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Aleviten-Sprecher: "Es bringt ja nichts, uns zu diskriminieren"
I NTERVI EW | RUSEN TI MUR AKSAK
28. Oktober 2013, 15:00
Die Anerkennung als Religionsgemeinschaft in Österreich wird
Positives bewirken, sagt Riza Sari
Im Mai wurden die Aleviten in Österreich als 15.
Religionsgemeinschaft anerkannt. In der Türkei hingegen bleibt
ihnen die Anerkennung verwehrt. Mit dem Bundessprecher Riza
Sari sprach daStandard.at über das Verhältnis zu den Sunniten,
das Islamgesetz und die Gezi-Park-Solidaritätsdemos in Wien.
daStandard.at: Innerhalb der österreichischen Aleviten gab es ja
einen Streit um Vertretungshoheit und Ausrichtung – was können
Sie dazu sagen?
Sari: Es gab zunächst einen alevitischen Verein in St. Pölten,
dann wurde einer in Wien gegründet, und anschließend wollten wir
gemeinsam eine Föderation gründen. Allerdings konnten wir uns
bereits bei der Satzung bei wichtigen Themen nicht einigen. Die
St. Pöltner wollten keinen Zusatz "Islamisch-", da sie sich als
eigenständige Religion anerkennen lassen wollten. Doch wir
wollten diesen Zusatz unbedingt, da auch unsere Dedes (religiöse
Würdenträger der Aleviten, weibliches Pendant "Anas", Anm.)
diese Position vertreten. Und weiters wollten wir, dass ein Dede
unserer Gemeinschaft vorsteht.
foto: alev. gemeinde
Riza Sari über das "distanzierte" Verhältnis zur IGGIÖ:
"Im Grunde will uns die IGGIÖ nicht im Islamgesetz
verankert haben."
foto: alev. gemeinde
Ritueller Tanz während einer Semah-Veranstaltung der
Aleviten.
Das war auch wichtig für unseren Streit mit der Föderation in St.
Pölten, da sich viele Aleviten später an uns gewandt haben, da sie
eben das Alevitentum nicht politisch, sondern religiös und spirituell
verstanden haben wollten.
daStandard.at: Das Islamgesetz aus dem Jahr 1912 soll ja
novelliert werden, das will auch die Islamische
Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGIÖ). Ziehen Sie da an
einem Strang?
Sari: Na ja, sie wollen eine Novellierung, die ihren Interessen
entspricht, und wir wollen, dass der alevitische Islam im Gesetz
verankert wird. Im Grunde will uns die IGGIÖ nicht im Islamgesetz
verankert haben. Aber das neue Gesetz soll ja ein Islamgesetz
sein und nicht etwa ein IGGIÖ-Gesetz. Ich bin zuversichtlich, dass
ein neues Gesetz, das uns auch einschließt, kommen wird.
daStandard.at: Es gibt ja türkisch- und kurdischstämmige
Aleviten, gibt es unterschiedliche Schwerpunkte oder gar ethnisch
bedingte Differenzierungen?
Sari: Was ist zum Beispiel Kurdisch-Sein? Ich bin etwa ein Kurmandschi-sprechender Türke (Kurmandschi ist ein
kurdisches Idiom, vor allem in der Türkei gesprochen, Anm.). Ich spreche also Kurdisch, aber meine Vorfahren und
meine Familie sehen sich als Türken.
daStandard.at: Der ehemalige Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, hatte die Aleviten
als nichtmuslimisch klassifiziert. Wie nahmen die Aleviten das auf?
Sari: Im Grunde hat er gesagt, was wir von ihm erwartet haben, und im Grunde war es gut, dass er das gesagt hat.
Denn ansonsten hätten wir den juristischen Weg nicht beschreiten können. Denn er hat mit seiner Aussage belegt,
dass die IGGIÖ sich nicht für die Aleviten zuständig fühlt.
daStandard.at: Wie ist das Verhältnis zur IGGIÖ unter dem neuen Präsidenten Fuat Sanac?
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Sari: Distanziert. Wenn wir etwa auf Veranstaltungen gemeinsam geladen sind, ist es unterkühlt. Ein unmittelbarer
Austausch findet nicht statt. Während hingegen die Föderation (vertritt die Auffassung, das Alevitentum sei nicht Teil
des Islam [sic]) sich des Öfteren mit dem Herrn Sanac getroffen hat.
Im Grunde haben wir eine negative Haltung Sanac gegenüber. Denn als der ehemalige IGGIÖ-Präsident das gesagt
hatte, war Sanac Schura-Ratsvorsitzender und hat der Aussage Schakfehs nicht widersprochen – gerade als
anatolischer Sunnit hätte er es besser wissen müssen.
Sanac will auch etwa nicht, dass wir bei der Novelle des Islamgesetzes kooperieren, und hatte sich auch gesträubt,
die Aleviten als Verhandlungspartner zu akzeptieren.
daStandard.at: Wie wirkt sich die offizielle Anerkennung in Österreich auf die Situation in der Türkei aus?
Sari: Wir leben ja ohnehin gemeinsam in der Türkei, sind Nachbarn und gehen ja trotzdem in die Moschee oder in das
Cemevi (alevitische Gebetsstätte, Anm.). Es bringt ja nichts, uns zu diskriminieren, denn wir verschwinden ja nicht.
Nur das Unrecht bleibt.
Die Anerkennung in Österreich wird Positives bewirken. So war der Vizepremierminister der Türkei, Bekir Bozdag, in
Österreich und musste sich mit uns protokollarisch treffen. Wir haben ihn freundlich empfangen und ihm einen Ordner
mit Dokumenten überreicht, was die österreichischen Aleviten für Möglichkeiten und Rechte haben und welche den
türkischen somit verwehrt werden.
daStandard.at: Im Schatten der Gezi-Park-Proteste in der Türkei haben etwa die Aleviten in Deutschland eine klare,
politische Stellung bezogen. Wie bewerten Sie das?
Sari: Was im Gezi-Park geschah und wie der Staat auf die Proteste geantwortet hat, war nicht richtig. Aber wie geht
man als religiöse Institution mit einer politischen Situation um? Wir haben daher als alevitische Glaubensgemeinschaft
keine eigene Demonstration gegen Erdogan organisiert, sind aber als Privatpersonen natürlich gegen das harte
Vorgehen der türkischen Polizei auf die Straße gegangen.
Und was mich dann positiv gestimmt hat ist die Tatsache, dass bei den Anti-Erdogan-Demos in Wien auch viele
Sunniten dabei waren.
daStandard.at: Mit dem immer konfessioneller werdenden und ausartenden Bürgerkrieg in Syrien, rückt auch die
Frage nach dem Verhältnis der türkischen Aleviten und der syrischen Alawiten in den Fokus?
Sari: Ein Verein türkisch-syrischer Alawiten hat sich uns etwa unlängst angeschlossen. Und auch wenn uns manche
Dinge von Sunniten, Schiiten, aber auch Alawiten unterscheiden, haben wir das Problem, dass in Syrien ein
Konfessionskrieg ausgebrochen ist. Und ich sage auch, dass Assad nicht diese Probleme im eigenen Land hätte,
wenn er etwa ein wahhabitisch geprägter Sunnit wäre. Theologisch haben wir mit den Alawiten manches gemein, aber
politisch sympathisieren viele Aleviten schon mit Assad. Nicht weil er diktatorisch ist, sondern weil er bekämpft wird,
weil er eben Nichtsunnit ist. (Rusen Timur Aksak, daStandard.at, 28.10.2013)
Riza Sari ist Pressesprecher der Wiener Aleviten, aleviten.at/de.
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