„Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200

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„Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200
„Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer
des Raumschiffs Enterprise, dass mit seiner 400 Mann starken Besatzung 5 Jahre lang
unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele
Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch
zuvor gesehen hat.“ – Wer kennt ihn nicht, den Vorspann zur Serie „Raumschiff Enterprise“
aus den 60er Jahren.
„Der Weltraum – unendliche Weiten“. Vielen Zeitgenossen fällt es schwer zu glauben, dass es
über diese „unendlichen Weiten“ hinaus ein Jenseits, einen „Himmel“, ein ewiges Leben
geben kann. Wie denken Sie darüber? Ganz in Ihrem Inneren. In den unendlichen Weiten
Ihrer Großhirnrinde?
Ich möchte jetzt nicht über das WAS-IST-WAS?-Buch „Unser Kosmos“ sprechen, wie
manche vielleicht schon befürchten. Wir feiern heute das Pelagiusfest. Das Fest unseres
Kirchenpatrons. Unseres Heiligen im Himmel. Hier ist sein Fuß. Eine Reliquie. Ein irdisches
Relikt. Ihn selbst aber glauben wir im Himmel unter den „Geistern der vollendeten
Gerechten“ (Hebr 12,23). Ist das für uns die Wirklichkeit, die wir glauben?
Ich möchte mit Ihnen heute nicht in den Weltraum gehen. Aber ich will mit ihnen hinzutreten
zum Berg Sion. Denn davon haben wir in der zweiten Lesung aus dem Hebräerbrief gehört.
Ich zitiere:
„Ihr seid hinzugetreten
zum Berg Sion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem,
und zu Tausenden von Engeln, einer Festversammlung, und zur Gemeinde der
Erstgeborenen, die im Himmel aufgezeichnet sind;
und zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten,
zum Mittler des neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das lauter redet
als das Blut Abels.“
Vielleicht erschlägt Sie jetzt die Gewalt dieser Bilder. Aber eines ist klar. Wenn wir lesen
„Ihr seid hinzugetreten“, dann sind damit nicht nur die Leser des Hebräerbriefs damals
gemeint, sondern auch wir, die Hörer dieser Lesung heute. Wir sollen uns einüben in eine
„Ästhetik des Ziels“, wie es ein Bibelforscher beschrieben hat. Christliches Leben ist ein
Üben, Einüben, Training. Und wir sollen uns nicht nur einüben in ein moralisch ordentliches
Leben. Wir sollen uns auch einüben in die Schönheit des Ziels, auf das wir zugehen. Und der
Hebräerbrief malt uns ein Bild von diesem Ziel. Das ist gemeint mit der „Ästhetik des Ziels“.
Wie sieht dieses Ziel aus? Wie wird es beschrieben? Das Ziel unseres Lebens ist der Berg
Sion, mehr noch: die Stadt des lebendigen Gottes. Und damit es kein Missverständnis gibt:
Damit ist nicht das irdische Jerusalem gemeint, sondern das himmlische. Wenn aber der
Hebräerbrief vom Berg Sion spricht, erinnert er damit an die Wallfahrt der Völker zum
Sionsberg. Alle Völker, alle Menschen sind letztlich unterwegs. Aber wir können entscheiden,
ob wir ein gemeinsames Ziel haben. Und dieses Ziel ist, wenn wir wollen, das Festmahl auf
dem Sionsberg, das Gott allen Völkern und allen Menschen bereiten will, die zu ihm hin
pilgern.
Gehen wir einen Schritt weiter! Da ist die Rede von Tausenden von Engeln, einer
Festversammlung, und von der Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel aufgezeichnet
sind. Klar ist, die Engel sind im Himmel. Wer ist die Gemeinde der Erstgeborenen? Wir
kennen den Erstgeborenen der ganzen Schöpfung, den Erstgeborenen der Toten, den
Erstgeborenen Marias: Jesus. Wer aber ist die Gemeinde der Erstgebornen? Das sind wir.
Jesus, der Erstgeborene, hat uns zu Erstgeborenen und Erben des himmlischen Reiches
gemacht. Unsere Namen sind im Himmel aufgezeichnet. Wir sind ja getauft! Wir müssen nur
darauf achten, dass unsere Namen nicht gestrichen werden.
Wir sind also hingetreten zu einer Festgemeinde. In der Mittelmeerkultur ist damit
ausgelassene Festesfreude gemeint, so wie bei uns ein Stadtfest, ein Dorffest oder ein
Gemeindefest. Mit Gottesdienst, Essen und Trinken, Spiel und Musik.
Machen wir noch einen Schritt! Wir sind hingetreten zum Berg Sion, zu einer Festgemeinde.
Aber auch zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten. Das ist
mir ganz wichtig. Viele haben ein Problem mit Gott als dem Richter. Wenn man aber die
Bibel liest, merkt man, dass Gott als Richter vor allem Recht spricht. Er spricht denen das
Recht zu, die im irdischen Leben verfolgt, missbraucht und benachteiligt wurden. In der Bibel
sind das vornehmlich die Armen, Witwen und Waisen. Hier geht es also um Gerechtigkeit.
Und all jene, die „hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit“, die werden dann selig
gepriesen.
Und das andere ist mir genauso wichtig. Wir sind hingetreten zu den „Geistern der
vollendeten Gerechten“. Damit sind alle gemeint, die bereits am Ziel angekommen sind.
Denen von Gott Recht zugesprochen wurde. Die zur Vollendung gelangt sind. Alle unsere
lieben Verstorbenen hoffen wir in dieser Gemeinschaft der vollendeten Gerechten. Zu dieser
Gemeinschaft sind wir – wie der Hebräerbrief sagt – bereits jetzt schon hinzugetreten, obwohl
wir noch unterwegs sind.
Ich glaube, jedem wird jetzt klar sein, wie dieses Hinzutreten zum Berg Sion, zur Stadt des
lebendigen Gottes, zum himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, einer
Festgemeinde, zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, zu Gott und zu den vollendeten
Gerechten geschieht. Es geschieht jetzt, wenn wir die heilige Messe feiern. Denn der
Abschnitt schließt mit Jesus. Wir sind hinzugetreten zu Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes,
und zum Blut der Besprengung. Hier ist Jesus. Hier werden wir in den Neuen Bund
hineingenommen.
Meine Lieben! Hier überschreiten wir die unendlichen Weiten des Weltraums. Hier gelangen
wir in jene Galaxie, in die kein Raumschiff jemals vordringen kann. Hier überschreiten wir
Raum und Zeit, weil wir aufgenommen werden in die Gegenwart Gottes. Deshalb sind wir
Christen. Deshalb feiern wir die heilige Messe. Was der Hebräerbrief beschreibt, ist für uns
Wirklichkeit. Und zwar eine schöne Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit, die Freude macht und
Hoffnung schenkt. Und wir sollten uns alle Mühe geben, dass möglichst viele unserer
Zeitgenossen, Familienangehörigen und Freunde mit dieser Wirklichkeit in Berührung
kommen, damit auch sie mit uns hinzutreten zum Berg Sion, zur Stadt des lebendigen Gottes.
Amen.