Methamphetamin(Crystal)-Abhängigkeit: Grundlagen und
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Methamphetamin(Crystal)-Abhängigkeit: Grundlagen und
Methamphetamin(Crystal)-Abhängigkeit: Grundlagen und Therapieoptionen R. Schlößer AHG Klinik Römhild - Texte zum Vortrag - Methamphetamin | Formen Auf dem europäischen illegalen Markt wird Methamphetamin zumeist unter dem Namen „Crystal“ oder „Crystal Speed“ angeboten. In den USA wird die Droge zumeist mit „Crank“, „Meth“ oder „Crystal Meth“ bezeichnet. ATS (Amphetamin-type stimulants) Leiten sich strukturell vom Phenethylamin ab Stimulieren das Zentrale Nervensystem Substanzen • Amphetamin • Methamphetamin • MDMA (“Ecstasy”) Methamphetamin | Geschichte Insbesondere während der Kriege gegen Polen und Frankreich 1939/40 fand Methamphetamin millionenfache Verwendung. Ab Mitte 1941 war das Medikament durch das geänderte Reichsopiumgesetz nicht mehr frei, sondern nur noch auf Rezept erhältlich. Problem der Abhängigkeit und Induktion von Psychosen wurde bereits zu dieser Zeit teilweise gesehen. Methamphetamin | Geschichte Leistungssteigerung Doping im Sport Prävalenz des Konsums illegaler Drogen weltweit Abfolge der Häufigkeiten: Cannabis, Opiate, gefolgt von Psychostimulantien (ATS) Quelle: UNODOC, World Drug Report 2012 Beschlagnahmung von Methamphetamin in Europa Zunahme der Beschlagnahmungen von Methamphetamin in Europa Quelle: EMCDDA 2012 Konsumnahe Delikte 2011 in Deutschland (BKA) Anstieg der konsumnahen Delikte in Deutschland bei Amphetamin/Methamphetamin Abfall bzw. Stagnation bei Kokain/Crack, Ecstasy Quelle: BKA, Bundeslagebericht 2011 Suchtberatungsstellen Sachsen | Illegale Drogen Klienten im Bereich Drogen 41% Stimulantien 26% Cannabis 26 % Opioide Quelle: Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren: Bericht der ambulanten Suchtkrankenhilfe 2011 Crystal-Sicherstellungen Der weitaus größte Teil des in Deutschland sichergestellten „Crystal“ stammte aus der Tschechischen Republik. In mehreren Fällen erfolgte der Einfuhrschmuggel auch aus den Niederlanden An deutschen Flughäfen vereinzelt Luftpostsendungen aus Afrika oder Asien festgestellt. Einzelmengen von mehreren hundert Gramm sollten aus Nigeria via Deutschland nach Australien oder nach Asien geschmuggelt werden. Quelle: BKA Jahresbericht 2011 Herstellung Missbräuchlich zur Methamphetaminproduktion verwendet: Pseudoephedrinhaltige Präparate (BKA Lagebericht 2011) Methamphetamin | Pharmakologie Beeinflussung des Belohnungssystems (reward-system) Erhöhung der Konzentration von extrazellulärem Dopamin Beeinflussung von Wiederaufnahme aus dem synaptischen Spalt Verstärkung der Freisetzung von Dopamin Beeinflussung des Transporters (Umkehr der Transportrichtung) Methamphetamin | Vergleich mit Amphetamin Rauschgefühl und Suchtpotential höher als bei Amphetamin Der dopaminerge Anteil ist beim Methamphetamin stärker ausgeprägt Serotonin-Ausschüttung gering Höhere Lipophilie (bedingt durch Methyl-Rest) • Passiert schneller die Blut-Hirn-Schranke • Eindringen in präsynaptische Endigungen mit weitreichenderen Schädigungen Methamphetamin | Konsumformen Methamphetamin wird als Salz (Methamphetaminhydrochlorid) konsumiert Konsumformen und Wirkungseintritt Oral (20-30 Min.) Nasal, überwiegend (5-10 Min.) Rauchen (~ 1-3 Min.) Parenteral (i.v.) (< 1 Min.) Intensiver „Kick“ bei schnellem Anfluten Polysubstanz-Konsum │ Muster Oftmals Vorliegen eines polyvalenten Konsummusters Muster folgt individuellen Trajektorien (Lamonica 2012), die bei der Therapie (Rückfallprophylaxe) berücksichtigt werden müssen. Methamphetamin | Neurotoxische und neuroplastische Effekte Sowohl strukturelle als auch funktionelle Veränderungen im Gehirn, die mit relevanten Leistungsparametern (z.B. kognitiven Fähigkeiten) korrelieren Hinweise für Neurotoxizität Lang andauernde funktionelle Veränderungen Rückbildungsfähigkeit Methamphetamin | Folgeschäden Somatisch Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck (-krisen) Dehydratation und erhöhte Körpertemperatur (Hyperthermie) Schlaganfälle (Apoplex) Krampfanfälle Gewichtsverlust Schwächung des Immunsystems Hautentzündungen Haarausfall, Zahnausfall (sog. „Meth-Mund“) Zersetzung der Schleimhäute in Mund und Nase (bei Schnupfen oder Rauchen) Methamphetamin | Begleit- und Folgeerkrankungen Psychisch Rasche Abhängigkeit Unruhe, Aggressivität Risikoverhalten (Konsumverhalten, sexuelles Verhalten) Ausgeprägte Komorbidität Angstsymptomatik (Panikattacken) Depressionen, insbesondere im Entzug Emotionale Instabilität, Impulsivität (DD Persönlichkeitsstörung) Kognitive Störungen (Gedächtnisstörungen) Psychosen Komplexe psychosoziale Problemlagen Eltern mit Kindern Alleinerziehende Elternteile (junge Mütter) -> Individuell zugeschnittene therapeutische Maßnahmen erforderlich Methamphetamin | Psychosen Symptome • Beziehungs-, Beeinträchtigungs-, Verfolgungsgedanken • Halluzinationen (akustisch) • Erregungszustände • Eigen-/Fremdgefährdung Oftmals vom Bild einer Schizophrenie nicht zu unterscheiden • Dopaminerge Überfunktion bei Schizophrenie • Erhöhte Dopamin-Ausschüttung unter Psychostimulanzien bei Schizophrenie-Patienten beschrieben • D.h. bei erhöhter Vulnerabilität kann auch SchizophrenieSymptomatik manifestiert werden Psychosen länger dauernd als bei Kokain-Psychosen (Manhoney 2008) Therapie | Systeme Suchtberatungsstellen Entgiftung Entwöhnungsbehandlung (Regelbehandlungsdauer 24 Wochen) Nachsorge Berufliche Reintegration Therapie | Psychotherapie Motivational interviewing Psychoedukation Kontingenzmanagement (CM) Rückfallprophylaxe „Harm reduction“ und Risikoreduktion Soziales Kompetenztraining Spezifische Angebote für Komorbiditäten (Angst, Depression, Persönlichkeitsstörungen) Eltern-Kind-Behandlung Paartherapie Ausblick │Strategien Professioneller Bereich Anpassung an ein sich rasch änderndes Umfeld Schnittstellen Zugang zum Hilfesystem und zur Klinik Nachsorge Therapeutische Angebote Polysubstanzabhängigkeit Komorbiditäten Komplexe psychosoziale Problemlagen