WorkingPaper Basel III

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WorkingPaper Basel III
Basel III: Auswirkungen auf Geschäftsmodelle,
Eigenkapitalstrategien und Liquiditätssteuerung
deutscher und österreichischer Kreditinstitute
Holger Eggers | Dirk Heising | Steffen Hortmann
cp consultingpartner AG
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consultingpartner-WorkingPaper
© consultingpartner AG, Köln
2011|09
Einführung und Überblick
© cp consultingpartner AG
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Einführung und Überblick
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1.
Einführung und Überblick
6
2.
Aktuelle Situation
9
3.
Die Liquiditätsstandards
12
3.1
Basel III Anforderungen an hochliquide Aktiva
14
3.2
Steuerung von LCR und NSFR
17
3.3
Möglichkeiten zur Steigerung der LCR
19
3.4
Praxisorientierte Bewertung der Einlagen-Stabilität
20
3.5
Organisatorische Aspekte der Ermittlung und Steuerung der LCR
21
3.6
Herausforderungen bei der Modellierung der LCR
22
3.7
Zentrale Kritikpunkte an den Regeln zur Kalkulation der LCR
23
3.8
Strukturelle Liquidität (NSFR)
24
3.9
Monitoring-Tools
25
3.10
Konsequenzen der Basel III-Liquiditätsstandards
für die Geschäftsmodelle der Banken
26
4.
Die Eigenkapitalstandards
30
4.1
Kapitalerhaltungspuffer
31
4.2
Antizyklischer Kapitalpuffer
32
3
© cp consultingpartner AG
Einführung
und Überblick
Inhaltsverzeichnis
4.3
Auswirkungen auf die Gesamtbanksteuerung
34
5.
Leverage Ratio
35
6.
Kontrahentenausfallrisiko
37
7.
Umsetzung von Basel III
39
8.
Stand der Basel III-Vorbereitungen
41
9.
Fazit
44
Zu den Autoren
© cp consultingpartner AG
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4
Vorwort
Einführung
und Überblick
Vorwort
Der vorliegende Beitrag fasst die Ergebnisse dreier Workshops zusammen, in deren Rahmen die Inhalte von Basel III aus der Perspektive deutscher Banken und Sparkassen analysiert und die Erfordernisse bei der Umsetzung des Regelwerks in die Praxis erörtert wurden. Die Veranstaltungen fanden im Frühjahr 2011 in Köln statt.
Zum Plenum der teilnehmenden Institute gehörten unter anderen:

Stefan Blömer, BVR

Ralf Degenhart, DEBEKA Bausparkasse

Thomas Graf, Bayerische Landesbank

Andreas Pauly, Sparkasse KölnBonn

Rolf Scheuber, AXA Bank AG

Christian Schulte-Holtey, NORD/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale

Peter Stähler, Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG

Alexander Stuwe, Sparda-Bank Berlin eG
Allen Teilnehmern möchten wir für den intensiven fachlichen Austausch und die offenen
Diskussionen herzlich danken. Das vorliegende Arbeitspapier enthält die zentralen Aspekte
der gemeinsamen Überlegungen im Überblick. Es dokumentiert darüber hinaus, dass die
Basel III-Thematik in der gewählten Form des Erfahrungsaustausches sehr effektiv bearbeitet werden kann. Für das kommende Jahr planen wir, die Veranstaltungsreihe zu den
neuen Aspekten des Aufsichtsrechts in diesem Sinne weiterzuführen und freuen uns auf
weitere spannende Diskussionen.
Köln, im September 2011
Holger Eggers | Dirk Heising | Steffen Hortmann
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Einführung und Überblick
1 Einführung und Überblick
Mit dem Basel III-Regelwerk reagiert der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht auf die
Schwächen, die das Bankensystem während der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007
gezeigt hat. Die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung und die Liquiditätssteuerung der Banken werden deutlich verschärft. Darüber hinaus sieht Basel III vor, die Institute hinsichtlich ihres Verschuldungsgrads einzuschränken. Für diese Veränderungen ist ein
Übergangsprozess geplant, der von mehreren aufsichtsrechtlichen Auswirkungsanalysen
(Basel III Implementation Monitoring) begleitet wird. In 2012 soll die Capital Requirements
Directive (CRD IV) und die Capital Requirements Regulation (CCR I) als europäische Verordnung und Richtlinie nach derzeitigem Erkenntnisstand durch das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union verabschiedet werden und zum 1. Januar
2013 in Kraft treten.
Mit den im Dezember 2010 veröffentlichten Baseler Richtlinien entwickelt der Standardgeber alle drei Säulen von Basel II – die Mindesteigenkapitalanforderungen, den aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess und die Offenlegung – teils wesentlich weiter. Ergänzend
hierzu wurden auch die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) als
wesentliches Element der zweiten Säule in den letzten Jahren stetig ergänzt und verfeinert.
Dem Konzept der MaRisk zufolge sind Steuerung und Aufsicht institutsspezifisch angemessen zu gestalten. Sie müssen der Größe, der Komplexität, und dem Risikogehalt des
Geschäfts der Bank adäquat Rechnung tragen. Basel III zielt im Gegensatz dazu auf international zunehmend einheitlich berechnete Kennzahlen ab. Die Vergleichbarkeit dieser
Kennzahlen ist aber aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Banken dennoch nur bedingt gewährleistet.
Während die MaRisk grundsätzliche qualitative Vorgaben definieren, geht Basel III mit detaillierten quantitativen Vorgaben einen entgegengesetzten Weg. Der regulatorische Ein© cp consultingpartner AG
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Einführung und Überblick
fluss auf die strategische Ausrichtung und die damit verbundenen Steuerungsprozesse der
Banken und Sparkassen wird damit in den nächsten Jahren zunehmen. Zumindest während der Einführungsphase von Basel III bis 2019 dürften die Weiterentwicklungen des
Aufsichtsrechts für die Kreditinstitute in der internen Steuerung wesentlich an Bedeutung
gewinnen. Es wird sich nur schwer vermeiden lassen, dass die interne und die regulatorische Steuerungswelt widersprüchliche Impulse liefern können.
Anders als im Vorfeld von Basel II bestand vor der Veröffentlichung von Basel III im Dezember 2010 kaum die Möglichkeit, die Auswirkungen der neuen Regularien auf die Banken und ihre Geschäftsmodelle in ausreichendem Maß zu untersuchen, oder ausgereifte
Strategien für eine effiziente institutsspezifische Umsetzung zu entwickeln. Zugleich ist es
denkbar, dass der Baseler Ausschuss das vorliegende Regelwerk nach Erkenntnissen aus
dem Umsetzungsprozess in einzelnen Aspekten noch modifiziert. Dies könnte zum Teil
wesentlichen Einfluss auf die Kennzahlen haben.
Zum Zeitpunkt der Workshop-Veranstaltungen im Frühjahr 2011 bestand in der Bankenwelt noch ausgeprägte Unsicherheit hinsichtlich der endgültigen Ausgestaltung der europäischen und nationalen Gesetzesnormen, die von den Kreditinstituten zu beachten sind.
In den nächsten Jahren wird man aufmerksam beobachten, wie sich die einzelnen Steuerungsinstrumente von Basel III auf die Finanzmärkte, die Realwirtschaft und die Geschäftsmodelle der Banken und Sparkassen auswirken. Kreditwirtschaft, Politik und Aufsicht dürften insbesondere die Zusammenhänge zwischen gleichzeitig wirkenden und einander teils wechselseitig verstärkenden Steuerungsmechanismen einer kritischen Beobachtung unterwerfen.
All diese Faktoren erfordern einen fortgesetzten, intensiven Erfahrungsaustausch der Kreditinstitute während des Basel III Monitoring-Prozesses. Ziel der von der cp consultingpartner AG initiierten Experten-Workshops „Basel III“ war es, den Fachleuten aus den zahlreichen teilnehmenden Instituten eine Plattform zur Verfügung zu stellen, die es Ihnen
ermöglicht, die bisher gewonnenen Erfahrungen

aus den ersten Einflussanalysen von Basel III auf die Kreditinstitute,

aus der Diskussion strategischer Ansätze und

aus den Methoden zur Bewältigung der teilweise massiven Umsetzungsherausforderungen
7
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Einführung und Überblick
auszutauschen. Ein weiteres Thema des Forums war der Status Quo der Basel IIIUmsetzung und der Kennzahlenerfüllung. Der Austausch über diese Fragen bot Gelegenheit, ein Gefühl für den aktuellen State-of-the-Art zu entwickeln und über zukünftige Verhaltens- und Verfahrensweisen im Basel III-Prozess zu sprechen.
- höhere Anforderungen an die Qualität
des Eigenkapitals
- Erhöhung der Mindest-Kapitalquoten
- Kapitalerhaltungspuffer
- Antizyklischer Kapitalpuffer
- Kapitalabzugspositionen
Regulatorisches Eigenkapital
Mindesteigenkapitalquote
Risikogewichtete Aktiva
(RWA)
- Kontrahentenausfallrisiken
Die Konsequenzen:
+ Erhöhung der Kapazitäten, Verluste zu absorbieren
- Schwächung des Kreditangebotes
Resultat:
+ Übergangsregelungen
+ Zeit für weitere Beobachtungen und Prüfungen:
z. B. - Auswirkungen für risikoarme Geschäftsmodelle
- Unterschiede der Rechnungslegungssysteme
Abbildung 1: Wirkungsmechanismen von Basel III auf die Mindesteigenkapitalquote
Nach einer einleitenden Erörterung der generellen Wirkungsmechanismen von Basel III
(siehe Abbildung 1) diskutierten die Teilnehmer des Forums zunächst ausführlich die
zentralen Aspekte der neuen regulatorischen Liquiditätsbestimmungen und wandten sich
dann den Eigenkapitalbestimmungen zu. Nachfolgend wurden die Auswirkungen beider
Anforderungsblöcke auf die teilnehmenden Banken und Sparkassen sowie auf die Institute
der Bankenverbünde thematisiert. Nach den in Basel III vorgesehenen Kalkulationsveränderungen für Kontrahentenausfallrisiken durch Basel III wurden auch die Auswirkungen
auf Geschäftsmodelle sowie das Zusammenwirken der einzelnen Steuerungsinstrumente
von Basel III beleuchtet und analysiert.
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Aktuelle Situation
2 Aktuelle Situation
Es ist absehbar, dass die Anforderungen an Eigenkapital und Liquidität mit der Basel IIIEinführung bis 2019 massiv steigen werden. Abbildung 5 gibt den Zeitplan des Baseler
Ausschusses im Überblick wieder. Zu den drängendsten Fragen in Deutschland zählt der
Umgang mit stillen Einlagen: Ihre Anrechenbarkeit auf das harte Kernkapital reduziert sich
ab 2014 in 20%-Schritten, sofern die Ausgestaltung der Verträge mit den Einlagengebern
nicht an den Basel III-Kriterienkatalog für das harte Kernkapital angepasst werden. Viele
Banken und Sparkassen in Deutschland müssen vor diesem Hintergrund zeitnah ihre Eigenkapitalsituation neu ordnen.
Die Basel III-Umsetzung wird mit zwei QIS-Studien im Jahr 2011 überwacht. Die Studien
sollen Aufschluss darüber geben, wie sich die Basel III-Regularien auf die Eigenkapital- und
Liquiditätssituation der Banken und Sparkassen auswirken. Sie helfen zudem bei der Beurteilung noch offener Regulierungsfragen und stellen erste Erfahrungen mit der Implementierung des Basel III-Regelwerks zusammen.
Nach Inkrafttreten einer EU-Verordnung sind die Kreditinstitute ab 2013 verpflichtet,
Kennzahlen für die Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio | LCR) und die strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ration | NSFR), zu ermitteln und der deutschen Aufsicht zu melden.
Anspruch von Basel III ist es, die Bankenlandschaft resistenter gegen mögliche weitere
Finanz- und Liquiditätskrisen zu machen. Unter diesem Vorzeichen leitet das Regelwerk
folgende Veränderungen ein:

Die Mindesteigenkapitalquoten werden wesentlich erhöht. Es muss mehr hartes
Kernkapital vorgehalten werden. Zusätzlich müssen ein Kapitalerhaltungspuffer und
ein antizyklischer Kapitalpuffer aufgebaut werden.
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Aktuelle Situation

Die Anforderungen an die Qualität des Eigenkapitals werden international vereinheitlicht und verschärft. Der Bestimmung des harten Kernkapitals liegt ein Katalog
mit 14 Kriterien zugrunde. Die Anrechenbarkeit von Eigenkapitalbestandteilen, wie
z. B. stillen Einlagen, die den gesteigerten Anforderungen nicht entsprechen, wird
ab 2014 in 20%-Schritten bis auf 0% reduziert.

Die Hebelung der Bilanzsumme wird durch eine Höchstverschuldungsquote begrenzt.

Kontrahentenausfallrisiken werden in Zukunft bei der Eigenkapital-Unterlegung
stärker berücksichtigt.

Durch die Kennziffern LCR und NSFR soll sichergestellt werden, dass das Institut
kurz- und mittelfristig über ausreichend Liquidität verfügt.
Nach übereinstimmender Einschätzung der Workshop-Teilnehmer besteht eine wesentliche Aufgabe der Banken und Sparkassen am Beginn der Einführungsphase derzeit darin,
die simultanen Effekte dieser verschiedenen Wirkungsmechanismen auf das eigene Institut
zu untersuchen. Hierbei sind zumeist das Geschäftsmodell und die Eigenkapitalsituation
der Bank die zentralen Größen. Das Geschäftsmodell bestimmt die Verteilung des Gesamtgeschäftsvolumens auf das Aktiv- und Passivgeschäft und hat damit wesentlichen
Einfluss auf LCR, NSFR und die Leverage Ratio. Die Eigenkapitalsituation entscheidet darüber, in welchem Umfang das Institut nach den strengeren Vorgaben von Basel III weitere
Risiken eingehen bzw. bestehende Risikopositionen aufrecht erhalten kann.
Zeichnet sich ab, dass Institute die Mindestliquiditätsquote oder die strukturelle Liquiditätsquote unterschreiten, oder die zulässige Hebelung des Eigenkapitals überschreiten
werden, so lassen ihnen die Basel III-Mechanismen nur wenige Handlungsoptionen: Die
Banken können in größerem Umfang erwirtschaftete Erträge thesaurieren oder zusätzliches Eigenkapital aufnehmen. Sie haben die Möglichkeit, bisherige, stille Einlagen, die
nach Basel III nicht mehr auf das harte Kernkapital angerechnet werden dürfen, in Einlagen umzuwandeln, die auch in Zukunft auf das harte Kernkapital anrechenbar bleiben. Es
gibt die Option, höhere bzw. höherwertige Liquiditätspuffer aufbauen. Und die Institute
haben alternativ dazu die Möglichkeit, ihre Geschäftsstrukturen so zu steuern, dass die
Risikogewichtung und die damit verknüpfte Eigenkapital- und Liquiditätsanforderung sinkt.
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Aktuelle Situation
Jede Bank muss klären, welche der mit Basel III eingeleiteten Veränderungen für das eigene Geschäftsmodell von besonderer Bedeutung sind. Dabei dürfen die Elemente des Regelwerks jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Zu analysieren ist vielmehr, ob Wechselwirkungen zu einem potenzierten Gesamteffekt führen können.
Speziell hinsichtlich der Kennzahlen für Mindestliquidität (LCR) und strukturelle Liquidität
(NSFR) bereiten den Banken eben diese Analysen derzeit Schwierigkeiten: Um darzustellen, wie sich eine Steuerungsentscheidung auf die Liquidität des Instituts auswirkt, müssen
die entsprechenden Einzelpositionen modelliert werden können. Die meisten auf dem
Workshop vertretenen Institute verfügen derzeit noch nicht über die Voraussetzungen für
eine ausgereifte, Basel III-orientierte Liquiditätssteuerung.
Etwa die Hälfte der am Basel III-Workshop beteiligten Banken haben entsprechende Entwicklungsmaßnahmen bereits mit der Teilnahme an der Quantitative Impact Study (QIS)
2010 eingeleitet. Im Vordergrund stand hier zunächst die Frage, wie die abgefragten Größen aus den Datenbeständen ermittelt oder aus existierenden Kennzahlen übergeleitet
werden können. Als weitere Herausforderung wurde der Aufbau eines möglichst weitgehend automatisierten Prozesses für die nach Basel III erforderliche Meldetätigkeit identifiziert, da bereits ab 2013 monatliche Berichte geliefert werden müssen.
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Die Liquiditätsstandards
3 Die Liquiditätsstandards
Das zentrale Thema des Workshops waren die durch Basel III festgelegten neuen Liquiditätsstandards und ihre Integration in die Liquiditäts- und Risikosteuerung der Banken.
Als Kennzahl für die kurzfristige Liquidität wird mit Basel III die Liquidity Coverage Ratio
(LCR) eingeführt. Anhand der LCR soll künftig überwacht werden können, ob ein Institut
hoch liquide, lastfreie Aktiva in ausreichender Höhe vorhält, um einen durch definierte
Stressbedingungen ausgelösten Abfluss von Liquidität über einen Zeitraum von 30 Tagen
zu decken. Zu den vorgegebenen Stressfaktoren gehören eine Absenkung des Institutsratings, der teilweise Abzug der Einlagen, Beschränkungen im unbesicherten Interbankenmarkt, ein Anstieg der Haircuts im besicherten Interbankenmarkt sowie ein Anstieg der
außerbilanziellen offenen Positionen.
Die LCR muss ab 2013 ermittelt und gemeldet werden. Die gemeldeten Kennzahlen müssen zunächst keine Mindeststandards erfüllen und die Banken unterliegen keiner Verpflichtung, ihre Kennzahlen zu veröffentlichen. Ein Mindeststandard, nach dem die Mittelabflüsse zu wenigstens 100% gedeckt sein müssen, tritt im Jahr 2015 in Kraft.
Die Teilnehmer des Workshops stellten allerdings die Frage, ob Institute, die in der Vorlaufphase Kennzahlen weit unterhalb der künftigen Mindeststandards melden, möglicherweise dennoch negative Konsequenzen, z. B. durch eine negativen Einschätzung von Analysten, zu erwarten haben. Die Überwachung wird sich nach übereinstimmender Auffassung massiv verschärfen, sobald die Liquiditätskennzahlen veröffentlicht werden müssen:
Publiziert ein Institut rückläufige Liquiditätskennzahlen, könnte dies von Marktteilnehmern
als Indiz für Probleme gewertet werden und zu einer Zuspitzung der Liquiditätssituation
der Bank beitragen. In einem solchen Fall würden die Basel III-Regularien aus Sicht des
Plenums krisenverschärfend und damit kontraproduktiv wirken. Explizit kritisiert wurde
auch, dass die LCR als Kennzahl für die kurzfristige Liquidität eines Instituts nicht notwen© cp consultingpartner AG
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Die Liquiditätsstandards
digerweise dessen tatsächliche Liquiditätssituation wiedergibt, weil die Verwendung international vorgegebener, nicht validierter Ablaufparameter eine institutsspezifische Darstellung nicht erlaubt. Zudem handelt es sich bei der LCR lediglich um eine Stichtagsbetrachtung, nämlich der Stress-Prognose auf den 30. Tag in der Zukunft. Aus Steuerungsgesichtspunkten sollten auch die Liquiditätssituationen innerhalb des 30-TagesZeitraumes mitbetrachtet werden.
Mit der Net Stable Funding Ratio (NSFR) führt Basel III eine Kennzahl ein, die einer mittel- und langfristigen Finanzierung der Bankmittel und Bankaktivitäten Vorschub leisten
und dadurch die Abhängigkeit der Institute von einem funktionsfähigen und liquiden Interbankenmarkt mindern soll. Die NSFR gibt an, wie weit die Finanzierungsmittel, die der
Bank für mindestens 12 Monate zur Verfügung stehen, den möglichen Finanzbedarf des
Instituts in einem Stressszenario über einen Zeitraum von 12 Monaten decken können.
Für die Berechnung der Kennzahl werden definierte Stressbedingungen zugrunde gelegt.
Die NSFR muss, wie die LCR, ab 2013 ermittelt und gemeldet werden. 2018 tritt ein Mindeststandard in Kraft, demzufolge das bestehende stabile Funding der Bank unter definierten Stressbedingungen ausreichen muss, um den Mittelbedarf über ein Jahr zu wenigstens 100% zu decken.
Wie die Ergebnisse der QIS 2010 gezeigt haben, ergeben sich für die meisten deutschen
Banken bei der Kalkulation des kurzfristigen Liquiditätspuffers in der LCR und der Kennzahlensteuerung, komplexere Herausforderungen als durch die NSFR. Die Diskussion während der Veranstaltungen war vor diesem Hintergrund zunächst auf die Details der LCR
fokussiert.
Grundsätzlich gilt: Der von der Bank vorzuhaltende Puffer hoch liquider Aktiva muss zu
wenigstens 60% aus Level 1 Aktiva bestehen, der Anteil von Level 2 Aktiva darf 40% nicht
überschreiten. Für die Teilnehmer der Workshops ist die Beschränkung der Level 2 Aktiva
vor allem aufgrund der Ausgestaltung des deutschen Pfandbriefes nicht nachvollziehbar.
Auch erscheint die Höhe der Limitierung willkürlich. Zudem dürfen Level 1 Aktiva zu 100%
auf den Liquiditätspuffer angerechnet werden, während Level 2 Aktiva einem Abschlag von
15% unterliegen. Dieser Abschlag wurde gegenüber der Konsultationsversion von Basel III
reduziert. Ob er jedoch als realistischer, validierter Abschlag anzusehen ist, wurde von den
Workshop-Teilnehmern in Frage gestellt. Vor allem im Hinblick auf die Staatenkrise ergibt
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Die Liquiditätsstandards
sich zudem die Frage, ob die Level 1-Aktiva zukünftig auch noch eine höhere
Liquidierbarkeit im Stressfall besitzen als ein deutscher Pfandbrief.
Die Modellierung der Mittelabflüsse bietet den Instituten in gewissem Umfang Gestaltungsspielräume. Ausschlaggebend ist dabei die Klassifizierung der Einlagen: Von dem
Bestand, den die Bank als Einlagen stabiler Kunden klassifiziert, müssen zur Simulation
einer Liquiditäts-Stress-Situation nur 5% als Abflüsse modelliert werden. Entscheidend ist
demnach, welche Einlagen als stabil oder operativ gewertet werden dürfen. Diese Fragestellung wurde im weiteren Verlauf der Veranstaltungen noch detaillierter erörtert.
In der LCR werden die Zahlungszuflüsse den regulatorisch vorzuhaltenden Liquiditätspuffer nur begrenzt mindern: Die Netto-Zahlungsabflüsse, zu dessen Deckung hochliquide
Aktiva vorzuhalten sind, müssen grundsätzlich immer mit mindestens 25% der gesamten
Zahlungsabflüsse modelliert werden. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn Zahlungszuflüsse den Netto-Mittelabfluss de facto auf weniger als 25% senken, bzw. ausgleichen oder
sogar überkompensieren würden. Den Workshop-Teilnehmern erscheint auch diese Mindestquote von 25% „aus dem Hut gezaubert“ zumal sie in der vorherigen Konsultationsphase noch nicht kommuniziert wurde. Aus den Erfahrungen der QIS-Ergebnisse hat der
Baseler Ausschuss die Konsequenz gezogen, dass ein Mindest-Liquiditätspuffer (Zähler
der LCR) immer vorgehalten werden soll. Diese Regelung benachteiligt Banken, die ein
sehr ausgeglichenes Verhältnis von Mittelabflüssen und -zuflüssen (im Stressfall) vorweisen können. Im Rahmen der Basel III-Workshops wurden die Folgen von keiner teilnehmenden Bank auf Basis des vorliegenden Zahlenwerks als problematisch eingeschätzt.
Andere Institute, könnten aber, abhängig von ihrem Geschäftsmodell, durchaus zu abweichenden Beurteilungen gelangen.
3.1 Basel III Anforderungen an hochliquide Aktiva
Im nächsten Schritt wandten sich die Workshop-Teilnehmer den Merkmalen der hochliquiden Aktiva zu, die – sofern unbelastet und frei verfügbar – auf den kurzfristigen Liquiditätspuffer angerechnet werden können. Zur Ermittlung dieser hochliquiden Aktiva können,
wie im Rahmen der QIS 2010 geschehen, die Positionen der Bank den Kategorien Kassepositionen, Zentralbankguthaben und Staatsanleihen zugeordnet werden.
Weniger Beachtung finden bislang die acht Kriterien, die der Baseler Ausschuss für Bankenüberwachung zur Identifikation hochliquider Aktiva vorgibt. Dies ist wesentlich auf die
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Die Liquiditätsstandards
derzeit teilweise nicht hinreichend genau gefassten Beurteilungskriterien, die schwierige
Datenversorgung und Praktikabilitätsfragen zurückzuführen.
Bevor individuelle Papiere nach diesen Kriterien vollständig bewertet werden können, sind
noch verschiedene Fragen zu klären: Um beispielsweise das „niedrige Kredit- und Marktrisiko“ eines Titels nachzuweisen, kann als Indikator unter anderem eine geringe Kursvolatilität aufgezeigt werden, für die jedoch keine branchenübliche Limitierung existiert. Ähnliche Probleme bereitet das Kriterium einer „geringen Korrelation mit riskanten Aktiva“: Es
gibt keinen anerkannten Maßstab für die vergleichende Bewertung solcher Korrelationen.
Auch lässt sich die Frage, ob ein Titel auf einem „entwickelten und anerkannten Austauschmarkt gelistet ist“, nur bezogen auf die individuelle Bank und ihre eigenen Marktzugänge beantworten.
Weitere Unklarheiten bestehen nach Einschätzung der Workshop-Teilnehmer bei der
marktbezogenen Charakterisierung hochliquider Aktiva nach den Basel III-Kriterien: Welche Handelsvolumina und Transaktionsfrequenzen muss ein „aktiver und bedeutender
Markt“ aufweisen, um akzeptabel zu sein – und wie wird die Existenz eines Repo-Marktes
datentechnisch in den Systemen, und damit in den Meldestrecken, hinterlegt? Offen ist
auch, welche Nachweise für die „Präsenz von commited market makers“ oder eine „geringe Marktkonzentration“ im Sinne eines hinreichend diversifizierten Käuferkreises Gültigkeit
haben. Ähnlich verhält es sich mit historischen Flight-to-Quality-Bewegungen, die nach
Basel III ein Merkmal hochliquider Aktiva sind: Hier ist zu fragen, ob ein entsprechender
Nachweis für neue Titel mit einem Mapping-Verfahren geführt werden kann? Nach Einschätzung des Plenums müssen teilweise Parameter auf Einzelwertpapier-Ebene oder auf
Marktebene ermittelt werden.
Aus Sicht der Forum-Teilnehmer bieten Bewertungen nach den acht in Basel III formulierten Qualitätskriterien den Instituten prinzipiell Gestaltungsmöglichkeiten für die LCR. Eine
systematische Abklärung der damit verbundenen Fragen und die technische Umsetzung
entsprechender Bewertungsinstrumente haben die beteiligten Banken aber zum Zeitpunkt
der Workshops noch nicht umfassend eingeleitet.
Institute, die diesen Aspekt bereits in die Betrachtung einbezogen haben, konzentrieren
sich in entsprechenden Projekten anfangs nur auf zwei oder drei der acht Kriterien, die
pragmatisch umsetzbar erscheinen. Ein Liquiditätsklassenkonzept böte etwa die Möglichkeit, Wertpapiere nach ihrer Liquidierbarkeit aufsteigend einzustufen. Mit dem Fortschrei15
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Die Liquiditätsstandards
ten des Abklärungsprozesses könnten für diese Einstufung alle Kriterien nach und nach
berücksichtigt werden. Ein solches Vorgehen würde nicht zuletzt eine substantielle Grundlage für die Abstimmung mit der deutschen Finanzaufsicht schaffen.
Aus Sicht des Plenums sollten die Banken erste Kriterien für den Einstieg in eine Liquiditätsbewertung am eigenen Geschäftsmodell und den wichtigsten liquiden Märkten des
Hauses orientiert auswählen. Dies gäbe den Instituten die Möglichkeit, zunächst eine begrenzte Zahl von Produkten sowie bekannte Handelsplattformen zu betrachten und den
Detaillierungsgrad ihrer Abschätzungen schrittweise zu steigern. Diskutiert wurde auch die
Möglichkeit, die Verankerung der Bank in bestimmten Märkten verstärkt in die Risiko- bzw.
Funding-Strategie einzubeziehen und eigene Handelsaktivitäten als Beleg für die Marktliquidität zu nutzen. Dies setzt allerdings den Aufbau des entsprechenden Know-hows in
den Bereichen Risiko-Controlling, Organisation und IT voraus.
Die Zusammensetzung des Liquiditätspuffers zur Deckung der Netto-Mittelabflüsse über
einen Zeitraum von 30 Tagen unter Stressbedingungen nach den Basel III Vorgaben zeigt
Abbildung 2.
Aktiva des engen Liquiditätspuffers („Level 1 Aktiva“)
1
Cash
Alle Barmittel, die unmittelbar zur Erfüllung von
Zahlungsverpflichtungen zur Verfügung stehen, die nicht für
operationelle Zwecke bestimmt oder belastet sind.
Weitere Aktiva („Level 2 Aktiva“)
5
Schuldtiteln von Unternehmen des Nichtfinanzsektor und
gedeckte Schuldverschreibungen mit Rating AA- (schlechtestes)
und besser. Bei Verschlechterung des Ratings muss ein
Austausch innerhalb v. 30 Tagen erfolgen.
!
Qualifikation einer UN-Anleihe/ Pfandbrief durch kumulative
Erfüllung von Rating und qualitativen Anforderungen
2
Zentralbankeinlagen
Anteil der Guthaben bei Zentralnotenbanken, auf die in
Stressphasen zurückgegriffen werden kann (d.h. nicht
unmittelbar verfügbare Reserven sind ausgenommen).
6
Schuldverschreibungen mit 20% Risikogewicht, die von Staaten,
Zentralnotenbanken oder multilateralen Entwicklungsbanken,
sonstigen öffentlichen Stellen emittiert oder garantiert werden
(Repomarkt vorhanden)
3
Wertpapiere mit 0% Risikogewicht gem. Basel II
Schuldverschreibungen emittiert oder garantiert durch den Staat,
die Zentralbank, sonstige öffentlichen Stellen, die Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich, den Internationalen
Währungsfonds, die Europäischen Zentralbank, die
Europäischen Union oder multilaterale Entwicklungsbanken.
7
Das Level-2-Portfolio muss hinsichtlich Emittenten und WP-Typ
diversifiziert sein sowie einen Abschlag von 15 % berücksichtigen.
8
Die WP des Level-2-Portfolios müssen eine „verlässliche
Liquidität“ aufweisen. Um dieses Kriterium zu erfüllen, darf der
Kurswert in einer Liquiditätsstresstest nicht mehr als 10 %
innerhalb eines Monats verlieren.
9
Weitere qualitative und quantitative Kriterien stehen derzeit noch
zur Diskussion, wie z.B. Volumen, die Geld-Brief-Spanne, der
Umsatz.
!
Level II Aktiva darf nach Haircuts max. 40% des
Gesamtbestands des Liquiditätspuffers aufweisen
Abbildung 2: Bestandteile des kurzfristigen Liquiditätspuffers in der LCR nach Basel III
In der Praxis und in der aufsichtsrechtlichen Auslegung der LCR wird künftig die Frage
bestehen bleiben, in welchem Grad gedeckte Schuldverschreibungen angerechnet werden
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Die Liquiditätsstandards
können. Unternehmenstitel mit Ratings von mindestens AA- werden im Liquiditätspuffer in
der Praxis einen relativ geringen Umfang haben, da Ratings auf diesem Niveau vergleichsweise selten sind.
Den Basel III-Anforderungen zufolge müssen Banken zu Kontrollzwecken eine Liquidity
Coverage Ratio für jede Währung erstellen, auf die mehr als 5% der Gesamtverbindlichkeiten des jeweiligen Instituts entfallen. In den meisten am Workshop beteiligten Banken
dürfte diese Regelung eine zusätzliche Fremdwährungs-LCR in US-amerikanischer Währung erforderlich machen, in einigen weiteren eventuell auch eine LCR in schweizerischer,
britischer oder japanischer Währung.
Das Plenum bewertete diese Regelung als vergleichsweise unproblematisch, da die Institute nicht verpflichtet werden, Mittelabflüsse in Fremdwährung über die nächsten 30 Tage
zu 100% durch hochliquide Aktiva der jeweiligen Währung zu decken. Die Fremdwährungs-LCR hat dementsprechend die Funktion eines Überwachungsinstruments. Aufmerksamkeit erfordert die Entwicklung jedoch im Hinblick auf eventuelle weitergehende Vorgaben seitens der deutschen Bankenaufsicht. So könnte es erforderlich werden, qualitativ
und quantitativ darzustellen, dass keine Liquiditätsengpässe in den Fremdwährungen auftreten können.
3.2 Steuerung von LCR und NSFR
In der Diskussion wurde deutlich, dass sich die teilnehmenden Institute bei der LCRSteuerung zunächst vor allem auf die Frage der Anrechenbarkeit von Mitteln für den kurzfristigen Liquiditätspuffer konzentrieren und hier auch bereits substanzielle praktische
Erfahrungen aufgebaut haben.
Deutlich größere Unsicherheiten bestehen derzeit noch im Hinblick auf den zweiten
Schlüsselfaktor für die LCR-Berechnung, den Netto-Liquiditätsbedarf über einen Zeitraum
von 30 Tagen unter definierten Stressbedingungen. Den Kreditinstituten fällt es dabei vor
allem schwer, die Volatilität des Netto-Liquiditätsbedarfs abzuschätzen, da dieser im Regelfall lediglich für bis zu drei Stichtage ermittelt wurde. Hier werden weitere Datenanalysen in den einzelnen Häusern Klarheit bringen.
Um sicherzustellen, dass die Kennzahlen zum Meldestichtag angemessen eingehalten
werden, müssen die Institute den Netto-Liquiditätsbedarf jeweils für die nächsten Tage
prognostizieren können. Weiterhin gilt es Maßnahmen zu entwickeln, mit denen sich Mit17
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Die Liquiditätsstandards
telzuflüsse und -abflüsse beeinflussen lassen, so dass Umfang und Schwankungsbreite
des Netto-Liquiditätsbedarfs verringert werden können.
Nach Einschätzung des Forums wird man in Zukunft die Entwicklung von Produkten fokussieren, für die weniger Mittel im kurzfristigen Liquiditätspuffer vorzuhalten sind. Einlagenprodukte lassen sich beispielsweise so gestalten, dass der mögliche Liquiditätsablauf
in den nächsten 30 Tagen reduziert wird.
Weitere wichtige Fragen ergeben sich im Hinblick auf die Strategie der Institute bei der
Umsetzung der Basel III-Vorgaben für LCR und NSFR. Grundsätzlich müssen die Banken
beide Kennziffern erst in den Jahren 2015 bzw. 2018 einhalten. Offen ist aber, ob die Annäherung an den jeweiligen Mindestwert frühzeitig defensiv gleitend oder zu einem relativ
späten Zeitpunkt im Rahmen einer aggressiven Umstellung erfolgen sollte. Hierbei ist unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, dass eine frühzeitige
Ausweitung des Liquiditätspuffers zu einer Belastung der aktuellen GuV führt. Die Konsequenzen einer aggressiven Strategie, bei der die Bank Umstellungen zur Einhaltung der
Liquiditätsstandards erst kurz vor deren Inkrafttreten vornimmt, sind nach Meinung des
Plenums weniger gut abzuschätzen. Denkbar wären beispielsweise Auswirkungen auf das
Rating des betreffenden Instituts, zumal ein wachsendes Interesse der Ratingagenturen an
Informationen zur Entwicklung der LCR bereits zu verzeichnen ist. Ebenso wenig lässt sich
ausschließen, dass die deutschen Bankenaufsichtsorgane Kennzahlen, die sehr weit von
den künftigen Mindestvorgaben abweichen, zum Anlass für eine detailliertere Überwachung nehmen könnten.
Die Teilnehmer der Workshops gingen überwiegend davon aus, dass die Institute zunehmendem Druck zur Veröffentlichung positiver Liquiditätskennzahlen ausgesetzt sein werden, auch wenn sich in Deutschland die Stimmen gegen eine Offenlegung der Kennzahlen
mehren. Entscheidungen auf Vorstandsebene zugunsten einer defensiven oder aggressiven Umsetzungsstrategie sind aber noch in keiner der teilnehmenden Banken gefällt worden. Handlungsbedarf wird in diesem Punkt erst dann gesehen, wenn die Verfahren zur
Kennzahlenermittlung in einem angemessenen Qualitätsrahmen zur Verfügung stehen
und hierauf eine den Basel III-Anforderungen angepasste Liquiditätssteuerung aufgesetzt
werden kann.
Wie im Verlauf der Diskussion deutlich wurde, rechnen die beteiligten Banken mehrheitlich
damit, über ausreichende Mittel zu verfügen, um die Basel III-Anforderungen an den kurz© cp consultingpartner AG
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Die Liquiditätsstandards
fristigen Liquiditätspuffer erfüllen zu können. Sie planen daher zunächst keine Anpassung
der Geschäftsaktivitäten und keine neuen Produkte. Als Handlungsoptionen stehen Ihnen
insbesondere die Umschichtung von Wertpapieren mit LCR-Qualität oder der Neukauf von
Wertpapieren von hoher Qualität zur Verfügung. Zur Erhöhung der LCR können auch reduzierte modellierte Outflows bzw. erhöhte modellierte Inflows beitragen. Eine entsprechende Steuerung dieser Zahlungsströme wird aber eher mit einer Veränderung des Geschäftsmodells oder der Produktpalette einhergehen.
3.3 Möglichkeiten zur Steigerung der LCR
Wertpapiere, die Bestandteil der kurzfristigen Liquiditätsreserve sind, müssen nach den
Basel III-Regularien frei verfügbar und unbelastet sein. Überdies werden Wertpapiere von
Finanzinstituten, Versicherungen und Investment-Gesellschaften grundsätzlich nicht als
Bestandteile der kurzfristigen Liquiditätsreserve anerkannt (Ausnahme: gedeckte Schuldverschreibungen). Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die finanziellen Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen den Finanzmarktakteuren zu mindern.
Eine Umschichtung der Wertpapiere muss deshalb so erfolgen, dass Non-FinancialWertpapiere in LCR-Qualität, die bislang in Geschäften gebunden waren, in diesen Funktionen durch bisher ungebundene Financial-Wertpapiere ersetzt werden. Das Institut erhält
durch diese Maßnahme frei verfügbare und unbelastete Non-Financial-Wertpapiere in angemessener Qualität, die im Liquiditätspuffer (Zähler) der LCR anrechenbar sind.
Alternativ hat die Bank die Möglichkeit, neue Wertpapiere hoher Qualität anzukaufen. Diese Titel müssen Staatspapiere mit einem Risikogewicht von 0% bzw. 20% nach dem Basel
II-Kreditstandardansatz oder aber notenbankfähige Covered Bonds bzw. Corporate Bonds
sein, die mindestens ein Rating von AA- aufweisen. Weitere geforderte Qualitätsmerkmale
sind die Existenz eines Repo-Marktes für die betreffenden Papiere und eine geringe Kursvolatilität. Speziell der Nachweis einer geringen Kursvolatilität ist, wie im Workshop von
den Praktikern hervorgehoben wurde, nach derzeitigem Regelungsstand mit erheblichen
datentechnischen Herausforderung verbunden: Es müsste für den Zeitraum der letzten 10
Jahre belegt werden, dass das betreffende Wertpapier zu keiner Zeit einen Wertverlust
oder Haircut-Anstieg von mehr als 10% binnen 30 Tagen verzeichnete. Für jüngere Wertpapiere wäre hilfsweise ein Mapping auf einen anderen Titel gleicher Struktur erforderlich.
Es besteht aber die Erwartung, dass der Baseler Ausschuss im Rahmen der QIS 2011 eine
19
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Die Liquiditätsstandards
modifizierte Regelung prüfen wird. Alternative Verfahren basieren etwa auf der Grundlage
von Credit Spreads oder Handelsvolumina.
Darüber hinaus bestehen vielfältige Möglichkeiten, über eine Reduktion der Zahlungsmittelabflüsse und/oder einer Steigerung der Zahlungsmittelzuflüsse eine Erhöhung der LCR
zu erreichen.
3.4 Praxisorientierte Bewertung der Einlagen-Stabilität
Bei der LCR-Berechnung kommt den Mittelabflüssen entscheidende Bedeutung zu, die für
eine definierte Liquiditäts-Stresssituation modelliert werden müssen. Für stabile Kundeneinlagen sind dabei nach Basel III lediglich Mittelabflüsse in Höhe von 5% des
Einlagevolumens in Abzug zu bringen.
Man spricht von stabilen Einlagen, wenn die Einleger weitere regelmäßige Geschäftsbeziehungen mit der Bank unterhalten, sodass ein Rückzug der Einlagen höchst unwahrscheinlich ist, oder wenn es sich um Transaktionskonten, wie etwa Konten mit automatischer
Lohneinzahlung, handelt.
Im Rahmen einer verfeinerten Konzeption lassen sich Kriterien definieren, die eine Kategorisierung in stabile und nicht stabile Kunden über das Produktnutzungsverhalten oder die
Dauer der Geschäftsbeziehungen ermöglichen. Die Analyse des Produktnutzungsverhaltens verlangt allerdings, wie in der Diskussion hervorgehoben wurde, eine aufwändige Verknüpfung separater Datenbestände.
Im Sinne der QIS 2010 und des Basel III-Papiers werden Einlagen als stabil eingestuft,
wenn sie den Kategorien transactional, operational oder relationship-based zuzurechnen
sind. Um Konten nach diesen Kategorien zu klassifizieren, müssen entsprechende Kriterien definiert werden. Die Zuordnung ist im Regelfall kundengruppenspezifisch vorzunehmen. Die Auswirkungsstudie differenziert hierbei zwischen dem Retailkundengeschäft einerseits und dem Geschäft mit KMU (kleineren und mittleren Unternehmen), Unternehmenskunden außerhalb Finanzsektors, Finanzunternehmen, Regierungen, Zentralbanken
und Institutionen der öffentlichen Hand andererseits.
Beim Einstieg in die Thematik konzentrierten die Teilnehmer der Basel III-Workshops ihre
Überlegungen auf die Privatkundenbestände, da sie erwarten, dass eine praktikable Vorgehensweise zur Unterscheidung stabiler und nicht stabiler Kunden in diesem Bereich
relativ einfach zu definieren sein wird. Als Kriterien wurden beispielhaft die Dauer der Ge© cp consultingpartner AG
20
Die Liquiditätsstandards
schäftsbeziehung, die Nutzung des Kontos für Gehaltszahlungen, Daueraufträge, Kredite
oder Einlagen mit über 2 Jahren Restlaufzeit, sowie die aktive Nutzung eines Kontos im
Sinne einer Zahlungsstromanalyse diskutiert.
Intensiv besprochen wurde vor allem die Frage, ob eine Bewertung auf Portfolio- oder Einzelkontenebene der Betrachtung auf Kundenebene vorzuziehen sei: Eine Portfoliobetrachtung ist für das Institut zwar mit geringerem Aufwand verbunden, erfordert aber
voraussichtlich kontinuierliche Validierungen. Eine Betrachtung auf Einzelkontenebene
liefert zwar sehr belastbare Ergebnisse, stellt aber auch hohe Anforderungen an die Datengrundlage. Das Einzelinstitut muss außerdem prüfen, ob eine Zuordnung weitestgehend über den Produktkatalog der Bank oder Sparkasse erfolgen kann.
3.5 Organisatorische Aspekte der Ermittlung und Steuerung der LCR
Die Organisation eines Basel III-konformen LCR-Managements erörterten die in den Workshops vertretenen Banken zunächst bezogen auf die Kalkulationspraxis. Gefordert sind in
erster Linie eine vollständige Datenbasis unter Berücksichtigung der Cashflow-Sichtweise
sowie ein Konzept zur Bewertung der Stabilität der Einlagen und ein stabiler LCR-Meldeprozess in der Verantwortung des Meldewesens, oder im Einzelfall auch des Risikomanagements. Die datentechnische Umsetzung kann nach Einschätzung der Teilnehmer zunächst am sinnvollsten auf Prototypenbasis erfolgen. Der Übergang zum Einsatz regulärer
Software sollte durchgeführt werden, sobald keine signifikanten Änderungen der LCRRichtlinien mehr zu erwarten sind. Dies dürfte für Basel III Mitte 2013 und auf der Ebene
europäischer sowie nationaler Umsetzungen voraussichtlich bis Anfang 2014 der Fall sein.
Weiterer Aufwand ist für Berichte, Dokumentation und Prozessdesign der LCR-Kalkulation
vorzusehen.
Die Beteiligten der Basel III-Workshops sehen die LCR-Steuerung als Gemeinschaftsaufgabe: Die Höhe des kurzfristig vorzuhaltenden Liquiditätsbestands müsste demnach im Anschluss an die Ermittlung der erwarteten Zuflüsse und Abflüsse vom Risikocontrolling vorgegeben werden, das auch die ausreichende Diversifizierung des Liquiditätspuffers überwacht. Basel III-konforme Wertpapiere im erforderlichen Umfang bereitzustellen, wäre
dann Aufgabe des Treasury oder des Aktiv-/Passiv-Managements. Um das für den Liquiditätspuffer verwendete Wertpapier technisch als solches zu markieren, muss die Organisations-/IT-Abteilung eingebunden werden. Gleiches gilt auch für die reine LCR-/NSFRKalkulation.
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© cp consultingpartner AG
Die Liquiditätsstandards
Hervorzuheben ist, dass zunächst die LCR und NSFR intensiver in die Steuerungskonzepte
der Banken eingebunden werden müssen, als dies bisher bei der LiqV-Kennzahl erforderlich war. Bei der Aussteuerung der LCR sind die Liquiditäts(risiko-)kosten eine der wichtigsten Einflussgrößen. Sie müssen im Rahmen des Funds Transfer Pricing in die
Produktbepreisung einbezogen werden. Darüber hinaus müssen die Institute das bestehende Liquiditätsnotfallregime für den Fall kritischer Entwicklungen der LCR oder NSFR
erweitern und in ihrer Liquidity Policy oder Liquiditätsstrategie festlegen, welche Entwicklungen als kritisch einzustufen sind.
3.6 Herausforderungen bei der Modellierung der LCR
Die LCR-Modellierung stellt die Institute zudem vor datentechnische Aufgaben. Die Modellierung muss sowohl Kapital-Cashflows als auch Zins-Cashflows unter Berücksichtigung
von Gebühren und Provisionen sowie Zins-Cashflows variabel verzinslicher Produkte abbilden können. Weiterhin sind die Basel II-Risikogewichte und die in Basel II festgeschriebene Unterscheidung zwischen Großunternehmen und KMU – auch für reine EinlagenKunden – in die Kalkulation zu integrieren.
Die Banken sind aufgefordert, z. B. ein Liquiditätsklassenkonzept oder eine andere Klassifizierungssystematik aufzubauen, mit deren Hilfe Wertpapiere zur Deckung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfs zumindest in die Stufen „hochliquide nach Basel III“, „hochliquide
über 7 Tage nach MaRisk“, “hochliquide über 30 Tage nach MaRisk“ sowie „nicht hochliquide“ eingruppiert werden können. Darüber hinaus ist zu definieren, welche WertpapierIndizes das Institut als „major indices“ betrachtet, die eine sehr gute Liquidierbarkeit und
eine entsprechend bessere Anrechnung dort gelisteter Titel gewährleisten.
Eine Herausforderung ergibt sich bei der Behandlung von Wertpapieren, die zwar Bestandteil des kurzfristigen Liquiditätspuffers der Bank sind, aber nach einer Herabstufung die
Qualitätsanforderung nicht mehr erfüllen: Basel III räumt dem Institut 30 Tage Reaktionszeit ein, um die Zusammensetzung des Liquiditätspuffers anzupassen. Datentechnisch ist
damit zu unterscheiden zwischen der „Erfüllung der Anforderung an die Berücksichtigung
im Liquiditätspuffer“ und der reinen „Anrechenbarkeit zum aktuellen Stichtag“.
Um die geforderte „Abbildung von Kündigungsrechten und Downgrade-Triggern“ zu gewährleisten, muss die Möglichkeit vorgesehen werden, den Wertpapierbestand im Hinblick
auf die Höhe der Nachschussverpflichtungen bei einer Verschlechterung des Institutsra© cp consultingpartner AG
22
Die Liquiditätsstandards
tings zu analysieren. Die an den Basel III-Workshops teilnehmenden Banken bewerteten
diese Anforderung nicht als problematisch. Für ein Institut, das sich in großem Umfang
und mit hohen Risiken im Bereich besicherter Wertpapiergeschäfte engagiert, könnte die
Regelung jedoch in hohem Maß relevant sein.
3.7 Zentrale Kritikpunkte an den Regeln zur Kalkulation der LCR
Bereits in der Konsultationsphase vor Veröffentlichung der Basel III-Regularien hat der
Zentrale Kreditausschuss als Zusammenschluss der fünf Spitzenverbände der deutschen
Kreditwirtschaft in mehreren Punkten Kritik an den geplanten Regelungen vorgetragen.
Diese Anmerkungen wurden vom Plenum des Basel III-Workshops inhaltlich aufgegriffen.
Grundsätzliche Kritik äußerten die Teilnehmer in Übereinstimmung mit der deutschen
Bankenaufsicht an der Abkehr des Baseler Komitees vom Konzept der Risikokontrolle auf
Basis institutsindividueller Parameter. Nach Einschätzung des Plenums ist mit den MaRisk
eine passende Lösung geschaffen worden, die den Banken genügend Spielraum lässt, ihr
individuelles Geschäft effektiv und effizient zu managen, ohne dass grundsätzliche Steuerungsvorgaben dabei aus dem Fokus geraten.
Unter Aspekten der Banksteuerung bewerteten die Teilnehmer vor allem die Zeitpunktbezogene Sicht der LCR als problematisch. Nach dem gegenwärtigen Regelungsstand wird
die Liquiditätssituation jeweils bezogen auf den Termin 30 Tage in der Zukunft betrachtet.
Liquiditätsentwicklungen innerhalb dieses Zeitraums finden keine Berücksichtigung. Dieser
aufsichtsrechtliche Ansatz ist zwar datentechnisch einfacher umzusetzen, hat aber zur
Folge, dass die LCR für Zwecke der internen Steuerung nicht verwendbar ist. Einzelne Institute ziehen eine anspruchsvollere Interpretation der LCR in Betracht: Die Kennzahl
könnte so kalkuliert werden, dass sie jeweils die ungünstigste Liquiditätssituation abbildet,
die unter definierten Stressbedingungen während der nächsten 30 Tage auftreten kann.
In Frage gestellt wurde auch der auf 30 Tage festgelegte Betrachtungszeitraum als solcher.
Manchen Teilnehmern erscheint es sinnvoller, den Zeitraum für die Betrachtung der kurzfristigen Liquidität zu flexibilisieren. Für Banken mit dynamischen und entsprechend volatilen Geschäftsmodellen könnten dann kürzere Intervalle gewählt werden als für Banken
mit konservativen und entsprechend stabilen Geschäftsmodellen. Mit der LCR wird nach
Einschätzung des Plenums eine institutsübergreifend einheitliche Kennzahl mit begrenzter
23
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Die Liquiditätsstandards
Aussagefähigkeit etabliert, da das reale Liquiditätsrisiko der individuellen Bank in den seltensten Fällen angemessen abgebildet werden kann.
Kritisch bewerteten die auf den Workshops präsenten Banken außerdem den Fokus, den
Basel III auf Staatsanleihen als hochliquide Mittel legt. Hier wird das Entstehen neuer Risikokonzentrationen befürchtet.
Ein systemisches Risiko ergibt sich nach dem Urteil der Teilnehmer aus der Orientierung
des Liquiditätsmanagements an einer Kennzahl und einem Stress-Szenario. Dieses Charakteristikum der LCR erhöht die Wahrscheinlichkeit gleichgerichteter Reaktionen auf bestimmte Marktentwicklungen, die krisenverstärkend wirken können.
3.8 Strukturelle Liquidität (NSFR)
Verglichen mit den Anforderungen an einen Basel III-konformen Mindestliquiditätspuffer
sahen die Teilnehmer des Workshops bei den Standards für die strukturelle Liquidität weniger Diskussionsbedarf. Mit der Net Stable Funding Ration (NSFR) wird eine Kennzahl
eingeführt, die bankenübergreifend aufzeigen soll, in welchem Umfang die Mittel und Aktivitäten des individuellen Instituts unter festgelegten Krisenbedingungen über 12 Monate
stabil refinanziert sind. Ziel dieser Maßnahme des Baseler Komitees für Bankenaufsicht ist
es, die Abhängigkeit der Institute von einem funktionierenden und liquiden Interbankenmarkt und das Risiko aus Liquiditätsfristentransformation zu mindern.
Als Stress-Szenario werden folgende Einflussgrößen zugrunde gelegt: Ein signifikanter
Rückgang der Profitabilität und der Solvenz der Bank aufgrund hoher Kredit-, Markt- und
operationeller Risiken, eine mögliche Herabstufung der Bewertung des Instituts durch eine
anerkannte Ratingagentur und/oder ein Ereignis, das die Reputation des Instituts und seine Kreditnehmerqualität in Frage stellt.
Um die NSFR zu berechnen, stellt die Bank ihre unter Stressbedingungen über 12 Monate
stabilen Finanzmittel (Available Stable Funding, ASF) und ihren Bedarf an Finanzmitteln
im gleichen Zeitraum (Required Stable Funding, RSF) gegenüber. Eine NSFR ≥ 1 bezeichnet ein ausgeglichenes Verhältnis bzw. eine Überdeckung.
Abbildung 3 stellt dar, in welcher prozentualen Gewichtung die einzelnen Positionen der
Bank bei der NSFR-Kalkulation auf die stabilen Finanzmittel bzw. die erforderlichen Finanzmittel anzurechnen sind. In Klammern werden dabei die einheitlichen Ablauf-Werte
angegeben.
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Die Liquiditätsstandards
ASF-Kategorien (Zähler)
1
Eigenkapital inkl. Tier 1 und 2 Kapitalinstrumente
Faktor
RSF-Kategorien (Nenner)
Faktor
100 %
1
Bargeld, Geldmarktinstrumente, Wertpapiere,
Kredite an Financials mit RLZ < 1Y
0%
Vorzugsaktien oder Eigenkapitalinstrumente
(Nicht Tier 1 und Tier 2, effektive RLZ >= 1Y
Andere Verbindlichkeiten, effektive RLZ >= 1Y
2
Stabile Einlagen von Retail /SME-Kunden, RLZ < 1Y
90 %
2
Bestimmte unbelastete Anleihen von Staaten /
staatsnahen Organisationen mit hohem Rating und
aktivem Repo-Markt, RLZ >= 1Y
5%
3
Weniger stabile Einlagen von Retail/SME-Kunden,
RLZ < 1Y
80 %
3
Bestimmte Kredit- und Liquiditätsfazilitäten
Vorfinanzierungsanforderungen für außerbilanzielle
Verpflichtungen
10 %
5%
4
Unbesichertes Wholesale-Funding und Einlagen
von Non-Financial Unternehmen, RLZ < 1Y
50 %
4
Bestimmte unbelastete Unternehmensanleihen oder
Pfandbriefe mit hohem Rating, hoher Marktliquidität,
RLZ >= 1Y
20 %
5
Alle anderen Verbindlichkeiten und
Eigenkapitalinstrumente
0%
5
Gold, Kredite an Unternehmen, RLZ < 1Y
50 %
6
Retail-Kredite mit RLZ < 1Y
85 %
7
Alle übrigen Assets (Ausnahme RG 35% -> 65%)
8
Diverse bedingte (außer)vertragliche Verpflichtungen
100 %
durch Aufsicht
zu definieren
Abbildung 3: Anrechnungsfaktoren zur Kalkulation von ASF und RSF
Hervorzuheben ist eine für die deutschen Bankenverbünde relevante Besonderheit: Zwar
sind Einlagen anderer Kreditinstitute in eine Bank generell als im Stressfall illiquide anzusetzen, Einlagen von Partnern in Liquiditätsverbünden dürfen aber als zu 75% liquide gewertet werden. Bislang ist jedoch offen, welche Liquiditätsverbünde den Anforderungen
aus Basel III genügen und damit Aussicht auf eine Anerkennung in Deutschland haben.
3.9 Monitoring-Tools
Basel III fordert die Einführung von Monitoring-Tools für verschiedene potenziell kritische
Faktoren. Überwacht werden sollen vertragliche Laufzeit-Inkongruenzen, Funding-Konzentrationen, verfügbare unbelastete Aktiva sowie potenzielle Auslöser von Liquiditätsproblemen im gesamtwirtschaftlichen, finanzwirtschaftlichen und institutsspezifischen Kontext.
Die Teilnehmer der Basel III-Foren unterstrichen, dass die vorgesehenen Werkzeuge
grundsätzlich mit den Informationsinhalten korrespondieren, die im Rahmen des im März
2011 durchgeführten Stresstests von der European Banking Authority, EBA, abgefragt
wurden. Im Fokus der Diskussionen stand die Frage, inwieweit die Basel III-Anforderungen
im Rahmen der MaRisk-Umsetzung abgedeckt werden können. Abbildung 4 zeigt die festgestellten Verknüpfungen der Regularien im Überblick.
25
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Die Liquiditätsstandards
Abbildung 4: Basel III Monitoring-Tools und korrespondierende MaRisk-Anforderungen
3.10 Konsequenzen der Basel III-Liquiditätsstandards für die Geschäftsmodelle
der Banken
Nach der Erörterung der Liquiditätsstandards und Überwachungsinstrumente von Basel III
diskutierte das Plenum der Workshops intensiv über die voraussichtlich wichtigsten Auswirkungen des Regelwerks auf die Geschäftsmodelle der Institute. Grundsätzlich ist dabei
festzuhalten, dass der Aufbau des Liquiditätspuffers zur Einhaltung der LCR-Mindestanforderung negative Effekte auf die Ergebnisleistung der Banken hat: Die zusätzliche
und/oder kostenspieligere Refinanzierung wird die Gewinn- und Verlustrechnungen der
Banken belasten.
Im Marktumfeld müssen sich die Institute nach eigener Einschätzung auf eine stark erhöhte Nachfrage nach Staatsanleihen vorbereiten. Zugleich ist mit einem geringeren Marktinteresse an Schuldverschreibungen (Covered Bonds) und einem verschärften Wettbewerb
um Retail-Einlagen zu rechnen. Die Teilnehmer des Basel III-Forums gehen außerdem davon aus, das die Offenlegung von Liquiditätsinformationen im Sinne erhöhter Transparenz
eine krisenbeschleunigende und krisenverschärfende Wirkung entfalten kann und befürworten aktuelle gegenläufige Tendenzen.
Zu den wichtigsten volkswirtschaftlichen Effekten der Basel III-Liquiditätsstandards zählt
aus Sicht der Banken eine zurückhaltendere Kreditvergabe, die sich daraus ergibt, dass
Refinanzierungsmittel im Liquiditätspuffer gebunden werden. Die erhöhten Eigenkapitalquoten verstärken diese Entwicklung. Zugleich wird die volkswirtschaftliche Funktion der
Kreditwirtschaft im Bereich der Liquiditätsfristentransformation eingeschränkt. In der
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26
Die Liquiditätsstandards
Summe beeinträchtigt Basel III über die erschwerte Refinanzierung der Banken auch die
Refinanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen anderer Sektoren.
Innerhalb des Bankensystems erwartet die Kreditwirtschaft geschäftliche Verzerrungen
zwischen Banken mit und ohne Retail-Geschäft sowie zwischen Banken und Finanzkonstrukten wie etwa Hedge-Fonds, die den Liquiditätsstandards von Basel III nicht unterliegen.
Unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten kritisieren die Kreditinstitute die mit Basel III
eingeleitete Abkehr vom Proportionalitätsprinzip, den Verzicht auf interne Verfahren sowie
Verzerrungen durch die gleichzeitige Wirksamkeit unterschiedlicher Aufsichtsregimes.
Im Einzelnen wurden im Plenum der Workshops folgende Wirkungen des geplanten Regelwerks auf die Geschäftsmodelle der Banken thematisiert:

Differenzen in den aufsichtsrechtlichen Anforderungen:
Im Hinblick auf die Methoden bzw. Szenarios, mit denen die erforderliche Mindesthöhe der Liquiditätspuffer ermittelt werden soll, besteht keine Einigkeit zwischen internationalen Gremien wie dem BCBS, dem CEBS und der FSA. Auch voneinander
abweichende nationale Anforderungen an die Berichtstätigkeit der Banken können
einen erheblichen Aufwand verursachen.

Fokussierung auf wenige Assets führt zu Konzentrationen:
Die Konzentration auf Staatsanleihen und (mit Haircuts) hochliquide Unternehmensanleihen sowie Covered Bonds als Bestandteile des Liquiditätspuffers wird zu
Verzerrungen führen. Neben beträchtlich höheren Kosten für das Vorhalten der Reserve droht auch ein ungewolltes Konzentrationsrisiko.

Das Prinzip der Proportionalität wird aufgegeben:
Damit geht ein wesentlicher Vorteil verloren, da die Ableitung eines Puffers auf der
Basis individueller Szenarios dem Risiko einer Systemkrise entgegenwirkt. Zugleich
verlieren die Institute die Möglichkeit, den Liquiditätspuffer in den Kontext der eigenen Refinanzierungsmöglichkeiten zu stellen und angemessen auszugestalten.

Undifferenzierte Betrachtung außerbilanzieller Instrumente:
Das standardisierte Basel III-Stress-Szenario setzt für außerbilanzielle Aktivitäten
ohne Differenzierung der Assets eine Abflussquote von 100 % an. Dies benachteiligt Vehikel mit notenbankfähigen Assets.
27
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Die Liquiditätsstandards

Verteuerte Refinanzierung:
Die teilweise Nicht-Berücksichtigung von Schuldverschreibungen führt zu höheren
Refinanzierungskosten der Institute. Verschärfend wirken dabei die, durch die Einführung der NSFR forcierten, längeren Refinanzierungslaufzeiten, die allerdings im
Gegenzug das Refinanzierungsrisiko senken.

Marktverzerrung durch regulatorische Bevorzugung des Retail-Geschäfts:
Die vorteilhafte Behandlung von Retail-Geschäften im Rahmen der Liquiditätsermittlung benachteiligt Banken ohne Einlagengeschäft, wie etwa die Förderbanken in
Deutschland. Sie verursacht auch einen Margenverfall im Wettbewerb um RetailEinlagen, der überdies die Stabilität der Einlagen als Refinanzierungsmittel mindert.

Liquiditätsbindung im Puffer reduziert Kreditvergabemöglichkeiten:
Im kurzfristigen Liquiditätspuffer gebundene Refinanzierungsmittel stehen nicht
mehr für die Kreditvergabe zur Verfügung. Zugleich verschlechtert sich die
Leverage Ratio, was zum Abbau von Aktivpositionen zwingt.

Sinnvolle Liquiditätsfristentransformation eingeschränkt:
Die Einführung der NSFR schränkt die Risikotransformation als volkswirtschaftliche
Aufgabe der Kreditindustrie ein. Erträge aus der Fristentransformation müssen in
anderen Bereichen substituiert werden. Die Wirksamkeit der Geldmarktsätze als Instrument der Geldpolitik schwindet. Parallel steigt der Anreiz zur Vergabe kurzlaufender Kredite.

Individuelle Risikotragfähigkeit bleibt unberücksichtigt:
Das von Geschäftsleitung bestimmte Risiko- und Ertragsprofil des Instituts und seine Fähigkeit, die eingegangenen Risiken zu managen, sind für Basel III, anders als
für MaRisk und SolvV, nicht ausschlaggebend.

Keine Berücksichtigung institutsspezifischer Ablaufraten:
Es ist fraglich, ob die konkrete Vorgabe von Ablaufraten in Basel III sachgerecht ist.
Würden ersatzweise Anforderungen an die Schätzung eigener Parameter formuliert,
könnte auf die Geschäftsmodelle der Institute abgestellt werden.

Nicht-Einbeziehung der Zentralbankunterstützung in der Krise ist realitätsfern:
Nach Basel III müssten Institute im Stressfall auch ohne Geschäfte mit der Zentralbank ihre Liquidität sicher stellen können. Der Anforderung liegt sicherlich der
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Die Liquiditätsstandards
Wunsch der Aufsicht zugrunde, dass sich die Banken nicht zu sehr auf die Hilfe der
Zentralbanken verlassen. Diese Modellierung wird jedoch als realitätsfern eingestuft.
Die wichtigere Auswirkung dürfte sein, dass nach einer Krise strengere Anforderungen an die Qualität der notenbankfähigen Assets verlangt werden.

LCR und NSFR integrieren wesentliche prozyklisch wirkende Faktoren:
Die derzeit formulierten Anforderungen bergen, in noch höherem Maß als die Kapitalanforderungen, die Gefahr der Prozyklizität, weil LCR und NSFR in hohem Maße
auf das Rating abstellen.

Offenlegung verursacht tendenzverstärkende Rückwirkungen (self-fulfilling
prophecy):
Basel III fordert die Offenlegung der institutsspezifischen Liquiditätskennzahlen.
Diese Praxis kann Marktreaktionen auslösen, die krisenverstärkend und krisenbeschleunigend wirken.

Fehlende internationale Verbindlichkeit kann zu Wettbewerbsverzerrungen führen:
Für die Ermittlung der Basel III-Risikokennzahlen sollten in allen Ländern einheitliche Regeln existieren, sodass gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer gelten.
Verzerrungen durch die nationale Umsetzung, wie sie bei Basel II entstanden sind
(vgl. US-Banken), müssen soweit wie möglich minimiert werden.

Willkürliche Parametrisierung:
Die vom Baseler Komitee für Bankenregulierung gewählten Parametrisierungen,
etwa die 40 %-Grenze bei der Anrechnung der zusätzlichen Assets (Corporate und
Covered Bonds), erscheinen willkürlich.
29
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Die Eigenkapitalstandards
4 Die Eigenkapitalstandards
Bei der Diskussion der in Basel III formulierten Eigenkapitalanforderungen grenzten die
Teilnehmer der Banken zunächst vier entscheidende Veränderungen ab, die gegenüber
Basel II zu verzeichnen sind:
Das Baseler Komitee für Bankenaufsicht leitet einen Prozess ein, der

die Qualität des regulatorischen Eigenkapitals der Institute verbessern soll

die Mindestanforderungen an das von den Banken vorzuhaltende harte Kernkapital
anhebt

die Regeln für die Eigenkapitalermittlung durch einen vorgegebenen
Kriterienkatalog international stärker als bisher harmonisiert und

künftig für eine transparente Darstellung der Zusammensetzung des Eigenkapitals
sorgt. Hierzu muss offengelegt werden, welche Eigenkapitalinstrumente in welcher
Höhe zum Einsatz kommen, um die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen.
Nach derzeitigem Regelungsstand müssen Banken in Deutschland das aufsichtsrechtliche
Mindesteigenkapital in Höhe von 8% der risikogewichteten Aktiva zu je einem Viertel in
Form von hartem Kernkapital und zusätzlichem Kernkapital vorhalten, während 50% mit
Ergänzungskapital gedeckt werden können. Studien auf internationaler Ebene weisen darauf hin, dass nach den verschärften Basel III-Qualitätsanforderungen nur etwa die Hälfte
der Eigenkapitalinstrumente, die nach den heutigen Standards auf das harte Kernkapital
anrechenbar sind, auch zukünftig angerechnet werden können. Zudem müssen die Institute ihr hartes Kernkapital bis 2015 schrittweise von mindestens 2% auf mindestens 4,5%
der risikogewichteten Aktiva erhöhen. Im Gegenzug sinkt der Mindesteigenkapitalanteil,
der mit zusätzlichem Kernkapital bzw. mit Ergänzungskapital gedeckt werden kann. Im
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30
Die Eigenkapitalstandards
Anschluss an diese erste Umstellung werden die Banken ab 2016 verpflichtet, zusätzlich
zu ihrem Eigenkapitalbestand einen Kapitalerhaltungspuffer in Höhe von 2,5% der risikogewichteten Aktiva aus hartem Kernkapital zu bilden. Dafür stehen ihnen von 2016 bis
2019 vier Jahre zur Verfügung. Sie werden demnach 2019 etwa das Siebenfache des heutigen Minimalbestands an Eigenkapitalinstrumenten in „harter“-Kernkapitalqualität vorhalten müssen. Darüber hinaus können die Institute, dem aktuellen Stand von Basel III zufolge, bereits ab 2013 verpflichtet werden, einen antizyklischen Kapitalpuffer mit einem Finanzvolumen von maximal 2,5% der risikogewichteten Aktiva aufzubauen, dessen Mittelbestand jedoch nicht in vollem Umfang den Qualitätsnormen für hartes Kernkapital unterliegt. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Veränderungen in der Zusammensetzung
des Eigenkapitals der Banken bis 2019 einschließlich des Kapitalerhaltungspuffers und
des antizyklischen Kapitalpuffers.
Abbildung 5: Zeitplan Basel III Eigenkapitalbestandteile
4.1 Kapitalerhaltungspuffer
Der Kapitalerhaltungspuffer und der antizyklische Kapitalpuffer sollen im Sinne des Baseler Ausschusses gemeinsam zu einer höheren Stabilität der Banken in Phasen wirtschaftlichen Abschwungs oder im Krisenfall beitragen. Der Kapitalerhaltungspuffer schafft die
Voraussetzung dafür, dass ein Kreditinstitut bei Unterschreiten der Mindesteigenkapitalquote von 7% nicht unmittelbar restrukturiert oder abgewickelt werden muss, sofern nicht
weitere regulatorische Mindestanforderungen verletzt sind. Stattdessen greift ein Automa31
© cp consultingpartner AG
Die Eigenkapitalstandards
tismus, der dem Kapitalaufbau Vorrang vor der Gewinnausschüttung an die Eigentümer
einräumt.
Harte Kernkapitalquote
Mindestkapitalerhaltungsquote
in % des Gewinns
4,5% - 5,125%
100%
> 5,125% - 5,75%
80%
> 5,75% - 6,375%
60%
> 6,375% - 7,0%
40%
> 7,0%
0%
Abbildung 6: Regulatorischer Automatismus zum Aufbau der harten Kernkapitalquote
Gewinne dürfen erst dann in vollem Umfang ausgeschüttet werden, wenn die Bank hartes
Kernkapital in Höhe von mindestens 4,5% ihrer risikogewichteten Aktiva und einen Kapitalerhaltungspuffer von 2,5% in hartem Kernkapital mit Basel III-Qualität vorhält. Erfüllt
das Institut die geforderte harte Kernkapitalquote nicht in vollen Umfang, so werden die
Gewinnausschüttungsquoten sukzessive reduziert. Wie in Abbildung 6 gezeigt, müssen erst
die Kapitalquoten erhöht werden, bevor verstärkte Gewinnausschüttungen vorgenommen
werden können.
4.2 Antizyklischer Kapitalpuffer
Als zweites Element zur Stabilisierung der Eigenkapitalsituation der Banken sieht Basel III
den antizyklischen Kapitalpuffer (AKP) vor. Er soll der Tendenz des Finanzsystems entgegenwirken, Auf- und Abschwünge der Realwirtschaft durch die Ausweitung bzw. Einschränkung der Unternehmensfinanzierung zu verstärken. Die Mittel des antizyklischen
Puffers sollen in Hochkonjunkturphasen aufgebaut und in Abschwungphasen zeitnah wieder freigegeben werden können. Das Volumen des AKP beträgt maximal 2,5% der risikogewichteten Aktiva der Bank. Unter Berücksichtigung dieser Obergrenze soll die Mindestquote des AKP von der nationalen Finanzaufsicht festgelegt werden. Die Verwendung freiwerdender Mittel aus dem Puffer steht im Ermessen der individuellen Banken. Wie Abbildung 7 zeigt, wird der Aufbau des antizyklischen Kapitalpuffers, ebenso wie die Finanzierung des Kapitalerhaltungspuffers, durch eine Limitierung bzw. Sperre von Gewinnausschüttungen unterstützt, die sich an den Umfang des bereits gebildeten Puffers koppelt.
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32
Die Eigenkapitalstandards
Harte Kernkapitalquote
(Zahlenbeispiel auf Basis von 2,5% antizyklischem
Kapitalpuffer)
Mindestkapitalerhaltungsquote in %
des Gewinns
Innerhalb des ersten Quantils des Puffers
4,5% - 5,75%
100%
Innerhalb des zweiten Quantils des Puffers
> 5,75 - 7,0%
80%
Innerhalb des dritten Quantils des Puffers
> 7,0% - 8,25%
60%
Innerhalb des vierten Quantils des Puffers
> 8,25% - 9,5%
40%
Oberhalb des Puffers
> 9,5%
0%
Abbildung 7: Regulatorischer Automatismus zum Aufbau des Kapitalerhaltungspuffers
Das Baseler Komitee sieht vor, die Steuerung des AKP insgesamt in die Verantwortung der
nationalen Finanzaufsichten zu stellen. Als zentraler Indikator für die Steuerung soll die
Relation der Kreditvergabeentwicklung zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts herangezogen werden. An welchen Parametern die Steuerung des Puffers de facto ausgerichtet
wird, liegt aber in der Verantwortung der nationalen Aufsicht, die ihre Entscheidungen jeweils begründen und dokumentieren muss. Dabei ist dem Risiko missführender Signale
besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Die Effektivität des antizyklischen Kapitalpuffers wird, wie in den Foren hervorgehoben
wurde, nicht zuletzt von Seiten des Zentralen Kreditausschusses in Zweifel gezogen. Die
relativ kurzfristig an die aktuelle Wirtschaftsentwicklung bzw. den konjunkturbedingten
Kreditzyklus gekoppelte Führung des Puffers dürfte mit langfristigen Planungen der Banken schwer in Einklang zu bringen sein. Das Instrument wird deshalb aus Sicht des ZKA in
der Praxis eher als zusätzliche Kapitalanforderung denn als antizyklischer Puffer wirken.
Teilnehmer des Basel III-Forums unterstrichen darüber hinaus, dass eine Freigabe des
antizyklischen Kapitalpuffers durch die Finanzaufsicht von den Märkten in jedem Fall als
Bestätigung negativer Erwartungen gewertet werden und damit trendverstärkend wirken
würde. Ob die Lösung, ungeachtet der auch von der Finanzaufsicht vorgebrachten Bedenken, unverändert eingeführt werden wird, war zum Durchführungszeitpunkt der hier zusammengefassten Basel III-Workshops nicht sicher absehbar.
33
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Die Eigenkapitalstandards
4.3 Auswirkungen auf die Gesamtbanksteuerung
Ausführliche Diskussionen widmete das Plenum den Konsequenzen, die sich aus den Eigenkapitalstandards von Basel III für die Gesamtbanksteuerung ergeben. Nach übereinstimmender Einschätzung werden die Institute zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis vorrangig frisches Dotationskapital einsetzen bzw. Gewinne thesaurieren. Ein gesondertes
Thema ist die Verbesserung der Eigenkapitalqualität durch Umwandlung stiller Einlagen in
Stammkapital. Generell waren die Teilnehmer der Foren der Auffassung, dass die durch
Basel III verursachten, höheren Eigenkapitalkosten ungeachtet des intensiven Wettbewerbsdrucks in höhere Kundenmargen überführt werden müssen. Hervorgehoben wurde
der eingeschränkte Zugang der Genossenschaftsbanken und Sparkassen zu hartem Kernkapital von externen Investoren. Neben der Anwerbung weiterer Genossenschaftsmitglieder stellen Gewinnthesaurierungen demnach für diese Institute das wichtigste Instrument
zur Aufstockung des harten Kernkapitals dar. Einschränkungen ihrer Wachstumsmöglichkeiten durch Basel III sind angesichts dessen nicht auszuschließen. In jedem Fall erwartete
das Plenum für die Zukunft eine intensivere Selektion jener Geschäftsfelder und Einzelgeschäfte, die in Übereinstimmung mit Basel III einen möglichst rationellen Eigenkapitaleinsatz gestatten. Dabei dürfte eigenkapitalintensives Geschäft, wie etwa die Kreditversorgung
von Unternehmenskunden mit durchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Ratings, an
Attraktivität einbüßen. Nach mehrheitlicher Einschätzung der Teilnehmer werden derartige
prozyklische Effekte, die von Basel III ausgehen, durch die in dem Regelwerk angelegten,
entgegengesetzt wirkenden Mechanismen nicht zwingend kompensiert werden.
In diesem Kontext unterzogen die Banken auch die Regelungen zum Aufbau des Kapitalerhaltungspuffers und des antizyklischen Kapitalpuffers einer kritischen Betrachtung. Viele
Workshop-Teilnehmer gingen davon aus, dass die mit Gewinnauszahlungssperren verknüpfte, vorrangige Behandlung der Puffer den Banken die Beschaffung zusätzlichen Eigenkapitals erschweren wird. Da Bankbeteiligungen für Investoren nach den neuen Regularien an Attraktivität verlieren, müssen sie künftig mit entsprechend höheren Renditen
ausgestattet werden. Aus Sicht des Plenums ist nicht auszuschließen, dass die Risiko/Ergebnisrelation einiger Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung der Gesamtwirkung
der Eigenkapitalregeln von Basel III unter Druck geraten.
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Leverage Ratio
5 Leverage Ratio
Mit der Leverage Ratio führt Basel III eine Kennzahl ein, die den Verschuldungsgrad der
Banken transparent machen und quantitativ begrenzen soll. Sie setzt das harte Kernkapital der Bank in das Verhältnis zu ihrer bereinigten Bilanzsumme und ihren außerbilanziellen Verpflichtungen. Da bei qualitativ ausgerichteten Betrachtungen Probleme durch fehlerhafte oder unrealistische Risikomodellierungen auftreten können, soll nach dem Willen
des Baseler Ausschusses mit der Leverage Ratio ein auf alle Institute anwendbares, rein
quantitatives Kriterium geschaffen werden. Zugleich stellt die Leverage Ratio ein Instrument dar, das die Gewinnerwartungen von Investmentbanken einschränken kann: Ab
2018 soll eine verbindliche Höchstgrenze für die Hebelung des Eigenkapitals die Säule 1
des zweiten Baseler Akkords ergänzen. Vorläufig legt Basel III eine Zielgröße fest, nach der
die Bank verpflichtet ist, mindestens 3% der bereinigten Bilanzsumme und der außerbilanziellen Verpflichtungen als hartes Kernkapital vorzuhalten.
Die Teilnehmer des Basel III Forums diskutierten diesen Aspekt des Regelwerks weniger
detailliert als die Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften. Dabei wurde hervorgehoben,
dass Banken in Deutschland nach dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht (FMVAStärkG) bereits seit 2010 verpflichtet sind, eine modifizierte bilanzielle Eigenkapitalquote zu berechnen und zu melden. Diese Kennzahl entspricht im
Grundsatz der Leverage Ratio, die nach Basel III ab 2012 an die Bankenaufsicht zu berichten und ab 2015 zu veröffentlichen ist. Die modifizierte bilanzielle Eigenkapitalquote hat
jedoch bisher keine limitierende Funktion. Im Plenum folgte eine kurze Erörterung der
Leverage Ratio-Resultate der QIS 2010. Die Studie zeigte, dass 42% der Gruppe 1-Banken
und 20% der Gruppe 2-Banken Änderungen ihres Geschäfts hätten vornehmen müssen,
wenn zum 31.12.2009 unter Anwendung der Basel III-Kernkapitalkriterien eine Leverage
Ratio ≥ 3% einzuhalten gewesen wäre.
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Leverage Ratio
Insgesamt beurteilten die Teilnehmer der Foren das Konzept einer auf das 33-fache beschränkten Hebelung der Bilanzsumme einschließlich außerbilanzieller Verpflichtungen
als kritisch: Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, inwieweit die Einführung einer nicht risikosensitiven Kennzahl grundsätzlich mit den risikobasierten Eigenkapitalvorschriften vereinbar ist: Für Geschäfte bzw. Geschäftsfelder, die nach Basel II nur eine geringe Eigenkapitalunterlegung erfordern, die Bilanzsumme aber im Verhältnis stark hebeln, müssten die
Institute bei Einführung der Leverage Ratio künftig mehr Eigenkapital vorhalten. Dies trifft
vor allem die Förderinstitute in Deutschland. Die gestiegenen Eigenkapitalkosten würden
insbesondere die Rentabilität des volumenintensiven, risikoarmen Kreditgeschäfts pauschal verringern. Dies könnte die Kreditversorgung negativ beeinflussen und potenziell
auch Geschäftsmodelle etwa die der o. g. Förderbanken wesentlich tangieren.
Die Teilnehmer des Forums werteten das Konzept der Leverage Ratio vor diesem Hintergrund als einen nicht zielführenden Eingriff in den gesamtwirtschaftlichen Prozess.
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Kontrahentenausfallrisiko
6 Kontrahentenausfallrisiko
Die Basel III-Regularien legen fest, dass Kontrahentenausfallrisiken aus bilanziellen und
außerbilanziellen Geschäften mit Derivaten, Repos und weiteren Finanzierungsinstrumenten stärker mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Im Rahmen der ExpertenWorkshops wurden die entsprechenden Regelungen im Überblick dargestellt:
Um das Risiko von Bonitätsverschlechterungen bei Kontrahenten künftig zu berücksichtigen, sieht das Baseler Komitee ein Add-On für Credit Value Adjustments (CVA Add-On) vor.
Der Add-On-Wert soll nach einer an die Marktrisiko-Ansätze angelehnten Bond-EquivalentMethode ohne Berücksichtigung der Incremental Risk Charge ermittelt werden.
Der Standardgeber betrachtet die Abwicklung von Derivate-Handelsgeschäften über einen
zentralen Kontrahenten (Central Counterparty, CCP) als risikomindernd im Vergleich zum
OTC-Handel. Basel III schafft aus diesem Grund Anreize für den Handel über zentrale Kontrahenten: Es werden höhere Kapitalanforderungen für OTC-Geschäfte und Maßnahmen
zur Verbesserung der Sicherheit von OTC-Transaktionen festgelegt. Eine Nullanrechnung
von CCP-Exposures ist nur noch möglich, wenn zusätzliche Anforderungen erfüllt werden.
Auch im Collateral Management der Banken besteht aus Sicht der Regulatoren Verbesserungsbedarf. Um im Fall krisenhafter Marktentwicklungen eine ausreichende Stabilität des
Sicherheitenbestands zu gewährleisten, werden die Institute verpflichtet, Konzentrationsrisiken im Sicherheitenportfolio zu überwachen und eine Collateral Policy festzulegen. Volatilität und Liquidität der Sicherheiten müssen regelmäßig untersucht und berichtet werden.
Banken sind bezüglich ihrer Qualität als Schuldner deutlich stärker korreliert und in höherem Maß dem systematischen Risiko ausgesetzt als Kreditnehmer außerhalb des Finanzsektors. Basel III regelt daher die Ermittlung der Risikogewichte mit dem internen Ratingansatz für alle kreditrisikobehafteten Exposures gegenüber Finanzinstituten neu: Die Asset
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Kontrahentenausfallrisiko
Value Correlation (AVC) für OTC-Derivate, Kredite und Anleihen usw. muss mit einem Multiplikator von 1,25 berechnet werden.
Den Banken, die ein Internes Modell verwenden, werden erweiterte Kapitalhinterlegungspflichten für Geschäfte mit einer stark positiven Korrelation von Exposure-at-default (EAD)
und Verlustwahrscheinlichkeit (Probability of default, PD) auferlegt. Diese Neuregelung
bezieht sich auf Single-Name Credit-Default Swaps und Aktienderivate, deren Basiswerte
auf den Kontrahenten oder mit ihm verbundene Unternehmen referenzieren.
Darüber hinaus konkretisiert das Baseler Komitee für Bankenaufsicht die in Basel II recht
allgemein formulierten Regeln für das Backtesting von Expected-Positive-ExposureModellen, mit denen der Eigenmittelbedarf zur Unterlegung von Kontrahentenausfallrisiken bestimmt wird. Die Optimierungsvorschläge beziehen sich auf Parameter, Umfang,
Frequenz und Auswertung des Back-testings.
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Umsetzung von Basel III
7 Umsetzung von Basel III
Das Plenum wandte sich im Anschluss der Frage zu, wie die Auswirkungen von Basel III
auf das Geschäftsmodell individueller Banken mit hinreichender Genauigkeit abgeschätzt
werden können. Um dies zu klären, wurde die Wirkungskette der zukünftigen Capital
Requirements Directive (CRD IV) analysiert. Folgende Aspekte sind aus Sicht des Plenums
besonders bedeutsam:
Der Baseler Ausschuss legt fest, dass für bestimmte Geschäftsaktivitäten Liquiditätspuffer
vorgehalten werden müssen und schränkt die Möglichkeiten zur Liquiditätsfristentransformation ein und fördert die strukturkongruente Refinanzierung. Höhere Qualitätsanforderungen verringern das Eigenkapital, das den Banken zur Verfügung steht, und erhöhen
die Eigenkapitalkosten. Mit der Leverage Ratio wird das Gesamtvolumen jener Geschäfte
limitiert, die nicht oder nur eingeschränkt mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Basel
III schreibt eine höhere Eigenkapitalunterlegung für Interbankengeschäfte sowie für OTCGeschäfte mit Derivaten vor und verschärft die Bedingungen für das Geschäft mit Großkrediten.
Es ist offensichtlich, dass die Auswirkungen dieser neuen Regeln auf die einzelnen Marktteilnehmer, abhängig von deren Geschäftsmodellen, unterschiedlich ausfallen und zu Veränderungen der Wettbewerbskonstellation insgesamt führen werden. Zu erwarten sind
darüber hinaus Änderungen der Nachfragesituation und modifizierte Kriterien der RatingAgenturen für die Bewertung der Institute.
Im Hinblick auf die Umsetzung von Basel III stellten die Teilnehmer der ExpertenWorkshops zunächst Fragen der informationstechnischen Implementierung, der Ressourcenverfügbarkeit,
der
Datenquellen
und
der
Eignung
der
bestehenden
System-
Infrastruktur in den Vordergrund. Über die operativen Maßnahmen zur KennzahlenErmittlung hinaus gilt es zu klären, welche Effekte Basel III auf die Geschäftsfelder der
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Umsetzung von Basel III
Bank haben wird. Die Einflüsse des Regelwerks auf das Eigenkapital, die Liquidität und die
Verschuldung müssen bestimmt werden, wobei potenzielle Wechselwirkungen sorgfältig
zu berücksichtigen sind. Liegen diese Informationen vor, können geschäftsfeldbezogene
Maßnahmen entwickelt werden, mit denen das Institut seine Geschäftstätigkeit an Basel III
anpasst.
Auf der strategischen Ebene muss jedes Institut festlegen, mit welchen Mitteln die Eigenkapitalbasis gestärkt, die Liquiditätspuffer aufgebaut und die Leverage Ratio eingehalten
werden sollen. Auch die Zeitkorridore für die Erfüllung der Kennzahlen sind institutsspezifisch zu definieren. Mit diesen Vorgaben lassen sich Modifikationen des Geschäftsmodells
z.B. hinsichtlich des Verbriefungsgeschäfts, der Preispolitik und der Kapitalmarktaktivitäten
vornehmen.
Angesichts der Veränderungen, die sich im Finanzsektor durch Basel III abzeichnen, könnten frühzeitig angepasste strategische Geschäftsmodelle der Banken nach Einschätzung
vieler Workshop-Teilnehmer zu einem ausschlaggebenden Wettbewerbsfaktor werden.
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Stand der Basel III-Vorbereitungen
8 Stand der Basel III-Vorbereitungen
Der Status quo der Basel III-Vorbereitungen in den teilnehmenden Banken zum Zeitpunkt
der Experten-Workshops im Frühjahr 2011 wurde vor diesem Hintergrund ausführlich besprochen. Als Resultat entstand ein differenzierter Überblick über die Aufgaben, die in den
Banken und Sparkassen überwiegend bereits durchgeführt, oder in der Bearbeitung bzw.
in Vorbereitung waren:
Die Datenbasis, auf der die Basel III-Kennzahlen zu ermitteln sind, wurden in den meisten
auf dem Workshop vertretenen Instituten bereits erstmalig zusammengestellt. Bezogen auf
die Basel III-Mindestanforderungen an Eigenkapitalausstattung, LCR, NSFR und Leverage
Ratio konnten Stärken und Schwächen der Institute identifiziert werden. Auch die „Stellschrauben“ für eine Steuerung der Basel III-Kennzahlen sind in der Regel identifiziert und
priorisiert.
Zum Zeitpunkt der Veranstaltungen arbeitete ein großer Teil der teilnehmenden Banken
daran, fundierte Prognosen für die eigenen Basel III-Erfüllungsquoten zu entwickeln und
sie dem Zeitplan gegenüberzustellen, den das Baseler Komitee für die Umsetzung der
neuen Standards vorgegeben hat. Im Hinblick auf die steigenden Eigenkapitalanforderungen werden Gewinnthesaurierungen bzw. Kapitalerhöhungen als Optionen geprüft. Szenarios zur Abbildung künftiger Kapitalerhöhungen stehen für viele Teilnehmer im Fokus. Zu
den aktuellen Themen zählen aber auch der potenzielle Abbau von Risikoaktiva sowie
Steuerungsmaßnahmen zur risikoärmeren Ausrichtung der Geschäftsfelder. In Anbetracht
der höheren Eigenkapital-Anforderungen für Beteiligungen an Finanzunternehmen prüfen
viele Institute auch, inwieweit ihre Geschäftsmodelle in diesem Bereich kontinuierlich fortgeführt werden sollen.
Der im Zusammenhang mit der neuen Richtlinie entstehende Kalkulationsbedarf wird von
vielen Banken zunächst mit ersten Prototypen abgedeckt, die über eine teilautomatisierte
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Stand der Basel III-Vorbereitungen
Datenversorgung verfügen. Konzepte für reguläre, an den Basel III-Erfordernissen ausgerichteten Software-Architekturen sind in der Entwicklung.
Das Plenum erwartete überwiegend, dass die Institute Fragen nach den Effekten der neuen
Liquiditäts- und Eigenkapitalanforderungen in naher Zukunft nicht nur im Rahmen der
QIS-Studien 2011 beantworten müssen: Die Auskunftsfähigkeit der Banken gilt zunehmend als erfolgsrelevanter Faktor. Vielerorts werden Instrumente entwickelt, die Vorstände
und Aufsichtsräte der Banken, Institutsverbände, Finanzaufsicht, Rating-Agenturen sowie
Kunden und Investoren über das Fortschreiten der Basel III-Vorbereitungen informieren
sollen. Zugleich erweitern die Institute ihre Berichtslandschaften, um die zukünftigen Entwicklungspfade abbilden zu können.
Zu den Schwerpunkten der Basel III-Vorbereitung zählen derzeit die Liquiditätssteuerung, planung und -modellierung nach den neuen Vorgaben, sowie eine angemessene Ausgestaltung von (inversen) Liquiditäts-Stresstests. Parallel dazu werden bisherige und zukünftige Liquiditätsstrategien auf ihre Vereinbarkeit mit den veränderten aufsichtsrechtlichen
Rahmenbedingungen überprüft.
Einige teilnehmende Institute stehen zudem vor der Aufgabe, ihre Basel III-Vorbereitungen
mit anstehenden Veränderungen in der Eigentümerstruktur zu harmonisieren.
Projektionen der konkreten institutsspezifischen Effekte von Basel III sind in den auf den
Expertenforen vertretenen Banken in der Regel noch nicht erstellt worden. Auch eine Bewertung der Geschäftsaktivitäten nach Basel III-Kriterien im Hinblick auf den regulatorischen Kapitalbedarf und die Ertragssituation liegt zumeist noch nicht vor. Gleiches gilt für
Planungen zur Ausweitung, Reduktion oder Diversifikation von Geschäftsfeldern, die als
Grundlage einer zukunftsorientierten Sicht auf die Basel III-Quoten dienen können. Dem
entsprechend haben die Institute zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehrheitlich noch keine
spezifizierten Quoten für den Eigenkapitalaufbau, die Annäherung an die LCR- und NSFRMindeststandards sowie die Umsetzung der Leverage Ratio festgelegt. Auch eine Integration der für die individuelle Bank kritischen Basel III-Kennziffern in die Geschäfts- und Risikostrategie steht überwiegend noch aus.
Aus Sicht der Teilnehmer müssen außerdem Maßnahmen getroffen werden, um die aus
Basel III resultierenden erhöhten Kapital- und Liquiditäts(risiko)kosten in die Gesamtbanksteuerung und in die Produktpreis-Gestaltung der Institute einzubeziehen. Für die Zukunft
steht darüber hinaus die Einführung institutsinterner Transferpreise im Fokus: Ein Funds
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Stand der Basel III-Vorbereitungen
Transfer Pricing unterstützt, auch im Sinne der MaRisk, eine effiziente, risikobasierte Allokation von Liquidität bzw. Refinanzierungsmitteln.
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Fazit
9 Fazit
Die Wirkungsmechanismen von Basel III haben stark unterschiedliche Konsequenzen für
die Geschäftsmodelle der Banken. Ein Teil der Institute muss sich anspruchsvollen Herausforderungen auf der Eigenkapital-Seite stellen. Andere rechnen in erster Linie mit Anpassungsbedarf im Hinblick auf die Liquiditätskennzahlen oder die Verschuldungsquote. Es
gibt jedoch kaum Kreditinstitute, die keine wesentlichen Effekte von Basel III auf das eigene Geschäftsmodell erwarten.
Besondere Aufmerksamkeit richtet sich im deutschen Bankensektor nicht zuletzt auf die
Frage, wie die Basel III Regularien hinsichtlich der Liquiditätsverbünde ausgelegt werden.
Die hier anstehenden Entscheidungen haben für viele Genossenschaftsbanken und Sparkassen sowie für ihre Zentralinstitute ausschlaggebende Bedeutung.
Die Experten-Workshops im Frühjahr 2011 lieferten eine differenzierte fachliche Darstellung der Ziele, Prinzipien und Funktionsweisen von Basel III. Die Umsetzungsschritte wurden im moderierten Dialog detailliert untersucht und bewertet. In diesem Kontext vermittelten die Veranstaltungen zugleich einen realistischen Eindruck vom Status Quo der Basel
III-Umsetzung in den teilnehmenden Instituten. Sie boten Gelegenheit, positive wie negative Erfahrungen aus der Umsetzungspraxis zu diskutieren und leisteten damit einen sinnvollen Beitrag zum laufenden Knowhow-Aufbau.
Die cp consultingpartner AG möchte diesen Dialog- und Entwicklungsprozess fortzuführen.
Wir freuen uns darauf, den intensiven Austausch, der in den Basel III Workshops 2011
begonnenen hat, in den kommenden Jahren kontinuierlich zu begleiten.
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Zu den Autoren
Zu den Autoren
Holger Eggers berät als Managing Consultant der consultingpartner AG in den Bereichen Aufsichtsrecht und Risikomanagement. Der Diplom-Wirtschaftsmathematiker ist Basel IIISpezialist und referiert zu diesem Thema bei der Academy of
Finance in Bonn. Der Schwerpunkt seiner Beratungstätigkeit
liegt in der Entwicklung und Umsetzung sachgerechter Risikomanagementsysteme unter Beachtung der aufsichtsrechtlichen
Anforderungen.
Dirk Heising berät als Senior Consultant der consultingpartner
AG in den Bereichen Risikomanagement und Aufsichtsrecht.
Der Diplom- und Bankkaufmann ist erfahren in der Einführung
interner Modelle sowie in der Bilanzierung nach IFRS und
BilMoG. Der Schwerpunkt seiner Beratungstätigkeit liegt in der
Konzeption der Risikotragfähigkeit sowie der Liquiditätsrisikoüberwachung und -steuerung unter Beachtung der MaRisk.
Steffen Hortmann ist Partner und Mitglied des Vorstandes bei
der consultingpartner AG. Er ist seit über 16 Jahren in der Beratung von Finanzdienstleistern tätig. Seine Schwerpunkte sind
Strategie, Gesamtbanksteuerung, Ergebnis- und Risikosteuerung sowie Aufsichtsrecht. Steffen Hortmann hat Projekte in
Geschäftsbanken,
Sparkassen,
Genossenschaftsbanken
und
vielen unterschiedlichen Spezialbanken durchgeführt.
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Für Rückfragen und Anmerkungen zu diesem und anderen Themen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Weitere Informationen über die consultingpartner AG finden
Sie im Internet unter www.consultingpartner.de.
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