Hütchen und Höschen
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Hütchen und Höschen
L AT E X M O D E Hütchen und Höschen Burlesque-Mode ist sexy, glamourös, verspielt – und manchmal auch alltagstauglich BERSERKER VON „Einiges aus meiner eigenen Kollektion Savage Wear passt auch in den Burlesque-Bereich, etwa die Korsetts“, erklärt Designerin Heidi Pulkkinen. Etwas fetischlastiger als die klassischen Burlesque-Sachen sind die Latexteile allerdings. Doch auch Liebhaber von Retro-Pin-up-Schick werden etwa beim Berliner Label Ponymädchen fündig; High Heels des US-Labels Pleaser sind ebenfalls im Sortiment. Weiterer Vorteil für die Kunden: Der umfangreiche Burlesque-Onlineshop Feisty Cat hat hier Quartier bezogen und bietet einige Accessoires direkt vor Ort an. Savage Store Grünberger Straße 16, Friedrichshain, Tel. 54 77 15 05, www.savage-store.de; U-Bhf. Frankfurter Tor, Bus 240; Mo-Mi 13-18 Uhr, Do+Fr 13-20 Uhr, Sa 11-18 Uhr ❖ ❖ ❖ PA M E L A B U R B A N K A L LTA G Designerin Claudia Urbanek konzentriert sich auf die alltagstaugliche Seite der Mode aus den 20ern, 40ern und 50ern. „Das ist sehr feminine Mode“, erklärt sie. Kennzeichen sind dekolletierte Shirts und Kleider, Röcke sind entweder Bleistiftröcke oder weitschwingend und sitzen immer in der Taille. Ständig erhältlich sind die Linien Berlin Mermaids und Fifties Sweethearts, dazu kommt jährlich eine neue Kollektion. Urlaubsgefühl im RetroLook bringen etwa geknotete Blusen mit Hawaii-Blumenprint oder Modelle im Matrosenlook. Für besondere Anlässe sind opulenter Haarschmuck und Hütchen mit Blumen im Angebot. Frozen Hibiscus Langhansstraße 33, Pankow, Tel. 63 21 51 89, www.frozen-hibiscus.de; Bus 158, Tram M13, 12; Mi-Fr 12-19 Uhr, Sa 12-16 Uhr und nach Vereinbarung ❖ ❖ ❖ PHOTOGRÄPHIN, MANUEL A SCHNEIDER H A N D W E R K „Wir haben einmal ein Matrosenkostüm für einen Auftritt geschneidert. Das musste man sich vom Leib reißen können – also haben wir es mit Klettverschlüssen gemacht“, lacht Inhaberin Andrea Kiersch. Die gelernte Schneiderin führt das „Maßatelier für Mode der 20er, 30er und 40er Jahre“ und lässt sich ungern als Designerin bezeichnen, lieber sieht sie sich als Handwerkerin. „Oft kommen Kunden zum Beispiel mit Bildern aus alten Filmen, und wir arbeiten das dann genau so nach“, erklärt Andrea Kiersch, „oft sind das auch alltagstaugliche Modelle oder Kleidung zum Tanzen.“ Die burlesquen Teile wie opulent Gerüschtes oder Fascinators (Kopfschmuck) sind dagegen eher für den spektakulären Auftritt und eben für besondere Anlässe. Charming Styles Paul-Robeson-Straße 47, Prenzlauer Berg, Tel. 91 20 88 28, www.charmingstyles.de; U+S-Bhf. Schönhauser Allee, Tram M1; Di-Fr 13-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr L ENE B AYERLEIN W enn es ein Teil gibt, das Burlesque in modischer Hinsicht auf den Punkt bringt, dann sind es Nipple Pasties, die kleinen, glitzernden Dinger, die die Brustwarzen bedecken. Sie sind sexy, zeigen aber doch nicht alles. Und sie sind verspielt in ihren vielfältigen Formen und Farben und mit den schwingenden Tassels (Troddeln). „Burlesque ist zwar sexy, hat aber immer auch etwas Spielerisches. Die Frauen ziehen sich nie ganz aus“, meint Dorothee Erle vom Lingerie-Label Dorotea Time. Deshalb geht es ihr auch nicht darum, so wenig Stoff wie möglich zu verwenden. Von den Nipple Pasties hat sie in ihrem Atelier ganze Schachteln voll in allen Varianten: klassische runde Modelle mit Tassels, aber auch Sterne, Totenköpfe oder Cupcakes. „Es macht einfach großen Spaß, die anzufertigen“, erklärt sie. Die Grundform aus Pappe wird mit Pailettenbändern besetzt, die Rückseite mit Leder beklebt. „So kann man sie saubermachen und wiederverwenden“, erklärt die Designerin. Befestigt werden sie mit einem Kleber, der auch für künstliche Wimpern verwendet wird. Die Verbindung von Tanz, Gesang und Striptease, die Burlesque ausmacht, entstand Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA und ist heute dank Stars wie Dita von Teese beliebt wie nie. Aktuell tanzen sich Cher und Christina Aguilera durch einen ganzen Kinofilm. „Mittlerweile hat man das Gefühl, es ist jedes Wochenende eine Burlesque-Party. Aber ich finde das gut. Vor allem wenn es einen Dresscode gibt, ziehen sich die Leute wirklich mal besonders an. Dann fühlt man sich wie in einer anderen Welt“, so Dorothee Erle. Bei Veranstaltungen wie der Bohème Sauvage ist sie gelegentlich mit einem Bauchladenverkauf ihrer Dessous unterwegs. „Oft kaufen Männer dann gleich was für ihre Freundinnen“, schmunzelt sie. Die Entscheidung für Lingerie fiel während ihres Studiums an der Berliner Modeschule Esmod: „Bei Damenoberbekleidung hieß es immer: Du musst das reduzieren! Bei Lingerie kann ich mich austoben“, erklärt die gebürtige Leipzigerin. Inspiration dafür kommt zum Beispiel vom Stil Marie Antoinettes des 18. Jahrhunderts, aber auch aus Comics, von Pin-up-Girls oder Alice im Wunderland aus dem 19. Jahrhundert. Sie versucht, mindestens ein alltagstaugliches Teil pro Kollektion zu entwerfen. „Aber auch da muss immer noch hier ein bisschen Spitze und da eine Schleife dran“, lacht sie. Statt dem Untendrunter widmet sich Geneviève Schetagne dem obersten Teil des Körpers. Monbibi heißt das Label der Quebecerin. „Bibi“ ist die französische Bezeichnung für Damenhütchen. „Eigentlich habe ich Filmwissenschaften studiert. Als ich dann vor dreieinhalb Jahren nach Berlin kam, hatte ich aber Lust, was anderes zu machen“, erklärt sie ihren Werdegang. Aus einer Leidenschaft für VintageMode und für Louise Brooks und andere Stummfilmstars wurde die Idee für ein Modelabel geboren. „Generell finde ich die Stars der 20er- bis 50er-Jahre faszinierend, sie hatten viel mehr Glamour als heutzutage. Deshalb entwerfe ich meine Hüte im Stil dieser Jahrzehnte“, so Geneviève Schetagne. „Meine Sachen passen sehr gut zur Burlesque, etwa die Fascinators, Haarschmuck aus Federn. Ich bekomme auch ständig Anfragen von einem Studio, das Burlesque-Tanzkurse anbietet.“ Neben dem Einsatz für Shows werden ihre kleinen Hütchen mit den opulenten Verzierungen aus Federn, Blumen, Tüll und Schleiern häufig für Hochzeiten gekauft – als Sonderanfertigung für die Braut oder für die weiblichen Hochzeitsgäste. „Ich habe das Gefühl, Frauen haben wieder Lust auf Hüte und sich schick zu machen.“ Allerdings gibt es da noch Hemmun- HIPI/BETTY MYLLER Designerin Dorothee Erle im Friedrichshainer Atelier ihres Labels Dorotea Time Lingerie. gen. Geneviève Schetagne hört immer wieder: „Ich brauche dafür noch ein bisschen mehr Selbstbewusstsein.“ Die Designerin selbst trägt fast jeden Tag etwas aus ihrer Kollektion, sei es zum Kleid oder zu Jeans und Bluse. „Für mich sind Hüte das perfekte Accessoire. Sie sind sehr weiblich und verraten viel über die Persönlichkeit der Trägerin.“ Selbstvertrauen ist auch für Sammy the Scissors, wie sich die Designerin hinter dem Label Redcat 7 Gute Adressen Dorotea Time Lingerie Kreutzigerstraße 6, Friedrichshain, http://doroteatime.blogspot.com/ Redcat 7 Pettenkoferstraße 6, Friedrichshain, www.redcat7.de; Mo, Fr+Sa 14-19 Uhr und nach Vereinbarung Monbibi Weserstraße 21, Neukölln, Tel. 0163-595 08 32, www.monbibi.com nennt, ausschlaggebend beim Tragen extravaganter Teile oder gar bei einem eigenen Bühnenauftritt. „Die Idee bei Burlesque ist, dass jede Frau etwas Schönes hat. Burlesque ist mit jeder Figur möglich, man muss nur selbstbewusst auftreten. Auf der Bühne stehen starke Frauen, die immer auch ein wenig selbstironisch sind“, erklärt sie ihre Faszination für burlesque Mode und Shows. „Außerdem ist Burlesque nicht einfach nur ausziehen. Es geht immer um das Entertainment: Ein guter Burlesque-Abend erzählt eine Geschichte“, so die Designerin. Sie selbst ist eine der Pionierinnen des Burlesque-Trends in Deutschland. „Ich habe schon lange in der Richtung gearbeitet, ohne es so zu nennen. 2004 sprachen mich Freundinnen an, die die erste deutsche Burlesque-Truppe The Teaserettes gründeten. Mit ihnen habe ich dann zusammengearbeitet und bin auch selbst aufgetreten“, erinnert sie sich an die Entstehungszeit ihres eigenen Labels. Auch heute gehören Tänzerinnen zu ihren Kundinnen. Für Bühnenoutfits gelten allerdings spezielle Anforderungen: „Es geht ums gute Aussehen und ums schnelle Ausziehen“, lacht Sammy. Hauptsächlich sind ihre Kundinnen aber ganz durchschnittliche Frauen, die einfach mal was Besonderes wollen. Meist wird der Entwurf zusammen mit der Kundin ausgearbeitet und nach Maß gefertigt. Dabei tobt sich die Designerin gerne aus in Sachen Glamour: Federn, Organza und Tüll schmücken die Kleider und Korsetts. „Ich arbeite gerne mit Vorlagen aus der Kostümgeschichte, interpretiere sie aber frei und setze sie modern um. So mache ich etwa ein Outfit mit angedeuteter Tournüre (modischer Gesäßaufbau des 19. Jahrhunderts), aber ohne den damaligen Metallunterbau.“ Teile wie dieses haben ihren Auftritt auf der Bühne oder auf entsprechenden Partys – alltagstauglich ist der Burlesque-Stil nur bedingt. Für mehr Glamour im ganz normalen Leben darf es aber durchaus mal ein Mini-Hütchen sein – oder für weniger Mutige ein rüschiges Höschen.