Programmheft

Transcrição

Programmheft
Von Simon Moore nach Stephen King
Misery
Misery
Von Simon Moore nach Stephen King
Inszenierung
Bühnenbild
Kostümbild
Dramaturgie
Videoeinspielungen, Sounddesign
Tonaufnahmen
Paul Sheldon
Annie Wilkes
In den Videoeinspielungen
Regieassistenz
Abendspielleitung
Bühnenbau
Technik
Redaktion Programmheft
Layout Programmheft
Fotos Programmheft
Layout Plakat
Verwaltung
Kasse
Besucherservice
Theaterhund
Achim Bieler
Frank Rommerskirchen
Nadine Dupont
Frank Rommerskirchen
Tom Hirtz
Achim Bieler
Achim Bieler, Tom Schreyer
Bernhard Schnepf
Wieslawa Wesolowska
Ulrike Bieler, Lina Kmiecik,
Wolfgang Kramer, Mario Thomanek,
Bernhard Schnepf
Susanne Schreyer
Susanne Schreyer, Li Pappert,
Ina Pappert, Ulrike Bieler
Helmut Hompesch, Martin Vonhoegen
Armin Pappert (Leitung),
Jürgen Melzer, Timo Pappert,
Lukas Kleinen, Jan Terstegge
Anja Mathar
Hanyo Lochau
Achim Bieler
CARABIN CREATIVES
Ilona Büttgens
Ilona Büttgens (Leitung),
Beate Dupont, Wally Herbertz,
Jan Hildebrandt, Theresa Hirtz,
Inge Klusemann, Li Pappert
Nadine Dupont (Leitung), Lina Alt,
Lena Braunisch, Ida Chakraboty,
Laura Gaisendris, Theresa Hirtz,
Annik Klafka, Katharina Mainz,
Hanna Mertens, Sophia Nellissen,
Hanna Thuma
Diva (1993-2009), Hera
Aufführungsrechte: AHN & SIMROCK Bühnen- und Musikverlag GmbH
Premiere: 14.01.2016, DAS DA THEATER
Aufführungsdauer: ca. 90 min, keine Pause
Das DAS DA THEATER wird unterstützt von:
Sparkasse Aachen, LEO – der Bäcker & Konditor; Rechtsanwälte Daniel,
Hagelskamp & Kollegen; KOHL automobile GmbH; HIT-Markt; Bartsch Holzbau;
Goebels Sanitär-Heizungsbau; ASEAG; eventac; Deubner Baumaschinen; DEKRA;
nesseler grünzig bau GmbH; Druckerei Mainz; Malermeister Wynands; Partyservice
Hennes; Buchladen Pontstraße 39; NetAachen; CarabinBackhaus Communication;
Power + Radach; Steuerberatungsgesellschaft T. Bergs; APAG; STAWAG; Förderkreis
DAS DA THEATER
Das Stück
Paul Sheldon, Star-Autor der kitschigen
Liebesromanserie „Misery“, findet sich –
eben noch auf der Bühne seine Dankesrede für den Buchpreis haltend – im nächsten bewussten Moment in einer etwas
schäbigen Hütte in einem Bett wieder, mit
bandagierten Beinen und von Schmerztabletten leicht benebelt. Von einer ihm
unbekannten, freundlichen und höchst
euphorisierten Dame erfährt er die näheren Umstände: Er hatte einen Autounfall.
Seine Retterin heißt Annie Wilkes und ist
nicht nur ehemalige Krankenschwester,
sondern auch sein größter Fan.
Hingebungsvoll pflegt sie ihn und hilft
ihm bei seinen Erinnerungslücken auf
die Sprünge. Manchmal allerdings kann
sie auch ganz schön ungehalten werden. Zum Beispiel, als sie das Manuskript seines neuesten Buches in seiner
Tasche findet. Entrüstet muss sie feststellen, dass es sich nicht um einen ihrer
Misery
geliebten „Misery“-Romane handelt,
sondern um Pauls Versuch, sich endlich als ernsthafter Autor zu etablieren –
mit unerquicklicher Handlung und lauter
schmutzigen Ausdrücken!
Als sein fürsorglichster und treuester Fan sieht sie es jetzt als ihre Pflicht,
Paul zu bestrafen. Nur zu seinem Besten natürlich. Doch die skurrile Dame
mit mangelnder Affektkontrolle wird
immer mehr zur Bedrohung für Paul.
Als sie den neuen „Misery“-Roman verschlingt und ihre angebetete Heldin ungeheuerlicher Weise am Ende stirbt,
brennt ihr die Sicherung durch. Sie
zwingt den Schriftsteller mittels Entzug
der Schmerztabletten, sein schmutziges
Machwerk eigenhändig zu verbrennen
und eine neue Folge von „Misery“ zu
schreiben – nur für sie allein. Schnell
wird Paul klar: Er wird leben; solange er
für Annie schreibt ...
Der Autor
Stephen King wurde am 21. September
1947 in Portland/Maine geboren. Als er
zwei Jahre alt war, verließ der Vater die
Familie. Nach häufigen Umzügen innerhalb der USA ließ sich die Mutter mit ihren beiden Kindern schließlich wieder in
Maine nieder, wo Stephen die Schule besuchte. Im Alter von sieben Jahren begann er, Geschichten zu schreiben. Aber
erst mit zwölf erwachte sein Interesse
für Horror und Science-Fiction-Bücher.
Sechs Jahre später wurde seine erste Geschichte veröffentlicht. Nach seinem Studium an der Universität Orono arbeitete
King von 1971 bis 1973 als Englischlehrer an der Hampden Academy.
Stephen King
Mit dem Verkauf des Manuskriptes
„Carrie“ 1973 gelang ihm ein erster großer Erfolg – allerdings nur dank seiner
Frau, die das Manuskript aus dem Müll
gerettet und an den Doubleday Verlag
übergeben hatte.
Heute wird die weltweite Auflage all seiner Bücher auf etwa 100 bis 400 Millionen geschätzt. Ein Großteil seiner ca.
50 Romane wurde verfilmt – so auch der
1987 erschienene Roman „Misery“.
Simon Moore
Mit der von ihm selbst produzierten Bühnenadaption zu „MISERY“ schuf Simon
Moore die einzige von Stephen King persönlich autorisierte Bühnenfassung des
gleichnamigen Romans.
1993 wurde sie im Londoner Criterion
Theatre uraufgeführt und feiert seit der
deutschsprachigen Erstaufführung 1996
im Hansa Theater Berlin auch hierzulande regelmäßig große Erfolge. Besondere
Beachtung fand dabei die Inszenierung
von Leander Haußmann im Bochumer
Schauspielhaus im Jahr 1996.
Was seine eigene Person angeht, verfährt der 1958 geborene Simon Moore
frei nach seinem Arbeitsmotto „Show it,
don´t say“. Denn er lässt lieber die Ergebnisse seiner Arbeit für sich sprechen,
als dass er sich selbst in den Vordergrund
stellt. So lassen sich über den erfolgreichen Autoren, Regisseur und Produzenten nur wenige Informationen finden.
Aus seiner Feder stammen allerdings
mehrere Drehbücher, so auch „The Quick
and the Dead“ („Schneller als der Tod“)
das mit Sharon Stone, Gene Hackman
und Leonardo di Caprio 1995 verfilmt
wurde. Ein Jahr später erhielt er für sein
bemerkenswertes Skript zu dem Zweiteiler „Gulliver‘s Reisen“ einen Emmy.
Weitere bekannte Filme aus Moores Feder sind der Thriller „Under Suspicion“,
den er mit Liam Neeson und Laura Giacomo 1991 selbst in Szene setzte, sowie
„Dinotopia“ (2001). Diese phantastische
Kurzserie nach dem Kultklassiker von
James Gurney wurde mehrfach für den
Emmy nominiert.
MISERY: Gedanken zur Bühne
Der Ort der Handlung: ein Haus, vermutlich aus Holz, irgendwo im Norden
Amerikas. Da, wo die Winter hart und
lang sind.
Abgeschieden, weit weg von neugierigen Nachbarn, irgendwo im Wald.
Dort lebt Annie. Alleine.
Mit der Bühne für „Misery“ versuchen
wir diese Dinge aufzuspüren und sichtbar zu machen. Wir haben uns entschieden, keinen real existierenden Raum zu
bauen. Dieser Raum gleicht eher einer
Versuchsanordnung und folgt keiner architektonischen Logik.
Das Ganze hat etwas von einer Einsiedelei. Mit dem feinen Unterschied, dass
Annie sich nicht abgesondert hat, weil sie
spirituelle Erfahrungen machen möchte.
Sie hat die Einsamkeit gewählt, weil andere Menschen ihr eher lästig sind. Die
Anderen. Das sind die, die mit dem Finger auf sie zeigen, die die Köpfe zusammenstecken, wenn sie mal ins Dorf fährt,
um Besorgungen zu machen. Die Anderen sind die, die sie ausgrenzen würden,
wenn Annie das nicht schon selbst erledigt hätte…
Oben. Das Zimmer von Annie. Ihr Allerheiligstes. Der Raum, wo sie ihre einzige
Freude erlebt. Beim Lesen ihrer geliebten
„Misery“-Geschichten. Drohend hängt
ihr Zimmer über der Szene. Sie überblickt den Schauplatz. Wie eine Spinne in
ihrem Netz hat sie die Fäden in der Hand,
kontrolliert alles um sie herum.
Wie lebt so jemand? Eine Frau, die nur
das Nötigste braucht? Die kein Aufheben darum macht, wie sie aussieht, wie
sie wohnt. Eine Frau, der Kategorien wie
heimelig, wohlig, schön abhanden gekommen sind?
Das ist Annie.
Und dann ist da Paul. Der unfreiwillig
bei Annie „zu Gast“ ist. Paul, verletzt,
krank und ausgeliefert. Der über Wochen nur die vier Wände sieht, die ihn
umgeben, ohne jede Idee davon, wo diese vier Wände sich befinden? Ohne eine
konkrete Vorstellung, wie er dort hingeraten ist. Filmriss.
Wie erlebt Paul seine Umgebung. Ans
Bett gefesselt. Lauschend. Bangend.
Hoffend?
Unten. Der Raum für Paul. Schwer zu
sagen, was dieser Raum ist. Ein Keller?
Ein Abstellraum? Ein Teil, der zu Annis
Imkerei gehört? Dieser Raum bietet Paul
nichts außer einem Bett und spärlichem
Licht aus einer einzigen schmucklosen
Glühbirne. Der Rest ist Gerümpel. Dieser Raum ist Pauls Krankenzimmer. Alles andere als aseptisch. Nicht wirklich
geeignet, um einen Mann, der einen
schlimmen Unfall hatte, wieder aufzupäppeln. Und ebenso wenig eine inspirierende Klause, worin sich ein mittel begabter Autor zurückzieht, um eines
seiner neuen Werke zu schreiben. Und
doch muss dieser Raum all das für Paul
sein – oder werden.
Der Raum ist eine Falle. Die Treppe unbezwingbar für einen Mann mit gebrochenen Beinen. Und die Falle ist zugeschnappt.
Frank Rommerskirchen
Zitat
Aus Stephen Kings Leben
“Den größten Teil von Misery schrieb ich,
an Kipling‘s Tisch in Brown‘s Hotel in London sitzend, mit
der Hand. Dann fand ich heraus, dass Kipling an diesem
Tisch gestorben war. Dieser Gedanke geisterte in meinem
Kopf herum, bis ich am Ende das Hotel verließ.“
Stephen King
Am 19. Juni 1999 wurde King beim Spazierengehen am Straßenrand von einem
Kleinbus erfasst und schwer verletzt.
Der Fahrer, Bryan Smith, war betrunken
und nach eigenen Angaben „von seinem
Hund abgelenkt“ worden. Er bat später
öffentlich um Entschuldigung für den
von ihm verursachten Unfall. King lag
drei Wochen in einem Krankenhaus. Er
wurde zuerst fälschlich von einer lokalen
Zeitung für tot erklärt. Während seiner
Genesung von den Unfallfolgen schrieb
er den Roman „Duddits“ („Dreamcatcher“). Da es ihm durch die Gestelle an
den Beinen nicht möglich war, an einem
Tisch zu sitzen und die Schreibmaschine zu bedienen, schrieb er den gesamten
Roman per Hand. King erwarb später das
Unfallauto, welches er am ersten Jahrestag seines Unfalls eigenhändig zerstörte
und entsorgen ließ, um es, wie berichtet
wurde, als Handelsobjekt aus dem Verkehr zu ziehen. Bryan Smith starb mit 43
Jahren im September 2000 – zufällig an
Kings Geburtstag, was zu einigen Mystifikationen in Kings Fangemeinde führte.
Wissenswertes über Stephen King und seine Werke
• Ursprünglich planten King und der
Viking-Verlag, den Roman unter dem
Pseudonym „Richard Bachman“ herauszugeben, da die Publikationen unter dem
Pseudonym größtenteils übernatürlicher
Elemente entbehrten. Die Enttarnung
durch den Buchhändler Brown führte jedoch dazu, dass „Sie“ (deutscher Titel
für „Misery“) regulär als Stephen-KingWerk publiziert wurde.
• 1990 wurde das Buch unter dem Originalbuchtitel „Misery“ von Regisseur
Rob Reiner mit Kathy Bates und James
Caan verfilmt. Der Film war ein gro­ßer
Publikumserfolg und brachte Bates einen Oscar ein. Stephen King äußerte
sich positiv zu dieser Adaption.
Monstrum“, „Stark – The Dark Half“,
„Sara“ und „Love“, sowie zahlreiche
Kurzgeschichten (wie etwa „Der Straßenvirus zieht nach Norden“ aus „Im
Kabinett des Todes“) und Novellen (z.
B. „Das heimliche Fenster“ und „Langoliers“).
• Stephen Kings Werk hat viele innere Bezüge, Doppelungen, Knotenpunkte und Parallelen, die sein Schaffen
über einzelne Bücher hinaus komplex
und faszinierend machen (siehe auch:
„Die Welt von Stephen King“ oder den
Castle-Rock-Zyklus). Die meisten seiner
Geschichten spielen im US-Bundesstaat
Maine.
• Annie weiß von Jack Torrance, dem
• Stephen King wurde im Jahre 1988
Hausmeister des Overlook Hotels („Shifür den Roman in der Kategorie „Best
ning“), denn sie erzählt Paul von ihm.
Novel“ mit dem Bram Stoker Award
(„Es handelte sich um ein berühmtes
ausgezeichnet.
altes Hotel namens Overlook. Es ist vor
• Nach dem Zwei-Personen-Stück zehn Jahren abgebrannt. Der Hausmei„Sie“ kam das Ein-Frau-Stück „Das ster hat es niedergebrannt. Er war verSpiel“, woraufhin King in einer Presse- rückt. Jeder in der Stadt hat das gesagt.“)
konferenz scherzhaft ankündigte, sein
nächstes Buch würde „The Livingroom“
(„Das Wohnzimmer“) heißen und ohne
Personen auskommen. Tatsächlich erschien mit „Das Mädchen“ 1999 noch
ein Ein-Mädchen-Stück.
• „Sie“ bildet den Auftakt zu einer
Flut von Büchern und Geschichten von
King, welche die Ängste von Schriftstellern thematisieren. Es folgten „Das
• Romane von Paul Sheldon werden
von vielen Charakteren in Kings Werken gelesen: von Naomi Higgins (der
Bibliothekspolizist in „Nachts“), von
Ellen Carver („Desperation“) und auch
von Rose Daniels („Das Bild“), die ein
Buch liest, das in „Sie“ nicht vorkommt:
„Miserys Reise“. Ein Hinweis, dass Paul
nach seiner Tortur doch wieder Gefallen
gefunden hat an seiner „Misery“?
• Isolation ist ein zentrales Motiv in
Kings Werk. Paul kämpft in einem abgeschiedenen Haus um sein Leben, Jessie
Burlingame in einer abgelegenen Sommerhütte mitten im Herbst („Das Spiel“),
Donna und Tad Trenton in einem Auto
(„Cujo“), David Drayton und andere in
einem Supermarkt („Der Nebel“ in „Im
Morgengrauen“), Jugendliche auf einem
Floß („Der Gesang der Toten“), die Familie Torrance in einem eingeschneiten Hotel („Shining“), Reisende in einer Tankstelle („Nachtschicht“), Patricia
McFarland im Wald („Das Mädchen“),
Insulaner auf einer durch einen Sturm
von der Außenwelt abgeschnittenen Insel
(„Der Sturm des Jahrhunderts“), Richard
Pine ebenfalls auf einer einsamen Insel
(„Der Fornit“), Reisende in einem Flugzeug außerhalb der Zeit („Langoliers“),
Astronauten auf einem öden Wüstenplaneten („Der Fornit“), Fletcher in einem
Folterraum („Im Kabinett des Todes“),
die Einwohner der Kleinstadt Chester
Mills, die von einer unsichtbaren Kuppel
vom Rest der Welt abgeschnitten wurde
(„Die Arena“) und – vielleicht das extremste Beispiel – Bewohner einer Straße, welche aus dem Raum-Zeit-Gefüge
geschnitten ist („Regulator“).
• Stephen King war jahrelang alkoholund kokainabhängig, wobei sich King
Gedanken machte, inwieweit die Sucht
sein Schreiben beeinflusst. King hatte
Angst, ohne Drogen nicht mehr schreiben zu können. In seinem Roman „Misery“ sieht er seine Abhängigkeit in der
Figur Annie Wilkes personifiziert. „Da
wird ein Schriftsteller von einer geistesgestörten ehemaligen Krankenschwester gefangen gehalten. „Sie war mein
Delirium. Sie war meine Metapher für
meine Sucht. Eine verrückte Krankenschwester“, erzählte Stephen King dem
Spiegel-Magazin.
• Radio Bremen und der Süddeutsche
Rundfunk produzierten 1994 den Stoff
unter dem Filmtitel „Misery“ als Hörspiel mit Brigitte Janner als Annie Wilkes und Werner Rehm als Paul Sheldon.
• Am 15. November feierte die Bühnenadaption ihre New Yorker Premiere.
Bruce Willis gibt den Paul Sheldon, die
Rolle der Annie Wilkes übernimmt Laurie Metcalf, die unter anderem im Kinofilm „JFK“ auftrat, die aber vor allem für
ihre Fernsehrollen in den Sitcoms „Roseanne“ (als Roseannes Schwester) und
„Big Bang Theory“ (als Sheldons Mutter) bekannt ist.
Vater der Drachen
„Das Lied von Eis und Feuer“, verfilmt als Fantasy-Serie „Game of Thrones“, zieht
weltweit Millionen in seinen Bann. Sein Schöpfer George R. R. Martin wird von
Fans mit Liebe überschüttet – und mit Hass, wenn er nicht liefert.
Auszug aus einem Interview
SPIEGEL: Sie sind ein Gott für manche
Ihrer Anhänger, ein Schöpfer. Sie erschaffen
diese Welt, in der so viele Leser sich lieber
aufhalten als in der richtigen.
Martin: Ein Gott oder ein Dämon, ja. Lie-
be und Hass sind einander sehr nah bei
diesen Leuten. Als Band vier herauskam, „A Feast for Crows“, fühlten sich
zahlreiche Leser in ihren Erwartungen
enttäuscht. Sie hatten sich den Fortgang
der Geschichte anders vorgestellt, sie
wollten etwas anderes. Und das empfanden nicht wenige tatsächlich als eine Art
Verrat.
SPIEGEL: Welche Reaktionen erhielten Sie?
Martin: Ich habe Hunderte, nein Tausende wütender E-Mails oder Briefe gekriegt, da stehen scheußliche Sachen
drin. Ich verstehe das nicht. Es ist verrückt. Ich bin ja auch ein Leser, auch
ich habe viele Serien verschlungen. Und
wenn einer der Bände nicht so gut war
wie der davor, sagte ich dann etwa: „Der
Autor hat mich betrogen“? Habe ich ihm
Briefe geschrieben und gesagt: „Du hast
mir das Herz aus dem Leib gerissen“?
Natürlich nicht! Was ist mit diesen Leuten los?
Martin schickt diesen Sätzen ein verzweifeltes Kichern hinterher und guckt
ungläubig ins Leere. Es ist weder Koketterie noch Aufschneiderei, wie er über
seine glühendsten Gefolgsleute spricht.
Eher Empörung. Oder Angst.
Am fünften und jüngsten Band seiner
Heptalogie, der 2011 unter dem Titel „A
Dance with Dragons“ erschien, hat er
sechs Jahre gearbeitet - länger als an jedem davor. Viel zu lange für die Ungeduldigsten unter seinen Fans, bei denen
die Sucht nach neuem Lesestoff in Hass
auf den Autor umschlug. Sie sind die unheimlichste Erscheinungsform unter den
„Eis und Feuer“-Fans.
Unter aufdringlichen Slogans wie „Finish the book, George!“ formieren sie
sich auf eigenen Websites und nennen
sich selbst „GRRuMblers“, ein Wortspiel aus Martins Initialen. Die Grummler sind wütend, wenn sie erfahren,
dass George Martin manchmal Football-Spiele schaut, statt zu schreiben.
Sie regen sich auf, wenn der Autor auf
Lesereise geht, statt zu schreiben. Sie
hinterlassen im Netz Beschimpfungen
wie diese: „George R. R. Martin, nimm
deine Schreibmaschine aus dem Arsch
und fang verdammt noch mal an zu tippen.“ Und einer warnte den Autor, es
solle ihm bloß nicht einfallen, „einen
auf Jordan zu machen“, bevor die letzten beiden Bände der Serie vollendet
sind - eine Anspielung auf einen anderen
Fantasy-Autor, Robert Jordan, der 2007
starb, bevor er die Serie „The Wheel of
Time“, die ihn berühmt gemacht hatte, George R. R. Martin, müder Weltenschöpfer, schlürft mit einem Strohhalm
beenden konnte.
die letzten Tropfen Cola aus seinem Glas.
Unter Zeitdruck steht Martin auch von
anderer Seite. Seit 2011 hat der TV-Sen- Am nächsten Tag wird er in Neuchâtel
der HBO in jedem Jahr eine neue Staffel während eines Videointerviews mit einer
„Game of Thrones“ veröffentlicht, und Schweizer Zeitung eine deutliche Botjede umfasst jeweils ungefähr die Hand- schaft an die GRRuMblers senden. Erlung eines Bands. Mit der fünften Staf- neut gefragt, was er von Fans halte, die
fel, die im kommenden Frühjahr ausge- fürchten, er werde sein Werk nicht zu
strahlt wird, werden die Fernsehmacher Ende bringen, hält er einen Mittelfinger
zu Martin aufgeschlossen haben, danach in die Höhe und sagt: „Fuck you to thomüsste die Serie ihre eigene Buchvorla- se people.“
ge überholen. Kein Wunder, sagt der AuVon Guido Mingels
tor, „die schreiben ein paar Drehbücher
DER SPIEGEL 46/2014
von 60 Seiten, ich schreibe 1000 Seiten
pro Buch“.
Wenn Fans zum Stalker werden
Unglückliche, die andere ins Unglück
stürzen
„Stalker haben kein eindeutiges Persönlichkeitsbild“, erläutert Diplompsychologe Jens Hoffmann. Viele seien
narzisstisch veranlagt und treten sehr
selbstbewusst auf, es gibt aber auch
schüchterne, ängstliche, die sehr in sich
gekehrt sind. Meist sind es Expartner,
Freunde oder Kollegen, die zu Stalkern
werden, manchmal aber auch ein völlig
Fremder oder eine Person, die man nur
oberflächlich kennt. „Stalker“, sagt der
Psychologe „sind einfach unglückliche
Menschen, die Unglück über andere
bringen.“ Viele von ihnen leiden unter
Verlust-Ängsten und tun alles, um nicht
verlassen zu werden oder den anderen
für sich zu gewinnen. Nur etwa 15 Prozent stalken aus einem Machtgefühl heraus und aus der Freude, sich überlegen
zu fühlen, erläutert der Experte.
BIZARRE FANLIEBE:
STARS UND IHRE STALKER
Wer sich als Star oder Prominenter in
der Öffentlichkeit bewegt, war mit großer Wahrscheinlichkeit schon davon betroffen oder wird im Laufe der Karriere
noch die Erfahrung machen: Stalker. Erst
kürzlich kletterte ein Stalker auf den Dächern von Rihannas Anwesen in Los Angeles herum, bekam drei Jahre auf Bewährung, muss sechs Tage ins Gefängnis
und muss ein Jahr in psychologische Behandlung. Zwar haben die meisten Stars
Bodyguards, die sich im Ernstfall zwischen ihren Schützling und dem Stalker
werfen, doch gegen perfide Briefe oder
Morddrohungen können auch sie nicht
viel ausrichten.
Beziehung der Realität entspricht und
tatsächlich Bestand hat. Dabei werden
sie mitunter erschreckend kreativ und
schaffen es zum Teil auch, sich in das
nähere Umfeld des Stars einzuschleusen,
beispielsweise als Mitglied der BühnenCrew bei einer Tour. Damit steigt dann
auch die Gefahr von Übergriffen, die unter Umständen auch eskalieren können.
Extrem war der Stalking-Fall von John
Lennon. Am 8. Dezember 1980 harrte
David Chapman vor dem Dakota-Building in New York City aus, in dem John
Lennon eine Wohnung hatte. Einige
Stunden zuvor hatte Lennon eine Schallplatte für Chapman signiert, was ein anderer Fan fotografiert hatte. Das letzte
STALKER SIND ERSCHRECKEND
Foto, das John Lennon lebend zeigt, war
KREATIV
mit seinem Mörder, der ihn am Abend
Es gibt Fans, die reisen ihrem Idol auf um 22.50 Uhr mit fünf Schüssen tötete.
viele Konzerte hinterher und wenden Chapman sitzt seit dem lebenslänglich
viel Zeit und Energie auf, um ihrem im Attica Gefängnis.
Star so nah wie möglich zu sein. Trotzdem gibt es zwischen dem größten Fan Es war der 19. Juli 1989, als das erste
und dem Stalker einige Unterschiede. bekannte weibliche Stalking-Opfer von
Ein Stalker richtet sein alltägliches Le- einem fanatischen Fan erschossen wurben völlig auf den bewunderten Promi- de. Der 19-jährige Täter war Robert Barnenten aus und bricht jegliche andere so- do, der wie besessen von der Schauspieziale Kontakte nahezu vollständig ab. lerin Rebecca Schaeffer war. Seitdem
Es gibt nur noch eine Beziehung, die er gibt es in Los Angeles die erste Antioder sie pflegt, und das ist die zum Star. Stalking-Einheit der Polizei, die solche
Stalker sind davon überzeugt, dass diese Taten verhindern soll.
Der gefährliche Fan
Mit zwanzig, Anfang dreißig, schreibt
King in der „New York Times“, sei es in
seinem Kopf zugegangen wie in einem
vollen Kinosaal, in dem gerade jemand
„Feuer!“ geschrien habe und alle zum
Ausgang stürmten. „Ich hatte tausend
Ideen, aber nur zehn Finger und eine
Schreibmaschine. Es gab Tage – und ich
mache darüber keine Scherze, und ich
übertreibe nicht –, an denen ich dachte, all die zeternden Stimmen in meinem
Hirn würden mich in den Wahnsinn treiben.“ Jeder Autor, so Kings Fazit, schreibe so viel, wie er müsse. In seinem Fall
Aber der fanatische Fan ist in Stephen sei das eben ungefähr ein Buch pro Jahr.
Kings Werk immer auch eine Metapher
für Sucht und Besessenheit. Gerade hat Aber es sei schon schade, dass es zum
King in der „New York Times“ einen Beispiel von Donna Tartt und Jonathan
Text darüber geschrieben, ob ein beson- Franzen, zwei der besten Schriftsteller,
ders produktiver Autor auch ein guter die Amerika derzeit zu bieten habe, nur
Autor sein könne. Vordergründig ging es so wenig zu lesen gebe.
um das Vorurteil, dass Masse und Klasse
sich widersprächen. Und nein, er, King,
wolle natürlich nicht seine eigene Produktivität rechtfertigen.
„Finderlohn“ handelt von einem kingschen Lieblingsthema: dem Verhältnis
zwischen Literatur und Leben, dem Autor und seinen Lesern, von der Frage,
wem eine Geschichte eigentlich gehört,
wenn sie erst zu Papier gebracht ist. Berühmtestes Beispiel: Kings Psychothriller „Misery“ („Sie“), in dem eine Krankenschwester einem Schriftsteller diverse
Körperteile abhackt, um ihn ans Bett zu
fesseln, wo er schreibend ihre im letzten
Roman ums Leben gebrachte Lieblingsfigur wieder auferstehen lassen soll.
Zitat
„Ich schreibe so lange, wie der Leser davon
überzeugt ist, in den Händen eines erstklassigen
Wahnsinnigen zu sein.“
Stephen King
Über das Pseudonym Richard Bachman
Ursprünglich sollte „Misery“ unter dem Pseudonym Richard Bachman erscheinen,
das King größtenteils für Romane und Geschichten nutzt, in dem keine übernatürlichen Effekte wirken. Und tatsächlich hätte der Roman ausgezeichnet in dieses
Bachman-Schema gepasst.
Das Leben und Sterben von Richard
Bachman
1982
1942
1982
The Running Man - Menschenjagd
Geboren in New York, hatten Richard entdeckte man einen Tumor an BachBachman‘s frühe Jahre etwas Geheim- mans Stammhirn, der von Spezialisten
nisvolles an sich.
in einer komplizierten Operation entfernt wurde
Als junger Mann diente Bachman 4 Jahre bei der Küstenwache, wo er mit vielen 1984
Einschränkungen leben musste. Danach Thinner - Der Fluch
folgten 10 Jahre bei der Handelsmarine
und eine harte Zeit in Vietnam.
1985
Bachman ließ sich danach im ländlichen Bachman stirbt an Pseudonym-Krebs,
Zentrum von New Hampshire nieder, einer seltenen Form von Schizonomia.
wo er eine mittelgroße Milchfarm betrieb. Seine Romane schrieb er meistens Bis zum Zeitpunkt seines Todes hatte
nachts (er litt an chronischer Schlaflo- Richard Bachman fünf Novellen veröfsigkeit [Insomnia]), nachdem die Kühe fentlicht. Die ersten vier Novellen wurheimkamen.
den als Paperbacks veröffentlicht, aber
Richard und seine Frau, Claudia Inez als Bachmann sich eine immer größere
Bachmann, hatten einen Sohn, der un- Leserschaft erwarb, wurde seine letzte
glücklicherweise in einer King-ty- Novelle als Hardcover veröffentlicht und
pischen Weise im Alter von 6 Jahren ums wurde auch von den Kritikern gut angeLeben kam. Er stürzte in einen Brunnen nommen. Kurz vor seinem Tod spielte er
und ertrank.
mit der Idee für eine neue Novelle. Eine
ziemlich grausame spannungsgeladene
Novelle, die den Titel „Misery“ („Sie“)
1977
tragen sollte.
Rage - Amok
1979
The Long Walk - Todesmarsch
1981
Roadwork - Sprengstoff
(Anmerkung: Dieser Titel wurde später
ohne seine Zustimmung von einem bekannten und gutverdienenden HorrorAutor plagiiert.)
1994
Bachman-Fans erreichte eine gute Nachricht:
Als sich Bachmans Witwe in den Vorbereitungen zum Umzug in eine neue
Wohnung befand, entdeckte sie im Keller eine Pappschachtel, gefüllt mit Manuskripten. Der Karton enthielt eine Anzahl von Novellen und Geschichten in
unterschiedlichen Stadien der Fertigstellung. Die am weitesten vollständige war
ein Maschinenskript von einer Novelle
mit dem Namen: „The Regulators“
Nach einigen kleineren Änderungen,
und mit Zustimmung seiner Witwe (nun
Claudia Eschelman) wurde „The Regulator“ posthumorus im September 1996
bei Dutton veröffentlicht. Seit diesem
Zeitpunkt gibt es keinerlei Informationen mehr über die Möglichkeit weiterer
Veröffentlichungen der noch verbleibenden Manuskripte.
Als eine kurze Anmerkung sei noch gesagt: Charles Verill redigierte auch die
Werke von Stephen King, dessen Werke
mit den späten Arbeiten von Bachman
verglichen wurden. Gefragt nach seiner
1996
Die Witwe brachte das Manuskript zu Meinung zu Bachman antwortete King:
seinem ehemaligen Verleger, Charles „Ein verrückter Mann.....Ich bin froh,
Verill, der der Meinung war, dass es dass er tot ist.“
gut zu seinen vorherigen Werken passt.
DAS DA Förderkreis
Mit aller Sympathie
Mit den Autoren, deren Werke im DAS
DA THEATER aufgeführt werden, sind
unsere Zuschauerinnen und Zuschauer
in der Regel sehr zufrieden; das gilt von
Shakespeare bis Lutz Hübner und viele,
viele andere. Bisher ging die Zuneigung
allerdings noch nicht so weit wie bei Stephen Kings „Misery“. So wie dort hat
noch nie ein DAS-DA-Fan in den Spielplan oder den Inhalt eines Stückes eingegriffen.
nicht unwesentlich zum finanziellen Fundament einer Spielzeit bei.
Ohne deren Sympathie und Unterstützung könnte das DAS DA THEATER
sein anspruchsvolles Programm nicht im
gewohnten Maß realisieren. Wenn auch
Sie mithelfen wollen, rufen Sie doch einfach mal an oder schicken Sie uns eine
Mail.
Herzlichen Dank!
Einfluss nehmen manche unserer treuen
Besucherinnen und Besucher aber doch, 0241 174168 oder 0241 161688 oder
indem sie das DAS DA THEATER un- foerderkreis@dasda. de
terstützen. Denn ohne diese Hilfe wären
wir nicht in der Lage, ein solches Spielzeit-Programm auf die Beine zu stellen.
Alle, die uns helfen, gehören zum Förderkreis DAS DA THEATER und tragen
– http://www.dasda.de/spielzeit/2015-2016/misery/
– DER SPIEGEL 46/2014
SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG.
– http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/krankheitenstoerungen/tid18343/jagd-auf-die-geliebte-psychoterror-stalking-wenn-liebe-zum-wahn-wirdunglueckliche-die-andere-ins-unglueck-stuerzen_aid_510558.html
– http://www.regenbogen.de/promos/5183/bizarre-fanliebe-stars-und-ihre-stalker
– http://www.stephen-king.de/richard-bachman/biografie.html
– http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article146126059/So-gefaehrlich-sinddie-Fans-von-Stephen-King.html
– https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Das-Leben-und-das-Schreiben/Stephen-King/Heyne/e366281.rhd
Herausgeber
DAS DA THEATER gGmbH
Liebigstraße 9 • 52070 Aachen
(02 41) 16 16 88
[email protected]
www.dasda.de
Theaterleiter
Redaktion
Layout
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Druck
Spielzeit
Tom Hirtz
Anja Mathar
Hanyo Lochau
Achim Bieler
Druckerei Mainz
2015/2016
Geschäftsführer
Amtsgericht
Steuernummer
Tom Hirtz
Aachen HRB 14199
201/5957/1905

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