"Grundlagen der Korrosion" (pdf

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"Grundlagen der Korrosion" (pdf
Prof. Dr. Bertram Reinhold, AUDI AG
Zentrale Werkstofftechnik
Grundlagen der Korrosion
1. Elektrochemische Vorgänge
Die Korrosion der Metalle ist wie die Verbrennung oder die Bruttoreaktion der Photosynthese ein Redoxprozess, der mit dem Austausch von Elektronen unter den Reaktionspartnern verbunden ist. Gleichzeitig ist die Korrosion immer eine Grenzflächenreaktion, das heißt neben der metallischen Phase muss mindestens noch eine weitere
Phase beteiligt sein.
Der metallauflösende Schritt einer elektrochemischen Korrosionsreaktion besteht darin,
dass ein Metallatom unter Zurücklassung seiner Valenzelektronen seinen Gitterplatz
verlässt und als Ion durch die Phasengrenze hindurch in den Elektrolyten übertritt.
Definitionsgemäß ist der Ort, an dem eine solche Reaktion stattfindet eine Anode, der
Prozess selbst heißt anodische Teilreaktion. Sie wir durch Gleichung (1) allgemein
beschrieben:
Mz+
MGitter
+
z e-
(1)
z: Wertigkeit (Ladungszahl) des Ions
M: beliebiges Metall
Da der Grundsatz der Elektronenneutralität sowohl für das Metall, als auch für den
Elektrolyten gilt, muss die zu z e- äquivalente Ladungsmenge in einem gekoppelten Reduktionsschritt an einen Reaktanden aus dem Elektrolyten abgegeben werden (kathodische Teilreaktion). Dieser Reaktionspartner kann entweder Wasser (bzw. in sauren
Medium H3O+) sein, wobei Wasserstoff nach Gleichung (2a,b) entsteht, oder gelöster
Sauerstoff, der entsprechend Gleichung (3 a,b) reduziert wird.
H2
+
2 OH-
(2 a)
2 e- + 2 H3O
H2
+
2 H2O
(2 b)
2 e- + ½ O2 + H2O
2 OH-
(3 a)
3 H2O
(3 b)
2 e- + 2 H2O
+
+
2 e- + ½ O2 + 2 H3O
Für die Korrosion von Eisen in Gegenwart von Wasser und Sauerstoff gilt in neutralem
Milieu beispielsweise die Summe von Gleichung (1) und Gleichung (3 a):
2 Fe +
O2
+ 2 H2O
2 Fe (OH)2
[bei Dehydratisierung: Bildung FeO]
Das primär gebildete Eisen(II)hydroxid ist jedoch noch kein “Rost”. Rost besteht aus
einer Vielzahl von sekundären Korrosionsprodukten wie Eisenhydroxiden, EisenOxidhydraten und Eisenoxiden. Diese Korrosionsprodukte entsehen durch weitere
Oxydation und Dehydratisierung. Vereinfacht kann die weitere Eisenkorrosion wie folgt
dargestellt werden.
2 Fe (OH)2 + ½ O2 + H2O
2 Fe (OH)3
Fe (OH)3
FeO(OH)
+ H2O
Fe2O3
+ H2O
2 FeO(OH)
+ O2
Für den Ablauf der Korrosionsreaktion ist es nicht erforderlich, dass Oxydationsschritt
und Reduktionsschritt an gleicher Stelle stattfinden. Anoden und Kathoden können von
geringer Ausdehnung sein und gleichmäßig auf einer Metalloberfläche verteilt sein.
In diesem Fall stellt das korrodierende Metall eine homogene Mischelektrode dar.
Im anderen Extrem können Anode und Kathode auch an räumlich voneinander getrennten Orten nach Art einer Batterie lokalisiert sein.
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2. Thermodynamik der Korrosion und die elektrochemische Spannungsreihe
Nach den Gesetzen der Thermodynamik kann eine chemische Reaktion dann spontan
ablaufen, wenn sich mit ihr zumindest theoretisch Arbeit verrichten lässt. Ein Maß für
diese Arbeit ist (unter der Bedingung, dass der Druck im Verlauf der Reaktion konstant
bleibt) die freie Enthalpie G.
In einer elektrochemische Zelle kann dann elektrische Arbeit Wel verrichtet werden,
wenn die freie Enthalpie einen negativen Wert annimmt (der freiwerdende Energiebetrag steht als “überschüssiger Wärmeinhalt“ für eine Arbeitsleistung zur Verfügung):
Wel
∆U
=
.
Q
(4)
Für ein Mol Stoffumsatz beträgt der Umsatz der Ladung:
Q
=
z
.
F
(5)
Damit gilt für die freie Enthalpie unter Verwendung der in der Elektrochemie üblichen
Symbole (z: Ladungszahl, F: Faraday-Konstante) und Vorzeichensetzung:
∆G
=
- z
.
F
.
∆E
(6)
∆E (in V) ist die elektromotorische Kraft (EMK) der Reaktion. Sie lässt sich als Klemmenspannung eines galvanischen Elementes abgreifen, aber nur dann, wenn an jeder
die beiden Elektroden jeweils nur eine definierte Teilreaktion und keine weiteren Elektrodenreaktionen ablaufen und der Innenwiderstand des verwendeten Voltmeters unendlich hoch ist. Damit der Zahlenwert einer solchen EMK aber auch zu einem einheitlichen und unabhängig von den Randbedingungen vergleichbaren Maß für die thermodynamische Triebkraft wird, werden folgende Konventionen getroffen:
1. Es werden sogenannte Standardbedingungen definiert:
Temperatur:
Druck:
Konzentrationen gelöster Reaktanden:
298 K
0,1 MPa
1 mol/l
Die unter diesen Bedingungen herrschende EMK ist die Standard-EMK.
2. Rechnerisch wie experimentell lässt sich die EMK nur für komplette Redoxreaktionen angeben. Einzelreaktionen vom Typ der Gleichung (1) lassen sich aus Gründen der Elektronenneutralität messtechnisch nicht erfassen. Um dennoch ein Standardpotential für eine Einzelreaktion zu erhalten, behilft man sich derart, dass die Standard-EMK der Gesamtreaktion der
Gleichungen (1) und (2b) zum Standardpotential der hypothetischen Einzelreaktion nach
Gleichung (1) erklärt wird.
z H3O+
+
M
Mz+
+ z/2 H2
+
z H2O
(1 + 2b)
Nach dieser Konvention ist das Standardpotential der Referenzreaktion (2b) gleich Null (0 V).
Ordnet man die Einzel- oder auch Halbzellenreaktionen nach steigenden Standardpotentialwerten erhält man die elektrochemische Spannungsreihe der Metalle:
Mg
Al
Ti
Zn
Cr
Fe
Sn
H2
Cu
4OHAg
Pt
Mg2+
Al3 +
Ti2+
Zn2+
Cr3+
Fe2+
Sn2+
2 H+
Cu2+
O2 + 2 H2O
Ag+
Pt2+
+ 2 e+ 3 e+ 2 e+ 2 e+ 3 e+ 2 e+ 2 e+ 2 e+ 2 e+ 2 e+ e+ 2 e-
-2.37
-1.66
-1.63
-0.76
-0.71
-0.44
-0.14
0.00 Referenz
0.34
0.40
0.80
1.20
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Mit der Liste der Standardpotentiale lässt sich jedoch noch nicht vorhersagen, ob eine
Korrosionsreaktion tatsächlich möglich ist. Im Hinblick auf praxisrelevante Bedingungen können die Standardbedingungen als exotisch gelten. Die Umrechnung auf die
jeweiligen Bedingungen ist mit der Nernst´schen Gleichung möglich:
E
=
Eo - R T/ z F
.
ln ( cRed / cOx )
(7)
E ist das tatsächliche Potential, cRed bzw. cOx bezeichnen die Konzentrationen der oxidierten bzw. reduzierten Spezies, RT ist das Produkt aus Temperatur und Gaskonstante.
3. Kinetische Einflussfaktoren
Betrachtet man einen Korrosionsstromkreis im einfachsten Fall als unverzweigtes System, so setzt sich der Gesamtwiderstand des Stromkreises summarisch aus dem in
Serie geschalteten Einzelwiderständen zusammen. Es sind dies:
•
•
•
•
Der Widerstand des metallischen Leiters zwischen Kathode und Anode
Der Widerstand des Elektrolyten
Der Elektrodenwiderstand der Anode
Der Elektrodenwiderstand der Kathode
In einer kurzgeschlossenen Zelle, wie sie ein Korrosionselement in der Regel darstellt,
kann der Widerstand der metallischen Verbindung vernachlässigt werden.
Im folgenden sei kurz auf die Widerstände eingegangen:
Widerstand des Elektrolyten:
Der Widerstand des Elektrolyten wird in erster Linie von Menge und Art der gelösten Substanzen bestimmt. Bereits wenig NaCl genügt, um die Elektrolytfähigkeit gegenüber reinem Wasser
(Leitfähigkeit ca. 4 . 10-6 S/m) um Zehnerpotenzen zu erhöhen.
Elektrodenwiderstände
Dieser Widerstand bzw. der dazugehörige Spannungsabfall, die Durchtrittsspannung beruht
darauf, dass jede chemische Reaktion auf die Zufuhr von sog. Aktivierungsenergie angewiesen
ist, um abzulaufen. Handelt es sich bei der Elektrodenreaktion um die Bildung von Wasserstoff,
spricht man von Wasserstoffüberspannung. An Metallelektroden, die atomaren Wasserstoff
schlecht lösen, kann die Wasserstoffüberspannung so groß sein, dass diese Art von kathodischer Reaktion vollkommen unterbunden wird und die anodische Teilreaktion blockiert ist (keine
Korrosion). Die Aktivierungsenergie für chemische Reaktionen wird üblicherweise thermisch zur
Verfügung gestellt und kann durch die Arrhenius-Beziehung zwischen Temperatur, Geschwindigkeitskonstante k und Aktivierungsenergie E* beschrieben werden.
k
=
ko
.
exp ( - E* / RT)
(8)
Im Fall von elektrochemischen Vorgängen kann ein Teil der Aktivierungsenergie auch als elektrische Arbeit in Form der Aktivierungsspannung U* zugeführt werden, so dass (vereinfacht) gilt:
k
=
ko
.
exp [ - (E* - z F ∆U*) / RT]
(9)
*
Unter Zusammenfassung aller Konstanten mit ko folgt
k
=
*
ko
.
exp ( z F ∆U / RT )
(10)
Logarithmiert man und berücksichtigt, dass für elektrochemische Reaktionen die Stromstärke
der Geschwindigkeitskonstanten proportional ist, gilt
log I
=
K
.
∆U
(11)
Der logarithmische Zusammenhang zwischen äußerer angelegter Spannung und
Stromstärke entspricht einem nichtohm´schen Verhalten der Elektroden.
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Widerstände durch Passivschichten
Bildet ein Metall im jeweiligen Elektrolyten schwerlösliche und zudem kompakte Korrosionsprodukte und haften diese gut auf der Metalloberfläche so bilden sie eine Deckschicht. Derartige
Deckschichten können das Korrosionsverhalten sehr positiv beeinflussen, wenn z.B. der Widerstand durch Passivschichten sehr hoch ist.
Beispiele sind z.B. Metalle wie Chrom, Aluminium, Titan und Zink oder auch die Cr-Stähle.
4. Die praktische Spannungsreihe und das Kontaktkorrosionsverhalten
Nur in Ausnahmefällen stellt sich an einem Metall, das in einem Elektrolyten eintaucht,
gegenüber einer Referenzelektrode (z.B. Standardwasserstoffelektrode) ein Potential
ein, dass der EMK der Metallauflösung entspricht. Üblichweise ist die bereits genannte
Voraussetzung, dass neben der Metallauflösung und ihrer Umkehrreaktion kein anderer elektrochemischer Prozess ablaufen darf, nicht erfüllt. Es bildet sich eine sogenannte Mischelektrode aus. Ihr Potential hängt nicht nur von der anodischen und kathodischen Teilreaktion ab (Potentiale der elektrochemische Spannungsreihe), sondern
auch von den Spannungsabfällen der Widerstände einschließlich eventuell vorhandener Passivschichten (kinetische Faktoren).
Der Wert dieses sog. Ruhestrompotentials (oder auch freien Korrosionspotentials) ist
vom Medium abhängig für belüftetes, künstliches Meerwasser, ein Medium, das für das
Korrosionsklima am Kraftfahrzeug unter winterlicher Streusalzbelastung eine Relevanz
besitzt, ergeben sich für einige ausgewählte Metalle folgende Werte, deren Auflistung
als praktische Spannungsreihe bezeichnet wird.
Material
praktisches Potential gegen
Standardwasserstoffelektrode in V
Mg
Zn (elektrolytisch)
Al 99,5
Cd
Vergütungsstahl 8.8
Cr
Sn
Ti
X5CrNi18.8
Cu
Ag
Au
- 1,4
- 0,8
- 0,67
- 0,52
- 0,35
- 0,29
- 0,19
- 0,11
- 0,05
+ 0,01
+ 0,15
+ 0,24
Aus der praktischen Spannungsreihe lässt sich, im Gegensatz zur elektrochemischen Spannungsreihe, das Korrosionsverhalten von Werkstoffpaarungen abschätzen.
So ist aus o.g. Spannungsreihe ersichtlich, dass Magnesium und Kupfer nicht elektrochemisch kompatibel sind; Magnesium würde sich im Kontakt mit Kupfer unter Einwirkung eines Elektrolyten sehr schnell auflösen. Demgegenüber ist Kupfer mit Edelstahl
X5CrNi18.8 sehr gut verträglich. Die Höhe der Spannungsdifferenz aus der praktischen
Spannungsreihe korreliert in den meisten Fällen mit dem Ausmaß an Kontaktkorrosion
am unedleren Kontaktpartner.
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5. Korrosions-Abschätzung - das FARADAY´sche Gesetz
Für den Materialabtrag m (in g) an einer Anode gilt das Faraday´sche Gesetz:
Q.M
m = ---------- mit Q = I dt
z .F
M
z
F
Q
molare Masse in g/mol des korrodierenden Materials
elektrochemische Wertigkeit des korrodierenden Materials
Faraday-Konstante in As/mol; F = 9,65 . 104 As/mol
durch die Anodenfläche geflossene Ladungsmenge
Für die Korrosionsgeschwindigkeit folgt:
dm
---- =
dt
I.M
--------z.F
(12)
Die Korrosionsgeschwindigkeit ist der Korrosionsstromstärke I proportional, diese
wird ihrerseits von der Potentialdifferenz der Kontaktpartner und dem Gesamtwiderstand im Stromkreis bestimmt.
UPot.diff.
Es gilt: I = ----------- mit i = I / A als Stromdichte und A als Kontaktfläche
RGes.
(13)
Für den Masseabtrag folgt:
UPot.diff. . M
∆ m (R, U, t) =
--------------------
. ∫ dt
korr
(14)
z . F . RGes. . A
Da der Gesamtwiderstand RGes vom Elektrolytwiderstand sowie von beiden Elektrodenwiderständen (Anode und Kathode) abhängt, die experimentell nur sehr aufwendig ermittelt werden können, kann die Berechnung des Masseabtrages über die
Stromdichte i erfolgen. Diese kann z.B. aus Stromdichte-Potential-Kurven ermittelt
werden (sog. TAFEL-Darstellung). Gleichung (14) modifiziert sich mit (13) zu:
i .A.M
∆ m (i, t)
=
-----------------z.F
. ∫ dt
korr
(15)
Mit dieser Formel kann der Masseabtrag an einem Metall durch Eigen- oder Kontaktkorrosion praxisrelevant abgeschätzt werden. Der Elektrolyt muss dem Praxisfall weitgehend angepasst sein. Häufig werden für Berechnungen in der Automobilindustrie 1M
wässrige NaCl-Lösungen (etwa 5,7 Gew.-% NaCl) eingesetzt, um die Streusalzverhältnisse im Verkehr gut zu simulieren.
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Beispielrechnung: Pkw-Kühlwasserrohr aus weichen Stahl, unbeschichtet.
Die Forderung als Oberflächenschutz wäre hier für die meisten Anwendungen eine
kataphoretisch abgeschiedene Tauch-Lackierung (KTL bzw. E-Coat).
Als beispielhafte Stromdichte für das unbeschichtete Kühlwasserrohr (heraus getrennte
Probe) wurde ein Wert iKorr = 95 µA/cm² ermittelt, siehe Abb. 1.
Abb. 1 zeigt die sog. TAFEL-Darstellung mit der ermittelten Austausch-Stromdichte.
3
Stromdichte-Potenzial-Kurve als TAFEL-Darstellung aus elektrochemischem Experiment
2,5
i Korr = 10 1,95 = 95 µA/cm²
log i in µA/cm²
2
1,5
1
0,5
0
-900
Elektrolyt: 1M wässrige NaCl-Lösung
pH-Wert: 8,0
Temperatur: 22°C
Referenzelektrode: ges. Kalomelektrode
-850
-800
-750
-700
-650
-600
-550
Potenzial in mV vs. S.C.E.
Die Austauschstromdichte gibt die Stromdichte an, die am Punkt des freies Korrosionspotenziales in einem Elektrolyten für eine Elektrode aufgrund der Korrosionsreaktion bestimmbar ist. Die Austauschstromdichte wird in halblogarithmischer Darstellung aus der U-i-Kurve ermittelt, wobei dem kathodischen Ast die Teilstromdichte
lg | i | = f(ηD) und dem anodische Ast die Teilstromdichte lg | i +| = f(ηD) mit ηD als
Durchtrittsüberspannung zugeordnet wird, s. Abb.2 .
Die Austauschstromdichte ist im Gleichgewicht (U = U*) das Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit, bei der nach außen Stromlosigkeit herrscht. Damit jedoch eine
elektrochemische Reaktion ablaufen kann, muss das Gleichgewichtspotenzial überbzw. unterschritten werden. Dieser Vorgang wird als Polarisation und die Abweichung
von U* als Überspannung η = U – U * bezeichnet.
Die Austauschstromdichte gilt indessen nur für eine (Durchtritts-)Überspannung η = 0,
d.h. für reversibles Elektrodenverhalten.
Für die Partialstromdichten durchtrittsgehemmter Elektroden gelten die TAFEL- Gleichungen (mit z = elektr. Wertigkeit, F = Faradaykonst. R = Gaskonst.,T = Temp.):
i+ =
αzF
+io exp [ + ------- ηD ]
RT
und
i
-
(1-α) z F
= - io exp [- ------------ ηD ]
RT
Für eine Summenstromdichte-Überspannungskurve einer durchtrittsgehemmten Reaktion ergibt sich aus den TAFEL`schen Geraden:
i
=
(1-α) z F
αzF
io [ exp ( ------- ηD) - exp ( - ----------- ηD) ]
RT
RT
(mit α als Durchtrittsfaktor) .
-500
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Abb. 2 Darstellung der Austauschstromdichte im U-i-Diagramm mit TAFEL-Geraden
Stromdichte i
i + >> i
+io
somit i+ ~ i
i+
-U
i = f (U)
-
i >> i +
somit i ~ i
i
-
+U
Gleichgewicht, U = 0
und i+ = i
-
lg | i |
lg | i | = lg | i+ | ~ ηD
TAFEL-Gerade
lg io
- ηD
+ ηD
Durchtrittsüberspannung
Aus dem Kurvenverlauf ist zu entnehmen, dass von einer bestimmten Entfernung vom
Gleichgewichtspotential an die Teilstromdichten i + und i - identisch werden mit der Gesamtstromdichte i , da dann die jeweilige Gegenreaktion keinen Betrag mehr zur Gesamtstromdichte liefert. Von diesem Potenzial ab ist lg | i | = lg | i +| proportional zu ηD
(TAFEL-Zusammenhang). Die halblogarithmische Darstellung im TAFEL-Diagramm
ermöglicht eine lineare Extrapolation der beiden aufgenommenen Teilstromkurven,
jedoch nur für die Kurvenbereiche i + >> i - (somit i + = i) und i- >> i + (somit i - = i ) .
Dann liegt der Schnittpunkt beider Geraden beim thermodynamischen Gleichgewicht
(mit ηD = 0) und liefert den Wert der Austauschstromdichte i o der betreffenden Elektrodenreaktion.
Hinweis: Die Aufnahme der TAFEL-´schen Geraden und Bestimmung der Austauschstromdichte gehört zur Standard-Software elektrochemischer Prüfsysteme.
Eingangsgrößen:
A
= 0,5 cm²
[Aus den geometrischen Verhältnissen des Kühlwasserrohres folgt eine Elektrolyt-Benetzungsfläche von ~ 0,5 cm².]
! Der Wert kürzt sich bei der Umrechung auf die Schädigungstiefe
d wieder heraus. Daher ist die Ermittlung unwesentlich.
M
= 55,85 g/mol
[ Eisen]
z
F
i
= 2
[ Fe ------> Fe2+ + 2 e- ]
= 9,65 . 104 As/mol [ Faraday-Konstante ]
= 95 µA/cm²
[experimentell ermittelt]
t
∼ 3,1536 . 107 s
[10-jährige Korrosionsbelastung ; nur 1/10 t im Regelfall korrosions-kritisch, d.h. 1 Jahr permanente NaCl-Belastung]
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Ergebnis:
∆ m (R. U, t)
∼
0,44 g
Hieraus resultiert für t = 3,1536 . 107 s und unter Berücksichtigung der Dichte ρ durch
V = A . d = m / ρ und ρ = 7,85 g/cm³ eine Schädigungstiefe d für Eisen von
d ∼ 0,112 cm
∼
1,12 mm .
Dieser Wert entspricht einem Abtrag nach einjähriger permanenter Korrosionsbeanspruchung bei gleichmäßig beschleunigter Korrosionsgeschwindigkeit.
[Treten verschiedene Umweltbedingungen zutage (verschiedene „Elektrolyte“),
muss eine Integration über die jeweiligen Zeitabschnitte erfolgen.]
Unter der Annahme, dass pro Jahr nur 1/10 der Zeit korrosiv wirkt, wird dieser
Abtrag nach 10 Jahren erzielt.
Dieser rechnerische Wert stimmt mit dem Wert der elektrochemischen SimulationsBerechnung (Fa. Radiometer) gut überein (Abtrag 1,125 mm/a):
Wert gilt für einjährige permanente
Korrosionsbelastung.
Dieser Abtrag gilt für starke Korrosionsbelastung des unbeschichteten Kühlwasserrohres. Da die Rohrwandung des Kühlwasserrohres nur max. 1,25 mm beträgt, ist das
Kühlwasserrohr spätestens nach 10 Jahren perforiert.
! Das Kühlwasserrohr muss sinnvoll beschichtet werden, ansonsten bleiben
Sie irgendwann einmal mit ihrem Auto liegen !

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