Band 4 - Stadt Braunschweig

Transcrição

Band 4 - Stadt Braunschweig
Prof. Dr. Wermuth
Verkehrsforschung
Infrastrukturplanung
Verkehrsentwicklungsplan
Braunschweig
Band 4: Handlungskonzept
Band 1
Band 2
Band 3
Band 4
WVI Prof. Dr. Wermuth Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH
Nordstraße 11
38106 Braunschweig
Telefon: 05 31 / 3 87 37 - 0
Telefax: 05 31 / 3 87 37 - 33
VERKEHRSENTWICKLUNGSPLAN BRAUNSCHWEIG
Band 4: Handlungskonzept
Auftraggeber:
Stadt Braunschweig
Auftragnehmer:
WVI Prof. Dr. Wermuth
Verkehrsforschung und Infrastrukturplanung GmbH
Nordstraße 11, 38106 Braunschweig
Bearbeiter:
Univ.-Prof. Dr. Manfred Wermuth
Dr.-Ing. Rainer Wirth
Dipl.-Ing. Florian Amme
Dipl.-Ing. Manfred Michael
Angelika Schröder
Dezember 1998
I
Inhaltsverzeichnis
1 Auftrag und Untersuchungsablauf .......................................................................................... 1
2 Zielsystem ................................................................................................................................. 5
3 Zusammenfassung der Ergebnisse aus den bisherigen Bearbeitungsschritten................. 9
3.1 Bestandsaufnahme und Analyse ......................................................................................... 9
3.2 Prognose-Null-Fall P0 ....................................................................................................... 14
3.3 Planfall P1 ......................................................................................................................... 18
3.4 Planfall P2 ......................................................................................................................... 22
4 Empfohlenes Handlungskonzept für eine nachhaltige Stadt- und Verkehrsentwicklung ....... 27
4.1 Handlungsstrategien ......................................................................................................... 27
4.2 Verkehrsreduzierende Regional- und Bauleitplanung........................................................ 29
4.2.1 Generelle Empfehlungen ......................................................................................... 29
4.2.2 Maßnahmenempfehlung .......................................................................................... 31
4.3 Verbesserung des Angebots für den öffentlichen Personennahverkehr ............................ 33
4.3.1 Generelle Empfehlungen ......................................................................................... 33
4.3.2 Infrastrukturelle Maßnahmen ................................................................................... 35
4.3.3 Betriebliche Maßnahmen ......................................................................................... 44
4.3.4 Weitere Maßnahmen ............................................................................................... 46
4.4 Verbesserung des Angebots für den nichtmotorisierten Verkehr (Rad- und Fußverkehr) ...... 48
4.4.1 Generelle Empfehlungen ......................................................................................... 48
4.4.2 Infrastrukturelle Maßnahmen ................................................................................... 50
4.4.3 Betriebliche Maßnahmen ......................................................................................... 54
4.4.4 Weitere Maßnahmen ............................................................................................... 56
4.5 Stadtverträgliche Abwicklung des motorisierten Individualverkehrs ................................... 57
4.5.1 Generelle Empfehlungen ......................................................................................... 57
4.5.2 Infrastrukturelle Maßnahmen für den fließenden Verkehr ........................................ 58
4.5.3 Parkraumbewirtschaftung ........................................................................................ 71
I
4.5.4 Flächenhafte Verkehrsberuhigung: Umsetzung des Tempo-30-Konzepts ............... 74
4.6 Verknüpfung der Verkehrssysteme ................................................................................... 76
4.6.1 Generelle Empfehlungen ......................................................................................... 76
4.6.2 Maßnahmenempfehlung .......................................................................................... 77
4.7 Integriertes Verkehrsmanagementsystem und Telematik.................................................. 82
4.8 Organisatorische Maßnahmen für den Güterverkehr......................................................... 83
4.8.1 Generelle Empfehlungen ......................................................................................... 83
4.8.2 Maßnahmenempfehlung .......................................................................................... 85
4.9 Öffentlichkeitsarbeit........................................................................................................... 88
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1.1: Wesentliche Inhalte des Verkehrsentwicklungsplans .............................................. 3
Abbildung 2.1: Oberziele der Verkehrsentwicklungsplanung Braunschweig ................................... 6
Abbildung 3.1: Verkehrsmittelanteile und Fahrtzweckanteile im Verkehr
der Braunschweiger Bevölkerung.......................................................................... 10
Abbildung 3.2: Verkehrsnachfrage im werktäglichen Personenverkehr bezogen
auf die Stadt Braunschweig................................................................................... 12
Abbildung 3.3: Verkehrsnutzung der Braunschweiger und der Umlandbewohner im Vergleich .... 13
Abbildung 3.4: Prognose der Siedlungsentwicklung bis zum Jahr 2010 in der Stadt
Braunschweig und in der Region........................................................................... 15
Abbildung 3.5: Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Planfall P0
gegenüber dem Analyse-Fall 1993........................................................................ 17
Abbildung 3.6: Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Planfall P1
gegenüber dem Planfall P0................................................................................... 19
Abbildung 3.7: Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Planfall P2
gegenüber dem Planfall P0................................................................................... 23
Abbildung 3.8: Ausgewählte Kennwerte der Wirkungsprofile Verkehr und Umwelt
in den Planfällen P0, P1 und P2............................................................................ 25
Abbildung 4.1: Handlungsfelder einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung ................... 28
Abbildung 4.2: Prioritätenreihung zum Ausbau des Stadtbahnsystems ........................................ 41
Abbildung 4.3: Prioritätenreihung zum Ausbau des Radverkehrsnetzes ....................................... 51
Abbildung 4.4: Erschließung der Innenstadt mit dem Radverkehr................................................. 53
II
Abbildung 4.5: Einrichtung von Fußwegeachsen in der Innenstadt ............................................... 55
Abbildung 4.6: Erschließungskonzept Innenstadt für den Kfz-Verkehr.......................................... 59
Abbildung 4.7: Flächenhafte Verkehrsberuhigung und Tempo-30-Zonen ..................................... 75
Abbildung 4.8: Park-and-Ride-Konzept......................................................................................... 81
Abbildung 4.9: Straßenverkehrsnetz für den Lkw-Verkehr ............................................................ 87
III
1
Auftrag und Untersuchungsablauf
Im Sommer 1993 erhielt der Gutachter von der Stadt Braunschweig den Auftrag zur Aufstellung
eines Verkehrsentwicklungsplanes. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten und der
Öffnung der Grenzen zu den osteuropäischen Ländern ist der Verkehr in Braunschweig - und nicht
nur auf der Autobahn 2 - spürbar angestiegen. In Teilräumen zeigt sich aufgrund von Überlagerungen vielfältiger Einflüsse bereits heute ein erkennbarer Verlust an Stadt- und Aufenthaltsqualität durch unverträgliche Verkehrssituationen. Hinzu kommen ungeklärte Fragen zur zukünftigen
Entwicklung des städtischen Personen- und Güterverkehrs, vor allem unter den Rahmenbedingungen geänderter Siedlungsstrukturen durch neue Wohn- und Gewerbegebiete in Braunschweig
und im Umland sowie einer veränderten Altersstruktur der Bevölkerung bei zunehmender Motorisierung und gleichzeitigen Veränderungen im ÖPNV-Angebot und im Straßennetz.
Der Verkehrsentwicklungsplan soll als fachliche Grundlage den Handlungsbedarf städtischer
Verkehrspolitik aufzeigen und ein Handlungskonzept vorlegen, welches Maßnahmen zur Gestaltung der Verkehrsabläufe unter Beachtung politisch abgesicherter Ziele vorschlägt (Abbildung
1.1). Die Lösung der städtischen Verkehrsprobleme wird zukünftig nur möglich sein, wenn eine
Vielzahl von verkehrsplanerischen Maßnahmen gegenseitig aufeinander abgestimmt zu einem
Handlungskonzept zusammengefasst werden. Diese Erkenntnis führt zwingend zu einer integrativen Betrachtungsweise innerhalb der Verkehrsentwicklungsplanung: Neben der gleichgewichtigen
Betrachtung der für die Stadt relevanten Verkehrsarten Fußgängerverkehr, Radverkehr, öffentlicher Personennahverkehr, motorisierter Individualverkehr und Straßengüterverkehr zielt der Verkehrsentwicklungsplan auf eine Integration von baulichen, technischen, bauleitplanerischen, preisund ordnungspolitischen Maßnahmen ab. Diese Maßnahmen sind konzeptionell so aufeinander
abzustimmen, dass sie sich gegenseitig stützen und als Bündel insgesamt zielführend wirken.
Integrierte Verkehrsentwicklungsplanung heißt damit Entwicklung eines Handlungskonzeptes
unter Beachtung sozialer, ökonomischer und ökologischer Ansprüche, wenn als oberstes Ziel eine
nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt und in der Region Braunschweig
erreicht werden soll.
Für die Stadt Braunschweig lagen bei Auftragserteilung nur vereinzelt aktuelle Grundlagendaten
zum Verkehrsgeschehen vor. Um die Verkehrsentwicklungsplanung auf eine solide Grundlage zu
stellen, musste zunächst eine umfangreiche Verkehrsanalyse, d.h. eine umfassende Bestandsaufnahme sowie eine Analyse des gegenwärtigen Verkehrsgeschehens und seiner Einflussfaktoren vorgenommen werden. Als notwendige Basis hierzu wurden Haushaltsbefragungen der Bewohner der Stadt Braunschweig sowie Verkehrszählungen des ein- und ausstrahlenden Verkehrs
1
am Kordon (Stadtgrenze) verbunden mit Befragungen der Verkehrsteilnehmer (Ein- und Auspendler) durchgeführt. Zur möglichst vollständigen Erfassung des Wirtschaftsverkehrs wurden
Braunschweiger Betriebe befragt. Das umfangreiche Datenmaterial wurde anschließend einer
detaillierten Auswertung und Analyse unterzogen, der zwei wesentliche Aufgaben zukommen:
Zum einen liefern die dabei gewonnenen Erkenntnisse ein zuverlässiges Bild der Struktur des
werktäglichen Verkehrsgeschehens in Braunschweig und seiner Einflussfaktoren. Zum anderen
wird auf der Basis dieser Erkenntnisse ein Verkehrsnachfragemodell konzipiert und kalibriert,
das es gestattet , das in der Analyse festgestellte werktägliche Verkehrsgeschehen in der Stadt
Braunschweig mittels eines Computerprogrammsystems möglichst genau nachzubilden und die
voraussichtliche Verkehrsentwicklung bei geänderten Einflussfaktoren in der Zukunft abzuschätzen.
Der Auftrag umfasst darüber hinaus die auf den Erkenntnissen der Analyse aufbauende Bearbeitung von drei sog. Planfällen für den Zeithorizont 2010. Im ersten Planfall, dem Prognose-NullPlanfall (kurz: P0- Fall), erfolgt eine kleinräumige Prognose aller verkehrserzeugenden Strukturgrößen (Bevölkerung, Motorisierung, Arbeitsplätze, Schulplätze etc. ). Das heute bestehende Verkehrsangebot wird dabei nur um die bereits beschlossenen und bis zum Planungshorizont 2010
voraussichtlich realisierten Maßnahmen erweitert. Mit diesen Strukturgrößen als Input liefert die
Simulation ein Bild des voraussichtlichen Zustands des Verkehrs und seiner Auswirkungen im Jahr
2010, wenn keine weiteren verkehrlichen Maßnahmen ergriffen werden. Der P0-Fall beschreibt
damit das Trendszenario und hat dabei zwei Aufgaben zu erfüllen: Zum einen dient er als Basis
für die anschließende Mängelanalyse, die Hinweise liefert auf Bereiche, in denen zukünftig Handlungsbedarf besteht. Zum anderen ist er der Referenzfall, also die Vergleichsbasis, für die anschließenden Planfälle.
Vor dem Hintergrund eines abgestimmten Zielkonzeptes wurden anhand der Ergebnisse des
Prognose-Null-Falls mögliche verkehrspolitische Maßnahmen, darunter die wichtigsten Konzepte
der Verwaltung für den öffentlichen Verkehr, den motorisierten Individualverkehr, den Straßengüterverkehr und den nicht-motorisierten Verkehr, diskutiert. Vorschläge hierzu wurden im Projektbeirat zusammengestellt und konkretisiert, dem neben Vertretern von Institutionen, Interessensverbänden und der politischen Parteien auch die Verwaltung und Gremienvertreter angehören,.
Die Vorschläge mündeten in zwei alternative Planfälle P1 und P2, mit denen unterschiedliche
mögliche Entwicklungsrichtungen aufgezeigt werden sollten. Jeder Planfall liefert so die Antwort
auf die Frage: „Was passiert voraussichtlich, wenn die im Planfall festgelegten Maßnahmen bis
zum Jahr 2010 realisiert werden?“.
2
Der Verkehrsentwicklungsplan soll
•
Grundlagendaten erarbeiten, um zukünftige Planungen
auf eine solide Basis zu stellen,
•
die Verkehrsarten Fußverkehr, Radverkehr, öffentlicher
Personenverkehr, motorisierter Individualverkehr und
Straßengüterverkehr gleichgewichtig nebeneinander betrachten,
•
politisch abgesicherte Ziele beachten,
•
Mängel im Verkehrszustand aufdecken,
•
bauliche, technische, preis- und ordnungspolitische Maßnahmen auf ihre Wirkungen untersuchen und bewerten,
•
im Ergebnis ein Handlungskonzept mit Maßnahmen zur
zukünftigen Gestaltung der Verkehrsabläufe vorlegen,
•
als Rahmenplan die Grundlage für anstehende verkehrspolitische Entscheidungen bilden und
•
damit dazu beitragen, zukünftig eine möglichst sozialund umweltverträgliche Abwicklung des täglichen Verkehrs zu erreichen.
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Wesentliche Inhalte des Verkehrsentwicklungsplans
Abb.
1.1
3
In den anschließenden Arbeiten wurden die verkehrlichen und sonstigen Wirkungen dieser Planfälle ermittelt und analysiert. Die gewonnenen Erkenntnisse über die Wirksamkeit der untersuchten Maßnahmen bilden eine wichtige Voraussetzung und die Diskussionsgrundlage für die Erarbeitung eines verkehrsplanerischen Handlungskonzeptes. Das Handlungskonzept beinhaltet zu
allen untersuchten Verkehrsarten Maßnahmenempfehlungen, die sich im Sinne des Zielkonzeptes
als zielführend herausgestellt haben.
Der vorliegende Band 4 zur Verkehrsentwicklungsplanung Braunschweig beinhaltet als Ergebnis
der vorangegangenen Arbeitsschritte das Handlungskonzept. Es versteht sich als Empfehlung des
Gutachters und bildet eine Grundlage für weitere verkehrspolitische Diskussionen, an dessen
Ende die Entscheidung für die zukünftigen verkehrlichen Weichenstellungen in Braunschweig
stehen.
4
2
Zielsystem
Die Gestaltung des Verkehrssystems wirkt unmittelbar und mittelbar auf nahezu alle Lebensbereiche ein. Da Mobilität des Einzelnen und damit auch Verkehr als Massenerscheinung nur „Mittel
zum Zweck“ ist, also eine dienende Funktion ausüben und nicht beherrschender Selbstzweck sein
sollte, müssen zunächst die Ziele definiert werden, denen die Verkehrsplanung dienen soll.
Das Zielsystem für den VEP Braunschweig ist das Ergebnis eines Abstimmungsprozesses zwischen der Verwaltung, dem projektbegleitenden Beirat, Vertretern der politischen Parteien im Rat
der Stadt und dem Gutachter. Es bildet das zentrale Element des Verkehrsentwicklungsplans, da
es letztlich die Richtung für das politische Handeln in der zukünftigen Verkehrsplanung bestimmt.
Planerisches Handeln und somit auch die Verkehrsentwicklungsplanung sollten sich am Ziel der
nachhaltigen Entwicklung orientieren, wie es in der Agenda 21 festgeschrieben ist. Das globale
oberste Ziel kann demzufolge mit Steigerung der Lebensqualität für heutige und zukünftige
Generationen beschrieben werden (Abbildung 2.1). Diesem obersten Ziel dienen alle Ziele in den
verschiedenen Zielfeldern. Im folgenden ist eine Auswahl wichtiger Ziele genannt:
Zielfeld:
Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten von Wohn-, Wohnfolge-, Freizeitund Erholungseinrichtungen
• Verbesserung der Verkehrssicherheit
• Minimierung der Trennwirkung der Verkehrsinfrastruktur
• Erhaltung und Schaffung von Freiflächen für wohnungsnahe Erholung
Zielfeld:
Steigerung der Wirtschaftskraft
• Verbesserung der Verkehrssicherheit
• Verbesserung der Erreichbarkeit der Wirtschaftsstandorte für Zulieferer, Kundinnen und Kunden, Beschäftigte und Güter
• Steigerung der Attraktivität der Innenstadt als Standort für Einzelhandel und Freizeit
Zielfeld:
Steigerung der Umweltqualität
• Minimierung der Lärmimmissionen
• Minimierung der Luftschadstoffe
• Minimierung klimarelevanter Emissionen
5
Oberziele
der Verkehrsentwicklungsplanung Braunschweig
Steigerung der
Wirtschaftskraft
Verbesserung der Nutzung von
Wohn-, Wohnfolge-,Freizeitund Erholungseinrichtungen
Steigerung der
Umweltqualität
Steigerung
der
Lebensqualität
Unterstützung der Ziele
der Raumordnung und
des Städtebaus
Minimierung der
Kosten
Verbesserung der Erreichbarkeit
der Standorte der
Daseinsgrundfunktionen
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Oberziele der Verkehrsentwicklungsplanung
Braunschweig
6
Abb.
2.1
• Freihaltung stadtklimatisch wichtiger Flächen
• Minimierung der Versiegelungsflächen
• Minimierung des Flächenverbrauchs für die Verkehrsinfrastruktur
• Erhaltung schützenswerter Landschaftsteile
Zielfeld:
Unterstützung der Ziele der Raumordnung und des Städtebaus
• Sicherung und Weiterentwicklung der Funktionsfähigkeit Braunschweigs als Oberzentrum
• Nutzungsmischung von Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Erholen
• Erhaltung der Wohnfunktion in der Innenstadt
• Sicherung und Verbesserung des Wohnens hoher Qualität in der Nähe zur Innenstadt und zu
den Hauptachsen des ÖPNV
• Erhaltung der Qualitäten der historischen Innenstadtbereiche
• Steigerung der Attraktivität von Stadtteilzentren
• Städtebauliche Integration und Verbesserung der kommunikativen Nutzungsmöglichkeiten von
Straßen und Plätzen
Zielfeld:
Schaffung der Chancengleichheit für Frauen und Männer
• Berücksichtigung verschiedener Lebenssituationen von Frauen und Männern
• Verbesserung der sozialen Sicherheit von Frauen und Männern
• Frauengerechte Gestaltung von Freiräumen und Verkehrseinrichtungen
Zielfeld:
Verbesserung der Erreichbarkeit der Standorte der Daseinsgrundfunktionen
(Wohnen, Arbeiten, Versorgen, Erholen)
• Verbesserung der Verkehrsmöglichkeiten innerhalb der Stadt
• Verbesserung der Verkehrsmöglichkeiten zwischen Stadt und Umland
• Großräumige Verlagerung des Kfz-Durchgangsverkehrs aus der Innenstadt
• Organisation der Verkehrsabläufe mit dem Ziel eines sicheren und störungsfreien Verkehrs
sowie guter Überschaubarkeit und Orientierung bei allen Verkehrsarten (Verkehrsmanagement)
Zielfeld:
Minimierung der Kosten
• Minimierung der betriebswirtschaftlichen Kosten (Investitions- und Betriebskosten)
• Minimierung der volkswirtschaftlichen Kosten
7
3
Zusammenfassung der Ergebnisse aus den bisherigen Bearbeitungsschritten
3.1
Bestandsaufnahme und Analyse
Die Bestandsaufnahme erfolgte auf der Basis der im Herbst 1993 durchgeführten Erhebungen
Haushaltsbefragung, Betriebsbefragung, Kordonzählung und -befragung sowie Verkehrszählungen im Stadtgebiet:
• Jeder Braunschweiger Bürger ist an einem Werktag durchschnittlich rd. 76 Minuten im Verkehr
unterwegs. Dieser Wert liegt rd. 5 Minuten über dem Bundesdurchschnitt, entspricht aber exakt den
Werten der Verkehrsbeteiligung, wie sie auch in Städten vergleichbarer Größe gemessen werden.
Der größte Anteil der Wege dauert zwischen 5 und 15 Minuten, längere Wege sind eher selten. An
einem Werktag machen die Braunschweiger durchschnittlich 3,91 Fahrten und Wege pro Person.
• Bei der Nutzung der Verkehrsmittel setzen auch die Braunschweiger überwiegend auf das Auto:
48 % aller Fahrten und Wege werden als Fahrer oder Mitfahrer mit einem privaten Pkw zurückgelegt, 24 % zu Fuß und jeweils 14 % mit dem Fahrrad und den öffentlichen Verkehrsmitteln (Abbildung 3.1). Noch deutlicher wird die Nutzung des privaten Pkw bei der Betrachtung der täglichen
Verkehrsleistung: Von den rd. 6 Millionen Personen-km entfallen rd. 74 % auf das Auto.
• Bei der Analyse des Verkehrsaufkommens nach Fahrtzwecken fällt auf, dass mit rd. 42 % der
Fahrten und Wege ein wesentlicher Teil der werktäglichen Mobilität von sog. Gelegenheitsaktivitäten, also Fahrten und Wege für Freizeit, Erholung und sonstige private Erledigungen, bestimmt wird. Hinzu kommen weitere rd. 25 % Einkaufsfahrten und -wege. Dagegen machen die
sog. Pendlerfahrten, also Fahrten zur Arbeit und Ausbildung, insgesamt nur rd. 28 % aus.
• Die Stadtbahn bildet das Rückgrat für den ÖPNV in Braunschweig. Obwohl das Stadtbahnnetz
mit rd. 30 km Länge deutlich kürzer ist als das Busliniennetz mit rd. 180 km, befördert die
Stadtbahn mit rd. 64.000 Personen im Werktagsverkehr ebenso viele Fahrgäste wie der Bus.
Dies resultiert zum einen daraus, dass mit der Stadtbahn die großen Siedlungsachsen und
starken Verkehrspotenziale bedient werden, zum anderen aus dem guten Angebot der Stadtbahn mit dichtem Taktverkehr auf weitgehend eigenem Gleiskörper und damit hoher Geschwindigkeit, welches auf eine hohe Akzeptanz bei der Braunschweiger Bevölkerung stößt.
• Die größten Belastungen im Braunschweiger Straßennetz treten an Werktagen nachmittags
zwischen 16 und 17 Uhr auf, wenn sich Rückfahrten von Arbeitsplatz mit Versorgungsfahrten
und Fahrten zu privaten Erledigungen überlagern. Im ÖPNV werden vor allem morgens von 7
9
bis 8 Uhr, wenn sich Berufs- und Ausbildungsfahrten überlagern, die größten Beförderungsleistungen
erbracht.
Fahrtzwecke und Verkehrsmittelnutzung
Wozu ?
Womit ?
Anteile in Prozent
Anteile in Prozent
47,7
41,6
ICE
24,2
24,8
Geschäftl.
Erledigung
5,7
10,9
17,0
13,6
14,5
Bus und
Bahnen
Ausbildung
Fahrrad
Beruf
Einkauf
priv. Erl.,
Freizeit,
Urlaub
Zu Fuß
Pkw
Pro Werktag wurden 1993 von Braunschweiger Bürgerinnen und Bürgern
etwa 979.000 Fahrten und Wege im Personenverkehr zurückgelegt.
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Haushaltsbefragung 1993
- Verkehrsmittelanteile und Fahrtzweckanteile im Verkehr der
Braunschweiger
10
Abb.
3.1
• Die Besetzungsgrade der Pkw sind in Braunschweig ebenso wie im Bundesdurchschnitt nur
gering: im Mittel sitzen in 4 Autos nur 5 Personen (1,23 Pers./Pkw), Pkw von Berufspendlern
sind noch geringer besetzt (1,11 Pers./Pkw). Höhere Besetzungsgrade weisen die Pkw von
Umlandbewohnern bei Fahrten nach Braunschweig mit 1,56 Pers./Pkw auf.
• Am Wirtschaftsverkehr in der Stadt sind rd. 13.000 Pkw sowie 4.600 Lkw über 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht von Braunschweiger Gewerbebetrieben maßgeblich beteiligt. Die Pkw legen dabei insgesamt rd. 830.000 Fahrzeug-km, die Lkw aufgrund der größeren Fahrtweiten
ebenfalls rd. 455.000 Fahrzeug-km pro Werktag zurück. Der Anteil des Lkw-Verkehrs am gesamten Fahrtenvolumen im Kfz-Verkehr in Braunschweig beträgt rd. 5 %.
• Insgesamt zeigen sich starke Verkehrsströme zwischen Umland und der Stadt: im Werktagsverkehr strömen insgesamt fast 400.000 Personenfahrten als Summe von Quell- und Zielverkehr in die Stadt hinein und aus der Stadt heraus (Abbildung 3.2). Etwa ein Drittel des hierbei auftretenden Pkw-Verkehrs (insgesamt rd. 260.000 Pkw- Fahrten pro Werktag) werden
über die Autobahnen A 391, A 39 und A 395, zwei Drittel über das Netz der Bundes-, Landes-,
Kreis- und Gemeindestraßen abgewickelt. Das hohe Verkehrsaufkommen im Stadt-UmlandVerkehr wird zu rd. drei Viertel von Umlandbewohnern und nur zu einem Viertel von Bewohnern
der Stadt Braunschweig verursacht. Der Verkehr der Umlandbewohner ist damit maßgebend
für die Belastungen auf den Ein- und Ausfallstraßen der Stadt.
• Im gesamten Stadt-Umland-Verkehr zeigen sich nur geringe Anteile von Fahrten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln abgewickelt werden: Über 90 % des stadtgrenzenüberschreitenden Verkehrs wird mit dem privaten Pkw realisiert, nur knapp 10 % mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Dieser Umstand ist u. a. auch auf das geringe Verkehrsangebot im ÖV zurückzuführen, wohingegen der ÖV-Anteil im Binnenverkehr Braunschweig bei 25 % liegt (Abbildung 3.3).
• Die Befragung der Braunschweiger Bevölkerung hinsichtlich ihrer Meinung zur Umweltqualität am eigenen Wohnstandort hat gezeigt, dass sich die Bürger überwiegend durch Straßenverkehrslärm und Autoabgase beeinträchtigt fühlen, weniger durch Schienenverkehrslärm oder
Lärm von Gewerbebetrieben oder Flugverkehr.
• Eine Beurteilung des Angebotes öffentlicher Verkehrsmittel am eigenen Wohnstandort
durch die Bürger ergibt überwiegend gute Noten für die Erreichbarkeit der nächsten Haltestelle
und die Fahrtenhäufigkeit tagsüber, weniger gute Noten dagegen für die Fahrtenhäufigkeit am
Abend und für den Fahrpreis, wobei die Urteile je nach Wohnstandort und ÖPNV-Angebot
durchaus unterschiedlich ausfallen.
11
Ost
Personenverkehr in Braunschweig
13
6.
50
.7
0
WOB
32
.3
0
0
1.
80
0
3.700
52.60
0
NordWest
1.
50
0
8.
40
0
GF
HE
0
00
2.6
400
26.
0
232.900
141.600
128.900
PE
5.200
53.400
429.200
00
90
0
.1
00
.90
4.9
9.
.10
00
12
1.8
56
7.
93
0
2.
60
00 0
0
Stadt
Braunschweig
0
WF
Süd
SZ
Angaben in [Personenfahrten pro Werktag]
Harz
Verkehrsnachfrage insgesamt:
932.600 Personenfahrten/WT
Binnenverkehr:
Quell- und Zielverkehr: 396.200 Personenfahrten/WT
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Analyse-Fall 1993
- Verkehrsnachfrage im werktäglichen Personenverkehr
bezogen auf die Stadt Braunschweig
12
Abb.
3.2
Verkehrsmittelnutzung der Braunschweiger
im motorisierten Verkehr
... bei Fahrten in Braunschweig
... bei Fahrten von/nach Braunschweig
MIV
MIV
75%
92%
8%
25%
ÖV
ÖV
Verkehrsmittelnutzung der Umlandbewohner
im motorisierten Verkehr
... bei Fahrten in Braunschweig
... bei Fahrten von/nach Braunschweig
MIV
94%
MIV
6% ÖV
89%
11%
ÖV
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Analyse-Fall 1993:
- Verkehrsmittelnutzung der Braunschweiger und der
Umlandbewohner im Vergleich
Abb.
3.3
13
3.2
Prognose-Null-Fall P0
Die Verkehrsberechnungen zum Prognose-Nullfall zeigen auf, wie sich der Verkehr in Braunschweig
bis zum Jahr 2010 (Prognosehorizont) unter heute bereits erkennbaren Randbedingungen entwikkeln wird. Der Prognose-Nullfall (als Planfall ohne weiterführende Maßnahmen) dient damit als Vergleichsfall für die Planfälle P1 und P2, in denen die Realisierung weiterer verkehrsinfrastruktureller
Maßnahmen untersucht wird.
Bei der Einwohnerentwicklung in Braunschweig wird bis zum Jahr 2010 ein Rückgang um
17.000 Einwohner gegenüber dem Analysezustand 1993 unterstellt (Prognose in Abstimmung mit
dem Amt für Stadtentwicklung und Stadtmarketing, Stand Dezember 1995). Damit werden zum
Prognosezeitpunkt 237.000 Einwohner mit Hauptwohnsitz in Braunschweig bzw. 247.400 Einwohner mit Haupt- und Nebenwohnsitz (als in Braunschweig lebende Personen) erwartet, was einem
Rückgang um 6,4 % entspricht. Für die direkt an das Stadtgebiet angrenzenden Umlandgemeinden wird gemäß Prognose „Integriertes regionales Verkehrskonzept für den Zweckverband Großraum Braunschweig“ von 1996 ein Anstieg in der Bevölkerung um 5.200 Einwohner prognostiziert
(Abbildung 3.4).
Aus dem Bereich der Verkehrsinfrastruktur sind im Prognose-Nullfall ausschließlich solche
Maßnahmen berücksichtigt, über die bereits heute ein Realisierungsbeschluss vorliegt bzw. deren
Realisierung bis zum Prognosehorizont 2010 als sicher angesehen werden kann. Im öffentlichen
Verkehr werden im wesentlichen solche Maßnahmen berücksichtigt, die den Umbau, Ausbau oder
Neubau von Stadtbahntrassen betreffen. Die Maßnahmen im Straßennetz betreffen überwiegend
Ausbau und Neubau von Autobahnabschnitten der A 2, der A 39 und der A 391. Für den Radverkehr werden keine konkreten Maßnahmen unterstellt.
Die Verkehrsnachfrage in Braunschweig wird sich als Folge der oben aufgeführten Randbedingungen zusammengefasst wie folgt entwickeln (Abbildung 3.5):
• das Verkehrsaufkommen im nicht motorisierten Verkehr in Braunschweig, also Fußwege und
Fahrradfahrten, wird bis zum Prognosejahr 2010 mit Abnahmen um 9 % bzw. 14 % gegenüber
heute deutlich zurückgehen,
• der Kfz-Verkehr in Braunschweig wird insgesamt um ca. 5 % ansteigen; der etwa gleich
bleibenden Fahrtenanzahl der Braunschweiger Bevölkerung stehen spürbare Verkehrszuwächse aus dem Umland und steigende Lkw-Verkehre gegenüber,
• der öffentliche Personenverkehr in Braunschweig wird mit Abnahmen um ca. 8,5 % insgesamt deutlich an Fahrgästen verlieren.
14
Siedlungsentwicklung bis 2010
Harxbüttel
Hackelkamp
ThuneGrefenhoop
Legende:
Bevenrode-Nord
Autobahn
Thune
Lupinenweg
Wenden
Bundesstraße
Waggum-West
Landes-/Kreis-/
Gemeindestraße
geplante
Wohnbauflächen
WendenWest
Hansestraße-West
Völkenrode- WatenbüttelNord
Nord
K 25
Kralenriede
HafenSüd
Völkenrode
Südost
Lyckstr.
Waggumer Weg
Ost
Hondelage
Kralenriede-West
VolkmarodeNord
Querum
Karl-HintzeWeg
Schapen
Schaumburgstr.-Süd
Lamme
Glinderstr.
geplantes
Gewerbe-, Industrieund Mischgebiet
Kralenriede-Ost
Rodelandweg
Schradersweg Ost
Petritor
Petritor-West
Calvördestr.
Kreuzstr.Kälberwiese
Lammer Busch
Wilhelmitor-Mitte
Weinberg
Frankfurter
Str.-Ost
Hauptbahnhof
Wilhelmitor-Südost
Rautheim-Nord
Am
Queckenberg
Möncheberg
Broitzem
Osterbeek
Broitzen
Donaustr.
Südost
Rautheim
Weststr.
Entwicklung in Braunschweig
Heidbleekanger
Donaustr.Südost
Jenastieg
Nord
Stöckheim
Einwohner insgesamt: - 17.000
Personen mit Pkw:
+ 3.400
Erwerbstätige:
- 15.000
Arbeitsplätze:
keine Veränd.
Mascherode
Schmiedeweg
Im
Meer
Am
Zoo
SiekgrabenOst
Stöckheimer
Forst
Leiferde
Thiedebacher
Weg
Landkreis Gifhorn
Entwicklung in der Region
(Verbundgebiet ohne Stadt BS und LK GS)
Einwohner insgesamt:
Einwohner Umland BS:
Personen mit Pkw:
Erwerbstätige:
Arbeitsplätze:
- 9.000
+ 5.200
+ 68.000
- 13.800
+ 28.000
Stadt
Wolfsburg
Landkreis Peine
Stadt
Salzgitter
Stadt
Bs
Landkreis
Helmstedt
Landkreis
Wolfenbüttel
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Prognose der Siedlungsentwicklung bis zum Jahr 2010
in der Stadt Braunschweig und in der Region
Abb.
3.4
15
Aufbauend auf den Verkehrsnachfragewerten werden Wirkungsberechnungen sowie eine Mängelanalyse durchgeführt, die zusammengefasst zu folgenden wesentlichen Erkenntnissen führt:
• Obwohl in der Stadt Braunschweig zahlreiche straßenbegleitende Radwege, besonders entlang
der Hauptverkehrsstraßen, vorhanden sind, fügen sich die entsprechenden Streckenelemente
nicht zu einem geschlossenen Radverkehrsnetz zusammen, welches von allen Verkehrsteilnehmern gefahrlos und komfortabel befahren werden kann. Dabei zeigen sich auch Mängel auf
Verbindungen zur Innenstadt (Cityverbindungen) mit starker Radverkehrsbenutzung. Hervorzuheben sind hier besonders Abschnitte der Fallersleber Straße, Helmstedter Straße und Mittelweg.
• Das dem Planfall P0 zugrunde liegende ÖV-Angebot zeigt Erschließungsmängel für rd. 9 % der
Braunschweiger Bevölkerung (rd. 22.400 Personen), vornehmlich in Bereichen abseits der
Hauptverkehrsachsen. Rund 20 % der Braunschweiger Bürger wohnen in Bereichen, die seltener als im 15-min.-Takt im Tagesverkehr bzw. im 30-min.-Takt im Abendverkehr vom ÖPNV
bedient werden. Erhebliche Mängel bestehen bei der Bedienung der Stadt-UmlandBeziehungen aufgrund des zum Teil geringen Fahrtenangebotes und der im Vergleich zum MIV
hohen Reisezeiten.
• Für den Kfz-Verkehr in Braunschweig zeigen sich bezogen auf die Leistungsfähigkeit von
Strecken und Knoten im Planfall P0 nur wenige, punktuelle Mängel, besonders im Vergleich zu
den flächendeckenden Mängeln im Radverkehr und im ÖPNV. Die Mängel im Kfz-Verkehr treten im wesentlichen in der nachmittäglichen Spitzenstunde auf und betreffen vornehmlich den
nördlichen und östlichen Wilhelminischen Ring sowie einige Abschnitte im Innenstadtnetz und
auf den Ein- und Ausfallstraßen. Mängel in der Wohnumfeldqualität in Braunschweig bestehen
überwiegend an den innerstädtischen, angebauten und verkehrstragenden Straßen.
• Wie die Wirkungsberechnungen für den Planfall P0 zeigen, sind im Jahr 2010 in Braunschweig
rd. 21.100 Personen von Lärmimmissionen über 65 dB(A) betroffen. Damit werden an vielen
Stellen im Stadtgebiet, vor allem auf Abschnitten des Wilhelminischen Ringes und der Haupteinfallstraßen, die Richtwerte der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung deutlich überschritten. Dieses ist jedoch bereits heute der Fall. Dagegen werden die Schadstoffemissionen des
Verkehrs (z. B. Kohlenmonoxid, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe, nicht jedoch der Kohlendioxidausstoß) bis zum Jahr 2010 durch die zunehmende Verbreitung des Katalysators auf etwa ein
Sechstel der Belastungen des Analyse-Zustands 1993 zurückgehen.
16
Verkehrsaufkommen in Braunschweig
im Planfall P0
Verkehr der Braunschweiger
Verkehr der Fremden
Analyse 1993:
Analyse 1993:
133.100
236.600
466.500
142.500
36.600
22.100
978.700
331.500
368.100
9.600
Selbstfahrer Mitfahrer
114.500
217.000
Selbstfahrer Mitfahrer
379.100
87.400
+ 34.600
+ 26.000
+ 7.000
+ 4.500
+ 3.000
+ 1.600
+ 800
Personenverkehr
Gesamt
Personenverkehr
Gesamt
Selbstfahrer Mitfahrer
121.500
243.000
-1.400
-15.800
- 19.300
- 20.500
217.300
(-8,9%)
122.000
(-14,4%)
Selbstfahrer Mitfahrer
86.000
379.900
117.200
(-12,0%)
465.900
(-0,1%)
38.200
(+ 4,4%)
364.500
(+ 9,9%)
402.700
(+ 9,4%)
12.500
(+ 30,9%)
- 56.300
922.400
(-5,8%)
26.600
(+20,3%)
Planfall P0 2010:
Planfall P0 2010:
Analyse
1993:
169.200
785.000
954.200
31.700
Selbstfahrer Mitfahrer
200.300
584.700
+ 26.000
+ 18.000
+ 7.400
+ 6.200
Gesamtverkehr
in Braunschweig
Personenverkehr
Gesamt
- 14.200
Selbstfahrer Mitfahrer
610.700
206.500
Planfall P0
2010:
155.000
(- 8,5%)
817.200
(+ 4,1%)
972.200
(+ 1,9%)
39.100
(+ 23,5%)
Personenverkehr: Angaben in Personenfahrten pro Werktag
Lkw-Verkehr:
Angaben in Lkw-Fahrten pro Werktag
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Planfall P0
- Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Planfall P0
gegenüber dem Analyse-Fall 1993
Abb.
3.5
17
3.3
Planfall P1
Der Planfall P1 berücksichtigt rd. 230 Einzelmaßnahmen und Konzepte, darunter die wichtigsten
Verkehrskonzepte der Verwaltung wie das Stadtbahnkonzept, das Erschließungskonzept Innenstadt, das Tempo-30-Konzept und das Radverkehrskonzept. Weiterhin werden der Ausbau des
regionalen ÖPNV-Angebotes (Regionalstadtbahn bzw. RegioStadtBahn und Regionaldirektbusse)
und der Ausbau der Stadtautobahnen berücksichtigt. Insgesamt wird im Planfall P1 eine Verkehrspolitik der gleichberechtigten Förderung aller Verkehrsarten bei nur geringen Einschränkungen im Bereich des Straßenverkehrs unterstellt.
Die Verkehrsnachfrage in Braunschweig wird sich durch die im Planfall P1 berücksichtigten
Maßnahmen zusammengefasst wie folgt entwickeln (Abbildung 3.6):
• Die stärksten Zuwächse im Verkehrsaufkommen der Braunschweiger Bevölkerung werden
im Radverkehr mit + 11,4 % (+ 13.900 Personenfahrten pro Werktag) gegenüber dem Prognose-Nullfall P0 erreicht. Der Radverkehr gewinnt besonders durch die Schaffung eines durchgängig zu befahrenden, sicheren und attraktiven Radverkehrsnetzes und die Einrichtung fahrradfreundlicher Schaltungen an Lichtsignalanlagen sowie durch den Bau weiterer Abstellanlagen. Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel durch die Braunschweiger steigt gegenüber
dem Planfall P0 trotz des Ausbaus des Stadtbahnsystems verhältnismäßig schwach um 2,7 %
(3.200 Personenfahrten pro Werktag) an. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) im Verkehr
der Braunschweiger sinkt gegenüber dem Planfall P0 um 13.200 Kfz-Fahrten pro Werktag bzw.
um 17.600 Personenfahrten pro Werktag ( - 3,8 %) ab. Der Rückgang im MIV wird überwiegend auf innenstadtbezogenen Fahrten erreicht, was in den verbesserten Verkehrsangeboten
für den ÖV und den Radverkehr bei gleichzeitiger Parkraumbewirtschaftung begründet ist.
• Durch die Einführung der Regionalstadtbahnen und Regionaldirektbusse steigt das Verkehrsaufkommen der Fremden bei den öffentlichen Verkehrsmitteln um rd. 50 % (+ 18.500 Personenfahrten pro Werktag) an. Dies bedeutet für den MIV einen Rückgang um 5,6 %.
• Der motorisierte Verkehr in Braunschweig wird insgesamt um 16.400 Personenfahrten pro
Werktag gegenüber dem Planfall P0 zurückgehen (- 1,7 %). Der öffentliche Verkehr steigt um
21.600 Personenfahrten pro Werktag auf 176.600 Personenfahrten pro Werktag an (+ 13,9 %)
und liegt damit um rd. 7.500 Fahrten über dem Wert des Analyse-Falls 1993. Diese Zunahme
wird i. w. durch die Fremden hervorgerufen und betrifft demnach vorwiegend die regionalen
ÖV-Linien. Die dazu erforderliche Steigerung des Betriebsaufwands im Stadtgebiet beträgt
+ 8,8 %. Bezogen auf das Stadtgebiet steigt die Verkehrsnachfrage prozentual stärker als der
18
Verkehrsaufkommen in Braunschweig
im Planfall P1
Verkehr der Braunschweiger
Verkehr der Fremden
Planfall P0:
Planfall P0:
38.200
364.500
402.700
12.500
Selbstfahrer Mitfahrer
121.500
243.000
117.200
465.900
217.300
Selbstfahrer Mitfahrer
379.900
86.000
122.000
922.400
26.600
+0
+0
+ 18.500
+ 13.900
+ 3.200
+ 600
+0
mot.
Personenverkehr
Gesamt
Personenverkehr
Gesamt
- 4.400
- 5.900
- 13.200
- 14.500
Selbstfahrer Mitfahrer
115.600
228.500
Selbstfahrer Mitfahrer
81.600
366.700
120.400
(+2,7%)
448.300
(-3,8%)
- 1.900
217.900
(+0,3%)
135.900
(+11,4%)
922.400
(+0%)
26.600
(+0%)
56.700
(+ 48,4%)
344.100
(-5,6%)
400.800
(-0,5%)
12.500
(+ 0%)
Planfall P1:
Planfall P1:
Planfall P0:
155.000
817.200
972.200
39.100
Selbstfahrer Mitfahrer
206.500
610.700
+ 21.600
+0
mot.
Personenverkehr
Gesamt
Gesamtverkehr
in Braunschweig
- 10.300
- 16.400
- 27.700
Selbstfahrer Mitfahrer
583.200
195.400
Planfall P1:
176.600
(+13,9%)
779.200
(-4,7%)
955.800
(- 1,7%)
39.100
(+ 0%)
Personenverkehr: Angaben in Personenfahrten pro Werktag
Lkw-Verkehr:
Angaben in Lkw-Fahrten pro Werktag
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Planfall P1
- Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Planfall P1
gegenüber dem Planfall P0
Abb.
3.6
19
betriebliche Aufwand. Der Kfz-Verkehr sinkt insgesamt um 38.000 Personenfahrten pro Werktag ab und liegt damit geringfügig unter den Werten des Analyse-Falls 1993.
• Die Verkehrsmittelwahl im motorisierten Verkehr (sog. klassischer modal split) der Braunschweiger und Fremden zusammen beträgt im Planfall P1 MIV:ÖV = 82:18 und erreicht damit
die Werte des Analyse-Falls 1993 (zum Vergleich: Planfall P0 MIV:ÖV = 84:16). Die stärksten
Veränderungen zum Planfall P0 zeigen sich bei Fahrten der Umlandbewohner von und nach
Braunschweig mit einer Zunahme im ÖV von + 5 %-Punkten.
Verkehrsnetzbelastungen
• Durch die gegenüber dem Planfall P0 steigende Verkehrsnachfrage sind vor allem im Bereich
der Kernstadt flächendeckende Zunahmen in den Belastungen im Radverkehrsnetz zu erwarten. Die Maßnahmen im Bereich der Innenstadt, vor allem die Freigabe der Fußgängerzone
zwischen 20 und 9 Uhr sowie die Freigabe des alten Cityringes in beiden Fahrtrichtungen, erfahren eine hohe Akzeptanz bei den Fahrradfahrern.
• Im öffentlichen Verkehr zeigen sich deutliche Steigerungen vor allem auf den neuen regionalen Verkehrsangeboten mit Regionalstadtbahnen und Regionaldirektbussen. Der Ausbau des
Stadtbahnnetzes sowie die Anbindung neuer bzw. geplanter Siedlungsgebiete stärkt die Stadtbahn als Rückgrat des ÖPNV in Braunschweig.
• Das Bild des Kfz-Verkehrs im Planfall P1 wird wesentlich durch Belastungsveränderungen
geprägt, die durch den Neu- und Ausbau der Stadtautobahnen hervorgerufen werden. Der
Kernbereich der Stadt wird dadurch von Kfz-Fahrten entlastet. Die Entlastungen fallen aber nur
in wenigen Bereichen so stark aus, dass eine merkbare Verringerung in den Lärmbelastungen
erzielt wird bzw. dass in den entlasteten Bereichen eine Neuordnung der Straßenräume vorgenommen werden könnte.
Wirkungsberechnungen
• Aufbauend auf den Ergebnissen der Verkehrsnachfrageberechnungen lassen sich Wirkungen
zur Beurteilung der Verkehrs- und Umweltqualität aufzeigen. Dabei ergeben sich im Planfall P1
im Vergleich zum Planfall P0 eher begrenzte Veränderungen. Die Gründe liegen im gleichberechtigten Ausbau aller Verkehrssysteme, so dass für keine Verkehrsart deutliche Vorteile entstehen.
• Im Bereich Verkehr werden erhebliche Verbesserungen für den regionalen ÖV deutlich, was
sich insbesondere in der Zunahme der ÖV-Verkehrsleistung und des Direktfahreranteils wider20
spiegelt. Im Teilbereich Infrastruktur hat der Anteil der Braunschweiger Bevölkerung mit 95 %
ÖV-Erschließung einen sehr hohen Wert erreicht. Durch den Ausbau der Stadtautobahnen und
die dadurch hervorgerufenen Verkehrsverlagerungen aus der Kernstadt heraus werden Kapazitäten im Straßennetz in der Kernstadt frei, was sich im Rückgang in den Strecken- und Knotenauslastungen zeigt.
• Die Erreichbarkeit der Braunschweiger Innenstadt - hier als Anzahl Einwohner definiert, die
diese in einer vorgegebenen Zeit erreichen können - wird vor allem für Fahrten mit öffentlichen
Verkehrsmitteln und dem Fahrrad verbessert. Die Erreichbarkeit mit dem Pkw verändert sich
gegenüber dem Planfall P0 nicht und bleibt auf dem bekannten, hohen Niveau. Dazu tragen
auch die Verlagerungen von Pkw-Fahrten auf den ÖV und den Radverkehr bei, die wiederum
Raum für den verbleibenden Kfz-Verkehr schaffen.
• Das Wirkungsprofil im Bereich Umwelt zeigt deutliche Abnahmen in der Anzahl der Einwohner, die von Lärmimmissionen über 65 dB(A) betroffen sind. Sie resultieren im wesentlichen
aus Verkehrsverlagerungen vom Straßenzug Hans-Sommer-Straße - Berliner Straße auf die
Nordtangente und von der Ortsdurchfahrt Watenbüttel auf die Ortsumgehung. Für den Straßenzug Hans-Sommer-Straße - Berliner Straße liegen die Lärmimmissionen damit zwar überwiegend unterhalb von 65 dB(A), die nutzungsbezogenen Richtwerte der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung (16. BImSchV) werden aber trotz der Verringerungen auf den meisten
Streckenabschnitten auch im Planfall P1 nicht eingehalten. Weiterhin ist zu berücksichtigen,
dass die Verkehrsbelastungen auf der Nordtangente vor allem im Bereich des südlichen Ortsrandes von Querum, des Siegfriedviertels und des geplanten Neubaugebietes VolkmarodeNord zu hohen Lärmbelastungen der dortigen Wohnbevölkerung führen würden, die nur durch
umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen gemindert werden können.
Bei den Schadstoffemissionen werden im Planfall P1 - bezogen auf das gesamte Stadtgebiet
von Braunschweig - Abnahmen nicht erreicht. Die durch die geringfügig gesunkene Verkehrsnachfrage im Kfz-Verkehr erreichten Effekte werden durch die Verlagerung des Verkehrs auf
die Stadtautobahnen und die dort höheren, gefahrenen Geschwindigkeiten mit stärkeren spezifischen Emissionen kompensiert.
21
3.4
Planfall P2
Der Planfall P2 setzt sich aus rd. 280 Einzelmaßnahmen und Konzepten zusammen. Wesentliche
Elemente des Planfalls P2 sind der gegenüber dem Planfall P1 weitere Ausbau des Stadtbahnsystems (z. B. um Trassen nach Querum, Hondelage oder Rüningen), die Taktverdichtung im ÖV
(Verdopplung der Bedienungshäufigkeiten), die Ausweitung der Tempo-30-Zonen und die Einführung einer Parkraumbewirtschaftung innerhalb des Wilhelminischen Ringes. Insgesamt wird im
Planfall P2 eine Verkehrspolitik der massiven Förderung des ÖPNV, des Radverkehrs und des
Fußverkehrs ohne weiteren kapazitätsfördernden Ausbau des Straßennetzes bei geringen Einschränkungen für den Kfz-Verkehr angenommen.
Die Verkehrsnachfrage in Braunschweig wird sich infolge der im Planfall P2 berücksichtigten
Maßnahmen zusammengefasst wie folgt entwickeln (Abbildung 3.7):
• Die stärksten Zuwächse im Verkehrsaufkommen der Braunschweiger Bevölkerung werden
im öffentlichen Personennahverkehr mit + 17,3 % (+ 30.300 Personenfahrten pro Werktag) erreicht. Der ÖV gewinnt besonders durch den Ausbau des Stadtbahnnetzes mit Beschleunigungsmaßnahmen sowie durch die Taktverdichtung. Zudem profitiert er durch die Parkraumbewirtschaftung innerhalb des Wilhelminischen Ringes. Der Radverkehr steigt gegenüber dem
Planfall P0 um + 13,0 % (+ 15.900 Personenfahrten pro Werktag) an. Der motorisierte Individualverkehr (MIV) der Braunschweiger sinkt gegenüber dem Planfall P0 deutlich um 25.800
Kfz-Fahrten bzw. um 36.600 Personenfahrten pro Werktag ( - 7,9 %).
• Durch die Einführung der Regionalstadtbahnen und Regionaldirektbusse bei gleichzeitiger
flächendeckender Parkraumbewirtschaftung steigt das Verkehrsaufkommen der Fremden bei
den öffentlichen Verkehrsmitteln um 62,3 % (+ 23.800 Personenfahrten pro Werktag) an. Dies
bedeutet für den MIV einen Rückgang um 7,1 %.
• Der motorisierte Verkehr in Braunschweig wird im Planfall P2 insgesamt um 18.300 Personenfahrten pro Werktag gegenüber dem Planfall P0 zurückgehen (- 1,9 %). Der öffentliche
Verkehr steigt um 44.000 Personenfahrten pro Werktag auf 199.000 Personenfahrten pro
Werktag an. Er liegt damit um ca. 30.000 Fahrten bzw. 18 % über dem Wert des Analyse-Falls
1993 und verdoppelt sich bezogen auf das Ergebnis des Planfalls P1. Dabei ist der erreichte
Zuwachs in der Verkehrsnachfrage mit ca. 28 % gegenüber dem Planfall P0 zwar erheblich,
aber deutlich geringer als der investierte Betriebsaufwand mit Steigerungen um 106 %.
Der Kfz-Verkehr sinkt insgesamt um 62.300 Personenfahrten auf 754.900 Personenfahrten pro
Werktag ab und liegt damit geringfügig um ca. 30.000 Fahrten oder 4 % unter den Werten des
Analyse-Falles von 1993.
22
Verkehrsaufkommen in Braunschweig
im Planfall P2
Verkehr der Fremden
Verkehr der Braunschweiger
Planfall P0:
Planfall P0:
38.200
364.500
402.700
12.500
Selbstfahrer Mitfahrer
121.500
243.000
117.200
465.900
217.300
+ 20.300 Selbstfahrer Mitfahrer
379.900
86.000
122.000
922.400
26.600
+0
+0
+ 23.800
+ 15.900
+ 400
+0
mot.
Personenverkehr
Gesamt
Personenverkehr
Gesamt
- 2.100
- 8.300
- 10.800
- 17.600
- 25.800
Selbstfahrer Mitfahrer
354.100
75.200
137.500
(+17,3%)
429.300
(-7,9%)
Selbstfahrer Mitfahrer
225.400
113.200
217.700
(+0,2%)
137.900
(+13,0%)
922.400
(+0%)
26.600
(+0%)
338.600
(-7,1%)
62.000
(+ 62,3%)
400.600
(-0,5%)
Planfall P2:
12.500
(+ 0%)
Planfall P2:
Planfall P0:
155.000
817.200
972.200
39.100
Selbstfahrer Mitfahrer
206.500
610.700
+ 44.000
+0
mot.
Personenverkehr
Gesamt
- 19.000
Gesamtverkehr
in Braunschweig
- 18.300
- 43.300
Planfall P2:
199.000
(+28,4%)
Selbstfahrer Mitfahrer
187.500
567.400
754.900
(-7,6%)
953.900
(- 1,9%)
39.100
(+ 0%)
Personenverkehr: Angaben in Personenfahrten pro Werktag
Lkw-Verkehr: Angaben in Lkw-Fahrten pro Werktag
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Planfall P2
- Veränderungen des Verkehrsaufkommens im Planfall P2
gegenüber dem Planfall P0
Abb.
3.7
23
• Die Verkehrsmittelwahl im motorisierten Verkehr (sog. klassischer modal split) der Braunschweiger und Fremden zusammen beträgt im Planfall P2 MIV:ÖV = 79:21 (zum Vergleich:
Analyse-Fall 1993: 82:18, Planfall P0: 84:16, Planfall P1: 82:18). Während sich die Veränderungen im Planfall P1 i. w. aufgrund der geänderten Verkehrsmittelwahl der Umlandbewohner
ergaben, sind im Planfall P2 ebenso starke Effekte aus Veränderungen des Verhaltens bei der
Braunschweiger Bevölkerung erkennbar.
Verkehrsnetzbelastungen
• Die im Planfall P2 gestiegene Verkehrsnachfrage im Radverkehr bewirkt flächendeckende
Zunahmen der Belastungen im Radverkehrsnetz, die im Bereich der Kernstadt am deutlichsten in Erscheinung treten. Durch den Aufbau eines selbständig und auf eigenen Radwegen
geführten Haupt-Radwegenetzes der Cityverbindungen wird die Attraktivität des Radverkehrs
weiter gesteigert. Die Maßnahmen im Bereich der Innenstadt, vor allem die Freigabe der Fußgängerzone zwischen 20 und 9 Uhr, die Freigabe des alten Cityringes in beiden Fahrtrichtungen und die Freigabe von Einbahnstraßen in beiden Fahrtrichtungen (z. B. Casparistraße), erfahren eine hohe Akzeptanz bei den Fahrradfahrern.
• Im öffentlichen Verkehr zeigen sich deutliche Steigerungen auf den neuen regionalen Verkehrsangeboten mit Regionalstadtbahnen und Regionaldirektbussen. Der weitere Ausbau des
Stadtbahnetzes mit neuen Trassen im Planfall P2 nach Querum, Rautheim, Dibbesdorf / Hondelage, Rüningen und Timmerlah und damit verbunden die Anbindung neuer bzw. geplanter
Siedlungsgebiete stärkt die Stadtbahn als Rückgrat des ÖPNV in Braunschweig. Zudem werden starke Zuwächse durch die unterstellte Taktverdichtung erreicht, die aber relativ betrachtet
deutlich unter den zusätzlichen Betriebsaufwänden liegen, so dass die Besetzungsgrade im ÖV
zurückgehen.
• Das Bild des Kfz-Verkehrs im Planfall P2 wird im Vergleich zum Planfall P0 durch flächendekkende Abnahmen der Belastungen geprägt, die durch Verlagerungen auf den ÖV und den
Radverkehr hervorgerufen werden. Durch die Einrichtung von Vorbehaltsnetzen wird der KfzVerkehr auf den Hauptverkehrsstraßen gebündelt und Wohngebiete vom Verkehr entlastet.
Wirkungen
• Im Bereich Verkehr werden die starken Angebotsverbesserungen für den regionalen ÖV
deutlich, die bereits im Planfall P1 maßgeblich zur Stärkung der ÖPNV-Nachfrage beigetragen
24
Wirkungsprofil Verkehr und Umwelt
- Ausgewählte Kennwerte -
Planfal
Kriterium
Wegeaufwand
Indikator
VerkehrsleistungimMIV
VerkehrsleistungimÖV
VerkehrsleistungimRV
Infrastruktur
UmsteigehäufigkeitimÖV
ErschließungsqualitätimÖV
Kennwert/Bezeichnung
P0
P1
P2
SummeBV[Mio.Pers.km]
2,114
2,046
1,932
SummeQV,ZV[Mio.Pers.km]
8,300
7,896
7,938
SummeBV[Mio.Pers.km]
0,571
0,609
0,726
SummeQV,ZV[Mio.Pers.km]
1,018
1,335
1,420
SummeBV[Tsd.Pers.km]
302,1
351,0
358,0
SummeQV,ZV[Tsd.Pers.km]
6,29
6,92
7,34
DirektfahreranteilBV[%]
69,6
69,3
73,5
DirektfahreranteilQV,ZV[%]
27,3
31,8
30,3
AnteilEinwohnermit
91,0
95,0
95,1
ÖV-Erschließung[%]
StreckenauslastungimMIV-Netz
Mitelwert[%]
42,2
37,8
40,2
KnotenauslastungimMIV-Netz
Mitelwert[%]
61,2
57,9
57,6
Planfal
Kriterium
Indikator
Kennwert/Bezeichnung
P0
P1
P2
21.114
17.235
18.733
Verkehrslärm
Lärmimmissionen
Anzahlbetrofener
Einwohnerüber65dB(A)
Luftschadstofe
CO-Emissionen
Ausstoßinder
Spitzenstunde[kg/h]
220,9
216,6
225,1
NOx-Emissionen
Ausstoßinder
Spitzenstunde[kg/h]
245,1
245,8
257,6
CHx-Emissionen
Ausstoßinder
Spitzenstunde[kg/h]
58,3
58,3
59,5
Energieund
Kraftstofverbrauch
VerbrauchproJahr[t/Jahr]
102.465
102.033
100.425
CO2-Emi.
CO2-Emissionen
AusstoßproJahr[t/Jahr]
322.210
321.303
315.961
Trennwirkung
Warte-/Verlustzeiten
Anzahlbetrofener
Einwohnerüber30s
Trennwirkung
28.610
28.136
28.650
Verkehrssicherheit
Unfalrisiko
6
<1Unfalje10
Kfz-Km
proStrecken-km[km]
123,3
139,8
115,6
Erläuterungen:
BV:
QV,ZV:
(ohneZusatz):
KennwertbezogenaufFahrtenimBinnenverkehrvonBraunschweig
KennwertbezogenaufFahrtenimQuell-undZielverkehrvonBraunschweig
KennwertbezogenaufalleNetzstreckeninBraunschweig
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Ausgewählte Kennwerte der Wirkungsprofile Verkehr und Umwelt
in den Planfällen P0, P1 und P2
Abb.
3.8
25
haben. Im Planfall P2 zeigen sich aber auch deutliche Nachfragesteigerungen im Binnenverkehr Braunschweigs mit einer weiteren Zunahme der Verkehrsleistung im ÖV und des Direktfahreranteils. Bedingt durch die modalen Verlagerungen vom MIV auf den ÖPNV und das Fahrrad werden gegenüber dem Planfall P0 Reduzierungen in den Strecken- und Knotenauslastungen erreicht, die die im Planfall P1 infolge Ausbau der Stadtautobahnen erzielten Werte nahezu
erreichen (Abbildung 3.8).
• Die Erreichbarkeit der Braunschweiger Innenstadt wird vor allem für Fahrten mit öffentlichen
Verkehrsmitteln und dem Fahrrad gegenüber dem Planfall P1 weiter verbessert. Auch mit dem
Pkw ist die Braunschweiger Innenstadt weiterhin sehr gut erreichbar, lediglich der Zeitaufwand
für Fahrten in die Innenstadt mit dem Pkw wird geringfügig größer, so dass die PkwErreichbarkeit gegenüber dem Planfall P0 leicht absinkt.
• Das Wirkungsprofil im Bereich Umwelt erreicht nahezu die gleichen Werte wie im Planfall P1,
z. B. mit deutlichen Abnahmen in der Anzahl Einwohner, die von Lärmimmissionen über 65
dB(A) betroffen sind. Sie resultieren aber im Gegensatz zum Planfall P1 weniger aus Verlagerungen durch Straßenbaumaßnahmen, sondern stärker aus Effekten der modalen Verlagerung
bei gleichzeitiger Verringerung der Kfz-Geschwindigkeiten.
26
4
Empfohlenes Handlungskonzept für eine nachhaltige Stadt- und Verkehrsentwicklung
4.1
Handlungsstrategien
Verkehr ist einerseits Voraussetzung für eine dynamische Wirtschafts- und Stadtentwicklung,
andererseits droht der unaufhaltsam zunehmende Autoverkehr mit seinem hohen Flächenbedarf
und seinen Emissionen jedoch unsere Städte zu ersticken. Da innerhalb der Stadtgebiete und
insbesondere in den Innenstädten die Straßeninfrastruktur kaum noch ausgeweitet werden kann,
sind zumindest dort andere Maßnahmen erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des notwendigen
Straßenverkehrs - dazu gehören neben dem Fuß- und Fahrradverkehr der Güter- und Personenwirtschaftsverkehr sowie der öffentliche Verkehr durch Busse und Straßenbahnen - zu erhalten
bzw. zu verbessern.
Das Ziel einer stadtverträglichen, d. h. einer sozial, ökologisch und ökonomisch orientierten Stadtund Verkehrsplanung kann somit nicht die Erhaltung oder Steigerung der Automobilität sein, sondern muss vielmehr in die Erhaltung bzw. Verbesserung der Erreichbarkeit der verschiedenen
Einrichtungen und Lebensräume in der Stadt sein. Dort, wo aufgrund der vielfältigen Nutzungsansprüche an den Straßenraum dessen Kapazitäten nicht ausreichen, z. B. in Innenstädten, kann die
Erreichbarkeit auf Dauer nur durch Priorisierung des öffentlichen und nichtmotorisierten Verkehrs
garantiert werden.
Daraus wiederum resultiert die Notwendigkeit, den in der Zukunft insgesamt weiter zunehmenden
motorisierten Individualverkehr (MIV), seine Verkehrsleistung (Fahrzeugkilometer) und seine
negativen Wirkungen in solchen Problembereichen möglichst zu reduzieren, ohne die Erreichbarkeiten einzuschränken bzw. mit dem Ziel, diese zu verbessern. Das ist erreichbar durch
• Vermeidung von Kfz-Verkehr, d. h. Vermeidung von Kfz-Fahrten (z. B. durch Fahrgemeinschaften anstelle von Einzelfahrten) oder Verkürzung von Kfz-Fahrten (z. B. durch Wahl näher
gelegener Ziele),
• Verlagerung von Kfz-Verkehr auf andere Verkehrsmittel (öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradoder Fußverkehr) oder/und
• verträgliche Abwicklung des nicht verlagerbaren, notwendigen Kfz-Verkehrs (z. B. durch
Verkehrslenkung).
Diese Strategien sind auf verschiedenen Handlungsfeldern umsetzbar (vgl. Abbildung 4.1), die im
folgenden behandelt werden.
27
Handlungsfelder
zu einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung
in der Stadt Braunschweig
Öffentlichkeitsarbeit
Integriertes Verkehrsmanagement und Telematik
Verknüpfung der
Verkehrssysteme
Organisatorische
Maßnahmen für den
Güterverkehr
Stadtverträgliche Abwicklung des
motorisierten Individualverkehrs
(MIV)
Verbesserung des Angebotes
für den Öffentlichen
Personennahverkehr
(ÖPNV)
Verbesserung des
Angebotes für den nichtmotorisierten Verkehr
(Rad- und Fußverkehr)
Verkehrsreduzierende Regional- und Bauleitplanung
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Handlungsfelder zu einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung in der Stadt Braunschweig
28
Abb.
4.1
4.2
Verkehrsreduzierende Regional- und Bauleitplanung
4.2.1 Generelle Empfehlungen
Eine Hauptursache für die starke Zunahme vor allem des motorisierten Individualverkehrs während der letzten Jahrzehnte in den Verdichtungsräumen ist die Stadt-Umland-Wanderung, d. h.
der Wohnsitzwechsel vieler Einwohner in das Umland. Diese Entwicklung wirkt sich in zweifacher
Hinsicht verkehrssteigernd aus: Erstens werden viele Aktivitäten (z. B. Arbeiten, Ausbildung usw.)
weiterhin an den alten Standorten in der Stadt ausgeübt und erfordern nunmehr wesentlich längere Anfahrten. Zweitens werden diese Fahrten wegen des schlechteren ÖPNV-Angebotes im Umland zum weitaus größten Teil mit dem Pkw durchgeführt. Die Verlagerung des Wohnsitzes in das
Umland ist bekanntlich häufig die direkte Ursache für die Anschaffung eines weiteren Autos in der
Familie.
Die Schätzungen für den Einwohnerverlust der Stadt Braunschweig vom Analysejahr 1993 bis
zum Prognosejahr 2010 reichen von mindestens 17.000 bis zu über 40.000 Einwohnern. Die
Berechnungen zum VEP haben ergeben, dass allein der gemäß offizieller Schätzung des Amtes
für Statistik der Stadt Braunschweig zugrunde gelegte Verlust von 17.000 Einwohnern an das
Umland bis zum Jahr 2010 (Stand 1995) einen Anstieg der Kfz-Verkehrsleistung um rd. 250.000
Kfz-km pro Werktag mit all seinen nachteiligen Wirkungen bedeutet.
Die Ursachen der Stadt-Umland-Wanderung sind vielfältig. In ihr lassen sich Push- und PullEffekte unterscheiden. Von primärer Bedeutung sind dabei Pull-Faktoren („ziehende Einflüsse“),
wie beispielsweise die gestiegenen Ansprüche an die Wohnung. So stieg die Wohnfläche pro
2
2
Person im Bundesdurchschnitt von 15 m im Jahr 1960 auf 38 m im Jahr 1990. Das eigene
„Haus im Grünen“ ist nach wie vor das Idealbild vor allem junger Familien mit Kindern. Die Verwirklichung dieses Ideals ist allein aus finanziellen Gründen im Umland wesentlich leichter möglich, da dort die Grundstückspreise i. a. deutlich geringer sind als im Stadtgebiet. Mit der Einsparung läßt sich leicht die Anschaffung eines Erst- oder Zweitautos realisieren, das wegen der meist
unzureichenden öffentlichen Verkehrsverbindungen im Umland i. a. auch notwendig ist.
Aber nicht nur Pull-, sondern auch Push-Faktoren („schiebende Einflüsse“) sind für die StadtUmland-Wanderung von Bedeutung. So übt beispielsweise die Umwidmung von Wohnraum in
gewerblich genutzte Einheiten in attraktiven und gut erreichbaren Innenstadtgebieten einen Verdrängungseffekt aus. Aber vor allem der zunehmende Autoverkehr, vor allem der aus dem Umland, führt in Form von erhöhten Lärm- und Umweltbelastungen sowie gesteigertem Unfallrisiko zu
einer Verschlechterung der Wohnumfeldbedingungen und veranlasst besonders Familien mit
29
Kindern zur Stadtflucht. Auf diese Weise wird ein Kreislauf in Gang gesetzt und am Leben erhalten, der letztlich zu einer ständigen Verschlechterung der Lebensbedingungen für die gesamte
Bevölkerung führt.
Die vordringlichste Aufgabe - gerade unter dem Gesichtspunkt einer umweltverträglichen Verkehrsplanung - sollte es somit sein, der Stadtflucht entgegenzuwirken. Der Nutzen einer solchen Lösungsstrategie ist zweifach: Erstens wird eine Verlängerung der notwendigen Fahrten zur Arbeit,
Ausbildung, Versorgung und Freizeit verhindert, so dass insbesondere Kfz-Verkehr vermieden
wird. Zum anderen werden Wege im Stadtgebiet zu höheren Anteilen zu Fuß, mit dem Fahrrad
oder wegen des besseren ÖPNV-Angebots mit öffentlichen Verkehrsmitteln abgewickelt, was zu
einer weiteren Einsparung an Kfz-Verkehr führt.
Sollen Abwanderungen ins Umland verhindert und junge, bauwillige Familien stärker als bisher in
Braunschweig gehalten werden, ist somit die Ausweisung von preiswertem Bauland in der Stadt auch für den Einfamilienhausbau - und die Sanierung von Altbaugebieten und ehemaligen Industrieflächen erforderlich. Nur so ist die fortschreitende Stadt-Umland-Wanderung als eine der
gravierendsten Ursachen der Verkehrszunahme, insbesondere des Kfz-Verkehrs mit all seinen
Folgen, zu stoppen. Die hierfür notwendigen Flächen sind im Stadtgebiet von Braunschweig vorhanden. Notwendig wäre daher auch eine abgestimmte und gemeinsame Bauleitplanung aller
kommunalen Gebietskörperschaften in der Region im Rahmen einer wirksamen Regionalplanung
an Stelle der heute vorherrschenden „Bürgermeisterplanung“, nach der jede Gemeinde Bauland
nach eigenem Gutdünken ausweist und somit dem Flächenfraß mit der Folge eines Maximums an
Verkehr Vorschub leistet.
Aber auch im städtischen Bereich führt die Ausweisung in Gebieten, die durch den ÖPNV nicht
oder nicht gut erschlossen sind, notwendigerweise zu einer Zunahme der Motorisierung und des
Autoverkehrs und daher früher oder später zur Forderung nach weiterem Ausbau der Straßeninfrastruktur. Auch dann, wenn - wie häufig feststellbar - die Erschließung eines Neubaugebietes
durch den ÖPNV nachhinkt, sind die Entscheidungen nichtmotorisierter Familien gegen einen
Umzug in dieses Gebiet ebenso gefallen, wie die Entscheidung für ein (Zweit- oder Dritt-) Auto der
dort zugezogenen. Generell soll eine Entwicklung von Baugebieten entlang leistungsfähiger und
attraktiver ÖV-Achsen betrieben werden. Sind diese nicht vorhanden, sollte eine zukünftige Anbindung berücksichtigt werden. Auch eine ÖV-gerechte Bebauungsplanung, die eine gute innere
Erschließung mit den Verkehrsmitteln des ÖV ermöglicht, ist anzustreben.
Ein Grundprinzip der Bauleitplanung muss zudem eine gute Mischung von Nutzungen und Funktionen sein, die erheblich zur Verkehrsvermeidung in der Stadt beitragen kann ( Das Idealbild ist
30
die sog. „Stadt der kurzen Wege“). Die Vielzahl dezentraler Versorgungseinrichtungen führt dabei
zu einer wirksamen Verkehrsvermeidung, da zum einen generell kürzere Wege, z. B. zum Einkaufen, notwendig werden, zum anderen diese kurzen Wege bei entsprechender Infrastruktur
häufiger zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können. Stadtteilzentren sind deshalb
zu erhalten, zu stärken bzw. an neuen Siedlungsschwerpunkten neu anzulegen.
4.2.2 Maßnahmenempfehlung
Die aufgezeigten Zusammenhänge führen zu folgenden allgemeinen Handlungsempfehlungen im
Bereich der Bauleitplanung:
Þ Ausweisung von preiswertem Bauland in der Stadt Braunschweig, auch für Einfamilienhäuser
Þ Sanierung von Altbaugebieten und ehemaligen Industrieflächen
Þ Nutzungsmischung und Schaffung dezentraler Versorgungseinrichtungen
Þ Entwicklung von Baugebieten entlang leistungsfähiger und attraktiver ÖV-Achsen
Þ Bebauungsplanung mit ÖV-gerechter innerer Erschließung und zeitnaher Realisierung
Þ Abgestimmte und gemeinsame Bauleitplanung aller kommunalen Gebietskörperschaften der Region im Rahmen einer wirksamen Regionalplanung
Unter dem oben angeführten verkehrlichen Aspekt einer Entwicklung von Baugebieten entlang
leistungsfähiger und attraktiver ÖV-Achsen ist die Realisierung folgender Neubaugebiete besonders zu empfehlen:
• Wenden:
Wenden-West und Lupinenweg (bereits im Bau),
• Broitzem:
Osterbeek, Donaustraße-Südost (bereits im Bau),
• Stöckheim:
Im Meer (bereits im Bau) und Am Zoo (bei gleichzeitiger Verlängerung der
Stadtbahn),
• Volkmarode: Volkmarode-Nord (bei gleichzeitiger Verlängerung der Stadtbahn),
• Möncheberg (bei gleichzeitiger Verlängerung der Stadtbahn),
• sowie die innenstadtnahen Gebiete wie Frankfurter Straße-Ost und Calvördestraße (bereits im
Bau).
31
Dagegen ist eine gute ÖPNV-Erschließung für die geplanten Neubaugebiete Lammer Busch mit
rd. 1.400 Wohneinheiten und Stöckheimer Forst mit rd. 1.700 Wohneinheiten aufgrund ihrer Lage
abseits von bereits bestehenden, starken ÖV-Trassen nur unter erheblichem zusätzlichen betrieblichen oder infrastrukturellem Aufwand (z. B. bei der Einrichtung neuer Buslinien oder der Verlängerung von Stadtbahnlinien) zu realisieren.
Das Neubaugebiet Stöckheimer Forst, das in den Berechnungen zu den Planfällen ebenfalls
berücksichtigt wurde, soll nach den neuesten Planungen ohnehin erst zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden.
32
4.3
Verbesserung des Angebots für den öffentlichen Personennahverkehr
4.3.1 Generelle Empfehlungen
Wie die Bestandsaufnahme des Verkehrs in Braunschweig gezeigt hat, werden rd. 40 % der MIVFahrten in Braunschweig von Umlandbewohnern verursacht. Bei den stadtgrenzenüberschreitenden Fahrten (Quell- und Zielverkehre) beträgt der Verkehrsanteil der Umlandbewohner sogar rd.
75 %. Die Ergebnisse des Prognose-Null-Falles für das Jahr 2010 zeigen zudem - insbesondere
als Folge der Stadt-Umland-Wanderungen - eine deutliche Zunahme des Verkehrs von Umlandbewohnern in die Stadt Braunschweig, so vor allem im MIV mit rd. 10 %, aber auch im ÖPNV mit
über 4 % gegenüber dem Analysezustand.
Während Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger heute von vier motorisierten Fahrten innerhalb
des Stadtgebiets eine mit öffentlichen Verkehrsmitteln und drei mit dem Auto durchführen, wählen
sowohl die Stadt- als auch die Umlandbewohner bei neun von zehn Fahrten zwischen Stadt- und
Umland das Auto. Angesichts dieser Entwicklung einer zu erwartenden zahlenmäßig starken
Zunahme des MIV im Stadt-Umland-Verkehr ist die räumliche Erschließung des Umlands mit
einem attraktiven regionalen öffentlichen Nahverkehrssystem eine der wichtigsten Aufgaben
für die Zukunft. Neben der räumlichen sollte auch die zeitliche Erschließung durch nutzergerechte
Zeittakte auf den Nahverkehrsverbindungen und Zubringerfunktionen verbessert werden.
Die Potenziale für den ÖPNV sind im regionalen Verkehr größer als sie allgemein vermutet werden. Da ist zunächst ein Potenzial von rd. 40 Prozent nicht motorisierter Einwohner in den Nachbargemeinden, deren Aktionsraum weitgehend auf die eigene Gemeinde beschränkt ist. Gerade
für den Einzelhandel des Oberzentrums Braunschweig ist damit ein Kundenpotenzial vorhanden,
dessen Kaufkraftpotenzial gemeinhin unterschätzt wird und das mit Hilfe eines attraktiven regionalen ÖPNV-Angebots wenigstens teilweise erschlossen werden kann. Hinzu kommt neben dem
zunehmenden Berufs- und Ausbildungsverkehr aus dem Umland der besonders stark wachsende
Freizeitverkehr, der durchaus auf entsprechend abgestimmte ÖPNV-Angebote reagieren kann.
Das vom Zweckverband Großraum Braunschweig geplante regionale ÖPNV-System mit RegioStadtBahn- und schnellen Direktbusverbindungen, einem einheitlichen Tarifsystem, Fahrplan
sowie Informations- und Marketingsystem, ist ein Meilenstein auf dem Weg in die richtige Richtung. Ein erster Schritt ist mit der Einführung des Tarifverbundes zum 1. November 1998 bereits
unternommen worden. Dem entwickelten Langfristkonzept zufolge soll ein RegionalstadtbahnSystem (RegioStadtBahn) das Oberzentrum mit den Mittelzentren der Region verbinden und das
Rückgrat eines umwelt- und stadtverträglichen ÖPNV zwischen Umland und Stadt bilden. Weitere
33
wichtige Verflechtungen zwischen Stadt und Umland sollen durch ein Direktbussystem bedient
werden, wobei auf direkten Linienwegen ein attraktiver Fahrplantakt angeboten wird. In den Umlandgemeinden fungiert ein flächenerschließendes Lokalbusnetz als Verbindung zwischen den
Umlandgemeinden sowie als Zubringer zu den übergeordneten Systemen der Regionalbahn und
des Direktbusses. Alle Systeme werden in einem Integrierten Taktfahrplan betrieblich aufeinander
abgestimmt.
Für den städtischen ÖPNV haben die Berechnungen gezeigt, dass bis zum Jahr 2010 ohne
zusätzliche fördernde Maßnahmen mit einem Rückgang der ÖV-Nutzung in Braunschweig gerechnet werden muss. Dieser Verlust resultiert zum einen aus der insgesamt zurückgehenden
Bevölkerung, zum anderen aus dem steigenden Anteil von Personen mit Pkw, vor allem bei den
Älteren und bei den Frauen. Die ÖPNV-Unternehmen müssen sich deshalb in der Zukunft stärker
als bisher um Personen bemühen, die nicht ausschließlich auf den ÖV angewiesen sind. Rd. zwei
Drittel der werktäglichen MIV-Fahrten der Braunschweiger Bevölkerung weisen Fahrtweiten von
mehr als 3 km auf. Bei 40 bis 50 Prozent dieser MIV-Fahrten sind die Verkehrsteilnehmer wegen
objektiv nachvollziehbarer Sachzwänge (z.B. Transport von Gegenständen) auf die Nutzung des
Autos angewiesen. Die restlichen 30 bis 35 Prozent der MIV-Fahrten bilden ein großes Verlagerungspotenzial, das jedoch nur mit einem attraktiven und konkurrenzfähigen ÖPNV-Angebot erschlossen werden kann. Aber nicht nur das infrastrukturelle und betriebliche Angebot, also das
Produkt selbst, ist für einen Erfolg von Bedeutung, sondern auch das entsprechende Marketing,
d.h. auch eine verbesserte Information und ein besseres Image, die beide wiederum nur über eine
verbesserte Öffentlichkeitsarbeit möglich sind (vgl. dazu Kap. 4.9). So kann beispielsweise die
Einführung eines dynamischen Fahrgastinformationssystems (Auskunftssystem, Verspätungsanzeige an Haltestellen etc.), besonders bei Personen, die nicht ständig den ÖV nutzen, die Attraktivität des ÖV steigern.
Trotzdem können diese Bemühungen nur erfolgreich sein, wenn das ÖPNV-Angebot attraktiver
gestaltet werden kann. Das ist wiederum nur möglich mit einer Priorisierung des öffentlichen Verkehrs gegenüber dem MIV. Wesentliche Elemente sind hierbei die Beschleunigung der Stadtbahn
und Busse (z.B. durch LSA-Beeinflussung) besonders im Bereich der erweiterten Innenstadt,
durch Schaffung weitestgehend unabhängig geführter Fahrwege in diesen Bereichen durch die
Einrichtung von Busspuren und Busschleusen.
Zusammengefaßt ist die Verbesserung des ÖPNV-Angebotes erforderlich in Bezug auf:
• die räumliche Verfügbarkeit, d. h. ein entsprechend dichtes Linien- und Haltestellennetz,
34
• die zeitliche Verfügbarkeit, d. h. ein entsprechend dichter Fahrplantakt auch in den Abendstunden sowie Sicherung der Anschlüsse für Umsteiger,
• Beschleunigung der öffentlichen Verkehrsmittel durch getrennten Gleiskörper für Schienenfahrzeuge und Busspuren in Staubereichen,
• Fahrgastinformation vor Fahrtantritt und an den Haltestellen,
• Komfort in den eingesetzten Fahrzeuge und an Haltestellen,
• Sicherheit der Fahrgäste in den Fahrzeugen und an Haltestellen,
• ein attraktives Tarifsystem.
Das Rückgrat des die gesamte Region erschließenden öffentlichen Nahverkehrssystems bildet
das Schienenverkehrssystem mit Regionalbahnen, Regionalstadtbahnen und Stadtbahnen. Diese
Einrichtung ist – vor dem Hintergrund der zu erwartenden räumlichen Siedlungsentwicklung - eine
nützliche Investition in die Zukunft, deren Wert nicht nur an den Investitions- und Betriebskosten
gemessen werden sollte, sondern auch an einsparbaren Straßeninfrastruktur- und Umweltkosten
sowie am Nutzen der Gewährleistung der Erreichbarkeit der Stadt in der Zukunft. Gerade wenn es
gelingt, die wichtigsten Nahverkehrsverbindungen fahrwegunabhängig vom Individualverkehr zu
führen, bleibt die Stadt und insbesondere die Innenstadt nicht nur für die Fahrgäste des ÖPNV
erreichbar, sondern schafft zugleich den erforderlichen freien Raum für den notwendigen MIV. Da
ÖPNV-Einrichtungen besonders lange Zeithorizonte bis zu ihrer Umsetzung aufweisen, ist mit
ihrer Planung möglichst frühzeitig zu beginnen.
4.3.2 Infrastrukturelle Maßnahmen
Þ Aufbau eines regionalen ÖPNV-Systems
Der Aufbau eines integrierten regionalen öffentlichen Nahverkehrssystems ist eine der vordringlichsten Aufgaben der Verkehrsplanung in der Region Braunschweig. Wie die Verkehrsanalyse
gezeigt hat, wird ein erheblicher Teil des Verkehrs in der Stadt Braunschweig von den Bewohnern
des Umlandes verursacht. Dieser Anteil wird durch die anhaltende Stadt-Umland-Wanderung
zukünftig noch ansteigen. Die Analysen haben auch gezeigt, dass die heutige Nutzung des ÖPNV
von und nach Braunschweig aufgrund des unzureichenden Fahrtenangebotes nur sehr gering ist.
Deshalb müssen attraktive Verbindungen mit schnellen und direkten Fahrten in das Oberzentrum
aufgebaut werden. Dies ermöglichen die geplanten Regionalstadtbahnen und Regionaldirektbusse, die die Bewohner aus der Region ohne Umsteigen direkt in die Kernstadt von Braunschweig
bringen. Wie die Berechnungen zu den Planfällen P1 und P2 gezeigt haben, ist damit eine Zu-
35
nahme im ÖV im Verkehr der Umlandbewohner um rd. 50 - 60 % möglich, wodurch der ÖV-Anteil
im Umlandverkehr von 9 % auf mindestens 15 % ansteigt. Dabei ist noch nicht berücksichtigt,
dass sich die Verkehrsnachfrage im ÖV über entsprechende öffentlichkeitswirksame Maßnahmen
noch steigern lässt (siehe Kap. 4.9).
Die Erfahrung bei ähnlichen, bereits realisierten Regionalstadtbahnprojekten zeigen deshalb auch
weit höhere ÖV-Wachstumsraten als die für Braunschweig berechneten. So wurden beispielsweise in Karlsruhe und in Saarbrücken in wenigen Jahren Zuwachsraten von bis zu 500 Prozent
gegenüber dem vorher bestehenden Busangebot erreicht.
Die schrittweise Einführung eines Regionalstadtbahnsystems als Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs für die Region Braunschweig wird dringend empfohlen. Grundlagen dazu sind
bereits in der Studie „Regionales integriertes Verkehrskonzept für den Großraum Braunschweig“
im Auftrag des Zweckverbandes Großraum Braunschweig (ZGB) erarbeitet und im Nahverkehrsplan in kurz- bis mittelfristige Maßnahmen verdichtet worden. Aus der zu erwartenden Verkehrsnachfrage läßt sich zunächst die Einführung der folgenden Regionalstadtbahnen ableiten:
• Regionalstadtbahn nach Gifhorn,
• Regionalstadtbahn nach Wendeburg,
• Regionalstadtbahn nach Wolfenbüttel - Goslar / Bad Harzburg
Daran anschließend sollten die Regionalstadtbahnen nach Wolfenbüttel - Helmstedt, SalzgitterLebenstedt/Fredenberg sowie später nach Wolfsburg realisiert werden.
Die Einrichtung von zusätzlichen Haltestellen im Stadtgebiet von Braunschweig wie z. B. QuerumPepperstieg und Bienrode-Zentrum (RSB Gifhorn) oder Rüningen und Leiferde (RSB Salzgitter
und RSB Wolfenbüttel) muss im Einzelfall überprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass keine
Parallelangebote z. B. durch eine Stadtbahnverlängerung nach Querum bei gleichzeitigem Einrichten eines Haltepunktes für die Regionalstadtbahn am Pepperstieg entstehen.
Das Regionalstadtbahnsystem ist durch die Einrichtung von Regionaldirektbuslinien zu ergänzen. Bezogen auf Braunschweig sind dies die Direktbuslinien:
• Direktbuslinie Braunschweig - Vechelde
• Direktbuslinie Braunschweig - Cremlingen
• Direktbuslinie Braunschweig - Sickte
• Direktbuslinie Braunschweig - Groß Schwülper
• Direktbuslinie Braunschweig - Wolfenbüttel über Salzdahlum
36
• Direktbuslinie Braunschweig - Wolfenbüttel über SZ-Thiede
• Direktbuslinie Braunschweig - Wolfsburg (als Vorläufer der Regionalstadtbahn)
Mit der Einrichtung direkter und schneller regionaler Verkehrsangebote muss gleichzeitig eine
Verbesserung des Fahrplantaktes und eine Ausweitung der Betriebszeiten verbunden sein (wie im
Nahverkehrsplan und in den Planfallberechnungen bereits enthalten). In den Umlandgemeinden
muss gleichzeitig ein flächenerschließendes Lokalbusangebot aufgebaut werden, das die Zubringerfunktion zu den übergeordneten Systemen Regionalstadtbahn und Regionaldirektbus
übernimmt.
Þ Ausbau des Stadtbahnsystems
Den Untersuchungen zum Ausbau des Stadtbahnsystems liegt das Stadtbahnkonzept der Stadt
Braunschweig zugrunde. Neben den bereits bestehenden Streckenabschnitten wurden auch
solche Abschnitte, die bereits zur Realisierung beschlossen sind, für die Planfälle P1 und P2 als
vorhanden vorausgesetzt: Stadtbahntrasse Wendentor (im Bau), Gliesmaroder Straße (im Bau),
Fallersleber Straße, Heinrich-Büssing-Ring, Stöckheim und die westliche Innenstadtstrecke über
die Goerdelinger-/Brabandtstraße.
Darauf aufbauend sind in den Planfällen P1 und P2 folgende zusätzlichen Trassen auf ihre verkehrlichen Wirkungen hin untersucht worden:
• Stadtbahnverlängerung nach Wenden-Bf. (P1 und P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Volkmarode-Nord (P1 und P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Mascherode / Stöckheimer Forst (P1 und P2)
• Stadtbahntrasse Lehndorf / Kanzlerfeld in 2 Varianten (P1 und P2)
• Stadtbahntrasse Salzdahlumer Straße - Hallestraße - Sachsendamm (P1 und P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Querum in 2 Varianten (P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Rautheim (P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Timmerlah (P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Dibbesdorf / Hondelage (P2)
• Stadtbahnverlängerung nach Rüningen in 2 Varianten (P2)
Die Berechnungen der Planfälle bringen wichtige Erkenntnisse über die zu erwartende Verkehrsnachfrage auf den geplanten Stadtbahntrassen. Eine erweiterte Bewertung der Einzelmaßnahmen, die zusätzliche Nutzenelemente ebenso wie Kostenelemente ausweisen würden, sollte im
Rahmen einer anzuschließenden Machbarkeitsstudie unter Anwendung des Verfahrens der Stan-
37
dardisierten Bewertung vorgenommen werden. Bei der Beurteilung der Einzelmaßnahmen muss
beachtet werden, dass die in den Planfällen gemeinsam berücksichtigten Maßnahmen streng
genommen nur in ihrer Gesamtheit zu den ermittelten Wirkungen führen.
Bezogen auf die zusätzliche Verkehrsnachfrage im ÖV zeigen sich zusammengefasst folgende
wesentlichen Ergebnisse:
• Die stärksten Nachfragesteigerungen im ÖV mit insgesamt rd. 2.600 neuen Fahrgästen pro
Werktag (gegenüber dem Planfall P0) werden im Planfall P1 mit der Verlängerung der Stadtbahn von der Helmstedter Straße nach Mascherode / Stöckheimer Forst erreicht. Hierin ist
auch die Realisierung des Neubaugebietes Stöckheimer Forst mit rd. 1.700 Wohneinheiten
unterstellt. Ohne das geplante Neubaugebiet würde die Nachfragesteigerung auf der Linie nur
noch rd. 1.200 Fahrgäste pro Werktag betragen.
• Auch auf den Achsen der Stadtbahn Salzdahlumer Straße (Zunahme um 1.200 Personen pro
Werktag) und der Stadtbahn Lehndorf / Kanzlerfeld (Zunahme um 1.700 Personen) zeigen sich
deutliche Nachfragesteigerungen im ÖV, die aber gegenüber dem Planfall P0 geringer ausfallen, da diese Achsen bereits im P0 über ein gutes ÖV-Angebot verfügen.
• Im Planfall P2 mit Taktverdichtung, Beschleunigung etc. zeigen sich die stärksten Zuwächse
ebenfalls für die Stadtbahnen Mascherode / Stöckheimer Forst (Zunahme um 4.500 Personen)
sowie Lehndorf / Kanzlerfeld (+ 3.700 Personen), Stadtbahn Salzdahlumer Straße (+ 2.600)
und Volkmarode-Nord (+1.300 Personen).
• Insgesamt weisen die Ortslagen Stöckheimer Forst, Möncheberg, Lehndorf (Hildesheimer Str.),
Bebelhof (Salzdahlumer Str.) und Volkmarode überdurchschnittliche ÖV-Zuwachsraten in den
Planfällen P1 und P2 gegenüber dem Planfall P0 auf.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Besetzung der Fahrzeuge, die sich aus der Verkehrsbelastung und der Anzahl der angebotenen Fahrten herleitet. Für das gesamte Stadtbahnsystem
errechnet sich für den Planfall P1 im Mittel eine Besetzung von 26 Reisendenkilometer je Fahrzeugkilometer (Rkm/Fkm), wobei die Fahrzeugbesetzungen auf den verschiedenen Streckenabschnitten zwischen 6 Rkm/Fkm auf dem Abschnitt Volkmarode - Volkmarode-Nord und 39
Rkm/Fkm auf der südlichen Hamburger Straße schwanken (nur Strecken außerhalb der Innenstadt). Bei den im Planfall P1 bzw. Planfall P2 zusätzlich berücksichtigten Stadtbahntrassen zeigen sich auf folgenden Abschnitten hohe Verkehrsbelastungen und Fahrzeugbesetzungen:
• Stadtbahnverlängerung nach Mascherode/Stöckheimer Forst im Abschnitt bis zur Südstadt
(Anschluß Möncheberg) mit einer mittleren Belastung von 6.000 Personen / Werktag bzw. 29
Rkm/Fkm (P1),
38
• Stadtbahntrasse Salzdahlumer Straße mit einer mittleren Belastung von 6.700 - 8.000 Personen / Werktag bzw. 28 Rkm/Fkm (P1),
• Stadtbahntrasse nach Lehndorf-Kanzlerfeld mit einer mittleren Belastung von 4.600 - 5.500
Personen / Werktag bzw. 22 Rkm/Fkm (P1).
In der Untersuchung von Varianten zur Streckenführung ergaben sich folgende Erkenntnisse:
• die Führung der Stadtbahn Querum über die Trasse Querumer Straße (Planfall P2) zeigt eine
höhere Verkehrsbelastung als die untersuchte Variante als Verlängerung der Siegfriedstraße Ottenroder Straße (Planfall P2.1) bei vergleichbarem Betriebsaufwand;
• die Führung der Stadtbahn Lehndorf / Kanzlerfeld über die Werksteig-Trasse bewirkt trotz des
gefahrenen Umwegs zur Erschließung weiterer Verkehrspotenziale und des damit verbundenen
höheren Betriebsaufwandes keine größere Verkehrsnachfrage als bei der direkten Trassenführung über Rudolfsplatz und Hildesheimer Straße, die zudem noch kürzere Reisezeiten für die
Verbindung Lehndorf - Innenstadt bietet;
• die Führung der Stadtbahn Rüningen über den Westbahnhof bewirkt ebenfalls nur marginale
Veränderungen bei der Verkehrsnachfrage, sie weist jedoch einen deutlich höheren Betriebsaufwand gegenüber der Führung über die Trasse Am Alten Bahnhof - Theodor-HeussStraße auf.
Generell kann angemerkt werden, dass sich systembedingt auf den Endästen der Stadtbahntrassen geringe Belastungen einstellen. Da sich die Ziele der Fahrten häufig in der Innenstadt befinden, tragen diese Fahrgäste aber auch zu einer höheren Besetzung auf den innenstadtnäheren
Streckenabschnitten bei. Insofern führt der Anschluss neuer Siedlungsbereiche (Bestand oder
Neubau) dem Stadtbahnsystem bzw. dem gesamten ÖV-System immer auch neue Fahrgäste zu.
Im Einzelfall sollte geprüft werden, ob es gesamtwirtschaftlich günstiger ist, z. B. ein Neubaugebiet
in einem Außenbereich direkt über eine Stadtbahnverlängerung oder über einen Bus-Zubringer mit
Umstieg für die Fahrgäste anzubinden. Dabei werden Umsteigevorgänge von Fahrgästen aber
immer als negativ empfunden und führen letztlich zu Nachfrageverlusten.
Aus den Erkenntnissen der Planfall-Untersuchungen hinsichtlich der zu erwartenden bzw. der neu
gewonnenen ÖV-Nachfrage wird folgende Prioritätenreihung für die in den Planfällen P1 und P2
untersuchten Stadtbahnlinien vorgenommen (Abbildung 4.2):
39
Die Prioritätsstufe 1 enthält solche Streckenabschnitte, die aufgrund der zu erwartenden Besetzungen und der neu gewonnenen ÖV-Nachfrage unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten
Vorteile erwarten lassen und daher zur weiteren Untersuchung vordringlich empfohlen werden:
• Stadtbahntrasse Salzdahlumer Straße - Hallestraße - Sachsendamm
mit Führung der Linien zum Heidberg
• (Stadtbahnverlängerung Mascherode / Stöckheimer Forst
nur bei Erschließung der Neubaugebiete Möncheberg, Mascherode-Schmiedeweg und Stöckheimer Forst)
Die Prioritätsstufe 2 enthält solche Streckenabschnitte, die aufgrund der ermittelten Nachfrage
zu einer weiteren Untersuchung ebenfalls empfohlen werden:
• Stadtbahnverlängerung nach Volkmarode-Nord
nur bei Erschließung des Neubaugebietes Volkmarode-Nord
• Stadtbahntrasse Lehndorf / Kanzlerfeld,
mit Trassenführung über Rudolfplatz und Hildesheimer Straße
• Stadtbahnverlängerung nach Rüningen (Abschnitt bis Frankfurter Straße)
mit Trassenführung über Am Alten Bahnhof - Thoedor-Heuss-Straße bei Erschließung des
Neubaugebietes Frankfurter Straße Ost und der Gewerbegebiete Theodor-Heuss-Straße
• Stadtbahnverlängerung nach Querum
mit Trassenführung über die Querumer Straße - Bevenroder Straße
Die Prioritätsstufe 3 enthält solche Streckenabschnitte, die unter den derzeitigen Rahmenbedingungen aufgrund der zu erwartenden Verkehrsnachfrage zur Realisierung als Stadtbahnstrecke
nicht zu empfehlen sind und wirtschaftlicher mit dem Bus bedient werden sollten:
• Stadtbahnverlängerung nach Rüningen (Abschnitt Frankfurter Straße - Rüningen/Leiferde)
• Stadtbahnverlängerung nach Wenden-Bf.
nur zur Verknüpfung Regionalstadtbahn Gifhorn - Stadtbahn Hamburger Straße
• Stadtbahnverlängerung nach Rautheim
• Stadtbahnverlängerung nach Dibbesdorf / Hondelage
• Stadtbahnverlängerung nach Timmerlah
40
Prioritätenreihung Stadtbahnausbau
Harxbüttel
Thune
Bevenrode
3
Wenden
Waggum
Bienrode
Hondelage
Watenbüttel
3
Kralenriede
Dibbesdorf
Völkenrode
Querum
2
Kanzlerfeld
Volkmarode
2
Ölper
2
1
Gliesmarode
Schapen
Lehndorf
1
Lamme
Riddagshausen
1
2
Weststadt
Timmerlah
1
1
3
Rautheim
Broitzem
3
3
Südstadt
Heidberg
3
1
Mascherode
Rüningen
Stöckheim
Legende:
Geplante Stadtbahnerweiterungen
Neubau
Ausbau
Prioritätsstufe (1 - 3)
1
Neubau bereits beschlossen
Ausbau bereits beschlossen
Bestand ÖV-Netz
Stadtbahn
Bus / Regionalbus
Geplante Regionalstadtbahnen
Regionalstadtbahnen
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich ÖPNV:
Prioritätenreihung zum Ausbau des Stadtbahnsystems
Abb.
4.2
41
Þ Beschleunigung des ÖPNV durch Einrichtung von Busspuren und
besonderen Bahnkörpern für Stadtbahnen
Eine Beschleunigung des ÖPNV in Braunschweig wurde in den Planfällen P1 und P2 mit unterschiedlichen Maßnahmen berücksichtigt. Im Planfall P1 ist der Umbau der Stadtbahn Hamburger
Straße zwischen A 392 und Wendenring, der Stadtbahn Helmstedter Straße und der Stadtbahn
Fallersleber Straße (2. Bauabschnitt) mit besonderem Gleiskörper unterstellt. Zusätzlich ist auf
Einzelabschnitten die Einrichtung von Busspuren berücksichtigt worden. Der Planfall P2 unterstellt
weitere Busspuren auf dem Wilhelminischen Ring und den Einfallstraßen sowie ist die Einrichtung
von Bevorrechtigungsprogrammen an LSA für die Stadtbahnen (siehe auch Kap. 4.3.3, Betriebliche Maßnahmen).
Die Führung von Stadtbahnen auf besonderen Gleiskörpern stellt ein wichtiges Element zur Beschleunigung des ÖPNV dar. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Stadtbahn auch zu
verkehrlichen Spitzenzeiten nicht vom Kfz-Verkehr behindert wird und ihren Fahrplan einhalten
kann (Anschlusssicherung) und so als Rückgrat des städtischen ÖPNV gestärkt wird.
Dagegen ist die Einrichtung von Busspuren auf dem gesamten Wilhelminischen Ring äußerst
problematisch, da nur vereinzelt hinreichende Flächen im Straßenraum zur Verfügung stehen. Der
Wilhelminische Ring wird auch zukünftig eine verkehrstragende Hauptverkehrsstraße bleiben, die
sowohl Durchgangsverkehre als auch starke Quell- und Zielverkehre aus dem östlichen Ringgebiet (Altewiekring - Hagenring) und dem westlichen Ringgebiet (Sackring - Altstadtring) aufnimmt. Eine durchgreifende Verkehrsentlastung herbeizuführen, die zur Umnutzung einer Fahrspur führen könnte, erscheint absehbar nicht möglich, zumal auf den Bau einer östlichen Tangente zwischen Nußberg und Mittelriede - Wabe aufgrund vielfältiger Nachteile verzichtet werden
soll. Bei einem Rückbau des Wilhelminischen Ringes auf einen Fahrstreifen je Richtung zur Einrichtung von Busspuren wären aus dem Bereich des Altewiekringes deutliche Verdrängungen der
Belastungen auf den Bohlweg und in die Wohnquartiere des östlichen Ringgebietes zu erwarten.
Ein Verzicht auf die beidseitig angeordneten Parkstreifen ist ebenfalls problematisch, da besonders im Bereich des östlichen Ringgebietes eine starke Geschäftsnutzung mit erheblichem Bedarf
an Kurzzeitparkständen vorliegt. Bei Wegfall dieser Parkstreifen würde der Kfz-Verkehr noch
dichter an die Bebauung heranrücken. Zudem sind die Parkstreifen zum Teil mit altem
Baumbestand durchsetzt, der eine markante städtebauliche Bezugsgröße entlang des gesamten
Ringes darstellt und der in jedem Falle erhalten bleiben sollte.
42
Der Ausbau von Busspuren auf dem Wilhelminischen Ring erscheint ohne gravierende Eingriffe in
den Kfz-Verkehr nur auf wenigen Abschnitten des Wilhelminischen Ringes möglich:
• Altewiekring zwischen Berliner Platz und Leonhardplatz,
• Hagenring zwischen Jasperallee und Gliesmaroder Straße,
• Rebenring zwischen Brucknerstraße und Geysostraße - Mittelweg,
• Altstadtring zwischen Broitzemer Straße und Münchenstraße.
Die Umsetzbarkeit kann erst im Rahmen detaillierter Untersuchungen festgelegt werden. Wenn
die durchgehende Einrichtung von Busspuren auf dem Wilhelminischen Ring baulich und betrieblich nicht möglich erscheint, sollte geprüft werden, ob eine dynamische Busbeschleunigung durch
Freischalten der LSA auf Anforderung der Busse möglich und sinnvoll ist. Dabei sollte die Leistungsfähigkeit auf dem Wilhelminischen Ring sichergestellt sein, da durch die ÖVBeschleunigung die vorhandene „Grüne Welle“ beeinträchtigt werden kann.
Die Einrichtung einer Busspur auf der Sonnenstraße zwischen Altstadtmarkt und Güldenstraße
sollte im Zusammenhang mit dem Erschließungskonzept Innenstadt im Detail geprüft werden. Die
Einrichtung einer Busspur auf der Helmstedter Straße zwischen Rautheimer Straße und Marienstift sollte im Zusammenhang mit dem Bau eines besonderen Gleiskörpers für die Stadtbahn
realisiert werden.
Insgesamt ist eine Beschleunigung des ÖPNV in Braunschweig - vor allem im Bereich der erweiterten Innenstadt - unbedingt herbeizuführen. Dazu kann die Einrichtung von Busspuren ebenso
beitragen wie die Einrichtung von besonderen Gleiskörpern für die Stadtbahn.
Þ DB-Haltepunkt Braunschweig - Broitzem
Bei der (Wieder-)Einrichtung eine Haltepunktes Braunschweig-Broitzem in Höhe Donaustraße für
die Züge des Nahverkehrs (Planfälle P1 und P2) wurde eine Bedienung durch die RegionalExpresslinien von Hannover (30-min.-Takt) und Hildesheim (2-Std.-Takt) mit insgesamt 42 Halte je
Richtung im Werktagsverkehr unterstellt. Die Verkehrsnachfrage am Haltepunkt BraunschweigBroitzem als Summe der Ein-, Aus- und Umsteiger (E/A) im Planfall P1 errechnet sich zu insgesamt 750 E/A im Werktagsverkehr, im Planfall P2 werden nur 490 E/A erreicht. Von direkten Einund Aussteigern werden nur rd. 30 Fahrten/Werktag gemacht, die übrigen Fahrten resultieren aus
Umsteigevorgängen von der Stadtbahn und vom Stadtbus. Sie kommen mit rd. 180 - 190 Fahrten
aus Broitzem, der überwiegende Teil der Fahrten kommt von der Stadtbahn aus dem Raum Weststadt und westliche Innenstadt. Damit wird der Haltepunkt Broitzem auch als Umsteigepunkt für
Fahrten aus dem Stadtgebiet nach Vechelde, Peine und Hannover genutzt, wobei diese Fahrten
43
vorher über den Hauptbahnhof abgewickelt werden mussten. Die geringeren Ein- Aussteigerzahlen im Planfall P2 resultieren daraus, dass sich in diesem Planfall Rückverlagerungen auf die
Regionaldirektbusse nach Vechelde ergeben, die im Planfall P2 im Takt verdichtet wurden.
Die errechnete Verkehrsnachfrage von 750 Personen im P1 bzw. 490 Personen im P2 zeigt, dass
der Haltepunkt Braunschweig-Broitzem zu einem attraktiven Halte- bzw. Umsteigepunkt im Stadtgebiet - mit angeschlossener Park-and-Ride-Anlage - werden kann. Es bestehen jedoch Abhängigkeiten zu weiteren regionalen Verkehrsangeboten, z. B. den Regionaldirektbuslinien nach
Vechelde, deren Einflüsse zur Vermeidung von Parallelverkehren separat untersucht werden
müssen.
4.3.3 Betriebliche Maßnahmen
Þ Bevorrechtigung des ÖPNV an Lichtsignalanlagen
Im Planfall P2 wurde neben Busspuren auf dem Wilhelminischen Ring und den Einfallstraßen die
Einrichtung von Bevorrechtigungsprogrammen an LSA für die Stadtbahnen unterstellt, die zu
deren Beschleunigung und damit zu Fahrzeiteinsparungen von rd. 15 % führen.
Die Reisedauer bzw. das Reisedauerverhältnis (z. B. ÖV/MIV) bildet neben den Kosten das wichtigste Merkmal bei der Entscheidung über die Wahl eines Verkehrsmittels. Allein durch die im P2
berücksichtigten Bevorrechtigungsprogramme für Stadtbahnen und die damit verbundenen Reisedauerverkürzungen wird eine Zunahme der ÖV-Nutzung um rd. 1.900 Personenfahrten/Werktag
erreicht. Die ÖV-Beschleunigung trägt somit nicht nur zur schnelleren Beförderung der vorhandenen Fahrgäste bei, sondern bewirkt zusätzlich eine Steigerung der ÖV-Nachfrage. Zudem können
Fahrzeitverringerungen im Zuge eines Fahrzeugumlaufs, sofern sie ein gewisses Maß überschreiten, die Einsparung ganzer Fahrzeuggarnituren inkl. Personal und somit Kosteneinsparungen bewirken, ohne den Bedienungsstandard zu verändern.
Eine Bevorrechtigung der Stadtbahnen und Busse an Lichtsignalanlagen sowie die Einrichtung
von ÖV-Spuren an Knoten in Zufahrt zur Innenstadt ist dringend erforderlich und sollte vordringlich
umgesetzt werden, um die Verlustzeiten des ÖPNV an Knotenpunkten möglichst zu minimieren.
Dies sollte besonders auf den stark nachgefragten Achsen des ÖPNV vorgenommen werden
(z. B. zwischen Wendentor - Hagenmarkt - Bohlweg - John-F.-Kennedy-Platz, auf der Hamburger
Straße und der Münchenstraße). Die Einrichtungen zur LSA-Beeinflussung machen vor allem an
den Knotenpunkten Sinn, an denen die ÖPNV-Fahrzeuge auf getrennten Fahrwegen an die Kreu-
44
zung heranfahren können. Allerdings ist jeweils im Einzelfall zu gewährleisten, dass es nicht zu
unerträglichen Stauungen des nachgeordneten MIV kommen kann.
Þ Taktverdichtung im ÖPNV nicht pauschal, sondern auf einzelnen Linien
Als eine wesentliche Maßnahme zur Stärkung des ÖPNV in Braunschweig wurde im Planfall P2
eine pauschale Taktverdichtung auf einen 7,5-/ 15-/ 30-min.-Takt als Verdoppelung der bestehenden Bedienung unterstellt. Dies führt zu einer Verdoppelung des Betriebsaufwandes im städtischen ÖPNV. Gleichzeitig werden die stark nachgefragten Regionallinien während der Hauptverkehrszeiten ebenfalls im Takt verdichtet.
Die Taktverdoppelung wirkt insofern günstig auf die Reisezeiten, als die Wartezeiten (vor Beginn
einer Fahrt) und die Umsteigezeiten (während einer Fahrt) bei unveränderten Fahrtzeiten verringert werden. Die reinen Fahrtzeiten bleiben gleich. Allein durch die Taktverdichtung wird im Planfall P2 ein Zuwachs von 13.400 Personenfahrten/Werktag im Verkehr der Braunschweiger errechnet, ein Zuwachs um 11 % gegenüber dem Planfall P1. Dem steht jedoch ein um rd. 100 % gestiegener Betriebsaufwand gegenüber. Dies zeigt, dass der Mehraufwand in der Betriebsleistung
(durch die pauschale flächendeckende Taktverdopplung) den zu erwartenden Nutzen (mit größerer ÖV-Nachfrage) nicht rechtfertigen kann. Unter Maßgabe einer möglichst wirtschaftlichen Abwicklung des Verkehrs kann deswegen eine pauschale Taktverdichtung nicht empfohlen werden.
Gleichwohl kann eine Taktverdichtung auf einzelnen Linien jedoch durchaus sinnvoll sein. Sie ist
im Einzelfall sowie im Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zur Förderung des ÖPNV auf
ihre Wirksamkeit zu prüfen.
Þ Anpassung und Optimierung des Stadtbusliniennetzes
Bei den Berechnungen zu den Planfällen P1 und P2 sind Anpassungen und Optimierungen im
Angebot der Stadtbuslinien berücksichtigt worden. Die Anpassungen wurden erforderlich, da mit
dem unterstellten Ausbau der Stadtbahn in einzelnen Bereichen Buslinien entfallen können oder
verändert werden müssen, z. B. um Parallelverkehre zu vermeiden.
Insgesamt ergeben sich durch den Ausbau des Stadtbahnnetzes und damit den Wegfall einiger
stark nachgefragter Buslinien (z. B. Linie 11 Kanzlerfeld / Lehndorf nach Südstadt/ Mascherode)
Verschlechterungen für den Betriebszweig „Stadtbus (insgesamt)“, z. B. bei der Gesamtzahl Einund Aussteiger oder bei der mittleren Besetzung.
Für ausgewählte neue Linien ergeben sich folgende Erkenntnisse: für die Buslinie 42, die im
Planfall P1 als Tangentiallinie im Süden die Ortslagen Rautheim - Südstadt - Heidberg - Stöck45
heim - Rüningen - Gartenstadt - Weststadt im 30-min.-Takt verbindet, sind insgesamt 2.650 Einsteiger zu erwarten. Sie erfährt Belastungen zwischen 470 und 970 Personen pro Werktag bei
einem mittleren Besetzungsgrad von rd. 10 Rkm/Fkm. Wenngleich damit ein Nachfragezuwachs
um rd. 450 % gegenüber dem Planfall P0 erreicht wurde, sind die errechneten mittleren Belastungen eher gering.
Für die Buslinie 44 wurde aufgrund des starken Gesamtverkehrsstromes zwischen Wenden und
dem Bereich Hansestraße im Planfall P2 die Verlängerung über die Lincolnsiedlung nach Wenden
und Wenden-Bechtsbüttel (mit Verknüpfung zur RSB) berücksichtigt. Bei einer Bedienung im 15min.-Takt steigt die Verkehrsnachfrage auf der Linie von 500 Beförderungsfällen in den Planfällen
P0 und P1 auf 1.200 Beförderungsfälle im Planfall P2 an. Dabei werden die stärkeren Belastungen mit rd. 1.600 Personen / Werktag im Querschnitt auf der Hansestraße erreicht, im neuen
Abschnitt auf der Hauptstraße in Wenden ergeben sich Belastungen von rd. 450 Personen /
Werktag. Auch hierbei zeigen sich die mittleren Besetzungen mit rd. 6 Rkm/Fkm auf der Linie eher
gering.
Die Buslinie 29 stellt im Planfall P2 den Ringschluß zwischen der Theodor-Heuss-Straße und
dem Hauptbahnhof über Eisenbütteler Straße und Wolfenbütteler Straße her. Als Bedienung
wurde ein 15-min.-Takt bzw. ein 7,5-min.-Takt in der Hauptverkehrszeit unterstellt. Die Belastung
auf der Eisenbütteler Straße beträgt rd. 1.500 Personen / Werktag, was eine mittlere Besetzung
von rd. 11 Rkm/Fkm auf diesem Abschnitt bedeutet. Insgesamt gewinnt die Linie 29 im Planfall P2
mit rd. 9.200 Beförderungsfällen (gegenüber 4.000 im P0 und 5.000 im P1) deutlich an Nachfrage.
Insgesamt zeigt sich, dass auch im Busverkehr Potenziale zur Nachfragesteigerung (und damit
zur Einnahmesteigerung) vorhanden sind. Eine Bewertung der Einzelmaßnahmen ist im Rahmen
des VEP aber nur sehr eingeschränkt möglich, da die einzelnen Maßnahmen in engen Wechselbeziehungen stehen und sich stark gegenseitig beeinflussen. Dazu ist z. B. eine anzuschließende
Liniennetzoptimierung unter vorgegebenen Rahmenbedingungen (z. B. im Streckennetz der
Stadtbahnen) erforderlich.
4.3.4 Weitere Maßnahmen
Der zur Zeit im Bau befindliche Nahverkehrsbahnhof am Hauptbahnhof wird als zentraler Umsteigepunkt zwischen den Angeboten des Fern- und Regionalverkehren und dem städtischen
Verkehrsangebot erheblich zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV in Braunschweig beitragen. Eine
weitere Attraktivierung kann durch die Verbesserung von Komfort und Sicherheit an den Halte-
46
stellen und die Einrichtung von Gepäckaufbewahrungsmöglichkeiten an zentralen Haltestellen
in der Innenstadt erreicht werden.
In den Bussen und Bahnen sollte eine weitere Verbesserung des Fahrkomfort sowie die Einrichtung von Ein- und Ausstiegshilfen erfolgen, was insbesondere Behinderten und älteren
Personen, aber z. B. auch Personen mit Kinderwagen zugute kommt. Durch verbesserte Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern und Gepäck wird eine höhere Akzeptanz des ÖPNV
insbesondere im Zusammenhang mit der Planung von Wegeketten erreicht.
Eine intensive Öffentlichkeitsarbeit fördert die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Dazu
gehören auch die Bereitstellung von Informationen über das Fahrtenangebot, z. B. in Form eines
dynamischen Fahrgastinformationssystems für Fahrplan- und Tarifauskünfte. Dies sollte sowohl
im Verkehrssystem - und hier besonders an den zentralen Umsteigepunkten wie Hauptbahnhof,
Europaplatz und Rathaus - aber auch zu Hause verfügbar sein, um sich noch vor Antritt einer
Reise über Fahrtmöglichkeiten zu informieren. Auch die Einrichtung einer Mobilitätszentrale, in
der Auskünfte über die Nutzungsmöglichkeiten aller Verkehrsmittel gegeben werden, z. B. Fahrplanauskünfte, Fahrkartenvertrieb, Platzreservierungen im Nah- und Fernverkehr, die Koordinierung von Fahrgemeinschaften oder Informationen über die aktuelle Verkehrssituation, würde zu
einer verstärkten Nutzung des ÖPNV beitragen.
47
4.4
Verbesserung des Angebots für den nichtmotorisierten Verkehr
(Rad- und Fußverkehr)
4.4.1 Generelle Empfehlungen
Der Fuß- und Fahrradverkehr wurde in der Verkehrsplanung der sechziger und siebziger Jahre
meist vernachlässigt. Das entsprach der geringen Bedeutung dieser Verkehrsarten im öffentlichen
Bewusstsein, die wohl auf deren natürliche Grenzen hinsichtlich Geschwindigkeit und Reichweite
zurückzuführen ist. Dabei hat das Fahrrad in den letzten Jahren wieder mehr Freunde gewonnen,
und zwar nicht nur für Freizeitaktivitäten am Wochenende, sondern auch als Verkehrsmittel im
werktäglichen Verkehr.
Gerade wegen der Tatsache, dass Fußgänger und Radfahrer die schwächsten, aber auch die
umweltfreundlichsten Verkehrsteilnehmer sind, sollte eine stadt- und umweltgerechte Verkehrsplanung diesen Verkehrsarten die höchsten Standards bezüglich Sicherheit, Erreichbarkeit und
Komfort anbieten. Damit kann die Attraktivität für diese Verkehrsarten gesteigert und so ein Maximum an Verlagerung vom motorisierten zum nichtmotorisierten Verkehr erreicht werden.
Die Ergebnisse der Haushaltsbefragung in Braunschweig zeigen, dass der Anteil des nichtmotorisierten Verkehrs in Braunschweig an allen Fahrten und Wegen heute rd. 39 % beträgt. Durch
Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung und in der Siedlungsstruktur werden diese
Anteile zukünftig möglicherweise noch zurückgehen. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass 20 % der
Pkw-Fahrten eine Fahrtweite von unter 2 km und 50 % unter 5 km aufweisen. Somit ist das vorhandene Potenzial für eine Verlagerung von Pkw-Fahrten auf den Fuß- und Radverkehr beträchtlich.
Mit den Berechnungsergebnissen zu den Planfällen P1 und P2 konnte nachgewiesen werden,
dass mit dem Ausbau eines flächendeckenden, sicheren und komfortabel zu befahrenden
Radverkehrsnetzes in Braunschweig erhebliche Verlagerungen zum Radverkehr erreichbar sind.
Bei einem geringeren Ausbau des Straßennetzes, als im Planfall P1 unterstellt oder bei Wegfall
der im Planfall P2 unterstellten Taktverdichtung für den ÖPNV werden die Verlagerungen auf den
Radverkehr deutlich stärker ausfallen als die in den Planfällen errechneten 14.000 bis 16.000
zusätzlichen Radfahrten pro Werktag.
Zudem sind hier nur die reinen Infrastrukturmaßnahmen berücksichtigt. Mit einer fußgänger- und
radfahrerfreundlichen Verkehrsplanung und einer flächenhaften Priorisierung des Fußgänger- und
Radverkehrs in der Innenstadt sollte es zusätzlich möglich sein, noch deutlich mehr MIV-Fahrten
48
durch Fußwege und Radfahrten zu ersetzen. Dazu ist auch die Schaffung einer entsprechenden
Atmosphäre erforderlich.
Dass dies heute bereits möglich ist beweist das Beispiel der Stadt Troisdorf, der es gelungen ist,
in acht Jahren durch eine intensive Radverkehrsförderung mittels Ausbau einer radfahrerfreundlichen Infrastruktur und begleitender intensiver Öffentlichkeitsarbeit den Radverkehr um rd. ein
Drittel erheblich zu steigern mit Anteilen von ehedem 16 % auf jetzt 21 % bei gleichbleibenden
Anteilen des Fußverkehrs und des öffentlichen Verkehrs. Welche Anteile generell möglich sind
zeigt die Stadt Münster: Hier weist der nichtmotorisierte Verkehr heute einen Anteil von 54% an
allen Fahrten und Wege, davon allein 32% im Radverkehr, auf. Die Schaffung eines flächendekkenden, sicheren und komfortabel zu befahrenden Radverkehrsnetzes sollte deshalb eine der
wesentlichen Aufgaben der Verkehrsplanung in Braunschweig sein. Eine Steigerung des Radverkehrsanteils von heute 14 auf realistisch mögliche 25 Prozent könnte dem MIV die Entlastung
bringen, die er bis zum Jahr 2010 benötigt, um weiterhin in Fluss zu bleiben.
Ein Radverkehrsnetz kann sowohl auf eigenen Radverkehrsanlagen wie Radwegen oder Radverkehrsstreifen als auch im Straßenraum gemeinsam mit dem Kfz-Verkehr geführt werden. Die
Führung im Straßenraum kann nicht akzeptiert werden, wenn hohe Verkehrsbelastungen im KfzVerkehr, hohe Kfz-Geschwindigkeiten oder hohe Lkw- bzw. Schwerverkehrsanteile gegeben sind.
In solchen Bereichen muss der Ausbau von eigenen Radwegen vordringlich erfolgen.
Auch die Öffnung von Einbahnstraßen für den gegengerichteten Radverkehr kann zu einer Verdichtung und damit Attraktivierung des Radverkehrsnetzes beitragen. So hat z. B. die Stadt Saarbrücken in einem dreijährigen Versuchszeitraum in allen Tempo 30-Zonen der Stadt auf etwa 140
Einbahnstraßen den Gegenverkehr mit Fahrrädern zugelassen mit dem Ergebnis, dass auf diesen
Straßen die Zahl der Unfälle, an denen Radfahrer beteiligt waren, nicht anstieg.
Aus gutachterlicher Sicht sollte die Umsetzung des von der Verwaltung der Stadt Braunschweig
bereits erarbeiteten Radverkehrskonzepts so schnell wie möglich erfolgen. Dabei muss zunächst
das Netz der Cityverbindungen und hier besonders die nachfragestarken Verbindungen ausgebaut
werden.
49
4.4.2 Infrastrukturelle Maßnahmen
Þ Ausbau der Cityverbindungen für den Radverkehr
Cityverbindungen stellen Hauptverbindungen zwischen den Stadtteilen und der Braunschweiger
Innenstadt sowie die Hauptfreizeitverbindungen dar. Sie decken damit die nachfragestarken Beziehungen ab und sollten deshalb vordringlich umgesetzt werden (Abbildung 4.3). Wesentliche
Elemente beim Aufbau eines Netzes für die Cityverbindungen in Braunschweig sind:
• Neubau Radwege Fallersleber Straße zwischen Wilhelmstraße und Fallersleber-Tor-Wall
• Neubau Radwege Helmstedter Straße zwischen Parkstraße und Kastanienallee
• Radfahrstreifen Sonnenstraße zwischen Güldenstraße und Altstadtmarkt
• Neubau Radwege auf Teilabschnitten des Bültenweges
• Neubau Radwege Hordorfer Straße zwischen Volkmarode und Schapen
Im Planfall P2 wurde die Führung aller Cityverbindungen auf eigenen Radwegen, Radfahrstreifen
oder separaten Radwegen unterstellt. Damit soll ein markantes, selbständig geführtes HauptRadwegenetz für die nachfragestarken Verbindungen entstehen, welches durch das Aufbringen
von Piktogrammen oder farbiger Markierungen eine hohe Präsenz und Wiedererkennung im
Straßenraum aufweist. Dies kann die Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer erhöhen
und gleichzeitig als eine Art Werbung für den Radverkehr betrachtet werden.
Þ Ausbau der Stadtteilverbindungen für den Radverkehr
Stadtteilverbindungen sind Verbindungen zwischen den Stadtteilen, soweit sie nicht bereits durch
Cityverbindungen abgedeckt sind, sowie Verbindungen zu den angrenzenden Gemeinden. Wesentliche Elemente beim Aufbau eines Netzes für die Stadtteilverbindungen in Braunschweig sind
(Abbildung 4.3):
• Neubau Radwege auf dem Mittelweg (südlicher Abschnitt)
• Neubau Radwege auf der Salzdahlumer Straße zwischen Mascherode und Salzdahlum
• Radfahrstreifen auf der Leonhardstraße zwischen Bertramstraße und Helmstedter Straße
Þ Ausbau ausgewählter Nebenverbindungen für den Radverkehr
Nebenverbindungen sind Ergänzungsstrecken, die z. B. aus Aspekten der sozialen Sicherheit
oder als wichtige Freizeitverbindungen ins Radverkehrsnetz aufgenommen wurden. Das Netz der
50
Radverkehrsnetz
Harxbüttel
Thune
Bevenrode
Wenden
Waggum
Bienrode
Ka
al
Hondelage
n
Watenbüttel
Kralenriede
Dibbesdorf
Völkenrode
Querum
Kanzlerfeld
Ölper
Volkmarode
Schapen
Gliesmarode
Lehndorf
Lamme
Riddagshausen
Weststadt
Timmerlah
Rautheim
Broitzem
Südstadt
Heidberg
Rüningen
Mascherode
Stöckheim
Legende:
Elemente des Radverkehrsnetzes
Cityverbindung
Stadtteilverbindung
Nebenverbindung
Prioritätsstufe 1a
(City- u. Stadtteilverbindungen)
Prioritätsstufe 1b
(City- u. Stadtteilverbindungen)
Prioritätsstufe 2
(Nebenverbindungen)
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich Radverkehr:
Ausbau des Radverkehrsnetzes
Abb.
4.3
51
Nebenverbindungen sollte z. B. um folgende Radverkehrsanlagen ergänzt werden (Abbildung
4.3):
• Teilstück zwischen Broitzem und Gartenstadt,
• westliches Ringgleis zwischen Celler Straße und Westbahnhof (Freizeittrasse).
Þ Schaffung witterungsgeschützter und diebstahlsicherer Abstellanlagen
An den Zielorten des Radverkehrs müssen witterungsgeschützte und diebstahlsichere Abstellanlagen geschaffen werden. Die Anlagen sollten im direkten Zugang zur Innenstadt sowie an wichtigen öffentlichen Einrichtungen und Freizeitzielen installiert werden. Abstellanlagen sollten auch
entlang wichtiger ÖPNV-Achsen geschaffen werden (siehe Kap. 4.6.2, Bike-and-Ride-Anlagen).
Þ Freigabe des „alten“ Cityrings in beiden Fahrtrichtungen und
Freigabe der Fußgängerzone
Die Freigabe des alten Cityringes für den Radverkehr in beiden Fahrtrichtungen und die Freigabe
der Fußgängerzone zwischen 20 und 9 Uhr (außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten) erfahren
eine hohe Akzeptanz bei den Fahrradfahrern. Es ergeben sich starke Verlagerungen vom Cityring
(Lange Straße, Küchenstraße, Güldenstraße, Bruchtorwall) auf den „alten“ Cityring, so dass dort
abschnittsweise Querschnittsbelastungen bis zu 5.000 Fahrten pro Werktag erreicht werden.
Durch die Freigabe der Fußgängerzone werden ebenfalls Direktverbindungen durch die Innenstadt ermöglicht, die vor allem auch morgens vor Geschäftsöffnung von den Berufs- und Ausbildungsverkehren angenommen werden. Insgesamt werden in der Fußgängerzone, z. B. auf Damm
und Schuhstraße, Belastungen bis zu 800 (im Planfall P1) und 1.000 (im P2) Fahrradfahrten /
Werktag errechnet.
Beide Maßnahmen tragen stark zu einer Attraktivierung des Radverkehrs in Braunschweig bei, da
sie größere Umwegfahrten um die Innenstadt herum vermeiden und damit kürzere und schnellere
Verbindungen schaffen. Die Freigabe der Fußgängerzone für den Radverkehr zwischen 20 und 9
Uhr (außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten) kann gutachterlich empfohlen werden. Für eine
Freigabe des alten Cityringes für den Radverkehr in beiden Fahrtrichtungen sind weitere Detailuntersuchungen erforderlich, um z. B. Fragen der Flächenverfügbarkeit für Radfahrstreifen zu
klären (Abbildung 4.4).
52
Radverkehrsnetz im Bereich Innenstadt
Lange Straße
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Görd
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Güldenstraße
Burgplatz
Neue
e
Straß
Altstadtmarkt
Kohlmarkt
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Fußgängerzone
Radfahrer frei
von 20 - 9 Uhr
Sonnenstr.
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Langer Hof
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Leopoldstr
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Legende:
Verbindungen Radverkehr
Verbindungen Radverkehr
(im Detail zu prüfen)
Fußgängerzone für
Radfahrer frei
Fußgängerzone
rad-
Kon
ße
.
Straße
denauer-
tra
sts
Mönchstr
A
Hauptverkehrsstraße
Stadtbahn
Quelle: Konzeptentwurf Stadt Braunschweig; Änderungen WVI GmbH
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich Radverkehr:
- Erschließung der Innenstadt
Abb.
4.4
53
Þ Aufbau eines attraktiven, flächendeckenden Fußwegenetzes
Zur Attraktivierung des Fußverkehrs müssen die Fußgängerachsen weiter ausgebaut und die
Aufenthaltsqualität im Straßenraum verbessert werden. Eine Möglichkeit besteht in der Schaffung
von Fußwegeachsen, die über eine gute Orientierung und einen guten Ausbaustandard verfügen
sollten. Es werden folgende Maßnahmen empfohlen (Abbildung 4.5):
• Einrichtung einer Achse zwischen Theater und Eiermarkt („Traditionsroute“)
• Einrichtung einer Achse zwischen Magnitor und Eiermarkt („City-Magni-Route“)
• Einrichtung einer Achse zwischen Inselwall und Bürgerpark („Nord-Süd-Route“)
• Einrichtung einer Achse zwischen Unibereich und Bürgerpark („Uni-Route“)
Þ Einrichtung einer Fußgängerzone „Langer Hof“
Im Zuge der Umsetzung des Erschließungskonzeptes Innenstadt sollte die Straße „Langer Hof“
langfristig zur Fußgängerzone umgebaut werden. Die Erschließung des Parkplatzes am Rathaus
erfolgt dann über Münzstraße - Dankwardstraße. Die Straße „Langer Hof“ wird damit zum Element
der „Traditionroute“ zwischen Altstadtmarkt - Burgplatz/Dom - Rathaus und Schloßpark - Theater Herzog-Anton-Ulrich-Museum.
4.4.3 Betriebliche Maßnahmen
Þ Freigabe aller geeigneten Einbahnstraßen für den Radverkehr
Auch die Freigabe der Casparistraße für den Radverkehr in beide Fahrtrichtungen, die im Planfall
P2 unterstellt wurde, zeigt sich als Verbindung, die von Radfahrern stark angenommen wird, so
dass im Bereich Casparistraße - Ruhfäutchenplatz Belastungen im Radverkehr in Höhe von 5.000
bis 6.500 Fahrten pro Werktag erreicht werden. Die Öffnung von Einbahnstraßen für den gegengerichteten Radverkehr muss im Detail geprüft werden.
Þ Einrichtung von Rundumgrün
Die Einrichtung von Rundumgrün dient zur Verkürzung von Wartezeiten für Fußgänger. Dabei
werden alle Fußgängerströme gleichzeitig freigegeben, so dass auch diagonale Fußwege über die
Kreuzung hinweg möglich werden. Die Kreuzungspunkte sollte daher nicht zu groß oder zu unübersichtlich sein. Die Einrichtung von Rundumgrün ist sinnvoll an lichtsignalisierten Knoten, die
über starke Fußgängerströme und hier besonders über starke Über-Eck-Beziehungen verfügen.
54
Fußwegeachsen in der Innenstadt
Uni-Route
Nord-Süd-Route
Traditionsroute
Fußgängerzone
"Langer Hof"
Traditionsroute
City-Magni-Route
City-Magni-Route
Nord-Süd-Route
Uni-Route
Legende:
Hauptachse
Route
Bezeichnung Hauptachse
Nebenachse
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Fußverkehr:
Einrichtung von Fußwegeachsen
Abb.
4.5
55
Dabei muss beachtet werden, dass eine damit verbundene Priorisierung der Fußgänger zu Lasten
der übrigen Verkehrsteilnehmer (z. B. Pkw-Fahrer oder Nutzer der Stadtbahn) geht. In Braunschweig denkbar ist z. B. die Einrichtung an den Knoten Bohlweg - Steinweg, Fallersleber Str. Fallersleber Tor oder Gieseler - Südstraße. Ob eine Einrichtung sinnvoll ist, muss an ausgewählten Knoten in der erweiterten Innenstadt im Detail untersucht werden.
4.4.4 Weitere Maßnahmen
Eine Qualitätsverbesserung der vorhandenen Radverkehrs-Infrastruktur trägt erheblich zur
besseren Nutzbarkeit und zudem zu einer Imageverbesserung für den Radverkehr bei. Dazu
gehören für Radwege vor allem eine gut zu befahrende Oberfläche und für alle vorhandenen
Radverkehrsanlagen (auch Abstellanlagen, B+R-Anlagen etc.) eine gute Sauberkeit (Glas, Winterdienst).
Weiterhin muss eine konsequente Umsetzung der StVO bzw. VwV-StVO erfolgen, also die
Einhaltung von Regelquerschnitten und Qualitätsstandards beim Neubau und Ausbau von
Radverkehrsanlagen sowie beim Umbau des Bestands, vordringlich auf stark nachgefragten
Strecken.
An Stellen, an denen starke Fußgängerströme auftreten und wo es ohne erhebliche Eingriffe in die
Leistungsfähigkeit wichtiger Hauptverkehrsstraßen möglich ist, sollten zur Reduzierung der Wartezeiten für Fußgänger ausreichende Freigabezeiten an Lichtsignalanlagen vorgesehen werden.
56
4.5
Stadtverträgliche Abwicklung des motorisierten Individualverkehrs
4.5.1 Generelle Empfehlungen
Die Planungsprinzipien der sechziger und siebziger Jahre, also der Ausbau des Straßennetzes
entsprechend der prognostizierten Zunahme der Verkehrsnachfrage des MIV (Anpassungsplanung), sind in den letzten Jahrzehnten an ihre Grenzen gestoßen. In den Städten und insbesondere in den Innenstädten sind die Grenzen des MIV-orientierten Ausbaus und der Belastung der
Bevölkerung durch Lärm und Schadstoffe an vielen Stellen seit langem erreicht. Die Berechnungen des Prognose-Null-Falles im Rahmen des VEP Braunschweig belegen diese Aussage. Dadurch werden im Jahr 2010 mehr als 20.000 Personen in Braunschweig tagsüber mit einem
Schallpegel über 65 Dezibel belastet, einem Grenzwert, ab dem ernsthafte gesundheitliche Schäden die Folge sind.
Die Stadt Braunschweig verfügt insgesamt gesehen über ein leistungsfähiges Straßenverkehrsnetz. Probleme in der Verkehrsabwicklung zeigen sich im wesentlichen in der nachmittäglichen
Spitzenstunde und betreffen vornehmlich den nördlichen und östlichen Wilhelminischen Ring und
einige Straßenabschnitte in der Innenstadt sowie die Ausfallstraßen. Generell kann zwar von
einem besorgniserregenden Anstieg des Kfz-Verkehrs in Braunschweig bis zum Jahr 2010 nicht
gesprochen werden, so dass dringende Erfordernisse zum massiven Ausbau des Straßennetzes
nicht gegeben sind. Jedoch wird die bereits skizzierte Zunahme des Einpendlerverkehrs aus dem
Umland zu punktuellen Zunahmen des Kfz-Verkehrs insbesondere auf den Hauptzufahrtsstraßen
Braunschweigs führen.
Planungsstrategie sollte die effektive Ausnutzung der bereits vorhandenen Verkehrsangebote
sein, wobei der Kfz-Verkehr auf ein vermaschtes Netz städtebaulich integrierter Hauptverkehrsstraßen konzentriert werden sollte. Dazu tragen insbesondere die Umsetzung von Maßnahmen
zur Verkehrslenkung und eine flächenhafte Verkehrsberuhigung in funktional und gestalterisch
abgegrenzten Quartieren mit Tempo-30-Zonen bei (siehe Kap. 4.5.4).
Ein Neu- und Ausbau von Straßen sollte nur dann erfolgen, wenn deren Notwendigkeit nachgewiesen wird. Dabei ist die „Notwendigkeit“ einer neuen Straße nicht allein dadurch nachweisbar,
dass sie gemäß Prognoserechnungen im Realisierungsfall eine hohe Verkehrsbelastung aufweist,
wie das in der Vergangenheit weitgehend geschah. Es muss vielmehr der Nutzen - z. B. durch
Entlastung von Straßen in überlasteten, jedoch schützenswerten Gebieten wie Wohngebieten mit den negativen Wirkungen der neuen Straße verglichen und beide Effekte gegeneinander
abgewogen werden. Der Ausbau des Straßennetzes sollte nur in solchen Bereichen erfolgen, in
57
denen er zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und der umwelt- und sozialverträglicheren
Abwicklung des Verkehrs beiträgt. Die entlasteten Straßen sollten in diesen Fällen durch Rückbau
vor erneuter Belastungszunahme durch Rückverlagerungseffekte geschützt werden.
Ein weiteres Ziel muss es sein, die Erreichbarkeit aller Teile der Stadt für den notwendigen Verkehr, wie den der Bewohner sowie den Wirtschafts- und Versorgungsverkehr, zu sichern und zu
verbessern. Dies gilt insbesondere für die Innenstadt, in der sich verschiedene Nutzungsansprüche an die nur begrenzt verfügbare Straßenfläche überlagern. Hier ist zwangsläufig eine Bevorrechtigung der platzsparenden, stadt- und umweltverträglichen Verkehrsarten wie Fuß-, Rad- und
Öffentlicher Verkehr sowie des notwendigen MIV, also des Autoverkehrs der Anwohner, des Personenwirtschafts- und Versorgungsverkehrs, unabdingbar. Auf andere Verkehrsmittel verlagert
werden kann insbesondere der reine Berufs- und Ausbildungsverkehr sowie erhebliche Teile des
werktäglichen Freizeitverkehrs in die Innenstadt, die durch ein entsprechendes ÖPNV-Angebot
sehr gut bedient werden können. Eine effektive Maßnahme zur Beeinflussung der Verkehrsnachfrage in diesem Sinne stellt die Umsetzung des Parkraumbewirtschaftungskonzepts dar (siehe
Kap. 4.5.3).
4.5.2 Infrastrukturelle Maßnahmen für den fließenden Verkehr
Þ Umsetzung des Erschließungskonzeptes Innenstadt
Das Erschließungskonzept Innenstadt sieht eine gegenüber heute geänderte Verkehrsführung des
Bereiches innerhalb des Cityringes vor (Abbildung 4.6). Die Erschließung erfolgt dabei über ein
System von Schleifenstraßen wodurch verhindert wird, dass Durchgangsverkehre und umfangreiche
Parksuchverkehre direkt durch die Innenstadt fahren können. Der Quell- und Zielverkehr, also Fahrten von Bewohnern, Kunden, Lieferanten etc., ist auch weiterhin möglich und wird durch die Vermeidung des Durchgangsverkehrs erleichtert. Auch die Parkhäuser in der Innenstadt sind nach der
Umsetzung des Erschließungskonzeptes weiterhin problemlos erreichbar. Es ist davon auszugehen,
dass durch die laufenden Entwicklungen im Bereich der Verkehrstelematik die Informationen über
die Belegung der Parkstände im gesamten Innenstadtbereich verbessert werden und der ggf. auch
unterstütz durch Reservierungsmöglichkeiten der Parksuchverkehr heutiger Prägung weitestgehend
vermieden werden kann.
Die Planfallberechnungen zeigen durch die Einführung des Erschließungskonzeptes Innenstadt
auf den meisten Innenstadtstrecken Abnahmen der Kfz-Straßenbelastungen, nur auf wenigen
Strecken kommt es durch veränderte Anbindungen der Parkhäuser zu Verkehrszunahmen. Die
58
Erschließungskonzept Innenstadt
Kfz-Verkehr
P
Lange Straße
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P
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P
P
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Görd
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Güldenstraße
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Altstadtmarkt
Kohlmarkt
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Fußgängerzone
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Parkhaus/Parkplatz
Quelle: Konzeptentwurf Stadt Braunschweig; Änderungen WVI GmbH
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich Kfz-Verkehr:
- Erschließungskonzept Innenstadt
Abb.
4.6
59
Verkehrsbelastungen nach Umsetzung des Erschließungskonzeptes liegen im Bereich zwischen
2.000 und 3.000 Kfz-Fahrten pro Werktag und sind damit mit den an einen innerstädtischen Straßenraum gestellten Ansprüchen, die aus vielfältigen Nutzungen resultieren, gut verträglich.
Gleichzeitig werden durch die Verringerung der Verkehrsbelastung entsprechende Verringerungen
der Lärmimmissionen in der Innenstadt gegenüber dem Planfall P0 erreicht, so dass damit nur
noch in wenigen Teilbereichen Überschreitungen der Richtwerte der 16. BImSchV festzustellen
sind.
Die vorgeschlagene und in der Abbildung 4.6 dargestellte Verkehrsführung weist gegenüber dem
Konzept der Stadt Braunschweig in Teilbereichen Veränderungen auf:
• Die Straße Langer Hof wird als Fußgängerzone ausgewiesen. Damit wird eine durchgängige
Hauptfußgängerroute zwischen Innenstadt - Domplatz/Burgplatz und dem neu gestalteten Schloßpark geschaffen. Die Erschließung des Parkplatzes vor dem Rathaus erfolgt über die Münzstraße.
• Die Straße Lindentwete hat keine Verbindung zur Gördelinger Straße, um Durchgangsverkehre
vom Packhof zur Sonnenstraße auszuschließen und die Stadtbahntrasse möglichst weitgehend
vom Kfz-Verkehr freizuhalten. Aus diesem Grund sollte auch darüber nachgedacht werden, ob
auf die Verbindung Schützenstraße - Neue Straße vor dem Karstadt-Parkhaus verzichtet werden kann (hier noch nicht berücksichtigt).
• Die Erschließung der Breiten Straße erfolgt analog zum Schleifenkonzept im Uhrzeigersinn
ebenso wie die Scharrnstraße und die Gördelinger Straße.
Eine Umsetzung des Erschließungskonzeptes Innenstadt wird dringend empfohlen. Zudem bildet
die Neuordnung der Verkehrsführung in der westlichen Innenstadt die Grundlage für den Bau der
westlichen Innenstadtstrecke der Stadtbahn.
Þ Umgestaltung der Achse Bohlweg zwischen Hagenmarkt und John-F.-Kennedy-Platz
Der Bohlweg ist heute ein von Verkehrsteilnehmern aller Verkehrsarten (Fußgänger, Radfahrer,
ÖV-Nutzer, Pkw-Fahrer) vielfältig beanspruchter Straßenraum. So bestehen z. B. auf dem Bohlweg als einzigem Abschnitt des Cityringes starke Fußgängerströme in Längsrichtung sowie in
Querrichtung über den Bohlweg hinweg, vor allem zwischen der Fußgängerzone der Innenstadt
und dem Magniviertel.
Aus den unterschiedlichen Ansprüchen der verschiedenen Nutzergruppen an den Straßenraum
Bohlweg erwachsen Konflikte zwischen den Verkehrsarten, z. B. zwischen den Fußgängerströmen
und dem Kfz-Verkehr. Wesentliche Mängel in diesem Bereich sind die Dominanz des Kfz-
60
Verkehrs u. a. durch überdimensionierte Verkehrsanlagen, die hohen Geschwindigkeiten des KfzVerkehrs und des ÖV, dadurch hervorgerufene hohe Umweltbeeinträchtigungen durch Lärm und
Schadstoffe, hohe Trennwirkung durch starkes Verkehrsaufkommen, breite Fahrbahnen und
Trenngitter, fehlende Einbindung des Schloßparks, unterdimensionierte Flächen für den Fuß- und
Radverkehr und geringe Aufenthaltsqualitäten. Hinzu kommen städtebauliche Mängel wie ein
unbefriedigendes Raumgefüge, schlechtes Stadtbild und fehlende Begrünung.
Die Umgestaltung des Bohlweges wurde hinsichtlich der Verkehrsführung in Anlehnung an den
Entwurf von BRAUNFELS in mehreren Varianten untersucht. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass der Bohlweg als eine verkehrstragende Hauptverkehrsstraße erhalten bleiben muss, um
den Verkehrsfluss auch im umliegenden Straßennetz (z. B. auf dem Altewiekring) weiterhin zu
gewährleisten. Ein Rückbau auf einen Fahrstreifen je Richtung oder die Sperrung der Straße ist
nach den Berechnungsergebnissen nicht möglich, da nur ein Teil des heutigen Verkehrs verlagerbarer Durchgangsverkehr durch die Innenstadt ist (heute rd. 17 %; d.h. 6.000 Kfz-Fahrten). Zudem könnte der Wilhelminische Ring nur noch begrenzt zusätzliche Verkehre aus Verdrängungen
vom Bohlweg aufnehmen.
Mittel- bis Langfristig sollte der Bohlweg deshalb wieder zu einer Innenstadtstraße, die allen Nutzungsansprüchen gerecht wird, umgebaut werden. Dazu sind folgende verkehrlichen Maßnahmen
sinnvoll:
1. Verlagerung des verlagerbaren Kfz-Verkehrs
- auf ÖV und nicht motorisierten Verkehr,
dazu Ausbau der Verkehrssysteme für ÖV, Radverkehr und Fußverkehr,
- auf den östlichen Wilhelminischen Ring (Altewiekring) und den westlichen Cityring
(Güldenstraße),
2. Rückbau der Achse Bohlweg - Stobenstraße - Auguststraße durchgehend auf 4 Fahrstreifen,
3. Rückbau Georg-Eckert-Straße auf 2 Fahrstreifen, bis Einfahrt Schloßparkgarage 4 Fahrstreifen
möglich,
4. Einrichten von Schutzräumen, Entfernen der Überhöhungen und Abbau der Trenngitter,
5. Geschwindigkeitsbegrenzung für den motorisierten Verkehr (MIV und ÖV) auf 40 km/h,
6. Schaffung der Querungsmöglichkeiten für Fußgänger und Radfahrer, ggf. durch Einrichten von
Lichtsignalanlagen und Aufpflasterungen (z. B. am Ägidienmarkt),
7. Verbreiterung der Fuß- und Radwege (Radwege mindestens 1,50 m, besser 2 m), Schaffung
von kombinierten Park-/Grünstreifen,
8. Gestaltung des Ägidienmarktes zu einem erkennbaren und erlebbaren Platz,
61
9. Umbau John-F.-Kennedy-Platz in Anlehnung an die Vorschläge von Braunfels.
Auf der Straße „Langer Hof“ sollte kurzfristig die Verkehrsführung umgedreht werden, so dass
die Fahrtrichtung West – Ost möglich, jedoch kein Rechtsabbiegen mehr aus dem Bohlweg in die
Straße „Langer Hof“ möglich ist. Langfristig sollte die Straße „Langer Hof“ zur Fußgängerzone
umgestaltet werden und damit zum Element der „Traditionsroute“ zwischen Martinikirche, Altstadtmarkt, Kohlmarkt, Burgplatz/Dom, Rathaus, Schloßpark, Theater, Anton-Ulrich-Museum
werden.
Þ Kein Bau der Nordtangente
Die Nordtangente ist im Planfall P1 in mehreren Varianten eingehend untersucht worden. Als
Ausbaugrad wurde – gemäß den bisherigen Vorstellungen als Verlängerung der A°392 - eine
niveaufrei geführte Straße mit 4 Fahrstreifen plus Standstreifen und einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zwischen der Hamburger Straße / A 392 und der Berliner Heerstraße
nördlich von Volkmarode unterstellt. Weitere Anschlussstellen bestehen am Bienroder Weg und
an der Bevenroder Straße.
Im Planfall P1 werden für die Nordtangente zwischen 40.000 Kfz-Fahrten pro Werktag im westlichen und 25.000 Kfz-Fahrten pro Werktag im östlichen Abschnitt prognostiziert. Dabei wird nachgewiesen, dass über die Nordtangente sowohl Fernverkehr aus dem Bereich A 2 - Ost als auch
regionaler Verkehr z. B. aus Wolfsburg mit Ziel Braunschweig-Kernstadt abgewickelt wird. Die
Nordtangente entlastet damit die Autobahn A 2 um rd. 10.000 bis 12.000 Kfz-Fahrten pro Werktag
und zieht erhebliche Fernverkehre, die ohne die Nordtangente über die A 2 - A 391 abgewickelt
werden, ins Stadtgebiet, was letztlich nicht Ziel der Maßnahme sein kann. Entlastungen im städtischen Straßennetz ergeben sich vor allem für den Straßenzug Rebenring - Hans-Sommer-Straße
- Berliner Straße - OD Volkmarode.
Wie die Berechnung der Lärmimmissionen zeigt, verringern sich die Lärmbelastungen auf dem
Straßenzug Rebenring - Hans-Sommer-Straße - Berliner Straße um rd. 3 dB(A), ein Rückgang,
der jedoch kaum hörbar wahrgenommen werden kann. Die Richtwerte (Tag) der 16. BImSchV
werden zudem in weiten Abschnitten immer noch deutlich überschritten. Allein in der OD Volkmarode werden merkliche Entlastungen erzielt, die aus der Verlagerung des starken Durchgangsverkehrs bei vergleichsweise geringem Quell- und Zielverkehrsaufkommen resultieren. Dadurch
gelingt es, die Richtwerte bei den Verkehrslärmimmissionen i. w. einzuhalten bzw. nur noch geringfügig zu überschreiten
62
Die räumliche Lage und die Verkehrsbelastung der Nordtangente würde bei freier Schallausbreitung zu einer Verlärmung in einem Korridor von rd. 400 m beidseitig entlang der Nordtangente
führen (bei Richtwert 49 dB(A) nachts, 16. BImSchV). Aufgrund der z. T. dicht angrenzenden
Bebauung, besonders im Bereich Querum, aber auch der Nordstadt, wären für die Nordtangente
auf ihrer gesamten Länge Lärmschutzeinrichtungen erforderlich (im Planfall P1 bereits unterstellt).
Gerade für das geplante Neubaugebiet Volkmarode-Nord wäre die Realisierung der Nordtangente
nur als katastrophal zu bezeichnen, da dieses Gebiet dann von zwei Seiten mit einem Lärmpegel
belastet wäre, der vom Lärmempfinden dem Lärmpegel der OD Volkmarode heute entspricht.
Bezüglich der Verkehrs- und Luftschadstoffmengen ergeben sich beispielsweise für die Ortsdurchfahrt Volkmarode zwar Entlastungen, jedoch werden die dort eingesparten Mengen nicht nur
wenige hundert Meter nördlich erzeugt, sondern um die Schadstoffe der von der A 2 abgezogenen
Verkehrsmengen erhöht.
Insgesamt ist somit festzustellen, dass ein durchgehender Ausbau der Nordtangente von der
Autobahnausfahrt Ost bis zur Hamburger Straße praktisch einer Ausbreitung des heute vorhandenen Lärmbelastung auf mindestens die doppelte Fläche, und einer Steigerung der Schadstoffbelastungen um rund 50 % gleichkommt. Zudem wird durch die Nordtangente eine erhebliche Trennwirkung hervorgerufen. Die Baukosten werden vor allem wegen der erforderlichen Brückenbauwerke zur Querung der Regionalstadtbahntrasse und von Wabe und Mittelriede sowie für den
erforderlichen Lärmschutz als erheblich eingeschätzt.
Da dieses Ergebnis nicht Ziel einer sozial- und umweltgerechten Verkehrsplanung sein kann,
wurde in einer weiteren Variante statt einer durchgehenden Nordtangente ein Ausbau als niveaugleich geführte Stadtstraße mit 2 Fahrstreifen zwischen der Hamburger Straße und der Bevenroder Straße mit Anschluss an die Beethovenstraße und den Bienroder Weg unterstellt. Für diesen
Ausbau errechnen sich Belastungen zwischen 15.500 Kfz-Fahrten pro Tag im westlichen Abschnitt und 8.100 Kfz-Fahrten im östlichen Abschnitt. Dabei werden i. w. der Rebenring, die HansSommer-Straße - Berliner Straße sowie der südliche Teil der Hamburger Straße um Werte zwischen 3.700 und 5.700 Kfz-Fahrten pro Werktag entlastet, wobei keine nennenswerten Verlagerungen von den Autobahnen entstehen. Eine solche Lösung läßt im Stadtgebiet zwischen Querum
und Nordstadt auf der bisher freigehaltenen Trasse eine zusätzliche Bebauung dieser hochwertigen Flächen zu, da die zu erwartenden Immissionen deutlich geringer ausfallen werden als bei
einem Vollausbau der Nordtangente.
Eine dritte Variante unterstellt einen weiter verkürzten Ausbau bis zum Bienroder Weg, wodurch
die aufwendige Querung des Bereiches Bahnlinie - Wabe/Mittelriede entfällt. Es ergeben sich
63
Belastungen zwischen 12.900 und 7.100 Kfz-Fahrten pro Werktag, die i. w. aus kleinräumigen
Verkehrsverlagerungen von der A 392 - Hamburger Straße - Rebenring herrühren mit Entlastungen im Bereich zwischen Rebenring und Siegfriedstraße.
Zusammenfassend wird aus gutachterlicher Sicht festgestellt, dass der Plan einer Nordtangente
zwischen Hamburger Straße und Volkmarode-Nord in vierstreifigem, niveaufreiem Ausbau aufgegeben werden sollte. Dagegen erscheint der Bau einer niveaugleich geführten Stadtstraße zwischen Hamburger Straße und Bienroder Weg auf der Trasse Nordtangente überlegenswert. Diese
Straße entlastet kleinräumig zwischen Siegfriedstraße und Rebenring, ohne dabei Fernverkehre
von den Autobahnen abzuziehen. Gleichzeitig wäre sie als Erschließung für bereits vorhandene
und neu zu beplanende Siedlungsflächen geeignet.
Þ Kein Bau der Osttangente
Die im Flächennutzungsplan von 1978 als autobahnähnlich ausgebaute Straße dargestellte Osttangente ist Bestandteil eines ehemals geplanten, stadtnahen Autobahnringes um Braunschweig
(dem auch die West-, Nord- und Südtangente angehören). Die Osttangente liegt jedoch in einem
Bereich, in dem es durch die A 39 eine weitere, stadtfern geführte Tangentialverbindung um
Braunschweig herum gibt.
Im Rahmen des VEP wurden Berechnungen vorgenommen, um die Entlastungseffekte einer
Osttangente auf das übrige Straßennetz aufzeigen. So wird der östliche Wilhelminische Ring
durch den Bau der Osttangente nur um rd. 5.000 - 8.000 Kfz-Fahrten entlastet, so dass hier rd.
30.000 Kfz-Fahrten pro Werktag verbleiben. Damit werden nur geringfügige Verbesserungen in
der Lärmsituation erreicht. Die verbleibenden Verkehrsmengen auf dem Ring sind noch so hoch,
dass ein Rückbau (z. B. zur Einrichtung von Busspuren) nicht erfolgen kann. Auf dem Messeweg/Ebertallee werden Entlastungen um rd. 3.500 Kfz-Fahrten, auf der Berliner Straße um rd.
5.000 Kfz-Fahrten erreicht.
Die durch den Bau der Osttangente beanspruchten Flächen um Nußberg und Prinz-Albrecht-Park
(Prinzenpark) bilden neben dem Bürgerpark die größten Naherholungsräume für die Braunschweiger Bürger - und hier im Besonderen für die Bürger des östlichen Ringgebietes, die mit dem
Bau der Osttangente vom Verkehr entlastet werden sollen. Die Flächen stehen heute überwiegend
unter Landschaftsschutz. Der Bau der Osttangente würde eine einschneidende Trennung zwischen Nußberg und Mittelriede/Wabe sowie Prinzenpark und dem Naturschutzgebiet Riddagshausen/Buchhorst hervorrufen. Auch mit umfangreichen Lärmschutzmaßnahmen wird die Trasse zu
einer erheblichen Verlärmung sowie zu einem erheblichen Schadstoffeintrag für diesen bisher
64
weitgehend unberührten Landschaftsteil beitragen. Zudem sind durch den vorhandenen Untergrund in den Niederungen von Wabe und Mittelriede vermutlich erhebliche Bauwerkssicherungsmaßnahmen erforderlich (Salztektonik).
Der Ausbau der Osttangente sollte nicht weiter verfolgt werden, da die Entlastungseffekte für das
städtische Straßennetz eher bescheiden ausfallen, dagegen erhebliche Beeinträchtigungen in
hochempfindlichen Erholungsbereichen entstehen, zumal mit der A 39 bereits eine (stadtfern
geführte) östliche Tangente besteht bzw. vorgesehen ist.
Þ 6-streifiger Ausbau der Westtangente mittelfristig nicht realisierbar
Der Ausbau der Westtangente A 391 sowie der A 39 zwischen dem Autobahndreieck Südwest
und dem Autobahnkreuz Süd auf 6 Fahrstreifen ist eine wirksame Maßnahme, um Verkehre zu
bündeln, die heute innenstadtnahe Hauptverkehrsachsen belasten. Die Maßnahme würde Verkehre in Höhe von rd. 12.000 bis 16.000 Kfz-Fahrten pro Werktag auf die Westtangente verlagern,
wobei sich i. w. auf den innerstädtischen Hauptverkehrsachsen in Nord-Süd-Richtung, auf der
Hamburger Straße und der Hansestraße sowie auf dem Wilhelminischen Ring Entlastungen ergeben würden.
Eine kurz- bis mittelfristige Realisierbarkeit der Maßnahme wird aber als äußerst unwahrscheinlich
angesehen, da in einigen Teilbereichen der Abstand zur vorhandenen Bebauung bereits heute
sehr gering ist (z. B. Alt-Lehndorf), sich dabei der Grunderwerb sehr schwierig gestalten würde
und sehr lange Planungszeiträume erfordern würde. Zudem verursacht der dann notwendige
Umbau der gerade erst installierten Lärmschutzeinrichtungen entlang der Westtangente hohe
Kosten. Der Ausbau der Westtangente auf 3 Fahrstreifen je Fahrtrichtung sollte deshalb zunächst
nicht weiterverfolgt werden.
Þ Verkehrsgerechter Umbau des Autobahndreiecks Braunschweig-Südwest
Durch den Neubau der A 39 und den Anschluß an die A 2 wird ein erheblicher Anstieg der Verkehrsbelastungen auf der A 39 auch im Bereich Braunschweig erwartet. Die Gesamtbelastungen
im Autobahndreieck Braunschweig-Südwest steigen dadurch vom Analyse-Fall 1993 zum Prognosehorizont 2010 im Planfall P0 um 17.300 Kfz-Fahrten auf 111.200 Kfz-Fahrten pro Werktag an,
wobei der Anstieg durch den Zuwachs der Verkehrsnachfrage im regionalen Verkehr und im Fernverkehr sowie aus der Verlagerung von Fernverkehren der Achse Kassel - Berlin von der Westtangente A 391 auf die A 39 begründet ist. Gleichzeitig führt auch der Rückbau der heutigen Anschlußstelle Braunschweig-Rüningen - (Fahrtrichtung Braunschweig an der nördlichen Thiedestraße) und der Neubau der Anschlußstelle Rüningen südlich der Ortslage zu Verkehrsverlage65
rungen, so dass jetzt vermehrt Fahrten (z. B. von Stöckheim) über die A 395 - A 39 nach Braunschweig abgewickelt werden.
Das Autobahndreieck Braunschweig-Südwest sowie die Verbindung der A 39 bis zum Autobahnkreuz Braunschweig-Süd stellt die einzige leistungsfähige Straßenverbindung im Süden der Stadt
dar und hat demnach neben der Abwicklung des Regional- und Fernverkehrs auch großen Einfluß
auf die Abwicklung der städtischen Verkehre. Um Verdrängungen ins innerstädtische Straßennetz
durch Überlastungen dieses Abschnittes auszuschließen, sollte das Autobahndreieck Braunschweig-Südwest der anwachsenden Verkehrsnachfrage entsprechend umgebaut werden.
Þ Kein Bau einer Anschlussstelle „Schmalbachstraße„ an die A 391
Der Bau einer Anschlussstelle „Schmalbachstraße„ an die A 391 ist im Planfall P2 unterstellt. Über
die Anschlussstelle werden insgesamt 13.000 Kfz-Fahrten/Werktag abgewickelt. Bevorzugt nachgefragte Fahrtrichtungen sind dabei die Beziehungen Schmalbachstraße - A 391 Nord (mit 5.400
Kfz-Fahrten) und Schmalbachstraße - A 391 Süd (mit 3.800 Kfz-Fahrten). Die Anschlussstelle
trägt damit vor allem zur Entlastung der Gifhorner Str. und Hamburger Str. bei, da Verkehr aus
den Bereichen Volkswagenwerk und Schmalbachstr. (VAG-Leasing) direkt auf die Autobahn
geführt werden.
Wie die Mängelanalyse im Planfall P0 gezeigt hat, bestehen für die Gifhorner und Hamburger
Straße in den Bereichen keine Mängel in der Verkehrsabwicklung auf Strecken oder an Knoten
sowie keine Unverträglichkeiten zwischen dem Kfz-Verkehr und den angrenzenden Nutzungen, so
dass kein Erfordernis für eine Entlastung gesehen wird. Eine Realisierung der Maßnahme wird
daher aus verkehrlicher Sicht als nicht erforderlich angesehen, zudem sich in unmittelbarer Nähe
die Anschlussstelle „Hansestraße„ befindet.
Þ Ortsumgehung Watenbüttel
In den Planfallberechnungen wurden die Auswirkungen einer Ortsumgehung für Watenbüttel in
zwei Varianten untersucht. Die Ostumgehung verläuft in niveaufreier Führung als Verlängerung
der A 392 über die Okerniederung. Demgegenüber wird für die Westumgehung eine Führung z. T.
in Tieflage entlang der Bahntrasse mit Anschluss an die Peiner Straße und die Hans-JürgenStraße unterstellt.
Mit einer ortsnah geführten westlichen Umgehung werden insgesamt größere Entlastungseffekte
für die Ortsdurchfahrt erzielt als mit einer Ostumgehung. Die Ostumgehung wird aufgrund der
großzügigeren Trassierung zwar vom regionalen Verkehr etwas besser angenommen, dagegen
66
kann der Verkehr aus dem Raum Völkenrode / Wendeburg / Bortfeld sowie Teile des Quell- und
Zielverkehrs Watenbüttel durch die fehlenden Anschlüsse nicht über die Umgehung abgeleitet
werden, so dass bei der Ostumgehung mit rd. 9.200 Kfz-Fahrten pro Werktag deutlich höhere
Verkehrsstärken in der Ortsdurchfahrt verbleiben als im Falle einer Westumgehung mit rd. 6.500
Kfz-Fahrten pro Werktag. Zudem würde die Ostumfahrung einen erheblichen Eingriff im Bereich
der Okeraue bedeuten. Die Westumfahrung ist durch ihre bauliche Führung sowie die erforderlichen Anschlussstellen ebenfalls nur mit erheblichem Aufwand zu realisieren, sie bewirkt aber
durch ihre schienenparallele Lage keine weitere Zerschneidung.
Aus gutachterlicher Sicht wird empfohlen, die Westumfahrung Watenbüttel weiter zu verfolgen, da
sie aus verkehrlicher Sicht eine wirkungsvolle Entlastung der Ortsdurchfahrt bewirkt bei geringeren Eingriffen in die Landschaft als die Ostumfahrung. Sollte sich nach eingehender Prüfung diese
Variante als nicht realisierbar erweisen, sollte ein Rückbau der Ortsdurchfahrt bei gleichzeitiger
Pförtnerung der Celler Heerstraße mittels einer Lichtsignalanlage betrieben werden, um möglichst
viele Kfz-Fahrten auf die (ausgebaute) A 2 bzw. die Hansestraße und A 391 zu verlagern.
Þ Verkürzter Ausbau Schlesiendamm
Die Verlängerung des Sachsendamms bis zur Militschstraße (Schlesiendamm) wurde im Planfall
P1 untersucht. Dabei wurde die heutige Zufahrt zum Ortskern Melverode über Autobahnabfahrt
und Briegstraße aufgehoben. Die Maßnahme bewirkt die Verlagerung des gesamten Durchgangsverkehr in Richtung Stöckheim sowie großer Teile des Quell- und Zielverkehrs von Melverode auf
den Schlesiendamm, so dass sich Entlastungen in der Ortsdurchfahrt um rd. 3.800 Kfz-Fahrten
pro Werktag ergeben. Auf dem Schlesiendamm werden Belastungen von rd. 5.000 Kfz-Fahrten
pro Werktag erreicht.
Der Ausbau entlastet die Ortsdurchfahrt Melverode mit den angrenzenden Schulen, Kindergarten,
Wohnnutzungen, Stadtteilzentrum und Kirche wirkungsvoll vom Verkehr. Zudem kann durch den Ausbau der problematische Anschluss der Briegstraße an die Autobahnausfahrt entfallen, bei dem heute
entgegen der Fahrtrichtung der Ausfahrt gefahren werden muss. Eine Verlängerung des Sachsendamms bis zur Militschstraße wird aus gutachterlicher Sicht empfohlen.
Þ Führung der B1 über die Schillstraße
Die Führung der B1 über die Schillstraße und der gleichzeitige Rückbau der parallelen Abschnitte der
Helmstedter Straße und der Leonhardstraße führen zu einer Bündelung des Verkehrs auf der Schillstraße und zu erheblichen Entlastungen der parallelen Straßenabschnitte. Die Belastungen auf der
Helmstedter Straße werden damit z. B. vor dem Krankenhaus Marienstift um rd. 13.000 Kfz-Fahrten
67
auf rd. 4.000 Kfz-Fahrten pro Werktag zurückgehen. Die Belastungen auf der Schillstraße werden
damit auf rd. 15.000 - 17.000 Kfz pro Werktag ansteigen.
Aus gutachterlicher Sicht kann die Maßnahme empfohlen werden, da sie zur Bündelung des Verkehrs und zur Entlastung empfindlicher Bereiche in Braunschweig führt. Dabei muss aber im
Detail untersucht werden, ob der Knotenpunkt Schillstraße - Altewiekring die zusätzlichen Belastungen aufnehmen kann oder in wieweit eine Umgestaltung erforderlich wird.
Þ Sperrung der K 31 zwischen Bevenrode und Hondelage
Die Sperrung der K 31 zwischen Bevenrode und Hondelage ist unter verkehrlichen Aspekten
möglich. Sie führt nur zu marginalen Veränderungen in den Verkehrsbelastungen auf dem umgebenden Straßennetz, da die Straße auch heute nur sehr gering belastet ist. Zudem besteht eine
weitere Verbindung der Ortslagen über Waggum, wobei dem Kfz-Verkehr dieser geringe Umweg
zugemutet werden kann. Eine direkte Verbindung für den Radverkehr sollte aber erhalten bleiben.
Bei einer möglichen Erweiterung des Flughafens nach Osten sollte die Grasseler Straße südlich
von Waggum erhalten bleiben. Dabei ist eine Verlegung der Straße oder eine aufwendigere Tunnellösung im Zuge der alten Trasse denkbar. Die K 31 sollte dann bis zum Umbau bzw. für den
Bauzustand der Grasseler Straße erhalten bleiben.
Þ Sperrung der Verbindung Klein Gleidingen - Timmerlah
Durch eine Sperrung der direkten Verbindung Klein Gleidingen - Timmerlah für den Kfz-Verkehr
werden Fahrten jetzt stärker über Groß Gleidingen abgewickelt, was zu Verkehrszunahmen von
rd. 1.200 Kfz-Fahrten und Belastungen von 4.000 Kfz-Fahrten pro Werktag zwischen Klein Gleidingen und Groß Gleidingen führt. Die Maßnahme bewirkt eine Bündelung des Verkehrs auf den
Hauptverkehrsstraßen bei verhältnismäßig geringem Umweg sowie eine Verkehrsentlastung der
Kirchstraße in Timmerlah und kann gutachterlich befürwortet werden.
Þ Sperrung der Ebertallee möglich, keine Sperrung der B1 im Bereich Mastbruch
Die Sperrung der Ebertallee für den Durchgangsverkehr und die Sperrung der B1 im Bereich
Mastbruch für autobahnfähige Verkehre stehen verkehrlich in engem Zusammenhang. Im Planfall
P2 ist eine Sperrung der Ebertallee in Höhe des Bahnübergangs unterstellt. Damit ist das Naherholungsgebiet Buchhorst sowohl von Riddagshausen als auch von der B 1 weiterhin vom KfzVerkehr erreichbar, der Durchgangsverkehr wird unterbunden. Die Sperrung der B 1 im Bereich
68
Mastbruch für autobahnfähige Verkehre wurde aus naturschutzfachlichen Gesichtspunkten eingebracht. Gründe für eine Sperrung bestehen in diesem Bereich aus verkehrlicher Sicht nicht.
Beide Maßnahmen wurden gemeinsam im Planfall P2 untersucht mit der Folge, dass Verkehre für ca.
2,5 km von der B 1 über die neugebaute und parallel verlaufende A 39 geführt werden müssen. Dies
hat starke ein- und ausfahrende Verkehrsströme auf der Autobahn zur Folge, die zu einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit führen können. Aus verkehrlicher Sicht kann die Sperrung der B 1 im
Bereich Mastbruchsiedlung deshalb nicht empfohlen werden. Eine Sperrung der Ebertallee erscheint
nur bei durchgehender B 1 machbar. Die dadurch hervorgerufenen Verlagerungen im Kfz-Verkehr
müssen im Detail untersucht werden.
Weitere untersuchte infrastrukturelle Maßnahmen
Der Bau der Eckverbindung Forststraße - Bienroder Weg in Kralenriede kann aus gutachterlicher Sicht nicht empfohlen werden. Die neu geschaffene Eckverbindung erhält nur geringe Verkehrsbelastungen, die aus einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs resultieren und je nach
Ausgestaltung des umgebenden Straßennetzes zwischen 3.300 (mit Nordtangente) und 6.500
Kfz-Fahrten pro Werktag (ohne Nordtangente) betragen. Auf dem Bienroder Weg - Steinriedendamm verbleiben die Quell- und Zielverkehre in Höhe von rd. 3.000 Kfz-Fahrten pro Werktag.
Dagegen wird eine neue Straße am südlichen Ortsrand von Kralenriede geschaffen, die zu einer
weiteren Verlärmung von Südosten führt, ohne die Ortsdurchfahrt wirkungsvoll vom Verkehr zu
entlasten und in unmittelbarer Nähe zu den Studentenwohnheimen an der Schunter liegt. Zudem
sind in der Mängelanalyse in keinem Wirkungsbereich Mängel festgestellt worden, so dass aus
verkehrlicher Sicht kein dringendes Erfordernis zum Bau der Eckverbindung besteht.
Mit der Verlängerung der Elbestraße bis zur Timmerlahstraße wird eine neue Anbindung der
Ortschaft Timmerlah an die Kernstadt von Braunschweig für den Kfz-Verkehr geschaffen. Die
Berechnungen haben ergeben, dass auf dem neuen Straßenabschnitt Belastungen von 5.100 KfzFahrten pro Werktag erreicht werden. Gleichzeitig führt die Verlängerung zu steigenden Belastungen auf dem süd-westlichen Teil der Elbestraße um rd. 2.400 Kfz-Fahrten pro Werktag, die aus
verlagerten Verkehren resultieren. Diese Verlagerungen kommen überwiegend vom Straßenzug
Timmerlahstraße - An der Rothenburg - Donaustraße und führen hier zu Entlastungen um 3.000
bis 5.000 Kfz-Fahrten pro Werktag. Es werden jedoch kaum Verbesserungen in der Erreichbarkeit
(Zeit oder Weg) erreicht. Zudem sind in der Mängelanalyse in keinem Wirkungsbereich Mängel
festgestellt worden, so dass aus verkehrlicher Sicht kein dringendes Erfordernis zur Verlängerung
der Elbestraße besteht.
69
Die Straße Im Ganderhals wird heute überwiegend durch Fahrten zwischen der Weststadt, Broitzem und Timmerlah und dem Bereich westliches Ringgebiet - Innenstadt zur Umfahrung der
Münchenstraße und des Wilhelminischen Ringes genutzt. Diese sog. Schleichverkehre führen
direkt durch den Westpark und belasten zusätzlich den Madamenweg. Unter dem Aspekt einer
anzustrebenden Bündelung des Verkehrs auf die vorhandenen Hauptverkehrsstraßen sollte die
Durchfahrt nur Anliegern und Polizei- und Rettungsfahrzeugen sowie dem ÖPNV gestattet sein.
Eine Verringerung des Verkehrsaufkommens hätte auch positiven Einfluss auf den Betrieb einer
geplanten Freiluftarena (Amphitheater).
Der Bau einer Verbindungsstraße vom Hauptgüterbahnhof zur Ackerstraße ist aus der derzeitigen Nutzung des Bereiches um Hauptgüterbahnhof und Rangierbahnhof verkehrlich nicht erforderlich. Unter denkbaren großflächigen Neunutzungen kann ein Straßenneubau in diesem Bereich
aber möglicherweise erforderlich werden.
Eine Umgestaltung von Ortsdurchfahrten wurde in beiden Planfällen P1 und P2 unterstellt und
berücksichtigt zunächst die Ortsdurchfahrten Watenbüttel, Völkenrode, Mascherode, Rüningen,
Timmerlah, Schapen und Bienrode, wobei die Auswahl einige besonders problematische Ortslagen in den Außenbereichen von Braunschweig aufgreift. Mit einer Umgestaltung sind Verkehrsverlagerungen nur in geringem Maße zu erreichen. Verbesserungen in der Verkehrssituation in
der Ortsdurchfahrt werden i. w. durch Verringerungen der Kfz-Geschwindigkeiten und den damit
verbundenen Verbesserungen bei der Verkehrssicherheit und den Lärmimmissionen erreicht.
Zudem kann eine Neuordnung der Straßenräume die Situation für Fußgänger und Radfahrer
verbessern und ganz allgemein bessere Aufenthaltsqualitäten in den Straßenräumen schaffen, in
denen sich häufig die Funktionen Wohnen und Einkaufen / Kommunikation und Verkehr gegenüberstehen. Eine Umgestaltung von empfindlichen Ortsdurchfahrten zur verträglicheren Abwicklung des nicht verlagerbaren Kfz-Verkehrs muss deshalb unbedingt empfohlen werden.
70
4.5.3 Parkraumbewirtschaftung
Das größte verkehrliche Problem für die Städte und insbesondere für die Innenstädte stellt vielfach der ruhende Verkehr dar. Im unbewirtschafteten Zustand der öffentlichen Parkstände stellt
sich erfahrungsgemäß die Situation ein, dass die Beschäftigten einen Großteil der Parkstände von
morgens bis abends belegen, im Laufe des Vormittags die Kunden die restlichen Parkstände in
Anspruch nehmen und der später ankommende Lieferverkehr blockierte Parkbuchten vorfindet,
zum Laden und Entladen in zweiter Reihe parken muss und seinerseits den fließenden Verkehr
blockiert. Deshalb ist eine flächenhafte Parkraumbewirtschaftung für einen geordneten Stadtverkehr eine unerlässliche und erfahrungsgemäß auch äußerst effektive Maßnahme.
Die Umsetzung des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes empfiehlt sich für die Stadt Braunschweig aus vielerlei Gründen. Ein wichtiger besteht in dem Ziel, eine Umwandlung von Dauerparkständen zu Kurzzeitparkständen zu erreichen. Da erfahrungsgemäß ein Dauerparkstand
tagsüber von 1 bis 2 Fahrzeugen genutzt wird, ein Kurzzeitparkstand mit maximaler Parkdauer
von drei Stunden jedoch 5 bis 7 Wechsel erfährt, sind damit die Ansprüche des Einzelhandels
hinsichtlich der Verbesserung von Parkmöglichkeiten für Kunden selbst dann zu befriedigen, wenn
aus anderen verkehrsplanerischen oder stadtgestalterischen Gründen ein Teil der bisherigen
Parkstände entfällt und die frei werdenden Flächen mit anderen Nutzungen belegt werden.
Die Innenstadt von Braunschweig verfügt über eine vergleichsweise große Zahl von privaten und
öffentlichen Parkständen. Die bestehende Anordnung von Parkgaragen am Cityring konzentrisch
um die Innenstadt ist ein hervorragendes Konzept für die Erschließung der Innenstadt und deren
Erreichbarkeit für den motorisierten Kunden und Besucher, da jeder Punkt der Innenstadt zu Fuß
sehr gut erreicht werden kann. Zudem erleichtert dieses Konzept dem Besucher die Orientierung
und der Verkehrsverwaltung die Verkehrslenkung mittels eines Parkleitsystems. Neben den bereits vorhandenen Parkbauten werden durch die Cinemaxx-Parkgarage ab dem Jahr 2000 weitere
215 Parkstände zur Verfügung stehen.
Wie die Erfahrung zeigt, sind die heute bereits bestehenden Parkgaragen an einem normalen
Werktag jedoch bei weitem nicht ausgelastet, während andererseits die Innenstadtstraßen durch
Falschparker weitgehend überparkt sind. Hier empfiehlt sich zum einen eine Gebührengestaltung
in der Weise, dass die Parkgebühr auf straßenbegleitenden öffentlichen Parkständen deutlich
über den Gebühren in Parkgaragen liegen. Zum anderen muss die zulässige Höchstparkdauer auf
einem Teil der straßenbegleitenden Parkstände zeitlich, beispielsweise auf maximal drei Stunden,
begrenzt werden. Vor Geschäften mit hohem Kundenverkehr mit vorwiegend kurzen Tätigkeiten
71
(z.B. Banken, Lebensmittelgeschäften) empfiehlt sich die Einrichtung einer größeren Zahl von
Parkständen mit maximaler Parkdauer von 30 Minuten, um eine größere Zahl von Parkvorgängen
für nur kurze Tätigkeiten (z.B. Abholen, Kurzeinkauf) zu ermöglichen. Durch diese zeitliche Bewirtschaftung der Parkstände mit begrenzter und sehr kurzer maximaler Parkdauer wird die Erreichbarkeit der Geschäfte für den motorisierten Kunden gegenüber dem unbewirtschafteten Zustand
wesentlich gesteigert und der Einzelhandel in der Innenstadt unterstützt.
Durch eine flexiblere Gebührenordnung für die Parkgaragen lässt sich der Auslastungsgrad der
einzelnen Parkgaragen steuern und auf diese Weise wiederum mehr Raum im Straßenbereich
schaffen. Wesentlich für den Erfolg einer Parkraumbewirtschaftung ist die intensive Kontrolle zur
Verhinderung von Falschparken. Das Verständnis des Bürgers diesen Kontrollen gegenüber kann
am besten durch ein logisches und flexibles Angebot und die entsprechende Information darüber
gesteigert werden.
Eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Akzeptanz der Parkgaragen in Braunschweig ist die
Ausweitung der Öffnungszeiten bis mindestens 24 Uhr. Die Überlagerung der Nachfrage nach
Parkmöglichkeiten von Kunden des Einzelhandels einerseits und von Besuchern von Freizeit-,
Unterhaltungseinrichtungen sowie der Gastronomie andererseits führt bei der heute üblichen
Schließung der Parkgaragen um 22 Uhr zu einem erheblichen Parkdruck im Straßenbereich zwischen 18 und 20 Uhr.
Besondere Probleme bestehen erfahrungsgemäß in den Bereichen des Stadtgebietes, in denen
durch zentrale Einrichtungen mit hohem Publikumsaufkommen (wie Theater, Kinos, Sportstätten
etc.) eine räumlich und zeitlich sehr konzentrierte Parkraumnachfrage entsteht. So hat sich beispielsweise die Parksituation im Bereich des Braunschweiger Staatstheaters seit der Verlängerung der Ladenschlusszeiten wesentlich verschlechtert, da nunmehr die Theaterbesucher der
abendlichen Vorstellungen mit den noch anwesenden Einzelhandelskunden und den ohnehin
vorhandenen Anwohnern um die Parkstände konkurrieren. In derartigen Fällen sind folgende
Maßnahmen relevant:
•
Durch die genannte Maßnahme der Verlängerung der Öffnungszeiten der Parkgaragen bis
mindestens 24 Uhr könnte bei derartigen Einrichtungen im fußläufigen Bereich der Parkgaragen – also auch im zitierten Beispiel des Staatstheaters – bereits weitestgehende Abhilfe geschaffen werden.
•
Auch die bereits genannten Maßnahme eines Gebührengefälles zugunsten der Parkgaragen
steigert die Nutzung der Parkgaragen durch den Einkaufskunden und entlastet die Parkstände
im Straßenraum.
72
•
Gezielte Abhilfe kann gegebenenfalls die Freigabe eventuell vorhandener Sonderflächen
ausschließlich für die Besucher solcher Einrichtungen zu den konkreten Veranstaltungszeiten
schaffen.
•
Bei vergleichsweise hohem Besucheraufkommen (z.B. der im Bau befindlichen VW-Halle)
verbleibt letztlich neben den bereits erwähnten Maßnahmen als zusätzliche Lösungsmöglichkeit nur die Einrichtung eines speziellen Busshuttleservice von Park-and-Ride-Plätzen aus.
•
Zuerst sollte aber auch hierbei geprüft werden, ob nicht durch ein entsprechendes ÖPNVAngebot in Verbindung mir einem Kombiticket, vielleicht nur durch Verlängerung der Betriebszeiten für bestimmte ÖV-Linien bereits Abhilfe möglich ist.
Um zu vermeiden, dass die Parkraumbewirtschaftung im Innenstadtbereich zu Verdrängungseffekten in die Innenstadtrandgebiete führt, ist eine flächenhafte Bewirtschaftung erforderlich, wie es
das vom Rat der Stadt bereits verabschiedete Braunschweiger Konzept vorsieht. Die bisherigen
Reaktionen auf die bereits realisierte Bewirtschaftung lassen auch den Nutzen in der verbesserten
Parkmöglichkeit für kürzere Parkvorgänge erkennen.
Die Einführung der Parkraumbewirtschaftung und die schrittweise Abschaffung von gebührenfreien Parkplätzen nicht nur innerhalb der Innenstadt sondern (schrittweise) innerhalb des gesamten
Wilhelminischen Ringes (als erweiterte Innenstadt) hat auch positive Effekte auf die Nutzung der
öffentlichen Verkehrsmittel und des Fahrrades bei Fahrten in die Innenstadt. Dabei hat sich bei
allen Berechnungen gezeigt, dass die Parkkosten einen erheblichen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl ausüben. So bewirkt z. B. die Einführung von Parkgebühren wie im Planfall P2 unterstellt (4. Schritt des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes) bei gleichzeitiger Förderung des ÖPNV
und des Fuß- und Radverkehrs bezogen auf die Innenstadt einen Rückgang des Pkw-Verkehrs
um rd. 18.000 Fahrten pro Werktag (rd. 10 % des gesamten Innnenstadtverkehrs) mit ebenso
starken Zunahmen beim Fuß- und Radverkehr und dem ÖPNV.
Die schrittweise Einführung des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes ist aus gutachterlicher Sicht
unbedingt zu befürworten. Dabei sollten begleitende Studien über die Auswirkungen der einzelnen
Maßnahmen angestellt werden, die als Entscheidungsgrundlage für weitere Schritte dienen können. Parallel zur Parkraumbewirtschaftung müssen die anderen Verkehrssysteme Fuß- und
Radverkehr und der öffentliche Personennahverkehr weiter attraktiviert werden. Besonders bei
Einführung bzw. Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung ist eine intensive Öffentlichkeitsarbeit
unbedingt erforderlich.
73
4.5.4 Flächenhafte Verkehrsberuhigung: Umsetzung des Tempo-30-Konzepts
Um eine effektive Ausnutzung der bereits vorhandenen Verkehrsangebote zu erreichen, sollte der KfzVerkehr auf ein vermaschtes Netz städtebaulich integrierter Hauptverkehrsstraßen gebündelt werden.
Dazu tragen insbesondere die Umsetzung von Maßnahmen zur Verkehrslenkung bei, aber auch eine
flächenhafte Verkehrsberuhigung mit funktional und gestalterisch abgegrenzten Quartieren mit Tempo30-Zonen kann begrenzt zu Verkehrsverlagerungen führen.
Tempo-30-Zonen bewirken deutliche Abnahmen bei der Anzahl Unfälle mit Personenschäden und der
Unfallschwere. Durch die Reduzierung der Geschwindigkeiten ergibt sich eine Verringerung der Lärmimmissionen, die je nach Gegebenheiten zwischen 2 und 4 dB(A) betragen kann sowie eine Verringerung der Schadstoffbelastungen und des Kraftstoffverbrauchs. Die schrittweise Einführung einer
flächenhaften Verkehrsberuhigung und damit verbunden die Einführung eines Vorrangnetzes ist aus
gutachterlicher Sicht unbedingt zu befürworten (Abbildung 4.7).
74
Flächenhafte Verkehrsberuhigung
x
x
x
x
x
x
x
x
Legende
Vorbehaltsnetze und
Geschwindigkeiten
Vorbehaltsnetz > 50 km/h
Vorbehaltsnetz bis 50 km/h
Vorbehaltsnetz mit 30 km/h
Straßen in Tempo-30-Zonen
Straßenneubau (Planung)
x x Sperrung (Planung)
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich Kfz-Verkehr:
Flächenhafte Verkehrsberuhigung und Tempo-30-Zonen
Abb.
4.7
75
4.6
Verknüpfung der Verkehrssysteme
4.6.1 Generelle Empfehlungen
Eine der nächstliegenden und vor allem in den Ballungsräumen bereits seit langem praktizierte Möglichkeit zur Verkehrsverlagerung von MIV auf den ÖPNV ist Park-and-Ride. Es ist zweifellos eine
sinnvolle und notwendige Strategie, durch sachgerechte Verknüpfungseinrichtungen das Umsteigen
von einem auf ein anderes Verkehrssystem zu erleichtern, um auf diese Weise die spezifischen Vorteile jedes Systems nutzen zu können. Wird jedoch - wie es bei P+R i. a. der Fall ist - dieser Umstieg
vom MIV auf den ÖPNV erst dort vorgesehen, wo echte Engpässe für den Pkw-Verkehr auftreten, also
in verdichteten Stadtgebieten, so wird damit der ÖPNV in den Außenbereichen, in denen er im Sinne
einer Verkehrsverlagerung zusätzlich Verkehrsleistung übernehmen soll, nicht unterstützt. Vielmehr
wird damit lediglich zur Verfestigung von Strukturen beigetragen, die in Außenbereichen einseitig auf
den MIV ausgerichtet sind und dem ÖPNV in der Fläche „das Wasser abgraben“.
Zudem sind die Umsteigereffekte, die mit einem Park-and-Ride-System zu erreichen sind, eher
bescheiden. Im Werktagsverkehr wird P+R im wesentlichen von Berufs- und Ausbildungspendlern
bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Dauerstellplätzen in der Stadt angenommen. Dagegen
bildet das Park-and-Ride-System ein wichtiges Element bei der Bewältigung des Verkehrs an
Spitzentagen, z. B. an Samstagen, in der Vorweihnachtszeit oder bei großen Veranstaltungen
(evtl. auch mit Teilsperrungen der Innenstadt).
Eine langfristig sinnvolle Verknüpfungsstrategie sollte es deshalb sein, einen frühzeitigen Umstieg auf
das Nahverkehrssystem - also bereits in der Region - zu fördern, um die Verlagerung eines möglichst
hohen Anteils der regionalen motorisierten Verkehrsarbeit auf öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen.
Dazu ist der Ausbau von Park-and-Ride-Anlagen entlang der starken Achsen des regionalen ÖV in den
umliegenden Städten und Gemeinden erforderlich. Voraussetzung dafür ist die Errichtung eines attraktiven, regionalen Verkehrsangebotes, wie es durch die schrittweise Umsetzung des Nahverkehrsplans
und die Einführung des Tarifverbundes durch den Zweckverband Großraum Braunschweig bereit
begonnen wurde. Park-and-Ride-Anlagen im Stadtgebiet von Braunschweig sollten i. w. an Standorten
an der Peripherie ausgebaut werden, die über gute ÖV-Anbindungen (möglichst Stadtbahn) verfügen,
um bei hoher Auslastung des innerstädtischen Parkraums (z. B. bei größeren Veranstaltungen oder im
Vorweihnachtsgeschäft) Verkehrsströme aus dem Umland abwickeln zu können.
Die Umsetzung von restriktiven Maßnahmen wie z. B. eine intensive flächendeckende Parkraumbewirtschaftung oder der Rückbau von Parkflächen in der Innenstadt setzen zum einen ein
funktionierendes P+R-Angebot voraus, zum anderen wird durch Restriktionen in der Innenstadt
auch eine erhöhte Nutzung des P+R-Systems erzeugt. Ein wesentliches Element muss ein dyna76
misches Verkehrsleit- und Informationssystem, z. B. über die Parkraumauslastung in der Innenstadt und die nächste ÖV-Abfahrt am P+R-Platz, sein.
Dagegen bildet Bike-and-Ride ein wichtiges Zubringersystem zum ÖPNV auch im Werktagsverkehr. Mittels witterungsgeschützter und diebstahlsicherer Abstellanlagen entlang attraktiver Achsen des ÖPNV können die Einzugsbereiche der Haltestellen vergrößert und auch abseits der ÖVAchsen gelegene Wohnbereiche angebunden werden, ohne die strikte und schnelle Linienführung
im ÖPNV aufzugeben.
4.6.2 Maßnahmenempfehlung
Þ Bike-and-Ride-Konzept
Der Ausbau der Bike-and-Ride-Anlagen ist eine sinnvolle Maßnahme zur Förderung des Fahrradverkehrs und des ÖPNV. Mit dem Bau attraktiver Fahrrad-Abstellanlagen soll der Einzugsbereich des ÖPNV vergrößert werden, so dass der ÖPNV auch für solche Personen attraktiv wird,
die außerhalb des fußläufigen Einzugsbereiches der ÖV-Haltestellen wohnen oder arbeiten. Damit
kann der ÖPNV auf den Hauptachsen verbleiben und es können zeitaufwendige Umwegfahrten
durch abseits der Hauptachsen gelegene Wohngebiete entfallen.
Die Einrichtung von Bike-and-Ride-Anlagen sollte vornehmlich an solchen Haltestellen erfolgen,
die über ein großes Einzugsgebiet sowie eine gute ÖV-Andienung verfügen (z. B. Haltestellen mit
TwinLine-Bedienung oder Haltestellen der Stadtbahn). Die bestehenden Anlagen müssen weiter
attraktiviert werden. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Anlagen sollten Anlagen an folgenden
Haltestellen errichtet werden:
• Kanzlerfeld, Rudolfsplatz, Weststadt (Rheinring), Gartenstadt (Im Seumel), Bebelhof, Rautheim
(Paxmannstraße), Gliesmarode (Petzvalstraße), Schuntersiedlung (Tostmannplatz), Völkenrode (Dorfplatz), Lindenbergsiedlung (Julius-Elster-Straße), Querum (Essener Straße), Waggum
(Breitenhop)
An den Haltestellen Hauptbahnhof und Europaplatz, die im zukünftigen ÖPNV-System wichtige
regionale Verknüpfungspunkte in Braunschweig darstellen, sollten komfortable zentrale Bike-andRide-Anlagen geschaffen werden.
77
Þ Park-and-Ride-Konzept
Der Aufbau eines Park-and-Ride-Systems bildet einen weiteren Baustein für die Gestaltung des
zukünftigen Verkehrssystems in Braunschweig. Die Umsteigereffekte, die mit einem Park-andRide-System in Braunschweig zu erreichen sind, sind im normalen Werktagsverkehr - wie die
Belegungszahlen der bestehenden P+R-Anlagen zeigen - aber eher bescheiden. Im Werktagsverkehr wird P+R im wesentlichen von Berufs- und Ausbildungspendlern bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Dauerstellplätzen in der Innnenstadt angenommen. Dabei ist auch zu vermuten, dass
Umsteigevorgänge vom Pkw auf den ÖV auch außerhalb der P+R-Standorte stattfinden, z. B. mit
Parken am Straßenrand. Erhebungen über den Umfang liegen dazu aber nicht vor.
Dagegen bildet das Park-and-Ride-System ein wichtiges Element bei der Bewältigung des Verkehrs an Spitzentagen, z. B. an Samstagen, in der Vorweihnachtszeit oder bei großen Veranstaltungen (evtl. auch mit Teilsperrungen der Innenstadt).
Die verkehrlichen Auswirkungen des Park-and-Ride-Konzeptes für den zukünftigen, normalen
Werktagsverkehr im Jahr 2010 sind in beiden Planfällen P1 und P2 untersucht worden. Im Planfall
P1 werden im Werktagsverkehr insgesamt 480 P+R-Nutzer ermittelt, von denen 380 aus dem
Umland und 100 aus Braunschweig kommen. Im Planfall P2 wird mit 1.160 P+R-Nutzern eine
deutlich höhere Nachfrage ermittelt. Diese resultiert aus dem hier unterstellten, weiteren Ausbau
der Park-and-Ride-Anlagen verbunden mit einem sehr dichten ÖV-Angebot mit Stadtbahnbeschleunigung bei gleichzeitiger Parkraumbewirtschaftung innerhalb des Wilhelminischen Ringes.
Ohne zusätzliche Maßnahmen wie z. B. eine konsequentere Überwachung der Parkstände gegen
Falschparker oder den Rückbau von Parkraum in der Innenstadt sind die durch den Ausbau des
Park-and-Ride-Systems erreichbaren Verlagerungseffekte im Werktagsverkehr bezogen auf die
gesamte Verkehrsnachfrage im MIV (rd. 370.000 Personenfahrten pro Werktag im Quell- und
Zielverkehr im Planfall P2) mit einem Anteil von rd. 0,3 % eher bescheiden.
Dabei resultiert die P+R-Nachfrage nicht allein aus Umsteigern vom MIV, sondern auch aus Umsteigern vom regionalen ÖV. Die Umsteiger vom ÖV sind solche Personen, die bisher z. B. aufgrund fehlender Parkmöglichkeiten am Zielort den regionalen ÖV genutzt haben und jetzt zuerst
mit dem Pkw zum P+R-Platz fahren, um von dort mit dem städtischen ÖV zum Ziel zu gelangen.
Die Anteile der Umsteiger vom ÖPNV betragen im Planfall P1 rd. 50 % und im Planfall P2 rd.
30 % der ermittelten P+R-Nachfrage. Die Einrichtung von Park-and-Ride-Anlagen in Braunschweig führt auch zu einer Schwächung des regionalen ÖPNV, wenn wie in den Planfällen ein
attraktives ÖPNV-Angebot von und nach Braunschweig unterstellt wird.
78
Eine verstärkte Akzeptanz kann erwartet werden, wenn das Konzept der Parkraumbewirtschaftung
fortgeführt und eine konsequente Überwachung betrieben wird. Anderenfalls dürfte die Nutzung
von Park-and-Ride wie oben skizziert eher gering ausfallen, so dass P+R vermutlich überwiegend
zur Bewältigung des Verkehrs an Spitzentagen mit hohen Auslastungen der Stellplätze in der
Innenstadt angenommen wird.
Langfristig sollte ein attraktives regionales Nahverkehrssystem von und nach Braunschweig aufgebaut
werden. Park-and-Ride-Standorte sollen ergänzend dazu und möglichst dezentral an allen relevanten
Haltestellen entlang der attraktiven Achsen der Schienenverbindungen (Regionalstadtbahn, Regionalbahn) und der Regionaldirektbusse geschaffen werden. Dadurch soll ein möglichst frühzeitiger Umstieg
auf den regionalen ÖV für Bewohner in solchen Bereichen angestrebt werden, die direkt am Wohnstandort keine attraktive ÖV-Anbindung haben. Zudem entstehen so keine weitläufigen Großparkplätze
inmitten geschlossener, stadtnaher Siedlungsbereiche.
Der Ausbau der P+R-Anlagen im Stadtgebiet der Stadt Braunschweig sollte möglichst peripher
erfolgen. Die Anlagen sollten an den großen Einfallstraßen gelegen sein und gleichzeitig über ein
attraktive ÖV-Anbindung - vorzugsweise mit der Stadtbahn - im Tages- und im Nachtverkehr
verfügen. Die Abbildung 4.8 zeigt in Anlehnung an das Park-and-Ride-Konzept der Stadt mögliche
Standorte von Park-and-Ride-Anlagen in Braunschweig. Bei der Auswahl wurde die in den Planfällen ermittelte Akzeptanz berücksichtigt.
• Helmstedter Str. Opel Dürkop
• Am Hauptgüterbahnhof
• Donaustraße
• Völkenrode-Watenbüttel
• Lincolnsiedlung
270 Stellplätze (Stadtbahn)
70 Stellplätze (Stadtbahn)
160 Stellplätze (Stadtbahn)
ca. 200 Stellplätze (nur mit Regionalstadtbahn)
45 Stellplätze (Stadtbahn)
• Gifhorner Straße
215 Stellplätze (Stadtbahn)
• Petzvalstrasse
150 Stellplätze (Stadtbahn)
• Thüringenplatz Heidberg
175 Stellplätze (Stadtbahn)
• Raffteich
• Wenden-Nord
ca. 200 Stellplätze (Bus)
520 Stellplätze (nur bei Verlängerung der Stadtbahn
bis Wenden-Bf.)
• Volkmarode-Nord
630 Stellplätze (nur bei Verlängerung der Stadtbahn
nach Volkmarode-Nord)
• Stöckheim-Süd
• Salzdahlumer Straße
ca. 200 Stellplätze (Stadtbahn)
100 Stellplätze (Bus)
79
Solche Anlagen, die aufgrund ihrer Lage und Anbindung nur eine sehr geringe Nutzung erwarten
lassen, sind nicht enthalten. Insgesamt sind mit den gezeigten Park-and-Ride-Anlagen rd. 3.000
Stellplätze verfügbar. Zusätzlich bestehen auf dem Sonderparkplatz Messegelände Flächen für rd.
2.500 bis 3.000 Pkw, deren ständige Nutzung aber durch Probleme des Lärmschutzes für die
Bebauung an der Eisenbütteler Straße eingeschränkt ist. Zur konkreten Lage und möglichen
Größe der Anlage müssen Fragen zur Flächenverfügbarkeit im Detail geklärt werden.
Der zur Zeit in Planung befindliche P+R-Standort an der Hildesheimer Straße ist als kurz- bis
mittelfristige Lösung sinnvoll, so lange noch kein ausreichendes regionales ÖV-Angebot besteht.
Langfristig sollte jedoch ein attraktives regionales Nahverkehrssystem von und nach Braunschweig aufgebaut werden, bei dem Park-and-Ride-Standorte ergänzend dazu und möglichst
dezentral an allen relevanten Haltestellen im regionalen ÖV-System geschaffen werden. So ist der
P+R-Standort an der Hildesheimer Straße nur als Übergangslösung anzusehen.
80
Park-and-Ride - Konzept
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Legende
Autobahn
übriges Straßennetz
P+R - Parkplatz
Sonderparkplatz Messegelände
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich Verknüpfung der Verkehrssysteme:
Empfohlene Standorte für P+R-Anlagen
Abb.
4.8
81
4.7
Integriertes Verkehrsmanagementsystem und Telematik
Die verkehrsinfrastrukturelle Verknüpfung der Verkehrssysteme Straßenverkehr, ÖPNV, Radverkehr und Fußverkehr bildet die Voraussetzung für eine optimale und integrierte Nutzung durch den
Verkehrsteilnehmer. Alle sich dadurch bietenden Möglichkeiten Fahrtmöglichkeiten werden aber
erst durch die entsprechende Unterstützung von geeigneten, leicht verständlichen und zugänglichen Telematiksystemen ausgeschöpft werden können. Dabei kommen neben den klassischen
Einrichtungen wie Verkehrsleitrechner und Parkleitsystem zunehmend neuere Systeme zum Einsatz, die den Nutzer vor und während der Fahrt ausführlich über den Verkehrszustand informieren.
Die hohen Erwartungen an die Telematik können jedoch erst und nur dann erfüllt werden, wenn
diese Informationssysteme den Verkehrsteilnehmer rechtzeitig vor Fahrtantritt und übergreifend
über alle Verkehrssysteme informieren und navigieren. Erst damit ist ein integriertes Verkehrsmanagement möglich, in dem z. B. Daten des Verkehrsrechners über den Belastungszustand der
Straßen, des Parkleitsystems über den Auslastungsgrad der Parkstände in der Innenstadt und des
Fahrplanauskunftsystems bzw. Betriebsleitsystems des ÖPNV über die aktuellen Angebote im
Nahverkehr oder auf P+R-Plätzen zusammenfließen. Wichtig ist dabei auch, dass die Zielsetzungen der langfristigen Verkehrs- und Stadtplanung bei der Umsetzung von nachfragesteuernden
Maßnahmen im mittelfristigen Zeitbereich von mehreren Tagen bis Wochen (z. B. für den Veranstaltungsverkehr, Urlaubsreiseverkehr usw.) und den kurzfristigen Zeitbereich unter wenigen
Stunden als Lenkungseingriff in die bestehende Verkehrssituation (z. B. bei unvorhergesehenen
Ereignissen wie Unfällen) berücksichtigt werden.
Die beschriebenen Systeme befinden sich momentan in der Entwicklung und in der Erprobung.
Ein wichtiges Projekt bildet dabei das derzeit in der Aufbauphase befindliche EXPO-Projekt INFOREGIO, bei dem aktuelle Verkehrsinformationen und Umweltinformationen überlagert werden. Der
Stadt Braunschweig wird empfohlen, sich rechtzeitig dieser modernen Hilfsmittel zu bedienen. Den
Investitions- und Betriebskosten solcher Systeme sind dabei immer die anderenfalls möglicherweise entstehenden Infrastrukturkosten und Folgekosten, aber auch die möglichen wirtschaftlichen Verluste gegenzurechnen.
82
4.8
Organisatorische Maßnahmen für den Güterverkehr
4.8.1 Generelle Empfehlungen
Eine Entlastung der Straßen von den ständig wachsenden Lkw-Verkehren ist nur möglich, wenn
die Systemwechselvorgänge (Verladen Lkw-Bahn und Bahn-Lkw) und der Bahntransport beschleunigt werden können. Dieses Ziel soll durch ein Netz von Güterverkehrszentren (GVZ)
erreicht werden. GVZ sind Verknüpfungspunkte der unterschiedlichen Verkehrsträger Straße,
Schiene, Wasserstraßen, aber auch Verknüpfungspunkte von Fern- und Nahverkehr, Kooperationszentren und logistische Knoten. Durch GVZ können Bündelungsvorteile und Synergieeffekte
durch die räumliche Nachbarschaft verkehrsintensiver Betriebe erreicht werden. In einem GVZNetz können die Güter auf der Bahn im Nachtsprung zwischen den Verdichtungsräumen transportiert, durch leistungsfähige Verladeeinrichtungen umgeladen und durch Lkw an den Endpunkten
gesammelt bzw. verteilt werden. GVZ können als Gütersammel- und -verteilzentren zugleich
wichtige Bestandteile eines City-Logistik-Konzeptes darstellen, indem durch hohe Auslastung
kleinerer Lieferfahrzeuge der Versorgungsverkehr in die Städte optimiert wird. Der Bund stellt für
GVZ und ihre Anbindung Finanzhilfen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)
zur Verfügung.
Das Ziel der City-Logistik ist es, eine Reduktion von Lkw-Fahrten mit ineffizienter Auslastung im
Stadtgebiet zugunsten weniger, besser ausgelasteter Lieferfahrten mit kleineren Fahrzeugen
herbeizuführen. Damit wird einerseits die Wirtschaftlichkeit der Transporte erhöht und andererseits
werden die Innenstädte von unnötigem Lkw-Verkehr entlastet.
Von einer funktionierenden City-Logistik profitieren verschiedene Akteure im Bereich des Wirtschaftsverkehrs: Am stärksten die Transporteure, da die Wirtschaftlichkeit der Transporte erhöht
wird, dann die Empfänger von Warenlieferungen in die Innenstadt, vor allem der Einzelhandel mit
seinen enger werdenden Zeitfenstern für die Warenannahme. Vor allem aber profitiert die Innenstadt davon, dass sie von unnötigem Lkw-Verkehr entlastet wird.
Der halbjährige Betrieb der City-Logistik in Kassel hat gezeigt, dass sich mittels einer City-Logistik
insgesamt nur äußerst begrenzte Effekte erreichen lassen. Die City-Logistk führte zu einer Reduzierung der Fahrleistung bei den beteiligten Betrieben im Zulauf um 40 % bzw. innerhalb der Innenstadt um 60 % und zu einer Steigerung der Fahrzeugauslastung um 100 %. Insgesamt konnten pro Jahr so rd. 17.000 Lkw-km eingespart werden. Für Braunschweig zeigen sich rd. 15 - 20 %
der vorhandenen Güterverkehre als generell City-Logistik-fähig. Damit verbleibt bezogen auf die
Braunschweiger Innenstadt ein Potential von rd. 1.000 - 1.500 verlagerbaren Lkw-Fahrten pro Tag
83
bei rd. 170.000 Quell-und Zielfahrten im Kfz-Verkehr insgesamt. Die Wirksamkeit der City-Logistik
liegt daher weniger in den insgesamt verlagerbaren Verkehren sondern eher in kleinräumigen
Effekten wie z. B. der Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen durch mehrere be- und entladende Lkw am Vormittag etc.
Der Lkw-Verkehr sollte auf einem ausgewiesenen Vorbehaltsnetz für den Lkw-Schwerverkehr
gebündelt werden. Damit können empfindliche Straßenräume entlastet werden, indem Durchfahrtverbote für Straßen außerhalb des Vorbehaltsnetzes - auch eingeschränkt nur nachts - verhängt
werden. Der Lkw-Verkehr kann außerdem über eine funktionierende Wegweisung gebündelt
werden. Damit können besonders für ortsfremde Fahrer unnötige Umwege vermieden werden.
84
4.8.2 Maßnahmenempfehlung
Þ Keine Einrichtung eines Güterverkehrszentrum
Ein Güterverkehrszentrum (GVZ), wie es in Wolfsburg bereits vorhanden ist und in SalzgitterBeddingen z. Z. im Entstehen begriffen ist, kann durch die intelligente Verknüpfung von Güterfernund Güternahverkehr zu einer Reduzierung des Verkehrsaufkommens im Straßengüterverkehr,
und hier besonders in den Städten durch eine Verlagerung auf kleinere Fahrzeuge, beitragen.
Wesentliche Voraussetzungen für ein Güterverkehrszentrum sind u. a. hohe Mengenpotentiale
GVZ-affiner Güter, ein ausreichendes Flächenangebot zur Errichtung der benötigten Infrastruktur
sowie eine gute verkehrliche Anbindung über Schiene, Straße und Wasserstraße.
Eine Prüfung hat ergeben, dass z. Z. keine ausreichenden Voraussetzungen zur Einrichtung eines
weiteren Güterverkehrszentrums in der Wirtschaftsregion Braunschweig vorliegen. Zudem sind die
in Braunschweig vorhandenen Flächen im Bereich des Hauptgüterbahnhofs für ein GVZ nicht
ausreichend. Zudem ist das GVZ in Salzgitter-Beddingen unmittelbar an der Stadtgrenze zu
Braunschweig in der Lage, verkehrslogistische Funktionen für die Stadt Braunschweig mit zu
übernehmen.
Insgesamt gesehen kann aus gutachterlicher Sicht in Braunschweig allenfalls die Einrichtung einer
Anlage für den kombinierten Verkehr (KV-Terminal) empfohlen werden.
Þ Prüfung der Einführung einer City-Logistik
Die Einführung einer City-Logistik sollte untersucht werden. Dabei muss überprüft werden, inwieweit die Abwicklung der heute vorhandenen Güterströme noch zu verbessern ist oder ob bereits
heute ein hoher Optimierungsgrad erreicht ist, so dass die Einführung einer City-Logistik keine
weiteren spürbaren Verbesserungen für den städtischen Verkehr erbringen würde.
85
Þ Einführung von Vorbehaltsnetzen für den Lkw-Verkehr
Durch die Einrichtung von Vorbehaltsnetzen wird der Lkw-Verkehr gezielt auf solchen Hauptverkehrsstraßen gebündelt, die für die Abwicklung dieser Verkehre besonders geeignet sind. Damit
werden Wohngebiete und andere empfindliche Bereiche vom Verkehr entlastet.
In der Stadt Braunschweig sollte ein Vorbehaltsnetz für den Lkw-Verkehr eingerichtet werden
(Abbildung 4.9). Das Netz ist nach dem zulässigen Gesamtgewicht der Lkw abzustufen. Möglich
ist der Aufbau eines Verkehrsnetzes für kleinere Lkw mit einem zul. Gesamtgewicht bis zu 16
Tonnen sowie eines ausgedünnten Netzes für Lkw über 16 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht.
Die Durchfahrtverbote können auch zeitlich (z. B. für die Nachtstunden von 22 - 6 Uhr) ausgesprochen werden. Die Einrichtung einer Wegweisung, die auf den Lkw-Verkehr abgestimmt ist, ist
anzustreben. Der Transportwirtschaft sollten die Verkehrsnetze bzw. Durchfahrtverbote kenntlich
gegeben werden, um schon bei der Planung zu einer optimierten Route zu kommen.
86
Straßenverkehrsnetz Lkw-Verkehr
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Legende
Vorbehaltsnetz Lkw-Verkehr
(bis 16 t zul. Gesamtgewicht)
Vorbehaltsnetz Lkw-Schwerverkehr
(über 16 t zul. Gesamtgewicht)
Durchfahrverbot für Lkw >3,5 t
(Anlieger frei)
Straßenneubau (Planung)
x x Sperrung (Planung)
Verkehrsentwicklungsplan Braunschweig (VEP BS)
Maßnahmen im Bereich Güterverkehr:
Straßenverkehrsnetz für den Lkw-Verkehr
Abb.
4.9
87
4.9
Öffentlichkeitsarbeit
Eine intensive Öffentlichkeitsarbeit ist für die Umsetzung von Maßnahmen und Strategien einer
stadtverträglichen Verkehrsplanung unbedingt erforderlich, da Verkehrsmaßnahmen üblicherweise
Nutznießer (positiv Betroffene) und Beeinträchtigte (negativ Betroffene) produzieren. Da auch
Verkehrsverhalten „im Kopf beginnt“, sind alle aufgezeigten Strategien und Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkung auf ihre Akzeptanz seitens der Verkehrsteilnehmer angewiesen. Dies gilt für
zusätzliche Infrastruktur- oder betriebliche Angebote ebenso wie für eher „restriktive“ Maßnahmen,
deren Sinn und Nutzen für das Gemeinwohl auch der einzelne negativ Betroffene „einsehen“ soll.
Mittels Öffentlichkeitsarbeit können die Wirkungen von Maßnahmen auf die Verkehrsnachfrage
deutlich im positiven Sinne beeinflusst werden. Dabei ist die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen auf eine verantwortungsbewusste Öffentlichkeitsarbeit seitens derer, die gestalten wollen
(Politiker, Planer, Verwaltung), als auch derer, die Information vermitteln und kommentieren (Medien), angewiesen. Die planende Verwaltung ist deshalb gefordert, sowohl der Politik, den Medien
als auch dem Bürger die Probleme sowie die fachlichen Überlegungen zu deren Lösung verständlich darzulegen. Da die Wirkungen von Verkehrsmaßnahmen im allgemeinen vielfältig und sehr
komplex sind, stellt die Vermittlung und das Verständnis der Zusammenhänge hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Insbesondere der Bürger ist i.a. nicht in der Lage, ohne größeren Aufwand
die fachlichen Hintergründe von so komplexen Planungen zu verstehen. Da er dennoch beteiligt
werden möchte, muss versucht werden, ihm durch die Öffentlichkeitsarbeit die groben fachlichen
Zusammenhänge zu vermitteln und seine Bereitschaft zu steigern, im Sinne des Gemeinwohls zu
denken, um damit zum einen Verständnis für Planungsentscheidungen zu erzeugen und zum
anderen ggf. sein Verhalten auf die geplanten Ziele einzustellen.
Die Informationsvermittlung seitens der planenden Verwaltung und der entscheidenden Politik
bezüglich der Ziele und in der Folge der notwendigen Strategien und Maßnahmen stärkt das
Vertrauen seitens der Medien und des Bürgers in die Planung und ist damit Voraussetzung für die
Akzeptanz von Maßnahmen. Mit einer Öffentlichkeitsarbeit, die dem einzelnen Bürger ein Bewusstsein für ein dem Gesamtwohl dienendes sozial- und umweltgerechtes Verkehrsverhalten
vermittelt, kann ein großer Teil eines anderenfalls nicht oder nur durch unpopuläre Maßnahmen
erreichbaren Nutzens für die Allgemeinheit erzielt werden.
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