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Transcrição

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Herrn
Präsident
Friedrich Bernhofer
E-Mail: [email protected]
Tgb.Nr.-173.716/ 38 -2010-Bk/Bl
20. Juli 2010
Schriftliche Anfrage von LAbg. David
Schießl betreffend die geplante Errichtung
eines Einkaufszentrums in Ort i.I.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Zur schriftlichen Anfrage der FPÖ-Landtagsabgeordneten David Schießl und Wolfgang
Klinger betreffend die geplante Errichtung eines Einkaufszentrums in Ort i.I. nehme ich wie
folgt Stellung:
Zu Frage 1: Hat sich Ihrer Ansicht nach die Ausgangslage für das Projekt eines
Einkaufszentrums in Ort i.I. seit der letzten Projekteinreichung im Jahr 2007
verändert?
Nein.
Zu Frage 2: Wann ist mit einer Entscheidung im laufenden Verfahren über das
eingereichte Projekt eines Einkaufszentrums in Ort i.I. zu rechnen?
Die Entscheidung wurde dem Projektwerber von der Abteilung Raumordnung am Mittwoch,
14.07.2010, schriftlich mitgeteilt.
Zu Frage 3: Würde ein dem eingereichten Projekt entsprechendes Einkaufszentrum in
Ort im Innkreis Kaufkraft aus Bayern, Salzburg oder dem oberösterreichischen
Zentralraum anziehen und wenn ja, in welchem Ausmaß wäre dies der Fall?
Ja. In einer Studie der Fa. RegioPlan Consulting GmbH wurden mithilfe der ökonometrischen
Methode Einzugsgebiete für das Einkaufsdorf Ort errechnet. Auf bayerischer Seite würde
4021 Linz, Altstadt 17, Tel. (+43 732) 77 20-151 00, Fax (+43 732) 77 20-117 92, www.viktor-sigl.at, DVR: 0069264
durch das Projekt Kaufkraft im Ausmaß von € 22,7 Mio. abgeschöpft. Stetige
Kaufkraftzuflüsse aus Salzburg sind der Studie zufolge aufgrund der Distanz zu Ort und des
bestehenden Einzelhandelsangebotes im Salzburger Zentralraum nicht zu erwarten. Aus
dem oberösterreichischen Raum ist mit einem Kaufkraftzufluss von ca. € 38,0 Mio. zu
rechnen.
Eine volkswirtschaftliche Studie von Univ.-Prof. DDr. Schneider setzt die
Kaufkraftabschöpfung höher an und errechnet eine Abschöpfung von € 41,3 Mio., die aus
dem Landkreis Passau nach Ort im Innkreis zufließen würden.
Zu Frage 4: Ist Ihnen bekannt, ob durch das Einkaufszentrum "Europark" in Salzburg
ein Kaufkraftzufluss aus dem Bayerischen Raum verursacht wird und wenn ja, in
welchem Ausmaß ist dies der Fall?
Es liegen uns keine Unterlagen vor, die Aussagen über den konkreten Kaufkraftabfluss aus
Bayern ins Einkaufszentrum "Europark" in Salzburg beinhalten.
Zu Frage 5: Würde Ihrer Einschätzung nach die Errichtung eines Einkaufszentrums in
Ort i.I. die Handelsstruktur in den Bezirken Braunau, Ried und Schärding nachhaltig
gefährden?
Ja.
Zu Frage 6: Wie beurteilen Sie die Aussage der Studie von Univ.-Prof. Dr.Dr.hc.mult
Friedrich Schneider, dass das eingereichte Projekt eine nachhaltige Investition wäre
und einen bedeutenden Beitrag zum regionalen Wirtschaftswachstum leisten würde?
Das eingereichte Projekt verursacht stark negative Effekte, die sich auf die bestehende
Handelsstruktur des Innviertels auswirken. Da uns keine Untersuchung zu den
dahingehenden Folgekosten vorliegt, kann auch die Bedeutung der Investition für das
regionale Wirtschaftswachstum nicht beurteilt werden.
Zu Frage 7: Wie beurteilen Sie die Aussage der Studie von Univ.-Prof. Dr.Dr.hc.mult
Friedrich Schneider, dass das eingereichte Projekt einen bedeutenden
strukturpolitischen Beitrag leisten würde und das Angebot in der Konsum, Tourismusund Freizeitwirtschaft Oberösterreichs verbessern würde?
Eine Studie (ISG – Köln) aus Deutschland bescheinigt, dass äußerst große Einkaufszentren
(Mega Malls) – wozu das Einkaufsdorf Ort/Innkreis nicht zählt - aber auch Factory Outlet
Center (FOC) shoppingtouristisch durchaus Erfolgsmodelle sind, wobei sich bisher aber
Hoffnungen, dass damit auch Zusatzeffekte für die Innenstädte im näheren Umkreis verbunden sind, nicht erfüllt haben. Vielmehr sind bislang eher Kannibalisierungseffekte eingetreten, wodurch der positive Beitrag durch die negativen Begleiterscheinungen aufgewogen
und zum Teil überflügelt wird.
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Zu Frage 8: Wie beurteilen Sie die Aussage der Studie von Univ.-Prof. Dr.Dr.hc.mult
Friedrich Schneider, dass die geplante Investition zu einem überwiegenden Teil der
regionalen Wirtschaft zugute kommen würde?
Beim jetzigen Stand der Einreichunterlagen ist eine dahingehende Beurteilung nicht möglich.
Zu Frage 9: Wie beurteilen Sie die Aussage der Studie von Univ.-Prof. Dr.Dr.hc.mult
Friedrich Schneider, dass mit dem laufenden Betrieb des eingereichten Projektes bei
verschiedensten Betrieben in Ort i.I. und den umliegenden Gemeinden
Nachfrageeffekte entstehen würden?
Die Aussagen, dass durch das Einkaufsdorf als Frequenzbringer bei verschiedensten
Betrieben in Ort i.I. aber auch in den umliegenden Gemeinden Nachfrageeffekte entstehen
und auch der umliegende Einzelhandel profitiert, werden in Zweifel gezogen. Die
Brachenauflistung des Einkaufdorfes in den Einreichunterlagen ist zu entnehmen, dass mit
Ausnahme einer nur kleinen Verkaufsfläche für den Bau- und Heimwerkerbedarf weitgehend
alle Branchen im Einkaufsdorf bereits vertreten sind. Es ist bei den derzeitigen
Konsumgewohnheiten davon auszugehen, dass die Konsumenten bei einem Besuch des
Einkaufsdorfes ihren Warenbedarf überwiegend bis ausschließlich dort decken und deshalb
keine weiteren Einkäufe in der Umgebung tätigen. Ebenso begünstigt der nahe
Autobahnanschluss das schnelle Verlassen des Einkaufsortes und verhindert zusätzliche
Konsumnachfrage im Umfeld. Eine deutsche Studie zum Thema verweist auf Kannibalisierungstendenzen, die eher negative Zusatzeffekte für Innenstädte in näherer
Umgebung bewirkt haben.
Zu Frage 10: Wie beurteilen Sie die Aussage der Studie von Univ.-Prof. Dr.Dr.hc.mult
Friedrich Schneider, dass die geplante Schaffung von 800 Arbeitsplätzen als
bedeutende Größe anzusehen wäre?
Mit dem Wissen, dass durch die Auswirkungen auf die bestehende Handelsstruktur
insbesondere in den Bezirken Ried, Braunau und Schärding und der damit zu erwartenden
Schwächung bestehender Handelsbetriebe, Arbeitsplätze verloren gehen werden, relativiert
sich die bedeutende Größe dieser "zusätzlichen" 800 Arbeitsplätze.
Zu Frage 11: Wie groß sind die Handelsgesamtflächen in den Bezirken Braunau, Ried
und Schärding, aufgeschlüsselt nach Branchen?
Eine branchenweise Aufschlüsselung der Verkaufsflächen kann den Analysen zur regionalen
Nahversorgungsstrukturen für die betreffenden Bezirke entnommen werden, die im Auftrag
des Landes Oberösterreichs, der Wirtschaftskammer Oberösterreichs, sowie des Regionalmanagements Innviertel-Hausruck in den Jahren 2007-2009 durch die Fa. CIMA Austria
Beratung + Management GmbH erstellt wurden:
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Verkaufsflächen je Bezirk in m²
Branche
Braunau
Bäcker
Fleischer
Lebensmittelgeschäfte
Apotheken
Drogerien, Parfümerien
Blumen, Pflanzen, Sämereien
Oberbekleidung
Wäsche, Strümpfe, sonst. Bekleidung
Kurzwaren, Handarbeitsbedarf
Sportartikel
Schuhe
Bücher
Schreibwaren, Bürozubehör
Spielwaren
Hobbyartikel
Möbel, Wohnungseinrichtung, Heimtextilien
Eisenwaren, Hausrat, Baumarktartikel, Farbe, Lacke,
Tapeten
Glas, Porzellan, Keramik
Geschenkartikel, Souveniers
Elektrogeräte, Unterhaltungselektronik, Leuchten
Foto
Optik
Uhren, Schmuck
Fahrräder
Kfz-Zubehör
Büromaschinen
Ried/Innkreis
Schärding
1.366
1.423
35.485
295
4.485
1.255
9.820
155
265
1.500
3.320
1.120
1.122
950
443
11.762
982
610
24.045
152
3.057
1.715
17.214
255
454
2.080
2.540
1.038
820
410
900
22.530
753
547
19.058
180
2.925
1.039
5.536
86
165
540
2.326
425
1.300
590
170
3.715
14.813
265
385
3.428
360
355
210
470
1.635
80
15.595
515
656
1.203
555
710
542
970
1.320
280
13.939
275
265
2.126
200
210
257
450
765
0
Sonstige
2.896
3.420
2.404
Gesamt
99.663
104.568
60.246
Zu Frage 12: Wie groß ist der aktuelle Kaufkraftabfluss aus den Bezirken Braunau,
Ried und Schärding in Richtung Bayern?
Der aktuelle Kaufkraftabfluss aus den Bezirken Braunau, Ried und Schärding in Richtung
Bayern beträgt laut Nahversorgungsanalysen der Fa. CIMA insgesamt € 60,7 Mio. Im
Gegenzug fließen in diese drei Bezirke auch € 30,8 Mio. an bayerischer Kaufkraft zu, woraus
ein negativer Saldo von € 29,9 Mio. resultiert.
Bezirk
Braunau
Ried
Schärding
Gesamt
Kaufkraftaustausch mit Bayern in Mio €
Abfluss
Zufluss
Saldo
23,0
20,5
-2,5
6,2
2,3
-3,9
31,5
8,0
-23,5
60,7
30,8
-29,9
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Zu Frage 13: Wie groß ist der aktuelle Kaufkraftabfluss aus den Bezirken Braunau,
Ried und Schärding in Richtung Salzburg?
Der aktuelle Kaufkraftabfluss aus den Bezirken Braunau, Ried und Schärding in Richtung
Salzburg beträgt laut Nahversorgungsanalysen der Fa. CIMA insgesamt € 50,0 Mio. Im
Gegenzug fließen in diese drei Bezirke auch € 2,1 Mio. an Salzburger Kaufkraft zu, woraus
ein negativer Saldo von € 47,9 Mio. resultiert.
Zu Frage 14: Wie groß ist der aktuelle Kaufkraftabfluss aus den Bezirken Braunau,
Ried und Schärding in Richtung oberösterreichischen Zentralraum?
Der aktuelle Kaufkraftabfluss aus den Bezirken Braunau, Ried und Schärding in Richtung
Oö. Zentralraum beträgt laut Nahversorgungsanalysen der Fa. CIMA insgesamt € 20,2 Mio.
Die Höhe des Kaufkraftzuflusses und der daraus resultierende Saldo kann aus den
vorliegenden Daten nicht ermittelt werden.
Zu Frage 15: Gibt es konkrete Maßnahmen oder Konzepte, um die Handelsstruktur in
den zentralen Einkaufsstädten in den Bezirken Braunau, Ried und Schärding zu
stärken, und wenn ja, wie sehen diese im Detail aus?
Aufbauend auf die vorliegenden Nahversorgungsanalysen, die die Wettbewerbssituation der
Gemeinden des jeweiligen Bezirkes aufschlüsseln und Empfehlungen beinhalten, liegt es an
den Kommunen gemeinsam mit dem Regionalmanagement OÖ. Konzepte zu entwickeln
und konkrete Maßnahmen zu setzen. Mit der neuen Nahversorgungsförderung "Nahbleiben"
unterstützt das Land Oberösterreich sowohl Einzelhändler bei innerbetrieblichen
Maßnahmen, als auch Regionen und Kommunen bei der Erstellung regionaler
Einzelhandelskonzepte und Umsetzung innovativer Projektideen.
Zu Frage 16: Gibt es konkrete Maßnahmen oder Konzepte, um die Kaufkraft der
Bezirke Braunau, Ried und Schärding in der Region zu binden, und wenn ja, wie sehen
diese im Detail aus?
Vgl. Beantwortung Frage 15
Zu Frage 17: Wie hoch war der Zuwachs an neuen Verkaufsflächen in Bayern,
insbesondere bei Einkaufszentren, in den letzten drei Jahren?
Eine von den Projektwerbern des Einkaufsdorfes Ort vorgelegte Studie, die eine massive
Verkaufsflächenzunahme in ausgewählten Gemeinden in den letzten drei Jahren attestierte,
wurde seitens der Abteilung Raumordnung mithilfe bayerischer Kollegen auf Plausibilität
geprüft und musste dahingehend widerlegt werden, als sich die tatsächliche
Flächenzunahme in Bayern im Umfang von maximal 76.452 m² im Rahmen des auch in
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Oberösterreich stattgefundenen Flächenzuwachses bewegte. Von diesem Wert ist ein Anteil
von 33.500 m² im Rahmen von Einkaufszentren oder deren Erweiterung hinzu gekommen.
Mit freundlichen Grüßen
KommR Viktor Sigl
Wirtschaftslandesrat
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