SE Philosophie und Wissenschaftstheorie Zum Inhalt

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SE Philosophie und Wissenschaftstheorie Zum Inhalt
SE Philosophie und Wissenschaftstheorie Wintersemester 2012/13 Lehrveranstaltungsbeschreibung Jakob Kapeller Institut für Philosophie und Wissenschaftstheorie [email protected] Zum Inhalt Ziel des Kurses ist die Reflexion sozial-­‐ und wirtschaftswissenschaftlicher Methodologie auf Basis einer wissenschaftstheoretischen Perspektive. Dazu werden die epistemologischen und methodischen Grundlagen sozialwissenschaftlicher Theorie und Forschungspraxis anhand von zentralen Konzepten und illustrativen Beispielen aufgearbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Verknüpfung des jeweils individuellen Vorwissens sowie der Interessen der Studierenden mit den allgemeinen Lehrinhalten. Diese Vorgangsweise soll es den Studierenden ermöglichen, theoretische Konzepte aus wissenschaftstheoretischer Perspektive zu beurteilen und sie in der adäquaten Durchführung eigener Forschungsprojekte unterstützen. Organisatorisches Der erste Teil des Kurses wird als Vorlesung mit interaktiven Elementen abgehalten um ein geteiltes Grundwissen und damit eine gemeinsame Ausgangsbasis sicherzustellen. Zu jedem LV-­‐Termin werden entsprechende Texte via Moodle zur individuellen Vorbereitung bereitgestellt. Die Lektüre dieser Texte vor dem Besuch der Lehrveranstaltung wird dringend empfohlen. Der zweite Teil des Kurses hat stärkeren Seminarcharakter und baut vermehrt auf den Input der Studierenden auf. Dabei sollen die Inhalte des ersten Kurses auf eine Reihe verschiedener Fallbeispiele aus verschiedenen Kontexten angewandt werden. Die Bearbeitung dieser spezifischen Beispiele erfolgt in Kleingruppen von 2-­‐3 Personen – die Überlegungen und Resulate dieser Kleingruppen werden in Folge gemeinsam diskutiert. Termine/Ablauf Die LVA findet jeweils am Freitag von 13.45-­‐17.00 Uhr statt. Termin Themen und Inhalte Fr, 5.10.12 13:45-­‐15:30 Termin 1: Vorbesprechung -­‐ Organisatorisches -­‐ Gemeinsame Themen-­‐ und Ideensammlung Fr, 19.10.12 13:45-­‐17:00 Termin 2: Zentrale Konzepte der Wissenschaftstheorie I -­‐ Ausgangspunkte wissenschaftstheoretischen Denkens - Deduktiv-­‐nomologische Erklärung - Logisches Schließen und die Prüfung von Hypothesen Fr, 9.11.12 13:45-­‐17:00 Termin 3: Zentrale Konzepte der Wissenschaftstheorie II -­‐ Der Aufbau wissenschaftlicher Theorien - Die empirische Prüfung von Theorien - Fallbeispiele zum Aufbau wissenschaftlicher Theorien Fr, 23.11.12 13:45-­‐17:00 Termin 4: Wissenschaftstheorie und Sozialwissenschaft - Eigenheiten und spezielle Probleme sozialwissenschaftlicher Theorie(bildung) - Das Konzept wissenschafticher „Paradigmen“ und die paradigmatische Struktur der Sozialwissenschaften Fr, 14.12.12 13:45-­‐17:00 Termin 5: Wissenschaftliche Praxis I: Theoriestruktur und der Aufbau empirischer Studien - Gemeinsame Diskussion des Aufbaus theoretischer und empirischer Argumente anhand von Fallbeispielen (Präsentation der Fallbeispiele durch Studierende) Fr, 11.1.13 13:45-­‐17:00 Termin 6: Wissenschaftliche Praxis II: Aktuelle Trends und Debatten - Gemeinsame Diskussion aktueller methodischer Debatten in den Sozialwissenschaften (Präsentation durch Studierende) Fr, 25.01.13 13:45-­‐17:00 Termin 7: Open Floor - Diskussion offener Fragen der Studierenden - Aufarbeitung des gemeinsamen Brainstormings - Diskussion forschungsstrategischer Fragen anhand konkreter Projektideen Kriterien für die Beurteilung Die Beurteilung basiert im Wesentlichen auf der Mitarbeit und Partizipation während der Lehrveranstaltung sowie der Ausarbeitung und Präsentation einer Seminararbeit. Grundsätzlich sind Gruppenarbeiten bei einer Gruppengröße von 2-­‐3 Personen vorgesehen; auf Wunsch sind gerne auch Einzelarbeiten möglich. Es gelten die folgenden formalen Bedingungen: • Verfassen einer Seminararbeit (12-­‐20 Seiten) gemäß wissenschaftlicher Standards (Zitieren statt Plagiieren, Unterscheidung direkter und indirekter Zitate) • Einhalten einer geschlechtergerechten Sprache • Geschlossener Aufbau der Seminararbeit (Deckblatt, Inhaltsverzeichnis, Literaturverzeichnis, Seitennummerierung). • Präsentationsdauer: 10-­‐20 Minuten • Abgabe: Jeweils 5 Tage vor dem entsprechenden Präsentationstermin (Termin 5 oder 6) • Unterstützung: Sprechstundentermine sind jederzeit möglich – Terminvereinbarung via email. Inhaltliche Ausrichtung der Seminararbeiten Aus inhaltlicher Sichte sind dabei grundsätzlich drei Varianten möglich. Konkrete Themenvorschläge sind weiter unten zu finden; studentische Themenvorschläge sind jederzeit willkommen. Variante A: Theoriestrukturen verstehen (Termin 5) Sie nehmen ein theoretisches Lehrbuch eines beliebigen sozialwissenschaftlichen Faches zur Hand und wählen daraus eine bestimmte Theorie, ein bestimmtes theoretisches Argument oder ein bestimmtes Modell und analysieren dessen Theoriestruktur bzw. dessen axiomatischen Aufbau. Sie bearbeiten dabei Fragen wie die folgenden: Welche Annahmen liegen dem Modell/der Theorie zu Grunde? Werden diese Annahmen klar und transparent dargestellt bzw. welche versteckten Annahmen gibt es? Lassen sich Gesetzeshypothesen vorfinden oder welche solche behauptet? Welche Hilfshypothesen werden vorausgesetzt? Wie beurteilen Sie die Testbarkeit der Theorie/des Modells? Variante B: Empirische Studien verstehen (Termin 5/6) Alternativ dazu können Sie auch eine (klassische) empirische Studie vorstellen und darin inkorporierten Strategien zur Prüfung oder Identifikation von Hypothesen analysieren. Sie analysieren dabei Fragen wie die folgenden: Welche Forschungsstrategie findet im vorliegenden Beispiel Anwendung? Mit welchen Methoden wird versucht die relevanten Fragestellungen zu beantworten und inwiefern scheint diese adäquat? In welcher Form wird Bezug zu theoretischen Konzepten hergestellt? Welche Variationen der entsprechenden Untersuchung gibt es und zu welchen Ergebnissen führten diese? Inwiefern leistet die Untersuchung einen Beitrag zur kritischen Prüfung von Theorien? Variante C: Aktuelle Trends und Debatten (Termin 6) Sie stellen einen aktuellen Diskussionsstrang aus einem beliebigen sozialwissenschaftlichen Feld vor. Dabei gilt es die zentralen wissenschaftstheoretischen und/oder methodologischen Argumente herauszuarbeiten und kritisch auf ihre Validität zu überprüfen. Versuchen Sie dabei die Frage zu beantworten was die wichtigsten Lektionen sind, die man aus dem jeweils analysierten Diskurs/Vorschlag mitnehmen sollte. Basisliteratur Sie finden die relevante Basisliteratur im KUSSS bei den jeweiligen Terminen. Termin 2: Zentrale Konzepte der Wissenschaftstheorie I Gadenne, Volker und Kapeller, Jakob (2011): Vorlesungsskript zu Einführung in die Wissenschaftstheorie der Sozialwissenschaften. Teil 1 (Text 1-­‐3) Termin 3: Zentrale Konzepte der Wissenschaftstheorie II Gadenne, Volker und Kapeller, Jakob (2011): Vorlesungsskript zu Einführung in die Wissenschaftstheorie der Sozialwissenschaften. Teil 2 (Text 4-­‐5) Kapeller, Jakob (2012): Modell-­‐Platonismus in der Ökonomie. Frankfurt: Lang, S. 69-­‐
82. Termin 4: Wissenschaftstheorie und Sozialwissenschaft Diekmann, Andreas (2005[1995]): Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. (daraus: S. 40-­‐61) Gadenne, Volker (2011): Paradigmen und wissenschaftliche Revolutionen. Skriptum.
Kuhn, Thomas S. (1976[1967]): Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Neudruck der 2. Auflage. Frankfurt/Main: Suhrkamp. (daraus: S. 25-­‐37 und 65-­‐79). Merton, Robert K. (1948): The Self-­‐Fulfilling Prophecy. Antioch Review, Vol. 8(2): 193-­‐
210. Polanyi, Karl (1978): Die große Transformation. Frankfurt/Main: Suhrkamp. (daraus: S. 71-­‐87) Themen-­ und Literaturvorschläge für die Seminararbeiten Die Literatur zu den Themenvorschlägen finden Sie im Normalfall in der Universitätsbibliothek bzw. im Internet (für Fachzeitschriften ist dafür ein Zugang über das Campus-­‐Netz notwendig). Alternative Themenvorschläge sind jederzeit willkommen. Variante A: Theoriestrukturen verstehen (Termin 5) Themenvorschläge Ausgangsliteratur Theorieanalyse mit beliebigem Schwerpunkt Beliebiges Lehrbuch / Originalwerk Ökonomischer Imperialismus Becker, Gary S. (1993[1982]): Ökonomische Erklärung menschlichen Verhaltens. Tübingen: Mohr (daraus: S. 1-­‐12) Blinder, Alan (1974): The economics of brushing teeth. Journal of Political Economy, Vol. 82(4): 887-­‐891. Lazear, Edward P. (2000): Economic Imperialism. Quarterly Journal of Economics, Vol.115(1):99-­‐146. Variante B: Empirische Studien verstehen (Termin 5/6) Themenvorschläge Ausgangsliteratur Milgram-­‐Experiment Milgram, Stanley (1993): Das Milgram Experiment. Zur Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität. Reinbeck: Rowohlt. Asch-­‐Experiment Asch, Solomon E. (1955): Opinions and Social Pressure. Scientific American, 193(5): 31-­‐35. Die Arbeitslosen von Marienthal Jahoda, Maria; Lazarsfeld, Paul Felix und Zeisel, Hans (1975): Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit. Hirzel. Leipzig Gleichheit ist Glück Wilkinson, Richard und Pickett, Kate (2010): Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind. Zweitausendeins. (siehe auch: www.equalitytrust.org.uk). Variante C: Aktuelle Trends und Debatten (Termin 6) Themenvorschläge Ausgangsliteratur Der „Dialog Erfolgsfaktoren-­‐
forschung“ Zu finden auf www.dialog-­‐erfolgsfaktorenforschung.de. Qualitative Methodologie und Hypothesenprüfung Flyvbjerg, Bent (2006): Five Misunderstandings about Case-­‐
Study Resarch. Qualitative Inquiry, 12(2): 219-­‐245. Die Sünden quantitativer Politikwissenschaft Schrodt, P.A. (2010): Seven Deadly Sins of Contemporary Quantitative Political Analysis. Working Paper (http://polmeth.wustl.edu/media/Paper/Schrodt7SinsAPSA1
0.pdf) Ökonometrie und die Todesstrafe Ehrlich, Isaac (1975): The Deterrent Effect of Capital Punishment. A Question of Life and Death. American Economic Review, 65(3): 397-­‐417. Becker, Gary S. (2006): On the Economics of Capital Punishment. Economist’s Voice, März 2006. Donohue, Thomas J. und Wolfers, Justin (2005): Uses and Abuses of Empirical Evidence in the Death Penalty Debate. Stanford Law Review, 58: 791-­‐845. Das Dogma der Signifikanzwerte Ziliak, Stephen T. und McCloskey, Deirdre N. (2008): The Cult of Statistical Significance: How the Standard Error costs us Jobs, Justice and Lives. University of Michigan Press. „Natürliche Angrist, Joshua D. und Pischke, Jörn-­‐Steffen. (2010): The Experimente in den Credibility Revolution in Empirical Economics: How Better Sozialwissenschaften“ Research Design is Taking the Con out of Econometrics. Journal of Economic Perspectives, 24(2), 3-­‐30. Bannerjee, Abhijit V. und Duflo, Esther (2010): Poor Economics – a radical rethinking of the way to fight global poverty. New York: Public Affairs. (siehe auch: http://www.povertyactionlab.org/) Cartwright, Nancy (2009): What is this thing called ‚efficacy’? In: Mantzavinos, C. (Hrsg.): Philosophy of the Social Sciences. Cambridge University Press. Mikro vs. Makro oder die Frage nach der richtigen Perspektive Bunge, Mario A. (1996): Finding Philosophy in Social Science. Yale University Press. (daraus: S. 241-­‐281). Der „Modell-­‐
Platonismus“ in der Ökonomie Albert, Hans (1971): Modell-­‐Platonismus. Der neoklassische Stil ökonomischen Denkens in kritischer Beleuchtung. In: Topitsch, Ernst (Hrsg.): Logik der Sozialwissenschaften. Köln/Berlin: Kiepenheuer & Witsch. Kapeller, Jakob (2011): Was sind ökonomische Modelle? In: Gadenne, Volker / Neck, Reinhard (Hrsg.): Philosophie und Wirtschaftswissenschaft. Tübingen: Mohr. Die Psychologie und das Problem der WEIRDs Henrich, Joe; Heine, Steven J. und Norenzayan, Ara (2010): The Weirdest People in the World? RatSWD Working Paper, Nr. 139. Kategorienbildung in der Diskriminier-­‐
ungsforschung und ihre Dilemmata McCall, Leslie (2005): The Complexity of Intersectionality. Signs: Journal of Women in Culture and Society, 30(3): 1771-­‐
1800.