Pfahlsitzen, Wikinger-Trinkhörner und eine Hochsee
Transcrição
Pfahlsitzen, Wikinger-Trinkhörner und eine Hochsee
musikmarkt 09|13 thema des monats metal Pfahlsitzen, Wikinger-Trinkhörner und eine Hochsee-Hochzeit mit Metal-Queen Doro | Foto: I©magann /Fotolia, Montage MM Im Anderssein findet die Metal-Community Zusammenhalt – und beschert der Branche mit ihrer Fan-Treue ein blendendes Geschäft 12 Bereitschaft, in die Lieblingsmusik zu investieren Zahlen der GfK-Konsumstudie des Veranstaltungsmarktes 2011 belegen die Beliebtheit schwermetallischer Events. So stieg der Umsatzanteil von Hard Rock und Heavy Metal am Gesamtmarkt zwischen 2009 und 2011 von drei auf vier Prozent. Mit einer Umsatzsteigerung von satten 46 Prozent verzeichnet die harte Fraktion sogar die größte Steigerung von allen in der Studie erhobenen Sparten. Das Geschäft mit kreischenden Gitarren und martialischen Posen läuft also. Aber warum? Ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang immer wieder genannt wird, ist die Treue der Fans, die sich als Teil einer aktiven Community sehen. Man trifft sich bei Festivals und Konzerten, tauscht sich über neue Trends und Veröffentlichungen aus und ist auch bereit, in die Lieblingsmusik zu investieren. „Es gibt kaum eine andere Musikszene, die so gelebt wird”, sagt etwa Jens Prüter, Head Of A&R bei Century Media. Im Osten Deutschlands hat wohl auch die Ablehnung durch die DDR-Staatsmacht und das damit verbundene Außenseitertum dazu beigetragen, dass Metaller näher zusammen rückten. „Hinter der Mauer war es nur ein eingeschworener Kreis im Underground”, sagt Roland „Bogo” Ritter, Geschäftsführer des With Full Force, dem größten Metal-Festival der neuen Bundesländer. Platten kaufte man auf dem Schwarzmarkt, man musste immer auf der Hut vor der Obrigkeit sein, so Ritter weiter. Solche Erfahrungen schweißen zusammen. Mittlerweile ist die DDR Geschichte, Metal hat sich eine breite gesamtdeutsche Hörerschaft erschlossen – und den- noch seinen Szene-Charakter beibehalten. Dazu gehört natürlich auch das Tragen der klassischen Band-Shirts, die beim Besuch von Konzerten und Festivals zum Einsatz kommen. Lange Haare als Erkennungsmerkmal sind mittlerweile hingegen nicht mehr zwingend erforderlich – die Szene hat sich im Laufe der Zeit in unzählige Subgenres wie Metalcore, Melodic Death Metal, Thrash Metal, Progressive Metal, Pagan Metal oder Black Metal aufgespalten. Daher gebe es laut Jens Prüter neben der „klassischen langhaarigen Biervernichtungsmaschine” zahlreiche weitere Fantypen bis hin zum „kurzhaarigen veganen Alkoholabstinenzler”. In einem sind sich Prüter zufolge aber alle einig: bei der absoluten Hingabe zur Szene, ihrer Musik und ihren Wurzeln. So lägen sich alle wieder in den Armen, wenn etwa bei einem Festival Iron Maiden ihre Hymne „The Number Of The Beast” anstimmten. In Zeiten des Web 2.0 findet der Austausch der Szene mittlerweile natürlich auch über soziale Netzwerke wie Facebook statt. „Bogo” zufolge ist Facebook das größte Info-Medium für die Besucher seines Festivals. Ein weiterer wichtiger Punkt für die Stabilität des harten Branchensegments ist laut Musikproduzent und Metal-Kenner Nils Wasko die Authentizität der Acts, die sich üblicherweise ohne Castingshows zusammenfinden. „Die Leute sehen echte Kerle, die ihre Instrumente bedienen können, live singen und eigene Songs schreiben.” Rückenstärkung erhalten die Bands dabei von einem Business, das zum großen Teil selbst zur Szene gehört und sich überwiegend aus Indies zusammensetzt, die von Metal-Aficionados geführt werden. So ist bei Nuclear Blast laut Andy Siry „fast jeder Mitarbeiter auch ein absoluter Fan“. Die starke Verbundenheit innerhalb der Community schlägt sich auch in den Konsumgewohnheiten nieder. Von einer ausgeprägten „Sammelleidenschaft" der Fans spricht Andreas Reissnauer, A&R und Head of Promotion Europe bei Metal Blade. Insgesamt tendieren Metalheads beim Kauf tatsächlich eher zum physischen Tonträger, der ins Regal gestellt werden kann, als zu nicht greifbaren Downloads oder Streams. Die Wertigkeit und Haptik von CDs und Vinyl entspreche eben mehr der „bodenständigen Haltung der Metalfans", sagt Prüter von Century Media. Für das Nischenprodukt Schallplatte meldet der Chef-A&R sogar eine Verdoppelung der Verkäufe innerhalb der letzten Jahre. Bei den CDs gehe das Geschäft insbesondere mit aufwändigen Special Editions sehr gut. Ganz abgekoppelt vom allgemeinen Trend zu Downloads und Streams ist aber auch die Metal-Branche nicht. Unisono berichten die Labels hier von Zuwächsen. So verzeichnet man im Hause Nuclear Blast insbesondere in Skandinavien und Nordamerika eine steigende Beliebtheit dieser Formate. Illegale Downloads sind offensichtlich kaum ein Problem. „Sicherlich sind wir nicht so stark davon betroffen wie andere Musikrichtungen", meint Andy Siry. Neben der ausgeprägten Fan-Präferenz für physische Produkte liegt dies den Metal-Musikmanagern zufolge auch an den kostengünstigen legalen Angeboten. Streamings würden aber wohl eher dazu genutzt, um neue Musik kennenzulernen, die dann bei Gefallen als CD oder Vinyl gekauft würde, meint Jens Prüter. thema des monats „Nicht nur der Umsatz steigt, sondern auch der Profit.” Eine Aussage, die in der Musikbranche nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Sie stammt von Andy Siry. Er ist Head of A&R und Labelmanager bei Nuclear Blast, einem der weltweit wichtigsten Metal Labels. Und mit seiner positiven Einschätzung steht er in der Szene keineswegs alleine da. Auch Century Media verzeichnete innerhalb der vergangenen fünf Jahre ein Umsatzplus, AFM sieht sich laut Susanne Richert, Head of Promotion & Marketing GSA, auf einem „stabilen und konstanten Level”. Die Live-Branche im Reich der harten Klänge boomt sowieso. So ist das „Wacken Open Air” im Jahr 2013 zum achten Mal ausverkauft. Insgesamt 75 000 Tickets hatte der Veranstalter ICS Festival Service bereit gestellt – bereits im September waren alle weg. „Wacken ist Kult, und die Besucher honorieren unsere Bemühungen”, freut sich Managing Director Holger Hübner. musikmarkt 09|13 metal Losgelöst vom Trend zum Digitalen: das Merchandising Völlig losgelöst vom Trend zum digitalen Produkt ist hingegen ein Geschäftsbereich, der seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Szene ist und dessen Produkte sich nicht herunterladen lassen: das Merchandising. Neben dem klassischen Band-Shirt, das immer noch das wichtigste Merch-Produkt ist, gibt es unzählige weitere Fan-Artikel wie Wikinger-Trinkhörner, Unterwäsche mit AC/DC-Logo oder australischen Wein mit Motörhead-Branding, um die Zugehörigkeit zur Szene und zur Lieblingsband zu beweisen. Manche TourShirts würden unter Die-Hard-Fans sogar wie seltene LPs gehandelt, weiß Jens Prüter zu berichten. Konsequenterweise bietet Century Media zu allen Label-Bands eigene Merchandise-Designs im Webshop an. Soziale Netzwerke werden indes auch für das Merch-Geschäft immer wichtiger. Für den Metal-Versand EMP aus Lingen ist der Facebook-Auftritt des Unternehmens eine echte Erfolgsgeschichte. So reklamiert EMP mittlerweile knapp 600 000 Facebook-Fans für sich. Dabei steht der tatsächliche Verkauf nicht im Vordergrund der Facebook-Präsenz. Da die Fans das Netzwerk vorrangig zum privaten Austausch nutzen, geht es eher um News und Entertainment aus der Welt der harten Klänge. Unter anderem stellt EMP über Facebook neue Songs und Videos vor, lässt aber auch die Fans selbst zu Wort kommen. „Wir suchen den Dialog, bieten individuellen Kundenservice und stellen auch damit die Marken-Emotionialisierung in den Vordergrund”, sagt Michael Runde, Senior Marketing Manager bei EMP. Neben Facebook ist auch das Videoportal YouTube eine wichtige Web-2.0.-Plattform für den Versandhändler. Google+, Twitter, Pinterest, Schüler VZ und Myspace sind weitere Netzwerke auf die EMP zurückgreift. Ohne Zahlen nennen zu wollen, konstatiert Runde in den vergangenen fünf Jahren eine positive 13 Nicht nur Wacken In der Festivallandschaft gibt es in diesem Jahr übrigens ein Novum: Die Wacken-Organisatoren stechen in See. „Full Metal Cruise“ heißt der Kreuzfahrt-Spaß, der von Hamburg nach Southampton, Le Havre und Amsterdam führt. Für Wacken-MD Holger Hübner liegen die Reize des Events auf der Hand: „Coole Bands und Künstler in einem besonderen Ambiente, denn die Verbindung aus Festival, Städtereise, Schifffahrt und Urlaub ist sicher nicht alltäglich. Ebenso wenig die Tatsache, dass man mit den Bands nach dem Auftritt noch gemeinsam ein Bierchen trinken kann.” Als Schiffskapellen sind unter anderem Heaven Shall Burn, In Extremo, Sabaton sowie die Kult-Thrasher von Kreator an Bord. Der Startschuss fällt am 5. Mai. Als Geschäftspartner haben sich die Wacken-Macher die TUI Cruises (mehr zu TUOI Cruises auf Seite 35) ins Boot geholt. Damit gibt es nun ein europäisches Pendant zur US-Kreuzfahrt „70 000 Tons Of Metal”, die in diesem Jahr in die dritte Runde ging und an der die Wacken-Organisatoren ebenfalls beteiligt sind. Nach Veranstalterangaben ist die „Full Metal Cruise“ die größte Metal-Kreuzfahrt in Europa. Die Konzerte der über 20 Bands werden dabei nicht nur an Bord, sondern auch an Land stattfinden. Und wer immer noch denkt, dass Headbanger keinen Sinn für Romantik haben, dem sei gesagt, dass sogar eine Hochzeit an Bord gefeiert wird. Für den passenden musikalischen Rahmen sorgt Doro. Die Metal-Queen wird auch beim unangefochtenen Highlight der internationalen Community, dem Wacken Open Air, auftreten. Zu den weiteren Acts, die vom 1. bis 3. August in den kleinen Ort in Schleswig-Holstein einfallen, zählen Genre-Größen wie Rammstein, Motörhead, Nightwish, Alice Cooper, Deep Purple und die True-MetalHelden Manowar. Für Abwechslung sorgt zudem das „Wackinger Village”, das mit mittelalterlichen Schaustellern einen Mix aus Kunst, Musik und Unterhaltung bietet sowie ein Wettbewerb im Pfahlsitzen. Weitere Bühnen sind beim Bullhead City Circus-Zelt mit der W.E.T. Stage und der Headbanger Stage vertreten. Für die Zukunft wollen die Festival-Organisatoren das Management und die 14 Produktion weiter ausbauen, mit jungen die sind unter anderem die Thrash-Veteranen Bands zusammenarbeiten. „Außerdem wol- Destruction, sowie Vader und Witchcraft gelen wir auch neue Ausbildungswege für un- bucht. sere jungen Mitarbeiter einschlagen, wie zum In Balingen können sich Metalheads am 12. Beispiel eine Ausbildung zum Bühnenmeis- und 13. Juli unter anderem auf Accept, Saxon ter”, so Hübner. und Lordi, die Gewinner des Eurovision Song Für den Osten Deutschlands bildet das With Contest von 2006, freuen. Veranstaltet wird Full Force Festival im sächsischen das Festival, das jährlich rund 20 000 ZuRoitzschjora wieder einen beliebten Treff- schauer anzieht, von den Machern des punkt der harten Szene. Zu den Topacts 2013 „Heavy”-Magazins. Stilistisch kommen hier zählen Motörhead, In Flames aus Göteborg vor allem Anhänger von klassischem Hard und die australische Metalcore-Formation Rock und Heavy Metal auf ihre Kosten. Am Parkway Drive. Und diesmal dürfen sich die 26. und 27. Juli folgt dann in Seebronn das Fans auf einen zusätzSchwesterfestival WFF im Shitstorm – lichen vierten Tag Rock Of Ages, das die Causa Frei.Wild freuen, denn das Open mit Doro, Krokus, Keine Frage, Frei.Wild sind erfolgreich: Im verganAir geht in die 20. Subway To Sally genen Jahr erhielt die Deutsch-Rock-Band Gold Runde. Am vorgeund weiteren, verfür über 100 000 verkaufte Einheiten ihres Alschalteten Jubiläumsgleichsweise gemäbums „Gegengift“ (Rookies & Kings/Soulfood). Mit „Feinde deiner Feinde“ landeten sie 2012 auf Donnerstag werden ßigten Hard’n’ Rang zwei der deutschen Album-Charts. Derzeit unter anderem die Heavy-Acts aufist einmal mehr eine Diskussion um die Band entThrash-Institution wartet. flammt, Anlass war die Bestätigung der umstrittenen Südtiroler für das With Full Force 2013. Der Slayer und die MetalDie Kombination einstweilige Höhepunkt: Frei.Wild sagen ihre Teilcore-Recken von Hateder beiden Events nahme am Metal-Open-Air im sächsischen breed sowie Agnostic hat sich auch für Roitzschjora ab. Die Begründung: „Wir wollen und werden keinesfalls die Existenz des Veranstalters Front und Elsterglanz Frank Eberhart als und somit des Festivals aufs Spiel setzen.“ Voraus die Hauptbühne stürattraktiv erwiesen. gegangen war ein digitaler Shitstorm gegen den men. Wie in den verEr ist GeschäftsfühAuftritt. Das Magazin „Visions“ hatte daraufhin sein Engagement beim WFF abgesagt, auch die gangenen Jahren bierer der AutohausMast Jägermeister AG hat ihr Sponsor-Engagetet das WFF neben pukette Ramsperger ment auf Eis gelegt. rem Metal auch wieAutomobile und Kritiker werfen dem Quartett um Frontmann Phider artverwandte Stile hat Heavy Metal als lipp Burger vor allem nationalistische Töne in ihren Texten vor, oft zitiert werden Zeilen wie: wie Hardcore und Instrument zur „Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik/ An diesem Punk. Das With Full Kundenbindung heiligen Land, das unsre Heimat ist/ Drum holt Force findet vom 27. entdeckt. Bereits tief Luft und schreit es hinaus/ Heimatland, wir geben dich niemals auf.“ (aus „Südtirol“). Dies bis 30. Juni statt. seit 2009 arbeitet er könne kaum als harmlose Heimatliebe missvermit den Machern standen werden, wertet z.B. „SPON“. Solche AnAutos und Metal des Doppelfestivals schuldigungen versuchen Frei.Wild regelmäßig öffentlich zu entkräften und stellen sich als unpopassen zusammen zusammen, indem litisch hin, auch in ihren Songs: „Wir hassen FaIm Süden der Repuer die Fahrzeugloschisten, Nationalsozialisten ...“ („Wahre blik finden sich Metalgistik zur VerfüWerte“). Ein weiterer Vorwurf der Kritiker: Frei.Wild geben sich – auch in ihrer Stellungnahme ler gerne zum Sumgung stellt. Im Gezur Absage beim WFF – vor allem als Opfer einer mer Breeze in Dinkelsgenzug integrieren Kampagne linker Medien und Aktivisten, ohne sich bühl oder zum Bang die Organisatoren mehr als oberflächlich mit völkischem, nationalistischem oder patriotischem Gedankengut auseiYour Head in Balingen sein Unternehmen nanderzusetzen. ein. Beim Summer in die PR-KommuProblematisch auch: dass dezidiert rechte FunkBreeze zählen zu den nikation, treue tionäre die Band für ihre Texte loben und sie als diesjährigen Acts die Ramsperger-Kunder „gemeinsamen Sache“ nützlich herausstellen, so geschehen unter anderem durch NPD-FunktioUS-Thrasher Anthrax, den erhalten zunär Patrick Schröder in seinem Web-Kanal FSN.tv. In Flames und Hatedem VIP-Tickets Vorwerfen lassen muss sich Frei.Wild, dass sie völbreed. Bevor das Festifür das Rock Of kisches und nationalistisches Vokabular verwenval offiziell am 15. AuAges. Diese seien den, dass sie mit rechtsradikalen Chiffren gust seine Pforten öff„absolut begeistert kokettieren und rechtskonservative Stammtischparolen als „Wahrheit“ verkaufen, die die bösen und freuen sich, net, wartet zur Ein„linken“ Massenmedien natürlich verschleiern. dass ihr Autohaus stimmung bereits eiAuch schade, dass die Veranstalter des With Full ihnen das ermögnen Tag zuvor die NuForce Festivals eben nicht klar Stellung bezogen haben und die Buchung von Frei.Wild mit dem Verlicht”, so Eberhart. clear Blast Label Night weis auf die Wünsche des Publikums rechtfertiFür ihn passen Auauf ungeduldige gen. Bei dem Themenkomplex sollte Erfolg nicht alles rechtfertigen, frei nach dem Aphorismus: tos und Metal-MuHeadbanger. Vom Der Erfolg hat schon manchen Esel zum Heros sik bestens zusamDonzdorfer Metal-Ingestempelt (Peter Sirius). | jk Ein Muss für den echten Metal-Fan<. Die „Pilgerreise“ nach Wacken zum gleichnamigen Festival | Foto im Hintergrund: ICS Festival Service Geschäftsentwicklung des Unternehmens. Für die kommenden Monate verspricht sich Michael Runde unter anderem viel vom anstehenden Release des neuen Volbeat-Albums. Weitere wichtige Themen sind die Festivalsaison sowie die kommende SommerMode. kommentar musikmarkt 09|13 thema des monats metal | Ein echter Fan: Andy Siry (Head of A&R und Labelmanager bei Nuclear Blast) mit Tochter Maya | Foto: zvg | Jens Prüter, Head Of A&R Century Media | Foto: Carsten Drescher | Roland „Bogo” Ritter, Geschäftsführer des größten ostdeutschen Metalfestivals With Full Force | Foto: zvg | Frank Eberhardt, Geschäftsführer der Autohauskette Ramsperger Automobile, die das Festival Rock of Ages sponsort | Foto: zvg | Michael Runde, Senior Marketing Manager beim Metal-Versand EMP | Foto: zvg | Nils Wasko, Produzent | Foto: zvg men, da beides „hochemotionale Güter” seien, die über Gefühle verkauft würden. Im Metal-Genre sieht er eine besonders intensive Bindung der Fans, da diese ihren Lieblingsbands über lange Zeit treu blieben. Und vom „Klischee des tumben, geistig minderbemittelten Metalheads” will er schon gleich gar nichts wissen. Die Szene sei vielmehr sehr vielschichtig, es fänden sich durchaus auch Chefärzte in der ersten Reihe eines Schwermetall-Events wieder – womit auch die Frage nach dem Vorhandensein der für den Autokauf notwendigen finanziellen Mittel geklärt wäre. In der Tat finden sich bei weitem nicht nur Teens und Twens mit schmalem Geldbeutel unter den Heavy-Metal-Freaks. Laut GfKStudie setzt sich das Publikum von Musikveranstaltungen in dieser Szene immerhin zu 43 Prozent aus der kaufkräftigen Altersgruppe 40 plus zusammen. Neben den Festivals laufen offensichtlich auch Metal-Tourneen gut. So zeigt sich Ossy Hoppe, Geschäftsführer von Wizard Promotions, „sehr zufrieden” mit den Ticket-Verkäufen und betont, dass der Bereich Heavy Metal gerade wegen der Loyalität der Fans leichter einschätzbar sei als das sprunghaftere PopGeschäft. In diesem Jahr setzt Hoppe insbesondere auf die Tourneen von Iron Maiden, Kiss, Testament, St. Vitus und der Solotour von Maiden-Bassist Steve Harris. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge scheint insgesamt also alles in Ordnung im Reich der harten Gitarrenklänge. Labels und Veranstalter freuen sich über stabile Umsätze. Das Genre präsentiert sich trotz der mittlerweile größeren Nähe zum Mainstream weiterhin als Community, in der sich Fans und Businessvertreter gegenseitig respektieren und vertrauen und daher die Bereitschaft in Musik zu investieren auf beiden Seiten sehr ausgeprägt ist. Kein Mangel an Nachwuchs Was aber wird die Zukunft bringen? Immerhin ist das Genre mit seinen Wurzeln in den siebziger Jahren nicht mehr ganz taufrisch, die großen Helden wie AC/DC, Motörhead oder Kiss, die immer noch als Headliner bei den Festivals dominieren, steuern auf das Rentenalter zu. In der Szene gibt man sich dazu gelassen. Aus Labelkreisen verlautet, dass an aufstrebenden Nachwuchsacts kein Mangel bestehe. Einen Grund hierfür sieht Jens Prüter von Century Media darin, dass viele Fans selbst Musiker seien. Daher sei die Szene „extrem vital“ und bringe „immer wieder neue spannende Bands hervor”. Aktuell verspricht man sich bei dem Indie viel von Alpha Tiger, einem deutschen Nachwuchs-Act, der sich einer modernen Version des Eighties-Metal verschrieben hat. Mit der Doom-Formation Orchid und den Retro-Hardrockern von Free Fall ist auch im Hause Nuclear Blast für Newcomer gesorgt. AFM investiert aktuell thema des monats musikmarkt 09|13 metal | Holger Hübner, Managing Director Wacken Open Air | Foto: zvg | Susanne Richert, Head of Promotion & Marketing GSA AFM Records | Foto: zvg unter anderem in die Aufbau-Acts Stahlmann, die mit Neuer Deutscher Härte durchstarten wollen, und die Glam-Metaller Kissin' Dynamite. Century Media hat sich außerdem zur aktiven Nachwuchsförderung mit dem SummerBreeze-Festival zusammengeschlossen. Bereits zum siebten Mal vergeben die Festival-Organisatoren des Summer Breeze den „New Blood Award” für aufstrebende Nachwuchs-Bands. Dem Gewinner des Awards wird die Möglichkeit gegeben, sich als Eröffnungs-Act zu präsentieren sowie erstmalig in diesem Jahr ein Label-Deal mit Century Media Records. Aber auch beim Wacken Open Air erhalten vielversprechende Newcomer-Acts ihren Platz auf der Bühne. So findet unter anderem das Finale des Nachwuchwettbewerbs „Metal Battle” statt, an dem über 30 Länder beteiligt sind. Laut Veranstalter ist der „Metal Battle“ damit der weltweit größte Heavy-Metal-Talentwettbewerb. Erstmalig dabei sind in diesem Jahr Uruguay, Südafrika und die Kaukasusrepubliken. Zur kontinuierlichen Unterstützung der jungen Metal-Szene haben die Macher des Wacken Open Air eigens die gemeinnützige Stiftung Wacken Foundation gegründet. Denn obwohl sich die Commnuity sehr vital präsentiert, kommt der Erfolg nicht von alleine. „Es gibt mit Sicherheit viele neue Bands mit großem Potenzial, aber auch in der Metalszene hat es der Nachwuchs schwer”, so Holger Hübner. | Thorsten Steer 15