Palliative Care in der Schweiz und im übrigen Westeuropa

Transcrição

Palliative Care in der Schweiz und im übrigen Westeuropa
Spiritual Care
Aus der Sicht des Arztes
Dr. med. Roland Kunz
Chefarzt Geriatrie + Palliative Care
Spiritual Care
Cicely Saunders 1965:
„watch with me – Wachet mit mir“
Markus 14;34
Erfordert:
Achtung für den einzelnen Patienten
Aushalten, was wir nicht verstehen
Bleib da!
„Wissen Sie, Frau Doktor, ich habe nie
wirklich geglaubt, dass ich einmal sterben
muss, kein Mensch, so vermute ich, tut
das. Aber dann kommt tatsächlich eine
Zeit, in der man dazu bereit ist“
Lily
Aus Cicely Saunders, Sterben und Leben
Spiritualität in der Palliative Care
Definition Spiritualität (EAPC)

Spirituality is the dynamic dimension of
human life that relates to the way
persons (individual and community)
experience, express and/or seek
meaning, purpose and transcendence,
and the way they connect to the
moment, to self, to others, to nature, to
the significant and/or the sacred.
Definition Spiritualität (EAPC)
The spiritual field is multidimensional:
1.
Existential challenges (e.g. questions
concerning identity, meaning,
suffering and death, guilt and shame,
reconciliation and forgiveness,
freedom and responsibility, hope and
despair, love and joy)
Definition Spiritualität (EAPC)
The spiritual field is multidimensional:
2.
Value based considerations and
attitudes (what is most important for
each person, such as relations to
oneself, family, friends, work, things,
nature, art and culture, ethics and
morals, and life itself).
Definition Spiritualität (EAPC)
The spiritual field is multidimensional:
3.
Religious considerations and
foundations (faith, beliefs and
practices, the relationship with God or
the ultimate).
2 Ebenen

Spiritualität:
„Art und Weise, in der Menschen das Leben
hinsichtlich seines letzten Sinns und Werts
verstehen und leben, als Bedürfnis, zufrieden
stellende Antworten auf Fragen zur
Bedeutung von Leben, Krankheit und Tod zu
finden, als Suche nach einer übernatürlichen
Wirklichkeit oder als Beziehungs- und
Bedeutungsnetz, das dem Leben Kohärenz
verleiht“. Zwingmann
2 Ebenen

Religiosität
bezieht sich auf die Konkretisierung von
Spiritualität in bestimmten Religionsgemeinschaften. Dazu gehören
spezifische Glaubensinhalte, zu denen
in erster Linie die Bezogenheit auf eine
transzendente Wirklichkeit (Gott) gehört
Kruse
2 Ebenen

Religion
ein „von einer Gemeinschaft getragenes
Sinngebungssystem mit bestimmten
Symbolen und Praktiken, welche helfen,
sich mit einem höchsten Prinzip (zB
Gott) in Beziehung zu setzen“ Weiher
Intrinsisch - extrinsisch
Spiritualität:
Religion:
„von innen“: Persönlich,
individuell,
Wertvorstellungen
Lebenssinn, Erlebtes
„von aussen“: Kultur,
Kirche, Erziehung,
Prägung durch andere
Menschen
Vertrauen, Glaube
Persönliche Erfahrung
Spiritual care

Spiritual care ist weit mehr als
konfessionell geprägte (christliche)
Seelsorge. Sie stellt die umfassende
Sorge um den kranken Menschen dar,
die den Berufen des Seelsorgers und
des Arztes und im Grunde allen
Berufsgruppen im Gesundheitswesen
gemeinsam ist. Frick, Roser
Palliative Care
körperlich
sozial
Total pain, symptom
psychisch
Leiden
spirituell
Medizin und Spiritual Care
Früher: Philosophie und Literatur
wichtige Grundpfeiler in der Medizin
 Heute: Naturwissenschaftliche
Kenntnisse als Grundlage. Anerkennung
als med. FB fehlt. Bsp. Abgesagte
Tagung 2011
 Nur noch der Medizinmann in
Naturvölkern

Ärztliche Tätigkeit:
Bedeutung der Spiritual Care
Dg
Th1
Th2
Th3
Endphase
Sinnfrage
Krankheit
Krankheitsbekämpfung
Leben mit der Krankheit
Begleitung am Lebensende
Was ist mir am Lebensende wichtig ?
Steinhauser KE, Christakis NA.: Ann Int Med 2000, BMJ 2000, JAMA 2000







Beste Schmerz- und Symptombehandlung
Klare, informierte Entscheidungsfindung
Vorbereitung des Lebensendes
Ruhe und Zeit für Lebensbilanz
Keine Belastung für die Angehörigen werden
Weitergabe wichtiger Dinge
Respektierung als Person
Spiritual Care aus Sicht des Arztes

Ehrliche Kommunikation über Krankheit
und begrenzte Lebenszeit


Offene Fragen:




Negatives Beispiel
Nicht nur „wie geht es Ihnen“, sondern
„was beschäftigt Sie am meisten?“
Siehe Assessment Palliativstation
Die Gunst der Stunde nutzen
Dignity Therapy
Grundfragen
Chochinov HM, BMJ 2007
Wann haben Sie sich am „lebendigsten“ gefühlt?
Was möchten Sie, dass ihre Angehörigen von Ihnen
in Erinnerung halten?
Was sind die wichtigsten Lehren des Lebens für Sie?
Welche Rollen in ihrem Leben waren am wichtigsten?
Worauf sind Sie stolz?
Was ist noch unfertig, was braucht noch Abschluss?
Welche Wünsche oder Hoffnungen haben Sie für Ihre
Angehörigen? Haben Sie hierfür Ratschläge?
 „Nachlass“, eine Spur hinterlassen.
-
Spiritual Care:
Grundvoraussetzung


Auseinandersetzung mit der eigenen
Endlichkeit, dem Sinn des Lebens
Bereitschaft, sich für das Leben des
anderen Menschen zu interessieren,
sich auf Sinn- und Warumfragen
einzulassen, Gedanken zum Tod
zuzulassen.
Seelsorger

Wer kann Seelsorger sein?




Wer bereit dazu ist, Signale aufzunehmen
und seine eigene Spiritualität kennt
Wer vom Patienten gewählt wird
Wer seine eigenen Ansichten nicht in den
Vordergrund stellt
Säkulare und kirchliche Seelsorge
ergänzend
Die Rolle der kirchlichen Seelsorger

Oft schwieriger Einstieg


Wenn man Patienten fragt, ob sie mit dem
Seelsorger sprechen möchten  „ist es
denn schon soweit?“ oder „nein, ich habe
mit der Kirche nichts am Hut“
Würden sie sich im weitesten Sinn des
Wortes als gläubigen Menschen
bezeichnen?  87% sagen ja!
Die Rolle der kirchlichen Seelsorger

Kirchlicher Seelsorger sein!



Mut, Fragen und Themen anzusprechen!
Rituale, Vertrautes anbieten
Altlasten der Kirchen beim Patienten
abbauen
Rolle der Seelsorge im Team

Interdisziplinäre Rapporte



Offener Austausch und gegenseitige
Information, kein Verstecken hinter
„Seelsorgegeheimnis“.
Nicht nur „Konsumenten“, sondern
Teammitglieder
Der Patient mit seinen Sinnfragen und
Krisen „gehört allen“.
Zusammenfassung



Spiritual Care ist eine Aufgabe aller, die
sich um Menschen in ihrer letzten
Lebensphase kümmern
Für diese Aufgabe muss man sich mit
der eigenen Spiritualität
auseinandersetzen
Jeder Mensch bietet uns im Alltag
Eingangstüren in seine Spiritualität an.
Aufhebung
Sein Unglück ausatmen können
tief ausatmen
so dass man wieder einatmen kann
Und vielleicht auch
sein Unglück sagen können in Worten
in wirklichen Worten,
die zusammenhängen und Sinn haben
und die man selbst noch verstehen kann
und die vielleicht sogar
irgendwer sonst versteht
oder verstehen könnte
und weinen können.
Das wäre schon
fast wieder
Glück
Erich Fried