USA: Trend zum Gewinn per Ticket

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USA: Trend zum Gewinn per Ticket
AutomatenMARKT | Oktober 2001 | Magazin
Automatenwirtschaft im Umbruch
USA: Trend zum Gewinn per Ticket
Sind die Staaten wieder einmal Vorreiter für Europa? Dieser Frage geht
Hans H. Rosenzweig nach und analysiert den Markt in den USA.
Wo nun die Wiege der
Automatenwirtschaft stand, in den
USA oder in Europa, darüber streiten
sich Branchenkenner seit langer Zeit.
Es gab schon in den Dreißigerjahren
bedeutende Hersteller in Chicago.
Aber auch in Berlin und Leipzig. Man
kann jedoch nicht verleugnen, dass
viele Trends und Innovationen aus den
USA nach Europa kamen und die
europäische, vor allem die deutsche
Automatenwirtschaft prägten. In den
Vereinigten Staaten stehen derzeit
Redemption-Geräte hoch im Kurs. Das
sind Geschicklichkeitsautomaten, die
im Gewinnfall Tickets ausgeben. Diese
wiederum dürfen in den meisten USBundesstaaten in Waren geringen
Wertes getauscht werden.
In den Vereinigten Staaten stehen derzeit
so genannte Redemption-Geräte mit
Geschicklichkeitsspielen hoch im Kurs.
Schon in der Nachkriegszeit
beeinflusste der amerikanische Markt
die Entwicklung in Deutschland. Neben
Auszahlgeräten aus Ostdeutschland
und Berlin dominierten amerikanische Produkte wie Jukebox und Flipper. Über viele
Jahrzehnte lebten die Aufsteller in Chicago wie in der Bundesrepublik vom so
genannten Bread-and-Butter-Business: der Musikbox, den Sportautomaten wie
Poolbillard und Darts, den Fußballkickern und in Deutschland natürlich dem
Geldspielgerät.
Einen riesigen Aufschwung nahm die Branche parallel auf beiden Erdteilen mit dem
Videospiel. Das hatte zwar der Elektronikstudent Nolan Bushnell in Kalifornien
erfunden. Allerdings setzte der Boom dieses neuen Mediums nicht mit den ersten
Pong-Geräten ein. Sondern später, als die Japaner die Idee weiter entwickelten und
Farbe ins Spiel, sprich: auf den Bildschirm brachten. Enorme Umsätze wurden an
den neuen Geräten erzielt, zehntausende dieser Automaten aufgestellt. Von
einzelnen Geräten wie dem Galaga oder Pacman wurden allein in den Staaten
jeweils mehr als 200 000 Stück verkauft.
Neue Spielstätten wurden in den USA errichtet. Einkaufszentren ohne solches
Freizeitangebot waren kaum noch denkbar. Diese Family Entertainment Center boten
vor allem Videospiele an. Das hat sich bis heute kaum geändert. Die Anzahl
aufgestellter Videoautomaten geht zwar zurück. Aber das Videospiel ist immer noch
Hauptumsatzträger in den Vereinigten Staaten.
In Europa hatte sich die Situation schon früher gewandelt. Das Videospiel hat hier,
auch bedingt durch gesetzliche Vorschriften, die Jugendlichen unter 18 den Zutritt in
Spielstätten untersagen, niemals die Bedeutung wie in den USA erlangt. Die meisten
europäischen Länder erließen im Gegensatz zu den Staaten gesetzliche Regelungen
für das Geldspiel. Aufstellbetriebe in Deutschland, Spanien, Belgien, Großbritannien
und zeitweise in weiteren europäischen Staaten hatten und haben daher im
gewerblichen Geldspiel einen wichtigen Umsatzträger.
Zum besseren Verständnis ist anzumerken, dass in den USA das Glücksspiel
grundsätzlich verboten ist. Ausnahmen waren zunächst lediglich der Bundesstaat
Nevada und Atlantic City. Später wurden auch in South Dakota, Montana und
Louisina Glücksspiele zugelassen, die von Aufstellern betrieben wurden und noch
werden. Höchsteinsatz sind etwa 40 Mark, der maximale Gewinn darf nicht mehr als
ein paar Hundert Mark betragen. Hoffnungen, weitere Bundesstaaten würden
ähnliche Regelungen erlassen, haben sich bis heute nicht erfüllt.
Seit einigen Jahren aber hat sich in den USA eine neue Gerätegruppe am Markt
durchgesetzt: die Redemption-Automaten mit Geschicklichkeitsspielen. Mehr als 90
000 Redemption Machines sind mittlerweile aufgestellt.
Dieser Geräte-Kategorie sind ferner etwa 65 000 Greifer einzuordnen, die zusammen
mit Pushern das nicht vorhandene Geldspiel ersetzen. Diese Gruppe der
Redemption-Geräte weist als einzige seit Jahren Zuwachsraten auf, da das
Videospiel stagniert, tendenziell sogar rückläufig ist.
Auslöser dieser negativen Entwicklung waren unter anderem Prozesse, die gegen
Hersteller und Vertreiber geführt wurden. Mit der Begründung, Videospiele seien mit
verantwortlich für die Massaker, die von Kindern und Jugendlichen in einigen
Schulen mit automatischen Waffen angerichtet worden seien. Nach der in den USA
üblichen Weise wurde auf Schadenersatz geklagt. Zum Glück für die Branche haben
nun in Indianapolis (Landmark Case) und in Connecticut Gerichte in der höchsten
Instanz solche Schadenersatzklagen abgewiesen und festgestellt, dass Videospiele
für derartige Gewalttaten nicht verantwortlich sind.
Ein weiteres Schlagwort beherrscht allerdings neben den Redemption-Geräten seit
längerem die Diskussion in der US-Automatenwirtschaft: Vernetzung. Der
Startschuss fiel mit dem bekannten Golden-Tee-Spiel: Ein Golfspiel auf Videobasis.
Tausende von Geräten wurden miteinander vernetzt. Der Geldgewinn wird an den
Spieler von einer Zentrale ausbezahlt, die in einem Bundesstaat angesiedelt ist, in
dem die Veranstaltung eines Spiels mit Gewinnmöglichkeit legal ist. Ungeklärt ist
jedoch nach wie vor, ob wiederum Spieler aus US-Staaten teilnehmen dürfen, in
denen Turnierspiele mit
Gewinn verboten sind.
Viele Branchenkenner meinen nun, dass eine Vernetzung anderer Videospiele
ähnlichen Erfolg wie Golden Tee bringen würde. Vor kurzem äußerten sich jedoch
Fachleute wie Kevin Hayes, Chef der Namco-Spielstättenkette in USA, die mehrere
hundert Hallen betreibt, sehr skeptisch. Hayes befürchtet, dass der Erfolg von
Golden Tee seine Ursache allein in den vielen Millionen Golffanatikern in den USA
hat. Wenn Ähnliches mit einem anderen Spiel, mit einer weniger populären Sportart
versucht würde, sei ein vergleichbarer Erfolg zweifelhaft. Vernetzung muss folglich
nicht unbedingt die Antwort auf alle Probleme sein.
Jedenfalls wächst in den USA ausschließlich die Zahl der aufgestellten RedemptionGeräte. Auch, weil der Aufsteller weitgehend freie Hand hat, was die Preise betrifft,
die gegen Tickets eingetauscht werden können. Wobei das Verhältnis zu den
örtlichen Behörden vermutlich dafür entscheidend ist, welchen Wert die Preise
maximal aufweisen dürfen.
Solange in den USA kein bundeseinheitliches Gesetz das Geldspiel einheitlich regelt,
werden Tickets die einzige Lösung bleiben, Spiele mit Gewinnmöglichkeit legal
anzubieten. Einzige Konkurrenz für die Redemption-Geräte sind illegal betriebene
Pokermaschinen. Nach Schätzungen werden in den US-Staaten Illinois (Chicago),
Colorado und Pennsylvania jeweils etwa 30 000 Video-Pokermaschinen jenseits von
Recht und Gesetz betrieben.
Zwar sind in den USA noch etwa 600 000 Videospiele inklusive Touchscreens am
Markt. Doch die Tendenz stagniert und zeigt eher nach unten, während immer mehr
Ticket-Auszahlgeräte aufgestellt werden.
Da die USA in vieler Hinsicht für Europa immer Vorreiter war, drängt sich die Frage
auf, ob nicht auch bei uns in Europa langfristig Geräte Chancen haben könnten, die
etwas ausgeben: seien es Tickets oder Freispiele auf einer Kreditkarte.
Vorausgesetzt natürlich, die gesetzlichen Rahmenbedingungen würden angepasst.
Stichwort Redemption
Redemption umfasst ein wenig mehr als nur einen Spielautomaten, der im
Gewinnfall Tickets ausgibt. Denn in Gast- und Spielstätten sowie FamilyEntertainment-Centern können Spieler an verschiedenen Geräten (Redemption
Machines) Tickets gewinnen. Diese Gewinnscheine können ebenso gesammelt
werden. Erst an der so genannten Prize Bar werden dann die Tickets gegen
Warengewinne von zumeist geringerem Wert eingetauscht.