3.1.5 Tabellenwerk zum Nährstoffgehalt von Lebensmitteln

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3.1.5 Tabellenwerk zum Nährstoffgehalt von Lebensmitteln
TABELLENWERK ZUM NÄHRSTOFFGEHALT VON LEBENSMITTELN 3.1.5.1
3.1.5 Tabellenwerk zum Nährstoffgehalt
von Lebensmitteln
Analyse von Glutengehalten in Getreide und
getreidehaltigen Produkten1
H. Köhler, G. Andersen
Ausgangslage und Zielsetzung. Der Begriff Gluten ist eine
Sammelbezeichnung für bestimmte Speicherproteine des Weizens, Roggens,
der Gerste und eventuell des Hafers, die bei Menschen, die an Zöliakie
erkrankt sind, eine schwere Schädigung der Dünndarmschleimhaut auslösen.
Weltweit leidet etwa 1 % der Bevölkerung an dieser Krankheit, d. h. Zöliakie ist
eine der häufigsten Nahrungsmittelintoleranzen überhaupt. Die bisher einzige
Therapie besteht in einem lebenslangen Verzicht auf Gluten in der Nahrung [13], d. h. Betroffene müssen sich von glutenfreien Lebensmitteln ernähren. Der
Begriff „Glutensensitivität“, eine weitere Glutenintoleranz, umfasst
Unverträglichkeitsreaktionen, die weder durch Zöliakie noch durch eine Allergie
hervorgerufen werden. Auch hier wird eine glutenfreie Diät empfohlen, um
auftretende Beschwerden zu vermeiden. Da es derzeit keine
Nährwertdatenbank gibt, die Glutengehalte von Lebensmitteln aufweist, wurden
43 Getreide bzw. getreidehaltige Produkte auf ihren Glutengehalt untersucht.
Die ermittelten Daten werden bereits in der nächsten Auflage des SouciFachmann-Kraut veröffentlicht.
Material und Methoden. Die Bestimmung der Glutengehalte in Bieren
erfolgte mittels ELISA unter Verwendung des RIDASCREEN® Gliadin
Competitive der Firma R-Biopharm (Darmstadt) nach den Angaben des
Herstellers.
Die Bestimmung der Glutengehalte in den anderen Lebensmitteln erfolgte
in Anlehnung an [4]. Hierfür wurden jeweils 100 mg eines handelsüblichen
Mehls eingewogen. Die Probe wurde zweimal mit 1 mL gepufferter
Natriumchloridlösung (pH 7,6) bei Raumtemperatur 10 min und zweimal mit
1
In Zusammenarbeit mit M. Rubach, W. Schaecke (KErn - Kompetenzzentrum für
Ernährung (an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft) Freising)
136 | 137
Glutenextraktionslösung (50 % (v/v) 1-Propanol/0,1 mol/L Tris-HCI, pH 7,5/2
mol/L Harnstoff/1 % DTT) bei 60 °C 30 min extrahiert. Nach Zentrifugation (25
min) bei 4600 U/min wurden die erhaltenen Überstände vereinigt. Abschließend
wurden die Proben membranfiltriert und die so erhaltene Lösung zur
flüssigchromatographischen Bestimmung unter Verwendung des Merck Hitachi
LaChrom Elite HPLC Systems eingesetzt. Die Trennung erfolgte mittels einer
Dionex- Acclaim 300, C18, 3 µm Analytical (2,1 x 150 mm)-Trennsäule. Das
Elutionssystem bestand aus Wasser/Trifluoressigsäure (999/1, v/v) (A) und
Acetonitril/Trifluoressigsäure (999/1, v/v) (B). Für die Trennung wurde folgender
Gradient verwendet: (1) isokratisch bei 0 % B für 2 min, (2) linear von 0 % auf
50 % B innerhalb von 4 min, (3) linear von 50 % auf 10 % B innerhalb von 15
min, (4) linear von 10 % B auf 0 % B innerhalb von 4 min (5) isokratisch bei 0 %
B für 10 min. Die Säulentemperatur betrug 60 °C, die Flussrate 0,2 mL/min und
die Proteine wurden mittels UV/VIS-Detektor bei einer Wellenlänge von 210 nm
detektiert. Die Kalibrierung erfolgte mit Standardlösungen von Gliadin der
Prolamin Working Group (PWG-Gliadin).
Die jeweiligen Analysen erfolgten bis auf eine Ausnahme (Roggenmehl
Type 815) an zwei bis sieben Lebensmitteln in Dreifachbestimmung.
Ergebnisse und Diskussion. Im Rahmen der durchgeführten Analysen
zeigte sich, dass die höchsten Glutengehalte in Getreidekörnern und daraus
hergestellten Produkten erwartungsgemäß bei Weizen (Triticum aestivum) bzw.
Weizenprodukten vorlagen (Tab. 1). Die einzige Ausnahme war Dinkel (T.
spelta), bei welchem die Glutengehalte noch über denen des Weizens lagen.
Der Grund hierfür ist wahrscheinlich der im Vergleich zu Weizen grundsätzlich
höhere Proteingehalt der Dinkelkörner [5]. Dementsprechend wies auch das
Dinkelmehl höhere Glutengehalte als die untersuchen Weizenmehle auf. Die
niedrigsten Glutengehalte lagen im Vergleich zu den anderen untersuchten
Getreidearten und Getreideprodukten in Roggen (Secale cereale) (ganzes
Korn) und Roggenprodukten vor. Dies ist vermutlich auf den grundsätzlich im
Vergleich zu Weizen niedrigeren Proteingehalt in Roggen zurückzuführen [5].
Die jeweiligen Mehltypen unterschieden sich jedoch in ihren Glutengehalten
kaum.
Von den untersuchten Bieren wies ebenfalls erwartungsgemäß Weißbier
die höchsten Glutengehalte aller untersuchten Biere auf. Demgegenüber lag
der Glutengehalt beispielsweise in Pilsener Lagerbier um den Faktor 100
niedriger. Der Grund für den hohen Glutengehalt von Weizenbier im Vergleich
zu Gerstenbieren ist die schlechte Löslichkeit der Hordeine im Vergleich zu den
Gliadinen. Erstere werden daher bei der Filtration nach dem Kochen der Würze
TABELLENWERK ZUM NÄHRSTOFFGEHALT VON LEBENSMITTELN 3.1.5.1
Tabelle 1: Glutengehalte in Getreide und getreidehaltigen Produkten
(Angabe in mg/100 g Lebensmittel)
Lebensmittel
Weizen (ganzes Korn)
Dinkel (ganzes Korn)
Roggen (ganzes Korn)
Hafer (ganzes Korn, entspelzt)
Gerste (ganzes Korn, entspelzt)
Grünkern (ganzes Korn)
Weizenmehl Type 405
Weizenmehl Type 550
Weizenmehl Type 630
Weizenmehl Type 812
Weizenmehl Type 1050
Weizenmehl Vollkorn
Weizenkleie
Weizengrieß
Dinkelmehl Type 630
Dinkelmehl Vollkorn
Grünkernmehl Vollkorn
Roggenmehl Type 815
Roggenmehl Type 997
Roggenmehl Type 1150
Roggenmehl Type 1370
Roggenschrot (Vollkorn)
Hafermehl (Vollkorn)
Hafergrütze
Haferflocken
Gerstengraupen
Brötchen (helle Semmel)
Weizentoastbrot
Weizenmehlbrot (Weißbrot)
Weizenvollkornbrot
Weizenmischbrot
Knäckebrot
Roggenmischbrot
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Mittelwert
7700
9894
3117
4557
5624
7100
8660
7520
9359
9420
8740
8300
4660
8680
10 300
9460
8975
3200
3180
3483
3300
3450
5600
4850
5660
4700
9183
6900
5780
6500
3840
3600
3300
Schwankungsbreite
7100 - 8900
7660 - 11 480
2300 - 3800
3500 - 6000
4700 - 6200
6000 - 9700
7600 - 9600
6200 - 9000
8900 - 9800
9000 - 10 500
7600 - 10 200
7400 - 9300
3700 - 5900
8370 - 8990
8500 - 11 300
8500 - 10 400
7300 - 11 500
2300 - 4000
2700 - 4000
2300 - 3900
3400 - 3500
4200 - 7200
3400 - 6100
4300 - 6900
3600 - 5400
6900 - 16 300
6700 - 7100
4100 - 7800
5600 - 7100
2300 - 4500
1100 - 4600
2600 - 3900
Anzahl
der Proben
5
7
6
6
3
5
4
5
2
5
5
6
5
2
5
5
4
1
5
5
4
2
4
4
5
4
6
2
5
3
4
4
5
Fortsetzung Tabelle 1
Roggenbrot
Roggenvollkornbrot
Eierteigwaren ungekocht
Eierteigwaren gekocht abgetropft
Butterkeks
Tortenboden
Vollbier hell
Vollbier dunkel
Weißbier (Weizenbier)
Pilsener Lagerbier
alkoholfreies Bier (Schankbier)
Malzgetränk
1200
1580
9040
4300
5240
2160
2,7
4,6
274
2,2
3,2
3,4
1000 - 1600
700 - 2300
8100 - 9600
3300 - 4700
4600 - 5900
1900 - 2400
1,1 - 4,7
3,0 - 6,6
48 - 480
0,3 - 2,0
0,5 - 5,4
0,1 - 9,7
3
5
5
5
5
4
5
5
6
5
5
3
zum großen Teil entfernt und gelangen daher nicht ins Bier. Bei den Gliadinen
aus Weizen bleibt ein Teil in Lösung und steigert so den Glutengehalt des
fertigen Bieres.
Schlussfolgerung. Die durchgeführten Analysen ermöglichen erstmals
die Angabe von Glutengehalten relevanter Lebensmittel im Rahmen einer
Nährwerttabelle.
Literatur
[1] Armstrong MJ, Hegade VS, Robins G (2012) Curr Opin Gastroenterol 28:
104-112
[2] Mubarak A, Howen RHJ, Wolters VM (2012) Minerva Pediatr 64: 271-287
[3] Wieser H, Konitzer K, Koehler P (2012) Cereal Food Worlds 57: 215-224
[4] Wieser H, Antes S, Seilmeier W (1998) Cereal Chem 75: 644-650
[5] Souci Fachmann Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel,
Nährwert-Tabellen 7. Auflage 2008 Hrsg. DFA für Lebensmittelchemie,
MedPharm Scientific Publishers, Stuttgart

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