Alte Handelswege laden ein – Der Böhmische Steig

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Alte Handelswege laden ein – Der Böhmische Steig
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Alte Handelswege laden ein – Der Böhmische Steig
Schon vor mehr als 1000 Jahren waren Wege und Straßen wichtige Achsen der wirtschaftlichen und
kulturellen Entwicklung der Oberlausitz und ihrer Nachbarregionen. Damals wie heute verbinden sie
Menschen, ihre Siedlungen und Handelsplätze, überbrücken Flüsse, erschließen Landschaften und
überwinden Grenzen. Historische Wege sind Zeugnisse der Zivilisation und Teil unserer Kulturlandschaft. Mit dem Projekt „Alte Wege – Neue Chancen“ werden diese uralten Verbindungen heute wieder zu Linien der Vernetzung zwischen Deutschen, Tschechen und Polen – erlebbar als Routen, die
dem Reisenden eine vielfältige und geschichtsträchtige Kulturlandschaft ohne Grenzen eröffnen.
Mittelalterliche Wege zwischen der Oberlausitz und Böhmen
Bis in das 12. Jahrhundert hinein durchzogen nur wenige Verkehrsverbindungen die heutige Oberlausitz. Die Via Regia (Hohe Straße) war eine der bedeutendsten Ost-West-Verbindungen durch ganz
Europa. Sie führte von Spanien und Frankreich über Frankfurt/Main, Eisenach, Leipzig, Görlitz und
Breslau weiter nach Russland. Nach Süden ins Böhmische gab es ursprünglich wohl nur Fußsteige
und Pfade. Die bedeutendsten in jener Zeit waren der Böhmische Steig, der von Bautzen über das
bewaldete Gebirge nach Schluckenau und weiter nach Prag führte, und die Neiße-Talrand-Straße, die
den Ostseeraum über Görlitz und Zittau ebenfalls mit Prag verband.
Spurensuche…
Archäologische Funde entlang der Neiße-Talrandstraße lassen vermuten, dass schon in der späten
Stein- und frühen Bronzezeit Menschen auf unseren alten Straßen unterwegs waren. Die frühgeschichtlichen Wege waren Leitlinien der Besiedlung und zugleich Grundlage für die Entwicklung eines
Verkehrswegenetzes. Dabei gewannen im Laufe der Zeit einige von ihnen zunehmend an Bedeutung,
andere verfielen allmählich und es entstanden neue Wege sowie Querverbindungen und Abzweige.
Im heutigen Straßennetz – insbesondere im Verlauf der Fernverkehrsstraßen – erkennen wir oftmals
noch die Grundrichtung uralter Verkehrswege.
Die frühmittelalterlichen Steige oder Pfade besaßen hauptsächlich überregionale Bedeutung. Sie wurden über die Jahrhunderte hinweg als Spuren der Lastträger Mensch oder Tier und seiner Gefährte –
Schleifen, Schlitten sowie ein- oder zweirädrige Karren in das unbefestigte Gelände eingetreten und
ausgefahren. Ausgerichtet auf ein bestimmtes Ziel, orientierte sich die Linienführung dabei vor allem
am Relief und passte sich dem jeweils – oft auch witterungsbedingt – günstigsten Terrain an. So
konnte der Fuhrmann unter mehreren Routen wählen, die entweder den jahreszeitlichen Anforderungen genügten oder als Ersatzspur für zu tief ausgefahrene Wege dienten. Dabei mieden die Reisenden die Flussniederungen und bevorzugten Talränder und Höhenrücken, auch um vor überraschenden feindlichen Übergriffen besser geschützt zu sein. Die Führung der Steige pendelte so innerhalb
einer – manchmal mehrere Kilometer breiten – Trasse, wie beispielsweise die Hohe Straße zwischen
Bautzen und Reichenbach oder die Wege über das Lausitzer und Zittauer Gebirge. Auch die Wege
südlich der Gebirge Richtung Prag suchten sich verschiedenen Routen. So setzt sich die NeißeTalrand-Straße südlich von Zittau in einer Trasse fort, deren östlicher Verlauf über Deutsch Gabel
(Jablonné v. P.) und deren westliche Führung über Böhmisch Leipa (Česká Lípa) ging.
Furten und Pässe bildeten natürliche Zwangspunkte. Hier trafen die unterschiedlichen Wegeführungen wieder zusammen. An solchen Stellen – beispielsweise an der Spreefurt in Obergurig oder am
Lückendorfer Pass im Zittauer Gebirge – ist die uralte Wegeführung heute noch erkennbar.
Bedeutung für den Handel…
Die Bedeutung der frühmittelalterlichen Wege für den gebirgsüberschreitenden Handel ist bis in die
Bronzezeit zurück nachweisbar. Bronzeäxte und Waffen gehörten damals zu beliebten Tausch- und
Handelswaren. Im frühen Mittelalter dienten die Wege dem Warentransport zwischen wirtschaftlichen
und frühstädtischen Zentren nördlich des Lausitzer und Zittauer Gebirges und dem bedeutenden
Handelsplatz Prag. Die Bezeichnung „Böhmischer Steig“ unterstreicht diese Fernhandelsbeziehung zu
Böhmen und ist nicht nur in der Oberlausitz sondern auch im Erzgebirge, im Böhmerwald und im
schlesischen Gebiet zu finden. Der Fernhandel vermehrte den Reichtum der Städte, da auch sie ihren
Anteil durch Warenzoll und Wegegeld von den Fuhr- und Kaufleuten forderten. Wichtige Transport-
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und Handelsgüter in dieser Zeit waren u. a. Salz, Felle, Häute, Wachs und getrockneter Fisch. Man
transportierte sie meist in südliche Länder um sie dort gegen Getreide, Butter, Käse, Tuch- und Glaswaren einzutauschen.
Gesellschaftlicher Aufbruch…
Seit dem 7. Jahrhundert prägte die slawische Landnahme die Entwicklung des Verkehrswegenetzes.
Im Zuge der deutschen Ostkolonisation und der wirtschaftlichen Erschließung auch der Gebirge kam
es im 12./13. Jahrhundert dann zu einer entscheidenden Umgestaltung. Mit der großräumigen Besiedlung, als Ausdruck eines gewaltigen gesellschaftlichen Aufbruchs, waren auch wirtschaftliche und
technische Fortschritte verbunden. Der Fernhandel erlebte einen Aufschwung, wodurch alte Fernwege
jetzt stärker als zuvor von Händlern befahren wurden. Die Gründung neuer Dörfer und die Entwicklung
der Siedlungen von Kaufleuten zu Städten brachten ebenfalls neue Verkehrsbeziehungen mit sich.
Dies zeigte sich in einer Verdichtung sowie Differenzierung der Verkehrswege entsprechend ihrer
Bedeutung. Schon in der Oberlausitzer Grenzurkunde von 1241, welche auch die älteste schriftliche
Überlieferung der Verkehrssituation in der Oberlausitz ist, werden viel befahrene Fernwege als Straßen (strata) und nur noch Wege mit lokaler Bedeutung als Steige (semita) bezeichnet.
Ausbau des Wegenetzes…
Zu den neuen Straßen, die in jener Zeit entstanden und in der Grenzurkunde erwähnt werden, gehört
die „majorem stratam contra Nuenkirchen“. Sie zweigt in Bautzen von der Hohen Straße ab und führt
über Neukirch zum Elbhafen Postelwitz, wobei südlich von Neukirch eine Route über Neukirch und
eine über Sebnitz erkennbar ist. Weiterhin erwähnt wird die „antiqua semita qua itur Weletin“, der „Alte
Wilthener Steig“, der von Bautzen über Obergurig und Wilthen nach Böhmen führt. Erstmals 1367 ist
von einer Verbindung von Bautzen über Löbau nach Zittau in einer Urkunde des böhmischen Königs
Karl IV. die Rede. Den sichersten Hinweis auf die Existenz der „Böhmischen Salzstraße“, die von Halle über Radeberg, Stolpen und Neustadt nach Schluckenau (Šluknov) führt, enthält eine Urkunde von
1483. Die Salzstraße gehörte im Mittelalter zu den bedeutendsten gebirgsüberschreitenden Verkehrsverbindungen. Auf ihr wurde Salz, damals eines der begehrtesten Tausch- und Handelgüter, aus dem
Halleschen Raum nach Böhmen geliefert und dort gegen Glas eingetauscht.
Gefahren für die Reisenden…
Unbefestigte Straßen und primitive Transportmittel auf der einen Seite und die Bedrohung durch Räuberbanden und Wegelagerer auf der anderen Seite machten die Beförderung wertvoller Güter für die
Kaufmänner und Fuhrleute des Mittelalters zu einem mühseligen und gefährlichen Unterfangen.
Um sich vor Räuberbanden besser schützen zu können, schlossen sich Kauf- und Fuhrleute zu Wagenzügen zusammen, die Städte unterhielten zeitweise Geleitsmannschaften. Landesherren ließen an
strategisch günstigen Punkten Burgen errichten und beauftragten Ritter, die Wege zu überwachen
und Reisende und Händler zu beschützen. Wichtige Schutzburgen waren die Burg Körse und die Burg
Tollenstein am Böhmischen Steig sowie die Leipaburg auf dem Berg Oybin, von der aus die Handelsstraßen nach Leipa und Gabel überwacht wurden. Karl IV. ließ im Jahre 1355 die Zoll- und Geleitsburg Karlsfried unterhalb des Lückendorfer Passes bauen.
Straßenschutz und Straßenzwang…
Ungefährdeter Handelsverkehr war eine wichtige Voraussetzung für das Aufblühen der städtischen
Wirtschaft. Daher war die Gewährleistung der Sicherheit auf den Handelsstraßen für die königlichen
Städte der Oberlausitz Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau ein vorrangiges Ziel. Diese schlossen sich 1346 zum Oberlausitzer Sechsstädtebund zusammen. Da inzwischen die Burgherren vielfach selbst als Raubritter die Handelsstraßen unsicher machten, eroberte und zerstörte der
Sechsstädtebund viele dieser Raubnester. Außerdem durften die Kaufleute jetzt nur noch bestimmte
Straßen benutzen. Karl IV. bestätigte 1356 den Straßenzwang für Görlitz. Mit dem ordnenden Straßenzwang bei gleichzeitiger Gewährleistung eines wirksamen Straßenschutzes versuchte er den
Handelsverkehr zu regulieren, und natürlich Steuern von den Handelsleuten einzutreiben.
Somit kam es seit dem 14. Jahrhundert zu einer allmählichen Festschreibung von Straßenführungen.
Der bisher mehr oder weniger pendelnde Verlauf engte sich immer mehr ein, bis er mit dem Chausseebau seit dem 18. Jahrhundert in feste Bahnen gebracht wurde.
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Der Böhmische Steig – Interessante Stationen in seinem Verlauf
Der Böhmische Steig gehört zu den ältesten Verkehrsverbindungen zwischen der Oberlausitz und
Böhmen. Er führte von Bautzen nach Obergurig, weiter über Kirschau, Schirgiswalde und Sohland ins
Böhmische, dort bekannt als „Alte Prager Straße“ weiter über Schluckenau (Šluknov), Rumburg
(Rumburk), St. Georgenthal (Jiřetín pod Jedlovou) nach Böhmisch Leipa (Česka Lipa) und schließlich
nach Prag.
Seine Entstehung vermutet man im 9./10 Jahrhundert, als slawische Siedler aus dem Lande Budissin
die Spree aufwärts zogen. Schnell entwickelte er sich zu einem wichtigen Handelsweg, der das frühstädtische Zentrum Bautzen auf dem kürzesten Wege mit dem Handelsplatz Prag verband. Seit dem
13./14. Jahrhundert verlor der Weg jedoch seine Bedeutung für den Fernhandel. Daher wurde er auch
in der Zeit des lebhaften Straßenausbaus nach den Befreiungskriegen (1813 - 1815) nicht chaussiert.
Die uralte Wegeführung ist bis heute noch an vielen Stellen, insbesondere an Furten und Pässen,
erhalten geblieben. Dazu gehören neben der Spreefurt an der heutigen Scharfenwegbrücke in Bautzen der als „Furt des Danibor“ überlieferte Flussübergang über die Spree in Obergurig und der Pass
zwischen Mönchswalder Berg und Adlerberg bei Wilthen. In Kirschau, Sohland und St. Georgenthal
(Jiřetín pod Jedlovou) zeugen die Überreste früher Wallanlagen und ehemaliger Schutzburgen von
der einstigen Bedeutung dieses historischen Weges.
Diese und andere Stationen lassen die Geschichte des alten Handelsweges wieder lebendig werden.
Informationstafeln sowie die Museen am Wegesrand geben Auskunft über interessante Details aus
vergangener Zeit. Kommen Sie mit und entdecken Sie Geschichte, Kultur und Natur unserer Region
auf den Spuren des Böhmischen Steiges.
Bautzen
Die Stadt Bautzen ist eine der ältesten Siedlungen in der Oberlausitz. Aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage auf den steilen Hängen eines Stromknies, das die Spree hier in scharfer Wendung nach
Osten bildet, siedelten sich hier im 7. Jahrhundert die Milzener, die Vorfahren der Sorben, an. Im 10.
Jahrhundert wurde die Stammesfeste der Milzener durch deutsche Herrscher erobert. Der Überlieferung nach hat Kaiser Otto I. (936 – 973) auf dem steilen rechten Spreeufer eine Burg erbaut. Die frühe
Landesburg entwickelte schnell frühstädtische Merkmale und wurde das wirtschaftliche und politische
Zentrum der Oberlausitz. Begünstigt wurde die schnelle Entwicklung von Bautzen zur Stadt durch ihre
Lage an der Via Regia (Hohe Straße). Sie brachte großen Reichtum, der sich in der wirtschaftlichen,
kulturellen und architektonischen Entwicklung der Stadt widerspiegelte. Von der Hohen Straße zweigten viele Wege nach Süden Richtung Böhmen ab. Einer davon ist der Böhmische Steig, der in der
Nähe der heutigen Scharfenwegbrücke vermutlich damals die Spree überquerte.
Obergurig – Böhmische Brücke
Obergurig wurde durch slawische Siedler gegründet und 1272 erstmals urkundlich erwähnt. Heute
zählt der Ort acht Ortsteile, die in den einst bischöflich meißnischen Wäldern der Umgebung entstanden sind. Nach der Lausitzer Grenzurkunde von 1241 querte der Steig hier in der „Furt des Danibor“
die Spree. Später entstand an dieser Stelle eine hölzerne Brücke, der „Mönnigssteig“, der offenbar
auch als Zugang nach Mönchswalde benutzt wurde. Mönchswalde war im Mittelalter ein Vorwerk des
Bautzener Klosters, das nach der Reformation an den Bautzener Domstift überging. Die Kosten für die
häufigen Instandsetzungen der Holzbrücke mussten vom Bautzener Rat, vom Domstift und von der
Gutsherrschaft Wilthen aufgebracht werden. Um diese Kosten nicht mehr tragen zu müssen, beschloss man 1724 eine Steinbrücke – die heutige „Böhmische Brücke“ – zu bauen. Das 36 m lange,
aus Bruch- und Feldsteinen gebaute, stark gewölbte Brückenbauwerk besitzt zwei ungleiche Bögen.
Der südliche Bogen überspannt mit 12 m Weite die Spree, der nördliche mit 6 m Spannweite war als
Durchlass für Hochwasser gedacht. Nach alter örtlicher Überlieferung wurde die Brücke mit Ochsenblut und Quark gemauert. Die Jahreszahl 1741 an der Pfeilerstütze am Südufer der Spree bezieht sich
offenbar auf eine Ausbesserung und Verstärkung. Die Brücke ist bis heute unverändert erhalten
geblieben und steht unter Denkmalschutz. Seit 1992 dient sie nur noch den Fußgängern.
Jägerhaus
Den unbeschwerlichsten Weg über die Mönchswaldkette fand der Steig über den Pass (383 m) zwischen dem Mönchswalder Berg und dem Adlerberg. Am Nordhang der Bergkette sind noch heute alte
Führungen zu erkennen, die sich über Jahrhunderte während mühseliger Transporte in den Waldbo-
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den eingegraben haben. Wo der Steig die Passhöhe erreicht, bot schon im Mittelalter eine einfache
Herberge den Reisenden Schutz vor schlechtem Wetter und vor Wegelagerern. 1785 erbaute an dieser Stelle der Wilthener Gutsherr ein Forsthaus, in dem Wilthener Bier ausgeschenkt werden sollte.
Die strohgedeckte Adler- oder Försterschenke wurde 1892 durch ein massives Gasthaus ersetzt, das
heute als „Jägerhaus“ bekannt ist. Vor der Gaststätte steht seit 1939 das hölzerne Standbild des
Pumphut – eine der vielen Sagengestalten der Oberlausitz. Die Sage erzählt, dass der Müllerbursche
Pumphut mit dem Teufel im Bunde gewesen sein soll. So hat er als Hexenmeister in seiner Wanderburschenzeit allerlei Schabernack getrieben, die Geizigen bestraft und die Armen belohnt.
Kirschau – Burgruine Körse
In Kirschau kreuzte der Steig eine Handelsstraße, die von Halle aus südlich der Via Regia weiter nach
Zittau führte. Ein alter Hohlweg in der Nähe des Friedhofs ist als Relikt bis heute erhalten geblieben.
Um das Siedelgebiet vor überraschenden feindlichen Angriffen zu schützen, legten bereits die Sorben
um das Jahr 1000 einen Burgwall um den Gipfel des heutigen Burgberges. Etwa 100 Jahre später, als
die Landnahme der Deutschen begann, wurde die Sorbenburg Korzym besetzt und zerstört. Daraufhin
erbauten die Deutschen vermutlich zunächst ein Wachthaus mit stärkeren Mauern und einem gemauerten Zugang in der Nordostecke des Sorbenwalles. Zwischen 1200 und 1250 wurde dieses dann
durch eine steinerne Burganlage abgelöst. Die Burg Körse – vom sorbischen Namen der Burg abgeleitet – war in jener Zeit die größte und stärkste Burg der Oberlausitz. Da man die Burgherren der
Räuberei an den Handelsstraßen beschuldigte, wurde die Burg 1359 durch den Sechsstädtebund
erobert und nachhaltig zerstört. Seitdem siedelte sich niemand mehr auf dem Burgberg an. Um die
Geheimnisse der Burgruine Körse zu lüften, begannen 1922 erste Ausgrabungsarbeiten, die im 1995
neu gebauten Burgmuseum gewürdigt werden.
Schirgiswalde
Bereits im 11. Jahrhundert querte der Steig hier in einer Furt die Spree. Der Ort selbst wurde erst im
späten 13. Jahrhundert von fränkischen Siedlern gegründet und 1346 erstmals urkundlich erwähnt.
Untiefen und felsiger Untergrund machten die Querung der Spree zu einer Mutprobe für jeden Fuhrmann. Nicht selten ging dabei ein Wagen zu Bruch, so dass es für Wagner und Schmiede oftmals viel
zu tun gab. Später führte ein überdachter Holzsteig sicher über die Spree, der im Jahre 1874 durch
eine steinerne Brücke ersetzt wurde. In dem am Markt gelegenen Erbgericht kamen die Bauern des
Dorfes zusammen, aber auch Wanderer und Kaufleute, die entlang des Böhmischen Steiges zogen,
rasteten hier. Alte Bindungen zum Schluckenauer Niederland führten dazu, dass Schirgiswalde seit
dem 15. Jahrhundert der Krone Böhmens angehörte. Erst 1845 wurde der 1665 zur Stadt erhobene
Ort dem Königreich Sachsen übergeben. Von 1809 bis 1845 besaß Schirgiswalde den Status einer
„Freien Republik“. In dieser Zeit fanden hier so manch zwielichtige Gestalten Unterschlupf, wie der
böhmische Räuberhauptmann Wenzel Kummer, aber auch Schmuggler und Deserteure. Der Handel
blühte auf, da Waren zollfrei eingeführt und gelagert werden konnten. Von der langjährigen Zugehörigkeit Schirgiswaldes zu Böhmen zeugen noch heute u. a. die katholische Pfarrkirche, Wegekreuze,
die in böhmischer Tradition gefertigten Weihnachtskrippen sowie die Mundart des Ortes.
Sohland – Marktplatz und Kirche
Der genaue Verlauf des alten Handelsweges ist hier in Sohland nicht mehr nachvollziehbar. Zu den
wenigen Spuren gehören die Überreste einer alten deutschen Wehranlage, die im Mittelalter dem
Schutz des Weges diente. Sie finden sich unweit des Sohlander Stausees am heutigen Schlossberg.
Interessante Zeugen der Ortsgeschichte bietet der Marktplatz von Sohland, der zusammen mit der
erhöht liegenden Kirche eine harmonische landschaftliche Einheit bildet. Die Kirche, 1222 erstmalig
erwähnt, ist eine der ältesten der Umgebung und war bei der Entwicklung des lang gestreckten Waldhufendorfes Ausgangspunkt für die Herausbildung eines Ortszentrums. Das ehemalige Gasthaus
„Erbgericht“ war im Mittelalter die Stätte der niederen Gerichtsbarkeit. Die beiden Sühnekreuze aus
dem 16. Jahrhundert gehen der Sage nach auf den Streit zweier Schusterjungen zurück, der für beide
tödlich endete. Aus dem Jahre 1817 stammt das Reformationsdenkmal und der alte königlichsächsische Postmeilenstein ist seit 1855 hier zu finden. Der Marktplatz erhielt sein heutiges Erscheinungsbild im Jahre 1999, als er nach altem Vorbild umgestaltet wurde. Unweit des Marktes befindet
sich das Wahrzeichen Sohlands, die im Jahre 1796 ganz aus Granit erbaute Himmelsbrücke. Sie führte einst über die Spree, nach deren Regulierung heute über den Dorfbach.
Grenzübergang Sohland Hohberg – Rozany/Rosenhain
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Am heutigen Grenzübergang Sohland Hohberg – Rozany/Rosenhain führte der Steig vermutlich bereits im Mittelalter nach Schluckenau (Šluknov) und weiter ins Böhmische, doch fehlen eindeutige
Überlieferungen aus dieser Zeit. Nachweise finden sich erst ab dem 15. Jahrhundert, als die Hussiten
dort 1425 und 1428 die Grenze zur Lausitz überschritten. Im Dreißigjährigen Krieg durchzogen Kroaten und Schweden plündernd die Ortschaft Sohland. In den Befreiungskriegen um 1813 flüchteten die
Sohlander vor den Kriegswirren ins Böhmische nach Rosenhain (Rozany). Seit 1834, als das Königreich Sachsen dem deutschen Zollverein beitrat, gibt es in Sohland ein Nebenzollamt. Mit dem Bau
der heutigen Staatsstraße im Jahre 1855 entstand ein neues Zollamtsgebäude direkt an der Grenze.
Bis 1938 diente der Übergang dann der Verbindung zwischen Lausitz und Böhmen. Von 1945 bis
1991 gab es an dieser Stelle keinen Grenzübergang. Im Jahre 1991 öffnete ein Fußgängerübergang,
der seit 1995 ständig passierbar ist. Das alte Zollamtsgebäude musste 2001/2002 einem Neubau
weichen, als der Grenzübergang für den Straßenverkehr ausgebaut wurde.
Schluckenau (Šluknov)
Schluckenau ist wahrscheinlich der älteste Ort in Nordböhmen und seit jeher wirtschaftliches und kulturelles Zentrum dieser Region. Seine Entstehung verdankt der Ort einem alten Rast- und Handelsplatz, der sich im 9./10. Jahrhundert an der „Alten Prager Straße“ entwickelte. Im Jahre 1250 wird
Schluckenau erstmals urkundlich erwähnt. Der Name der Stadt stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit
von der slawischen Bezeichnung für Salz bzw. Salzort ab, kann aber auch vom Namen des damaligen
Grundbesitzers abgeleitet sein. Mit der Belebung der „Böhmischen Salzstraße“, insbesondere ab dem
15. Jahrhundert, erlebte Schluckenau einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Stadt war Zollstadt, in
welcher von jeder Fuhre Salz 2 bis 3 Pfennig „vom Pferd“ sowie je ein Achtel „vom Wagen“ zu entrichten waren. Zahlreiche charakteristische Bauten und Kulturdenkmäler dieser Epoche sind bis heute
erhalten geblieben und zeugen vom Reichtum vergangener Zeit. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Renaissanceschloss erbaut, welches 1984 einem Brand zum Opfer fiel. Die barocke Kirche des Hl. Wenzel wurde im Jahre 1722 vollendet und 1922 zur Erzdekanatskirche erhoben.
Auf dem Marktplatz steht die barocke Sandsteinstatuengruppe der Allerheiligsten Dreifaltigkeit aus
dem Jahre 1752.
Rumburg (Rumburk)
In Rumburg querte einst die Alte Prager Straße in einer Furt die Mandau. In der ersten Hälfte des 13.
Jahrhunderts wurde an dieser Stelle eine Siedlung gegründet. Rumburg wurde 1298 erstmals urkundlich erwähnt. Im 14. Jahrhundert erhielt die Stadt das Privileg des Salzmarktes und war damit befugt,
das kostbare Salz aus dem Halleschen Raum an die Einwohner zu verkaufen. Im Jahre 1587 wurde
die einstige Hauptstadt der Herrschaft Tollenstein-Rumburg zur Stadt erhoben. Ihre frühe Blüte als
Kultur-, Verwaltungs- und Handelsstadt verdankt Rumburg ihrer Lage an der Handelsstraße, aber
auch dem Wirken ihrer adligen Herrschaft. Noch heute zeugt eine Vielzahl historischer Bauten vom
Reichtum jener Zeit. Das Schloss der Schleinitzer Herrschaft wurde in der zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts erbaut und nach dem Stadtbrand von 1724 neu errichtet. Aus dem Jahre 1690 stammt
das ehemalige Kapuzinerkloster mit der Kirche des Hl. Laurentius. Im Hofe des Klosters wurde 1707
die architektonisch besonders reizvolle Loreto-Kapelle der Hl. Jungfrau Maria fertig gestellt. Auf dem
Marktplatz von Rumburg findet man die 1681 errichtete barocke Dreifaltigkeitssäule, die an das Ende
der Pest im Mittelalter erinnert. Die Statuen kamen erst im Jahre 1725 hinzu und wurden zusammen
mit der Säule 1995 bis 1996 vollständig restauriert.
St. Georgenthal (Jiřetín pod Jedlovou)
Die Geschichte des Bergbaustädtchens reicht ins 16. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1485 wurde dem
Besitzer der Herrschaft und Burg Tollenstein Hugo von Schleinitz die Erlaubnis erteilt, am Kreuzberg
(Křižová hora) „allerlei Bergwerk“ zu betreiben. Der erste größere Stollen „St. Christoph“ (sv. Kryštof
Štola) wurde im Jahre 1539 unter Georg von Schleinitz am Nordrand des Berges angelegt. Um die
Entwicklung des Bergbaus zu unterstützen, gründete er im Jahre 1548 das nach ihm benannte Städtchen St. Georgenthal, welches bereits 1587 zur Stadt erhoben wurde. Die Förderung von Silber-, Kupfer- und Zinnerzen erlebte Anfang des 17. Jahrhunderts ihre Blütezeit, wurde aber im frühen 20. Jahrhundert wegen mangelnder Ergiebigkeit eingestellt. Seit 1999 steht dem Besucher der „St. JohannEvangelist“ Stollen (Štol a sv. Jana Evangelisty) zur Besichtigung offen, der zusammen mit dem Bergbau-Lehrpfad im Kohlhautal (Údolí Milířky) die Bergbauepoche wieder lebendig werden lässt.
Burgruine Tollenstein (Zřícenina hradu Tolštejn)
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Auf dem 670 m hohen Phonolitfelsen südlich von St. Georgenthal befindet sich die Ruine der im Mittelalter bedeutenden Burg Tollenstein. Bereits im 10. Jahrhundert wurde hier ein einfaches Wachhaus
errichtet, um die Fuhrleute auf dem Handelsweg nach Prag vor Überfällen zu schützen. Bis etwa 1120
wurde dann unter Herrschaft der Berken von Duba eine hölzerne Feste erbaut. Die Wartenberger
errichteten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine größere befestigte Burg, die nach mehreren Raubzügen der Burgherren in das Zittauer Land im Jahre 1337 durch den Sechsstädtebund erstmals erobert und zerstört wurde. Nach dem Wiederaufbau wurde die Burg in den Jahren 1463 und
1470 erneut durch den Sechsstädtebund erobert. Im Dreißigjährigen Krieg brannten die Schweden
1642 die Burganlage nieder. Die Burg wurde nie mehr aufgebaut, sondern vielmehr als Quelle für
Baumaterial abgetragen. In der verlassenen Burgruine errichtet im 19. Jahrhundert die Familie Münzberg ein Gasthaus, das zusammen mit einem kleinen Museum bis 1977 betrieben wurde. Seit 1996
gelang es auf Initiative einiger Enthusiasten der Umgebung erneut Interesse für die Burgruine zu wecken. So wurde dort im Jahre 2001 die neuzeitliche Herrschaft Tollenstein gegründet und zugleich das
Spiel „Wanderung um die Tollensteiner Herrschaft“ ausgerufen. Mittlerweile wurde die Herrschaft über
die deutsch-tschechische Grenze hinaus erweitert, in der die Wanderer – beschützt durch den braven
Räuber Vilda – natur- und kulturhistorische Besonderheiten der Region entdecken können.
Weiterführende Informationen
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Tourist-Information Bautzen-Budyšin
Hauptmarkt 1, 02625 Bautzen
Tel.: 03591/42016 oder 19433 Fax: 03591/464499
E-mail: [email protected]
Internet: www.bautzen.de
Gemeindeverwaltung Obergurig
Hauptstraße 24, 02692 Obergurig
Tel.: 035938/5860 Fax: 035938/58620
E-mail: [email protected]
Internet: www.obergurig.de
Fremdenverkehrsamt Wilthen
Bahnhofstraße 8, 02681 Wilthen
Tel.: 03592/385416 Fax: 03592/385499
E-mail: [email protected]
Internet: www.wilthen.de
Gemeindeverwaltung Kirschau
Zittauer Straße 5, 02681 Kirschau
Tel.: 03592/38780 Fax: 03592/38799
E-mail: [email protected]
Internet: www.kirschau.de
Tourist-Information Schirgiswalde
Bürgerhaus
Sohlander Str. 3a, 02681 Schirgiswalde
Tel.: 03592/34897 Fax: 03592/501397
E-mail: [email protected]
Internet: www.schirgiswalde.de
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Fremdenverkehrsamt Sohland a.d. Spree
Bahnhofstr. 26, 02689 Sohland a.d. Spree
Tel.: 035936/39822 oder 39821
E-mail: [email protected]
Internet: www.sohland-spree.de
městský úřad Šluknov
Gemeindeamt
nám. Míru 1, 407 77 Šluknov
Tel.: 0412/386242 Fax:0412/386241
E-mail: [email protected]
Internet: http://sluknov.sluknovsko.cz
Informační středisko Jiřetín pod Jedlovou
Informationszentrum
nám. Jiřího 300, 407 56 Jiřetín pod Jedlovou
Tel./Fax: 0413/379336
E-mail: [email protected]
Internet: www.jiretin.cz
Informační středisko Loreta Rumburk
Informationszentrum Lorettokapelle
tř. 9.května 149/27, 408 01 Rumburk
Tel./Fax: 0413/334536
E-mail: [email protected]
Internet: www.rumburk.cz
Verwendete Literatur und lesenswerte Lektüre (Auswahl):
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650 Jahre Oberlausitzer Sechsstädtebund 1346-1996. Mitteilungen des Zittauer Geschichts- und
Museumsvereins. Band 25.1997.
Aurig, R. (1989): Die Entwicklung von Steig und Straße im Gebiet zwischen Freiberger Mulde und
Neiße von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis Mitte des 14. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Rekonstruktion des Altstraßennetzes auf archäologischer Grundlage. Dissertation.
Aurig, R.; Herzog, S.; Lässig, S. (1997): Landesgeschichte in Sachsen. Tradition und Innovation.
Reihe: Studien zur Regionalgeschichte. Band 10.
Blaschke, K. (2000): Beiträge zur Geschichte der Oberlausitz. Gesammelte Aufsätze.
Bültemeier, A. (2002): Wanderungen – Lausitzer Gebirge und Böhmisches Niederland.
Hennig, J. (2003): An alten Straßen. Zittauer Geschichtsblätter. Sonderheft 2.
Jahn, M. (1994): Sachsen – Böhmen – Schlesien. Forschungsbeiträge zu einer sensiblen Grenzregion.
Pfeifer, W. (1977): Die Orte des nordböhmischen Niederlandes. Schriftenreihe des Bundes der
Niederländer. Heft 9.
Schlegel, S. u. G. (1998): Unsere Oberlausitz – Ein Lesebuch.
Schütze, T. (1954): Burg Körse. Reihe: Das schöne Bautzener Land. Heft 2.
Schütze, T. (1959): Schirgiswalde, die kleine Stadt. Reihe: Das schöne Bautzener Land. Heft 8.
Schütze, T. (1967): Um Bautzen und Schirgiswalde. Werte der deutschen Heimat. Band 12.
Wenzel, K. (2000): Von Sebnitz ins Nachbarland. Eine Anleitung für Wander-, Fahrrad- und Autotouren durch das Nordböhmische Niederland.
Entwicklung der Zusammenarbeit:
1999 – Im Rahmen der Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung „Umgebindelandschaft“ werden
erste Ideen zur Revitalisierung mittelalterlicher Wege im Grenzgebiet zusammengetragen.
2000 – Geschichtskundige Bürger der Grenzregion treffen sich erstmals in Arbeitskreisen und
diskutieren über die inhaltliche Ausgestaltung der Projektidee.
2002 – Aus den ersten Ideen entsteht das Projekt „Alte Wege – Neue Chancen. Grenzüberschreitende Revitalisierung mittelalterlicher Handelswege als touristische Routen“. Die am Projekt beteiligten Städte und Gemeinden unterzeichnen im September eine gemeinsame
Erklärung zur Unterstützung des Projektes.
2004, Januar – Der trinationale Konvent Umgebindeland erklärt das Projekt "Alte Wege - Neue
Chancen" als eines der insgesamt 10 Schlüsselprojekte der weiteren Arbeit im Umgebindeland. Damit ist das Projekt eine prioritäre Maßnahme in der weiteren grenzüberschreitenden Regionalentwicklung.
2004, Mai – Der „Böhmische Steig“ wird als erste touristische Route im Rahmen des Projektes
„Alte Wege – Neue Chancen“ in Sohland a.d. Spree eröffnet.