EIN BILDERBUCH ENTDECKEN

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EIN BILDERBUCH ENTDECKEN
Vor Ort
Sprachförderung im Kindergarten
EIN BILDERBUCH ENTDECKEN
Sprachfördernde Spiele und Aktionen rund um das Bilderbuch
„Wir gehen auf Bärenjagd“ kamen im Kindergarten Latsch im
Schuljahr 2010/2011 zum Einsatz. Ziel war es, sprachliche Bildung
mit Bewegung und Wahrnehmung zu verknüpfen.
Das Bilderbuch „Wir gehen auf Bärenjagd“ erzählt die Geschichte eines
Vaters, der mit seinen Kindern und dem
Hund auf Bärenjagd geht. Auf der Suche
nach dem Bären gilt es die verschiedensten Hindernisse zu überwinden.
ausprobiert. Im Anschluss daran suchten
wir zu jeder Seite im Bilderbuch ein Instrument aus. So wurde aus dem Bilderbuch eine einfache Klanggeschichte.
Da die Kinder so viel Spaß am Erzählen
Vom Bilderbuch zur Mitmach- und Spielen der Klanggeschichte hatten,
und Bewegungsgeschichte
entstand die Idee, die Klanggeschichte
„I moan, des isch a Bär.
Kinder lieben und brauchen Wiedermittels MP3-Player aufzunehmen und
holungen. So wurde aus der BilderSelm honn i koane Ongst!“
ein Hörspiel daraus zu machen. AbwechDas Bilderbuch wurde in der Kleingruppe buchgeschichte eine Mitmach- und
selnd erzählte ein Kind den Text einer
erzählt und die Kinder hatten zunächst
Bewegungsgeschichte. Zu den lautmale- Seite. Bei den Lautmalereien sprachen
einmal Zeit, Fragen zu stellen und erste
rischen Wörtern „plitsch platsch, holper die Kinder im Chor, während ein Kind
Eindrücke, Meinungen und Gefühle zu
stolper“ wurden mit den Kindern Gesten den Klang oder ein Geräusch dazu
äußern. Beim Erzählen legte ich bewusst und einfache Bewegungen gemacht und
machte. Das Hörspiel brannte ich auf
Pausen ein, damit die Kinder selbst
in die Geschichte eingebaut, die somit
eine CD und die Kinder gestalteten das
überlegen konnten, wie die Geschichte
sprachlich hörbar und durch Bewegung
Cover; so führten die Kinder gestalteriweitergehen könnte.
sichtbar wurde.
sche Aufgaben wie Malen, Ausschneiden
• P. (3 Jahre): „I moan, des isch a Bär.
Beim Spielen der Mitmachgeschichte üb- oder Kleben aus.
Selm honn i koane Ongst!“
ten die Mädchen und Jungen das Reimen
… und vieles mehr
• M. (2,5 Jahre): „Und wenn dr Bär in
und stärkten dabei ihre Mundmotorik
Was wir noch alles mit dem Bilderbuch
Hund auffrisst?“
durch phonologische Differenzierung,
gemacht haben: Das Merkspiel „Ich
• I. (4 Jahre): „Des isch a Bär und nor
zum Beispiel mit den Wörtern „quietsch
packe meinen Rucksack und nehme
schiaß i‘n mit dr Pix nieder und ferti!“
quaatsch“ und „wischel waschel“. Es
ihn auf Bärenjagd mit...“, ein Wahrneh• S. (5 Jahre): „Da ist ein Bär drunter
dauerte nicht lange, bis alle Kinder die
mungsspiel „Ich sehe was, was ihr nicht
versteckt. Der ist aber nicht böse, der
Geschichte erzählen und spielen konnseht und das ist...“. Mittels Gefühlsbildwill nur sein Baby beschützen. Die Kin- ten.
karten sprachen wir über Emotionen und
der dürfen das Bärenbaby streicheln.
Von der Klanggeschichte
Empfindungen.
Dann ist die Geschichte aus.“
zum Hörspiel
Mit dem Bilderbuch kann im Rollenspiel
Die Kinder entschieden, das Bilderbuch
Ein anderes Mal erzählten wir die Bildas Verhalten der Figuren bewusst erlebt
in den Bilderbuchplatz zu geben, damit
werden. Das Buch kann in Form eines
sie es jederzeit wieder anschauen konn- derbuchgeschichte mit Instrumenten.
Bilderbuchkinos präsentiert werden
ten. Es ergaben sich immer wieder neue Zuerst gab es eine Experimentierphase:
dialogorientierte Bildbetrachtungen und Jedes Instrument wurde von jedem Kind (Medienarbeit nach Sylvia Näger).
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die Mädchen und Jungen konnten im Gespräch ihre inneren Bilder und Gedanken
ausdrücken und Antworten auf Fragen
finden.
Aus dem Bilderbuch entsteht eine Mitmach- und Bewegungsgeschichte.
Die Geschichte darf ergänzt (zum Beispiel weitere Hindernisse einbauen) und
dazu gezeichnet werden.
Bewegungslandschaften mit Hindernissen (Psychomotorik nach Renate
Zimmer) können entstehen.
Die Kinder dürfen mit den Händen oder
barfuß durch Gras, Wasser, Schlamm,
Holz und Moos gehen und ihre selbst
angelegte Tast- oder Fühlstraße sinnlich
begreifen und durchqueren.
Aus den Bildern kann ein Memory angefertigt werden, aus der Bilderbuchgeschichte ein Lied.
Die Rahmengeschichte kann geändert
werden, zum Beispiel „Auf Löwenjagd
gehen“.
Das Bilderbuch als
Förderpotenzial
Das Bilderbuch „Wir gehen auf Bärenjagd“ verdeutlicht, welches Förderpotenzial in einem Bilderbuch steckt, um
die Sprache und Entwicklung der Kinder
ganzheitlich zu unterstützen. Über die
unmittelbare Beschäftigung des Betrachtens, Vorlesens, Erzählens und
Lesens hinaus bieten Bilderbücher vielfältige Anlässe zur spielerischen Auseinandersetzung mit Sprache, Schrift, Bildern, Themen und Figuren. Die Mädchen
und Jungen haben ihr Sprachverständnis
und ihren Wortschatz erweitert, lernten
das Buch selbstständig zu erschließen
und haben dabei erfahren, dass ein Buch
spannend, witzig und informativ sein
kann. Die Bilderbucherzählung wurde von den kleinen Zuhörerinnen und
Zuhörern mit allen Sinnen aufgenommen
und über Handeln, über das Spiel, über
die Bewegung erlebt. Die Kinder waren
interessiert, arbeiteten mit, zeigten
Eigeninitiative und fragten oft, wann wir
denn wieder „auf Bärenjagd gehen“.
HelgaWeisenhorn
Kindergarten Latsch
Literatur
• Simone Lentes, Peter Thiesen,
Ganzheitliche Sprachförderung.
Ein Praxisbuch für Kindergarten,
Schule und Frühförderung. Beltz,
2004.
• Michael Rosen, Helen Oxenbury,
Wir gehen auf Bärenjagd.
Sauerländer, 1987.
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