Eintauchen in die dritte Dimension

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Eintauchen in die dritte Dimension
Digital Video
Publisher 3· 2003
Cinema 4D R8: Modeling- Animation- und Rendering-Software von Maxon
Eintauchen in die dritte Dimension
Cinema 4D war schon immer eine äusserst vielseitige und trotzdem einfach zu bedienende
Software für 3-D-Modeling, -Animation und -Rendering. Für die Version 8.0 wurde
Cinema 4D komplett überarbeitet und verfügt nun über einen modularen Aufbau.
 ALEXANDER GRAF
Virtual Reality ist aus unserer Welt kaum mehr
wegzudenken. 3-D-Programme sind
in den letzten Jahren so leistungsstark
geworden, dass die Grafiken und Animationen oft kaum mehr von echten
Fotos oder Filmen unterschieden
werden können. Hollywood lässt mit
der 3-D-Animationstechnologie die
Dinosaurier wieder aufleben und setzt
sie für Spezialeffekte ein. Die Industrie
optimiert Produkte dank 3-D-Modeling
und -Simulation in der Entwicklung.
Auch die Produktdesigner profitieren
von den realitätsnahen Rendermöglichkeiten zu Präsentationszwecken. In
der Werbung sind 3-D-Animationen oft
anzutreffen. So werden beispielsweise
Werbespots für Autos gedreht, von
denen noch nicht mal ein Prototyp
existiert.
Was ist neu in Cinema 4D?
Maxon bietet mit Cinema 4D schon
seit einigen Jahren eine leistungsstarke
Software für 3-D-Modellierung und
-Animation an. Die riesige Funktionsvielfalt und die fast unbeschränkten
Möglichkeiten machen aus Cinema
4D eine Software, die sich nicht in
wenigen Stunden erlernen lässt. Im
Vergleich zu anderen 3-D-Programmen gilt Cinema 4D trotzdem als sehr
benutzerfreundlich. Viele Parameter
lassen sich über Greifer einstellen.
Dies ist auch für Anfänger interessant,
die mit numerischen Eingabefeldern
nicht viel anfangen können. Bekannt
ist Cinema 4D für den Renderer, der
qualitativ hochwertige Ergebnisse
bei akzeptabler Renderzeit liefert. Ein
weiterer Vorteil von Cinema 4D sind
die vielfältigen Import- und Exportformate. Vor allem die Zusammenarbeit
mit dem Compositingprogramm After
Effects von Adobe ist vorbildlich. Die
Bildkanäle werden in separate Ebenen
exportiert, sodass nachträgliche Farbkorrekturen oder Effekte problemlos
vorgenommen werden können. Dank
Exportmöglichkeiten für Flash und
Shockwave 3D können die Arbeiten
auch im Internet publiziert werden.
ein Dialogfenster öffnen, um Zugriff
auf die Parameter zu bekommen. Das
Fenster konnte anschliessend mit der
OK-Schaltfläche wieder geschlossen
werden. Der neue Attribute-Manager
ist immer sichtbar und passt sich automatisch dem selektierten Objekt, Tag
oder Material an und zeigt alle spezifischen Informationen und Parameter.
Zusammen mit der ebenfalls neu hinzugekommenen Multi-Selektion ist es
nun möglich, in einem Schritt verschiedene Objekte um ein bestimmtes Mass
zu verschieben oder zu drehen.
Für das Modellieren von organischen
Körpern in einer 3-D-Software eignet
sich der Hyper-Nurbs-Generator. HyperNurbs verwendet einen Algorithmus,
der Objekte unterteilt und diese dabei
abrundet. Dieses Verfahren wird auch
Subdivision Surfaces genannt. In
Cinema 4D sind Hyper-Nurbs schon
länger vertreten. Neu ist die Möglichkeit, die einzelnen Punkte, Kanten
und Polygone zu gewichten. Mit dem
Werkzeug kann reguliert werden, wie
stark das Hyper-Nurbs-Netz auf den
selektierten Bereich wirken soll. Endlich
lassen sich sehr leicht weiche Übergänge mit harten Kanten oder spitzen
Ecken kombinieren, was sonst nur mit
dem aufwändigeren Polygonmodeling
realisierbar ist. In Cinema 4D kann
die Gewichtung sowohl interaktiv mit
Mausbewegungen als auch über einen
Regler festgelegt werden. Damit auch
Kanten gewichtet werden können,
wurde in Cinema 4D der Kantenmodus
von Version 5 wieder eingeführt. Dabei
wurden gleich einige Kantenwerkzeuge
implementiert. So lassen sich diese nun
ganz leicht fasen oder mit Rundungen
Neues in der Version 8
In Cinema 4D, der Basissoftware, gibt
es einige grössere Neuerungen zu verzeichnen. Entscheidend für die Verbesserung des Workflows sind jedoch die
vielen kleinen Details, die die aktuelle
Version bringt. Dazu gehört der neu
eingeführte Attribute-Manager. Bei
den bisherigen Versionen von Cinema
4D musste man mittels Doppelklick
Der neue Attribute-Manager passt sich
dem selektierten Objekt an.
Durch die Gewichtung von Hyper-Nurbs können weiche Übergänge und harte Kanten
auch ohne Polygonmodeling beliebig kombiniert werden.
versehen. Es sind auch neue SplineDeformatoren hinzugekommen. Für
kleinere Morphinganwendungen muss
nicht gleich auf das Modul Mocca
zurückgegriffen werden. Zwei Splines
genügen, wobei die eine als Referenz
dient und die andere für die Verformung zuständig ist. Natürlich sind alle
Parameter mit Keyframes animierbar.
Im Bereich Animation hat Maxon
einige Neuigkeiten zu bieten. Die Zeitleiste wurde komplett überarbeitet und
verfügt nun anstelle der Raum- und
Zeitkurven über so genannte F-Kurven.
Diese erlauben ein sehr übersichtliches
und trotzdem exaktes Bearbeiten des
Interpolationsverhaltens zwischen den
Keyframes. Importierter Sound kann
nun in der Zeitleiste abgespielt werden.
Das vereinfacht Animationen, die auf
einen vorproduzierten Sound abgestimmt werden müssen.
Arbeitsteilung
Die Arbeit mit 3-D-Software lässt
sich im Allgemeinen in verschiedene
Phasen unterteilen. Nach dem Ausarbeiten der Idee und dem Skizzieren
des Entwurfes beginnt man mit der
Modellierung und der anschliessenden
Texturierung der Objekte. Weiter geht
es mit dem Gestalten und Ausleuchten
der Szene. Als Nächstes kommt die
Königsdisziplin der 3-D-Arbeit, das
Animieren der Charaktere. Im letzten
Schritt, dem Rendern, wird die Arbeit
dem Publikum oder Kunden zugänglich
gemacht. Cinema 4D besitzt keinen
separaten Modeler oder Renderer,
wie sie aus anderen 3-D-Programmen
bekannt sind. Alle Arbeiten können
im selben Programm erledigt werden.
Durch die riesige Funktionsvielfalt gibt
es entsprechend viele Paletten. Beim
Modellieren braucht man jedoch nicht
die gleichen Werkzeuge wie beim Animieren. Deshalb hat Maxon nützliche
Layoutvoreinstellungen bereitgestellt,
die sich durch eigene Sets ergänzen
lassen. So genügt ein Klick, um die für
den nächsten Arbeitsschritt notwendigen Paletten zu laden und ins Layout
einzupassen.
Programmieren ohne
Programmierkenntnisse
Mit dem XPresso-Editor ist ein mächtiges Werkzeug hinzugekommen, das die
Möglichkeiten der Programmierumgebung Coffee auch für die weniger Programmierfreudigen zugänglich macht.
Bei XPresso handelt es sich jedoch
nicht um eine neue Programmiersprache. Es ist vielmehr ein grafischer
Editor mit vielen vorgefertigten CoffeeScripts, die man zu den gewünschten
Schaltungen zusammenstellen kann.
In praktisch jeder Animation gibt es
Bewegungen, die von der Umgebung
abhängig sind. Ein Schlag löst Vibrationen aus, und diese wirbeln Staub
auf. Mit XPresso können solche
Abhängigkeiten sehr einfach realisiert
werden. So lässt sich beispielsweise
ein ganzer Verbrennungsmotor mit
XPresso in Bewegung setzen, ohne
dass man ein Keyframe setzen muss.
Das zusätzlich erhältliche Modul
«ThinkingParticles» wird ebenfalls mit
XPresso gesteuert. Damit lassen sich
nun auch die kompliziertesten Explosionen im Zylinder und die durch das
Rohr entweichenden Abgase mit in die
Animation einbinden.
Module erweitern die Leistung
Schon das Basisprogramm Cinema 4D
bietet in vielen Bereichen mehr als die
Vorgängerversion. Um den Leistungsumfang nochmals zu steigern, hat
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Mit dem neuen XPresso können ohne Programmierkenntnisse komplizierte Scripts
erstellt werden.
Maxon diverse Module im Angebot.
Die Auswahl reicht dabei vom 3-DMalprogamm über die Simulation von
Kräften bis hin zu Partikelsystemen.
Jedes dieser Module integriert sich
nahtlos in Cinema 4D. Der Kunde
kann sich die Software individuell
zusammenstellen oder eines der angebotenen Bundles kaufen.
Der Advanced Renderer ist ein Modul,
welches dem bereits sehr guten Renderer noch einige Profi-Extras hinzufügt.
Einerseits können damit verschiedene
Posteffekte wie Glanzlichter, Glühen
oder Linseneffekte auf das Bild gezaubert werden. Eindrückliche Resultate
entstehen auch mit dem neuen Effekt
für die Tiefenunschärfe, der mit vielen
Eingriffs- und Animationsmöglichkeiten daherkommt. Andererseits sind die
bereits aus der Version 7 bekannten
Features wie Caustics und Radiosity
nun nur noch dem Anwender des
Advanced Renderers vobehalten.
Mit dem NET-Renderer können zeitaufwändige Renderaufträge im Netzwerk
auf verschiedene Computer verteilt
werden. Für das Texturieren komplizierter Modelle wünscht man sich oft, man
könne direkt auf das Objekt malen.
BodyPaint 3D ist eine eigenständige
3-D-Mal- und Texturierungssoftware.
Als Modul integriert sich BodyPaint
3D jedoch nahtlos in Cinema 4D. Wie
in den üblichen Bildbearbeitungsprogrammen kann man nun mit Ebenen,
Ebenenmasken, Filtern, Pinseln,
Zauberstab Oberflächen gestalten. Es
stehen Hunderte von vorgefertigten
Pinseln zur Verfügung. Ein besonders
interessantes Feature ist das Malen mit
den so genannten MultiBrushes. Diese
ermöglichen ein gleichzeitiges Malen
in verschiedenen Kanälen. Während
auf dem Farbkanal eine rote Wunde
aufs Gesicht gemalt wird, kann gleichzeitig im Reliefkanal die entsprechende
Unebenheit eingefügt werden. Sowohl
das Malen als auch das Mappen
geschehen in Echtzeit.
Speziell für Motion Capturing und Charakteranimationen ist das neue Modul
Mocca entwickelt worden. Mocca
bietet leistungsfähige Werkzeuge für
das Erstellen von Bone-Hierarchien
und zur Steuerung der neu eingeführten Soft IK. Anstatt der starren Gelenkund Winkelbeschränkungen verwendet
die neuartige Inverse-Kinematik-Funktionalität dynamische oder elastische
Vektoren. Dieses System generiert sehr
natürliche Bewegungen, insbesondere
weil auch zusätzliche Effekte wie Gravitation mit einbezogen werden können.
Dank neuen Spezialobjekten können
Posen und Bewegungen viel leichter
gemorpht werden. Der PoseMixer
erstellt dazu für jeden gewünschten
Zielzustand einen Regler, mit welchem
die verschiedenen Zustände gemischt
werden können.
Für physikalisch korrekte Simulationen
kommt das Modul Dynamics zum
Zuge. Hier werden Objekten Massen
zugewiesen, damit sich diese dann,
unter Einfluss von Gravitation, Wind
Im Advanced Renderer stehen verschiedene Posteffekte wie Tiefenunschärfe und
Farbkorrekturen zur Auswahl. Mit diversen Parametern können die Effekte angepasst
werden.
und Kollisionen richtig verhalten.
Daneben kann man Federkräfte auf
Objekte einwirken lassen oder Stoffe
simulieren. Wehende Fahnen sind
somit kein Problem mehr. Mit wenigen
Klicks sind Windrichtung und -stärke
geändert, ohne Hunderte von Keyframes anzupassen.
Neben den normalen Partikelfunktionen in Cinema 4D hat Maxon das
Modul Thinking Particles im Sortiment.
Dieses ist komplett in XPresso integriert
und bietet somit einen modularen
Aufbau mit beliebiger Komplexität.
Ereignisbasierte Partikelemissionen
mit Kollisionserkennung und beliebigen Modifikatoren sind nun kein
Problem mehr. Gute Kenntnisse von
XPresso sind für solche Anwendungen
jedoch Pflicht.
Sowohl mit dem normalen Partikelsystem wie auch mit Thinking Particles
arbeitet das Modul PyroCluster. Der
Shader verwandelt Partikel in realistische Wolken, Rauch, Feuer und Explosionen. Mit diversen Parametern lassen
sich Eigenschaften wie Verhalten über
Zeit, Alter und Distanz definieren,
damit sich die kleine, gelbe Flamme in
dicken, schwarzen Rauch verwandelt.
Da es sich um volumetrische Effekte
handelt, empfangen die Partikel Licht
und werfen Schatten.
Fazit
Die Basisversion von Cinema 4D genügt für die meisten Anwendungen. Mit den
zusätzlich erhältlichen Modulen kann der Leistungsumfang nochmals gesteigert
werden.
Maxon hat mit der Version 8 auf viele
Wünsche der Anwender reagiert und
ein lohnenswertes Update herausgegeben. Die neuen Funktionen wie
XPresso und Mocca haben ein riesiges
Potenzial. Aber auch die vielen Verbesserungen der bestehenden Werkzeuge
optimieren den Workflow erheblich.
Die Modularisierung von Cinema 4D
erleichtert den Einstieg in die Welt
der 3-D-Software. Es ist nicht nötig,
gleich das gesamte Paket zu kaufen,
wenn man nur gewisse Komponenten
davon braucht. Die flache Lernkurve
und die vielseitigen Einsatzbereiche
machen aus Cinema ein attraktives
3-D-Modeling, Animations- und Rendering-System.

Cinema 4D
Basisversion
3-D-Software für Modeling,
Animation und Rendering
Module
Advanced Renderer
Mocca
Thinking Particles
PyroCluster
Dynamics
BodyPaint 3D
NET-Renderer
Bundles
XLBundle:
– Cinema 4D
– Mocca
– Advanced Renderer
– Thinking Particles
– PyroCluster
– 3er-Lizenz NET-Renderer
Studio-Bundle:
– Cinema 4D
– Mocca
– Advanced Renderer
– Thinking Particles
– PyroCluster
– NET-Renderer
– Dymamics, BodyPaint 3D
www.maxon.de
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