Kann Training schlecht sein? RA Matthias Lindow

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Kann Training schlecht sein? RA Matthias Lindow
____________________________________________________ Training & Recht
Kann Training
schlecht sein?
Matthias Lindow
Telekanzlei Lindow & Partner
Angenommen, ein Unternehmen will ein Seminar durchführen. Woran soll
das Unternehmen den Trainer messen? Und wie verhindert es, dass es ohne
eigene Kenntnis einen Trainer beschäftigt, der aus dem Bereich der
Scientology-Church kommt ?
Meist versucht man zur Beurteilung eines
Trainers, die Zufriedenheit zum Maßstab zu
machen. Aber wer soll zufrieden sein: das
Unternehmen, die Teilnehmer, beide? Eine
objektive Beurteilung ist schwierig, aber auch
nicht unbedingt erforderlich. Viel besser ist
es, vor dem Training zwischen Kunden und
Trainer vertraglich verbindliche Erfolgskriterien festzuschreiben. Was auch immer zum
Maßstab wird, es sollte eine klare Aussage
über „gut oder schlecht“ zulassen. Es sollte
im Vertrag festgelegt sein. Und es sollte eine
vertragliche genau definierte Sanktion zur
Folge haben, wenn die Aussage „schlecht“
bei der Bewertung herauskommt. Bei der
Beurteilung des Trainers im Vorfeld als „geeignet“ kann bis zu einem gewissen Grad
auch auf die Einbindung des Trainers in Organisationen herangezogen werden.
Wie sind Trainer organisiert?
Trainer sind heute überwiegend in zahlreichen
Verbänden organisiert. Meist haben die Mitglieder einen gemeinsamen Trainingsinhalt (z.B.
Verkaufstrainer) oder eine gemeinsame Methode (z.B. NLP, Suggestopädie, Kinesiologie etc.).
Oder sie schließen sich zu einem offenen Netzwerk zusammen (wie z.B. dem Trainertreffen
Deutschland). Die Mitgliedschaft bindet den
Trainer an Satzungsbestimmungen, über die
sich der Auftraggeber durch den Trainer informieren lassen sollte. Diese Einbindung bietet
einen recht guten Anhaltspunkt für die Hintergründe, auf denen der Trainer seine Trainings
aufbaut. Einige der wichtigsten und größten
Verbände sind im Kooperationstreffen der Weiterbildungsorganisationen Mitglied, in dem die
Verbände gerade auch die Fragen der Trainerqualität, der Trainerqualifikation und der ethischen Einbindung des Trainers/Trainings diskutieren.
Das „Kooperationstreffen der Weiterbildungsorganisationen“ hat übrigens auch einen
Berufs-Kodex für die Weiterbildung herausgegeben, dem sich Trainer verpflichten können und
der dadurch auch für die Unternehmen ein größeres Maß an Sicherheit vor dubiosen Anbietern
verspricht.
Trainer-Kontakt-Brief 6/2000 - Nr. 31
Wie sichert man sich gegen
„Scientology-Trainer“?
In vielen Unternehmen und Organisationen
besteht der Wunsch, nicht mit einem Trainer
zusammenzuarbeiten, der aus dem Hintergrund der Scientology-Church kommt. Dazu
sind besonders sog. Anti-Scientology-Schutzklauseln verbreitet. Sie müssen wegen der
Besonderheiten dieser Gruppierung auf eine
ganz besondere Art formuliert sein, will man
Überraschungen mit dem Trainer auf jeden
Fall vermeiden.
Allerdings gibt es neben Scientology auch
noch andere Richtungen, Institutionen und
Trainer, deren Methoden und/oder Inhalte in
der Weiterbildungslandschaft nicht unumstritten sind.
Nicht zuletzt um in diesem Punkt eine öffentliche Diskussion zu moderieren haben
die im „Kooperationstreffen der Weiterbildungsorganisationen“ zusammengeschlossenen Verbände auf der „Bildungsmesse
2000 Interschul / didacta“ im Februar 2000
in Köln ein „Forum Werteorientierung in der
Weiterbildung“ gegründet.
Welche vertraglichen Möglichkeiten
hat der Auftraggeber?
Der Auftraggeber hat vertraglich alle Möglichkeiten, seine Interessen zu wahren; wenn
er es denn tut! Das Problem in der Praxis ist
nämlich meist, dass im Trainervertrag wesentliche Gestaltungen nicht zu finden sind:
•
•
die angesprochenen Beurteilungsmaßstäbe,
die angesprochene Sanktion bei NichtErreichen einer Minimalgröße. Zum Beispiel kann man vorsehen, dass die Teilnehmer den Trainer nach Punkten zwischen 1 und 5 in diversen Kategorien
bewerten; man kann dann weiter regeln,
dass z.B. das Honorar nicht anfällt, wenn
der Durchschnitt aller Bewertungen unter
4.0 oder unter 3.5 liegt. Doch Vorsicht:
hier darf der Maßstab auch nicht zu hoch
angelegt werden: der Trainer hat einen
freien Dienstleistungsvertrag, er haftet
also nicht auf einen positiven Erfolg. Die
Sanktion muss daher schon deutlich auf
einen krassen Ausrutscher nach unten
beschränkt bleiben.
Die Scientology-Klausel könnte vorsehen,
dass sich der Trainer verpflichtet dieser
Gruppierung (oder einer anderen, die das
Unternehmen für unerwünscht hält) nicht
anzugehören oder angehört zu haben sowie
dass er die Lehren des Gründers ablehnt.
Der Trainer kann auch z.B. auf den Einsatz einer bestimmten Methode verpflichtet
werden, er kann auf festgelegte Lernziele
verpflichtet werden usw.
Was tun bei einem Streit?
Ein Streit zwischen Bildungsträger und Trainer sollte nach Möglichkeit durch eine sorgfältige Gestaltung im Vorfeld vermieden werden. Meist kann man ja nur deshalb unterschiedlicher Auffassung sein, weil nicht
rechtzeitig, nämlich in der Phase des Vertragsschlusses, das Wichtigste genau umrissen wurde: was wollen beide Seiten? Und
warum sollte ein Unternehmen, das in allen
Funktionen professionell arbeitet, gerade in
vertraglichen Fragen laienhaft werden? Gerade unter Kaufleuten ist die klare Sprache
ein Teil des Verhandelns.
Wenn es aber doch soweit kommt, sollte
deutlich sein: Streitigkeiten vor einem staatlichen Zivilgericht zu klären, ist meist nicht
interessengerecht. Ein Prozess dauert heute
meist zu lange und ist oft, und zwar gerade
in der Weiterbildungslandschaft, mit Kosten
verbunden, die im Verhältnis zum Wert außer
Verhältnis stehen. Deshalb sollte man sich
nicht scheuen, im Trainervertrag vorzusehen,
dass Streitigkeiten unter Ausschluss der
staatlichen Gerichte vor einem Schiedsgericht geklärt werden. Diese Möglichkeit bietet
die Zivilprozessordnung. Und nicht nur für
den Sport, sondern für nahezu alle Streitigkeiten, die zivilrechtlich durch Vergleich beigelegt werden könnten. Allerdings bietet das
Schiedsgericht auch in dem Fall, dass eine
gütliche Einigung nicht erreicht werden kann,
Schutz: sein Urteil ist genauso vollstreckbar
wie das Urteil eines staatlichen Gerichts.
Für die Weiterbildungslandschaft wurde
in Zusammenarbeit mit dem Trainertreffen
Deutschland und dem o.g. Kooperationstreffen das Schiedsgericht der Weiterbildungswirtschaft mit Sitz in Hamburg gegründet.
Man kann jedoch auch z.B. die IHK oder eine
andere Institution mit der Auswahl des
Schiedsrichters beauftragen.
Wie auch immer: wer Schutz vor schlechten Trainern anstrebt, muss dafür von Anfang an etwas tun. Und von Anfang an heißt
eben, schon mit Aufnahme der Vertragsverhandlungen.
Weiterführende Kontaktadressen:
Schiedsstelle für die Weiterbildungsbranche
Bernadottestr. 222, D-22605 Hamburg
Tel. 0800-1233333, Fax 01805-235453
E-Mail: [email protected]
Internet: www.telekanzlei.de
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