoff unter dem Filmtitel „Misery“ als Hörspiel mit Brigitte Janner als Annie Wilkes und Werner Rehm als Paul Sheldon. • Am 15. November feierte die Bühnenadaption ihre New Yorker Premiere. Bruce Willis gibt den Paul Sheldon, die Rolle der Annie Wilkes übernimmt Laurie Metcalf, die unter anderem im Kinofilm „JFK“ auftrat, die aber vor allem für ihre Fernsehrollen in den Sitcoms „Roseanne“ (als Roseannes Schwester) und „Big Bang Theory“ (als Sheldons Mutter) bekannt ist. Vater der Drachen „Das Lied von Eis und Feuer“, verfilmt als Fantasy-Serie „Game of Thrones“, zieht weltweit Millionen in seinen Bann. Sein Schöpfer George R. R. Martin wird von Fans mit Liebe überschüttet – und mit Hass, wenn er nicht liefert. Auszug aus einem Interview SPIEGEL: Sie sind ein Gott für manche Ihrer Anhänger, ein Schöpfer. Sie erschaffen diese Welt, in der so viele Leser sich lieber aufhalten als in der richtigen. Martin: Ein Gott oder ein Dämon, ja. Lie- be und Hass sind einander sehr nah bei diesen Leuten. Als Band vier herauskam, „A Feast for Crows“, fühlten sich zahlreiche Leser in ihren Erwartungen enttäuscht. Sie hatten sich den Fortgang der Geschichte anders vorgestellt, sie wollten etwas anderes. Und das empfanden nicht wenige tatsächlich als eine Art Verrat. SPIEGEL: Welche Reaktionen erhielten Sie? Martin: Ich habe Hunderte, nein Tausende wütender E-Mails oder Briefe gekriegt, da stehen scheußliche Sachen drin. Ich verstehe das nicht. Es ist verrückt. Ich bin ja auch ein Leser, auch ich habe viele Serien verschlungen. Und wenn einer der Bände nicht so gut war wie der davor, sagte ich dann etwa: „Der Autor hat mich betrogen“? Habe ich ihm Briefe geschrieben und gesagt: „Du hast mir das Herz aus dem Leib gerissen“? Natürlich nicht! Was ist mit diesen Leuten los? Martin schickt diesen Sätzen ein verzweifeltes Kichern hinterher und guckt ungläubig ins Leere. Es ist weder Koketterie noch Aufschneiderei, wie er über seine glühendsten Gefolgsleute spricht. Eher Empörung. Oder Angst. Am fünften und jüngsten Band seiner Heptalogie, der 2011 unter dem Titel „A Dance with Dragons“ erschien, hat er sechs Jahre gearbeitet - länger als an jedem davor. Viel zu lange für die Ungeduldigsten unter seinen Fans, bei denen die Sucht nach neuem Lesestoff in Hass auf den Autor umschlug. Sie sind die unheimlichste Erscheinungsform unter den „Eis und Feuer“-Fans. Unter aufdringlichen Slogans wie „Finish the book, George!“ formieren sie sich auf eigenen Websites und nennen sich selbst „GRRuMblers“, ein Wortspiel aus Martins Initialen. Die Grummler sind wütend, wenn sie erfahren, dass George Martin manchmal Football-Spiele schaut, statt zu schreiben. Sie regen sich auf, wenn der Autor auf Lesereise geht, statt zu schreiben. Sie hinterlassen im Netz Beschimpfungen wie diese: „George R. R. Martin, nimm deine Schreibmaschine aus dem Arsch und fang verdammt noch mal an zu tippen.“ Und einer warnte den Autor, es solle ihm bloß nicht einfallen, „einen auf Jordan zu machen“, bevor die letzten beiden Bände der Serie vollendet sind - eine Anspielung auf einen anderen Fantasy-Autor, Robert Jordan, der 2007 starb, bevor er die Serie „The Wheel of Time“, die ihn berühmt gemacht hatte, George R. R. Martin, müder Weltenschöpfer, schlürft mit einem Strohhalm beenden konnte. die letzten Tropfen Cola aus seinem Glas. Unter Zeitdruck steht Martin auch von anderer Seite. Seit 2011 hat der TV-Sen- Am nächsten Tag wird er in Neuchâtel der HBO in jedem Jahr eine neue Staffel während eines Videointerviews mit einer „Game of Thrones“ veröffentlicht, und Schweizer Zeitung eine deutliche Botjede umfasst jeweils ungefähr die Hand- schaft an die GRRuMblers senden. Erlung eines Bands. Mit der fünften Staf- neut gefragt, was er von Fans halte, die fel, die im kommenden Frühjahr ausge- fürchten, er werde sein Werk nicht zu strahlt wird, werden die Fernsehmacher Ende bringen, hält er einen Mittelfinger zu Martin aufgeschlossen haben, danach in die Höhe und sagt: „Fuck you to thomüsste die Serie ihre eigene Buchvorla- se people.“ ge überholen. Kein Wunder, sagt der AuVon Guido Mingels tor, „die schreiben ein paar Drehbücher DER SPIEGEL 46/2014 von 60 Seiten, ich schreibe 1000 Seiten pro Buch“. Wenn Fans zum Stalker werden Unglückliche, die andere ins Unglück stürzen „Stalker haben kein eindeutiges Persönlichkeitsbild“, erläutert Diplompsychologe Jens Hoffmann. Viele seien narzisstisch veranlagt und treten sehr selbstbewusst auf, es gibt aber auch schüchterne, ängstliche, die sehr in sich gekehrt sind. Meist sind es Expartner, Freunde oder Kollegen, die zu Stalkern werden, manchmal aber auch ein völlig Fremder oder eine Person, die man nur oberflächlich kennt. „Stalker“, sagt der Psychologe „sind einfach unglückliche Menschen, die Unglück über andere bringen.“ Viele von ihnen leiden unter Verlust-Ängsten und tun alles, um nicht verlassen zu werden oder den anderen für sich zu gewinnen. Nur etwa 15 Prozent stalken aus einem Machtgefühl heraus und aus der Freude, sich überlegen zu fühlen, erläutert der Experte. BIZARRE FANLIEBE: STARS UND IHRE STALKER Wer sich als Star oder Prominenter in der Öffentlichkeit bewegt, war mit großer Wahrscheinlichkeit schon davon betroffen oder wird im Laufe der Karriere noch die Erfahrung machen: Stalker. Erst kürzlich kletterte ein Stalker auf den Dächern von Rihannas Anwesen in Los Angeles herum, bekam drei Jahre auf Bewährung, muss sechs Tage ins Gefängnis und muss ein Jahr in psychologische Behandlung. Zwar haben die meisten Stars Bodyguards, die sich im Ernstfall zwischen ihren Schützling und dem Stalker werfen, doch gegen perfide Briefe oder Morddrohungen können auch sie nicht viel ausrichten. Beziehung der Realität entspricht und tatsächlich Bestand hat. Dabei werden sie mitunter erschreckend kreativ und schaffen es zum Teil auch, sich in das nähere Umfeld des Stars einzuschleusen, beispielsweise als Mitglied der BühnenCrew bei einer Tour. Damit steigt dann auch die Gefahr von Übergriffen, die unter Umständen auch eskalieren können. Extrem war der Stalking-Fall von John Lennon. Am 8. Dezember 1980 harrte David Chapman vor dem Dakota-Building in New York City aus, in dem John Lennon eine Wohnung hatte. Einige Stunden zuvor hatte Lennon eine Schallplatte für Chapman signiert, was ein anderer Fan fotografiert hatte. Das letzte STALKER SIND ERSCHRECKEND Foto, das John Lennon lebend zeigt, war KREATIV mit seinem Mörder, der ihn am Abend Es gibt Fans, die reisen ihrem Idol auf um 22.50 Uhr mit fünf Schüssen tötete. viele Konzerte hinterher und wenden Chapman sitzt seit dem lebenslänglich viel Zeit und Energie auf, um ihrem im Attica Gefängnis. Star so nah wie möglich zu sein. Trotzdem gibt es zwischen dem größten Fan Es war der 19. Juli 1989, als das erste und dem Stalker einige Unterschiede. bekannte weibliche Stalking-Opfer von Ein Stalker richtet sein alltägliches Le- einem fanatischen Fan erschossen wurben völlig auf den bewunderten Promi- de. Der 19-jährige Täter war Robert Barnenten aus und bricht jegliche andere so- do, der wie besessen von der Schauspieziale Kontakte nahezu vollständig ab. lerin Rebecca Schaeffer war. Seitdem Es gibt nur noch eine Beziehung, die er gibt es in Los Angeles die erste Antioder sie pflegt, und das ist die zum Star. Stalking-Einheit der Polizei, die solche Stalker sind davon überzeugt, dass diese Taten verhindern soll. Der gefährliche Fan Mit zwanzig, Anfang dreißig, schreibt King in der „New York Times“, sei es in seinem Kopf zugegangen wie in einem vollen Kinosaal, in dem gerade jemand „Feuer!“ geschrien habe und alle zum Ausgang stürmten. „Ich hatte tausend Ideen, aber nur zehn Finger und eine Schreibmaschine. Es gab Tage – und ich mache darüber keine Scherze, und ich übertreibe nicht –, an denen ich dachte, all die zeternden Stimmen in meinem Hirn würden mich in den Wahnsinn treiben.“ Jeder Autor, so Kings Fazit, schreibe so viel, wie er müsse. In seinem Fall Aber der fanatische Fan ist in Stephen sei das eben ungefähr ein Buch pro Jahr. Kings Werk immer auch eine Metapher für Sucht und Besessenheit. Gerade hat Aber es sei schon schade, dass es zum King in der „New York Times“ einen Beispiel von Donna Tartt und Jonathan Text darüber geschrieben, ob ein beson- Franzen, zwei der besten Schriftsteller, ders produktiver Autor auch ein guter die Amerika derzeit zu bieten habe, nur Autor sein könne. Vordergründig ging es so wenig zu lesen gebe. um das Vorurteil, dass Masse und Klasse sich widersprächen. Und nein, er, King, wolle natürlich nicht seine eigene Produktivität rechtfertigen. „Finderlohn“ handelt von einem kingschen Lieblingsthema: dem Verhältnis zwischen Literatur und Leben, dem Autor und seinen Lesern, von der Frage, wem eine Geschichte eigentlich gehört, wenn sie erst zu Papier gebracht ist. Berühmtestes Beispiel: Kings Psychothriller „Misery“ („Sie“), in dem eine Krankenschwester einem Schriftsteller diverse Körperteile abhackt, um ihn ans Bett zu fesseln, wo er schreibend ihre im letzten Roman ums Leben gebrachte Lieblingsfigur wieder auferstehen lassen soll. Zitat „Ich schreibe so lange, wie der Leser davon überzeugt ist, in den Händen eines erstklassigen Wahnsinnigen zu sein.“ Stephen King Über das Pseudonym Richard Bachman Ursprünglich sollte „Misery“ unter dem Pseudonym Richard Bachman erscheinen, das King größtenteils für Romane und Geschichten nutzt, in dem keine übernatürlichen Effekte wirken. Und tatsächlich hätte der Roman ausgezeichnet in dieses Bachman-Schema gepasst. Das Leben und Sterben von Richard Bachman 1982 1942 1982 The Running Man - Menschenjagd Geboren in New York, hatten Richard entdeckte man einen Tumor an BachBachman‘s frühe Jahre etwas Geheim- mans Stammhirn, der von Spezialisten nisvolles an sich. in einer komplizierten Operation entfernt wurde Als junger Mann diente Bachman 4 Jahre bei der Küstenwache, wo er mit vielen 1984 Einschränkungen leben musste. Danach Thinner - Der Fluch folgten 10 Jahre bei der Handelsmarine und eine harte Zeit in Vietnam. 1985 Bachman ließ sich danach im ländlichen Bachman stirbt an Pseudonym-Krebs, Zentrum von New Hampshire nieder, einer seltenen Form von Schizonomia. wo er eine mittelgroße Milchfarm betrieb. Seine Romane schrieb er meistens Bis zum Zeitpunkt seines Todes hatte nachts (er litt an chronischer Schlaflo- Richard Bachman fünf Novellen veröfsigkeit [Insomnia]), nachdem die Kühe fentlicht. Die ersten vier Novellen wurheimkamen. den als Paperbacks veröffentlicht, aber Richard und seine Frau, Claudia Inez als Bachmann sich eine immer größere Bachmann, hatten einen Sohn, der un- Leserschaft erwarb, wurde seine letzte glücklicherweise in einer King-ty- Novelle als Hardcover veröffentlicht und pischen Weise im Alter von 6 Jahren ums wurde auch von den Kritikern gut angeLeben kam. Er stürzte in einen Brunnen nommen. Kurz vor seinem Tod spielte er und ertrank. mit der Idee für eine neue Novelle. Eine ziemlich grausame spannungsgeladene Novelle, die den Titel „Misery“ („Sie“) 1977 tragen sollte. Rage - Amok 1979 The Long Walk - Todesmarsch 1981 Roadwork - Sprengstoff (Anmerkung: Dieser Titel wurde später ohne seine Zustimmung von einem bekannten und gutverdienenden HorrorAutor plagiiert.) 1994 Bachman-Fans erreichte eine gute Nachricht: Als sich Bachmans Witwe in den Vorbereitungen zum Umzug in eine neue Wohnung befand, entdeckte sie im Keller eine Pappschachtel, gefüllt mit Manuskripten. Der Karton enthielt eine Anzahl von Novellen und Geschichten in unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung. Die am weitesten vollständige war ein Maschinenskript von einer Novelle mit dem Namen: „The Regulators“ Nach einigen kleineren Änderungen, und mit Zustimmung seiner Witwe (nun Claudia Eschelman) wurde „The Regulator“ posthumorus im September 1996 bei Dutton veröffentlicht. Seit diesem Zeitpunkt gibt es keinerlei Informationen mehr über die Möglichkeit weiterer Veröffentlichungen der noch verbleibenden Manuskripte. Als eine kurze Anmerkung sei noch gesagt: Charles Verill redigierte auch die Werke von Stephen King, dessen Werke mit den späten Arbeiten von Bachman verglichen wurden. Gefragt nach seiner 1996 Die Witwe brachte das Manuskript zu Meinung zu Bachman antwortete King: seinem ehemaligen Verleger, Charles „Ein verrückter Mann.....Ich bin froh, Verill, der der Meinung war, dass es dass er tot ist.“ gut zu seinen vorherigen Werken passt. DAS DA Förderkreis Mit aller Sympathie Mit den Autoren, deren Werke im DAS DA THEATER aufgeführt werden, sind unsere Zuschauerinnen und Zuschauer in der Regel sehr zufrieden; das gilt von Shakespeare bis Lutz Hübner und viele, viele andere. Bisher ging die Zuneigung allerdings noch nicht so weit wie bei Stephen Kings „Misery“. So wie dort hat noch nie ein DAS-DA-Fan in den Spielplan oder den Inhalt eines Stückes eingegriffen. nicht unwesentlich zum finanziellen Fundament einer Spielzeit bei. Ohne deren Sympathie und Unterstützung könnte das DAS DA THEATER sein anspruchsvolles Programm nicht im gewohnten Maß realisieren. Wenn auch Sie mithelfen wollen, rufen Sie doch einfach mal an oder schicken Sie uns eine Mail. Herzlichen Dank! Einfluss nehmen manche unserer treuen Besucherinnen und Besucher aber doch, 0241 174168 oder 0241 161688 oder indem sie das DAS DA THEATER un- foerderkreis@dasda. de terstützen. Denn ohne diese Hilfe wären wir nicht in der Lage, ein solches Spielzeit-Programm auf die Beine zu stellen. Alle, die uns helfen, gehören zum Förderkreis DAS DA THEATER und tragen – http://www.dasda.de/spielzeit/2015-2016/misery/ – DER SPIEGEL 46/2014 SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG. – http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/krankheitenstoerungen/tid18343/jagd-auf-die-geliebte-psychoterror-stalking-wenn-liebe-zum-wahn-wirdunglueckliche-die-andere-ins-unglueck-stuerzen_aid_510558.html – http://www.regenbogen.de/promos/5183/bizarre-fanliebe-stars-und-ihre-stalker – http://www.stephen-king.de/richard-bachman/biografie.html – http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article146126059/So-gefaehrlich-sinddie-Fans-von-Stephen-King.html – https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Das-Leben-und-das-Schreiben/Stephen-King/Heyne/e366281.rhd Herausgeber DAS DA THEATER gGmbH Liebigstraße 9 • 52070 Aachen (02 41) 16 16 88 [email protected] www.dasda.de Theaterleiter Redaktion Layout Szenenfotos Druck Spielzeit Tom Hirtz Anja Mathar Hanyo Lochau Achim Bieler Druckerei Mainz 2015/2016 Geschäftsführer Amtsgericht Steuernummer Tom Hirtz Aachen HRB 14199 201/5957/1905