Gärten, Parks und Landschaften

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Gärten, Parks und Landschaften
Heft 2 · März/April 2007 · 60. Jahrgang
K5776
aus dem inhalt
Gärten, Parks
und Landschaften
Belastung Feinstaub
Weimar: Grüne
Wahlverwandtschaften
das thema: Gärten, Parks und Landschaften
info
Grüne Wahlverwandtschaften
von Katharina Steinbrecher
Seine Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen? In Weimar schon. Dort wurde im
Februar 2006 von Weimarer Bürgern der gemeinnützige Verein „Grüne Wahlverwandtschaften“ gegründet. Sein Anliegen ist die Bewahrung und Pflege der einzigartigen historischen Garten- und Parklandschaft in und um Weimar tatkräftig zu unterstützen und
ihre kulturhistorische, stadtbildprägende und ökologische Bedeutung stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Viele der Gartenkunstwerke sind während
der Epoche der Weimarer Klassik unter Mitwirkung Johann Wolfgang von Goethes
entstanden und inspirierten ihn zu zahlreichen literarischen Werken. Auch in seinem
Roman „Die Wahlverwandtschaften“ findet
sich das Gartenmotiv, das nicht nur als Ort
und Rahmen der Handlung fungiert, sondern Symbol und Spiegelbild für die gesellschaftlichen Befindlichkeiten seiner Epoche ist. Beschrieben wird eine Parkgestaltung in jener Zeit, in der die Gartenkunst
große Aufmerksamkeit genoss und keine
Lobby brauchte. Im 21. Jahrhundert angekommen, prägen die historischen Gärten
und Parks das Stadtbild Weimars noch
heute und werden von Einheimischen und
Besuchern gern genutzt. Doch die öffentliche Nutzung birgt auch Probleme, denn
nicht allen Bürgern scheint der kulturelle
Wert und die Empfindlichkeit der Anlagen
bewusst zu sein. Zudem sind Erhaltung,
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Pflege und Wiederherstellung des überkommenen Gartenerbes aufwendig. Deshalb ermuntert der Verein „Grüne Wahlverwandtschaften“ zu bürgerschaftlichem Engagement.
Erwartungen an Gärten und Parks
Schon während der Vorbereitungen zur Vereinsgründung zeigte sich ein reges Interesse
der Bürgerschaft. Dass dafür verschiedene
Motive verantwortlich waren, liegt in den
differenzierten Erwartungshaltungen zur
Nutzung, den jeweiligen Kenntnissen über
die Parkgestaltung sowie deren Erhaltung
und verschiedenen Ansichten über die Notwendigkeiten und Möglichkeiten der
Durchsetzung von Reglements. Die wesentliche Verantwortung für die zahlreichen
denkmalgeschützten Garten- und Parkanlagen liegt bei der Klassik Stiftung Weimar
und der Stadt Weimar. Der Verein möchte
mit seinen Aktivitäten diese Arbeit, aber
darüber hinaus auch die privaten Besitzer eines Gartendenkmals unterstützen.
Bereits in die ersten Überlegungen zu den
Inhalten dieses besonderen ehrenamtlichen Engagements waren Vertreter der
Klassik Stiftung Weimar und der Stadtverwaltung Weimar eingebunden. Um eine zukünftige gute Zusammenarbeit zu erreichen, wurden schon in der Gründungsphase erste mögliche Aufgabenfelder zwischen dem Vereinsvorstand und den Fachleuten der Verwaltung aufgezeigt. Für die
Vertreter aus Stadtverwaltung und Stiftung
besteht die Möglichkeit als ständige Gäste
bei den Vorstandssitzungen Einblick in die
Arbeit des Vereins zu erhalten, Hinweise
Katharina Steinbrecher ist Gründungsmitglied im
Verein Grüne Wahlverwandtschaften und leitet dort
ehrenamtlich die Öffentlichkeitsarbeit.
Kontakt: Katharina Steinbrecher / Robert Backe,
„Grüne Wahlverwandtschaften“ e.V., c/o Stadt
Weimar, Haus III, Zimmer 203, Schwanseestraße 17,
99423 Weimar
www.gruene-wahlverwandtschaften.de
E Mail: [email protected]
das rathaus 2/2007
Foto: Klassik Stiftung Weimar
das thema: Gärten, Parks und Landschaften
einzubringen und Anregungen aus der kreativen Arbeit des Vereins zu schöpfen. Manche überraschende Fragestellung fordert dabei die Suche nach neuen Antworten, auch
abseits der üblichen Verwaltungswege. Dieses gute Zusammenspiel schließt eine kritische Begleitung der jeweiligen Arbeit ein.
Am Ende trifft man sich immer wieder beim
Bemühen um den Erhalt und die Mehrung
des hochgeschätzten „grünen Kapitals“ der
Stadt Weimar.
Verluste durch Vandalismus
Nach einem Jahr ihres Bestehens können
die „Grünen Wahlverwandtschaften“ auf
erste Erfolge ihrer Arbeit verweisen. Auf Anregung des Vereins gab es Anfang Februar
2007 eine Gesprächsrunde, um die Erhaltung und Nutzung der historischen Gartenund Parkanlagen Weimars zu thematisieren. Neben dem Präsidenten und Mitarbeitern der Klassik Stiftung Weimar waren der
Weimarer Oberbürgermeister mit Vertretern der Stadtverwaltung und Vorstandsmitglieder des Vereins „Grüne Wahlverwandtschaften“ zusammengekommen. In
offener und konstruktiver Gesprächsatmosphäre wurde über die zunehmende Beeinträchtigung der Weimarer Anlagen durch
Vandalismus, Verschmutzung und sachwidrige Nutzungen diskutiert. Die Schadensbeseitigung erfordert sowohl auf kommunalen als auch auf stiftungseigenen Flächen
große finanzielle Aufwendungen. Zudem
besteht die Gefahr irreversibler Verluste an
historischer Substanz der teilweise zum UNESCO Welterbe gehörenden Garten- und
Parklandschaft. Die Anwesenden einigten
sich darauf, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit dem Trend der Zerstörung
und Übernutzung der historischen Gärten
und Parks nachhaltig entgegenzuwirken.
Dazu wurde eine Projektarbeitsgruppe einberufen, der je zwei Teilnehmer der Stadt
Weimar, der Klassik Stiftung Weimar und
der „Grünen Wahlverwandtschaften“ angehören. Die Arbeitsgruppe hat ihre Tätigkeit
bereits aufgenommen und mit der Erarbeitung eines Strategie- und Maßnahmeplans
begonnen. Ab dem Frühjahr soll unter Einbeziehung weiterer Partner mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit der kulturelle Wert der
historischen Garten- und Parkanlagen stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Es gilt, mit geeigneten Mitteln den Erhalt dieser kulturellen Werte gemeinsam
einzufordern.
Zugleich werden in den bestehenden Arbeitskreisen die ständigen Aktivitäten des
das rathaus 2/2007
Die Ruine des sogenannten Tempelherrenhauses im Weimarer Park an der Ilm
Vereins geplant und umgesetzt. Insbesondere Kinder und Jugendliche werden dabei
einbezogen. Vielfältige und altersgerechte
Angebote wie z. B. Arbeitstage, Workshops
oder Pflegepatenschaften sollen, in Kooperation mit weiteren Partnern, schon bei den
Kleinsten Interesse an den Schöpfungen der
Gartenkultur wecken und für den Umgang
mit Grün und Garten sensibilisieren.
Arbeitskreis für Friedhofskultur
Spezielles Anliegen des Arbeitskreises Weimarer Friedhofskultur ist die Erhaltung der
historischen Substanz auf den städtischen
Friedhöfen. Als erhaltenswert anerkannte
Grabstätten mit ihren kunstgeschichtlich
oft höchst bemerkenswerten Mälern, Tafeln
und Kleinarchitekturen sollen mit ihrem
gärtnerischen Umfeld gesichert und gepflegt werden. Überdies gibt es eine Vielzahl
ungeschützter Grabanlagen bedeutender
Weimarer Persönlichkeiten, die ohne dieses
Engagement dem Verfall preisgegeben sind.
Auch diesen will sich der Arbeitskreis zuwenden, dazu aufrufen und motivieren, die
stadtgeschichtlich und künstlerisch wichtigen Grabanlagen in einen würdigen Zustand zu versetzen. Die Mitglieder des Arbeitskreises werden in diesem Sinne selbst
praktisch wirksam. In Arbeitseinsätzen, die
in Absprache mit Friedhofsverwaltung und
Unterer Denkmalschutzbehörde erfolgen,
sollen umgestürzte Stelen und Grabkreuze
aufgerichtet, Wildwuchs beseitigt und Inschriften wieder lesbar gemacht werden.
Gezielte Appelle richten sich an die Nachfahren der auf Weimarer Friedhöfen Beigesetzten, werbende Botschaften an Interes-
senten für persönliche Patenschaften über
gefährdete Grabstätten. Der Arbeitskreis
lädt ein zu öffentlichen Veranstaltungen
mit Fachvorträgen, Diskussionen und Friedhofsexkursionen. Er befördert Forschungen, Dokumentationen und Publikationen
zum reichhaltigen, teilweise noch unerschlossenen memorialen Erbe Weimars.
Bei verschiedenen Anlässen informieren
die Mitglieder des Vereins „Grüne Wahlverwandtschaften“ gern mit fachkundigen,
themenbezogenen Führungen, Vorträgen
und Veröffentlichungen auch über die Geschichte, die Gestaltungsprinzipien, den
gegenwärtigen Bestand und die ökologische
Bedeutung der Gärten und Parks. Notwendige Wiederherstellungsmaßnahmen werden ideell und materiell unterstützt.
Rasen, Rosen und Rabatten
Am Tag des offenen Denkmals 2006 widmeten sich die „Grünen Wahlverwandtschaften“ beispielsweise der Tiefurter Parkanlage
bei Weimar. Da das Thema „Rasen, Rosen
und Rabatten - Historische Gärten und
Parks“ ganz im Zeichen des öffentlichen
Grüns stand, nutzte der junge Verein die Gelegenheit, seine Arbeit einem interessierten
Publikum vorzustellen. Im Mittelpunkt
standen thematische Führungen durch den
Tiefurter Park und die Übergabe des mit Vereinsspenden restaurierten Mozart-Denkmals an die Klassik Stiftung Weimar. Auf Anregung des Vereinsvorsitzenden Wolfram
Huschke hatte sich eine Gruppe von Professoren der Hochschule für Musik „Franz
Liszt“ Weimar bereitgefunden, für die Erhaltung des Denkmals im Mozartjahr zu
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das thema: Gärten, Parks und Landschaften
spenden. Diese Spende ermöglichte eine
fachgerechte Reinigung und Erneuerung
der Farbfassung, die aufgrund von Witterungsschäden notwendig geworden waren.
Die restauratorischen Arbeiten erfolgten in
den Sommermonaten, so dass die Parkarchitektur den Besuchern zum Tag des offenen Denkmals am 10. September 2006 präsentiert werden konnte. Die Bewirtung der
Besucher im benachbarten Teesalon bot
gleichzeitig die Möglichkeit, mit Vereinsmitgliedern und Interessenten ins Gespräch
zu kommen.
Denkmalpflege mit Praxisnutzen
sischer Zeit zu verdanken. Die Beschriftung
der Grabtafeln soll durch die Restaurierung
wieder erkennbar werden.
Mai 2007
Aufblühendes Engagement
11. bis 12. Mai Frankfurt a.M.
Amour fou? – Gartenkunst
und Grünflächenmanagement
Der im vergangenen Jahr aufgenommene
Erfahrungsaustausch mit dem Verein „Bürger für das Welterbe“ aus Kassel wird mit einem Besuch des Vereins in Weimar fortgeführt. Nicht nur über Regionsgrenzen, auch
über 2007 hinaus reichen die Ideen der
„Grünen Wahlverwandtschaften“, um das
bürgerschaftliche Engagement des Vereins
auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Im
Jahr 2008 ist erneut die Teilnahme der Stadt
Weimar am Bundeswettbewerb Entente florale „Unsere Stadt blüht auf“ geplant. In diesem Rahmen bringt sich der Verein unter
anderem mit einem Kinder- und Jugendprojekt ein.
Inzwischen ist die Mitgliederzahl des
Vereins auf über fünfzig angewachsen.
Gleichwohl ist jeder neue „Grüne Wahlverwandte“ zur Mitwirkung an den bestehenden, reizvollen Themenfeldern herzlich
willkommen, um den Weimarer Park- und
Gartenanlagen eine noch stärkere Lobby zu
geben.
Der Weimarer Verein „Grüne Wahlverwandtschaften“ arbeitet zusammen mit
dem Heimatbund Thüringen, einem Landesverband des BHU.
Kontakt: Barbara Umann, Heimatbund Thüringen e. V., Burgstr. 3, 98716 Elgersburg, Tel.
03677-790839, Fax 03677-791409, Internet: http://www.heimatbund-thueringen.de,
E-Mail: [email protected]
Foto: Grüne Wahlverwandtschaften e.V.
Auch für 2007 sind vielfältige öffentlichkeitswirksame und vereinsinterne Aktivitäten geplant. Zum Weimarer Blumenmarkt
im Frühjahr veranstalten die „Grünen
Wahlverwandtschaften“ ein Gartenfest, am
Tag des offenen Denkmals im September
bieten Vereinsmitglieder wieder Führungen
an. Desweiteren finden Exkursionen und
Vortragsveranstaltungen statt. Arbeitseinsätze, bei denen in Abstimmung mit den
Denkmalbehörden Hand angelegt werden
soll, stehen erstmals auf dem Programm.
Diese praktische Gartendenkmalpflege wird
nicht nur für den unmittelbaren Arbeitsgegenstand von Nutzen sein. Nach getaner
Arbeit lässt sich gut über weitere Projekte
nachdenken und können Kontakte gepflegt
werden.
Geplante Spendenaktionen sollen in diesem Jahr unter anderem der Restaurierung
der Grabstätte von Charlotte Krackow zugute kommen. Charlotte Krackow (18251915) ist der Erhalt eines Weimarer Bürgerhauses mit wertvollem Hausgarten aus klas-
seminare + veranstaltungen
Führung zu Geologie und Wegebau im Tiefurter Park
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Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten und seine Kooperationspartner
Bundesverband Garten-, Landschafts- und
Sportplatzbau e.V. (BGL), Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL), Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) und die Ständige
Konferenz der Gartenamtsleiter beim
Deutschen Städtetag (GALK) möchten klären, ob Gartenkunst und Grünflächenmanagement ein „verrücktes Liebespaar“
sind. Das Thema soll im Rahmen einer
Fachtagung in Frankfurt am Main erörtert
werden.
Grünflächen-, Freiflächen- und Facility-Management sind im Gespräch. Publikationen, Fortbildungsseminare und Veranstaltungen zu diesem Thema mehren
sich. Der Fortschritt in der EDV hat der
Grünflächenpflege ein sinnvolles betriebswirtschaftliches Instrumentarium
an die Hand gegeben: Es liegen eine Vielzahl kontrollierbarer, prüfbarer und fortschreibbarer Zahlen vor, mit denen rationeller gewirtschaftet werden kann, die
notwendigen Kosten besser begründet, reduziert, aber auch eingefordert werden
können. Und doch ist das alles noch kein
Garant für den Fortbestand der Gartenkunst. Denn: Bei der Gartenkunst handelt
es sich, so sie den Namen verdient, um
eine lebendige Kunst, da das Material, das
den schöpferischen Prozess prägt, die
Pflanze, eine ständige Veränderung erfährt.
Aufgabe der Garten- und Landschaftsarchitekten zusammen mit den Landschaftsgärtnern ist es, im Prozess einer
fortlaufenden, gestaltenden Entwicklungspflege das Konzept einer jeden Parkund Grünanlage zu realisieren, Gartenkunst zu verwirklichen und ihr Fortbestehen zu sichern. Denn nur durch fach- und
sachgerechte Pflege und Entwicklung
kann die Gartenkunst ihren kulturellen
Auftrag erfüllen.
Weitere Informationen und Anmeldung: Bund
Deutscher Landschaftsarchitekten, Köpenicker Str. 48 / 49, 12179 Berlin; Tel.: 0 30 / 27
87 15-0, Fax: 0 30 / 27 87 12-55. E-Mail:
[email protected], Internet: www.bdla.de
das rathaus 2/2007

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