Pressestimmen - Kinderzimmer Productions
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Pressestimmen - Kinderzimmer Productions
Visions (4/97) KINDERZIMMER PRODUCTIONS 25.02. ’97 - Dortmund, FZW ca. 300 Zuschauer Ein Abend der Gegensätze: Hier die frisch und unverbraucht aufspielende Hip Hop-Combo, und da das wenig zu begeisternde Publikum, bei dem immer der Eindruck entstand, es würde gleich sturmartig den Konzertsaal verlassen. Aber es blieb und es war auch keinesfalls so, als würde ihnen der Gig mißfallen. Nach jedem Song wurde artig geklatscht und hier und da konnte man sogar Begeisterungszurufe hören. Sie hatten einfach nur keinen Bock, sich zu bewegen, ganz gleich, ob Kinderzimmer Productions ihre Hits "Back" und "Lights! Came-ra! Action!" spielten oder ihre weniger groovigen Sachen, die Reaktion des Publikums blieb immer gleich. Einzige Ausnahme: Als ein Zuschauer fragte, wo denn die Stücke zum Tanzen blieben, forderte ihn Textor auf, die Bühne zu entern und dort zu tanzen. Die Tanzmaus kam der Aufforderung nach und übernahm damit die Rolle des Bewegungsfetischisten stellvertretend für den kompletten Rest im Saal. Dieser kreierte derweil eine Form von begeisterter Lethargie oder auch statischem Enthusiasmus. Und daß es Textor nicht gelang, dem Publikum das Blei aus den Füßen zu kitzeln, lag zum einen an der offensichtlichen Live-Unerfahrenheit der Band, zum anderen aber auch daran, daß das Repertoire der KiZiPros keinen unbedingten Mitmach-Charakter hat. Das schien dem Publikum bekannt zu sein, es erwartete auch keine Fettes Brot-kompatible Darbietung, sondern erfreute sich sichtlich gelassen an dem, was KiZiPro ausmacht: Phatte Beats, intelligente Breaks und klug ausgewählte Samples. Erfreulich auch, daß Textor das Thema geklaute Samples nicht agitatorisch breit-trat, sondern sich aufs Rappen konzentrierte. Zwei, drei Witzige Bemerkungen zum nicht mehr erhältlichen Erstling, das war‘s. Seine Rap-Routine konnte von den beiden Gast-Rappern, 63 T und K über das LA zum US, nicht erreicht werden, ein ums andere Mal verpaßte vor allem 63 T seine Einsätze, was allerdings innerhalb der Band mit Humor aufgenommen wurde. In diesem Punkt zeigte sich auch das Publikum generös und nachgiebig. DJ Quasimodo erfüllte sein Soli ohne Fehl und Tadel, vielleicht sollte man dem zweiten Mann bei Kinderzimmer Productions bei Live-Auftritten mehr Spielwiesen einräumen. Nach zwei Zugaben war das Repertoire erschöpft, einige Zurufer wollten noch ein drittes Mal "Back" hören, doch das Gros des Publikums entließ die Band höflich klatschend in den wohlverdienten Feierabend. Ralph Buchbender Persona Non Grata (3/98) Es wird Zeit, Phänomene deutschsprachiger Reimkunst auf eine andere Art und Weise zu betrachten. Die Phase der stiefmütterlichen Betrachtungen dieser Mechanismen mit Ami-Seitenblick sollte spätestens seit den gravierenden Veröffentlichungen der Absoluten Beginner und Kinderzimmer Productions, der Vergangenheit angehören. (Dis)Kurswechsel ist angesagt, liebe Freunde! Wie toll war es doch kürzlich, als Smudo vor den Fanta 4 Roger Willemsen erzählte, daß das Frauen leichenrecycelnde «Raus"-Video einzig auf der surrealistischen Ebene zu katalogisieren wäre. So revidiert der passionierte Internet-User Smudo aufgeworfene Sexismusvorwürfe mit Hilfe einer Kunstrichtung, welche für ihre wiederum passionierte Frauenfeindlichkeit in die Gender-Theorien-Annalen einging. Hatte er denn nicht irgendwas in Richtung provozierenden Gimmicks oder schlüssiger Pointenhaftigkeit faseln können ? Aber nein, im Spätprogramm des ZDF muß der Erwachsenwerdungn seitens des Popkultur-Produktes Die Fantastischen Vier ordentlich Tribut gezollt werden. Was wäre denn, wenn "Im Auftrag ewiger Jugend und Giückseligkeit“ die erste Fulltime- Wortmeldung der Ulmer Henrik von Holtum alias Textor und Sascha Klammt alias Quasi Modo aka Kinderzimmer Productions in selbige Sphären des Product Placement emporschnellen würde. Gar nicht auszudenken wäre es, wenn dann vielleicht der selbsternannte Generalgouverneur für deutschsprachige Rockfragen Heinz Rudolf Kunze von der "neuen Ehrlichkeit inländischer Sprechgesangs-Vokalistik“ berichtete. Jensor meinte letztlich, daß er dank Kinderzimmer Productions wohltuend aufatmete, da er nun endlich von der festgeschriebenen Meinung der Rödelheim Hartreim-UniversalFavorisierung abgehen könne. Ähnlich positive Stoßseufzer waren auch bei mir zu vernehmen. Der berühmtberüchtigte Klartext wird nämlich hier, im Gegensatz zum Rödelheimer Posing, vor aIlem selbstreflektiv und realitätsnah vermittelt: "... diese BBoys sahen anscheinend alle gleich aus. Auf dem Fußballdress sind wenigstens verschiedene Nummern drauf. Die PA ist vielzu klein und der Sound ist nur Gekreische und verstehn tut man nichts, denn die Stimmen sind zu leise. Der Mischer ist'n Rocker, interessiert sich nur für Bier und der Freestyle ist ein Diss an die Fanta 4...", so oder ähnlich visualisiert Textor seine Sicht auf den Ablauf einer Jam - Stand 1996197 in fucking Germany. Das eben zitierte Stück " Das Gegenteil von gut ist gut gemeint", der wohl programmatischste Track der Platte, liefert dutzendweise Ansätze, die bereitstehen, um sie 1997 unumwunden beim Schopfe zu packen. Hier wird weiträumig reflektiert. So wird u.a. die DifferenzierungsBehauptung der Maydny-Generation trefflichst der Lächerlichkeit preisgegeben und großmaulige Drogen-user finden sich auf felligen Autositzen der Proletenmarken dieser WeIt wieder. Diese und andere Proklamationen sind via hochkonzentrierter, Raffinessekomprimierender Satzgefüge erlebbar. So konnte auch nicht nur ich feststellen, daß ebenda unmißverständliche Querverweise gen Hamburg, speziell Distelmeyer und Lovin, eingepaßt wurden. Ein so überdimensionales Hervorschauen hinter den Rändern vorgeschriebener Horizonte an Textstrategien war mir im Deutsch-Hop-Kontext bislang nicht geläufig. Da kommt es auch nicht von ungefähr, daß gerade diese Platte in Tobias Levins persönlichen LP-Jahrescharts den ersten Rang eroberte und sogar eine Zusammenarbeit für die Zukunft nicht ausgeschlossen wird Reformhölle meets Kinderzimmer - was für eine Aussicht! Auf der Fahrt zum Altezeitenaufwärmen, sprich Wedding PresentGig in Dresden, hörten Tom, Timm und ich u.a. natürlich auch diese Platte, da ich in letzter Zeit sowieso jeden mit besagtem Tape nervte. Nach einer anfänglichen globalen HipHop-Diskussion bemerkte Tom, daß dies doch eigentlich gar kein HipHop per Definition mehr sei. Dabei schlüsseln sich die Zutaten auf das Expliziteste auf. Der SampleGimmickwahn des DJ's und Producers Quasi Modo scheint keinerlei Grenzen zu kennen. Vom TV-Commercial-Overkill bis zur Jazz-Ahnenhaftigkeit wird aus den Vollen geschöpft ohne den allgemeinen Flow in irgendeinerweise zu behindern. So geschehen die Eric BVergleiche auch völlig zu Recht, wenn man sich die ldeen-Mannigfaltigkeit einer Eric B & Rakim-Scheibe noch einmal vor Augen führt. Auf dieser Platte steht alles, zumindest alles innerhalb eines Tracks, in unüberwindbarem Zusammenhang und sei es nur das sichere Händchen beim Einbinden des Kate Bush-„The man with child in bis eyesn“ Hauchens in : das Intro. Ähnlich den Produktionen der Native Tongues De La Soul und A Tribe Called Quest sitzt einfach jedes soundliche I-Tüpfelchen. Somit kann eine HipHopWürdigkeit keinesfalls in Frage gestellt werden. Kompliziert wird es eventuell, wenn man, wie ich es tue, Kinderzimmer Productions im internationalen Standard" betrachtet. Für das Gros der Expertenrunde liegen immer noch tiefste Schluchten zwischen US-amerikanischen und europäischen HipHop-Befindlichkeiten. Von der Sozialisation der Protagonisten her, . braucht man natürlich gar nicht weiter nachzudenken. Da verhält sich wahrlich ein Nas zu DJ Shadaw, wie David Letterman zu Hans Meiser. Betrachtet man aber die ganze Sache einmal allein in Bezug auf Beats und Rhymes und hält das Life heraus, braucht man heute wirklich nicht mehr auf einem „für eine deutsche Produktion überdurchschnittlich gut" beharren. Mittels solcher ungetrübten Sprach- bzw. DJ-fertigkeit erscheint ein Überlegenheits-Bekenntnis in Sachen „Cause Your Rhymes Don't Flow And Your Beats Don't Pump" einfach nur authentisch. Wer hier irgendetwas von akademischem Überempfinden etc. vermeIdet, verbreitet prätentiösen Unsinn. Alles andere, als dieses hatte Henrik per Telefoninterview zu berichten: PNG: Wie kommt man gerade in Ulm dazu, die beste Deutsch-Hop-Platte seit Gedenken zu erstellen ? H : Eigentlich gibt es in Ulm keine entsprechende Szene. Allerdings leben hier eine Menge guter Musiker. In Sachen Techno und House ist da eher von einer Szene zu sprechen. PNG: Eine gewisse Frustration gerade innerhalb der HipHop-Thematik kommt bei deinen Lyrics ja schon zum Tragen. Interessant ist die äußerst kunstvolle Verpackung deiner Betrachtungen. Hier kommt der öfter getätigte Jochen Distelmeyer-Vergleich sicherlich nicht von ungefähr. H: Von Frustration würde ich vielleicht nicht gleich sprechen. HipHop wurde schon allzuoft totgesagt und ist trotzdem mehr denn je am Leben. Die Aktionisten dieser Szene haben mit aller Kraft dafür gearbeitet und werden das auch weiterhin tun. In Hamburg passieren sehr viele interessante Dinge und das was man landlaufig als "Hamburger Schule" bezeichnet, war für mich zu großen Teilen immer von Wichtigkeit. Die Zukunft des HipHop liegt im Aufbrechen teilweise noch festgefahrener Strukturen. Sollte dies gelingen, braucht niemand frustriert zu sein. PNG: Laut deiner Lyrics ist ein Vertrauen in vorhergehende (Musik)-Generationen nicht vorhanden. Macht dich dieser Fakt stark oder schwach ? Wer nervt dich wirklich ? H: Derzeit nervt mich vor allem dieses Retro Easy Listenir'g-Ding. Die Leute, die dazu tarnzen, konnten diese Musik aufgrund ihres Geburtsdatums gar nicht leben. Sie meinen nur zu wissen, wie es damals gewesen ist. Ansonsten akzeptiere ich jede ernsthafte musikalische Arbeit unabhängig von Stil und Sozialisatlon. PNG: Ertappst du dich dann nicht ab und an innerhalb eines persönlichen Abgrenzungsmechanismus ? H: Ein solcher gehe immer einher mit einer vorgenommenen Positionsbestimmung des Ichs nach dem Motto, das nächste Umfeld versteht mich nicht und ich selbst kann keinen Zugang mehr zu den anderen finden. So entsteht eine Blase von diversen Parallelwelten, woraus Einsamkeit resultiert. Auch mir fallt es schwer, Leute zu finden, mit denen man ein gutes Gespräch führen kann. Man muß sich eine gute Überlebensstrate-gie zurechtlegen. PNG: Wie können, deiner Meinung nach, revolutionäre Handlungen heutzutage überhaupt noch gewinnbringend durchgeführt werden ? H: In der Musik ist es wichtig, daß man sich zu jeder Zeit die Möglichkeit zur Selbstdefinition offenlaßt. Da bedarf es auch keiner Selbstverst6mmelung, um sich zeichensetzend abzuheben und die Gefahr des "den EItern gefallen zu bannen. Es ist durchaus auch möglich, unschockierenderweise durchs Leben zu gehen und trotzdem etwas zu erreichen. PNG: Die Gefabr des Music-Biz-Kahlschlags könnte doch auch für euch bestehen. Seht ihr euch gefährdet ? H: Jeder Schritt, den man als Musiker auf das Business zugeht, muß auf eigenen Entscheidungen basieren. Solange das so läuft, find ich es organisch. Vielleicht ist es ja auch besser jetzt Geld zu verdienen, als später keines zu haben. Wir persönlich müssen nicht in erster Linie Geld verdienen und können somit viele Sachen ablehnen. Allerdings geht man ja schon mit einer Veröffentlichung einen Kompromiß an die Kommerzialität ein. PNG: Blödel-Barden wie bspw. Der Wolf tragen ja nicht unbedingt zum gefestigten Ruf deutschen HipHops bei. Geht dich das irgendetwas an ? H: Diese ganze Ausverkaufs-Geschichte ist in den Staaten schon längst durchgespielt. Authentizität und Erfolg werfen unter Umständen immer einen gewissen Zwiespalt auf. Wichtig ist, daß diese Produkte die guten Sachen nicht verhindern. PNG: Ist eine Live-Komponente geplant ? H: Wir werden voraussichtlich in der letzten Februarwoche ein paar Gigs spielen und für Ende des Jahres ist auch noch etwas Größeres geplant. Das Problem ist, daß wir für unsere Begriffe die richtige Umsetzung noch nicht hundertprozentig ersonnen haben. Außerdem studieren wir beide und sind schon froh, wenn wir ein bis zwei mal in der Woche an neuen Tracks arbeiten können. PNG: Sind Remixes durch euch oder von euren Tracks im Gespräch ? H: Wenn sich irgendjemand diesbezüglich bei uns meldet, sind wir sicherlich nicht abgeneigt. Gutes Material unsererseits benutzen wir aber dann eigentlich lieber für ein neues Kinderzimmerstück. PNG: Wie stehst du zu diversem Namedropping in Bezug auf eure Platte ? H: Die Meinungen variierten erstaunlicherweise extrem. In puncto DJ'ing würde ich mich eher mit Premier anfreunden, als mit dem oft eingebrachten Eric B-Vergleich. Vom Flow her sehe ich mich schon in einer gewissen Tradition von Rakim. PNG: Die 96'er Native Tongue-Alben A Tribe Called Quest „Beats, Rhymes & Life“ und De La Soul „Stakes is High“ kamen mir ein Quentchen zu routiniert produziert vor. H: A Tribe Called Quest sind heute frei von jeglichen Versuchen irgendetwas zu revolutionieren und geben mit "Beats, Rhymes & Lifen ein statement zu einer Sache ab, die sie schon längst erreichten. Es ist nicht so spannend, zweite Doppel-LP zum Thema „Low End Theory“ gereicht zu bekommen. Doch auch diese Platte ist wundervoll zeitlos und je öfter man sie hört, desto mehr kickt sie auch. De La Soul waren unspektakulär und detailverliebt. Genau darin liegt ihre Stärke. Gerade der Titelsong ist äußerst gelungen und birgt eine mustergültige Zustandsbeschreibung des derzeitigen Standes USamerikanischen HipHops in sich. PNG: Wie siehst du die Entwicklung im deutschen HipHop ? H: Der Stand der Produktionen ist sehr gut und die Skillz sind besser denn je. Das wird 1997 eine sehr organische Sache. Hoffentlich bekommt das auch einmal die Presse in der richtigen Form mit. PNG: Wie stehst du speziell zum Rödelheim Hartreim Projekt ? H: Über ihre Sounds kann man streiten, aber speziell Moses P halte ich für den derzeitig besten Rapper hierzulande. Diesen expliziten Klartext ihrer damaligen ersten Platte hatte die deutsche Szene bitter nötig. PNG: HipHop war 1996 auch in den deutschen Charts allgegenwärtig. Besteht hier nicht die Gefahr der Verwässerung der ursprünglichen HipHop-Akzente ? H: Hier muß man Unterschiede machen. Warren G bspw. hat schon immer für die Charts produziert, während X-Zibit, aus dem Alcoholics-Umfeld kommend, ganz anders zu betrachten ist. Die haben bestimmt nicht mit diesem Erfolg gerechnet und könnten daran auch zerschmettern. Das Phänomen Fugees finde ich sehr sympathisch. Im Moment einigen sich einfach alle darauf und es ist schön mitzuerleben, wie die Fugees ihren Spaß am Erfolg auskosten. Auch die Coverversionen sind einfach clever umgesetzt, obwohl ich sie persönlich nicht mag. Der Erfolg von Nas ist in erster Linie auf sein sicheres Händchen in Punkto 80'er Samples zurückzuführen. Er ist einfach ein extrem straighter und stabiler Typ und das ist gut so. Insgesamt können diese Entwicklungen für HipHop nur von Vorteil sein. PNG: Sehr verbreitet ist ja auch wieder der offenkundige Umgang mit R'n'B-Essentials siehe bspw. Bone Thugs N Harmony. H: Das möchte ich relativieren, so weit es geht. Man wird sich davon 1997 wieder wegbewegen. Da bin ich ziemlich sicher. Viel eher wird man von dieser hardstuffigen Crossover-Prodigy-Schiene aus operieren. In diesem Sinne bleibt mir nur noch auszurufen: Auf ins epochale HipHop-Jahr 1997, was ja u.a. auch wieder ein Wu-Tang-Clan-Jahr werden wird. Donis Stadtrevue Köln (2/97) 28.2. Kinderzimmer Productions Das war nicht einfach nur knuffig, was Kinderzimmer Productions mit ihrer zweiten Platte »Im Auftrag Ewiger Jugend Und Glückseligkeit« abgeliefert haben Mit 100 % Samples zwischen Kenny Dope und Johnny Cash im Gepäck, haben Textor und Quasi Modo aus Ulm das Modell HipHop auf die hiesigen und persönlichen Verhältnisse zurechtgeschnitzt. Lo-Fi-haft klingende Soundsprengscl werden charmant und gekonnt montiert, und dabei ist es Kinderzimmer Productions gelungen, den Rap vom absoluten Diktat des Endreims zu befreien Von der Erzählstruktur her erinnert das oftmals eher an klassische Songmodelle als an typische HipHoPLyrics. Und so wird auch eine Hörergemeinschaft angesprochen, die bislang mit HipHop eher wenig am Hut hatte. Statt »voll korrekter. Authentizität zeichet ihr Album den Schritt vom Plattenhörer zum Produzenten nach Nicht daß Kinderzimmer Productions die allein glücklich machende Wahrheit für sich gepachtet haben, aber ein interessanter Ansatz ist das allemal Auch so kann HipHop gehen Ob sie wie früher mit einem Live-Drummer auftreten oder sich darauf beschränken, den Sampler und die Plattenspieler zu rocken, war noch nicht in Erfahrung zu bringen, aber so oder so sollte das eIn schöner Abend werden MTC 22Uhr sts Scene Hamburg (2/97) Kinderzimmer Productions Das Ulmer HipHop-Duo spielt am 24. Februar im MarX Das Ende des Rock’n’Roll war in den 80er Jahren eine beschwörende Froderung. Sie ging Hand in Hand mit dem mythischen Anspruch des Genres auf eine eigene Erneuerung. Dem gegenüber stand die Entwicklung von meist als rein konkurrierend empfundenen neuen Stilen. Je häufiger Rock aber etwa im HipHop aufgegriffen, weitergeführt und umgeformt wurde, desto deutlicher konnte man sehen, daß die Geschichte des Rock längst nicht mehr von seinen Akteuren allein geschrieben wurde.. Das galt für Hardrock so sehr wie fiir Diskursrock. 1986 war auf der Aerosmith-Run-D.M.C.-Single "Walk This Way" zu hören, wie zwei Rapper und ein DJ einer Rockband den Job abnahmen, ihr Genre zu erneuern. Wer damals wissen wollte, wie Rock klang, mußte HipHop hören. Ende vergangenen Jahres veröffentlichte das Ulmer Hip HopDuo Kinderzimmer Productions ihr zweites Album ,"Im Auftrag Ewiger Jugend Und Glückseligkeit“, das nicht nur das Beste seiner .Art auf weiter Flur ist, sondern plötzlich auch die selbst- und systemreflektierenden Strange an sich nahm, die zumindest Bands wie Blumfeld, Brüllen oder Cpt. Kirk &. seit einigen lahren eher mehr als weniger haben hängen lassen. Wer wissen will, wie eine Auseinandersetzung "zwischen verstehen wollen und handeln müssen" (Disteimeyer) sich 1997 anhört, muß sehen, wie Kinderzimmer Prodductions live und auf Platte ihr Denken organisieren. Daß man es hier mit HipHop zu tun hat, der zunächst in den klassischen Traditionen steht, andererseits eine ganz eigene Vorstellung davon hat, wieviel Low-Fi, Experiment, Diskurs, Live-instrumentierung und Perspektivverschiebung diese Klassik verträgt, drücken DJ Quasi Modo (Sascha Klammt) und der Textor (Henrik von Holtum) schon mit dem Lauf der Dinge von "Im Auftrag ewiger lugend ..." aus. Zunächst prägt Virtuosität das Szenario, die großen DJ-Stile zwischen Eric-B.-Drama, DJ Premier-Jazz und Prince-Paui-irrsinn. Außerdem der einzigartig elegante, durch nichts bis auf das letzte Busta-Rhvmes-Album aus der Ruhe zu bringende Rap-Flow. Der Textor liebt es, „The dozens" zu spielen, die klassischen Spottgefechte des Rap. Er liebt es auch, sich der Gesamten HipHop-Gemeinde gegenüberzustellen. Und je näher er der enttäuschten Welt als Pamphletist gegenübertritt, desto mehr geht die Platte musikalisch und harmonisch in die Tiefe. Auf den grandiosen, letzten vier Stücken hört man Billie Holiday, dann Schmerz, dann Roberta Flack, dann Vinyl. Tobias Levin Hotline (2/97) »Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit« straight inna Ruhrgebiet, Textor und Quasi Modo aus dem Kinderzimmer in Ulm lieferten jüngst ein phattes Album ab. welches selbst Spex-Schreiberlinge beeindruckt hinter ihrer Psychologie-Studenten-Brillen hervorluken ließ. Funk,. Jazz und des Kinderzimmers Vorliebe für den korrekten East Coast Ami-HipHop machen aus einer vermeintlichen Deutsch-Rap Scheibe ein ordentliches HipHop-Album. Mit einer Extraportion Glückseligkeit im Rucksack reisen die beiden Ulmer im Februar ins HipHop Mekka Dortmund. um vor besonders verwöhntem Publikum ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Anschließend rufen Ingo Sänger (Treibhaus/ 1Live) und Resident DJ Carsten Helmich im benachbarten Club Trinidad zur HipHop und Drum'n Bass Party auf. Lift (2/97) 25.2. Dortmund, FZW Kinderzimmer Poductions haben ihren zweiten Streich abgeliefert. Die Ulmer Rapper haben eine Vorliebe für East Coast Ami HipHop, schreiben pfiffige Texte, bei denen mancher andere deutschen Rapper erblassen dürfte, und experimentieren wild mit jazzigen Passagen und Hörspielschnipseln. Deshalb ist "Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit" (Kinderzimmer Productions/Efa) auch mehr als amüsant und kurzweilig zu hören. Uncle Sally´s (2/97) KINDERZIMMER PRODUCTIONS – Im Auftrag ewiger Jugend und GlückseIigkeit (EFA) Kaufen! Kaufen! Kaufen! Wer deutschen Hip Hop mag, wer Grooves will, wer lachen will, wer 70er Mukke cool findet wer auf originelle Samples steht, wer einfach ne interessante Platte kaufen will, wer die Revolution in der deutschen Rap-Szene sucht... Warum diese Begeisterung? KINDERZIMMERPRODUCTIONS lassen alte Erinnerungen und Träume von zerkratzten Hörspielplatten, Jazz-Hip Hop und lustigen Texten mit cooler Stimme wahr werden. Hier wird nicht auf Commerzialität geachtet, Alles ist schön schräg verpackt mit langen Intros und Taktaten, zu denen man nicht immer tanzen kann Das ist cool und macht die Scheibe auch über längere Zeit interessant. Unbedingt reinhören in „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ oder „I got a right to sing the blues"! Diese Jungs haben alles verstanden! (Gregor) Diabolo (2/97) Da hör ich mir lieber Kinderzimmer Productions an, die mit ihrer ersten LP bereits das erste tragfähige Modell für HipHop aus Deutschland skizziert haben Auf ihrer neuen wird es ausformuliert: ein HipHop-Verständnis. das an der New School ansetzt und primär vom Plattenhören geprägt ist, New Yorkische Low-End-Produktion, ein virtuoser Umgang mit Samples, der sich mit den besten messen kann und endlich ein deutschsprachiger Rapper, für den flow nicht aus stakkatohaften Endreimen besteht, sondern der von Rakim und den Native Tongues gelernt hat und das Gelernte auf die sperrige deutsche Sprache anwendet. Das selbstgenügsame Tüfteln im eigenen Kinderzimmer scheint allerdings erstmal vorbei zu sein, Wie die zahlreichen, treffsicheren disses zeigen (EFA ) Heinz (2/97) Samplen ist Diebstahl! Diese schmerzliche Erkenntnis mußte Deutschlands frechste und phatteste HipHop-Kombo Kinderzimmer Productions machen. Und vertonte ihre Empörung über das Verbot ihres Songs "Back" vom Debüt-Album auf ihrem Zweitling. „Im Auftrag ewiger Jugend und Giückseligkeit“ direkt im Opener. Was war passiert? Die Ulmer HipHop-Combo benutzte einen Sample vom Stranglers-Song "Golden Brown"". Da sie diesen Sample nicht bezahlten und offensichtlich urheberrechtlich schlecht beraten wurden, landete der Track „Back“, auf ihrem Debüt-Album. Dann gingen natürlich sofort Forderungen ein. Die Band konnte das Urheberrecht nicht bezahlen, die Platte mußte eingestampft werden. Gut für die wenigen, die die Gelegenheit hatten, vorher ein Album zu ergattern, denn "Back" wurde zum Underground-Hit. Phatte Beats, geile Raps und erfrischende Naivität sorgten für einen gelungenen Einstand in die Szene. Auf ihrem zweiten Album rechnen sie mit dem Urheberrecht ab. „Samplen ist Diebstahl, vielleicht schon, doch hört doch mal die „.Time after Time" – Coverversion von U 96 anderer Titel alles legal, der kassiert die Kohle, das ist Diebstahl!“ Auf dem neuen Album ist alles 100% Kinderzimmer Productions. Fehlende Samples werden nun verbal angekündigt („An dieser Stelle stand ein Sample von Kate Bush“) und dann gesanglich nachgereicht. Kinderzimmer Productions: 25.2. Freizeitzentrum West, Dortmund, 28.2. MTC, Köln. In Full Effect (2/97) Aufruhr im Kinderzimmer. Quasi Modo karrt schon tonnenweise seltsam-schräge Platten ran und Textor kritzelt schon seit Monaten massenhaft wirr-wahre Reime auf Butterbrotpapier. "Im Auftrag ewiger Jugend und Glücckseligkeit" ist nach dem kreativen Hip Hop Baukasten auf ihrem zu Recht hochgelobten Debutalbum ein 15-Track starker und geballter Rundumschlag einer perfekt eingespielten, DJ/MC-Einheit , der sich als weitaus homogener als sein Vorgänger herausstellt ohne dabei auf die für KINDERZIMMER PROD. typisch erfrischenden Ideen im Wortspiel- und Themeneinsatz oder bei der Arbeit an Sampler und Plattenspieler zu verzichten. DJ Quasi Modo legt vielmehr auch hier wieder ganz besonderen Wert auf baumstammdicke Basslines und jazzig-treffende Samples um Textor emeut optimalsten Reim-Nährboden zu liefem. Die musikalischen und lyrischen Querverweise dienen dabei gleichsam als geschmackvolle Reminiszenzen ("Nah. dealt mit einem fetten NINE-Vokalsample, „Cause Your Rhymes Don't Flow“ nutzt GANG STARR um seine Aussage zu unterstreichen), wie sie auch die Rolle eines der vielen kleinen Sound-Mosaiksteinchen im KINDERZIMMER-Komos perfekt einnehmen. So erfolgen auch die Props im "Mittelbreak" an den FRESH PRINCE nicht ganz ohne Grund: Textor erweist sich mit seinem cleveren Wortwitz und stilsicherer Reimgewandtheit als ebenso talentierte Story-Teller ersten Ranges. Gekonnt hält er mit Hilfe seines verbalen Handwerkszeug, - anpassungsfähigem FIow und treffendem Wortwitz-, nicht nur der festgefahrenen deutsche Hip Hopeneden Eulenspiege vor und labt sich dabei geschickt im korrekten amerikanischen Wortausfluß, um ihn schlußendlich mit dem ureigensten Ulmer State-of-mind zu verbinden (hol Dir den wilden Süden ins Haus mit dem stammenden Ulm' AlI-Star-Track "U-Stadt and you don't stop"!). Facettenreichtum als oberstes Prinzip: so sticht beispielsweise "Konfusion 1l" mit einem einzigartig durch eigenwillige Poetik und hintersinnigen Wortwitz geprägn Reim-Brainstorming hervor KINDERZIMMER PRODUCTIONS repräsentieren ein vom befreites, durchaus (Szene-) kritisches, klischeebefreites, sowie äußerst ehrlich-authentische Verständnis von HipHop. Auftrag erfolgreich ausgeführt würde ich mal sagen – und wer auf seiner CD gegen Ende der Platte eine mehrminütige Schallplatten-Endrille knacksen, rauschen und springen hört, weiß hoffentlich welcher eindeutige "stumme Impuls" der grundsympthischen Ulmer dahintersteckt: save the vinyl! Telephoninterview In Full Effect 2/97 Textor am Telephon, ohne Blickkontakt und Körpersprache, ein unmögliches Interview (wer ihn kennt, weiß warum). IFE:„Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“, ein Song über PR-Berater, Hip Hop Spießer, die Polizei und Busta Rhymes, gut oder nur gut gemeint? Textor: „Was gibt es über Busta Rhymes zu sagen ...“ Woo-Ha! Das war jetzt nicht von ihm, das war wohl ein Versehen...“The return of the Native Tonues 1996, Woo-Ha ist der Song, gerade auch durch den Rückgriff auf die Old-School... Die Rückkehr des guten Geschmacks, für mich eindeutig der bessere Ol’Dirty Bastard. Er nimmt eine alte Form und füllt sie mit neuen, eigenen Ideen... IFE: „Sind da Parallelen zu Eurer Produktionsweise, zu Eurer Sicht von Hip Hop?“ Textor: „Ja klar, auf jeden Fall“ IFE: "Auf Eurer neuen Platte zitiert ihr nicht nur – wie gewohnt - alle möglichen amerikanischen Vorbilder und Inspirationen, Ihr sam plet auch m unter Eure alten Stücke ... 'denn wir haben unsre gute alte Kinderzimmer auf Vinyl" Textor: "Kontinuitat ist eines der schönsten Dinge Uberhaupt. Die Platte sollte vor allem in sich vernetzt sein, das fängt mit dem Opener 'Lights! Camera!' an. Wenn Du die Kontinuität zur alten Platte siehst, dann kann ich wieder beruhigt schlafen," IFE: "Die Platte hat ganz eindeutig den Kinderzimmer-Sound, trotzdem hat sich einiges, vor allem inhaltlich verändert. Woher kommt dieser Anflug von Menschenfeindlichkeit in 'Nah'? Das war auf der 'Drei Rüben'-Kassette zu hören, fehlte aber auf der ersten Kinderzimmer völlig." Textor: "Das ist nur eine Stimmungslage, das ist nicht allgemeingültig. Ich habe diesen Text auf einem Zivi-Lehrgang geschrieben, da war das Bedürfnis nach Abgrenzung bei mir sehr groß. Die Platte dreht sich um Quasi Modo und mich, wir wollten verschiedene Ausschnitte dieser Geschichte zeigen, diese Menschenfeindlichkeit ist nur ein Teil davon, ein Song," IFE: Warum dieser Bezug zur HipHop-Szene in Deutschland, zur Rezeption Eurer ersten Platte?" Textor: "Mit einer Platte stellst du dich der Öffentlichkeit und plötzlich meint jeder er müßte etwas dazu sagen. Das hat uns Türen geöffnet. Auftritte ,.. wir haben Leute kennengelernt, auch aus der Szene, das sind jetzt keine anonymen Gestalten mehr, aber irgendwann wird das unschön, vor allem bei 'Marihuana', am Anfang hat mich das amüsiert, daß viele das als Kifferhymne verstanden haben, das ist wie auf einer Kaffeefahrt, am Anfang lachst du drüber aber wenn mir diese Kiffersolidaritat aufgedrangt wird, wenn Verhaltensweisen eingefordert werden,•als ob ich wirklich diese Hymne geschrieben hätte, dann muß man auch mal klar sagen, was gemeint ist, eben Unfug wegkehren', wie der Song ja auch heißt." IFE: "Besonders aufgefallen ist mir Dein Part im Posse-Track 'U-Stadt' Textor "Das war eigentlich ein Fehler ich hatte den Kopfhörer schon in der Hand und wollte aufhören, ich habe es dann aber doch bis zum Erde durchgezogen, und die Reaktion vor, Quasi Modo ist ja auch auf der platte. Ich hab mich bei diesem Stück auch am freisten gefühlt." IFE: "Die Stirn me ist sehr schlecht zu verstehen, allerdings hebt das ihre klanglichen Dimension hervor." Textor: "Die Stimme als Klang ist bei mir immer gleichberechtigt zur Stimme als Inhaltsgeber. Wir haben uns das vorgestellt wie bei einer Badewanne, du hast dieses Baßfundament und die Stimme kuckt gerade so raus, wie der Kopf aus der Badewanne, Aber das mit der Klangdimension der Stimme darf nicht zu gewollt klingen. Ich will mehr in diese Richtung gehen, aber Ideen zu früh auszuleben heißt, daß sie verpuffen, man muß immer wissen was man tut, ob man auf dem Boden steht. IFE: „Ich begrenze meine Welt auf Papier Din A4, recyclebar und grau -..“ sind Deine Texte recyclebar?" Textor "Bei „recyclebar“ ging es mir um das Bild, das ist wie eine geistige Schleife, wie eine Kreuzung, da ist die Spannung, wohin bewegt sich der Text oder wohin bewegt sich der Hörer, das ist wie bei einem verminderten Akkord, du hast die Freiheit der Modulation, da ist Spannung, Und „begrenzen“, klar, wenn du schreibst, begrenzt du dich, das ist ja dasselbe mit dem Beat, der begrenzt dich auch, aber diese Begrenzung führt auch dazu, ungewöhnliche Lösungen zu finden. Es gibt da eine psychologische Definition von Kreativität, ungewöhnliche aber angemessene Lösungen auf Probleme finden. Du kannst dich einfach nicht mit dem erstbesten begnügen, vielleicht paßt erst das zweite oder dritte. IFE: Mir ging es um etwas anderes: Darf man Deine Texte und Ideen recyceln, im Sinne von wiederverwerten, wieder-verwenden? Textor: "[zögert] Ja, wenn jemand damit arbeitet, kann er sie verwenden, was ich dumm finde, ist einfache Kopie, aber das kann man nur am fertigen Stück entscheiden." Spiegel: "Herr Textor, wir danken Ihnen für dieses Gespräch," Interview Sascha Lauermann Musik Express (2/97) Vor zwei Jahren Sorgte die Gruppe aus Ulm mit ihrem Debutalbum, das leider wegen eines illegalen Samples aus dem Song „Golden Brown“ der Stranglers kurz nach der Veröffentlichung wieder vom Markt genommen werden mußte, für frischen Wind in der deutschen HipHop-Szene. Auf ihrer neuen CD, die sicher zu den besten und innovativsten Arbeiten der deutschen HipHop-Szene 1996 zählt, Überraschen Sascha Klammt alias Quasi Modo und Henrik von Holtum alias Textor erneut mit satten Rhythmen, ausgesuchten Samples und wahnwitzigen Reimen. Gerade die Texte von Songs wie „Lights! Camera! Action!“ und „'Cause Your Rhymes Don't Flow And Your Beats Don't Pump“ unterscheiden sich in ihrer sprachlichen Direktheit und Eleganz wohltuend von der Masse deutschsprachiger Rap-Texte und kauen nicht eine Sekunde die altbekannten Standards wieder. Besonders Stücke wie das mit jazzigen Beats verzierte „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ Überzeugen durch entschlackte, fließende Sounds und bewußt einfach gehaltene Arrangements. Mit IM AUFTRAG EWIGER JUGEND UND GLÜCKSELIGKEIT läuten Kinderzimmer Productions ein neues Zeitalter für die deutsche HipHop-Szene ein. In Zukunft sollte niemand mehr glauben, mit falschen Reimen noch über die Runden zu kommen. (fs) TIP - Berlin (2/97) KINDERZIMMER PRODUCTIONS: Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit (Kinderzimmer Productions/EFA): Dieses Duo meldet sich mit deutschsprachigem HipHop aus der Provinz. Noch ist es ein Geheimtip, aber angesichts dieser furios selbstverständlichen Leichtläufigkeit, mit der bei ihm die Samples, Beats und die Reime ineinanderklickern, sicher nicht mehr lange. Die Kinderzimmer Productions haben die feinsten Techniken. Sie könnten alles mit ihnen tun. Und doch, ihre Songs zeigen kein Interesse daran, lustiger oder härter zu sein als der Rest oder so radiotauglich poppig, daß man nur noch mitflöten kann. Sie begeistern vielmehr durch so etwas wie eine selbstsichere Sachlichkeit. Die hat Stil. Das gilt hier für die Musik übrigens ebenso wie für die Texte, die durch eine ganz besonders smarte Variante jugendlicher Selbstreflexion brillieren. Unbedingt anhören! SW Klenkes - Aachen (1/97) Kinderzimmer Productions: Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Kinderzimmer Prod /EFA "Ich kenne keinen, der sich soviel Mühe gemacht hat, ein Kinderzimmer einzurichten" WAAAHHNSINNNN! Ich meine (ohne mich hier als arrogantes Arschloch hinzustellen), ich habe ja immer versucht, deutschen HipHop - trotz teils unvermeidbaren Ausrutschern der jungen Interpreten -- möglichst ehrlich und zuvorkommend zu behandeln, aber dieses Jahr sieht's so aus, als käme endlich richtig Kreativität und Schwung in die Szene. Nach vielen schönen, hiesigen Produktionen ist das hier wohl Höhepunkt und gleichzeitig wohlverdienter Abschluß eines fetten Jahres. Kinderzimmer Productions sind back! Nachdem sie ein nicht genehmigtes Sample von "Golden Brown" (Stranglers) auf ihrer ersten Platte einige Öcken gekostet hat, hatte ich ehrlich vermutet, daß da wohl nichts mehr kommen wird. Denkste! Beste deutschsprachige Rapplatte ever sag ich mal soo (hypend). Die Beats mmmmhhh Sahne, die Samples Tollwut, aber mit Prinzip (allein dieser Baß auf "Das Gegenteil von Gut ist Gut gemeint" H I T !: die Spreche: mehr kann man nicht erwarten. Und möge sich mancher auch an den naheliegenoden Kopf fassen, wenn er an ein weiteres Billie Holiday-Sample denkt - "I Got A Right To Sing The Blues" lehrt ihn eines besseren. Bitte, liebe Leute macht DIESE Jungs reich (aber nicht satt) und nicht die falschen. MAO Marabo - Ruhr (1/97) In Ulm, um Ulm und um Ulm herum existiert seit Jahren eine kleine Community von HipHop-Aktivisten, ".U-Stadt And You Don‘t Stop". You won’t weil so funky, weil flow. So viele Samples wie Joghurtkulturen in einem Nestle LC- 1. Also reichlich, Samples wie ein dickes Fichtendickicht und vor lauter Bäumen läßt sich nur schwer die ein oder andere Hookline ausmachen. Verdammt zum Zuhören bleibt der Konsument zurück. Doch man/frau hört gerne ein zweites oder drittes mal hin. Sprechgesang der Oberschule, so relaxt als wären (Quiggedi-)Quasi Modo und der Textor seit drei Jahrzehnten im Geschäft. Dabei ist „Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“. erst die zweite Produktion aus dem Kinderzimmer, Reschpekt. Zwar schallt es auch dann und wann mahnend...Schocken tust du niemand nie, denn Drogen sind heutzutage so spießig wie ein Golf GTI, doch in erster Linie geht es hier um HipHop Musik. Von Gangster-SchnickSchnack keine Spur und das ist verdammt gut so. Jazz. Funk. HipHop bis über den Rand und am besten noch einen Berg drauf. „Ich glaube. ich kenne keinen, der sich soviel Mühe gemacht hat, ein Kinderzimmer einzurichten“. Schscht! Anhören. Füße hoch und aah. ... 8750 - Aschaffenburg (1/97) Schon lange hat man sich gefragt: wann erhält Lo-Fi Einzug in den Hip Hop? Das schier unmögliche ist jetzt doch passiert. Kinderzimmer Productions heißen die Übeltäter, „Im Auftraig ewiger Jugend und Glückseligkeit“ (Kinderzimmer Producions/EFA) ihre Platte. Und überhaupt, warum Übeltäter? Im Gegenteil. Die zwei Teenager aus der Provinz (DJ und Produzent Sascha Klammt aka Quasi Modo und Rapper Henrik von Holtum aka Textor, aus Ulm) stellen die HipHop-Welt auf den Kopf; bedienen sie sich nämlich einer Produktionsweise, die von der in Deutschland allgemein praktizierten abweicht. Kinderzimmer Productions verzichten locker auf die ansonsten so wichtige Legitimation für ihre Musik, d. h. sie legen keinen Wert auf (konstruierten) Background und Anschluß an „die Szene“ und machen keinen Hehl daraus, daß ihr Zugang zum HipHop auf eine reine Hör-, nicht auf eine gekünstelte soziale Erfahrung zurückgeht. Dabei Verwenden sie das HipHopReim- und Versschema unlogisch logisch und sprechen dabei eher so wie man es bislang von Singer/Songwriter- oder Bandmodellen kannte. Booty (2/97) Kinderzimmer Productions Mit ihrem zweiten Album ist dem Ulmer Duo wieder eine sehr gute Scheibe gelungen. Verspielte Sounds und Samples, dazu der eigentümliche Rapstil. Doch mehr dazu in diesem Heft. McDonalds Kino News (2/97) Für das Backstreet Boys Konzert am 27. Februar in der Spothalle gibt es schon lange keine Karten mehr. Das ist aber kein Grund diesen Abend in der Stube zu verbringen, denn im MarX tritt der hervorragende deutsche Hip Hop Act Kinderzimmer Productions auf. Ihr Album „Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“ sorgte für Furore, denn ein Track wurde verboten, wegen eines illegalen Samples des Stranglers-Songs „Golden Brow“. In wunderbaren Versen bringen Kinderzimmer Productions alles auf den Punkt, was junge Musiker bewegt. Deutschsprachiger Rap wie man sich ihn wünscht: frech, respektlos, bissig und mit tollen Samples und Grooves unterlegt. Der Sturm beginnt mit „Light! Camera! Action!“, und dann sabbeln Kinderzimmer Productions alles platt, was sich ihnen in den Weg stellr. Man wird einfach erobert. GDM Magazin (12/96) Kinderzimmer Productions – Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Hier folgt der zweite Streich der Ulmer Kinderzimmer Productions. In altbewährter Manier bieten sie uns fette Beats im East-Coast Stil, den sie mit jazzigen Passagen und Hörspielschnipseln anreichern. Erfrischende neue Ideen und intelligente, gute Raps zeichnen die Platte aus. Die Revolution des deutschen Hip Hops startet im Kinderzimmer! Tribe (1/97) Kinderzimmer Productions „Im Aufttrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“ (Kinderzimmer Productions/EFA) Das zweite selbstproduzierte Album aus dem Ulmer Kinderzimmer hört sich abenteuerlich und experimentell an. Jede Menge interessantes Schlagzeug, dafür allerdings Rap, der zwar an sich ganz nett ist, aber einfach ins eine Ohr rein und aus dem anderen raus. Das Album ist ein gutes Beispiel dafür, daß die East-Coast Amis es doch besser können. (GB) Kinderzimmer Productions - „Im Aufttrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“ (Kinderzimmer Productions/EFA) Mit der Ersten einen Skandal gelandet (tolles Stranglers/Chuck D.-Sample, wg. Ersterem verboten, Platte eingestampft), mit der zweiten einen Hit, was will der Mensch mehr? Wie’s aussieht, flowen die Rhymes in Ulm (!), und zwar definitiv auf ihre Art, während die Beats pumpen (song Nr.5). „Im Aufttrag...“ ist ein Album mit erstklassiger DJ-Action von Quasi Modo und hinreißenden Song-Strukturen, angefüllt mit geschmackvoll angeordneten Zierrat. Was fürs Auge, sozusagen. Sehr charmant auch der elegante Gebrauch von amerikanischen Rap-Standarts wie „Wave your hands in the Air“ und Konsorten, die immer wieder geschickt mit dem Deutschen verflochten werden. Sowieso ist der Texter ebenso skurril wie clever. Wie er mit drei, vier Sätzen einen Hip Hop Jam demontiert (das Gegenteil von gut ist gut gemeint), hat Klasse, Stil und Genauigkeit; so ähnlich sag' ich's auch immer, oder wollt ich zumindest. COOP Zentralnerv (1/97) Das definiv sophisticatedste Teil des Jahres ist einmal mehr aus der Feder der Kinderzimmer Prod. entsprungen. A Tribe called Boogie Down aus der Pumuckel – Gummizelle. Elegant, viel Jazz, ohne das Papa neidisch wird.•Geniale Rhymes, Sprachfluß ohen „Wenn & Aber“. Bass und Samples geklärt: Frischer als jedes fette Brot. Gut gemeint und gut gemacht. Subway/Braunschweig (1/97) Kinderzimmer Productions „Im Aufttrag ewiger Jugend und Glückseligkeit“ (Kinderzimmer Productions/EFA) Überraschend, aber wahr: auch Hip Hop aus Ulm kann Spaß machen. Daß Hip Hop nach Meinung der Puristen mehr sein soll als Musik (nämlich auch sprayen und Breakdance, gähn) dürfte dabei die besten beiden Rapper Quasi Modo und Textor wenig gekümmert haben, als sie sich die Eastcoast ins Kinderzimmer holetn. Prima Platte. A.H. Swing/Bielefeld (1/97) Kinderzimmer Productions - Im Aufttrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Im Grunde ist ja nur passiert, was die KP aus Ulm selber vorausgesehen hatten. „Für diesen Loop hier reißen uns die Stranglers noch die Eier ab“ rappten die süddeutschen Sprechsinger auf ihrem 94er Debut und meinten damit das recht markante Thema des Stranglers-Hits „Golden Brown“, das das Herzstück des KP Hammers „Back“ bildete. Also gabs Ärger rund, die Platte wurde aus den Läden entzogen, die KP kamen ins Gerede, doch überdeckte es das, worum es eigentlich bei ihnen geht: um Qualität. Die Ulmer Heimwerker haben davon nämlich eine ganze Menge zu bieten. Ihre Reime fließen, ihre Beats tragen eine elegante Handschrift. Auf ihrer zweiten Platte lehnen sie sich weit zurück, entspannen sich. Geschmeidige Jazz-Samples, Spechstellen mit Hörspiel-Charkter, manches erinnert an alte 60er Jahre-Schwarz-Weiß-Krimis mit Erik Ode („Der Kommisar“). Stets, so scheint es. Vereinigen sich die BDP-Fans vor der Alten Schule der amerikanischen Ostküste. Dennoch stellen sie ihr Licht unter keinen Scheffel, sondern tänzeln selbstbewußt auf der Überholspur ohne viel Pomp an so manch aufdringlicher nationaler Hip HopKonkurrenz vorbei. Auf das für Deutsch-Rap offenbar obligatorische Cora E. Zitat hätten sie jedoch besser verzichtet, ewige Wiederholungen nerven einfach. Volker Backes Scene Hamburg (1/97) Kinderzimmer Productions Ein Ulmer Duo macht Schluß mit falschen HipHop-Klischees: "Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit" (EF A) Sie kommen aus der Keinmzelle des Terrors, von dort, wo sich schon früh die Weichen für den Widerstand stellen. Wo Höhlen gebaut und subversive Reime geschmiedet werden. DJ Quasimodo und MC Textor sind zwar aus dem Gröbsten raus, das Kinderzimmer ist aber ihr Lager für verbale und musikalische Beutezüge geblieben. Wie früher beim Spielen mit Legosteinen nutzen die beiden Ulmer heute beim Produzieren alles, was so rumliegt ohne Rücksicht auf stilistische und juristische Fragen. Das kann natürlich Probleme geben: so wurde diesmal ein Kate Bush-Sample das nicht freigegeben war, kurzfristig durch einen gerappten Kommentar ersetzt. Johnny Cash, Charles Mingus und Metallica durften bleiben. Das Kinderzimmer-Duo wehrt sich gegen Klischees und falsche Umarmungen. Und in "I Got A Right To Sing The Blues" zweifeIt es auch die eigene Position an: "Ich repräsentiere die Probleme von Kindern reicher Eltern/..../Ich sehe aus wie ein Penner/.../und schreibe diese Zeilenn mit einem Montblanc-Füller". Mit ihrem zweiten Album behaupten DJ Quasi Modo und MC Textor ihre dissiddente Haltung. Nebenbei werfen sie die Frage auf: Wie kommnt es, daß so viele weiße, europäisehe Mittelstands Kids ständig von amerikanischeen Verhältnissen reden? Martin Giese Stadtrevue Köln (1/97) Massive Töne - Kopfnicker Kinderzimmer Productions - lm Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Da tut sich was. Nach Fettes Brot Und Absolute Beginners haben jetzt schon wieder zwei deutsche HipHop-Acts neue Platten veröffentlicht, an denen man nicht vorbeihören sollte Beide kommen aus dem tiefen Süden. Die Massiven Töne aus Stuttgart. Kinderzimmer Productions aus Ulm. Massive Töne klingen definitiv mehr nach dem, was man als HipHop kennengelernt hat. Die Produktion ihrer relaxten Tracks bewegt sich auf hohem Niveau, die Beats sind extrem fett. Man kann diese Platte in einen ganz normalen, sprich aus aktuellen US-Tracks bestehenden, Set integrieren, ohne daß es jemandem auffallen würde Wenn dann noch Juju vom legendären amerikanischen Remixer- und Produzententeam Beatnuts sagt "This shit is fat and got flow", dann haben die Massiven Töne vermutlich genau das erreicht, was sie schon immer wollten Aber auch der gänzlich andere Ansatz von Kinderzimmer Productions hat seinen Reiz, auch sie beschäftigen sich schon lange mit HipHop, haben die wichtigsten Platten rauf und runter gchört und schließlich angefangen, eigene Tracks zu produzieren, aber sie haben Hip-Hop scheinbar nicht als Dogma begriffen, das es von A bis Z folgsam zu übernehmen galt. Stattdessen haben sie sich an eine grobe Silhouette gehalten, die man spielerisch zitieren darf und sich beim Transfer in die eigene Wirklichkeit auf die persönlichen Verhältnisse zurechtschnitzen muß Das Ergebnis ist dann nicht einfach nur interessant, sondern eine wirklich gelungene, so aus Deutschland bis dato kaum gehörte Platte. (MZEE/EFA bzw. Kinderzimmer Prod./EFA) Stephan Schwarzer Saturn Aktuell (1/97) Kinderzimmer Productions Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit EFA Deutschsprachiger HipHop leidet oft an seiner kantigen Dogmatik und dem stumpfen Adaptieren amerikanischer Ghetto-/Straßenmotivik. Musikalische Innovation mit street Credibility, die auch im Kontext deutscher Großstädte glaubhaft ist, gibt es praktisch nicht. Große Ausnahme das Duo Textor und Quasi Modo: Kinderzimmer Productions aus der Ulmer HipHop-Community. Mit lässigen Old School-Zitaten garnieren sie ihr zweites Album, daß trotz fundamental konträrer Einzeltracks sehr geschlossen wirkt. 100 % Samples sind kein Garant für klinische Kälte. Trotz unkonventioneller Basslastigkeit ein tanzbares Album. Ihre prägenden Wurzeln haben die Kinder klar in Boogie Down Productions und Grandmaster Flash. Ein Meilenstein der deutschen HipHop-lntelligenz. (tj) Kreuzer Leipzig (1/97) KINDERZIMMER PRODUCTIONS "IM AUFTRAG EWIGER JUGEND UND GLÜCKSELIGKEIT" (Kinderzimmer Prod./EfA) Da müssen erst zwei Leute aus Ulm kommen, um die beste Deutsch-Hop-Platte ever ins Rennen zu werfen. „Im Auftrag..." streift mit wohliger Verspieltheit enggespannte DeutschHop-Ghetto-Scheuklappen ab, Hier wird endlich einmal nicht versucht, gekünstelte gebietsspezifische Identitäten aus dem Boden zu stampfen, DJ und Rapper verweisen unnachgiebig auf ihre musikalische Sozialisation. Die Weichen stehen felsenfest auf East Coast-Essentials. Da werden die „Heroes“ regelrecht beim Namen genannt. und ausgeprägte Native Tongue-Vibes belagern jede Sekunde dieser Erfahrungswerte-Schau. Ich würde sogar so weit gehen, Kinderzimmer-Productions den vielleicht gerade etwas zu routinierten aktuellen De La Soul/ A Tribe Called Quest-Releases vorzuziehen. Atmosphärisch schwanken die Tracks zwischen Jazz-Kundigkeit und Rakim-Sample-Gimmick-Reminiszenzen. Man kommt trotz oder gerade durch unbefangene Schrillness jederzeit hundertprozentig auf den•Punkt. Textors Rhymes verlassen auf revolutionäre Weise festgefahrene Schemata. Hier konnte durchaus auch die Sprache eines Jochen Distelmeyer einiges verursacht haben. Da betreibt man doch eher "Paid In Full“ Rückbesinnung oder "L'etat Et Moi"Studium im wohltemperierten Kinderzimmer, als seine Zeit auf unbeholfenen Jams, vollgepackt mit Fanta 4-dissenden Unterstufen-Homies, zu verschwenden. Mit diesem Manifest an mutiger Deutsch-Hop-Pionierhaftigkeit können Selbstbewußtseinsbezeugungen uneingeschränkt vertreten werden. „Im Auftrag ..." dreht den Stundenzeiger hiesiger Hip Hop-Befindlichkeiten um einige Einheiten nach vorn. Wenn das mal nicht den Anfang einer wunderbaren Freundschaft bedeutet. DONIS Spex/Alle Formate (12/96) KINDERZIMMER PRODUCTIONS Im Afftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Kinderzimmer Productions/EFA Man darf seiner Begeisterung für sich selbst und den Dingen, die einem so aus dem Mund fallen können, ruhig freien Lauflassen, forderte Lars Freisberg anläßlich der ersten Kinderzimmer-Productions LP. Gemeint war damit das, was gemeinhin als 'der Flow' bezeichnet und als Kriterium im HipHop immer wieder geklärt werden muß. Der Kinderzimmer Flow hatte schon seinerzeit eine Qualitat, die man so noch nicht gehört hatte auf deutschen HipHop Platten. Die LP ist längst vergriffen und außerdem einem ungeklärten Sample 'Golden Brown' von den Stranglers zum Opfer gefallen, Trotzdem löste sie allenthalben Verwirrung und Freude aus, weil hier eine Rezeptions- und Produktionsweise eingeführt wurde, die sich grundsätzlich vom allgemein praktizierten HipHop Ansatz in Deutschland unterschied. Es mußtcn tatsächlich zwei Teenager aus der Provinz kommen (DJ und Produzent Sascha Klammt aka Quasi Modo und Rapper Henrik von Holtum aka Textor, beide aus Ulm), um diese Musik loszulösen von den leidlich bekannten Versuchen. "Kinderzimmer ( steht für unsere Roots), wahrend Productions unsere Bindung an HipHop repräsentiert (Boogie Down Productions)“ stand unter anderem im Textbeiblatt. Das hatte sich noch niemand kurzzuschließen getraut, war es ja bisweilen Gesetz, daß die Zugangsberechtigung zur Rap Kultur nur über den Nachweis erstritten werden konnte, mindestens einen Wagon der lokalen Nahverkehrsbetriebe besprayt zu haben. Natürlich waren Kinderzimmer Productions nicht die Alleinverantwortlichen für das Aufbrechen einer Eins zu eins Übersetzung (Fettes Brot, Der Tobi & Das Bo etc, haben diesbezüglich bekanntlich ja ganz andere Türen geöffnet, wenn auch mht anderen, schwerwiegenden Folgen) doch sie waren und sind diejenigen, die über keinen Anschluß an »die Szene« verfügen. Hinzu kam ihr unprätentiöser Umgang mit Zitaten aus der gro.ßen weiten HipHop Welt, der keinen Hehl daraus machte, daß ihr Zugang zu HipHop einer reinen Hör und nicht einer wie auch immer konstruierten sozialen Erfahrung geschuldet ist Plötzlich machte sich ein »Draußen« bemerkbar. das HipHop mit ähnlichen Präferenzen produzierte, von dem man „lnnen“ gemeinhin annahm, daß er hierzulande nur auf Papier oder auf den Plattentellern bestimmter DJs existiere: kaum O1d School Bezüge. dafiür eine liebevoll ausgestellte Affinität zu Eric B und vor allem Rakim und A Tribe Called Quest. Natürlich alles noch im Rohzustand, aber ausgestattet mit dem Willen zuzugeben, klar zustellen und mitzuteilen, daß man die Musik, die Texte und die Kunstfertigkeiten dieser Leute mehr zu schätzen weiß als die Fahigkeit, jede Dialog,Zeile aus 'Wildstyle' (dem Film) auswendig zu können, Mit ,lm Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit' füllen Kinderzimmer Prod. den gesteckten Rahmen des ersten Albums neu aus: 'Low End Theory', so weit die Ohren hören können. Die Anlage der Beats und Samples bewahrt sich die Niedlichkeit und den (auch als Schutz fungierenden) Bonus des Kinderzimmers, jenes Refugjums kontrollierter Unordnung Der eingangs zitierte Flow hat sich durch die Adaption der ,Native Tongues' weiter perfektioniert. Gerade letzteres ist es, was diese Platte auch von allen anderen HipHop Platten abhebt: Nichts des Gesagten erstirbt unter der fast chronischen Luftknappheit bekannter Reim Modelle. Henrik von Holtum hat es geschafft, das Sprachkategoriensystem aufzubrechen, es innerhalb von HipHop Reim und Versschemata logisch unlogisch anzuwenden und so gegen die oft sehr angestrengten Versuche gekünstelter Künstlichkeit ein Modell geschaffen, das mehr und mehr einer diskursiven Art des Sprechens ähnelt, die man eher von Singer/Songwriter oder Bandmodellen kennt, die mit HipHop allenfalls indirekt zu tun haben. Nicht von ungefähr verteilt er seinen Respekt nicht nur an Rakim oder Q Tip, sondern auch an Cpt Kirk &, und Blumfeld. Mit dieser Sprach Komposition, die sich auch mühelos über einem 6/4 Takt ausbreiten kann, ist es dann mitunter ein Kinderspiel, die anderen alt aussehen zu lassen und für sie nur ein „Cause Your Rhymes Don't Flow And Your Beats Don't Pump“ übrigzuhaber. Aber um was geht es hier? Der Blick wird bestimmt durch die Provinzperspektive. Nicht immer ganz unprobiematisch, wenn z,B die eigenen Unsicherheiten Modele zum Abgleich sind nur in weit entfernten Städten vorhanden auf die Implikationen von Jugendkultur der Neunziger (Techno) abgebildet werden Aber wenn in „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“, dem Höhepunkt der Platte, über einen rollenden Beat plus Standbass (A Tribe Called Quest!!) genau jene Bipoiarität thematisiert wird, die seit Jahren die Debatte (auch die zwischen SPEX und der „Szene“) bestimmt -- real existierende B Boy Culrure einerseits und Plattenhören, spielen und darüber schreiben andererseits . dann kann eine gewisse Weitsicht nicht abgestritten werden. „Und diese B Boys sehn anscheinend alle gleich aus/ auf m Fußballdress sind wenigstens verschiedne Nummern drauf/die PA ist viel zu klein, und der Sound ist nur Gekreische/und verstehnn tut man nichts. denn die Stimmen sind zu leise/ der Mischer ist'n Rocker, interessiert sich nur für Bier/und der Freestyle ist' n Diss an die Fanta 4/Ich bin ganz klar hier deplaziert/bin ganz sicher deprimiert/bin in der Gegend rumkutschiert/hab mich selber angeschmiert/lst es wirklich nötig, daB ihr euch so inszeniert?/ Denn das Gegenteil von gut ist gut gemeint/ habt ihr kapiert?“. Das klingt letztendlich weniger böse, als es hier geschrieben steht. In Verbindung mit der nächsten Strophe, wo plastisch vom Hörerlebnis mit Busta Rhymes “The Coming“ berichtet wird, infolgedessen Henrik aufgrund unerwarteter Nebenwirkungen schließlich von der Polizei (nein, es heißt hier schon: »den Bullen«) in Gewahrsam genommen wird, löst sich der angebIiche Widespruch der HipHop Welten in einem hymnenhaften Statement an Lieblingsplatten zugunsten von sich zu ernst nehmendem Entertainment auf ,Ihr versteht nicht was ich tue/ich versteh es manchmal selber nicht«, heißt es in »Unfug«, dem darauffolgenden Track Das wäre nicht zum ersten Mal der Ausgangspunkt für das nächste Level Und zusammen mit Absolute Beginner sind Kinderzimmer Prod bei aller Unterschiedlichkeit im Ansatz und Ergebnis definitiv reif dafür. Ralph Christoph WOM Journal (12/96) Kinderzimmer Productions – Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Zwar wird den Deutschen immer und nicht ganz zu Unrecht vorgeworfen, sie hätten keinen Humor, doch von der Rap-Szene hierzulande kann man das nun wirklich nicht behaupten. Waren die Meister des smarten Spaßes bislang im hohen Norden zu orten, kommt nun Konkurrenz aus, ähem, Ulm (Shouts geh'n raus an den Alb-Donau- Kreis). Nach ihrem MikroHit »Back« und einem Debüt-Album vor zwei Jahren haben die Kinderzimmer Productions nun noch mal ihre gute Spielstube aufgeräumt und ein paar verstaubte Hörspielkassetten, leicht angekratzte Jazz- und HipHop-Platten und längst verloren geglaubte Reimzettel gefunden. Beim Zusammenpuzzeln der neuen Platte griffen Quasi Modo und der Textor dann auf ein paar HipHop-Standards wie RadiofrequenzSwitchen oder Telefongespräche zurück, verwiesen quer auf Busta Rhymes, Bibi Blocksberg und Boris Becker und zauberten 15 Tracks zusammen, die sich hören lassen können. Der Flow Mik´s News (12/96) Kinderzimmer Productions – Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit Eigenvertrieb LP 2 Jahre ist es her, daß uns Textor und Quasimodo mit ihrer Debür-LP einen echten Undergroundhit bescherten. Auch auf ihrer 2., jetzt vorliegenden Scheibe, bleiben sie ihrem, inzwischen perfektionierten Stil, treu. Soll heißen, Eastcoast und Jazz trifft auf Deutschrap und Anarchie. Doch Vorsicht, wer das ganze jetzt schon im Vorfeld verurteilt, wird überrascht sein, was Kinderzimmer Productions letzendlich daraus macht. Die Tracks klingen angenehm groovig, durchdacht und machen zudem noch jede Menge Spaß. Man nehme nur mal „Das Gegenteil von gut...“, dessen Basslauf jedes Körperteil unweigerlich zum rhythmischen Mitmachen animiert, während der Busta Rhymes Part einfach mal genial ist. Wort. Oder „konfusions“, deren Atmosphäre einen treibt und treibt... Muß ich noch mehr schwärmen? Also liebe Heimburschen und Flymädels, deshalb kann es nur eine Devise geben: Kaufen Sie! Hülse 030 Berlin (12/96) Kinderzimmer Productions – Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit (kinderzimmer Prod/EFA) Die beste Nachricht aus dem weiten Reich der rollenden Reime heißt heute Kinderzimmer Productions und kommt aus diesem unserem Lande, genauer gesagt, aus Ulm, Enttäuscht? Aber jetzt mal im Ernst: Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit ist verdammt nochmal das allergeilste was in Sachen deutschsprachiger HipHop jemals produziert wurde. Das behaupte ich jetzt einfach mal so und fühle mich wunderbar dabei. Nicht nur stellt es das Debut von Textor und Quasi Modo weit in den Schatten, alles andere was so derzeit verbrochen wird, ebenso. Es setzt Maßstäbe, die erstmal jemand übertreffen soll. Wer's nicht glaubt, soll sich das Ding reinziehen. Ich habe das dreimal hintereinander gemacht, obwohl es schon vier Uhr nachts war und ich vor Müdigkeit fast umgekippt bin. Es kann Leben verändern. ehrlich. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Mir steht der Mund noch zu weit offen.