Seifen und Waschmittel

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Seifen und Waschmittel
Seifen und Waschmittel
Silvia Jahnke-Klein
1988 wurden in der Bundesrepublik Körperpflege-, Wasch- und Reinigungsmittel im Wert
von weit über elf Millionen DM produziert. Es gab nur noch einen mächtigen Industriezweig
in der chemischen Industrie – Pharamarzie. Während sich die Bundesbürger 1960 noch mit
200.000 Tonnen Waschpulver pro Jahr begnügten, wird inzwischen die vierfache Menge
verpulvert.
In Anbetracht dieses Massenkonsums drängen sich einige Fragen auf:
- Wozu benötigt man überhaupt Waschmittel?
- Wie “funktionieren” Waschmittel? Wie sind Waschmittel aufgebaut?
- Wodurch unterscheiden sich die unterschiedlichen Waschmittelsorten?
1. Wozu benötigt man überhaupt Waschmittel?
Versuch 1:
In ein Reagenzglas mit Wasser gibt man etwas Fett, z. B. Butter und schüttelt.
Klares Wasser kann nur Schmutz entfernen; der sich abspülen lässt oder wasserlöslich ist.
Die meisten Verschmutzungen sind jedoch fetthaltig und können deshalb nicht mit Wasser
entfernt werden. Es werden Stoffe benötigt, denen es gelingt zwischen Fett und Wasser zu
"vermitteln".
Zur Reinigung verwenden wir daher die verschiedensten Waschmittel.
2. Die Seife
Das älteste Seifenrezept wurde auf einer Tontafel aus dem 3. Jahrtausend v.Chr. im südlichen Irak gefunden. Die Sumerer stellten demnach die Seife aus ÖI und Pott-asche (Kaliumcarbonat) her. Das Prinzip der Seifenherstellung hat sich im Laufe der Jahrtausende
kaum gewandelt. Seit dem 4. Jh. wird "Seifensiederei" betrieben; bei der die Fettspaltung
durch Wärme beschleunigt wird, indem man Abfallfett mit Lauge lange kocht.
Verfahren
Fette sind Triglyceride, d.h. Fettsäuren sind an Gycerin gebunden. Durch Erhitzen mit Lauge
(Natron- oder Kalilauge) wird das Fettmolekül durch Wasseranlagerung gespalten (Hydrolyse, Verseifung). Es entstehen die Salze der Fettsäuren (Seife) und Glycerin:
aus: "Für Ada, Marie und andere Mädchen" Beispiele für einen mädchengerechten Unterricht
in Mathematik, Informatik, Technik und Naturwissenschaften, IKÖ-Diskussionsforum Band 1,
S. 218 – 232, Lisa Glagow-Schicha/Sonja Meyer/Petra Ridlhammer (Hg.), Duisburg, 1997
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Fett
+
Lauge
Glycerin
+
Seife
Bei Verwendung von Natronlauge entsteht das Natriumsalz der Fettsäure. Es bildet sich
Kernseife. Verwendet man Kalilauge, so bildet sich Schmierseife. Die Seife - also das Natriumsalz der Fettsäure - ist in Wasser gut löslich. Um aus der Seifenlösung bei der Herstellung
die feste Seife zu gewinnen, wird sie mit Kochsalz "ausgesalzen". Kochsalz (NaCI) löst sich
besser als die Seife. Gibt man Kochsalz nach dem Verseifungsprozess langsam zu, so fällt
die Seife flockig oder fest aus. Heute werden die Fettsäuren für die Seifenherstellung sowohl
aus Fetten als auch aus Erdöl gewonnen. Außer Natriumlauge wird auch Natriumcarbonat
verwendet. Die Veredelung der Seife erfolgt durch weitere Zusätze (Parfüm, Farbstoffe etc.).
Versuch 2: Herstellung von Seife
10 g Kokosfett werden in einem Becherglas langsam geschmolzen. In einem anderen Becherglas löst man 6 Natriumhydroxid Plätzchen in 20 ml destilliertem Wasser.- Danach wird
die unter ständigem Rühren hergestellte Natronlauge vorsichtig mit Hilfe einer Pipette zu
dem flüssigen Kokosfett gegeben (Vorsicht! Schutzbrille! Ätzende .Spritzer!) Es dauert 10-20
Minuten bis die Seifenbildung einsetzt, dabei bildet sich aus der zunächst flüssigen Mischung
eine leimartige Masse (Seifenleim). Die Trennung der Seife vom Glycerin erfolgt durch Aussalzen: 50 -100 ml gesättigte Kochsalzlösung wird zum Seifenleim gegeben. Oben auf der
Flüssigkeit bildet sich ein fester Seifenkern, der abgeschöpft und zwischen Filter-papier getrocknet werden kann.
Überprüfen Sie die Waschwirkung dieser Seife! (Vergleiche Versuch 8)
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3. Die Waschwirkung der Seife
Um den eigentlichen Waschvorgang zu verstehen, muss man einige Eigenschaften der Seife
kennenlernen:
Versuch 3:
Füllen Sie ein Becherglas mit Wasser. Setzen Sie nun vorsichtig eine Büroklammer so auf die
Wasseroberfläche, dass sie schwimmt. Was passiert bei Zugabe eines Tropfens Seifenlösung?
Versuch 4:
Ein Reagenzglas wird randvoll mit Wasser gefüllt. Mit einer Pipette tropft man vorsichtig
Wasser hinzu, so dass ein "Wasserberg" entsteht. Anschließend wird ein Tropfen Seifenlösung hinzugegeben.
Versuch 5:
Aus einem Stück Plastikfolie wird ein Schiffchen (siehe Abbildung) zurecht geschnitten. Eine
Kristallisierschale wird mit Wasser gefüllt und das Schiffchen vorsichtig auf die Wasseroberfläche gesetzt. Nun tropft man mit einer Pipette zunächst etwas Wasser auf die in der Zeichnung markierte Stelle. Danach gibt man etwas konzentrierte Seifenlösung auf die markierte
Stelle.
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Beobachtungen
Die Büroklammer bleibt auf der Wasseroberfläche liegen, der Wasserberg auf der Reagenzglasoberfläche scheint von einer "Haut" gehalten zu werden. Nach Zugabe der Seifenlösung
sinkt die Büroklammer nach unten, der Wasserberg zerfließt, das Schiffchen erhält einen
Vortrieb. Man sagt: Das Tensid hat die Grenzflächenspannung des Wassers herabgesetzt.
Durch die Herabsetzung der Grenzflächenspannung kann die Wäsche besser benetzt werden, das Wasser kann besser in die Gewebe eindringen und Schmutzteilchen fortspülen.
Grenzflächenaktive Stoffe nennt man Tenside (lateinisch "tendere" = spannen).
Versuch 5
5 Reagenzgläser werden zu einem Drittel mit Wasser gefüllt und jeweils einige Tropfen
Speiseöl zugegeben. Nun versetzt man jeweils ein Reagenzglas mit
(1) einigen Tropfen Seifenlösung
(2) einigen Tropfen Shampoo
(3) einigen -Tropfen Zetesol 856T
(4) etwas Waschpulver.
Das fünfte Reagenzglas bleibt ohne Zusatz.
Alle Proben werden kräftig geschüttelt.
Beobachtungen
Durch das Umschütten wird das Öl zunächst in allen Gläsern verteilt, im 5. Reagenzglas
setzt es sich aber nach kurzer Zeit wieder an der Oberfläche ab. Die anderen Proben bleiben
trübe, es kommt zu keiner Entmischung. Zusätzlich lässt sich eine mehr oder weniger starke
Schaumbildung (je nachdem wieviel Seife, Shampoo etc. zugegeben wurde) beobachten, die
ebenfalls durch die Herabsetzung der Grenzflächenspannung zu erklären ist. Stoffe, die wie
Seife ein Zusammenfließen der Tröpfchen und damit eine Entmischung verhindern, nennt
man Emulgatoren.
Die fettigen Verschmutzungen werden beim Waschvorgang durch die Seife emulgiert und
mit dem Wasser fortgespült.
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Versuch 6
In zwei Reagenzgläser werden je einige Spatel Aktivkohlepulver gegeben. In das eine Reagenzglas gibt man zusätzlich einige Tropfen Seifenlösung. Beide Lösungen werden nun filtriert.
Beobachtungen
Das Aktivkohle- Wasser- Gemisch lässt sich durch das Filtrieren trennen, das Aktiv-kohleSeifenlösung- Gemisch jedoch nicht. Die Aktivkohle wird dispergiert (d.h. der unlösliche
Feststoff verteilt sich gleichmäßig im Wasser) und läuft mit der Seifenlösung durch den Filter.
Seifen und Waschmittel sind nicht nur Emulgatoren, sondern auch Dispergiermittel. Die festen Verschmutzungen werden beim Waschvorgang dispergiert und mit dem Wasser fortgespült.
Worauf beruhen die grenzflächenaktiven, emulgierenden, dispergierenden Eigenschaften der
Seife?
Wie sich leicht vermuten lässt, ist die chemische Struktur des Seifenmoleküls dafür verantwortlich. Wie schon erwähnt, handelt es sich bei den Seifen um die Natrium- oder Kaliumsalze langkettiger Fettsäuren mit folgender Strukturformel:
Die Säuregruppe –COO - ist aufgrund ihrer Ladung wasseranziehend (hydrophil), der lange
Kohlenwasserstoffrest jedoch wasserabstoßend (hydrophob), dafür aber fettanziehend (lipophil).
Gibt man Seifenpulver in Wasser, so bilden sich kugelförmige Molekülklumpen, bei denen
die wasseranziehenden Enden nach außen und die wasserabstoßenden En-den nach innen
gewandt sind, sogenannte Micellen.
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Die hydrophoben Enden ziehen sich gegenseitig an. Die hydrophilen Enden werden vom
Wasser angezogen.
Ein Teil der Seifenmoleküle befindet sich an der Grenzfläche Wasser/Luft und richtet sich
dort ebenfalls aus, wasseranziehendes Ende zum Wasser, wasserabstoßendes Ende zur
Luft. Die Grenzfläche Wasser/Luft wird von den wasserabstoßenden Enden "durchbohrt", die
Grenzflächenspannung verringert sich.
Die emulgierende und dispergierende Wirkung der Seife kommt dadurch zustande, dass
Fetttröpfchen bzw. feste Schmutzteilchen in die Micellen eingeschlossen werden.
Der eigentliche Waschvorgang vollzieht sich in folgenden Schritten:
1.
2.
3.
4.
Die Seife erniedrigt die Grenzflächenspannung des Wassers, so daß dieses leicht in
das Gewebe eindringen und die Fasern benetzen kann.
Die thermische Bewegung bei höherer Temperatur bewirkt eine bessere Ablösung
und Zerteilung des Schmutzes in kleinere Partikel.
Fettiger und öliger Schmutz wird in feine Tröpfchen zerteilt, die dann wie auch die
festen Schmutzteilchen in die Micellen eingeschlossen und damit emulgiert bzw. dispergiert werden.
Der fette und feste Schmutz befindet sich feinverteilt im Wasser und kann fortgespült
werden.
4. Nachteile der Seife
In den letzten Jahren ist die Seife immer mehr von anderen waschaktiven Substanzen verdrängt worden. Bei den sogenannten Syndets, Sapiden oder waschaktiven Stoffen (WAS)
handelt es sich um synthetische Tenside. Diese besitzen gegenüber den Seifen einige Vorteile:
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Versuch 7
Füllen Sie 2 Reagenzgläser je zu einem Drittel mit Wasser. Geben Sie nun in das eine Reagenzglas etwas SeifenIösung, in das andere einige Tropfen seifenfreie Waschlotion und
messen Sie jeweils den pH-Wert.
Beobachtung
Seifenlösungen reagieren alkalisch. Sie können bei genügend hoher Konzentration; die beim
Händewaschen leicht erreicht wird, pH-Werte größer als pH 9 annehmen! Dadurch wird der
natürliche Säureschutzmantel der Haut (pH 5,5) zerstört. Es dauert 2 bis 3 Stunden bis die
Haut den Säureschutzmantel wieder aufgebaut hat. In dieser Zeit ist die Haut erhöhter Infektionsgefahr ausgesetzt - insbesondere im Neutralbereich, da sich viele Bakterienarten bevorzugt im neutralen Medium einnisten und vermehren.
Versuch 8
Destilliertes Wasser, Leitungs-, und Mineralwasser werden mit der gleichen Menge alkoholischer Seifenlösung versetzt und geschüttelt In einer zweiten Versuchsreihe wird statt Seifenlösung Feinwaschmittel- Lösung zugegeben und ebenfalls kräftig geschüttelt.
Beobachtung
Bei der Seifenlösung lässt sich eine zunehmende Trübung vom Leitungswasser über das
Mineralwasser zum Kalkwasser erkennen. Die Schaumwirkung nimmt in gleicher Reihenfolge ab. Beim Feinwaschmittel entstehen gleich große Schaumkronen, eine Trübung ist nicht
zu erkennen.
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Bei der zu beobachtenden Trübung handelt es sich um Kalkseifen, die auch den "Grauschleier" der Wäsche ausmachen und sich als graue Flecken in Waschbecken und Badewannen absetzen. Es sind nämlich nur die Alkalisalze der höheren Fett-säuren - also die
Seifen! - wasserlöslich. Treffen die Säureionen auf andere Metallionen, die mehr oder weniger in jedem Trinkwasser enthalten sind und die Härte des Wassers ausmachen, bilden sich
wasserunlösliche Metallseifen, die sich als graue Flecken absetzen.
2 R - COO - (aq) + Ca+ (aq) -~(R - COO)2ca (s)
Versuch 9
Eine wässrige Seifenlösung wird mit verdünnter Salzsäure versetzt und kräftig geschüttelt.
Der Versuch wird mit FeinwaschmittelIösung wiederholt.
Beobachtung
Bei der Seifenlösung ist eine Trübung zu beobachten, bei der Feinwaschmittellösung bildet
sich eine Schaumkrone.
Ein Waschen in saurem Wasser ist mit Seife ebenfalls nicht möglich, weil die schwerlöslichen Fettsäuren ausfallen:
R - C00 - (aq) + H3Q+ (aq) --> R - COOH (s) + H2Q
5. Synthetische Tenside
Die Nachteile der Seifen führten nach dem 1. Weltkrieg zu intensiven Versuchen, Ersatzstoffe zu finden. Die gesuchten Verbindungen mussten ebenfalls ein hydrophiles und ein hydrophobes Ende haben, um grenzflächenaktiv zu sein. Der hydrophile Teil bestimmt die Zuordnung zu einer der folgenden Tensidarten:
Anionische Tenside
Sie sind die Tensidklasse, die in Waschmitteln für Textilien am häufigsten anzutreffen ist.
Mehr als die Hälfte aller eingesetzten Tenside sind in der BRD anionische Tenside. Sie gehörten zu den ersten synthetischen Tensiden; auch die Seife ist ein anionisches Tensid. Anionische Tenside sind besonders preiswert in ihrer Herstellung.
Bei den anionischen Tensiden endet das Molekül mit einer negativ geladenen Gruppe wie
z.B. einer Carboxylat-, Sulfonat- oder Sulfatgruppe.
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Modell
Beispiel
Nichtionische Tenside
Stark im Kommen sind in den letzten Jahren die nichtionischen Tenside, die sich neutral verhalten. Ihr Einsatzschwerpunkt liegt bei den Spül- und Reinigungsmitteln. Sie zeigen gute
Waschleistung schon bei niedrigen Temperaturen, sind unempfindlich gegen Härtebildner
und wirken besonders gut gegen Fettflecken. Allerdings gelten nichtionische Tenside in der
Regel auch als schlechter abbaubar.
Bei den nichtionischen Tensiden wird die Wasserlöslichkeit in der Regel durch mehrere
Ethergruppen erreicht.
Modell
Beispiel
Kationische Tenside
Kationische Tenside enthalten eine positiv geladene quatäre Ammoniumgruppe, da-durch
sind sie positiv geladen. Sie können sich an die häufig negativ geladenen Textilfasern anlagern; darauf beruht die Verwendung der kationischen Tenside als Weichmacher für Wäsche.
Mit anionischen Tensiden bilden sie Salze, deshalb darf der Weichmacher auch immer erst
ins letzte Spülwasser gegeben werden. Da kationische Tenside gegenüber Wasserorganismen besonders giftig sind, sollte man sich überlegen, ob nicht auf Weichspüler verzichtet
werden kann.
Modell
Beispiel
Ampholytische Tenside
Amphotenside enthalten sowohl eine negativ als auch eine positiv geladene Gruppe. Sie
kommen in Spezialwaschmitteln und Kosmetikreinigern zum Einsatz und haben nur einen
kleinen Marktanteil.
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Modell
Beispiel
Versuch 10: Herstellung eines anionischen Tensids
50 %ige Schwefelsäure wird in einem Reagenzglas
mit einer Löffelspitze Hexadecanol (=Cetylalkohol)
versetzt und in einem Wasserbad von 60 Grad C etwa
5 Minuten lang erwärmt. Von der Lösung gießt man
etwas in ein anderes Reagenzglas mit Wasser und
schüttelt. Beobachtung?
Zu der ursprünglichen Lösung gibt man 2-3 Tropfen
Phenolphthalein hinzu und danach so viel 0,1 molare
Natronlauge, bis nach wiederholtem Schütteln eine
schwache Rosafärbung bestehen bleibt. Nacheinander
gibt man einen Teil dieser Lösung in Reagenzgläser mit
Kalkwasser, saurer Lösung und verdünnter Salzlösung
(Vorsicht! Schutzbrille!). Beobachtung?
Die neu entstandene Verbindung schäumt, das bedeutet, sie setzt ebenso wie Seife die Grenzflächenspannung,- des Wassers herab und hat damit
Waschwirkung. Dem langkettigen, unpolaren Hexadecanrest wurde durch eine Veresterungsreaktion eine polare Säuregruppe "angehängt", so
dass wie bei der Seife ein Molekül mit einem hydrophilen und einem hydrophoben Ende vorliegt. Im Gegensatz zur Seife bildet dieses Tensid aber keine Kalkseifen.
6. Saubere Wäsche - schmutzige Umwelt
Schäumende Flüsse, überdüngte Seen: Waschmittel hatten in der Vergangenheit und haben
auch heute noch ihre Tücken.
Riesige Schaumberge in öffentlichen Gewässern sieht man zum Glück heute nicht mehr.
Durch das Detergentiengesetz von 1964 ist gesetzlich eine gewisse Mindestabbaubarkeit für
Waschmittel vorgeschrieben, denn Waschmittel werden ja beim eigentlichen Waschvorgang
nicht "verbraucht". Sie gelangen also irgendwann in unsere Flüsse und müssen von Bakterien "geknackt" werden. Geschieht das nicht, wird die Grenzflächenspannung des Gewässers herabgesetzt, Schaumberge sind die Folge.
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Durch die erhöhte Phosphatzufuhr aus Landwirtschaft und Waschmitteln kam es zu einem
übermäßigen Algenwachstum. Der natürliche Gehalt des Wassers an Sauer-stoff reichte
nicht aus, die großen Mengen abgestorbenen Algenplanktons abzubauen. Es kam zur Faulschlammbildung. Die Fische starben wegen Sauerstoffmangel und Vergiftung durch Abbauprodukte des Faulschlamms. Gewässer eutrophierten, gingen an Überdüngung zugrunde.
Durch die Phosphathöchstmengenverordriung von 1980 wird der Phosphatgehalt von
Waschmitteln inzwischen gesetzlich geregelt. Auf den meisten Waschmittelpackungen
prangt mittlerweile der Aufdruck "phosphatfrei".
Es drängen sich hier einige Fragen auf: Wozu werden die Phosphate überhaupt benötigt?
Lässt man sie bei den neueren Waschmitteln einfach weg oder gibt es Ersatzstoffe?
Die Wirkung der in Waschmitteln enthaltenen Polyphosphate besteht in der Bildung eines
stabilen, wasserlöslichen Calciumkomplexes. Dem Wasser werden also die Härtebildner, die
die Waschwirkung stark beeinträchtigen und den Grauschleier verursachen, entzogen. Ein
Beispiel für einen solchen Enthärter ist Calgon, dessen Name eine Zusammenfassung von
"Calcium go on" ist.
Versuch 11
Zu etwas Sodalösung gibt man Calciumchlorid. Es bildet sich ein unlöslicher Niederschlag
von Calciumcarbonat. Man fügt etwas Calgonlösung zu und schüttelt.
Versuch 12
Man stellt eine stark verdünnte Eisenchloridlösung (FeCl3) her und teilt sie in zwei Teile. Zu
beiden Teilen gibt man etwas Kaliumthiocyanatlösung hinzu, in das zweite Reagenzglas gibt
man etwas Calgonlösung.
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Beobachtung
Die Eisenchlorid-Lösung wird im ersten Reagenzglas blutrot gefärbt, im zweiten Reagenzglas verschwindet die Färbung nach Zugabe der Calgonlösung.
Was ist passiert?
Kaliumthiocyanatlösung ist ein Nachweismittel für Eisenionen (Fe3+), die auch als Härtebildner im Wasser wirken. Nach Zugabe der Calgonlösung sind die Eisenionen nicht mehr
nachweisbar. Sie sind so fest gebunden, dass sie auch mit den Seifen-bzw. Tensidmolekülen nicht mehr reagieren und als Grauschleier auf der Wäsche ausfallen können.
Übrigens: Auch den Enthärter Calgon gibt es inzwischen phosphatfrei, als Ersatz-stoffe werden hydratisierte Aluminiumsilikate, die Zeolithe, und Polycarboxylate verwendet.
Moderne Vollwaschmittel enthalten neben den Tensiden und Enthärtern, Enzyme, Weißtöner, Schaumregulatoren, Vergrauungsinhibitoren, Korrosionsinhibitoren, Stellmittel, Parfümöle und Bleichmittel. Die Bleichmittel machen bis zu 25 % des Waschpulvers aus. In der Regel wird Natriumperborat verwendet:
Versuch 13
Ein mit blauer Tinte gefärbter Baumwolllappen wird in eine Vollwaschmittellösung gegeben
(1 Esslöffel auf 100 ml Wasser) und einige Minuten gekocht.
Versuch 14
In ein Reagenzglas gibt man etwas roten Fruchtsaft z. B. Johannisbeersaft, Rotwein, Rotkohlsaft oder anderes. Nun gibt man eine Spatelspitze Perborat zu und erwärmt auf über 50
Grad C.
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Das Perborat zerfällt in Wasserstoffperoxid und Borat. Wasserstoffperoxid zerfällt wiederum
und setzt im Augenblick des Zerfalls atomaren Sauerstoff mit stark bleichender Wirkung frei:
H2O2 - H2O + O
Das Borat gelangt ins Abwasser und steht in dem Verdacht, junge Schilfpflanzen sowie auch
bestimmte embryonale und larvale Fischstadien zu schädigen.
Wie kann man nun seine Wäsche waschen und dabei die Umweltbelastung möglichst gering
halten? Hier einige Tipps:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Die Wäsche möglichst nicht kochen. Eine 60 Grad Wäsche genügt praktisch allen hygienischen Anforderungen. Häufig reicht eine Grad C-Wäsche.
Die Waschtrommel immer voll beladen.
Bei normal verschmutzter Wäsche auf die Vorwäsche verzichten und nicht öfter als
nötig waschen.
Den Härtebereich des Wassers beim Wasserwerk erfragen und dementsprechend genau das Waschpulver dosieren. Besser noch einen Enthärter zugeben. Dann braucht
das Waschpulver nur noch für den Härtebereich 1 dosiert zu werden.
Statt Vollwaschmittel möglichst oft Feinwaschmittel oder besser noch ein Baukastensystem verwenden.
Nur phosphatfreie Kompaktwaschmittel und Enthärter kaufen.
Auf Weichspüler verzichten.
Stark verschmutzte Wäsche einweichen und Flecken z.B. mit Gallseife sofort entfernen.
Möglichst nicht montags waschen. Die Kläranlagen sind dann besonders belastet.
Deshalb ist es auch günstiger, am Abend statt tagsüber zu waschen.
Nehmen Sie nicht ein Waschmittel für alles - waschen Sie nach dem Baukastenprinzip.
So lässt sich die Umweltbelastung verringern.
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