Schwanger- schaft und Geburt

Transcrição

Schwanger- schaft und Geburt
Nr. 204 · Juli/August 2013
38. Jahrgang · D 6424 F · 7 Euro
www.mabuse-verlag.de
Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe
Schwangerschaft und
Geburt
— Kaiserschnitt
Vom Lindern zum Fördern – Palliative Care in der Behindertenarbeit. Wer hat was vom Risiko? – XIII. Hebammenkongress.
Übler deutsch-deutscher Deal – Arzneimittelversuche in der DDR
— Frühchen
— Plazenta-
Heilmittel
Weleda Fach- und Erlebnistage 2013
Die Hüllen des kleinen Kindes – Babyhaut und ihre Bedürfnisse
Die Haut des kleinen Kindes verlangt Aufmerksamkeit von uns:
Neugeborenenakne, trockene Hautstellen und Windeldermatiden sehen wir häufig und verunsichern die Eltern, manchmal
schon wenige Tage nach der Geburt.
Mit unserer Arbeit begleiten wir die jungen Familien, damit sie einen selbstsicheren Umgang mit ihren Kindern inden. Doch was
raten wir Eltern, wenn die Haut ihres Kindes schon im Wochenbett schnell irritiert ist? Welche Hilfestellung geben wir Kindern,
die sensibel gegenüber Reizen sind und sehr empindsam auf ihre
Umgebung reagieren?
Die Haut wird oft als „Spiegel der Seele“ bezeichnet – zu Recht.
Als Grenze zwischen Innen- und Außenwelt hat das Organ Haut
auch in der Anthroposophie eine besondere Stellung. Mit ihrer
ganzheitlich pädagogischen und medizinischen Betrachtungsweise zeigt die Anthroposophie den Eltern und uns, wie es gelingen kann, auf die Individualität des Kindes und seine Entwicklung
einzugehen.
Neue Impulse für Ihre Arbeit: Gerne stellen wir Ihnen Ansätze
und anthroposophische Gedanken zum Thema Kinderhaut vor. In
kleinen Erlebniseinheiten lernen Sie die Weleda Babyplege und
die Philosophie, die hinter den Produkten steht, kennen. So können Sie junge Familien kompetent, individuell und ganzheitlich
beraten.
Sie sind herzlich eingeladen. Wir freuen uns auf Sie!
Veranstaltungstage und Veranstaltungsorte
Weitere Informationen
Teilnehmer:
20.08.
Lübeck, Atlantic Hotel
28.08.
Bremen, Atlantic Hotel / Galopprennbahn
12.09.
Graz (A), Das Weitzer
17.09.
Mainz, Favorite Parkhotel
26.09.
Bad Tölz, Jodquellenhof
10.10.
Hagen, Arcadeon Hagen
Informationen und Anmeldung:
17.10.
Schwäbisch Gmünd, Weleda AG
www.weleda-akademie.de / Fortbildung Hebammen
07.11.
Chemnitz, Hotel an der Oper
21.11.
Kassel, Hotel Gude
Kontakt:
28.11.
Linz (A), Die Lederfabrik
E-Mail: [email protected] oder [email protected]
Hebammen und Entbindungspleger, auch in Ausbildung.
Je Veranstaltung maximal 100 Personen.
Kosten:
(inkl. Essen, exkl. Übernachtung): 25 Euro,
für werdende Hebammen und Entbindungspleger: 10 Euro
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Schwangerschaft und Geburt sind immer eine
Zeit der Veränderung und des Übergangs in
einen neuen Lebensabschnitt. Das gilt für die
werdenden Eltern ebenso wie für deren direktes Umfeld. Aber auch die Art und Weise wie
Schwangerschaften und Geburten als solche
verlaufen, wie die Betreuung und Begleitung
aussieht, unterliegt einem stetigen Wandel –
sei es wegen neuer medizinischer Entwicklungen, Umstrukturierungen im Gesundheitswesen oder gesellschaftlichen Veränderungen.
Manches stimmt dabei sehr nachdenklich –
etwa, dass mittlerweile über 90 Prozent der
Schwangerschaften in Deutschland als Risikoschwangerschaften gelten. Oder auch, dass im
Jahr 2012 über 30 Prozent der Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen sind, was
etwa ein Drittel mehr ist als noch vor gut zehn
Jahren. Dabei ist die Zahl der medizinisch notwendigen Kaiserschnitte gleich geblieben.
Andererseits lässt sich aber auch hervorheben, dass es auf dem XIII. Hebammenkongress
Anfang Mai erstmals ein berufspolitisches Plenum gab, bei dem die Hebammen lebhaft über
politische Strategien diskutierten. Und auch das
Thema Akademisierung der Hebammenausbildung fand auf dem Kongress regen Zuspruch.
Hier reifen womöglich ein neues wissenschaftliches und berufspolitisches Bewusstsein heran.
Die AutorInnen unseres Schwerpunktes beleuchten in ihren Artikeln unter anderem die
Bereiche Geburt nach Kaiserschnitt, Versorgung
von Frühchen und die lange Zeit wenig beachteten Heilkräfte von Plazentamitteln.
Neben dem Schwerpunkt geht es um kontroverse Themen: etwa um das Melden von Fehlverhalten im Gesundheitswesen oder um den
116. Deutschen Ärztetag in Hannover, auf dem
Ärztefunktionäre eine klare Wahlempfehlung
für die Bundestagswahl gegeben haben.
Auch die Arzneimittelversuche von westdeutschen Pharmakonzernen in der DDR, die
ein weit größeres Ausmaß hatten als bislang
bekannt, sind ein Thema dieser Ausgabe. Last
but not least führt uns der Blick über den Tellerrand der deutschen Gesundheitsversorgung dieses Mal nach Chile.
Wir wünschen Ihnen schöne Sommertage!
Franca Liedhegener
Nachrichten aus der Redaktion:
Erik Meininger
+ + + Wir suchen Auszu-
bildende, Studierende und frische AbsolventInnen aus allen Gesundheitsberufen zwecks Gründung einer ehrenamtlich-beratenden Dr. med. Mabuse
„Nachwuchsredaktion“, die alle zwei bis drei Monate zu einem Treffen in
den Frankfurter Redaktionsräumen zusammen kommen soll. Interessenten
aller Gesundheitsfächer sind herzlich eingeladen! Kontakt für Nachfragen
und weitere Informationen: [email protected] + + +
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
3
Inhalt
„Wir gehören dazu.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 15
Rück- und Ausblick auf das politische Engagement
einer Demenzbetroffenen
Tobias Frisch
Fehlverhalten im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 16
Pro: Geschützte Hinweise sind notwendig
Gernot Kiefer
Contra: Nur ein Ablenkungsmanöver
Norbert Metke
Wer hat was vom Risiko? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 18
Eindrücke vom XIII. Hebammenkongress 2013
Helma Veeldt
Klare Wahlempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 20
Zum 116. Deutschen Ärztetag in Hannover
Wolfgang Wagner
Das gesundheitspolitische Lexikon
............................
S. 42
Disease Management Programme
Sandra Jessel
Vom Fördern zum Lindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 43
Palliative Care in der Behindertenarbeit
Stephan Kostrzewa, Arif Sayim, Daniela Scholz
„Ein übler deutsch-deutscher Deal“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 46
Arzneimittelversuche in der DDR
Gerd Glaeske
Couragiert und unbeirrbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 48
Zum Tod von Ernst Klee
Walter H. Pehle
Rubriken
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Leserbriefe
Gesundheit anderswo:
Zwischen Hightech-Medizin
und Mangelverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 50
Chiles Zweiklassensystem in der
Gesundheitsversorgung
Andrea Bendl
7
............................
Nachrichten
...........................
8
Cartoon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Momentaufnahme
...............
13
Infothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . 58
Hohe Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 53
Neuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . 64
Pränataldiagnostik von vielen Frauen erwünscht
Oliver Tolmein
Broschüren/Materialien
Gesundheitsexperten von morgen:
Wieviel Hilfe bieten Patienteninformationen? . . . . . . . . . . S. 54
Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Eine Analyse des Merkblattes
„Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt“
Studentinnen des Masterstudiengangs
Angewandte Physiologie für Hebammen
Fortbildung
Besser reich und gesund als arm und krank
Dorothea Sauter
.......
70
Zeitschriftenschau . . . . . . . . . . . . . . . . 71
.............
Stellenmarkt
........................
75
..........................
76
Kleinanzeigen
Impressum
S. 82
......................
79
...........................
81
Schwerpunkt:
Schwangerschaft
und Geburt
Geburt nach Kaiserschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 24
Eine natürliche Geburt ist möglich
Ute Taschner
Wie klein ist zu klein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 27
Chancen von Frühgeborenen
Friedrich Porz
Plazenta-Heilmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 30
Ihre Wirksamkeit für Geburt, Stillen und
das Neugeborene
Cornelia Enning
In anderen Umständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 34
Betreuung von schwangeren Frauen
mit Suchtproblem
Maïca Reichert
„Ich will kein Kind.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 38
Eine unpopuläre Entscheidung
Sonja Siegert und Anja Uhling
Schwangerschaft und Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 41
Bücher zum Weiterlesen
Foto: Tim Hoppe / Garp
+ en!
n
re uch
a
sp uss
% a
30 enk
h
sc
e
G
Abo & Geschenk
1
2
Gutsch
ei
Nr.
über
n
Gutsche
in des M
abuseBuchve
Abos D
r. med.
rsande
s verwen
Mabus
e, CDs,
DVDs, Sp dbar für Büch
er,
iele u.v.
m.
Eu
ro ( in
Wo
rten:
für
)
Bitte be
stel
len Sie
un
Kasseler ter Angabe de
Bücher-Gutschein
Str. 1 a
r Gutsch
E-Mai
· 60
ei
rsand@ 486 Frankfur nnr. beim Mab
t · Te
mab
use-Bu
chversa
(Mabus use-verlag.de l.: 069-70 79
nd
e-Buch
96-16
versand · www.mabus
--> Büch
e-verla
g.de
er)
l: buchve
Frankfur
t am
Main, de
n
Mabus
e-Buch
versand
Prämie 1: ein Buch aus
dem Mabuse-Verlag
www.mabuse-verlag.de
Prämie 2: Büchergutschein
im Wert von 15 Euro
für jedes lieferbare Buch
lesen und ...
... Zusammenhänge erkennen
... mit anderen Gesundheitsberufen ins Gespräch kommen
... Fachwissen vertiefen
... sich für ein solidarisches Gesundheitswesen engagieren
"
Ich abonniere Dr. med. Mabuse – Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe
und erhalte 6 Ausgaben zum Vorzugspreis von 29 (statt 42) Euro plus 3 Euro
Porto/SchülerInnen und Studenten für 21 Euro inkl. Versand (mit Nachweis):*
Name:
Bitte einsenden an:
Straße:
Mabuse-Verlag GmbH
Abo-Service Dr. med. Mabuse
Postfach 90 06 47
60446 Frankfurt am Main
PLZ, Ort:
oder per Fax 069-70 41 52
und auf www.mabuse-verlag.de
Datum/Unterschrift:
Tel./Fax:
E-Mail:
Als Geschenk erhalte ich:
■ Prämie 1: ein Buch meiner Wahl aus dem Mabuse-Verlag: _____________________
(alle Bücher unter www.mabuse-verlag.de/Mabuse-Verlag)
■ Prämie 2: einen Büchergutschein im Wert von 15 Euro oder
■ Prämie 3: eine Aboprämie von der Webseite: _____________________________
(alle Prämien online unter bit.ly/Osubx9)
* Abopreise Ausland: Vorzugspreis 32 (statt 45) Euro plus 6 Euro Porto. Dr. med. Mabuse erscheint sechsmal im Jahr. Das Schnupperabo zum Vorzugspreis gilt für ein Jahr und geht danach in ein reguläres Abo über (42 € pro Jahr plus 3 € Porto/Ausland 45 € plus 6 € Porto), falls Sie es nicht 2 Monate vor Ablauf kündigen. Das Schüler-/StudentInnenabo gilt für ein Jahr bei Vorlage eines entsprechenden Nachweies und wird automatisch Preis verlängert, falls Sie es nicht 2 Monate vor Ablauf kündigen. – www.mabuse-verlag.de
Leserbriefe
Einfache Antworten?
Fehlanzeige.
Betr.: „Schwerpunkt: Sucht“,
S. 21-43, Dr. med. Mabuse 203
Deutsche
Drogenpolitik
Betr.: „Heino Stöver, Dirk Schäffer:
Endlich realistischer ...“, S. 27-29,
Dr. med. Mabuse 203
Ich gratuliere Ihnen und insbesondere den beiden Autoren
Heino Stöver und Dirk Schäffer
zu dieser ausgewogenen Zusammenfassung deutscher Drogenpolitik in den letzten Jahrzehnten. Leider hat es immer
einschneidenderer Ereignisse
wie beispielsweise der HIV-Epidemie in den 1980er Jahren
bedurft, um ein Umdenken in
der nationalen Drogenpolitik
herbeizuführen.
Die Zulassung von Maßnahmen zur Schadensminderung
wie etwa Drogenkonsumräume
war lange Zeit umstritten. Sie
mussten oft nicht nur gegen
gesellschaftliche Ängste, sondern auch gegen den Widerstand internationaler Organisationen durchgesetzt werden,
die darin eine Fehlentwicklung
sahen. Wie sich im Laufe der
Jahre gezeigt hat, war das Gegenteil der Fall.
Leider ist die Bereitschaft,
sich mit den – nationalen und
internationalen – Folgen der
derzeitigen prohibitiven Drogenpolitik auseinanderzusetzen,
in Deutschland bislang sehr
gering. Es fehlt auf politischer
Ebene eine umfassende Bestandsaufnahme, welchen Nutzen auf der einen Seite und
welche Schäden auf der anderen Seite die Prohibition bestimmter Substanzen gebracht
hat. So selbstverständlich die
negativen Folgen des AlkoholDr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
verbots in den USA zu Beginn
des 20. Jahrhunderts wahrgenommen werden, so wenig ist
man bislang bereit, diese Erkenntnisse auf andere Substanzen zu übertragen. Repression
gilt als selbstverständliche Säule
deutscher Drogenpolitik, selbst
unter einer liberalen Drogenbeauftragten.
Wir müssen uns eingestehen: Repression ist das zentrale
Hindernis für Prävention und
Harm Reduction. Auf Bundesebene beschränken sich Präventionsmaßnahmen weitgehend
auf den einfachen Appell zu
Nichtkonsum – ungeachtet wie
wirksam solche Appelle sind.
Probleme wie Beimischungen, Wirkstoffschwankungen
und das Konsumverhalten von
Jugendlichen werden zwar statistisch erfasst; die derzeitige
Bundesregierung vermeidet
aber jegliche Überlegungen,
wie man diesen Problemen begegnen kann.
Ebenso werden die verheerenden internationalen Folgen
des „war on drugs“ ignoriert
oder als nationales Problem des
jeweiligen Produktions- oder
Transitlandes eingeordnet. Die
deutsche Drogen- und Suchtpolitik braucht auch hier mehr
Mut, einen anderen Weg zu
gehen, als der (bisherige)
Mainstream von International
Narcotics Control Board (INCB)
und United Nations Office on
Drugs and Crime (UNODC) ihn
vorgeben.
Dr. Harald Terpe, MdB,
Sprecher für Drogen- u. Suchtpolitik,
Obmann im Gesundheitsausschuss
des Deutschen Bundestages,
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Mit großem Interesse habe ich
die Beiträge in Ihrer letzten
Ausgabe gelesen. Sie verdeutlichen, wie vielfältig sich Suchterkrankungen zeigen können
und welch komplexe „lebensweltliche Phänomene“ damit
einhergehen. Diese Komplexität zeigt sich auch in meiner
Realität als „Suchtpolitikerin“.
Einfache Antworten? Fehlanzeige.
Die Sehnsucht nach klaren
Verboten oder zumindest der
Bestätigung des Weltbildes ist
gerade in diesem Politikfeld
groß. Und das auf allen Seiten.
So werde ich als Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion mitunter aggressiv in Mails
beschimpft, weil meine Partei
„nur“ die bundeseinheitliche
Entkriminalisierung von „Geringen Mengen“ bei Cannabis
fordert und nicht die Legalisierung „weicher Drogen“.
Klar ist, Politik und Gesellschaft haben seit den 1990er
Jahren mit dem Ansatz der
Schadensreduzierung gute Erfahrungen gemacht. Süchtige
brauchen Unterstützung und
Hilfeangebote, um aus der
Sucht herauszukommen oder
notfalls mit ihrer Sucht zu
leben.
In der Drogenpolitik sind
verantwortungsvolle Signale,
angemessene Hilfeangebote,
aber auch transparente, konsequente und einheitliche Regelungen sehr wichtig. Deswegen
stören mich als Bundespolitikerin starke regionale Unterschiede bei der Praxis der Überlebenshilfe. Das ist im Bereich
von „Geringen Mengen“ bei
Cannabis so, aber auch im Bereich der Substitutionsbehandlung. Auch werden Suchtmediziner für Take-Home-Regelungen im Rahmen von Substitutionsbehandlungen besonders in konservativ geführten
Bundesländern kriminalisiert.
Oder der Substitutionsbehandlung werden – wie jüngst bei
Diamorphinambulanzen –
Knüppel zwischen die Beine
geworfen.
Statt ideologisch irrational
zu handeln, sollten wir – Justiz
und Politik – uns Mühe geben,
immer wieder zu differenzieren,
und das Für und Wider sorgfältig abschätzen.
Zu kurz kommen leider oft
diejenigen, die in diesem Bereich arbeiten. Ich habe großen
Respekt davor, wie es den
Haupt- und Ehrenamtlichen in
den Suchthilfeeinrichtungen
gelingt, jeden Tag aufs Neue
für Beratung, Begleitung und
Behandlung von suchterkrankten Menschen Elan zu finden.
Immer wieder müssen Enttäuschungen und Rückschläge
verarbeitet und als Herausforderung verstanden werden.
Dafür will ich mich an dieser
Stelle bedanken und freue
mich, dass Dr. med. Mabuse der
Drogenpolitik mit differenzierten Beiträgen viel Aufmerksamkeit gewidmet hat.
Angelika Graf, MdB,
Mitglied im Ausschuss
für Gesundheit,
Drogenbeauftragte der
SPD-Bundestagsfraktion
Sucht im Alter
Betr.: „Schwerpunkt: Sucht“,
S. 21-43, Dr. med. Mabuse 203
Angesichts des Umfangs der
Problematik möchte ich Sie
dazu beglückwünschen, dass
Sie das Thema aufgegriffen
und ihm einen Schwerpunkt
gewidmet haben. Zwei Punkte
sind mir aufgefallen, die mir
vor allem durch den Untertitel
Ihrer Zeitschrift „... für alle
Gesundheitsberufe“ besonders
prägnant erscheinen:
1. Mir fehlte ein Artikel
zum Thema „Medikamentenabhängigkeit“ bzw. ein Hinweis,
warum ein entsprechender
Artikel nur auf Ihrer Homepage zu finden ist.
2. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist das Thema „Suchtgefahren im Alter“
bundesweit in der Suchthilfe
in der Diskussion. Dieses Thema fehlt in Ihrem Heft jedoch
gänzlich, obwohl es sich hier
um ein Thema handelt, das die
Pflegeberufe ganz besonders
betrifft. So sind Pflegedienste
in ihrem Arbeitsalltag immer
häufiger damit konfrontiert,
dass zu pflegende Menschen
eine Alkoholproblematik aufweisen.
Wolfgang Schmidt-Rosengarten,
Hessische Landesstelle
für Suchtfragen
7
8
Nachrichten
Weltweite WHO-Studie
Gewalt gegen
Frauen
Sexuelle und andere körperliche Gewalttaten gegen Frauen
werden nach Erkenntnissen
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) viel öfter begangen als bislang vermutet: Weltweit erleiden etwa 35 Prozent
aller Frauen Prügel sowie Vergewaltigungen oder sexuelle
Nötigungen. Das ergab die erste
systematische Datenerhebung
zu diesem Thema, die Mitte
Juni in Genf vorgestellt wurde.
Zu den Ergebnissen der
weltweiten Studie gehört, dass
Frauen weit öfter Gewalt durch
ihre Partner ausgesetzt sind als
durch fremde Vergewaltiger.
Für die Studie wurde eine untere Altersgrenze von 15 Jahren angesetzt.
„Gewalt innerhalb von Beziehungen ist die am meisten
verbreitete Gewalt gegen Frauen“, erklärt die WHO. Unter
Gewalttaten innerhalb von
Beziehungen leiden demnach
etwa 30 Prozent aller Frauen
weltweit. Zudem sei bei 38
Prozent aller Frauen, die Opfer
von Morden werden, der aktu-
elle oder ehemalige
Intimpartner der
Täter. Nur 7,2 Prozent aller Frauen
werden Opfer sexueller Gewalt durch
andere Menschen
als ihre Beziehungspartner. Als Folgen
der Gewaltanwendung gegen Frauen
nennt die WHO
u. a. Depressionen
und Alkoholprobleme. Vergewaltigte
Frauen seien 1,5
Mal öfter mit Geschlechtskrankheiten infiziert als andere.
Zudem sei die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen
lassen, doppelt so hoch.
„Gewalt gegen Frauen ist
ein globales Gesundheitsproblem von epidemischem Ausmaß“, erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan.
„Daher ist es notwendig, dass
Gewalt gegen Frauen im Gesundheitswesen ernster genommen wird als bisher.“
Das Ausmaß scheint jedoch
auch in einem Zusammenhang
zum Wohlstandsgefälle auf der
Welt zu stehen. So sind der
Studie zufolge in Regionen mit
einem hohen Durchschnittseinkommen – darunter Nordamerika, Westeuropa, Australien und Japan – 23,2 Prozent
der Frauen Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt
durch Beziehungspartner. Im
restlichen Europa sind es 25,4
Prozent. In Afrika liegt der
Anteil bereits bei 36,6 und in
Südostasien bei 37,7 Prozent.
Die WHO veröffentlichte
zeitgleich eine umfangreiche
Hilfestellung für Kliniken und
medizinisches Personal zur
besseren Erkennung von Hinweisen auf Vergewaltigungen
Bestattung & Begleitung
in Frauenhänden
und andere Formen körperlicher Gewalt.
Quellen: taz.de, sz.de
Protestwelle in der Türkei
Türkische Ärzte
im Visier
Seit Ende Mai finden in der
Türkei weitreichende Proteste
statt – zu Beginn ein lokaler
Konflikt in Istanbul. Dort protestierten Menschen gegen Pläne der Stadtverwaltung, den
zentralen Gezi-Park mit altem
Baumbestand zu beseitigen,
um ein Einkaufszentrum zu errichten. Nach Angaben des türkischen Ärzteverbandes Türk
Tabipleri Birligi (TTB) wurden
seit Beginn der Proteste mehr
als 8.000 Menschen verletzt,
vier kamen zu Tode. Inzwischen haben sich die Proteste
auf das ganze Land ausgebreitet und richten sich gegen den
autokratischen Führungsstil
der regierenden AKP und die
Einschränkung von Grundrechten.
ÄrztInnen stehen bei diesem Konflikt nun ebenfalls im
Visier der Regierung. Der Ärzteverband TTB hatte in den
vergangenen Jahren wiederholt Kritik an der ErdoganFührung geübt. Als Reaktion
darauf hatte die Regierung Ende vergangenen Jahres per
Dekret eine neue Ärzteorganisation ins Leben gerufen. Im
„Rat der Gesundheitsberufe“
hat die Regierung eine strukturelle Mehrheit. Die TTB veröffentlichte daraufhin einen internationalen Solidaritätsappell, der vom British Medical
Journal und anderen Fachzeitschriften weltweit verbreitet
wurde. Die zentrale Botschaft:
Die Erdogan-Führung versu-
che, die Kontrolle über die
Ärzteschaft beim Gesundheitsministerium zu zentralisieren
und die autonome Selbstverwaltung einzuschränken.
So gerieten die Ärzte selbst
ins Visier der Polizei. Sie griff
Dutzende Notlazarette für verletzte DemonstrantInnen an
und übte Druck auf den Verband aus, die Namen behandelnder Ärzte preiszugeben.
„Fast alle provisorischen Lazarette in Istanbul, Ankara, Izmir
und anderen Städten waren
Ziel von Polizeiübergriffen“,
beklagte Hüseyin Demirdizen,
Generalsekretär der Istanbuler
Sektion des TTB.
Sechs weitere türkische
Ärzteverbände übten scharfe
Kritik an dem massiven Einsatz
von Tränengas. Die Polizei habe das Reizgas „nicht als Mittel
zur Kontrolle von Menschenansammlungen, sondern als
chemische Waffe“ eingesetzt,
zitierte der deutsche Dienst der
Nachrichtenagentur AFP Ümit
Bicer vom Verband der Gerichtsmediziner. Der Arzt verwies darauf, dass Tränengas
in die direkte Nähe von Menschen und in geschlossene
Räume gefeuert worden sei.
Dies sei nach internationalem
Recht verboten.
Mit „großer Sorge“ sieht
die türkische Ärzteschaft zwei
weitere Todesfälle, die auf den
Einsatz von Tränengas zurückzuführen sein könnten. Demnach starben ein 47-Jähriger
an Atembeschwerden und eine
50-Jährige an einem Herzstillstand, nachdem beide großen
Mengen Tränengas ausgesetzt
waren. Beide Todesfälle seien,
laut AFP, bisher nicht in die
Opferzahl der Proteste eingerechnet worden.
Quelle: aerzteblatt.de
Wir sind Bestatterinnen & ’Seelen-Hebammen’.
Liebevolle Begleitung ist unser Herzensanliegen
- überall in Deutschland seit 1999!
Ajana Holz & Merle von Bredow
Tel 0700 - 361 797 33 (12c/min) . Büro 07977 - 911 874
www.die-barke.de . [email protected]
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Foto: Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Nachrichten
Gedenkveranstaltung
70. Todestag des NSWiderstandskämpfers
Rittmeister
Am 13. Mai dieses Jahres fand
in der Nervenklinik der Charité
in Berlin eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 70. Todestages von John Rittmeister
statt. Er wurde 1898 in Hamburg geboren und wuchs dort
in großbürgerlichen Verhältnissen auf. Nach seinem Einsatz
im Ersten Weltkrieg entschied
er sich, Medizin zu studieren
und promovierte bei dem Hamburger Neurologen Max Nonne. Seine psychiatrisch/neurologische Ausbildung erfolgte
vorwiegend in München.
Von 1926 bis 1937 arbeitete
er als Nervenarzt in Polikliniken
in der Schweiz, wo er sich eng
mit dem aus Gießen vertriebenen Schizophrenieforscher Alfred Storch anfreundete. 1937
wurde seine Arbeitserlaubnis in
der Schweiz nicht verlängert
und er kehrte nach Deutschland
zurück. In Berlin arbeitete er
als neurologischer Kliniker und
zuletzt hauptsächlich psychotherapeutisch am Deutschen
Institut für Psychotherapie.
1942 lernte Rittmeister Oberleutnant Harro Schulze-Boysen
kennen, der im Luftfahrtministerium eine Widerstandsgruppe
gegründet hatte. Mit ihm und
anderen verfasste er ein Flugblatt mit dem Titel „Agis – Die
Sorge um Deutschlands Zukunft
geht durch das Volk!“. Darin
wurden auch im deutschen Namen begangene Kriegsverbrechen benannt. Die Gruppe flog
auf, etwa 100 Menschen wurden 1942 in Berlin verhaftet,
50 zum Tode verurteilt und erDr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
mordet. Auch Rittmeister bezahlte den politischen Widerstand mit seinem Leben.
Den Weg zu diesem Widerstand im Rahmen der „Roten
Kapelle“ (Schulze-BoysenHarnack-Gruppe) zeigte die
Berliner Ärztin Christine Teller
in ihrem biografischen Vortrag
auf. Entscheidend für seine politische Entwicklung schienen
dabei seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg als Soldat an der
Front in Italien und in der
Champagne und seine Hinwendung zum aufklärerischen (Arbeiter)Bildungswesen, mit dem
er in den 1920er Jahren in
London in Berührung kam und
das er sowohl in der Schweiz
als auch nach seiner Rückkehr
nach Deutschland Ende der
1930er Jahre praktizierte.
Rittmeisters medizinischer
Werdegang ist durchzogen von
dem Bestreben der Synthese
von Neurologie und Psychotherapie, wie er sie während seiner
Zeit an der Zürcher Universitätsklinik von 1933 bis 1936 kennengelernt hatte. Zu diesen
Themen hielt er auch Vorträge;
zuletzt 1939 in dem Hörsaal, in
dem die Gedenkveranstaltung
stattfand.
Manfred Schulz beleuchtete
Rittmeisters wissenschaftliches
Werk sowie moralische und
philosophische Aspekte seiner
Widerständigkeit. Er zitierte aus
dessen mit Bleistift auf Packpapier festgehaltenen Gefängnisaufzeichnungen, die tiefe Einblicke in seine geistige Entwicklung und Persönlichkeit geben.
Ludger Hermanns berichtete
von der Rezeption des Schicksals Rittmeisters unter den Psychoanalytikern im Nachkriegsdeutschland, die zwischen dem
Vorwurf, er habe mit seinem
politischen Widerstand die Psychoanalyse gefährdet, und der
„Persilschein“-Argumentation
(„Unser Opfer“) schwankte.
Die Gedenkveranstaltung
war von den Vortragenden, die
sich seit den 1980er Jahren mit
dem Leben und Wirken Rittmeisters beschäftigen, initiiert
worden. Rund 50 Besucher und
die Grußworte von Andreas
Heinz (Direktor der Psychiatrischen Klinik der Charité) und
Tom Bschor (Vorsitzender der
Berliner Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie) gaben
ihr einen würdigen Rahmen.
Matthias Hamann-Roth
Geborgenheit nach WIMS
Antarctic FleecE Overall
wie
in
mamas
schoss
BMS Outdoor
www.bms.tv
Gottlob Kurz GmbHÛÝÛWiesbaden
Fachgeschäft für Hebammen, Pflege & Ärzte
Besuchen Sie uns unter
www.gottlob-kurz.de
und informieren Sie sich
über unser Sortiment,
Neuheiten und tolle,
wechselnde Angebote!
Gottlob Kurz GmbH
Hinterbergstr. 14
D - 65207 Wiesbaden
Tel. +49 (0) 611 – 189 90 19
Fax +49 (0) 611 – 950 59 80
[email protected]
9
10
Nachrichten
Telos
Institut für
Psychotherapie und
Analyse
Ausbildungen in
München, Meiningen und
Bad Kissingen
Psychotherapie
(staatl. anerkannt)
Kindertherapie
(staatl. anerkannt)
Familientherapie und
psychologische Beratung
Kontakt:
Telos Institut gGmbH
Kindermannstraße 7
Tel.: 089-15 28 55
Fax: 089-15 98 20 44
E-Mail: telos@
telosinstitut.de
www.telosinstitut.de
Wir stellen als kleine Manufaktur
im Bergell besondere Körperpflegemittel und Balsame her:
mit Wildkräutern sowie mit Kräutern aus biologischem Anbau.
Weitere wertvolle Rohstoffe aus
unseren Bergen sind Schafmolke
von Bündner Bergbetrieben
und Ziegenbutteröl von Valser
Biobauern.
Kräuterkraft
aus der Schweiz!
SOGLIO-Produkte AG
CH 8706 Castasegna GR
Telefon +41 (0)81 822 18 43
[email protected]
soglio-produkte.ch
soglio-produkte.de
Im Bild: Valser-Balsam, Soliofit
und Spirea Sport
Praxissitze
Sorgerecht
Ärztequote
endlich korrigiert
Wichtiger Änderung
für Eltern und Kinder
Blockierte psychotherapeutische Praxissitze sollen künftig
flexibler besetzt werden können. Das beschloss der Deutsche Bundestag Anfang Juni in
zweiter und dritter Lesung.
Damit können bundesweit
rund 276 Praxissitze, die für
psychotherapeutisch tätige
ÄrztInnen reserviert waren,
ab 2014 auch an Psychologische PsychotherapeutInnen
und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen vergeben werden.
Bisher konnten psychotherapeutische Praxissitze, die
für ÄrztInnen reserviert waren,
nicht an Psychologische PsychotherapeutInnen oder Kinderund JugendlichenpsychotherapeutInnen vergeben werden.
Eine Mindestquote von 25 Prozent für psychotherapeutisch
tätige ÄrztInnen verhinderte
dies. Selbst dann, wenn sich
kein Arzt für die Niederlassung
fand, blieb ein solcher Praxissitz
blockiert. Diese eigentlich freien Praxissitze wurden bei der
Bedarfsplanung sogar als besetzt gezählt.
Mit der bisherigen Regelung
„wäre jeder zehnte Praxissitz
[...] blockiert gewesen“, stellte
Rainer Richter, Präsident der
Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Durch
den Kompromiss, den die BPtK
vorgeschlagen hatte, wird sich
die Versorgung psychisch kranker Menschen verbessern.“
Insbesondere in Ostdeutschland hätte die bisherige Regelung die Versorgungsprobleme
weiter verschärft. Dort wären
voraussichtlich mehr als 30
Prozent der insgesamt knapp
600 für ÄrztInnen reservierten
Praxissitze unbesetzt geblieben.
In Sachsen-Anhalt etwa hätte
von 64 freien Praxissitzen kein
einziger besetzt werden können.
Nach Aussage der BPtK
stand der bisherigen Regelung
kein für PatientInnen relevanter Nutzen gegenüber, denn
PsychotherapeutInnen und psychotherapeutisch tätige ÄrztInnen unterschieden sich weder
bei den behandelten Diagnosen
noch beim Leistungsspektrum.
Quelle: Bundespsychotherapeutenkammer
Das seit rund einem Monat gültige Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern erleichtert unverheirateten Vätern
den Zugang zum Sorgerecht für
ihre Kinder. Durch das Gesetz
soll das Familienrecht an die
gesellschaftlichen Realitäten
angepasst werden. Es trägt der
Tatsache Rechnung, dass die
deutsche Gesellschaft bunter
und offener geworden ist und
sich der Anteil der nicht-ehelichen Kinder in den letzten 20
Jahren mehr als verdoppelt hat.
Im Interesse des Kindes gibt
es nun auch bei nicht verheirateten Eltern ein klares Bekenntnis zur gemeinsamen Sorge. Eltern sollen die Verantwortung
grundsätzlich gemeinsam tragen. Der Vater soll nur dann
von der Sorgeverantwortung
ausgeschlossen bleiben, wenn
dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Daneben kann ein
nicht verheirateter Vater nun
auch beantragen, dass ihm die
alleinige Sorge für das gemeinsame Kind übertragen wird,
wenn er dafür Gründe im Kindeswohlinteresse vorträgt.
Quelle: Bundesministerium
der Justiz
an die Konkurrenz gezahlt, Generika-Bestände aufgekauft und
dann vernichtet sowie Gewinngarantien versprochen. Dies ist
in der EU verboten und wird
mit Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines
Unternehmens geahndet.
Den Schaden hätten die
PatientInnen und nationalen
Gesundheitssysteme gehabt,
erklärte die Kommission. In
Großbritannien etwa sei das
Generikum nach seiner Markteinführung am Ende der Absprachen im Schnitt um 90
Prozent billiger gewesen als
das Original von Lundbeck.
Lundbeck kündigte rechtliche Schritte gegen die EU-Entscheidung an. Auch der deutsche Pharmakonzern Merck
wolle prüfen, ob er Berufung
beim Europäischen Gerichtshof einlege, sagte ein Unternehmenssprecher. Der DaxKonzern bestätigte die Existenz
einer Vereinbarung. Sie habe
aber damals nicht gegen geltendes Wettbewerbsrecht verstoßen.
Auch Patienten und Konkurrenzunternehmen können
die Firmen auf Schadenersatz
verklagen. Der EU-Bescheid
werde dabei vor den nationalen
Gerichten als Beweis anerkannt,
erklärte die Kommission.
Quelle: tagesschau.de
Pharmafirmen
Altenpflege
Millionenstrafen
nach Absprachen
Weniger Menschen
beginnen Ausbildung
Die Europäische Kommission
hat den dänischen Hersteller
des Antidepressivums Citalopram, Lundbeck, und vier Generika-Hersteller zu Geldbußen
in Millionenhöhe verurteilt. Zusammen sollen sie 2002 auf Betreiben von Lundbeck den
Markteintritt der deutlich billigeren Generika verzögert haben. Die höchste Einzelstrafe
erhielt mit 94 Millionen Euro
Lundbeck. Der Darmstädter
Merck-Konzern muss 21,4 Millionen Euro zahlen, weitere 7,7
Millionen Euro wurden gemeinsam gegen Merck und seine ehemalige britische Tochterfirma Generics UK verhängt.
Die anderen beteiligten Unternehmen zahlen jeweils rund
zehn Millionen Euro.
Laut EU-Kommission hat
Lundbeck Bestechungsgelder
Nach dem Berufsbildungsbericht 2013 der Bundesregierung
haben im Schuljahr 2011/2012
nur rund 20.500 Menschen
eine Altenpflegeausbildung begonnen – 6,6 Prozent weniger
als im vorigen Schuljahr. Als
Grund wird unter anderem
das Auslaufen der befristeten
Vollfinanzierung der dreijährigen Altenpflegeumschulung
gesehen.
Als Gegenmaßnahme soll
der Ende 2012 verabschiedete
Ausbildungs- und Qualifizierungspakt von Bund, Ländern
und Verbänden, mit dem eine
erneute Vollfinanzierung der
Umschulung möglich wird, helfen. Zudem wird in Niedersachsen und Bayern die Abschaffung des Schulgelds für die
Pflegeausbildung diskutiert.
Quelle: bibliomed.de
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Cartoon
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
11
12
Nachrichten
Behandlungsfehler
Ärztekammer stellt
aktuelle Statistik vor
Aus dem Mitte Juni vorgestellten Bericht der Bundesärztekammer zu den Behandlungsfehlern für das Jahr 2012 geht
hervor, dass mit insgesamt
12.232 Anträgen von PatientInnen gegenüber 2011 mit damals 11.107 mehr Anträge an
die Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern
gestellt wurden. Davon wurden
bisher 7.578 entschiedenen
und in 2.280 Fällen tatsächlich
eine falsche Behandlung nachgewiesen.
Bei 1.889 Betroffenen ergab
sich daraus ein Gesundheitsschaden, für den den PatientInnen eine Entschädigung zusteht. Hiervon trugen 550 dauerhafte Schäden davon, 99 starben an den Folgen.
Bezogen auf die etwa 18
Millionen Behandlungsfälle
in Krankenhäusern und mehr
als 540 Millionen bei Kassenärzten, ist die Zahl der festgestellten Fehler aus Sicht der
Ärztekammer sehr niedrig. Unklar ist allerdings, in wie vielen Fällen eines mutmaßlichen
Behandlungsfehlers die PatientInnen keine Hilfe suchten.
Es wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Schätzungen zufolge ziehen lediglich etwa drei Prozent der Betroffenen PatientInnen vor
Gericht.
Wie in den Vorjahren kam es
am häufigsten bei Knie- und
Hüftgelenksbehandlungen sowie bei Brüchen von Armen
und Beinen zu Behandlungsfehlern. Die Auswertung der
Beschwerden beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung dagegen hatte im Mai
Behandlungsfehler bei Wurzelbehandlungen der Zähne als
Spitzenreiter ergeben.
Ärztliche Behandlungsfehler
werden in Deutschland sowohl
vom MDK als auch von den
Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern erfasst, weil PatientInnen selbst
entscheiden können, an wen
sie sich wenden. Gut ein Viertel
der vermuteten Behandlungsfehler erreichen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern.
In neun von zehn Fällen akzeptieren Ärzte und Patienten die
Entscheidungen, nach denen
Gerichte eingeschaltet werden
können. Die Entscheidungen
der Schlichtungsstellen würden
von Gerichten überwiegend bestätigt, so die Ärztekammer.
„Die Betroffenen warten
meist nur auf eine Entschuldigung oder ein Zeichen der Empathie“, sagte Elisabeth Goetz
von der Unabhängigen Patientenberatung Bremen. Wenn der
Arzt Kontakt zum Patienten
aufnehme, könne er damit in
den meisten Fällen einen
Rechtsstreit vermeiden.
Quellen: spiegel.de,
Süddeutsche Zeitung
Pflegebeirat
im Herbst dieses Jahres umgesetzt werden könne.
Bericht des
Zwei Tage vor der offiziellen
Vorstellung war der Streit um
Expertengremiums
den Abschlussbericht eskaliert.
Ende Juni hat der von Bundes- Der Vertreter der Bundesvereinigesundheitsminister Daniel
gung der Deutschen ArbeitgeberBahr (FDP) 15 Monate zuvor
verbände, Volker Hansen, sprach
eingesetzte Pflegebeirat seinen
den Beiratsvorsitzenden WolfBericht zum neuen Pflegebegang Zöller und Klaus-Dieter
dürftigkeitsbegriff vorgelegt.
Voß per E-Mail sein Misstrauen
Darin wird vorgeschlagen, Men- aus, nachdem die Vorsitzenden,
schen mit Demenz und psychi- wie Hansen der taz sagte, seinen
schen Erkrankungen künftig
Bitten um ein klärendes Gemit finanziellen Leistungen aus spräch nicht nachgekommen seiden Pflegekassen zu unterstüten. Damit ist eingetreten, was
zen. Daneben schlug das Gremi- viele Mitglieder des zerstrittenen
um ein neues BegutachtungsExpertengremiums befürchtet
verfahren vor. Damit könnten
hatten: Der lang erwartete Bekünftig geistige Defizite genauso richt konnte nicht im Konsens
berücksichtigt werden wie kör- überreicht werden.
perliche, heißt es in dem BeDer Streit hatte sich zuletzt
richt. Außerdem wurde der so- vor allem auf die Frage fokusgenannten Minutenpflege eine
siert, ob die Beiratsvorsitzenden
Absage erteilt. Nach der Vorstel- in der Zusammenfassung des Belung des Expertengremiums
richts konkrete Angaben zum
soll die Zeitmessung in der Pfle- künftigen Finanzvolumen mage „ersatzlos“ entfallen. Mit der chen dürften, das nötig wäre,
Einrichtung von fünf Pflegegra- um Demenzkranke in der Pflegeden könnten die bislang existie- versicherung besser zu stellen.
renden drei Pflegestufen ersetzt
Die Beiratsvorsitzenden wollten
werden. Ziel dieser Maßnahme
hierzu die Summe von zwei Milsei es, den unterschiedlichen
liarden Euro nennen. Doch diese
Hilfebedarfen besser gerecht zu Zahl sei weder mit den Mitgliewerden. Besonders die Selbstdern abgesprochen worden,
ständigkeit solle ein maßgeblinoch entspreche sie der Realität,
ches Kriterium sein.
hatten sowohl die WohlfahrtsDie Beiratsvorsitzenden
verbände als auch die ArbeitgeWolfgang Zöller (CSU) und
bervertreter kritisiert. Die WohlKlaus-Dieter Voß erklärten, mit fahrtsverbände halten zwei Millidem vorgelegten Bericht liege
arden Euro jährlich für zu genun ein „stimmiges Konzept“
ring, die Arbeitgebervertreter für
vor, das durch eine Gesetzesre- zu hoch.
form nach der Bundestagswahl
Quellen: taz.de, tagesschau.de
#MVWGNNUVG5VKNNKPHQTOCVKQPGPHØT/ØVVGTWPFCNNGFKGFCU5VKNNGPWPVGTUVØV\GP
%JF4UJMMCSPTDIàSF
*OGPSNBUJPOFOVOE&SGBISVOHFO[VN4UJMMTUBSU
-B-FDIF-JHB%FVUTDIMBOEF7
&NQGPIMFOWPOv#BCZGSFVOEMJDIo&JOF*OJUJBUJWF
WPO8)0VOE6/*$&'i
,PNQBLUXBSNIFS[JHJOGPSNBUJW#BTJTXJTTFOGàS
EJFFSTUFO4UJMMXPDIFOTPXJF[XBO[JHQFSTÚOMJDIF
&SGBISVOHTCFSJDIUF#FTPOEFSTFNQGFIMFOTXFSU
TDIPOJOEFS4DIXBOHFSTDIBGU
#BCZTNJU%PXO4ZOESPNTUJMMFO
*OGPSNBUJPOFOVOE&SGBISVOHTCFSJDIUF
-B-FDIF-JHB%FVUTDIMBOEF7
"MMFT8JDIUJHFSVOEVNEBT4UJMMFOFJOFTHBO[
CFTPOEFSFO#BCZT"OMFHFO)JMGFCFJ4BVHTDIXÊ
DIF.JMDICJMEVOHVOE.JMDIHFXJOOVOH4UJMMFO
CFJ3FnVY4UJMMFOCFJ)FS[GFIMFS&SHÊO[FOEF
#FSJDIUFWPO&MUFSONBDIFO.VUTJDIBVGEBT
4UJMMFOFJO[VMBTTFOVOE1SPCMFNF[VCFXÊMUJHFO
*OGPSNBUJPOTCMÊUUFS
-B-FDIF-JHB%FVUTDIMBOEF7
'àS*ISF1SBYJTPEFSEJF,MJOJL)BOESFJDIVOHFO
GàSTUJMMFOEF.àUUFS
6NGBOHSFJDIF*OGPCMÊUUFS[V5IFNFOXJF.JMDI
HFXJOOVOH#FIBOEMVOHWPO4PPS#FIBOEMVOH
XVOEFS#SVTUXBS[FOVB
"VDILPTUFOMPT[VN%PXOMPBE
XXXMBMFDIFMJHBEF
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Momentaufnahme
Foto: Jürgen Wolter
Die Aktivierungskampagne KONFETTI IM KOPF ist
eine bundesweit angelegte Demenz-Aktion zum
Mitdenken, Mitfühlen und Mitmachen. Hier können BesucherInnen bei Workshops, Konzerten,
Lesungen, Vorträgen und unkonventionellen Stadtaktionen in die Welt von Menschen mit Demenz
eintauchen. Ziele der Kampagne sind die Enttabuisierung des Themas Demenz, die Förderung der
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
gesellschaftlichen Teilhabe von Betroffenen jeden
Stadiums sowie die Zusammenführung unterschiedlicher Akteure aus der Demenzarbeit.
Das Bild entstand während der Konfetti-Mobilbühne im Hamburger Bezirk Altona anlässlich der
Hamburger Aktionstage vom 24. Mai bis 2. Juni
2013. www.konfetti-im-kopf.de
13
Infothek
Ausstellung
liebe.lust.leben.
Mit der Ausstellung „GROßE
FREIHEIT – liebe.lust.leben.“
greift die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung
(BZgA) ein Thema auf, das
noch viel zu wenig bekannt ist:
Das Risiko, sich eine sexuell
übertragbare Infektion (STI)
zuzuziehen. HIV kennen die
Menschen heute, aber wenige
wissen, was Chlamydien, Gonorrhoe, Herpes genitalis und
Trichomonaden sind. Da die
Zahl der STI in Deutschland
deutlich zugenommen hat,
stellt die BZgA diese in den Mittelpunkt der interaktiven Wanderausstellung, die bis Ende
2013 in neun Städten halt machen wird. Termine unter:
www.grosse-freiheit.de
Petition
Veröffentlichung von
Studiendaten
In der Vergangenheit wurden
die Resultate tausender klinischer Studien nicht veröffentlicht. Manche wurden nicht
einmal registriert. Damit ist das
durch die Studien gewonnene
Wissen weder für die Forschung
noch für die Öffentlichkeit zugänglich. Daher fordern die Initiatoren dieser europaweiten
Petition, dass alle klinischen
Studien registriert werden sollen. Außerdem sollen die vollständigen Methoden und Resultate veröffentlicht werden.
Regierungen, Behörden und
Forschungseinrichtungen werden dazu aufgerufen, Maßnahmen umzusetzen, um dies zu
erreichen. Einige führende
Institutionen im Gesundheitsbereich haben bereits mitgezeichnet, unter anderem auch
das Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Sowohl
Organisationen als auch Privatpersonen können die Petition
unterzeichnen.
www.alltrials.net/home/
german-translation/
Mediziner der Zukunft
Der Nachwuchs
antwortet
Geld, das für die Versorgung der
Kinder nötig ist. Familien mit
hohem Einkommen würden dagegen wie bisher entlastet. Das
neue Konzeptpapier findet sich
auf der Website des Bündnis:
www.kinderarmut-hat-folgen.de
Initiative
Fakten statt
Kindergrundsicherung Partikularinteressen
Bündnis
Kinderarmut hat vielfältige Ursachen und führt zu zahlreichen Benachteiligungen, nicht
selten auch zu gesundheitlichen
Defiziten. Im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG fordern
acht Verbände – darunter auch
pro familia – und zehn WissenschaftlerInnen einen Paradigmenwechsel bei der Familienförderung. Das Bündnis setzt
sich für eine sozial gerechte
Kindergrundsicherung von 536
Euro pro Monat ein, die sich
am steuerlichen Existenzminimum orientiert.
Durch die Besteuerung würde die Kindergrundsicherung
je nach Einkommen der Eltern
langsam abschmelzen. Familien
mit keinem oder nur geringem
Einkommen erhielten so mehr
Das FORUM GESUNDHEITSPOLITIK ist eine private Initiative
von gesundheitspolitisch engagierten Wissenschaftlern. Ihr
Ziel ist es, die Öffentlichkeit mit
fundierten Informationen über
gesundheitspolitische Rahmenbedingungen zu versorgen. Die
Website verfolgt keinerlei kommerzielle Interessen und möchte dazu beitragen, die Diskussionen zur Reform des Gesundheitssystems mit Argumenten
zu beleben, die auf Fakten beruhen und weniger auf Vorurteilen und Partikularinteressen.
In diversen Rubriken werden
umfangreiche und grundlegende Dossiers, Expertisen und
Übersichtsartikel zu einer Reihe
von Themen angeboten.
www.forum-gesundheitspolitik.de
Mit ihren Forderungen nach
besseren Arbeitsbedingungen
mit geregelten Arbeitszeiten
und familienfreundlichen Strukturen trifft die sogenannte Generation Y der nach 1980 Geborenen immer wieder auf Unverständnis – auch im Gesundheitswesen.
Ein jüngst von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
im Rahmen der Kampagne
„Wir arbeiten für Ihr Leben
gern“ veröffentlichtes Video,
deutete in die Bedürfnisse des
Mediziner-Nachwuchses Demotivation, wenig Arbeitsbereitschaft und mangelnde Risikobereitschaft.
Um den
Herausforderungen
der Zukunft
zu begegnen, erachtet die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland
(bvmd) hingegen grundlegende
Veränderungen der Organisation und des Selbstverständnisses ärztlicher Tätigkeit als dringend notwendig.
Ein Wandel der Arbeitskultur
in der Krankenversorgung hin
zu einer menschlichen Medizin
und einem gesunden Arbeitsklima seien Basis für eine gute
medizinische Versorgung.
Filmisch wagen Studierende
der bvmd den Generationendialog und antworten auf die
Befürchtungen der älteren Ärztegeneration. Das Video steht
online unter: www.freundilie.de
Dr. Michael Kunkel
Hauptstraße 6
79822 Titisee-Neustadt
Telefon: 07651 - 93 388 - 0
stadtapotheke24.de
plazentanosoden.de
Wir garantieren:
• Über 10 Jahre Erfahrung in der Nosodenherstellung
• Handverschüttelte Nosoden, qualitätszertifizierte
Produktion, internationaler Versand
Kostenfrei für Sie:
Informationsmaterial und Beratung unter
www.plazentanosoden.de oder 07651 - 93 388 - 0
GR
AT
IS
Mutterkindnosoden – Natürlich gesund von Anfang an
• Nutzen Sie die Kraft individualisierter Homöopathie
• Aktivieren Sie die Selbstheilungskräfte des Körpers auf
natürliche Weise
• Gewinnen Sie einmalige und maßgeschneiderte
Arzneien aus Plazenta, Muttermilch, Fruchtblase und
Nabelschnur(blut)
Be
sch i de
en r B
ke es
(G n w tellu
uts ir ng
ch Ihn e
ein en ine
co 12 s N
de 5 o
: ‚M g G sod
ab ebu enus rt Se
e‘) ste ts
e.
14
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Interview
„Wir gehören
dazu.“
Rück- und Ausblick auf das politische
Engagement einer Demenzbetroffenen
Zwei Jahre nach ihrer Demenz-Diagnose trat Helga Rohra
2010 in die Öffentlichkeit. Seitdem reist sie unermüdlich
zu Kongressen und Presseterminen, um für die Bedürfnisse
von Demenzbetroffenen einzutreten. Dr. med. Mabuse
sprach mit ihr über das Erreichte und künftige Projekte.
Helga, Du stehst seit etwas über drei Jahren als Demenzbetroffene in der Öffentlichkeit. Seitdem ist viel passiert.
Welche Entwicklungen scheinen Dir am wichtigsten?
Das Wichtigste ist, dass Menschen in einem Anfangsstadium der Demenz auf die Bühne gebeten werden, um
über unsere Bedürfnisse zu sprechen. Das wird heute
deutschlandweit von ganz verschiedenen Organisationen
gemacht: den Kirchen, den Alzheimer-Gesellschaften
und vielen anderen. Wir zeigen, dass wir da sind.
Dann existiert seit Oktober 2012 eine Arbeitsgruppe
der Demenzbetroffenen auf europäischer Ebene. Das
zeigt unsere Bedeutung. Wir versuchen, mit dem Stigma
aufzuräumen, mit dem Demenz behaftet ist. Auch die
Medien bringen häufiger Interviews und Talkshows mit
Betroffenen im Anfangsstadium der Demenz. Sie zeigen,
dass Demenz nicht nur ein Ende hat, dass wir gehört
werden wollen und Teilhabe fordern.
Schon 2010 warst Du auf einer Konferenz von Alzheimer
International in Thessaloniki. Sehr früh hast Du
Kontakte zu anderen Betroffenen auf der ganzen Welt
geknüpft. Warum?
Ich schöpfe Kraft daraus. Diese Menschen sind im Vergleich zu uns Deutschen mutiger, mit Forderungen aufzutreten und politisch aktiv zu sein. Ich möchte davon
lernen. Und es geht um Solidarität: Demenz ist ein weltweites Phänomen. Gemeinsam wollen wir das Thema und
insbesondere die Situation der Frühbetroffenen in den
Fokus rücken. So sind wir stärker – eine große community.
Bist Du zufrieden mit dem Erreichten?
Ich bin noch lange nicht zufrieden. Erstens brauche ich
Mitstreiter. Ich kann auch die Angehörigen und Gruppen, die mit jungen Betroffenen arbeiten, nur ermutigen,
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
diese Menschen zu unterstützen, dass sie aus dem Schatten treten und sagen, was sie brauchen. Das beginnt
schon damit, dass wir selbst bestimmen, worüber wir in
unseren Selbsthilfegruppen sprechen.
Von den großen Alzheimer-Gesellschaften erwarte ich
eine Unterstützung, die nicht an eine bestimmte Uhrzeit
oder einen bestimmten Tag gebunden ist. Nicht nur telefonische Beratung, sondern offene Angebote, wo ich mit
den ganz alltäglichen Lappalien hingehen kann: wenn
ich einen Brief formulieren oder ein Abo kündigen muss.
Das gibt es in Belgien oder in den Niederlanden schon.
Von der Politik fordere ich, dass sie die Menschen an
der Basis mehr einbezieht. Die letzten Herbst von der
Bundesregierung gegründete „Allianz für Menschen mit
Demenz“ hätte „Allianz mit Menschen mit Demenz“ heißen müssen – Demenzerkrankte, Angehörige und beruflich Pflegende sollten dort Projekte vorschlagen dürfen.
Zu den Schattenseiten: Welche Entscheidung der letzten
Jahre hast Du bereut? Wo gab es Enttäuschungen?
Mir fehlt ein Kooperationspartner, der günstige Rahmenbedingungen für mein Engagement schafft. Menschen mit
Demenz sind am Anfang noch stark, aber sie haben auch
Einschränkungen, von denen ihr Gegenüber nicht genug weiß. Wenn das Drumherum bei einem Auftritt
oder einer Lesung nicht richtig klappt, raubt das viel Kraft.
Und ich möchte meine Botschaft noch so lange wie möglich weitertragen. Ich wünschte mir natürlich, dass von
Anfang an andere Betroffene an meiner Seite gewesen
wären. Aber das ist ein langer Prozess: Hier in Deutschland braucht es, denke ich, eine ausgestreckte Hand, die
diese Menschen einlädt, über ihre Wünsche zu sprechen.
Gibt es ein Projekt, auf das Du in nächster Zeit besonders
viel Herzblut verwenden möchtest?
Ich suche nach organisatorischer und finanzieller Unterstützung für einen Ort, wo Menschen gleich nach einer
Demenz-Diagnose hingehen können. Wo sie ein paar Tage verbringen, Kraft schöpfen und lernen können, mit
dieser Diagnose menschlich umzugehen – unabhängig
von dem Präparat, das sie nehmen. Sie dürfen nicht allein gelassen werden, sondern brauchen zumindest das
Angebot, sich professionell unterstützen zu lassen.
Dann möchte ich gern mit anderen Betroffenen und
Sympathisanten aus ganz Europa eine Art Sternmarsch
machen, um zu zeigen: Demenz ist überall – im armen
Litauen und in der reichen Schweiz – und schafft ein
neues Miteinander. Demenz gehört dazu. Wir gehören
dazu. Bei Alzheimer Europe gab es auch die Idee, dass Demenzbetroffene gemeinsam, von verschiedenen Seiten
her, einen Berg besteigen. Ein Symbol dafür, dass Demenz nicht nur ein Abstieg ist. Dass es für uns Betroffene
in Europa aufwärts geht. Wir landen bei solchen Überlegungen aber recht schnell bei einer Frage: „Who is going
to fund us?“
Vielen Dank für das Gespräch!
Helga Rohra
ist Vorsitzende der European Working Group of People with Dementia.
Die Autorin des Erfahrungsberichtes „Aus dem Schatten treten“ setzt
sich für die Inklusion von Menschen mit Demenz ein.
15
16
PRO
Kommentar
Fehlverhalten im Gesundheitswesen
Geschützte Hinweise sind notwendig
Foto: GKV-Spitzenverband/Steffen Kugler
U
m das Thema vorab einmal grundsätzlich
einzuordnen: Abrechnungsbetrug, Untreue
und Korruption fügen nicht nur den gesetzlichen Kassen, sondern dem gesamten Gesundheitswesen Schaden zu – und zwar nicht nur
finanziell gesehen.
Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu bekämpfen ist
notwendig und darüber hinaus
auch eine gesetzliche Aufgabe
der „Stellen zur Bekämpfung
von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“, die bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, ihren Bundesverbänden
und beim GKV-Spitzenverband
eingerichtet wurden.
Niedrigschwelliges
Angebot
Um diese Aufgabe zu erfüllen,
sind die Kassen auf entsprechende Hinweise angewiesen. Das
Online-Meldeformular des GKVGernot Kiefer, geb. 1957, hat Sozialwissenschaften studiert und ist Vorstand des GKVSpitzenverbandes ist hierfür ein
Spitzenverbandes.
„niedrigschwelliges“ Ü[email protected]
lungsangebot – das es übrigens
bereits seit drei Jahren auf unserer Internetseite gibt, auch wenn die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und einige
Kassenärztliche Vereinigungen das Formular
erstaunlicherweise erst vor Kurzem dort entdeckt haben wollen.
Und auch wenn das von den Ärzteorganisationen noch so oft suggeriert wird – es richtet
sich nicht speziell gegen ÄrztInnen, sondern ermöglicht die Meldung jeglicher Form von Fehlverhalten in allen Leistungsbereichen des Gesundheitswesens.
Gesetzlicher Hinweisgeberschutz fehlt
Wenn heute zum Beispiel eine Pflegekraft
in Deutschland auf interne Missstände etwa in
einem Pflegeheim hinweist, muss sie wegen
Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Pflichten mit
einer Kündigung rechnen. Solange dies so ist,
ist der Ruf nach einem nicht-anonymisierten
Meldewesen wohlfeil und realitätsfern – es sei
denn, man möchte eigentlich, dass gar keine
Hinweise gegeben werden.
Fehlverhalten aktiv bekämpfen
Wir finden es bedauerlich, dass sich einige Ärztefunktionäre eher damit beschäftigen, weiter
an der Legende von den verunglimpften Ärzten
zu stricken, statt Fehlverhalten aktiver zu bekämpfen.
Die vielen ehrlichen ÄrztInnen und anderen
Leistungserbringer hätten es verdient, dass sich
das Engagement aller Institutionen ernsthaft
gegen die „schwarzen Schafe“ im Gesundheitswesen richtet. Denn auch die KBV und die kassenärztlichen Vertretungen sind gemäß Paragraf
81a des Sozialgesetzbuches V seit 2004 gesetzlich verpflichtet, jedem Hinweis auf Fehlverhalten im Gesundheitswesen nachzugehen.
Insofern ist es eher verwunderlich, dass die
KBV nach fast zehn Jahren noch immer kein
eigenes Hinweisgebersystem auf ihrer Homepage
eingerichtet hat.
Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft
Andere Teile der Ärzteschaft dagegen haben die
Notwendigkeit eines solchen Meldewesens
durchaus erkannt. So haben wir gemeinsam mit
der Bundesärztekammer und der Deutschen
Krankenhausgesellschaft im Zuge der Aufarbeitung des Organspendeskandals die Möglichkeit
der anonymen Meldung von Fehlverhalten geschaffen. Ein entsprechendes Formular ist nun
auf der Startseite der Homepage der Bundesärztekammer zu finden. ■
Da es in Deutschland noch immer keinen gesetzlichen Hinweisgeberschutz gibt, sehen wir
keine andere Möglichkeit, als den Nutzern des
Formulars Anonymität zu garantieren.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
CONTRA
Kommentar
Fehlverhalten im Gesundheitswesen
Nur ein Ablenkungsmanöver
A
lbtraumhaft erinnert mich die Debatte um
Korruption bei Ärzten an die mittelalterlichen Rahmenbedingungen aus einem Film, den
ich kürzlich gesehen habe. Darin wurde eine
Frau angeblichen Fehlverhaltens beschuldigt.
Dem Dorftribunal ging es aber nur darum, von
der eigenen Verantwortung für
Missstände gegenüber der Dorfbevölkerung abzulenken. Am
Ende wurde die Frau als Hexe
verbrannt.
Foto: privat
Übertriebener Eifer
Dies führt mich zu der Frage,
warum Teile der Kassen und der
Politik die Diskussion um ärztliches Fehlverhalten mit einem
derartigen Eifer führen. Warum
wird der Anschein erweckt, als
handle es sich um ein Massenphänomen und das drängendste
Problem im Gesundheitswesen?
Die Sachlage jedenfalls rechtfertigt
es nicht. Korruption im
Norbert Metke, geb. 1950, ist Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung
Gesundheitssystem gibt es. Wir
Baden-Württemberg.
wissen von Einzelfällen – das
[email protected]
wird auch von den leidenschaftlichsten Wortführern der Korruptions-Diskutanten betont –, in denen niedergelassene Ärzte Vergünstigungen entgegengenommen haben. Das ist nicht mit dem Berufsverständnis des Arztes zu vereinbaren. Der Patient
muss das Vertrauen haben, dass sein Arzt ihn
nach bestem Wissen behandelt und sich nicht
von Zuwendungen beeinflussen lässt. Wenn Ärzte
sich auf derartige Geschäfte einlassen, muss das
geregelt werden. Gleichzeitig ist eine klare Grenze
zu den Kooperationen mit anderen Beteiligten
im Gesundheitswesen zu ziehen, die die Politik
ausdrücklich von den Ärzten fordert.
Eigentlich ist alles gesagt
Damit wäre das Thema eigentlich abgeschlossen.
Ist es aber nicht. Seit mehr als einem Jahr wird
in der Diskussion der Begriff des Arztes zum Teil
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
nur noch in Verbindung mit Korruption verwendet. Da stellt der GKV-Spitzenverband ein Dokument auf seine Homepage, mit dem die Versicherten aufgefordert werden, anonym Angaben
zu „tatverdächtiger Person“, „Tatzeit“, „Tatort“
usw. zu machen. Warum rückt der GKV-Spitzenverband die Ärzte in einen Zusammenhang mit
Straftätern?
Ablenkung vom eigenen Versagen?
Könnte es also sein, dass das eigentliche Ziel nicht
in der Bekämpfung von Fehlverhalten einiger
weniger besteht, sondern auf einer anderen
Ebene liegt? Könnte es sein, dass es vielmehr
darum geht, vom eigenen Versagen abzulenken?
Gemeinsame Selbstverwaltung ist kein Selbstzweck, sondern hat einen Auftrag zu erfüllen,
der ihr vom Gesetzgeber zugewiesen wurde.
Der GKV-Spitzenverband verweigert sich diesem
Auftrag systematisch und höhlt damit kontinuierlich das Primat der Gesetzgebung aus. Beispiele
hierfür gibt es zuhauf, die wenigsten haben übrigens etwas mit mehr Geld für die Ärzte zu tun,
sondern mit Leistungen für die Versicherten. Da
ist es doch ganz praktisch, wenn Nebenkriegsschauplätze mit viel Geräusch thematisiert werden können. Wir wagen uns nicht vorzustellen,
was passieren würde, wenn all die Energie und
die Ressourcen, die dafür aufgewendet werden,
konstruktiv in die Verbesserung der Versorgung
fließen würden.
Es geht auch anders
Umso mehr erfreut es uns, dass diese Haltung
keineswegs überall im Krankenkassenlager und
in der Politik mitgetragen wird. Im internen Gespräch schütteln Kassenvorstände und Gesundheitspolitiker den Kopf über so viel Plumpheit.
Dass es auch anders geht, zeigt sich übrigens
in Baden-Württemberg. Hier hat sich über Jahre
hinweg ein Vertrauensverhältnis zwischen Ärzteschaft und Kassen gebildet, das auch in schwierigen Fragen gute Kompromisse zustande bringt.
Der GKV-Spitzenverband erweist sich zunehmend als Häuptling ohne Indianer. ■
17
18
Kongressbericht
Wer hat was vom Risiko?
Eindrücke vom XIII. Hebammenkongress 2013
Helma Veeldt
Offenbar versteht die Natur nichts von
ihrem Handwerk. Über 90 Prozent der
Schwangeren in Deutschland sind heute
Risikoschwangere, nur etwa 7 Prozent
der Frauen gebären ohne medizinische
Intervention. Warum Schwangerschaft
und Geburt so riskant geworden sind,
war eine der Leitfragen auf dem Hebammenkongress in Nürnberg.
R
und 2.200 Hebammen waren vom
6. bis 8. Juni 2013 zum XIII. Hebammenkongress nach Nürnberg gekommen.
Sie dürften aus der Vielzahl der Vorträge, Workshops oder den Veranstaltungen
im Vorfeld des Hauptkongresses ganz
unterschiedliche Eindrücke mit nach
Hause genommen haben. An zwei Diskussionen aber kam gewiss keine von
ihnen vorbei: wie problematisch die Entwicklung der Geburtshilfe in Deutschland weiterhin ist und wie dieser Entwicklung auch auf wissenschaftlicher
Grundlage entgegengewirkt werden
kann. Nicht umsonst lautete das Motto
des Kongresses „HebammenWissen – Das
Normale ist etwas ganz Besonderes“.
Gleich in mehreren Vorträgen wurden ernüchternde Zahlen präsentiert:
Im Jahr 2012 waren insgesamt 90,7
Prozent aller Schwangeren in Deutschland Risikoschwangere (laut Eintrag im
Mutterpass plus im Verlauf der Schwangerschaft), die Kaiserschnittrate erreichte
31,8 Prozent, 22 Prozent der Geburten
wurden eingeleitet. Zwar können diese
Zahlen kaum noch überraschen, weil sie
einen schon länger anhaltenden Trend
zur Medikalisierung von Schwangerschaft und Geburt dokumentieren. Aber
sie machen erneut deutlich, wie dringend hier medizinische Interventionen
auf den Prüfstand gehören. Sind doch
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett natürliche weibliche Lebensprozesse, und der Nutzen vieler Interventionen
nicht belegt, so mancher mögliche Schaden nicht ausreichend erforscht.
Risikodenken
Warum also sind die meisten Schwangeren in Deutschland Risikoschwangere?
Und wer hat was davon? Die Frauen? Ihre Kinder? Werden Schwangerschaften
und Geburten dadurch besser überwacht
und medizinisch betreut und somit sicherer, die Kinder gesünder? Die Antwort von Christiane Schwarz, Gesundheitswissenschaftlerin, Hebamme und
Dozentin aus Hannover, lautete: „nein“.
In einem Gesundheitssystem, in dem ein
Leistungserbringer möglichst viele Untersuchungen und Behandlungen „verkaufen“ muss, um seine wirtschaftliche
Existenz zu sichern, generiere Risikodenken vor allem eines: Umsatz.
Insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro
werden in Deutschland pro Jahr mit Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL)
umgesetzt. FrauenärztInnen sind die erfolgreichsten IGeL-Anbieter. Mit dem Argument „Sie möchten doch das Beste für
Ihr Baby“ lassen sich zusätzliche Untersuchungen und Therapien jenseits des
Krankenkassen-Leistungskatalogs offenbar besonders gut verkaufen. Die Motivation, möglichst viel zu betreuen, verspüren aber auch Hebammen. Und sie
verweilen länger bei Hausbesuchen,
wenn die Frau privat versichert ist, so
Christiane Schwarz.
Die Wissenschaftlerin problematisierte in ihrem Vortrag auch den Risikobe-
griff. Ein Risiko sei lediglich eine Zahl,
eine ausgerechnete statistische Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte
Erkrankung oder Komplikation voraussichtlich eintreten wird. Allzu häufig
werde ein Risiko heute aber mit der
möglichen Erkrankung oder Komplikation selbst verwechselt. Was die Sache
zusätzlich erschwere: Um ein Risiko zu
berechnen, muss vorab ein Normalbereich definiert werden – und das kann
schwierig sein. Die Auffassung, was noch
normal ist, unterliegt außerdem oft dem
Wandel.
Was ist „zu lange“?
Wann eine Geburt einzuleiten ist und
auch wie lange sie dauern darf, bevor ein
Kaiserschnitt notwendig wird – diesen
Fragen widmeten sich Christine Loytved, Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin aus Lübeck, sowie Katharina
Lüdemann, Oberärztin an der Frauenklinik St. Josef-Stift in Delmenhorst.
Christine Loytved nahm dabei in ihrem Vortrag „In 280 Tagen zur Geburt“
eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration und darauf beruhende ärztliche
Leitlinien unter die Lupe. Die Cochrane
Collaboration ist ein internationales Netzwerk von WissenschaftlerInnen und
ÄrztInnen, das sich an den Grundsätzen
der evidenzbasierten Medizin orientiert.
Laut Leitlinie ist die Frau am ersten Tag
nach Überschreitung des Geburtstermins
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Kongressbericht
In einem der vielen spannenden Vorträge hinterfragte die
Wissenschaftlerin und Hebamme Christiane Schwarz den
Risikobegriff. – Stillkissen und vieles mehr gab es in der Fachausstellung zu sehen (oben rechts). Und auch was das Kongressprogramm betraf, hatten die Teilnehmerinnen bei über
100 Vorträgen und Workshops die Qual der Wahl (rechts).
Foto links: So attraktiv ist Wissenschaft: Viele Hebammen
fanden in den Vortragssälen keinen Sitzplatz mehr.
Alle Fotos: Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Hebammenverbandes/
Hans-Joachim Winckler
über eine mögliche Geburtseinleitung
aufzuklären, sieben Tage später wird eine
Geburtseinleitung empfohlen und nach
weiteren sieben Tagen ist sie indiziert,
weil sonst eine Totgeburt drohe.
Aber, so Christine Loytved, es gebe
gar keine wissenschaftliche Evidenz für
die Einleitung von Geburten. Die der Leitlinie zugrunde liegende Metaanalyse sei
weder auf Deutschland übertragbar (Studien aus China, Thailand, Tunesien)
noch in ihrem Ergebnis eindeutig (zum
Teil wurden in den Studien entscheidende Parameter wie der Einsatz von
Schmerzmitteln, Erstgebärende ja/nein
nicht unterschieden). Weitere Studien
seien notwendig. Ihr Fazit: Wir wissen
heute nicht, ob eine Schwangerschaft bei
allen Frauen gleich lang ist. Das Vorgehen bei Terminüberschreitung ist nicht
evidenzbasiert.
Katharina Lüdemann kam zu dem gleichen Ergebnis. Jenseits der Studienlage
interessierte sie sich darüber hinaus auch
für die Gründe, die ein Abwarten-Können heute so schwer zu machen scheinen. Sie warf dabei einen Blick in die
Geschichte der Geburtshilfe in Deutschland, auf strukturelle und gesellschaftliche Entwicklungen sowie die Situation
im Ausland. So wird etwa bei einem vorzeitigen Blasensprung in Deutschland
die Geburt bereits nach sechs Stunden
eingeleitet, in Großbritannien wartet man
drei Tage ab.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Argumentationshilfen
Wie groß das Interesse an den wissenschaftlichen Beiträgen war, zeigten die
vollen Vortragssäle – zum Teil saßen die
Besucherinnen auf dem Boden oder standen dicht gedrängt hinten im Raum –, es
gab auch viel Applaus und lebhafte Diskussionen.
Eine junge Hebamme bedankte sich
ausdrücklich: Die (kritische) Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen
Grundlagen würde ihr Argumente an
die Hand geben, Interventionen in ihrer
Klinik hinterfragen zu können.
Buntes Begleitprogramm
Begleitet wurde der Kongress von einer
umfangreichen Fachausstellung, in der
Hebammen – ungeachtet vorhandener
oder nicht vorhandener Evidenz – nach
Herzenslust einkaufen und Infomaterialien mitnehmen konnten. Die Organisation ließ genug Zeit für einen ausgiebigen
Austausch mit Kolleginnen und wer Lust
auf noch mehr Programm hatte, konnte
sogar ins Kino gehen.
Es wurden Dokumentarfilme über
Geburtserlebnisse („Ocean of Emotion“,
Film von Roland und Katarina Wirzbinna, 2012), über die Unterstützung werdender Eltern durch Doulas („Doula!“,
Film von Toni Harmann, 2010) oder die
kulturell bedingten Einflüsse auf die kindliche Entwicklung („Babys“, Film von
Thomas Balmès, 2009) gezeigt sowie ein
einfühlsamer Spielfilm über die Wochenbettdepression einer jungen Mutter und
ihren Weg zur Heilung („Das Fremde in
mir“, Film von Emily Atef, 2009).
In Zukunft: evidenzbasiert
Im berufspolitischen Forum des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) ging
es um die Zukunft: die Akademisierung
der Hebammenausbildung, qualitätssichernde Maßnahmen in der Hausgeburtshilfe, den weiteren Ausbau von Hebammenkreißsälen, die Entwicklung der
Haftpflichtprämien, Verhandlungen über
die Vergütung freiberuflicher Hebammen
und die Situation von Klinikhebammen,
die inzwischen drei bis vier Frauen
gleichzeitig zu betreuen haben.
Welche Ziele auf dem XIV. Hebammenkongress 2016 erreicht, welche berufspolitischen Herausforderungen gemeistert sein werden, kann noch niemand
vorhersagen. Gewiss ist aber, dass die
Kompetenz von Hebammen, ihre Arbeit
aus wissenschaftlichen Grundlagen herzuleiten und evidenzbasiert zu entscheiden, bis dahin noch weiter wachsen wird.
Es ist zu wünschen, dass dies dazu beiträgt, dass das Normale dann nicht mehr
ganz so besonders ist. ■
Helma Veeldt
geb. 1957, ist Journalistin in Berlin.
[email protected]
19
Gesundheitspolitik
Foto: picture alliance / dpa
20
Klare Wahlempfehlungen
Zum 116. Deutschen Ärztetag in Hannover
Wolfgang Wagner
Die Vertreter der Ärzteschaft haben sich in seltener Offenheit in den Bundestagswahlkampf
eingeschaltet. Beim Ärztetag bezogen die Delegierten eindeutig Position gegen Rot-Grün und
deren Konzept einer Bürgerversicherung. Und
Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery lobte
überschwänglich den Bundesgesundheitsminister von der FDP.
F
rank Ulrich Montgomery hat mit Einmischungen in den Wahlkampf eigentlich keine guten Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2002
hatte der Präsident der Hamburger Ärztekammer und damalige Vorsitzende der Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund öffentlich zur
Wiederwahl von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) aufgerufen. „Wir im Gesundheitswesen“ war der Name der Initiative. Das hat dem
Ruf des langjährigen SPD-Mitglieds in der Ärzte-
schaft seinerzeit schwer geschadet. Im selben
Jahr wurde er als Ärztekammerpräsident in Hamburg abgewählt und flog somit auch aus dem
Vorstand der Bundesärztekammer. Inzwischen
ist der Radiologe seit zwei Jahren deren Präsident und seine Empfehlungen sehen nun etwas
anders aus. Er wünscht sich, dass sich SPD und
Grüne mit ihren Vorstellungen zur Gesundheitspolitik nicht durchsetzen mögen.
Schreckgespenst Bürgerversicherung
Die Ärzte seien „allein der Sache verpflichtet“,
sagte Ärztepräsident Montgomery in seiner Eröffnungsrede zum Ärztetag in Hannover. Es gehe
ihnen um Patientenversorgung und Qualität,
nicht um „Umverteilung und auch nicht Weltverbesserung“ – ein erster Giftpfeil in Richtung
Rot-Grün, die sich ein gerechteres Gesundheitswesen und ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Gesundheitspolitik
durch eine allgemeine Bürgerversicherung auf die Fahnen geschrieben haben.
Die jedoch ist für Montgomery und die
Mehrheit der Delegierten des Ärzteparlaments das Übel schlechthin. Die Warnung des Präsidenten vor „Staatsmedizin und Einheitsversicherung“ quittierte
der Saal in Hannover mit kräftigem Applaus.
Die Bürgerversicherung ist ein altes
Projekt von Rot-Grün und seitdem ein
Schreckgespenst zumindest für die Ärztefunktionäre. Denn mit der Umstellung
ginge das Ende der Privaten Krankenversicherung (PKV) in der bisherigen
Form einher, die vielen Praxen gute Einnahmen beschert. SPD und Grüne wie
auch die Linkspartei halten das bisherige
System des Nebeneinanders von gesetzlicher und privater Versicherung für ungerecht. Nur wer mehr als 4.350 Euro
brutto im Monat verdient, darf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
verlassen und sich privat versichern. Diese Versicherung der Wohlhabenden zahlt
höhere Honorare, was zur Vorzugsbehandlung in Kliniken und Praxen führt.
SPD, Grüne und Linke fordern eine
Krankenversicherung für alle, in die auch
Beamte und Selbstständige einzahlen.
Zudem sollen Beiträge in den Entwürfen
von Grünen und Linken nicht nur auf
das Arbeitseinkommen, sondern auch
auf Kapitalerträge und Mieteinnahmen
erhoben werden. Die damit einhergehende Vereinheitlichung der Honorare
für medizinische Leistungen würde nach
den Plänen die Zwei-Klassen-Medizin beenden. Kassenpatienten würden etwa bei
der Terminvergabe in der Praxis nicht
länger benachteiligt.
Alte Pläne, neu aufgelegt
Montgomery argumentierte, das Gegenteil werde der Fall sein: Weil es keine
Konkurrenz mehr zwischen GKV und
PKV gebe, würden die Leistungen immer
weiter eingeschränkt, und die Bürgerversicherung werde zum „Turbolader der
Zwei-Klassen-Medizin“. Schon 2012 hatte der Ärztetag seine Ablehnung der
Bürgerversicherung zum Ausdruck gebracht. Nun, im Wahljahr, legte er auch
ein eigenes Konzept zur Reform der
Krankenversicherung vor – das das einst
verworfene CDU/FDP-Modell einer Kopfpauschale wieder aufgreift.
Nach dem Modell, das die 250 Delegierten des Ärztetages verabschiedeten,
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
bleiben GKV und PKV bestehen. Denn:
Das bisherige Nebeneinander von privater und gesetzlicher Versicherung habe sich bewährt, meinte Montgomery. Die
„Geldspeicher“ seien voll. „Es herrscht
überhaupt keine Not, das System von
den Füßen auf den Kopf zu stellen“. Der
GKV-Beitrag soll zu einem „festen, einkommensunabhängigen und von den
Kassen autonom festzulegenden Gesundheitsbeitrag“ werden, das heißt: zu
einer Kopfpauschale, die für Gering- wie
Gutverdiener gleich ist. Liegt der Beitrag
höher als neun Prozent des Haushaltseinkommens, wird der Restbetrag aus
Steuern bezahlt. Der Arbeitgeberbeitrag
soll auf dem derzeitigen Stand eingefroren werden.
Für alle in Deutschland geborenen
Kinder soll außerdem ein „Gesundheitssparkonto“ aus Steuermitteln eingerichtet werden, auf das bis zum 18. Lebensjahr etwa 100 Euro pro Monat eingezahlt
werden. Die Summe soll spätere Kosten
für die Gesundheitsversorgung abdecken.
Auch in Sachen PKV hat die Ärzteschaft
Wünsche: Die Gebührenordnung soll
überarbeitet werden. Als „Übergangslösung“ forderte der Ärztetag eine 30-prozentige Erhöhung der Gebühren – als
„Inflationsausgleich“.
Patientenwohl
durch Kopfpauschale?
Auch wenn Gesundheitsminister Daniel
Bahr (FDP) den Vorschlag der Kopfpauschale nicht aufgriff und auf dem Ärztetag in Hannover stattdessen für mehr
private Zusatzbeiträge der Versicherten
plädierte, die Absage an die Bürgerversicherung kam ihm im Wahlkampf sehr
gelegen. Die Bürgerversicherung werde
den Versicherten „zum Bittsteller einer
Einheitskasse“ machen, sagte der FDPPolitiker, den Montgomery für die „hervorragende“ Zusammenarbeit lobte. Und
der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, Jens Spahn, warnte vor einer „Einheits-AOK für alle“, unter der die Versicherten als erstes leiden würden.
Auch SPD und Grüne verstanden die
Kampfansage der Ärztefunktionäre. „Seit
dem Ärztetag sind die Fronten in der Gesundheitspolitik geklärt“, kommentierte
SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück und
stellte die – rhetorische – Frage, ob es
wohl wirklich die Sorge ums Patientenwohl gewesen sei, die den Ärztepräsidenten veranlasst habe, die Kopfpauschale
wieder „aus der Kiste“ zu holen. SPDChef Sigmar Gabriel wurde deutlicher
und bezweifelte, dass der Beschluss des
Ärztetages wirklich der Meinung der
Ärzteschaft entspreche: Es sei „beschämend“, „dass eine privilegierte Gruppe
von gut verdienenden Fachärzten die
ganze Ärzteschaft für ihre Lobbyinteressen in Haftung nimmt“. Das Gesundheitssystem sei „krank“, die richtige Therapie
„Die Absage an die
Bürgerversicherung kam
dem Gesundheitsminister im Wahlkampf
sehr gelegen.“
aber die Bürgerversicherung. Auch die
grüne Spitzenfrau Katrin Göring-Eckardt
rügte, Montgomery habe das Gehalt der
Ärzte im Blick, nicht das Wohl aller Patienten. „Für die Kopfpauschale werden
Geringverdiener draufzahlen.“ Zugleich
betonte die Opposition, dass sie keineswegs eine Einheitskasse plane, sondern
ein einheitliches Versicherungsmodell,
das dann gesetzliche wie private Versicherer anbieten könnten.
Kein Applaus für die Beschlüsse
Auch aus der Ärzteschaft kam Kritik an
dem Modell des Ärztetages. Der Verein
demokratischer Ärztinnen und Ärzte bezeichnete es als unverständlich, warum
„gerade zu Zeiten eines Milliardenüberschusses im Gesundheitsfonds bei gleichzeitig exorbitant steigenden Tarifen der
PKV das PKV-Modell mit Kapitaldeckung
als zukunftsträchtig propagiert wird“. Es
bleibe ein „Geheimnis“, weshalb ein solches System nachhaltiger als ein umlagefinanziertes sein solle. Selbst die CDU als
Erfinderin des Kopfpauschalen-Modells
verfolge dieses nicht weiter. Der Vorschlag sei „unsozial, unausgegoren, soll
die Position der Arbeitgeber und der Versicherungswirtschaft festigen und dabei
der Ärzteschaft weiterhin Einnahmen
aus der PKV sichern“, bilanzierte der linke
Ärzteverband. Es sei „politisch unklug“,
sich kurz vor den Bundestagswahlen
mit einem „unausgereiften gesundheitspolitischen Papier in der Öffentlichkeit
zu präsentieren“. Durchsetzen konnte
21
22
Gesundheitspolitik
er sich mit seiner Position beim Ärztetag
gleichwohl nicht.
Auch die gesetzlichen Krankenkassen
wandten sich gegen die Beschlüsse des
Ärztetages. Die Behauptung, die Bürgerversicherung führe in eine Zwei-KlassenMedizin, sei „Unsinn“, sagte der Chef der
Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Die
PKV, die wohl auch in den nächsten Monaten die Beiträge wieder erhöhen muss,
müsse nicht künstlich am Leben erhalten werden. „Die Ärzte wollen an der
PKV festhalten, weil sie Angst haben,
Geld zu verlieren.“ Und der Verband der
Ersatzkassen vdek warnte davor, die Versicherten durch mehr Eigenbeteiligung
noch weiter zu belasten.
Von Montgomery hatten sich die
Krankenkassen beim Ärztetag heftige
Vorwürfe anhören müssen. Er unterstellte ihnen „Kampagnen zur Desavouierung der Ärzteschaft“, etwa mit Berichten über falsche Klinikabrechnungen,
Korruption oder Ärztefehler. „Einige Vertreter der Krankenkassen werden nicht
müde, in höchst manipulativer Weise
dieses perfide Spiel permanenter Ver-
leumdung voranzutreiben“, beklagte er.
Ihr Ziel sei die „absolute Steuerungshoheit“, kurz: der „Kassenstaat“. Dazu fiel
den Angegriffenen dann nur noch wenig ein. Das seien „Verfolgungsfantasien
des Ärztekammerpräsidenten“, bemerkte
AOK-Chef Uwe Deh.
Korruption und andere Skandale
Die Skandale bestimmten gleichwohl
auch auf dem Ärztetag die Agenda. So
ging es um die Manipulationen bei der
Organvergabe, fragwürdige Bonussysteme für Chefärzte und den Umgang mit
der Korruption. Montgomery beklagte
den „schweren Vertrauensverlust“ bei
der Organspende, erklärte zugleich aber,
dass nach der Debatte die Transplantationsmedizin „noch nie so sicher wie
heute“ gewesen sei. Der Ärztetag verabschiedete einen öffentlichen Appell an die
Bevölkerung, sich einen Spenderausweis
zu besorgen. Der Aufruf ist bitter nötig,
sind doch die Spenderzahlen in den vergangenen Monaten dramatisch gesunken. Im ersten Quartal 2013 ging sie auf
301 zurück, im Vorjahreszeitraum waren
es noch 368 Spender gewesen. In Sachen
Korruption wandte sich der Ärztetag gegen Gesetze, die nur für niedergelassene
Ärzte gelten. Hintergrund: Im Juni 2012
hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass niedergelassene Ärzte anders
als ihre im Krankenhaus angestellten
Kollegen nicht wegen Bestechlichkeit
verurteilt werden können, weil sie Freiberufler sind. Auf Druck der Krankenkassen will Gesundheitsminister Bahr
dies im Sozialgesetzbuch regeln und unter Strafe stellen. Dagegen wandte sich
der Ärztetag. Ein Punkt, in dem Funktionäre und der FDP-Gesundheitsminister einmal nicht einer Meinung waren.
Dennoch sagte Montgomery, er würde
sich freuen, wenn sich die Ankündigung
Bahrs, „noch mal Minister werden zu
wollen, erfüllen würde“. Diese Wahlempfehlung dürfte dem Ärztepräsidenten
weniger Schwierigkeiten bereiten als die
für Gerhard Schröder. ■
Wolfgang Wagner
geb. 1964, ist Journalist in Köln.
[email protected]
Perfekte Spreiz-Anhockhaltung
für gesundes Wachstum
✔ Einfachste Handhabung
✔ Unglaublich rückenschonend
✔
www.hoppediz.de
Schwerpunkt:
Schwangerschaft
und Geburt
Foto: Dass/Helga Lade
Der Beginn des Lebens: Werdende Eltern,
Die Beiträge des Schwerpunktes greifen
Hebammen, ÄrztInnen und andere Gesund-
einige der unzähligen Aspekte von Schwan-
heitsberufler beschäftigen sich seit jeher
gerschaft und Geburt auf und stellen span-
damit, und diese Zeit der Entstehung eines
nende Fragen: Kann man nach einem Kaiser-
neuen Lebens hat in keinster Weise an Faszi-
schnitt noch „normal“ gebären? Wobei
nation verloren. Aktuelle Entwicklungen in
helfen Plazenta-Heilmittel? Welche Chan-
unserem Gesundheitswesen erfordern immer
cen haben Frühgeborene heutzutage?
wieder eine neue Auseinandersetzung mit
Daneben wird die Betreuung von Schwan-
dem Thema. Und oft lohnt sich auch der
geren mit einem Suchtproblem vorgestellt.
„Blick zurück“ auf das traditionelle Wissen
Und es kommen Menschen zu Wort, die
rund um die Geburt.
klar sagen: „Ich will kein Kind.“
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Kaiserschnitt
Foto: Your_Photo_Today
24
Ute Taschner
Geburt nach Kaiserschnitt
Die deutliche Zunahme der Kaiserschnittentbindungen in den letzten Jahren hat dazu geführt,
dass der häufigste Grund für einen Kaiserschnitt
mittlerweile die Diagnose „Zustand nach Kaiserschnitt“ geworden ist. Unsere Autorin erläutert,
warum bei der nächsten Entbindung in vielen
Fällen auch eine normale Geburt möglich ist.
I
n Deutschland kommen immer mehr Kinder
durch einen Kaiserschnitt zur Welt. Im Jahr
2012 waren es knapp ein Drittel aller Geburten.
Dabei ist die Zahl der Geburten, bei denen es zu
einer erheblichen Gefährdung für Mutter oder
Kind kommt und die deshalb einen Kaiserschnitt
erfordern, gleich geblieben. Verändert hat sich
hingegen die Anzahl der sogenannten relativen
Kaiserschnittindikationen, bei denen ein Ermessensspielraum besteht. Hier fällen Ärzte immer
öfter die Entscheidung für den Kaiserschnitt.
Nicht-medizinische Gründe wie etwa die bessere
Planbarkeit von Kaiserschnittgeburten oder auch
haftungsrechtliche Erwägungen, die durch die
Strukturen im heutigen Gesundheitswesen bedingt sind, gewinnen dabei zunehmend an Einfluss.1
Hinzu kommt: Kaiserschnitte reproduzieren
sich selbst. Wird ein Kind mithilfe des Skalpells
geboren, kommt das Nächste in 74 Prozent der
Fälle ebenfalls per Kaiserschnitt zur Welt. Damit
ist die Diagnose „Zustand nach Kaiserschnitt“
zum häufigsten Grund für Kaiserschnitte geworden, obwohl das Dogma „Einmal Kaiserschnitt –
immer Kaiserschnitt“ aus wissenschaftlicher Sicht
inzwischen als überholt gilt. Eine Ursache für diese ungünstige Entwicklung scheint zu sein, dass
Mütter und Mediziner die tatsächlichen Risiken
von Geburten nach Kaiserschnitten häufig überschätzen. So tritt das gefürchtete Ein- oder Aufreißen der alten Narbe an der Gebärmutter während der Wehen mit einer Häufigkeit von 0,2 bis
0,5 Prozent sehr selten ein. Auf der anderen Seite wird zumeist vernachlässigt, dass auch der
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Kaiserschnitt
wiederholte Kaiserschnitt für Mutter und
Kind mit Risiken verbunden sein kann.
So steigt das Risiko für sogenannte Einnistungsstörungen der Plazenta, die mit
lebensbedrohlichen Blutungen bei der
Mutter und dem Verlust der Gebärmutter einhergehen können, mit jedem erneuten Kaiserschnitt an.
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Risiken für mögliche Folgeschwangerschaften dafür, diese Frauen zu einer
natürlichen Geburt zu ermutigen. Doch
wie kann die Begleitung aussehen und
welche Bedürfnisse haben Mütter, die bereits einen oder mehrere Kaiserschnitte
erlebt haben?
Gesundheitliche Nachteile
Die Begleitung
nach Kaiserschnitt
Trotz der deutlichen Zunahme der
Schnittentbindungen von etwa 20 Prozent im Jahr 2000 auf knapp 32 Prozent
im Jahr 2012 hat sich das klinische Ergebnis für Mutter und Kind in diesem
Zeitraum nicht weiter verbessert.2 Im Gegenteil weisen immer mehr Studien auf
gesundheitliche Nachteile hin, wenn Kaiserschnitte ohne eindeutige medizinische Indikation erfolgen.3
Auch die psychischen Auswirkungen
der Schnittentbindung wurden untersucht. Dabei konnte etwa festgestellt werden, dass zwar postpartale Depressionen
nicht häufiger vorkommen, als nach vaginalen Klinikentbindungen. Mütter, die
ihre Kinder durch Kaiserschnitte geboren haben, sind jedoch öfter unzufrieden
mit dem Geburtserlebnis als Mütter nach
natürlichen Geburten.4 Einige äußern das
Gefühl, „versagt“ oder „etwas verpasst“
zu haben, „keine gute Mutter zu sein“
oder sie fühlen sich körperlich und seelisch verletzt.5 Andere kämpfen über viele
Jahre hinweg mit ihren Geburtserlebnissen.
Nicht nur deshalb wünschen sich viele
Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten,
beim nächsten Kind eine natürliche Geburt. Auch aus medizinischer Sicht sprechen etwa die schnellere Erholung der
Mutter nach der Geburt und geringere
Welche Begleitung Frauen nach Kaiserschnitt(en) konkret benötigen, hängt unter anderem davon ab, wie sie den operativen Eingriff erlebt haben und ob sie
sich ein weiteres Kind wünschen. Zunächst ist es wichtig, die Geburt mit dem
Arzt und/oder der Hebamme zu reflektieren. So können offene Fragen beantwortet, mögliche Irrtümer ausgeräumt
und die Ereignisse während der Geburt
besser eingeordnet werden. Dieses Gesprächsbedürfnis kann übrigens auch erst
Monate oder sogar Jahre nach der Geburt
auftauchen.
Mütter, die nach einer Geburt traurig,
verunsichert oder verletzt sind, brauchen einen geschützten Raum, in dem
sie über ihre Erlebnisse sprechen können.
Nicht selten ist auch eine therapeutische Begleitung hilfreich. Unbewältigte
traumatische Geburten wirken sich sonst
unter Umständen auf die Beziehung zum
Kind, die Partnerschaft, den Alltag oder
die nächste Schwangerschaft aus.6
Als erster Schritt zur Selbsthilfe können Frauen auch dazu ermutigt werden,
einen Bericht über die Geburt zu schreiben oder sich in Kaiserschnittgruppen
mit anderen Müttern auszutauschen. Für
den Fall, dass eine weitere Schwangerschaft angestrebt wird, sollte im Vorfeld
gemeinsam mit Arzt und/oder Hebamme
der gewünschte Geburtsmodus diskutiert
und entsprechend vorbereitet werden.
Möglichkeiten und Wünsche
in Einklang bringen
Viele Mütter fragen sich nach einem Kaiserschnitt: „Kann ich das nächste Kind
normal bekommen?“ Dies sollte in einem
ausführlichen Gespräch zwischen Mutter,
Arzt oder Hebamme erörtert werden. Es
gilt hier, gemeinsam die medizinischen
Möglichkeiten mit den Wünschen und
Vorstellungen in Einklang zu bringen.
Dazu sollte unbedingt eine Kopie des OPBerichtes und vielleicht auch des Geburtsjournals vorliegen. Vor allem der OPBericht ist für die Beratung der Mutter
unerlässlich, denn er enthält Informationen über die Gründe für den vorherigen
Kaiserschnitt und über die Schnittführung
an der Gebärmutter. In seltenen Fällen
ist diese nicht mit einer natürlichen Geburt vereinbar, weil das Risiko für eine
Narbenruptur zu hoch wäre.
Erfolgte der Kaiserschnitt sekundär,
also nach dem Beginn der Geburt, so kann
das Geburtsjournal wichtige Hinweise darauf geben, wie es zur Indikationsstellung
für den Kaiserschnitt kam. Oftmals zeigt
sich dabei, dass der vorherige Kaiserschnitt das Ergebnis einer sogenannten
Interventionskaskade war. Das bedeutet,
dass ein zunächst harmlos erscheinender
medizinischer Eingriff im Verlauf der Geburt weitere Eingriffe nach sich zieht und
schlussendlich zu einem Kaiserschnitt
führt.
Manche Ärzte raten aus Sorge vor
Komplikationen recht schnell zum erneuten Kaiserschnitt. Doch in vielen Situationen ist eine vaginale Geburt möglich,
etwa bei Zwillingen, Beckenendlage oder
Kaiserschnitt und Kaiserschnittmütter
Eine wohltuende Unterstützung zur Verarbeitung der «Bauchgeburt», ein Mutmacher
zur seelischen Versöhnung
272 S., 19,80 €, ISBN 978-3-9522246-2-5
Emotionale Narben aus Schwangerschaft
und Geburt auflösen
Verletzte Mutter-Kind-Bindungen heilen
und unterstützen – in jedem Alter
192 S., 16,80 €, ISBN 978-3-9522246-7-0
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
25
26
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
auch nach mehr als einem vorherigen
Kaiserschnitt.7 Aus diesem Grund sollten
Mütter, die sich eine natürliche Geburt
wünschen aber die Empfehlung zum wiederholten Kaiserschnitt erhalten, unbedingt eine Zweitmeinung einholen.
Mütter auf die Geburt
vorbereiten
Eine Geburt nach Kaiserschnitt braucht
etwas mehr Vorbereitung als eine „normale“ Geburt. Wo Strukturen und Rahmenbedingungen in der heutigen Geburtshilfe Kaiserschnitte begünstigen, ist
es die Aufgabe von Müttern sowie ihren
Ärzten und Hebammen, selbst Strukturen zu schaffen, die natürliche Geburten
fördern.
Einige Mütter, die ihre Erfahrungen
für das Buch „Meine Wunschgeburt –
Selbstbestimmt gebären nach Kaiser-
„Die Auswahl der
richtigen Klinik spielt
eine wichtige Rolle.“
schnitt“ aufgeschrieben haben, wählten
den Ort der nächsten Geburt und ihre
Hebamme besonders sorgfältig aus. Vor
allem achteten diese Frauen darauf, sich
während der Geburt sicher und geborgen zu fühlen. Wichtige Kriterien bei der
Auswahl der Klinik sind eine möglichst
niedrige Kaiserschnittrate und ob Frauen
nach einem Kaiserschnitt dort gut beraten, ihre Wünsche und Bedürfnisse respektiert werden.
Bei der Wahl der Hebamme fragten
die Frauen nach Erfahrungen mit Geburten nach Kaiserschnitt(en) und ob die
Hebamme eine 1:1-Betreuung während
Wehen und Geburt gewährleisten kann
– falls auch die Begleitung der Geburt
durch sie geplant ist. Die meisten dieser
Frauen waren später mit ihrer Geburt
zufrieden, selbst dann, wenn es wieder
zum Kaiserschnitt kam.
Mentale Vorbereitung
Äußere Strukturen sind nur die eine
Seite der Medaille. Auch teils wenig fassbare Aspekte, wie Körpergefühl, Selbstvertrauen und Zuversicht, spielen eine
wichtige Rolle. Manche Mütter trauen
sich, besonders dann, wenn der Kaiserschnitt wegen eines Geburtsstillstandes
Kaiserschnitt
erfolgte, die nächste Geburt nicht zu.
Kam es im Vorfeld des Kaiserschnitts zu
einer Notsituation, besteht häufig die
Angst, dies könne sich wiederholen. Es
ist wichtig, solche Ängste ernst zu nehmen und gemeinsam mit der Mutter Strategien zu entwickeln, mit diesen Ängsten umzugehen. Viele Frauen, die nach
Kaiserschnitt(en) natürlich geboren haben, können bestätigen, dass die mentale
Vorbereitung auf die Geburt für sie entscheidend war. Diese Vorbereitung zielt
unter anderem darauf ab, den Geburtsschmerz als physiologisch und für die
Geburt notwendig annehmen zu können sowie ein gestecktes Ziel nicht vorschnell aufzugeben. Leichter Ausdauersport, Techniken wie Hypnose oder Yoga
können dabei helfen. Kann eine Frau die
Signale ihres Körpers interpretieren, so
wird sie auch während der Geburt selbstbewusster mit den Herausforderungen
umgehen können, die möglicherweise
auf sie zukommen.
Doch wieder ein Kaiserschnitt
Auch die beste Vorbereitung kann eine
natürliche Geburt nicht garantieren.
Manchmal wird der erneute Kaiserschnitt
von der Mutter, trotz gegenteiligem Vorsatz, selbst gewünscht und manchmal
erfordern neu aufgetretene medizinische
Gründe eine operative Geburt. Mütter
sollten deshalb, auch dann, wenn eine
natürliche Geburt geplant ist, einen alternativen Geburtsplan für den Fall eines
Kaiserschnittes haben.
Die Auswahl der „richtigen“ Klinik
spielt auch in diesem Fall eine große Rolle. Sind gewisse Standards bereits etabliert, erleichtert dies Müttern und ihren
Kindern den Start. Wird im Falle eines
Kaiserschnittes das Bonding im OP-Saal
ermöglicht? Werden Mütter beim Stillen
unterstützt? Wird beim geplanten Kaiserschnitt in der Regel der Wehenbeginn
abgewartet, weil die Kinder dadurch nicht
unter Anpassungsstörungen leiden? Gerade die Trennung von Mutter und Kind
nach der Geburt sollte dringend vermieden werden, außer medizinische Gründe
erfordern dies zwingend. Denn Mütter
leiden zumeist sehr darunter und dies
kann sich auf die Bindung zum Kind sowie den Stillbeginn auswirken.
Die Rate wiederholter Kaiserschnitte
von 74 Prozent in Deutschland ist im europäischen Vergleich besonders hoch. Es
muss erforscht werden, was Frauen in
Deutschland davon abhält, nach einem
Kaiserschnitt eine natürliche Geburt zu
wählen und erfolgreich umzusetzen.8 In
einem weiteren Schritt gilt es Standards
zu etablieren, damit Frauen eine evidenzbasierte Begleitung erhalten. Dabei dürfen die individuellen Bedürfnisse der
Frauen nicht vergessen werden. Die hier
vorgestellten Schritte können ein erster
Beitrag dazu sein. ■
Auf www.kaiserschnitt-netzwerk.de finden
GeburtshelferInnen und Mütter, die sich
näher mit ihrem Kaiserschnitt-Erlebnis beschäftigen möchten, nützliche Adressen.
Literatur
1 Faktencheck Kaiserschnitt: Bertelsmann
Stiftung 2012.
2 Ebd.
3 Taschner, Scheck: Meine Wunschgeburt
– Selbstbestimmt gebären nach Kaiserschnitt, edition riedenburg 2012.
4 DiMatteo, Morton, Lepper, Damush,
Carney, Pearson, Kahn: Cesarean childbirth and psychosocial outcomes, a meta-analysis. Health Psychol, Jul 1996,
15(4), p. 303–14.
5 Clement: Psychological aspects of caesarean section. Best Pract Res, Clin Obstet
Gynaecol, Feb 2001, 15(1), p. 109–26.
6 Elmir, Schied, Wilkes, Jackson: Women‘s
perceptions and experiences of a traumatic birth: a meta-ethnography, Journal
of advanced Nursing 66, 2010, p. 2142–
2153.
7 Tahseen, Griffiths: Vaginal birth after two
caesarean sections (VBAC-2). A systematic review with meta-analysis of success
rate and adverse outcomes of VBAC-2
versus VBAC-1 and repeat (third) caesarean sec-tions. BJOG, Jan 2010, 117(1),
p. 5–19.
8 OptiBirth 2013:
www.optibirth.eu/optibirth
Wann fühlten Sie sich zuletzt
wie neugeboren?
„Nach der Rückkehr von einer mehrtägigen
Hüttenwanderung in den Alpen.“
Ute Taschner
geb. 1973, ist freie
Autorin und Ärztin
mit Tätigkeit in der
Gynäkologie und
Geburtshilfe. Nach
zwei vorangegangenen Kaiserschnitten hat sie ihr drittes
Kind spontan zur
Welt gebracht.
[email protected]
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Frühchen
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Friedrich Porz
Foto: Fotex/Picture Partners
Wie klein ist zu klein ?
In einem Kreißsaal wird ein Kind nach der pränatalen Diagnose einer Fehlbildung im Mutterleib
abgetrieben. Im Kreißsaal daneben unternehmen
Kinderärzte alles, um ein extrem unreifes Kind
von 23 Schwangerschaftswochen, das somit an
der Grenze der Lebensfähigkeit steht, am Leben
zu erhalten. Wie passt das zusammen?
W
ir stehen vor einem „Multilemma“: Ist
das Überleben mit einer schweren Behinderung schlimmer, als tot zu sein? Ist das Überleben eines schwer geschädigten Kindes ebenso
oder noch mehr ein Versagen der Medizin als
ein totes Kind? Wie klein ist zu klein?
Das Gewicht ist ein schlechtes Kriterium für
die Überlebensfähigkeit eines Kindes, da es immer wieder sehr leichte, für das Schwangerschaftsalter zu kleine Kinder gibt. Das kleinste
bislang überlebende Frühgeborene ist ein 1989
mit 26 Schwangerschaftswochen (SSW) und
einem Geburtsgewicht von 280 Gramm geboreDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
nes Mädchen aus den USA, das heute nahezu
unbeeinträchtigt ist. In den 1980er Jahren galt
in Mitteleuropa in vielen Kliniken ein Geburtsgewicht von 1.000 Gramm als Grenze, unter der
keine aktiven lebenserhaltenden Maßnahmen
erfolgen sollten.
Wir mussten aber lernen, dass es immer wieder Kinder gab und gibt, die trotz des niedrigen
Gewichts so vital waren, dass sie keine eingreifende Behandlung benötigten. Hätten sich alle
Neonatologen an bestehende therapeutische
Standards gehalten, hätte sich die Prognose der
sehr kleinen Frühgeborenen nicht bessern können. Man hätte keine Erfahrungen mit der diffizilen Therapie dieser extrem unreifen Kinder
gewinnen können. Viele jetzt gesunde Kinder
wären nicht am Leben!
Reifealter statt Gewicht
Die aktuellen Behandlungsempfehlungen legen
die Schwangerschaftsdauer, das „Reifealter“, zu-
27
28
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
grunde, da es ein viel zuverlässigerer Parameter zur Prognoseeinschätzung ist als
das Gewicht.
Nach den ärztlichen Leitlinien der
deutschen Fachgesellschaften sollen Frühgeborene ab 24 vollendeten SSW umfassend erstversorgt werden. Unter 24 SSW
beginnt die Grauzone, in der der Arzt individuell nach dem Zustand des Kindes,
aber auch nach der Vorgeschichte, den
Wünschen und Lebensumständen der Familie entscheiden kann. Die Lebenserhaltung muss gegen die Vermeidung einer
aussichtslosen Therapie abgewogen werden. Diese ethische und juristische Grauzone ist nicht in allen Ländern gleich, in
der Schweiz und den Niederlanden zum
Beispiel werden Frühgeborene erst ab 25
vollendeten SSW umfassend versorgt.
Wie krank ist zu krank?
Was berechtigt uns dazu, eine Therapie
nicht zu beginnen oder abzubrechen? Es
geht nicht um die Bewertung von Leben
im Sinne von „lebensunwert“, sondern
um die Grenzen der Pflicht zur Erhaltung
menschlichen Lebens bei mutmaßlich
schwerst geschädigten Neugeborenen,
wie sie etwa in den „Einbecker Empfehlungen“ von Ärzten, Juristen und Ethikern beschrieben wurden. Diese Empfehlungen sind ein Versuch, ÄrztInnen
nicht zu unbegrenzter Hilfeleistung zu
verpflichten, da eine Lebenserhaltung um
jeden Preis nicht sinnvoll und sittlich
gefordert sein kann. Die Frage ist also
nicht: „Wie klein ist zu klein?“, sondern
„wie krank ist zu krank?“
Bei der Einschätzung der Prognose für
das Neugeborene können aus großen populationsbezogenen Studien abgeleitete
Parameter hilfreich sein, wie etwa das
Reifealter, das geschätzte Gewicht und
das Geschlecht des Kindes. Sie ersetzen
aber nicht die Einschätzung der jeweils
individuellen Situation. Wichtig ist, die Eltern rechtzeitig im Rahmen der pränatalen Visite offen und umfassend zu informieren. Aber auch wenn Arzt und Eltern
zunächst übereingekommen sind, keine
Therapie zu beginnen, kann es durchaus
sein, dass das Neugeborene schwerer ist
als geschätzt, dass vielleicht der errechnete Geburtstermin nicht korrekt ist, dass
es sehr vital ist, atmet und schreit und
uns seinen Lebenswillen zeigt. Dann wird
man dem Kind eine Chance geben.
Falls sich die Erwartung als unrichtig
erweist und doch schwere Komplikatio-
Frühchen
nen eintreten, kann im Verlauf immer
noch auf eine weitere Therapie verzichtet
werden. In jedem Fall ist es unerlässlich,
die Eltern gut durch diese schwierige Zeit
zu begleiten.
Deutlich verbesserte
Überlebensraten
Was rechtfertigt nun, immer kleinere
Frühgeborene zu behandeln? In den letzten 20 Jahren haben sich die Überlebensraten deutlich verbessert. In einzelnen
Zentren überleben heute über 70 Prozent
der Frühgeborenen von vollendeten 23
SSW.
Die Rate der späteren schweren Behinderungen in diesem Reifealter hat
sich, wie eine englische Vergleichsstudie
jetzt bestätigte, in den letzten Jahren
leicht reduziert. Eine deutsche Studie
konnte zeigen, dass mit 22 und 23 vollendeten SSW geborene Frühgeborene,
die eine maximale Therapie erhielten,
im Vergleich zu Frühgeborenen von 24
SSW zwar eine um 15 Prozent niedrigere Überlebenswahrscheinlichkeit hatten, die Rate schwerer Komplikationen
(schwere Hirnblutungen, Netzhautschäden, chronische Lungenerkrankungen)
aber in beiden Gruppen gleich war.
Zu diesen verbesserten Chancen haben viele Faktoren beigetragen, etwa die
Regionalisierung der Geburtshilfe, die Zusammenarbeit von GeburtshelferInnen
und KinderärztInnen als neonatologisches Team und die Fortschritte der Medizintechnik mit besseren Beatmungsgeräten und Überwachungsmöglichkeiten.
Noch wichtiger aber ist die schonendere, auf das Kind eingehende Erstversorgung im Kreißsaal, die Vermeidung von
Beatmung durch Surfactantgabe („surface active agent“, eine oberflächenaktive Substanz, die die Atmung erleichtert)
ohne Intubation, die vermehrte Anwendung nicht invasiver Atemhilfen und der
frühe Erstkontakt zu den Eltern. In den
letzten Jahren gibt es zudem verstärkt Bemühungen, die Bedingungen der Intensivmedizin so zu gestalten, dass sie die
Hirnentwicklung der Frühgeborenen und
damit die neurologische Entwicklung
fördern.
Der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ hat dazu in den 2006 von einer
interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeiteten „Leitsätzen zur entwicklungsfördernden Betreuung in der Neonatologie“
zehn Kernforderungen formuliert. Darin
wird etwa die Beobachtung des einzelnen Frühgeborenen durch die ÄrztInnen,
aber besonders auch durch Pflegende
und Eltern, gegenüber den rein apparativen Messwerten in den Vordergrund gerückt. Die ärztlichen und pflegerischen
Maßnahmen finden mit Rücksicht auf
den Aktivitätszustand und die Belastbarkeit des Kindes statt, was eine Abkehr
von einem starren Behandlungsschema
bedeutet. Für die Kinder wird eine entwicklungsfördernde Umgebung geschaffen, Stress und Schmerzen möglichst
vermieden.
Ein ganz wesentlicher Aspekt ist, dass
die Eltern sehr früh Kontakt zu ihrem
Kind haben, sie in die Versorgung miteinbezogen und die Muttermilchernährung sowie das Stillen gefördert werden.
Wenn es gelingt, schon in der Klinik eine
gute Eltern-Kind-Interaktion aufzubauen, können spätere Regulationsstörungen
wie Schlaf- oder Fütterstörungen gemindert und die neurologische Entwicklung
verbessert werden.
Langzeitbetreuung ist wichtig
Die Prognose wird neben den medizinischen Faktoren auch wesentlich durch
die Qualität der Nachbetreuung und
durch familiäre Faktoren beeinflusst, weshalb die Langzeitbetreuung von Frühgeborenen ebenso wichtig ist wie die Primärbehandlung in der Klinik. Eine intensive psychosoziale Begleitung durch
KinderkrankenpflegerInnen, Sozialpädagogen oder Psychologen, wie sie beispielhaft durch das „Familiennetz“ in Dresden
oder den „Bunten Kreis“ in Augsburg bereits während des stationären Aufenthalts
angeboten wird, sollte fester Bestandteil
der neonatologischen Betreuung sein.
Die über die Entlassung hinausreichende Betreuung durch die Nachsorgemitarbeiter bis ins häusliche Umfeld soll
die Eltern kompetent und sicherer machen, Ängste abbauen, Belastungen reduzieren und die Vernetzung zu den
weiter behandelnden KinderärztInnen
fördern. Regelmäßige entwicklungsneurologische und -psychologische Nachuntersuchungen bis ins Schulalter sind
für die sehr kleinen Frühgeborenen unerlässlich. So können rechtzeitig medizinische oder heilpädagogische Fördermaßnahmen eingeleitet werden, etwa bei
motorischen Problemen, Störungen der
geistigen Entwicklung oder bei Verhaltensauffälligkeiten.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Frühchen
Entwicklungsförderung
bleibt der entscheidende Faktor
Was nun aus den sehr kleinen Frühgeborenen wird, ist schwierig zu beantworten, da die vorliegenden Studien meist
Kinder einbeziehen, die vor zehn bis 15
Jahren geboren wurden. Die inzwischen
erreichten Fortschritte in der Neonatologie konnten somit noch gar nicht in
neuere Studien eingehen. Nach der aktuellsten deutschen Nachuntersuchungsstudie von 2008 waren im Alter von fünf
bis sechs Jahren 43 Prozent der extrem
unreifen Frühgeborenen unauffällig, 57
Prozent wurden als regelschulfähig eingestuft, 18 Prozent waren schwer behindert. Ehemals sehr unreife Kinder zeigen
vermehrt Verhaltensauffälligkeiten: Sie
können ihre Aufmerksamkeit und ihr
Verhalten schlechter steuern, haben soziale Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen und ein geringeres Selbstwertgefühl. Wegen der Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsstörungen sind häufiger
Schulprobleme zu erwarten.
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Aktuelle Langzeitstudien bis ins Erwachsenenalter liegen für die extrem unreifen Kinder naturgemäß noch nicht
vor. Die Langzeitprognose hängt aber
nicht (wie früher angenommen) überwiegend von der Unreife ab, sondern
wird wesentlich durch die Ursachen der
Frühgeburt, wie etwa eine Infektion mit
möglicher, bereits intrauterin erworbener Hirnschädigung, einer Mangelversorgung vor der Geburt, der Qualität der
Versorgung in der Klinik, aber auch von
der familiären Situation, mitbestimmt.
Der Trend zu immer unreiferen Frühgeborenen wird sich meiner Ansicht nach
nicht fortsetzen, da 23 SSW wohl eine
biologische Grenze darstellen. Entscheidend für die Verbesserung der Prognose
ist die Unterstützung der Hirnreifung der
sehr kleinen Frühgeborenen. Deshalb
muss die entwicklungsfördernde Betreuung und die Einbeziehung der Eltern
zum Beispiel im Rooming-In auch bei
Frühgeborenen auf der Intensivstation
weiter ausgebaut und besser finanziert
werden. ■
29
Eine Langfassung des Beitrags
finden Sie auf unserer Homepage:
www.mabuse-verlag.de
Wann fühlten Sie sich zuletzt
wie neugeboren?
„Neulich im Thermalbad, als ich in der
konzentrierten Salzsole fast schwerelos
schweben durfte.“
Friedrich Porz
geb. 1949, ist Oberarzt
an den Kinderkliniken
des Klinikums Augsburg.
Er ist Mitbegründer und
ärztlicher Leiter der
Nachsorgeeinrichtung
„Bunter Kreis“ sowie
Gründungsmitglied des
Bundesverbandes „Das
frühgeborene Kind“.
Friedrich.Porz@
klinikum-augsburg.de
✔ Natürliche Materialien, nach Öko-Standards produziert
✔ Ab dem 1. Lebenstag einsetzbar, wächst mit
✔ Optimale Körperanpassung durch Kreuzköperbindung
www.hoppediz.de
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Plazenta
Fotos: Cornelia Enning
30
Cornelia Enning
Plazenta-Heilmittel
Ihre Wirksamkeit für Geburt, Stillen und das Neugeborene
In der modernen Geburtsmedizin hat die Plazenta an Bedeutung verloren. Nach einer komplikationsfreien Geburt wird sie – wenn nicht
anders gewünscht – entsorgt. Einstiges Wissen
um die Plazenta ist nicht mehr vorhanden.
Warum es sich lohnt, ihre in Vergessenheit geratenen Kräfte in den Blick zu nehmen, erläutert
unsere Autorin.
S
eit Jahrhunderten schon haben Hebammen
aller Kulturen die Heilkraft der Plazenta genutzt. So wie der Embryo seine Nahrungsquelle
bereits vor der plazentaren Versorgung mitbringt,
so ist die Plazenta auch nach der Geburt nicht
zum nutzlosen Abfall bestimmt, sondern macht
mit der Geburt eine Wandlung zur Vorratshaltung durch. „Ob wir nun verstehen, warum Menschen ihre Plazenta heute nicht mehr essen, ist
nicht so wichtig. Für die Wissenschaft ist es wich-
tig, die Wirkung der Plazenta-Bestandteile, ihrer
Moleküle herauszufinden, so wie wir heute wissen wollen, warum die Pflanzen heilsam wirken.“ (Kristal 2012)
Welche Plazenta kann man für
Heilmittel nutzen?
Für die Rohstoffgewinnung der Plazenta-Heilmittel ist von großer Bedeutung, wie das Gewebe
gewonnen wurde. Konnten die Plazentagefäße
sich bei der Lösung gut schließen und die wirksamen Bestandteile festhalten? Ist die Plazenta
geburtsreif gewesen oder wurde das Kind vorzeitig zur Geburt gezwungen (Enning 2003)?
Enthält das Plazentablut die volle Dosis des Liebeshormons Oxytocin, das für die Mutter-KindBindung und den Erfolg beim Stillen so dringend
nötig ist? Wie war die Plazenta-Entwicklung in
der Schwangerschaft? Wurden Medikamente einDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Plazenta
genommen oder bei Schnittentbindung
eine ausgeblutete Plazenta gewonnen?
Hier kann die Dokumentation der Hebammenbetreuung gute Dienste leisten.
Alle diese Bedingungen spielen eine
Rolle bei der Verarbeitung des Gewebes
und sollten daher berücksichtigt werden
– etwa bei der Nosoden-Therapie, bei der
nicht die Ähnlichkeitsregel der Homöopathie, sondern die „Gleichheitsregel der
Isopathie“ gilt. Wenn die Schwangerschaft durch eine Erkrankung, Rauchen
oder Umweltbelastungen gestört war,
dann ist auch die Plazenta des Feten betroffen. Das Immunsystem hat die Plazenta bis an ihr Lebensende geprägt. Als Rohstoff für Heilmittel kann diese Plazenta
für hochpotenzierte Globuli dienen, mit
denen eben diese Erkrankung, Raucherfolgen oder Umweltbelastungen bei Mutter und Kind nach der Geburt behandelt
werden können. Keine Plazenta kann jemals so wertlos sein, dass sie als Müll
entsorgt werden müsste.
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
heit spendende Mutter wiederfinden. Dafür hat unser verkümmertes Riechorgan
in den ersten Lebenswochen seine Funktion noch voll erhalten: Das Neugeborene kann seine Mutter am Fruchtwassergeruch wiedererkennen (Underwood
2005).
Frauen, deren Geruch nicht gut erkennbar ist, weil die Immunsuppression
in der Schwangerschaft nicht genügend
Aroma im Fruchtwasser zugelassen hat
(etwa bei schwangerschaftsbedingten
Krankheiten), können diesen Mangel
mit dem Genuss eines kleinen Stückes frischer Plazenta leicht beheben. Die Mutter
selbst findet die Plazenta ihres Neugeborenen in den ersten Tagen appetitlich!
Gleichzeitig beugt man mit der roh verzehrten Plazenta einer Wochenbett-Depression vor, wobei in erster Linie nicht
die depressionsauslösende Trennung von
Mutter und Kind gemeint ist, obwohl
Plazenta sogar hier hilft (Assilem 2012).
Plazenta im Wochenbett
Plazenta in der Geburtshilfe
Für eine stressfreie Geburt bildet die Plazenta vor allem die Hormone Oxytocin
und Progesteron. Etwa fünf Wochen vor
der Geburt stimulieren die Progesterone
zunehmend diejenigen Rezeptoren der
Gebärmutter, die eine Geburt schmerzarm machen. Plazenta-Globuli unterstützen diese Funktion bei Frauen, die mit intensiveren Schmerzen rechnen müssen.
Auch psychologische und stressinduzierte Schmerzen sind gut mit potenzierter
Plazenta behandelbar. Das natürliche Hormon Cortisol ist Stress reduzierend und
das plazentare Oxytocin wirkt bei Wehenstillstand anregend. Eine wehenlose
Gebärmutter kommt nach vorzeitigem
Blasensprung leichter in Bewegung. Sollte sich später die Plazenta nicht lösen
wollen (was bei Wassergeburten äußerst
selten der Fall ist), dann können die Plazentamittel vom letztgeborenen Kind helfen (Gélis 1992).
In Südamerika gibt es die verbreitete
Methode, Blutungen mit Plazentablut
zu stillen, das große Mengen des Gerinnungsfaktors VIII enthält (rektale Applikation). In China würde man gleichzeitig die Akupunktur anwenden. Beide
Methoden sind heute unserem Wissen
gemäß wirksam.
Die neue Kraft, die bei der Geburt auf
das Kind einwirkt, ist die Schwerkraft. In
dieser muss es die Nahrung und SicherDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Besonders die postpartale Depression
kann mit der prophylaktischen Gabe von
Plazenta-Heilmitteln in den letzten drei
Wochen vor der Geburt sehr erfolgreich
verhindert werden, da mit ihr der plötzliche Abfall des Plazenta-Progesterons etwas gemildert wird (Dalton 2003). Eleganter ist es, bei Depressionsverdacht in
der Wehen-Latenzphase, also etwa eine
Woche vor Entbindungstermin, einige
Plazenta-Globuli oder etwas PlazentaPulver aus einer Geschwister-Plazenta
einzunehmen, um die Wehentätigkeit anzuregen und gleichzeitig die postpartale
Depression zu vermeiden.
Frauen, die am Prämenstruellen Syndrom leiden, profitieren ebenso vom
Verzehr von Kapseln mit Plazenta-Pulver oder eingefrorener Gewebestücke.
Diese können in den ersten acht Wochen
nach der Geburt täglich eingenommen
werden. Der plazentare Faktor, der die
Endorphine effektiver macht, hilft auch,
„gewöhnliche” Depressionen zu lindern
(Abbott 1991).
Plazenta-Heilmittel für
Neugeborene
Für einige Kinder beginnt der Stress schon
pränatal oder mit einer medikalisierten
Geburt. Plazenta-Heilmittel helfen ihnen
bei der postnatalen Anpassung durch die
Anregung des Stoffwechsels und des Immunsystems (Odent 2009).
Bewährt haben sich die nach homöopathischem Verfahren hergestellten Globuli, die in der Hausapotheke einen festen Platz finden sollten. Für sie gilt, dass
die Familienmitglieder, die nicht in der
fertilen Phase ihres Lebens stehen, in
Eigenverantwortung mit den Globuli
behandelt werden können. Bei Kindern
und Alten fungieren die Sexualhormone
als Wachstumshormone, weshalb keine
Nebenwirkungen auf die Sexualorgane
zu befürchten sind. Die Anregung des
Immunsystems ist die am häufigsten genutzte Plazenta-Wirkung bei Kinderkrankheiten und Impflingen. Akute Er-
„Besonders postpartale
Depressionen können
mit der Gabe von
Plazenta-Heilmitteln
erfolgreich verhindert
werden.“
krankungen gehören jedoch in Therapeutlnnen-Hände.
Zum Stillen nutzen einige Mütter die
milchanregende Wirkung der Plazenta
(Soykova-Pachnerova 1954), wenn die
Brust dem gestiegenen Bedarf an Milchmenge oder Fettgehalt hinterherhinkt.
Zur Milchsteigerung hilft die PlazentaEssenz (Enning 2003) oft schneller, als die
Globuli. Da diese sehr einfach herzustellen ist, gehört sie genauso in die Hausapotheke wie Pulver, Globuli oder Mutterfett (Salben).
Das weltweit verbreitetste Plazentamittel ist das Mutterfett, denn man kann
es essen, auf die Haut salben und jederzeit
nach Bedarf herstellen. In jeder Kultur
gibt es eine Art Butter, ob vom Yak oder
der Kuh, das Milchfett ist in allen Kulturen bekannt. Aus dem landestypischen
Butterfett kann das Mutterfett leicht hergestellt werden. Die Plazenta wird getrocknet (Schmitz 2008), pulverisiert und
in Ghee oder reines Butterfett eingerührt.
Im Kühlschrank hält es sich etwa drei
Wochen. Als Salbe für die Babypflege fällt
es durch die schnelle Wirkung auf: Innerhalb von 20 Minuten sind Rötung,
Schwellung und Entzündung behoben.
Da muss nur noch selten eine spezifische
Behandlung folgen (Enning 2003).
31
32
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Plazenta
Hebammen haben längst entdeckt, dass
sie eine Sammlung verschiedenartig wirksamer Plazentamittel in ihrer Praxis nutzen können. In einigen Ländern steht
dem allerdings das Verbot im Wege, die
Mittel zu Therapiezwecken auszugeben.
Ein italienisches Gericht hat sogar versucht, den Frauen die Verarbeitung ihrer
eigenen Plazenta zu verbieten!
Dennoch gibt es in jedem Land der
Welt reichliche Erfahrung mit PlazentaHeilmitteln. Oft führen Hebamme oder
Kräuterfrau ein Logbuch (Collings
2011), in dem sie die Plazenta-Essenzen
und Plazenta-Pulver nach ihren Beobachtungen in der Schwangerschaft katalogisieren. Und jede von ihnen hat ih-
re „Zauberplazenta“, mit der sie besonders erfolgreich behandelt.
Eines Tages werden wir diesen Schatz
an Hebammenwissen heben können.
Die Zeit scheint nahe, darauf deuten die
vielen wissenschaftlichen Entdeckungen
zum „Rohstoff“ Plazenta, zu Stammzellen aus dem Amnion (der innersten Eihaut, der das ungeborene Kind umgebenden Fruchthöhle) und epigenetischer
Programmierung durch die Plazenta hin.
Chromosomale Veränderungen, die als
Anpassungsprozess an die veränderte
Umwelt zu verstehen sind und schon in
der pränatalen Phase des Menschen entstehen können, sind auch an Veränderungen der Plazenta zu erkennen. Die
Anlagen für spätere Erkrankungen eines
Menschen sind oft in der Plazentafunktion der Pränatalzeit begründet. Die Be-
Literatur
Abbott P, Thompson AC, Ferguson EJ, Doerr
JC, Tarapacki JA, Kostyniak PJ, Syracuse
JA, Cartonia DM, Kristal MB: Placental
opioid-enhancing factar (POEF): Generalizability of effects, PhysioLBehaviar (1991)
50/5: 933-940.
Assilem M: Muttermittel in der Homöopathie. Naranya Verlag, Kandern 2012.
Dalton K: Wochenbettdepression erkennen,
behandeln, vorbeugen. Hans Huber
Verlag, Bern 2003, 161-170.
Soykova-Pachnerova E: Placenta as a lactagogon, Gynaecologia (1954) 138: 617-627.
Gélis J: Das Geheimnis der Geburt. Herder
Verlag, Freiburg 1992.
Enning C: Heilmittel aus Plazenta – Medizinisches und Ethnomedizinisches, Books on
Demand 2003, www.hebammenshop.de
Stammzellen in Plazenta gefunden, Frankfurter Rundschau, 23.6.2009.
Khalife N, Glover V, Hartikainen AL, Taanila
A, Ebeling H, Järvelin MR, Rodriguez A:
Placental seize is associated with mental
health in children and adolescents, PLoS
ONE (2012) 7/7: 10.1371-0040534.
Kristal MB, DiPirro JM, Thompson AC:
Placentophagia in human and nonhuman
mammals: causes and consequences, EcolFoodNutr. (2012) 51/3: 177-197.
Underwood MA, Gilbert WM, Sherman MP:
Amniotic fluid: Not just fetal urine anymore, J.Perinat. (2005) 25: 341-348.
Odent M: Eating placenta – on the „Waterside Hypothesis“. Homo sapiens need
electrolytes after parturition not found on
land, Primal Health Research (2009) 1713:
10, www.primalhealthresearch.com
Schmitz HP: Drying Placenta. Video unter
www.placentaremedies.com
Collings JH: Placental remedy. MoonsongVerlag, Australien 2011,
www.moonsong.com.au
Hebammen sammeln
Plazenta-Daten
trachtung der Einnistung des Embryos
wirft ein neues Licht auf das Biotop, in
dem sich die Plazenta in der Frühschwangerschaft entwickelt. Die meisten
Schwangerschaftserkrankungen entstehen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten und können später bei der Geburt sogenannte geburtshilfliche Fehler
oder Haftpflichten verursachen. Die epigenetische Forschung wird daher vor
allem die Einnistung der Plazenta erforschen und deren Ergebnisse für Geburtsmedizin wie Plazenta-Heilmittel gleichermaßen nutzbar machen. Letztendlich
haben die Hebammen als Hüterinnen
der Plazenta den Schlüssel zur Zukunft
ihres ureigensten Faches in der Hand! ■
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung
der Zeitschrift HEBAMMENinfo. Der Artikel
erschien dort in Ausgabe 2/2013.
Wann fühlten Sie sich zuletzt
wie neugeboren?
„Nach dem gemeinsamen Aquabreathing
mit den Wassergeburtsfrauen im kühlen
Wasser bei 36 Grad Hitze. Das reicht für
mindestens eine Woche Energie.“
Cornelia Enning
geb. 1950 ist langjährig
erfahrene außerklinisch tätige Hebamme
mit Spezialisierung
auf die Begleitung von
Wassergeburten. Sie ist
international gefragte
Referentin, Fortbilderin
und Buchautorin.
[email protected]
Homöopathischer Schutz von Anfang an
weil
eil uns
uns die Natur ihre H
w
Heilkraft
f
in die W
Wiege
iege legt!
legt!
www.schutznosoden.de
w
ww.schutznosoden.de
e
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
34
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Schwangere mit Suchtproblem
Maïca Reichert
In anderen
Umständen
Betreuung von
schwangeren Frauen
mit Suchtproblem
Foto: istockphoto.com/merrilld
Das Netzwerk „Mutterschaft und Abhängigkeit“
im französischen Elsass wurde im September
2001 gegründet. Es ist auf die medizinische,
soziale und psychologische Betreuung von
schwangeren Frauen und Paaren mit Suchtverhalten ausgerichtet. Ziel ist es, in die oft von
Brüchen durchzogenen Lebensläufe der Frauen
wieder Kontinuität zu bringen, berichtet die
Koordinatorin des Netzwerks.
V
on Louisa, einer 24-jährigen jungen Frau,
hörten wir erstmals im Jahr 2011. MitarbeiterInnen einer Straßburger Entbindungsstation kamen mit ihr in Kontakt, als sie in der 18.
Schwangerschaftswoche in die Klinik kam – vier
Wochen zu spät für einen legalen Schwangerschaftsabbruch.
Im Alter von 15 Jahren hatte sie bereits eine
Schwangerschaft abgebrochen. Zum damaligen
Zeitpunkt lebte sie ohne festen Wohnsitz und im
Streit mit ihrer Familie. Seit drei Jahren nahm sie
abwechselnd Heroin, das Substitutionsmittel Subutex und Benzodiazepine. Zwischenzeitlich hatte sie acht Monate in Haft verbracht und seit ihrer
Entlassung vor einem Jahr fehlten ihr jegliche
medizinische und soziale Betreuung. Im Krankenhaus gewährte man ihr auf Grundlage der
medizinischen Indikation, die ein Psychiater bestätigte, den erneuten Schwangerschaftsabbruch.
Ein Neuanfang?
Sechs Monate später war Louisa erneut schwanger. Diesmal kam sie in der 11. Schwangerschaftswoche zu uns und nicht ins Krankenhaus. Noch
immer hatte sie weder einen festen Wohnsitz
noch ein Einkommen, plante aber, ein gemeinsames Leben mit ihrem festen Freund aufzubauen.
Wir organisierten die medizinische und soziale
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Interdisziplinäre
Fachtagung
Betreuung dieser Risikoschwangerschaft
durch ÄrztInnen, Hebammen und SozialarbeiterInnen. Louisa war bereit, sich
mit dem Mutter-Kind-Schutz vertraut zu
machen, der nach der Geburt die medizinische Betreuung des Neugeborenen
durch eine Kinderpflegerin sicherstellen
würde. Außerdem traf sie den Kinderarzt,
der sie später in der Klinik betreuen sollte.
Sie bekam eine Substitutionsbehandlung
mit Methadon und stimmte einem schleichenden Entzug der Benzodiazepine zu.
Auch ihren Tabakkonsum schränkte sie
von zwanzig auf fünfzehn Zigaretten pro
Tag ein. Die Basis für einen sicheren Ablauf der Schwangerschaft war hergestellt.
Individuelles Handeln erforderlich
Bei schwangeren Frauen mit einem
Suchtproblem wie Louisa geht man von
einer Risikoschwangerschaft aus: Frühgeburten, ein vermindertes Wachstum
des Fötus und vermehrt auftretende Virusinfektionen sind häufige Komplikationen. Schon deshalb benötigen Drogenkonsumentinnen eine spezialisierte
Betreuung.
Das Netzwerk „Mutterschaft und Abhängigkeit“ vereint Spezialisten unterschiedlicher Berufsfelder, um für die
Schwangerschaft dieser Frauen die bestmöglichen Bedingungen sicherzustellen.
„Auch die psychische
Verfassung und die
soziale Situation
der künftigen Mutter
müssen berücksichtigt
werden.“
Daneben wird die Entbindung begleitet,
die erste Zeit nach der Geburt betreut sowie, wenn nötig, eine weitere Betreuung
für die ersten sechs Lebensjahre des Kindes arrangiert. Je nach benötigter Hilfe
können die künftigen Mütter Allgemeinund Fachärzte, Hebammen, Sozialarbeiter, Psychologen und Kinderpfleger konsultieren.
Dort stehen ihre Bedürfnisse, nicht die
Risiken, im Vordergrund. Denn der Leitfaden des Netzwerks sieht eine auf die jeweilige Situation der Frau ausgerichtete
Betreuung vor, um einen guten Ablauf
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
von Schwangerschaft und Geburt zu ermöglichen.
Die Unterstützung der Frau oder des
Paares besteht zunächst in der Analyse der
konkreten Risiken, einem Informationsgespräch sowie der Abklärung der künftigen Begleitung der Schwangerschaft
und des Abhängigkeitsverhaltens. Die medizinische Versorgung ist wichtig, aber
immer mit einer psychosozialen Betreuung verbunden. Denn auch die psychische Verfassung und die soziale Situation
der künftigen Mutter/Eltern müssen berücksichtigt werden.
Da es um das Eindämmen von Geburtsrisiken geht, die mit der Einnahme
von Suchtmitteln zusammenhängen, findet diese Begegnung im Idealfall so früh
wie möglich in der Schwangerschaft statt.
In Anbetracht der vielfältigen Probleme,
denen diese Frauen sich stellen müssen,
ist der Faktor Zeit also von großer Bedeutung: Zeit, um Vertrauen auf- und Ängste abzubauen (Angst vor der Medizin, vor
der „Verurteilung“ durch andere), aber
auch, um zu lernen, mit eigenem Misstrauen und Schuldgefühlen umzugehen.
Und es braucht Zeit, sich auf die bevorstehenden Ereignisse vorzubereiten: auf
die umfangreiche medizinische Betreuung, die Aufnahme im Krankenhaus, die
Begegnung mit dem Team, mögliche Entzugserscheinungen beim Neugeborenen,
die Rückkehr in die eigene Wohnung
und vieles mehr. Gerade weil die meisten Frauen in einer solchen Lage Stigmatisierung befürchten, sind viele nach dem
ersten Gespräch erleichtert und froh
über die Hilfestellung.
für Hebammen
und Pflegeberufe
Rhythmus
trägt Leben
Von der Geburt bis zum Tod –
ein Leben lang begleiten mit
Rhythmischen Einreibungen
26. Oktober 2013,
Leinfelden-Echterdingen
Somatische und psychiatrische
Versorgung organisieren
Die Schwangerschaft ist ein guter Zeitpunkt, um diesen Frauen den Zugang zu
verschiedenen Versorgungsleistungen zu
ermöglichen: Fast ein Drittel der Frauen,
die wir im Rahmen des Netzwerkes treffen, haben zuvor keine Unterstützung in
Bezug auf ihre Abhängigkeit in Anspruch
genommen. Dabei kann durch die Hinführung zu einem Allgemeinmediziner
mit Spezialisierung auf Suchterkrankungen oder einen Arzt ihrer Wahl, eine Substitutions- oder anderweitige Behandlung
vorgeschlagen und begonnen werden.
Die Hälfte der Frauen haben psychiatrische Begleiterkrankungen, etwa Depressionen, Angststörungen oder psychotische Phasen. Diese Erkrankungen sind
Auskunft:
WALA Heilmittel GmbH
Elke Preussler
Boßlerweg 2
73087 Bad Boll / Eckwälden
Telefon: +49 (0)7164 930-1387
Telefax: +49 (0)7164 930-3929
www.fachkreise.walaarzneimittel.de
36
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
oft durch chaotische Lebensumstände
oder eine zerrüttete, von Trennungen
und Gewalt geprägte Kindheit bedingt.
Nach einer Befragung von 171 Müttern mit einem Suchtproblem waren 40
Prozent von ihnen in der Kindheit Opfer
von psychischer Gewalt, 30 Prozent von
körperlicher Gewalt, 20 Prozent haben
sexuellen Missbrauch erlebt und bei zehn
Prozent traten alle genannten Punkte
auf. Mit dem Psychiater des Netzwerkes
können die Folgen dieser Gewalterfahrungen besprochen und eine mögliche
Behandlung eingeleitet werden. Eine
psychotherapeutische Betreuung kann
auch durch die Psychologin des Netzwerkes erfolgen.
Schwangerschaft und Sucht
In Frankreich gibt es etwa 170.000 bis 180.000 Opiatabhängige. Dazu kommen 3,8 Millionen Menschen, die psychoaktive Suchtmittel konsumieren. Rund 8,8 Millionen Menschen
trinken regelmäßig Alkohol, die Zahl der Raucher liegt bei rund 13, 4 Millionen. Mit Ausnahme
des Alkoholkonsums kann man annehmen, dass von der Gesamtzahl der oben angeführten
KonsumentInnen ein Drittel Frauen sind, von denen sich so gut wie alle im gebärfähigen
Alter befinden. Früher oder später kommen also auch im Bereich Geburt Tätige mit dem
Thema Sucht in Berührung.
Der Konsum von psychoaktiven Substanzen kann spezielle Risiken und Krankheiten während der Schwangerschaft nach sich ziehen: Mangelernährung durch zunehmende Appetitlosigkeit nach dem Drogengebrauch, Verwahrlosung, aber auch der Verlust finanzieller Mittel.
Solche Folgen, die zu den eigentlichen Auswirkungen des Drogenkonsums selbst noch hinzukommen, erhöhen etwa das Risiko für:
●
●
Intensive Betreuung der
Schwangerschaft
Die Geburtshilfe ist durch eine intensive
Überwachung der Schwangerschaft geprägt: Sie findet ab dem zweiten Trimester alle zwei Wochen statt, ab dem dritten Trimester jede Woche. Ab der 28.
Schwangerschaftswoche hat die Mutter/
das Paar die Möglichkeit, einen Kinderarzt aufzusuchen, um die Erstversorgung
des Neugeborenen zu besprechen. Gerade der Gedanke an die Geburt löst bei
der werdenden Mutter oft starke Emotionen aus: Das können Gefühle der
Schuld oder die Angst vor der Konfrontation mit der Geburt selbst sein.
Der Kinderarzt erläutert auch die
Möglichkeit, das Neugeborene in der sogenannten Känguru-Pflege zu betreuen.
Dort wird das Kind, selbst wenn Entzugserscheinungen bei ihm auftreten, nicht
von der Mutter getrennt und so die Entstehung einer stabilen Mutter-Kind-Bindung gefördert. Die Mutter bleibt stets die
Hauptverantwortliche in der Pflege und
Betreuung ihres Kindes. Zudem kann die
Wahrscheinlichkeit, die etwaigen Entzugserscheinungen des Kindes behandeln
zu müssen, erheblich gemindert werden
(nur 20 gegenüber 70 Prozent ohne
Känguru-Pflege). Auch dem Vater wird
hier ausreichend Platz eingeräumt. Außerdem thematisieren Fachkräfte das
Stillen und ermutigen die Mütter dazu.
Während der gesamten Betreuungszeit ist das Ziel immer, die Frauen nach
und nach mit den MitarbeiterInnen vor
Ort vertraut zu machen, um Ängste abzubauen und die Beziehung zu den therapeutischen MitarbeiterInnen zu stärken.
Im Laufe der Arbeit kam innerhalb
Schwangere mit Suchtproblem
●
●
fetale Hypertrophie (übergroßer Fötus)
verzögertes intrauterines Wachstum: in 30 bis 50 Prozent der Fälle gegenüber 3 Prozent
in der Gesamtbevölkerung
Frühgeburt: in zwischen 20 und 50 Prozent der Fälle bei Frauen, die Drogen nehmen und
nicht speziell betreut werden, gegenüber 7 Prozent in der Gesamtbevölkerung
Infektionen: je nach Substanz und Konsumform, besonders durch nicht-sterile Orte oder
unsauberes Injektionsbesteck; häufige Virusinfektionen wie Hepatitis B, C und HIV.
„Die Frauen sollen
als Schwangere mit
Suchtproblem
behandelt werden,
nicht als süchtige
Schwangere.“
des Netzwerkes die Idee auf, gemeinsam
mit den Schwangeren im letzten Trimester ein Informationsblatt vorzubereiten.
Dieses fasst die medizinischen und geburtshilflichen Angaben zur Situation der
jeweiligen Frau zusammen, zeichnet in
groben Zügen deren bisherigen Lebensweg sowie ihre „Suchtgeschichte“ nach
und gibt Hinweise auf relevante Aspekte
ihrer Beziehungen oder auf etwaige einzuhaltende Vertraulichkeiten. Daneben
werden dort die Kontaktdaten aller an
der Betreuung beteiligten Personen vermerkt. Dieses Dokument ist vor allem für
die diensthabenden MitarbeiterInnen in
der Klinik nützlich. Es erleichtert die Aufnahme der schwangeren Frau, die richtige Ausrichtung ihrer medizinischen Versorgung, aber auch ihre Behandlung als
Schwangere, die ein Suchtproblem hat,
und nicht als süchtige Schwangere.
Soziale Begleitung
Ein weiteres Ziel der vorgeburtlichen Begleitung ist natürlich auch, die Betreuung
nach der Geburt vorzubereiten. Das setzt
einen möglichst frühen Kontakt zu den
MitarbeiterInnen der „Protection maternelle et infantile“ (PMI, dt. Mutter-KindSchutz) voraus, die die weitere Betreuung von Frau und Kind nach der Geburt
sicherstellen. Im PMI arbeiten KinderpflegerInnen, Hebammen, ÄrztInnen,
SozialarbeiterInnen und ErzieherInnen
zusammen und bieten eine kostenfreie
Unterstützung in verschiedenen Bereichen für Mütter und Kinder bis zu einem
Alter von sechs Jahren an. Liegt eine
Suchterkrankung vor, muss die gemeinsame Betreuung von Mutter und Kind
durch den PMI, den Hausarzt, den Kinderarzt und gegebenenfalls eine Substitutions-Einrichtung miteinander abgestimmt werden.
Betrachtet man die soziale Lage der
Frauen, so fällt auf, dass ungefähr die
Hälfte von ihnen in einer Partnerschaft
leben und mehr als die Hälfte auf Sozialhilfe angewiesen sind. Emotionale Isolation und die Abwesenheit von Unterstützung und Hilfe bilden somit weitere
Risikofaktoren. Auch die Wohnsituation
stellt in ungefähr der Hälfte der Fälle ein
Problem dar. Oft ist die Unterkunft prekär oder schlicht gar nicht vorhanden.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Es muss also viel Energie darauf verwendet werden, um Lösungen zu finden, die
eine Trennung von Mutter und Kind
verhindern – natürlich in Zusammenarbeit mit Verbänden und anderen vor Ort
verfügbaren Strukturen.
Die Koordination des Netzwerkes
In der gesamten Betreuung ist die Koordination der einzelnen Beteiligten unerlässlich. Klinische Besprechungen mit
der Frau sind notwendig, um die aktuelle Situation immer wieder neu zu be-
„Die Frauen können frei
über ihre therapeutische
und soziale Begleitung
entscheiden.“
werten und die eingeschlagene Richtung
zu justieren. Die Koordinatorin des Netzwerks regelt für jede Patientin den Kontakt zwischen den jeweils beteiligten
Partnern aus dem medizinischen, sozialen und psychologischen Bereich. Sie organisiert, wenn nötig, feste Termine mit
den Beteiligten des Netzwerkes, um das
Zusammentragen von Informationen und
die Analyse von eventuellen Unstimmigkeiten zu ermöglichen sowie die Zusammenarbeit für die jeweilige Einzelsituation zu planen.
Das Netzwerk nimmt auch in der Ausbildung und Unterstützung der beteiligten Professionellen eine wichtige Rolle
ein. Hier werden Ängste besprochen,
Unklarheiten in Sachen Sucht erläutert
und Mediationsarbeit zwischen Mutter
und Team geleistet. Daneben soll der Informationsaustausch zwischen den Hilfeleistern gefördert werden, sodass jeder
Einzelne in seinem Einsatz unterstützt
wird.
Schwangerschaft als Chance
Die Frauen sind während der Betreuung
zu jeder Zeit frei, über ihre therapeutische
und soziale Begleitung selbst zu entscheiden. Das Netzwerk macht Vorschläge,
aber zwingt nichts auf. Schwangere oder
junge Mütter werden eingeladen, an den
Zusammenkünften der Beteiligten teilzunehmen, sobald eine Neuausrichtung
ihrer Betreuung ansteht.
Schwangere Frauen, die Drogen nehmen, entdecken anlässlich einer SchwanDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
gerschaft häufig, dass sie nicht nur Drogenabhängige sind oder als solche von
anderen wahrgenommen werden – sie
erkennen, dass sie vor allem Frauen und
werdende Mütter sind. Im Nachhinein
berichten sie oft von ihrer Überraschung
und Freude, ein Gefühl der Würde wiederentdeckt zu haben, dass ihnen lange
Zeit abhandengekommen war. Die
Schwangerschaft ist eine Zeit, die – wie
für alle anderen Frauen – eine Zeit der
Neugestaltung, der Veränderungen und
der Hoffnung ist. Wir, als im Bereich Geburt Tätige, nutzen diese Zeit, um neues
Vertrauen zu schaffen. Auch über die
Geburt hinaus können diese Bindungen
eine Langzeitbetreuung ermöglichen, die
schließlich das Heranwachsen des Kindes entscheidend beeinflusst.
... mir geht‘s Goldi
GOLDI Naturform
- der Natur nachempfunden
Und Louisa?
Während der Schwangerschaft beendete Louisa schließlich die Beziehung zum
Vater ihres Kindes und begann, den Kontakt zu ihren Schwestern und ihrer Mutter wieder aufzubauen. Mithilfe einer Sozialarbeiterin fand sie eine Wohnung in
der Nähe ihrer Familie und sie bekommt
nun auch finanzielle Unterstützung vom
Staat.
In der 36. Schwangerschaftswoche
brachte sie ohne Komplikationen einen
kleinen Jungen mit 2.500 Gramm Geburtsgewicht zur Welt. Die beiden verbrachten acht Tage in der KänguruEinheit, wo glücklicherweise keine Entzugserscheinungen beim Neugeborenen
auftraten. Zu Hause wird sie nun von
einer Kinderpflegerin unterstützt, sie hat
regelmäßigen Kontakt zu einem Arzt
und einer Sozialarbeiterin in ihrer Nähe.
Mutter und Kind geht es richtig gut. ■
Übersetzung von Franca Liedhegener
und Svea Weiss.
Wann fühlten Sie sich zuletzt
wie neugeboren?
„Vorgestern abend – jedes Mal, wenn sich
in meinem Leben neue Türen öffnen.“
Maïca Reichert
geb. 1958, ist Hebamme und Koordinatorin des Netzwerks „Mutterschaft
und Abhängigkeit“
in Straßburg.
maica.reichert@
chru-strasbourg.fr
:jgdCdgb
:C,&"(
:C&)(*%"'
:C&)%%&"'"(
ŐĞŵćƘ
njĞƌƟĮnjŝĞƌƚĞŵ
WƌƺĨǀĞƌĨĂŚƌĞŶ͗
ĨƌĞŝǀŽŶ
ŝƐƉŚĞŶŽůͲ
BPA
GOLDI Naturform Oval
NEU
Der GOLDI Naturform Oval ist in seiner Form
der Brustwarze noch ähnlicher und deshalb
ƐƟůůĨƌĞƵŶĚůŝĐŚĞƌĚ͘Ś͘^ƟůůďĂďLJƐďĞŬŽŵŵĞŶ
ĚĞŶ^ĂƵŐĞƌŶĂĐŚĚĞŵ^ƟůůĞŶ͕ĚĂŵŝƚƐŝĞ
ŶŝĐŚƚŽŚŶĞEĂŚƌƵŶŐƐĂƵĨŶĂŚŵĞƵŶŶƂƟŐ
ůĂŶŐĞĂŶĚĞƌƌƵƐƚŵƺŵŵĞůŶ͘
^ŽǁŝƌĚĞŝŶĞƌmďĞƌďĞĂŶƐƉƌƵĐŚƵŶŐ
ĚĞƌƌƵƐƚǁĂƌnjĞŶǀŽƌŐĞďĞƵŐƚ͘
GOLDI Naturform OvalŚŝůŌDƺƩĞƌŶ
ĞŝŶĞůĂŶŐĞƵŶĚƐĐŚƂŶĞ^ƟůůnjĞŝƚ
njƵĞƌůĞďĞŶ͘
Gerne informieren wir Sie ausführlicher.
'ƌĂƟƐGOLDI-Muster
+ Infos anfordern.
WVP GmbH
DĂƌƟŶĞƌĨĞůĚϵ͘ϱϰϮϵϰdƌŝĞƌ
&ŽŶϬϲϱϭͲϲϵϵϯϯϬϳϮ
͘&ĂdžϬϲϱϭͲϲϵϵϯϯϬϳϯ
ĞͲŵĂŝůǁǀƉŐŵďŚΛĂŽů͘ĐŽŵ
www.goldisauger.de
38
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Kein Kinderwunsch
Sonja Siegert und Anja Uhling
„Ich will kein Kind.“
Eine unpopuläre
Entscheidung
Foto: Westend61
Bekommen die Deutschen zu wenige Kinder?
Wie kann man die Geburtenrate steigern?
Bei solchen Fragen werden oft die vermeintlich
egoistischen Kinderlosen angegriffen. Zu Recht?
Sonja Siegert und Anja Uhling haben Männer
und Frauen ohne Kinderwunsch gefragt, was
ihnen im Leben wichtig ist und wieso sie sich
gegen Kinder entschieden haben. Sie räumen
auch mit Vorurteilen auf: Denn die Kinderlosen
sind weder schuld an einer „demografischen
Katastrophe“ noch einsamer als Eltern. Und
nein: Ein Kinderwunsch ist nicht „natürlich“.
Deshalb haben wir Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen befragt, die sich keine
Kinder wünschen – ältere und jüngere, Männer
und Frauen, in Partnerschaft oder solo lebende,
Heterosexuelle, Schwule und Lesben. Wir wollten wissen, wie sie leben, was ihnen wichtig ist
und wofür sie sich einsetzen, aber auch, ob sie
glauben, dass es einen Grund für die Entscheidung gegen Kinder gibt. Die Antworten sind sehr
unterschiedlich, aber einen Satz haben wir immer wieder gehört: „Der Wunsch ist einfach nie
entstanden.“
D
„Ich muss mich nicht reproduzieren …“
ie Menschen, die sich keine Kinder wünschen, kommen in den aktuellen Debatten
um sinkende Geburtenzahlen kaum zu Wort.
Das ist erstaunlich, denn immerhin möchten 23
Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen
in Deutschland freiwillig kinderlos bleiben.1
Miriam sagt von sich, sie habe schon mit 14 Jahren gewusst, dass sie keine Kinder haben wird:
„Ich habe das Gefühl, dass das in meinem Lebensplan nicht vorgesehen ist.“ Tanja findet: „Ich
muss mich nicht reproduzieren. Ich halte es für
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Kein Kinderwunsch
größenwahnsinnig, zu sagen: ‚Ich muss
unbedingt einen Teil von mir in die
Welt setzen.‘“ Susanne meint trocken:
„Die schönen Erfahrungen mit Kindern
haben nie dazu geführt, dass ich unbedingt ein eigenes Kind wollte.“
Es gibt auch Gründe, die mit den jeweiligen Lebensbedingungen zu tun haben: Gudrun hatte klar vor Augen, dass
sie sich mit einem Kind finanziell von
einem Mann abhängig gemacht hätte –
jedenfalls so, wie vor dreißig Jahren in
Westdeutschland die Kinderbetreuung
aussah. In dieser Abhängigkeit hätte sie
nie leben wollen. Claudia hatte eine sehr
schwierige Kindheit, in der sie Gewalt
und Einsamkeit erlebt hat, und ist sich
sicher, sie hätte kein Kind heil großkriegen können.
Vielen unserer GesprächspartnerInnen ist auch wichtig, sich aktiv für eine
lebenswerte Welt einzusetzen: Für Ulrich
haben die Überbevölkerung und die Ressourcenknappheit bei der Entscheidung
gegen Kinder eine große Rolle gespielt.
Thomas kann mit Kindern überhaupt
nichts anfangen, sondern will sich lieber
politisch engagieren. Auch Eva hat in ihrem Berufsleben vor allem für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in Afrika gearbeitet und weiß, dass
das mit Kindern nicht gegangen wäre.
Die meisten Menschen, mit denen wir
sprachen, haben übrigens intensive Beziehungen zu Kindern – entweder kümmern sie sich beruflich mit viel Herzblut
um sie oder sie ziehen die Kinder ihrer
Partner mit auf, sorgen für Geschwister
mit Behinderungen, sind leidenschaftliche Tanten und Onkel oder kümmern
sich um die Kinder ihrer FreundInnen.
So verschieden die Menschen und ihre
Motive sind, eines haben wir oft gehört:
dass die Entscheidung gegen Kinder auch
aus einem großen Verantwortungsbewusstsein heraus gefallen ist. Alle GesprächspartnerInnen legen Wert darauf,
dass jedes Kind ein Recht darauf hat,
wirklich gewollt zu sein, und fast alle
halten es für einen Skandal, dass so viele
Kinder in unserer Gesellschaft zu wenig Förderung und Aufmerksamkeit bekommen.
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
chologisiert, es gilt als „heilbar“ durch
gutes Zureden oder durch schlichtes Älterwerden. In unseren Interviews hörten wir von den absurdesten Vorwürfen
– ganz oben auf der Hitliste: Kinderlose
seien egoistisch, bewirkten den finanziellen Untergang des Landes und dächten
nicht an die Rente. Und: Kinder haben
zu wollen, sei doch normal, also stimme
mit ihnen etwas nicht. Ist das so?
„Demografische Katastrophe“ –
sind die Kinderlosen daran schuld?
Dass eine sinkende Bevölkerungszahl in
Deutschland schlecht sei, geistert immer
wieder durch Medien und politische Debatten. Dabei spricht einiges dafür, dass
es sehr gut ist, wenn nicht alle Menschen
Kinder bekommen:
— Die letzte Frauengeneration, die ausreichend Kinder geboren hat, um die Elterngeneration zu ersetzen, waren die
Frauen der Geburtsjahrgänge 1880/
1881.2 Dennoch ist der allgemeine Lebensstandard in Deutschland seit dieser
„Ich will kein Kind, weil ...“
„Abends mit Freunden in der Kneipe zu
sitzen, auf Konzerte zu gehen, sich
spontan mittags zu einer Pizza zu treffen, bei Stress und Kummer füreinander da zu sein – mehr brauche ich nicht
zum Glücklichsein, ich habe nicht den
Wunsch, einen Mann, ein Kind, ein
Haus, ein Auto zu haben.“
Hannah, 35, Redakteurin
Vorwürfe und Unterstellungen
„Wenn ich als schwul lebender Mann
einen Kinderwunsch hätte, hätten meine Eltern mit diesem Szenario sicher ein
Problem. Ich glaube, da gibt es eher die
umgekehrte Erwartung: dass ich als
schwuler Mann doch gefälligst die Finger davon lassen sollte. Da sieht man,
dass es gar nicht um Familie als solche
geht, sondern um eine bestimmte
Form von Familie, die sich gefälligst
tradieren soll.“
Thomas, 36, Inhaber einer
Internet-Agentur
Ein Kinderwunsch muss heute im Allgemeinen nicht begründet werden – das
Nichtvorhandensein dieses Wunsches
aber sehr wohl. Das wird hinterfragt, psy-
„Ich hätte mein Leben mit einem Kind
anders einrichten müssen. Und ich
habe mein Leben, so wie es war, sehr
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Zeit extrem gestiegen. Wohlstand, Solidarsysteme, Fürsorge für Hilfebedürftige haben also offenkundig mit der Fortpflanzung nichts zu tun. Im Gegenteil:
Eine weltweite Untersuchung ergab, dass
das Wirtschaftswachstum zurückgeht,
wenn die Geburtenraten steigen.3
— Warum wird ständig der Eindruck erweckt, als schwinde die Bevölkerung in
Deutschland und als seien „verblühende Landschaften“ zu erwarten? Das Gegenteil ist der Fall: Die Bevölkerung in
Ost- und Westdeutschland ist innerhalb
der letzten drei Jahrzehnte aufgrund von
Zuwanderung von 78 auf 80,2 Millionen Menschen gewachsen. Warum wird
nicht anerkannt, welche Bereicherung
diese zugewanderten Menschen und ihre Kinder sind und was sie leisten?
— Der Planet ist überbevölkert; auch
die deutschen Kindergärten, Schulen,
Universitäten, Großstädte (und Autobahnen) sind überfüllt. Hinzu kommt: Ein
deutsches Kind verbraucht ungleich mehr
Ressourcen und verursacht viel mehr
genossen. Die Annehmlichkeiten des
Singledaseins habe ich höher geschätzt
als die Freuden der Mutterschaft.
Natürlich hat mein Beruf auch eine
große Rolle gespielt, die Reisen, ich
habe so interessante Leute getroffen,
ich habe viel dabei gelernt. Das hat
mich glücklich gemacht – glücklicher,
als eine Ehe mich hätte machen können. Mein Leben war mir so lieber.“
Eva, 78, Journalistin und
Gutachterin im Ruhestand
„Es wird vielleicht wirklich eine gewisse
Leere sein, es wird keiner zu uns ins
Altenheim kommen. Eine Kollegin von
mir geht jeden Tag ihre Mutter im
Altenheim besuchen und betüttelt sie.
Aber das ist natürlich ein egoistischer
Grund, der, glaube ich, beim Kinderwunsch eine gewisse Rolle spielt: Dann
ist später jemand da, der sich kümmert.
Aber unsere Entscheidung ist nun mal
gefallen, und dann müssen wir uns
damit auseinandersetzen, was wir aus
dieser Situation machen. “
Ulrich, 58, Lehrer
39
40
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Umweltschäden als ein Kind in einem
technisch weniger entwickelten Land.
Wäre es da nicht verantwortungsbewusster, sich mit der Fortpflanzung zurückzuhalten und sich lieber um die Menschen
zu kümmern, die schon da sind, ob sie
nun deutsch sind oder nicht?
— Kinderlose gab es immer in der Geschichte. Sie hatten stets wichtige Funktionen: Sie lebten bei ihren alten Eltern,
waren Knechte und Mägde, Hausangestellte, Soldaten, Geistliche, kümmerten
„Vor allem kinderlose
Frauen müssen sich
Vorwürfe über angebliche Charakterdefizite
gefallen lassen.“
sich um die Kinder anderer Leute. Es gibt
heute anteilig nicht mehr Kinderlose als
in früheren Jahrhunderten, die Zahl
schwankte immer stark. Zeitweise waren
mehr als ein Drittel der Frauen einer Generation kinderlos. Der große Unterschied zu früher: Diejenigen, die Kinder
bekommen, bekommen heute weniger.
Olle Kamellen:
Frauen, Männer und ihre „Natur“
Ein anderer Mythos, der ständig unhinterfragt wiedergekäut wird, ist die angebliche „Normalität“ des Kinderwunsches,
jedenfalls bei Frauen. Die Vorstellung von
einem quasi natürlichen, jetzt erst so
genannten „Kinderwunsch“ einer Frau,
verbunden mit der Idee eines „Mutterinstinkts“, ist historisch recht neu; sie entstand erst ab dem frühen 19. Jahrhundert.3 Dass diese historisch gewachsenen
Konzepte immer noch wirken, ist der
Grund dafür, dass vor allem kinderlose
Frauen sich Vorwürfe über angebliche
Charakterdefizite gefallen lassen müssen,
während kinderlosen Männern die Entscheidung eher als Privatsache zugebilligt wird.
Jedenfalls wurde bisher kein „Elternschaftstrieb“ nachgewiesen, von dem
Frauen nur um den Preis der „Unnatürlichkeit“ abweichen können. Im Gegenteil: „Die Tatsache allein, dass mütterliches Verhalten über Ideologiebildung
abgesichert wird, spricht gegen seinen
‚natürlichen‘ Charakter. Mutterschaft
Kein Kinderwunsch
wird nicht immer als befriedigend und
erfüllend erlebt. Es bedarf einer mythischen Verschleierung, um Mutterschaft,
auch wenn sie als einengend oder bedrückend erlebt wird, zu idealisieren.“5
Andererseits stoßen Männer schnell
auf Widerstand, wenn sie sehr wohl einen
Kinderwunsch haben und sich auch noch
intensiv um ihren Nachwuchs kümmern
möchten. Sei es am Arbeitsplatz, wenn
sie sich die Familienarbeit teilen wollen
oder Elternzeit nehmen, sei es im Privatleben, wo sie manches Mal hämische
Bemerkungen von anderen Männern
ernten, wenn sie abends früh müde sind,
mit dem Kinderwagen im Park gesichtet
werden oder mit ihrem Sohn schmusen.
Hinzu kommt: Menschen, die nicht
der deutschen heterosexuellen Traumfamilie entsprechen und Kinder haben
wollen – zum Beispiel schwule oder lesbische Paare, Menschen mit Behinderungen oder mit ausländischen Wurzeln –,
erleben nicht selten, dass noch lange
nicht jedes Kind willkommen ist, sondern dass es vielen BefürworterInnen
aktiver Fortpflanzung in Wahrheit nur
um die Reproduktion einer ganz bestimmten Familienform geht.
Neue Debatten bitte!
Schon 1930 charakterisiert Erich Kästner
in seinem wunderbaren Gedicht „Patriotisches Bettgespräch“ die zeitgenössische Debatte so, wie sie heute unverändert geführt wird: „Hast Du, was in der
Zeitung stand, gelesen? / Der Landtag ist
mal wieder sehr empört / von wegen dem
Geburtenschwund gewesen. / Auch ein
Minister fand es unerhört.“ Und an späterer Stelle: „Geburtenrückgang – hat er
noch gesagt – / sei, die Geschichte lehrt es
– Deutschlands Ende.“6
Wollen wir nicht endlich mal andere
Debatten führen? Zum Beispiel darüber,
was sich Frauen und Männer zwischen
20 und 50 wünschen? Wie sie leben wollen, was sie für Ziele haben? Wünschen
sie sich Kinder oder nicht? Und wenn
sie mit Kindern leben wollen: Welche
Bedingungen müssen dafür erfüllt sein?
Das ist es nämlich, was die Menschen
täglich beschäftigt.
Zum Weiterlesen:
Sonja Siegert, Anja Uhling:
Ich will kein Kind. Dreizehn Geschichten
über eine unpopuläre Entscheidung.
Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2013.
www.ichwillkeinkind.de
Literatur
1 Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung/
Höhn, Charlotte/Ette, Andreas/ Ruckdeschel, Kerstin: Kinderwünsche in Deutschland. Konsequenzen für eine nachhaltige
Familienpolitik. Robert Bosch Stiftung,
Stuttgart 2006, S. 20. www.bosch-stiftung.
de/content/language2/downloads/BuG_
Familie_Studie_ Kinderwunsch.pdf
2 Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft.
Eine wissenssoziologische Untersuchung
von Kinderlosigkeit. Verlag Westfälisches
Dampfboot, Münster 2010, S. 42 / Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung: Endgültige Kinderzahl je Frau der Geburtsjahrgänge 1865 bis 1965 in Deutschland
(Stand: 2010).
3 Nach Karl Otto Hondrich: Weniger sind
mehr. Warum der Geburtenrückgang ein
Glücksfall für unsere Gesellschaft ist. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2007, S. 42.
Hondrich bezieht sich auf die Studie von
Robert Barro und Xavier Sala-i-Martin:
Economic Growth, Cambridge (Mass.)/
London 1999.
4 Vgl. Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft, S. 40 ff. (siehe Fußnote 2)
5 Jessica Groß: Psychosomatik und Reproduktionsmedizin, in: Maria Beckermann/
Friederike M. Perl (Hg.): Frauen-Heilkunde und Geburts-Hilfe. Integration von
Evidence-Based Medicine in eine frauenzentrierte Gynäkologie, Schwabe Verlag,
Basel 2004, S. 922-953, hier S. 942.
6 Erich Kästner: Patriotisches Bettgespräch,
in: ders.: Gedichte. Büchergilde Gutenberg,
7. Aufl., Frankfurt am Main 1997, S. 257.
Wann fühlten Sie sich zuletzt
wie neugeboren?
„Nachdem ich im Urlaub abends noch
einmal ins Meer gesprungen bin.“
Sonja Siegert
geb. 1974, ist Journalistin und Lektorin,
arbeitet als Referentin für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
in Köln.
[email protected]
„Am 14.11.1963, um 10:38 Uhr.“
Anja Uhling
geb. 1963, ist Journalistin und Mitarbeiterin in einer
medizinrechtlichen
Anwaltskanzlei
in Frankfurt am
Main.
[email protected]
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Bücher zum Weiterlesen
Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt
Schwangerschaft und Geburt
Bücher zum Weiterlesen
Karl Heinz Brisch
Schwangerschaft und Geburt
Das Buch zeigt Möglichkeiten
auf, wie man Eltern auf der
Grundlage der Bindungstheorie
beratend und psychotherapeutisch zur Seite stehen kann. Es
beschreibt die Veränderungen
der werdenden Eltern schon ab
dem Zeitpunkt der Konzeption,
während der gesamten Schwangerschaft sowie in der Zeit
während und nach der Geburt.
Ausführliche Therapiebeispiele
verdeutlichen das Vorgehen und
runden das Buch ab.
Klett-Cotta, Stuttgart 2013, 207 S.,
21,95 Euro
Cornelia Enning
Heilmittel aus Plazenta
Medizinisches und
Ethnomedizinisches
Selbst hergestellte Heilmittel aus
der Plazenta des eigenen Kindes
bieten sich als Familientherapeutikum von der Kinderheilkunde bis zur Altenpflege an.
15 Rezepte zeigen, wie Plazenta
leicht verarbeitet werden kann.
Die Erläuterung der gesetzlichen
Bestimmungen soll dem Leser
helfen, mit der Herstellung und
Eigenmedikation des ältesten
Heilmittels der Welt sicher umzugehen.
Erschienen 2003, 72 S., 14,50 Euro,
Bezug über den Mabuse-Buchversand.
Ute Taschner, Kathrin Scheck
Meine Wunschgeburt –
Selbstbestimmt gebären nach
Kaiserschnitt
Die meisten Mütter möchten ihr
Kind verletzungsfrei auf natürlichem Wege zur Welt bringen.
Dies trifft vor allem auf Frauen
zu, die bereits einen oder mehrere Kaiserschnitte hatten und
nun nach Alternativen zur
operativen Entbindung suchen.
Das Buch zeigt Schwangeren,
ihren Partnern, GeburtshelferInnen und weiteren Fachpersonen Wege auf, wie dies gelingt.
edition riedenburg, Salzburg 2012,
236 S., 24,90 Euro
Deutsche
Hauptstelle für
Suchtfragen
e. V.
„Du bist schwanger ...
... und nimmst Drogen?“
Nur wenige Drogenabhängige
planen ein Kind. Dennoch entscheiden sich viele dafür und
möchten ihr Leben verändern.
Sie machen sich große Sorgen
um die Gesundheit ihres Kindes
und oft werden sie von Schuldgefühlen fast erdrückt, wenn es
ihnen nicht gelingt, drogenfrei
zu leben. Drogen sind tatsächlich
eine Gefahr für die Gesundheit
des Kindes. Aber: Auch Frauen,
die Drogen gebrauchen, können
viel dafür tun, dass ihr Baby
möglichst gesund zur Welt
kommt. Diese Broschüre informiert und macht Frauen Mut.
Die Broschüre kann kostenlos auf der
Internetseite der DHS in der Rubrik
„Informationsmaterial – Broschüren
und Faltblätter“ heruntergeladen
oder bestellt werden:
www.dhs.de
Daniel Nakhla, Andreas
Eickhorst, Manfred Cierpka
Praxishandbuch für
Familienhebammen
Arbeit mit belasteten Familien
Familienhebammen betreuen
Schwangere, Mütter und Familien mit gesundheitlichen, medizinisch- oder psychosozialen Risiken und deren Kinder im ersten
Lebensjahr. Das Tätigkeitsfeld
erfordert Kenntnisse der relevanten Gesetzgebung, institutioneller Möglichkeiten und der
(psychosozialen) Entwicklung
über die ersten acht Wochen
hinaus.
Mabuse, Frankfurt am Main 2012,
208 S., 22,90 Euro
Brigitte Renate Meissner
Kaiserschnitt und
Kaiserschnittmütter
Frauen erzählen, was sie erlebten
und wie sie ihren Kaiserschnitt
verarbeitet haben
Dieser Ratgeber unterstützt sehr
einfühlsam all jene Frauen, die
von ihrem Kaiserschnitt enttäuscht sind, und bietet Fachpersonen den Hintergrund, um besser zu verstehen, was diese Mütter bewegt und was ihnen hilft.
Die Autorin gibt Geschichten
und Erfahrungen von verschiedenen Frauen weiter.
Erschienen 2003, 269 S., 19,80 Euro,
Bezug über den Mabuse-Buchversand.
Marina Marcovich,
Theresia M. de Jong
Frühgeborene –
zu klein zum Leben?
Geborgenheit und Liebe
von Anfang an
Frühgeborene brauchen bereits
auf der Intensivstation elterliche
Zuwendung, wie die Kinderärztin Marcovich zeigt: Hautkontakt, Streicheln und Zureden
schenken Geborgenheit und
wirken stabilisierend und kräftigend auf das Baby, sodass
technische Maßnahmen und
Medikamente vielfach reduziert
werden können. Dieses Buch
ermutigt Eltern und macht
sie mit der Methode vertraut.
Kösel, München 2008, 254 S.,
16,95 Euro
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Auf unserer Homepage finden
Sie einen weiteren Artikel zum
Thema „Schwangerschaft und
Geburt“, der sich mit der
Akademisierung des
Hebammenberufs beschäftigt:
www.mabuse-verlag.de/
Downloads/2201/
204_Bauer_Akademisierung.pdf
41
Lexikon
Disease Management
Das gesundheitspolitische Lexikon
42
Programme
erklärt von Sandra Jessel, IGES Institut, Berlin
D
isease Management bedeutet KrankheitsManagement und ist eine aus den USA stammende Methode zur Organisation der Behandlung
vor allem chronisch Kranker. In einem Disease
Management Programm (DMP) werden zentral organisierte Behandlungspläne aufgestellt, die für
alle daran teilnehmenden PatientInnen und meist
für den gesamten Verlauf einer Erkrankung gelten.
Flächendeckend eingeführt wurde dieses zuvor für das deutsche Gesundheitswesen unbekannte Versorgungsangebot im Jahr 2002 mit dem
„Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in
der gesetzlichen Krankenversicherung“. Drei Entwicklungen hatten dazu beigetragen. Zum einen
waren jahrelange Diskussionen vorausgegangen,
wie die als unbefriedigend betrachtete Versorgung
vor allem chronisch Kranker zu verbessern sei.
Bemängelt wurden Qualitätsprobleme und Schnittstellenschwierigkeiten zwischen den einzelnen Versorgungsbereichen sowie ein zu schwacher Einbezug rehabilitativer Behandlungskomponenten.
Evidenzbasierte Versorgung
Zum anderen wurde mit der wachsenden Bedeutung der „Evidence Based Medicine“ (EBM) gefordert, dass Behandlungen auf der Grundlage
wissenschaftlich gesicherter aktueller Erkenntnisse
stattfinden sollten. DMP vereinen konzeptionell
all dies. Sie sollen auf der Basis bester medizinischer
Evidenz für eine koordinierte, sektorenübergreifende Behandlung sorgen, um so eine bedarfsgerechte, qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Versorgung sicherzustellen.
In Deutschland führte ferner ein entscheidender
dritter Impuls zur DMP-Einführung, der zugleich
die Hauptkritik an den Programmen zur Folge hatte: die Koppelung der DMP an den Risikostrukturausgleich (RSA) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bis Ende 2008. Danach erhielten
Kassen für DMP-TeilnehmerInnen gesonderte finanzielle Mittel. Dies sollte Anreize für eine verbesserte Versorgungsqualität setzen, die unterschiedliche Morbiditätslast der Kassen ausgleichen so-
wie die Zeit bis zur Einführung des morbiditätsorientierten RSA (Morbi-RSA) überbrücken. Masse
statt Klasse lautete die Kritik. Verleite doch dies
dazu, möglichst viele PatientInnen mit einer guten
Prognose in möglichst kostengünstige Programme
zu bringen. Mit Einführung des Morbi-RSA verloren die DMP ihre Rolle als finanzwirksames Risikomerkmal im RSA. Nun erhalten Krankenkassen nur noch eine Programmkostenpauschale, die
den administrativen Aufwand der DMP decken
soll.
Mit mehr als sechs Millionen TeilnehmerInnen
in der GKV sind DMP inzwischen Versorgungsroutine geworden. Sie werden bisher für sechs Indikationen angeboten: Diabetes mellitus Typ 1 und 2,
Brustkrebs, Asthma bronchiale, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung sowie Koronare Herzkrankheit mit einem integrierten Modul „chronische Herzinsuffizienz“.
Patientenrelevante Ziele erreicht?
Die Einführung der DMP ging mit einer lebhaften
Kontroverse über ihren Nutzen einher. Inzwischen liegen dazu nach mehr als zehn Jahren
Laufzeit Ergebnisse der gesetzlich vorgeschriebenen Evaluationen sowie weiterer Untersuchungen
vor. Sie bestätigen, dass die Versorgung der PatientInnen inzwischen in hohem Maß mit medizinischen Leitlinien und den gesetzten Qualitätskriterien übereinstimmt. Ferner zeigen die Studien
durchaus positive Effekte, etwa auf die Prozessqualität, aber auch auf medizinische Parameter. Offen bleibt jedoch, ob, vor allem patientenrelevante,
übergeordnete Ziele wie beispielsweise die Vermeidung von Erblindungen und Amputationen oder
die Verringerung der Sterblichkeit bei Diabetikern
erreicht werden. Aussagen dazu sind anhand der
verfügbaren Evaluationsdaten nur eingeschränkt
möglich.
Zudem bleibt ungeklärt, ob beobachtete, positive Effekte wirklich den DMP zuzuschreiben sind
und ob die mit den DMP verbundenen Zusatzkosten in einem angemessenen Verhältnis zu den erreichten Wirkungen stehen. ■
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/ August 2013
Palliative Care in der Behindertenarbeit
Vom Fördern zum Lindern
Foto: Klaus Rose/imagetrust
Palliative Care in der Behindertenarbeit
Stephan Kostrzewa, Arif Sayim, Daniela Scholz
Menschen mit geistiger Behinderung werden in
Deutschland erstmals in größerer Zahl alt. Deren
Wohnstätten werden so immer mehr zu Orten
der Palliativversorgung. Hierfür sind viele aber
noch nicht gerüstet. Ein Projekt in Oberhausen
hat sich der neuen Situation gestellt und zeigt, in
welche Richtung sich Wohnstätten entwickeln
könnten. Erste Ergebnisse stimmen positiv.
n Wohnstätten für Menschen mit geistiger Behinderung leben zunehmend auch alte BewohnerInnen mit alterstypischen Erkrankungen
wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose,
Rheuma oder auch Parkinson und Demenz. Hier
kann oft nicht mehr geheilt, sondern nur noch
gelindert werden. Insbesondere die Schmerzerfassung und -therapie stellt die betreuenden Teams
vor große Herausforderungen. Erst seit etwa drei
Jahren steht ein Fremdbeobachtungsinstrument,
das eine erforderliche Schmerzbehandlung unterstützen kann, in deutscher Sprache zur Verfügung.
I
Leben und Sterben
Wohnstätten für Menschen mit geistiger Behinderung werden also zunehmend zu Orten, in
denen auch gestorben wird. Zurzeit sind KranDr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
kenhäuser noch deren häufigster Sterbeort, aber
immer mehr Wohngruppen merken, dass ihnen
dieses „Abschieben“ nicht behagt. Denn wollen
sie ein Zuhause, ein Ort zum Leben sein, dann
müssen sie den letzten Lebensabschnitt – das
Sterben – ebenfalls mit in ihr Versorgungs- und
Betreuungskonzept aufnehmen. Das macht es jedoch erforderlich, die pädagogischen MitarbeiterInnen in Palliative Care zu schulen, das bestehende Betreuungskonzept durch ein palliatives
Konzept zu ergänzen und das Selbstverständnis
der Wohnstätte zu einem Ort des Sterbens zu erweitern. Dass dieser Veränderungsprozess möglich ist, zeigt eine Wohnstätte für Menschen mit
geistiger Behinderung in Oberhausen (Rheinland).
Das Projekt Alsbachtal
In der Wohnstätte Alsbachtal leben 20 Menschen
mit Behinderung im Alter von 26 bis 50 Jahren.
Dabei reichen die Behinderungen von geistiger
Behinderung bis zu Schwerst-Mehrfachbehinderungen. Einige Bewohner gehen regelmäßig
in Werkstätten arbeiten, andere wiederum sind
schon im Rentenalter.
Anstoß zum Projekt war im Jahr 2010 die Tumorerkrankung einer Bewohnerin. Das Team
43
war sich anfangs nicht sicher, ob es in
der Lage sein würde, den Krankheitsprozess dieser Bewohnerin aushalten
und begleiten zu können. Daraufhin
schlug der behandelnde Hausarzt den
Kontakt zu einer Beraterfirma vor, die
dabei helfen sollte, ein tragfähiges und
praktikables Konzept zur Palliativversorgung in der Wohnstätte für Menschen
mit geistiger Behinderung zu erstellen,
Mitarbeiter zu schulen und solche Fortbildungen zu verstetigen.
Im Jahr 2012 sind in der Wohnstätte
schließlich zwei Bewohner verstorben.
Der Zustand der Bewohnerin mit der Tumorerkrankung hat sich im Verlauf des
Projekts widererwartend stabilisiert. Da
aber ein palliatives Verständnis schon
weit vor dem eigentlichen Sterben ansetzt, konnten die MitarbeiterInnen auch
für sie entsprechende lindernde Maßnahmen einleiten, etwa bei auftretender Übelkeit oder Schmerzen.
Eigene Sterblichkeit
thematisieren
Zu Beginn des Projekts wurde deutlich,
dass kaum einer der MitarbeiterInnen in
Palliativversorgung und Sterbebegleitung geschult war. Die jeweiligen Ausbildungen zum Heilerziehungspfleger,
Pädagogen, Sozialpädagogen oder Erzieher haben diese Inhalte schlicht und einfach nicht vermittelt.
So war es auch verständlich, dass die
MitarbeiterInnen zunächst darum gebeten haben, erst einmal die eigene Sterblichkeit zu thematisieren: „Ich habe noch
niemals einen Sterbenden gesehen und
ich habe mir auch noch niemals Gedanken über meinen Tod gemacht“, sagte
eine Mitarbeiterin der Wohnstätte. Ebenfalls wurde zu Beginn des Projekts deutlich, dass die Themen „Umgang mit Sterben, Tod und Sterbebegleitung“ bisher
aus dem Alltag in der Wohnstätte ausgeblendet worden waren. Hier zeigten
sich dann in den ersten Schulungseinheiten zur Palliativversorgung, dass neben den rechtlichen Aspekten – „Dürfen wir überhaupt einen Bewohner hier
in der Wohnstätte sterben lassen?“ – und
den medizinisch-pflegerischen Bereichen,
auch immer der Umgang mit eigenen
Ängsten zum Sterben ein Thema war.
Zudem dachten die Mitarbeiter, dass
Menschen mit geistiger Behinderung kein
„Todeskonzept“ hätten, weshalb sie auch
nicht über das Sterben sprechen könnten.
Das eigentliche Projekt musste sich also
folgenden Aufgaben stellen:
– eine Ist-Stand-Erhebung erstellen
(mithilfe des Palliative Care Mapping©),
– Mitarbeiterschulungen in Palliativversorgung durchführen,
– Vernetzung mit bestehenden Palliativangeboten in der Umgebung unterstützen und
– das Erreichte später evaluieren.
Offene Kommunikation
Zentraler Bestandteil einer gelebten Palliativkultur ist die offene Kommunikation
über das Thema „Sterben“. Denn nicht
einzelne palliative Maßnahmen und
Techniken bilden den Kern von Palliative
Care, sondern Aushandlungsprozesse –
also das Aus- und Ansprechen von Ängsten, Bedürfnissen und Erwartungen an
eine gute Palliativversorgung und eine
individuelle Sterbebegleitung. Im Verlauf
des Projekts wurde daher auf eine offene
Kommunikation zwischen den MitarbeiterInnen und BewohnerInnen über diese
Themen hingearbeitet.
Hierbei stellte sich heraus, dass viele
der in der Wohnstätte lebenden BewohnerInnen sehr wohl deutliche Vorstellungen haben, wie sie sterben möchten:
„Ich möchte ohne Schmerzen sterben –
und nicht hier, hier ist es zu laut. Meine
Familie möchte ich vor meinem Tod noch
sehen. Ich will aber nicht dabei sein,
wenn meine Familie stirbt. Die möchte
ich lieber so in Erinnerung behalten, wie
sie sind“, sagte etwa Frau H., 45 Jahre alt,
die sowohl eine körperliche als auch eine
geistige Behinderung hat und im Rollstuhl sitzt.
Äußerungen wie diese haben gezeigt,
dass die „Sprachlosigkeit“ der MitarbeiterInnen rund um die Themen Sterben und
Tod, sich auf die BewohnerInnen übertragen hatte.
Gute Zusammenarbeit von
Pflegekräften und Pädagogen
Dadurch, dass insbesondere die pädagogischen MitarbeiterInnen im Laufe des
Projekts zunehmend kompetenter in Palliativversorgung wurden, externe Anbieter von Palliativversorgung aktiv eingebunden wurden (etwa SAPV-Team und
Hospizbewegung) und das Selbstverständnis der Wohnstätte sich zu einem
Ort des Sterbens erweiterte, konnten zwei
sterbende Bewohner bis zum Schluss in
ihrer gewohnten Umgebung verbleiben.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Hier haben die pflegerischen und pädagogischen Mitarbeiter bei den sterbenden Bewohnern gemeinsam Aufgaben
übernommen, unter anderem spezielle
Mundpflege, Schmerzbeobachtung, Basale Stimulation (körpernaher Dialogaufbau) oder auch die Begleitung der
Angehörigen.
Einzelne Mitarbeiter haben sich trotz
der anfänglichen Berührungsängste zeitweise sogar zu einer sterbenden Bewohnerin mit ins Bett gelegt, um ihr Nähe zu
vermitteln und ihre Ängste zu nehmen.
Fotos: Wohnstätte Alsbachtal
Palliative Care in der Behindertenarbeit
Evaluation des Erreichten
Eine erneute Ist-Stand-Erhebung zum
Ende des Projekts im Herbst 2012 hat
gezeigt, dass mittlerweile viel selbstverständlicher über die Themen „Sterben,
Tod und Sterbebegleitung“ zwischen allen Beteiligten gesprochen wird. Zudem
wird die Begrenztheit der alltäglichen
Förderkonzepte im besonderen Rahmen
der Palliativversorgung, insbesondere
zwischen den pädagogischen und pflegerischen Teammitgliedern, intensiv diskutiert. Denn Aktivierung, Förderung,
Motivierung müssen zum Lebensende
hin einer achtsamen, suchenden und gewährenden Haltung dem Betroffenen
gegenüber weichen.
Geistige Behinderung und Demenz
Zurzeit befindet sich das Projekt in einer
neuen Phase, denn in den letzten beiden
Jahren wurden die Wohngruppen zunehmend durch sogenannte herausfordernde
Verhaltensweisen von Menschen mit
geistiger Behinderung und einer allmählich hinzugekommenen Demenzerkrankung konzeptionell und persönlich gefordert.
Hintergrund ist, dass klassische Förderkonzepte bei Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz nicht
funktionieren. MitarbeiterInnen in den
Wohnstätten machten wiederholt die Erfahrung, dass sogenannte Korrekturen
und das Arbeiten mit den Defiziten bei
geistig behinderten Menschen mit Demenz absolut kontraproduktiv sind. Hier
wird durch aussichtslose Aktivierungsversuche mehr Frustration erzeugt, als
dass sich ein positiver Effekt bei den Betroffenen einstellt.
Zu fragen bleibt: Kann Palliative Care
auch hierbei weiterhelfen? Ganz klar:
ja! In diesem Kontext versteht sich Palliative Care nicht als „Sterbebegleitung“ –
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Die Gedenkecke der Wohnstätte Alsbachtal zeigt den nun offenen Umgang mit den Themen
Sterben und Tod in der Einrichtung (links). Der Bewohner Markus Picht, 31, lebt seit Ende 2012 in
der Wohnstätte (oben rechts).
wie sie häufig falsch übersetzt und verstanden wird, sondern als ein lindernder
Ansatz, der die Ziele verfolgt, Lebensqualität zu steigern und Wohlbefinden
zu erhalten. Insbesondere bei geistig behinderten Menschen mit Demenz erreichen wir eine Palliation durch eine gewährende Haltung. Das bedeutet, dass
nicht korrektiv in das Verhalten der Betroffenen eingegriffen wird, sondern man
sie in ihrer Demenz soweit wie möglich
gewähren lässt.
Das aber stößt auf unterschiedliche
Widerstände in den Wohngruppen für
Menschen mit geistiger Behinderung.
Hier müssen MitarbeiterInnen immer
wieder vermitteln, wenn MitbewohnerInnen das veränderte Verhalten eines
Demenzerkrankten nicht nachvollziehen
können. Es entstehen daher zunehmend
zwei verschiedene Betreuungskonzepte
– Fördern und Gewährenlassen –, die
nur schwer in einer Wohngruppe zu vereinbaren sind.
Neue Konzepte für die Zukunft?
Da die Zahl von Menschen mit geistiger
Behinderung und Demenz steigt, werden
in Zukunft Konzepte diskutiert werden
müssen, die in der Behindertenarbeit
zurzeit noch einen „negativen Reflex“
auslösen, etwa eine mögliche Segregation. Das heißt in diesem Fall, über getrennte Wohngruppen für die verschiedenen Betreuungskonzepte des Förderns
und Gewährenlassens nachzudenken.
Dabei geht es nicht darum, Menschen
mit geistiger Behinderung und Demenz
auszuschließen, sondern ihnen ein Umfeld anzubieten, das die herausfordernden Verhaltensweisen akzeptieren und
aushalten kann. ■
Stephan Kostrzewa
geb. 1966, ist Sozialwissenschaftler und
Altenpfleger. Er arbeitet als Projektbegleiter
und Organisationsberater.
[email protected]
Arif Sayim
geb. 1968, ist Heilpädagoge und Leiter der
Wohnstätte Alsbachtal.
[email protected]
Daniela Scholz
geb. 1980, ist Erzieherin und stellvertretende Leiterin der Wohnstätte Alsbachtal.
[email protected]
45
46
Kommentar
Pharma
„Ein übler
deutsch-deutscher Deal“
Arzneimittelversuche in der DDR
Foto: privat
B
esonders kritische Momente in der Entwicklung eines Arzneimittels sind die Zeiten der
klinischen Prüfungen, in denen zum ersten Mal
gesunde (Phase I) und kranke Menschen mit der
Krankheit, gegen die das Mittel später eingesetzt
werden soll (Phase II und III), das neue Medikament einnehmen. Mit diesen Prüfungen sollen
die Wirksamkeit, die Unbedenklichkeit und die pharmazeutische
Qualität des jeweiligen Arzneimittels nachgewiesen werden.
Der zweite kritische Moment
ist die Anwendung von Arzneimitteln nach der Zulassung an
einer größeren Anzahl an PatientInnen. Hier muss sich das Mittel noch einmal bewähren, vor
allem auch im Hinblick auf die
Unbedenklichkeit, da Risiken
und unerwünschte Wirkungen,
die eher selten auftreten, die
aber dennoch problematisch und
gefährlich sein können, zuvor
nicht erkannt werden konnten.
Ein Risiko von 1:10.000 kann
Gerd Glaeske, geb. 1945, Arzneimittelexperte,
Professor am Zentrum für Sozialpolitik (ZeS)
statistisch gesehen erst dann erder Universität Bremen.
kannt werden, wenn 40.000
[email protected]
Menschen das jeweilige Mittel
eingenommen haben – an den
klinischen Prüfungen sind in der Regel nicht
mehr als 3.000 Menschen beteiligt.
Voraussetzungen
für klinische Prüfungen
Aber vor allem für die TeilnehmerInnen der klinischen Prüfungen sind die Tests eine sensible
Phase. Darum müssen vor ihrem Beginn auch
Ethikkommissionen ein Votum dazu abgeben –
es wird gefragt, ob die geplanten Prüfungen vertretbar sind, ob sie einen relevanten Zuwachs an
medizinisch therapeutischen Kenntnissen versprechen, ob Aufbau, Zielvariablen und Auswertungen dem aktuellen Kenntnisstand entsprechen und ob die ÄrztInnen, die in diese Prüfungen einbezogen sind, auch die entsprechenden
Kenntnisse und Erfahrungen in der Durchfüh-
rung solcher klinischer Prüfungen haben. Zudem
müssen die PatientInnen vor Beginn aufgeklärt
werden und ihre Einwilligung für die Beteiligung
an einer solchen Prüfung abgeben. Die pharmazeutischen Hersteller sind im Übrigen verpflichtet, jeden beteiligten Patienten mit einer Versicherung in Höhe von einer Million Euro abzusichern. Im Mittelpunkt der Durchführung steht
also immer die möglichst hohe Sicherheit der
beteiligten Menschen, wie sie die „Deklaration
von Helsinki“ von 1964 verlangt. Dort heißt es:
„In der medizinischen Forschung am Menschen
muss das Wohlergehen der einzelnen Versuchspersonen Vorrang vor allen anderen Interessen
haben.“
Arzneimittelzulassung beschleunigen
Was können dies für Interessen sein, die hier als
nachrangig angesprochen werden? Es gibt immer wieder Hinweise darauf, dass klinische Prüfungen unter Verletzung solcher Anforderungen
durchgeführt werden, weil etwa Pharmafirmen
mit möglichst wenig Aufwand eine Zulassung
erreichen wollen, um ihr Mittel auf den Markt
zu bringen. Solche Studien sind vor allem aus
Indien, Afrika, Südamerika oder osteuropäischen Ländern bekannt geworden. Da werden
Behörden geschmiert, Ethikkommissionen –
wenn die denn überhaupt existieren – übergangen und Ärzte unterschreiben die Aufklärungspapiere für Patienten, die oftmals nicht einmal
ausreichend versichert sind.
Auch ÄrztInnen könnten aus Forschungsgründen ein Interesse daran haben, möglichst
rasch Ergebnisse zu produzieren, um sich damit
wissenschaftlich zu qualifizieren. Außerdem
werden sie für die Durchführung der klinischen
Prüfungen zumeist bestens honoriert. Und es
gibt auch immer wieder Hinweise darauf, dass
sich gesunde Menschen aus finanzieller Not
gleichzeitig an mehreren klinischen Prüfungen
der Phase I beteiligen und zusätzliche Risiken in
Kauf nehmen, wenn sie etwa bestehende Krankheiten verschweigen. Aber auch Kontrollbehörden können finanzielle Interessen haben – Korruption ist in vielen asiatischen, afrikanischen
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Pharma
oder auch südamerikanischen Ländern ein Beschleuniger für Entscheidungsabläufe, die in vielen
Fällen nicht zugunsten der PatientInnen getroffen werden.
Und auch bei uns ist in manchen Fällen Geld
ein Katalysator für die Durchführung von Studien
– Drittmittel oder persönliche Zuwendungen
kommen auch in Ländern vor, die eigentlich eine
gut regulierte Marktüberwachung haben.
Was passierte in der DDR?
Nun wurde bekannt, dass westdeutsche Pharmafirmen auch in der DDR klinische Prüfungen
durchführen ließen und die politischen sowie
wissenschaftlichen Repräsentanten der DDR diese
„Studienkooperation“ nachdrücklich stützten.
Wer sich schon längere Zeit mit diesem Thema
beschäftigt hat, war nicht wirklich überrascht,
weil klinische Prüfungen für die DDR zumindest
zwei Vorteile haben konnten: Zum einen kam
durch die Prüfaufträge Westgeld ins Land – von
800.000 DM pro Prüfauftrag ist die Rede, ein
Preis, der allerdings deutlich unter dem lag, was
die Pharmafirmen in der BRD hätten zahlen
müssen (dort wären drei- bis fünffach so hohe
Kosten angefallen), mehr als 600 Prüfaufträge
in 50 Kliniken soll es gegeben haben. Zum anderen kamen neue Arzneimittel in einen Staat,
der mit erheblichen Versorgungsproblemen im
Arzneimittelbereich zu kämpfen hatte. Aber
sind dies Gründe, die zum Verständnis der bekannt gewordenen Menschenversuche beitragen
können?
Im Rahmen der Kooperation wurde etwa
Erythropoietin (EPO) von Boehringer Mannheim, das als Dopingmittel im Radsport berühmt
geworden ist, an Frühgeborenen getestet, um
herauszufinden, ob dadurch die Anzahl roter
Blutkörperchen vermehrt werden konnte. Geprüft wurden Herzmittel von Sandoz, in diesem
Zusammenhang soll es Todesfälle gegeben haben.
Das Bayer-Mittel Nimodipin wurde an Menschen mit Alkoholdelir geprüft, die in diesem
Zustand gar nicht in diese Prüfung einwilligen
konnten – Blutdruckabfall, Schwitzen und Zittern waren die Folgen, es hätte auch Todesfälle
geben können. Auch die Mittel Trental®, seinerzeit ein von der Firma Hoechst vermarktetes
Mittel, das angeblich bei Durchblutungsstörungen helfen sollte, oder das Diabetesmittel Glucobay®, bei dem ebenfalls eher Zweifel am Nutzen
angebracht sind, wurden wahrscheinlich in der
DDR geprüft.
Mehr Schaden als Nutzen
Der Anreiz für Westfirmen war offensichtlich, dass
in der DDR klinische Prüfungen durchgeführt
werden konnten, die in der BRD nicht genehmigt worden wären. Daher endet hier jeglicher
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Kommentar
Versuch, Verständnis für die DDR-Führung in
Bezug auf diese Kooperation gelten zu lassen:
„Es war ein übler deutsch-deutscher Deal“, so
äußerte sich der Bundesbeauftragte für die StasiUnterlagen, Roland Jahn, und unterstrich: „Unternehmen nahmen also billigend in Kauf, dass
in der DDR Menschen auf der Strecke blieben.“
In diesem Zusammenhang ist es daher mehr
als unverständlich, wenn Otmar Kloiber, der Generalsekretär des Weltärztebundes, der für Grundsatzfragen der ärztlichen Ethik in dieser Organisation mitverantwortlich ist, der Pharmaindustrie
einen „Persilschein“ ausstellt: „Ich sehe nicht,
wie man die Industrie dafür verantwortlich machen kann, dass in der DDR der Staat mit seinen
eigenen Menschen in einer inakzeptablen Weise
umgegangen ist.“ (taz, 21.5.2013)
Keine stichhaltigen Argumente
Wie kann das sein? Wo auch immer die Pharmaindustrie klinische Prüfungen durchführt, ist sie
nach dem Arzneimittelgesetz an die „Deklaration
von Helsinki“ gebunden und hat darauf zu achten, dass diese auch eingehalten wird. Die Industrie kannte das Umfeld und die Bedingungen in
der DDR und hat beides gezielt gesucht. Und da
soll sie nicht verantwortlich sein?
In der gleichen Argumentationskette könnte
man schlussfolgern, dass auch die ÄrztInnen keine Schuld trifft, wenn sie solche klinischen Prüfungen durchgeführt haben – denn auch sie kann
man nicht dafür verantwortlich machen, wie der
Staat mit seinen Menschen umgeht. Hat Herr
Kloiber vielleicht nicht die Diskussionen um die
Verstrickungen von ÄrztInnen im Nationalsozialismus wahrgenommen, in denen es um die Verantwortlichkeit und die Schuld von Industrie und
Medizinern ging, obwohl der Staat seinerzeit
auch in „inakzeptabler Weise“ mit seinen Menschen umgegangen ist?
Transparenz und Entschädigung
Es ist dringend erforderlich, die nun aufgedeckten
klinischen Prüfungen transparent zu machen und
den Schaden, den PatientInnen tatsächlich oder
möglicherweise erlitten haben, anzuerkennen
und Entschädigungen für erlittenes Leid zu zahlen – und das vor allem von den jeweils betroffenen pharmazeutischen Herstellern, die sich
einen leichten Weg erkauften, neue Arzneimittel preisgünstiger und weniger aufwendig als in
der BRD auf den Markt zu bringen. Der Profit,
den sie mit diesen Mitteln gemacht haben, ist
offenbar in einigen Fällen unter Missachtung
des Wohlergehens der einzelnen Versuchspersonen zustande gekommen – und dies ist das
Schlimmste, was man Herstellern vorwerfen
muss, wo auch immer die klinischen Prüfungen stattfinden. ■
47
Nachruf
Foto: Walter H. Pehle
48
Ernst Klee,
* 15. März 1942,
† 18. Mai 2013
Couragiert und unbeirrbar
Zum Tod von Ernst Klee
Walter H. Pehle
Am 18. Mai 2013 starb der Journalist Ernst Klee.
Lange bevor die Öffentlichkeit Notiz von den
Themen Psychiatrie und Behinderung nahm,
gab er den Betroffenen ein Forum. Mit seinen
Forschungen zur „Euthanasie“ im Dritten Reich
begann Klee Mitte der 1980er Jahre: eine wichtige Auseinandersetzung über die Rolle der
Ärzte im NS und deren Karrieren nach 1945.
Damit prägte er nicht nur die Geschichtswissenschaft, sondern widerlegte auch die These der
deutschen Ärzteschaft, nur wenige Ärzte hätten
sich an den Verbrechen beteiligt.
E
rnst Klee, am 15. März 1942 in Frankfurt am
Main geboren, war einer der bedeutendsten investigativen Journalisten und ein mehrfach ausgezeichneter Historiker der NS-Zeit. Nach
einer Lehre als Sanitär- und Heizungstechniker
holte er das Abitur nach, und begann Theologie
und Sozialpädagogik zu studieren, was er abbrach, um sich dem Journalismus zu widmen.
Psychiatrie-„Patienten“ und Behinderten. Er recherchierte, wenn nötig undercover, in Gefängnissen, Obdachlosen-Asylen, Psychiatrischen Anstalten und Behinderteneinrichtungen. Seine
Reportagen für DIE ZEIT und den Hessischen
Rundfunk wurden bald zur Legende. Mit welcher unglaublichen Arroganz die Psychiater damals mit der Kritik des „Laien“ Ernst Klee und
ihren eigenen Patienten umgingen, ist in Dr. med.
Mabuse Nr. 2 und 4 (1977) nachzulesen.
Als Lehrbeauftragter an der Frankfurter Fachhochschule und Leiter des VHS-Kurses „Bewältigung der Umwelt“ arbeitete er jahrelang mit
Behinderten und Nichtbehinderten zusammen.
Die „Frankfurter Straßenbahnblockade“, bei der
am 18. Mai 1974 Rollstuhlfahrer den gesamten
Innenstadtverkehr von Frankfurt lahmlegten,
war eine von vielen gelungenen Aktionen –
immer im Zentrum des Geschehens: Ernst Klee,
den Viele damals „Behindertenpapst“ nannten.
Beginn der Behinderten-Bewegung
Große Reportagen und gelungene Aktionen
Seit Ende der 1960er Jahre hatte er sein Thema
gefunden: die von der Mehrheitsgesellschaft
verleugneten Realitäten der sozial Randständigen
– der „Gastarbeiter“, Strafgefangenen, „Penner“,
1974 erschien sein innovativer „BehindertenReport“ und 1976 ein Nachfolgeband – in einer
Auflage von insgesamt 150.000 Exemplaren. Die
sogenannte Behinderten-Bewegung begann, die
Bundesrepublik in kleinsten Schritten zu verDr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Nachruf
ändern – etwa mit der satirischen Verleihung der „Goldenen Krücke“ an besonders behindertenfeindliche Einrichtungen im Jahr 1978.
In dieser Zeit habe ich mit Ernst Klee
als Verlagslektor zu tun bekommen und
betreute seitdem alle seine 25 folgenden
Publikationen. Mir war der hochgewachsene Rebell mit seinem gewaltigen Lockenkopf gleich sympathisch, der mutig
gegen falsche Normen auftrat. Von niemandem ließ er sich seinen Schneid abkaufen, auch nicht vor dem Landgericht
Frankfurt, wo er und viele MitstreiterInnen 1980 lautstark gegen ein skandalöses Urteil zum Nachteil der Integration
von Behinderten demonstrierten. 1981
erschien als Summe seiner Beschäftigung
das Handbuch „Behindert. Über die Enteignung von Körper und Bewusstsein“.
Wie nun weiter? Ich erinnere mich an
ein langes Gespräch im Drehrestaurant
des Henninger-Turms über die Frage, was
wohl dabei herauskommen würde, wenn
er sein Thema auf die Zeit vor 1945 ausdehnen würde.
Ein neues Thema:
Medizinerverbrechen im NS
Nach zwei Jahren Funkstille lieferte er ein
umfangreiches Manuskript ab: „‚Euthanasie’ im NS-Staat“ – eine bis zu seinem
Tode anhaltende zweite Schaffensphase
hatte begonnen. An die Themen „Euthanasie“, Pharmazeuten- und Medizinerverbrechen hatte sich bis dato kaum ein
Historiker systematisch herangewagt. Viele der Täter von einst lebten ja noch und
waren hellwach.
Couragiert und unbeirrbar drang Klee
in das verminte wissenschaftliche Neuland ein. Dabei konnte er sich auf einige
mutige Archivare und Staatsanwälte stützen. Sein Großkopierer fütterte zu Hause
meterlange Aktenregale mit Quellen, aus
denen Klee bei seiner Arbeit schöpfen
konnte.
So konnte zum Beispiel 1988 die Dokumentation „Schöne Zeiten“ über den
Judenmord aus der Sicht der Täter und
Gaffer im Zweiten Weltkrieg entstehen.
Das provozierende Buch mit seinen entsetzlichen Schrift- und Foto-Dokumenten
wurde bald in eine Ausstellung umgesetzt, die durch 25 Städte in Deutschland,
Österreich und Norditalien wanderte
und große Beachtung fand. Ich erinnere
mich an bewegende Szenen und wütende Reaktionen aus dem Publikum – acht
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Jahre vor der ersten Wehrmachtsausstellung.
Klee betätigte sich daneben immer
wieder auch als Dokumentarfilmer. So
schockierte er 1993 die Öffentlichkeit mit
der mutigen ARD-Reportage „Die Hölle
von Ueckermünde“, in der er die katastrophalen Verhältnisse in der DDR-Psychiatrie enthüllte.
Die erschütternden Bilder von schwer
hospitalisierten Patienten der Großklinik
in Mecklenburg-Vorpommern lösten in
Ost und West Entsetzen und Empörung,
aber auch Abwehr aus. Die Auseinandersetzung um seine Dokumentation fasste
Klee in einem Beitrag in dieser Zeitschrift
zusammen. Darin zeigte er auch, unter
welchen Vorzeichen der Doppelmoral
die Debatte geführt wurde: „Kritik an der
Westpsychiatrie ist erlaubt bis erwünscht.
Missstände in der Ostpsychiatrie sind zu
entschuldigen“ (Dr. med. Mabuse Nr. 85,
1993).
Würdigung seiner Forschung
Als „Außenseiter“ im Wissenschaftsbetrieb erhielt der unerschrockene Aufklärer Ernst Klee 1997 für sein Buch „Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer“
den Geschwister-Scholl-Preis.
Der damalige Präsident der Berliner
Ärztekammer, Ellis Huber, verneigte sich
in einer weithin beachteten (und anschließend heftig kritisierten) Laudatio
im Namen der deutschen Ärzteschaft vor
der Jury, „die diese ermutigende Wahl
getroffen hat“. Ernst Klee „hat das Gewissen der deutschen Mediziner aufgerüttelt und ein Tabu brechen helfen, das
Ärztinnen und Ärzte in der BRD über
vierzig Jahre hinweg errichtet hatten.
[…] Wir sind dabei, Lehren aus unserem
Versagen zu ziehen und für eine Medizin
zu kämpfen, die den Menschen dient.“
Zum Schluss dankte er Ernst Klee: „Sein
Werk hilft uns, unsere Macht und Ohnmacht, unsere Verführbarkeit und unsere Stärke besser zu erkennen. Damit
ist auch eine Chance eröffnet, eine bessere und menschliche Medizin zu verwirklichen.“
Mit diesem Werk widerlegte Klee noch
einmal deutlich die lange von der organisierten Ärzteschaft vertretene These,
dass sich in der sogenannten dunklen
Zeit nur eine Handvoll Mediziner an
den NS-Verbrechen beteiligt hätte. Klee
wies nach, dass es Verbindungen zwischen den Menschenversuchen in den
KZs und der „normalen“ Forschungsgemeinschaft gab. Gerade mit seinem akribischen Nachweis, dass die meisten der
Täter ihre ärztlichen Karrieren nach 1945
unbeschadet fortsetzten, brachte Klee die
Mauer des Verleugnens und Verdrängens in der deutschen Ärzteschaft ins
Wanken: Ab Ende der 1980er Jahre beschäftigte sich unter anderem das Deutsche Ärzteblatt kritisch mit der Rolle der
Mediziner im NS.
Das Buch war also eingeschlagen,
wurde breit und zustimmend rezensiert,
erklomm Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste und wurde mit 40.000 Exemplaren
zu einem großen Erfolg.
Ernst Klee wurde vielfach ausgezeichnet. Die Aufzählung seiner Preise, Medaillen und Urkunden wäre ihm unangenehm gewesen. Erwähnt werden soll,
dass seit 2005 eine „Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung“
in Mettingen nach ihm benannt ist – eine
Ehrung, auf die er besonders stolz gewesen ist.
Ein letztes Großprojekt
In den letzten zehn Jahren hat Klee
ausschließlich an Personenlexika gearbeitet, eine Berserkertätigkeit, die großen
wissenschaftlichen Institutionen angestanden hätte. Sein drittes Personenlexikon „Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer“
hat er noch beenden können – es war
ihm nicht mehr vergönnt, sein Erscheinen im August 2013 zu erleben.
Die Nachricht von seinem Tode verbreitete sich schnell, auch im Ausland.
Im Londoner Guardian schrieb der große
britische Zeithistoriker, Sir Richard J.
Evans, in seinem Nachruf: „Klee […] wurde in den 1990er Jahren zu so etwas wie
dem [protestantischen] Gewissen des vereinigten Deutschland. […] Seine Lebensleistung beweist, dass ein couragierter
wie entschlossener Journalist das nationale Gewissen aufzurütteln vermochte,
während sich akademische Historiker in
Deutschland schamhaft zurückhielten.“
Die Zeitgeschichtsforschung hat am
18. Mai 2013 einen ungewöhnlichen
Gelehrten verloren, der S. Fischer Verlag
einen zentralen Autor und ich einen
Freund. ■
Prof. Dr. Walter H. Pehle
geb. 1941, ist Historiker und war von 1976
bis 2011 Lektor des S. Fischer Verlages.
[email protected]
49
50
Gesundheit anderswo
Jorge vor dem
Gesundheitszentrum
in seinem Stadtviertel.
Fotos: Andrea Bendl
Zwischen
HightechMedizin
und Mangelverwaltung
Chiles Zweiklassensystem in der Gesundheitsversorgung
Andrea Bendl
Die Gesundheitsversorgung Chiles hat sich in den
letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Aber
nach der weitgehenden Privatisierung des chilenischen Sozialversicherungswesens unter der
Militärdiktatur Pinochets, leidet das Gesundheitssystem bis heute unter den Folgen.
V
or Kurzem spielte sich im Wartebereich eines
privaten Ärztezentrums in Santiago de Chile
Folgendes ab: Während ich mich noch über den
hohen Rechnungsbetrag ärgere, den ich für meine eigene ärztliche Behandlung und Blutabnahme zu zahlen habe, kommt eine junge Schwangere in die Arztpraxis und fragt nach, wie viel
die Messung der Schilddrüsenwerte kostet. Insgesamt rund 100 Euro lautet die Auskunft. Die
junge Frau muss erst einmal schlucken, meint
dann leise, das könne sie sich nicht leisten und
geht wieder. Dabei ist doch gerade in der Schwangerschaft eine optimale Einstellung der Schilddrüsenwerte wichtig.
Riskanter Notfall
Ein paar Tage später bin ich bei Freunden eingeladen und höre eine weitere Geschichte. „Ohne
das energische Einschreiten meines Bruders damals säße ich Ihnen heute wohl nicht gegenüber“, meint Jorge, 37 Jahre alt und gesetzlich
versichert. Im April 2008 bekommt er eines
Nachts plötzlich starke Bauchschmerzen. Innerhalb
von zwei Stunden sucht
er daraufhin gleich zwei
Mal das öffentliche Gesundheitszentrum in seinem Viertel auf, bekommt
dort jeweils Schmerzmittel und wird wieder nach
Hause geschickt. Als die
Beschwerden im Laufe des
nächsten Morgens immer
mehr zunehmen und er
sich vor Schmerzen schon
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Gesundheit anderswo
krümmt, bringt ihn seine Familie in das
öffentliche Krankenhaus. Doch die Notaufnahme ist überfüllt. Die Familie wartet stundenlang, Jorge wird nicht einmal
erstuntersucht.
Da sein Zustand immer kritischer wird,
fährt die Familie mit ihm schließlich in
eine nahe gelegene Privatklinik. Dort
kann er sofort behandelt werden, aber
die Privatklinik verlangt vorab einen
Blankoscheck. Damit wäre die Familie
verpflichtet, alle anfallenden Kosten –
egal in welcher Höhe – zu übernehmen.
Da dies jedoch jenseits der finanziellen
Möglichkeiten von Jorges Familie liegt,
bringen sie ihn schnell zurück ins öffentliche Krankenhaus. Als Jorge dort
nach einiger Zeit noch immer nicht untersucht wird, macht sein Bruder dem
Personal in der Notaufnahme lautstark
klar: Wenn man sich nicht auf der Stelle
um Jorge kümmert, dann stirbt er. Jorge
hat Glück, der diensthabende Oberarzt
tastet seinen Bauch ab und eine halbe
Stunde später ist Jorge im OP. Diagnose:
Blinddarmdurchbruch mit Bauchfellentzündung.
Große soziale Unterschiede
Heute ist Chile eine Präsidialrepublik mit
Sebastián Piñera als Staatsoberhaupt. Er
ist 2010 in einer Stichwahl gewählt worden und der erste konservative Präsident
seit dem Ende der Diktatur. Wenige Tage vor seiner Wahl ist Chile als erstes
südamerikanisches Land Mitglied der
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
geworden – eine Art Gütesiegel für demokratische Strukturen und eine funktionierende Marktwirtschaft.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Seit Jahren wächst die chilenische
Wirtschaft sehr solide, doch nach wie vor
gibt es große soziale Verteilungsunterschiede bezüglich Einkommen und Vermögen. Chile gehört zu den Ländern mit
der größten Ungleichverteilung von Einkommen weltweit. Idealerweise öffentliche Güter wie Gesundheitsversorgung
und Bildung müssen von den BürgerInnen großteils privat finanziert werden –
ein Erbe des Wirtschaftsmodells der Diktatur.
Aus diesem Grund gibt es in Chile in
den letzten Jahren zunehmend soziale
Proteste. Auch in den deutschen Medien
wurde über die nicht immer ganz friedlich ablaufenden Studentenproteste in
den Straßen der Hauptstadt berichtet.
Doch nicht nur für eine kostenlose und
allen zugängliche Bildung oder für Umweltbelange wird protestiert. Auch eine
grundlegende Reform des Gesundheitswesens wird zunehmend von vielen sozialen AkteurInnen, BürgerInnen und
Gesundheitsfachkräften gefordert.
Der insgesamt große Fachkräftemangel hat auch mit den enormen Studiengebühren zu tun, denn Medizin gehört
zu den teuersten Studiengängen in Chile.
Pro Jahr muss man bis zu 10.000 Euro
Studiengebühren bezahlen – und das
Studium dauert sieben Jahre. Als Krankenschwester oder Hebamme studiert
man fünf Jahre und bezahlt pro Jahr fast
6.000 Euro Gebühren.
Dazu kommt, dass sich der Ressourcenmangel im öffentlichen Gesundheitssystem auch auf das Personal auswirkt.
Die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne führen
zu Streiks und zur Abwanderung ins private System. Es verwundert also nicht,
dass inzwischen 50 Prozent der ÄrztInnen im öffentlichen Gesundheitssystem
aus anderen lateinamerikanischen Ländern kommen, wo die Löhne noch niedriger sind. Seit der Wirtschaftskrise kommen sie auch vermehrt aus Spanien.
Folgen der Privatisierung
Chiles private Krankenversicherungen,
die „Instituciones de Salud Previsional“
(ISAPREs), haben im Jahr 2012 einen
Gewinn von rund 128 Millionen Euro
erwirtschaftet und sind damit eine der
rentabelsten Branchen der chilenischen
Wirtschaft.
Die ISAPREs betreiben eine strikte Risikoselektion und zählen hauptsächlich
jüngere Gutverdienende mit niedrigen
Risiken zu ihren Versicherten. Ihre Leistungen beruhen auf dem Äquivalenzprinzip, was bedeutet, dass der Versicherungsumfang des Einzelnen durch die
Höhe seiner risikoabhängigen Monats-
Während der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet von 1973 bis 1990 wurde
das chilenische Gesundheitswesen stark
privatisiert. Seitdem herrscht in Chile
(auch) im Gesundheitsbereich ein Zweiklassensystem. Während ein kleiner, gut
verdienender Teil der Bevölkerung eine
medizinische Versorgung auf HightechNiveau erhält, wird der Großteil der ChilenInnen in staatlichen Krankenhäusern
behandelt, die von überfüllten Wartezimmern, fehlenden Medikamenten und
einem Mangel an Fachpersonal geprägt
sind.
Undurchsichtige
Privatversicherungen
51
52
Gesundheit anderswo
Vivian Weigert, Dr. med. Wolf Lütje
Das große Mama-Handbuch
Alles über Schwangerschaft, Geburt
und die ersten 10 Monate mit Baby
Mit MamaPlus: Bonusmaterial auf
www.mama-kind-buch.de
Das derzeit fundierteste, wissenschaftlich
aktuellste, schönste und emotionalste
Handbuch für Schwangerschaft, Geburt
und die ersten 10 Monate mit dem Baby.
Es beantwortet alle aufkommenden Fragen,
egal ob medizinische oder ganz intime. Im
Mama-Handbuch ist Mama Königin, die
ihre Schwangerschaft voll und ganz genießen kann!
Geb., 432 S., 29,99 €,
ISBN: 978-3-466-34550-2
prämie bestimmt wird. Je nach persönlichem Versicherungsschutz kommen so
auch auf die Privatversicherten im Krankheitsfall unterschiedlich hohe Zuzahlungen zu. Die Versicherungsprämien werden jedes Jahr angepasst, also gesteigert,
und es werden keine Altersrückstellungen gebildet. Das bedeutet, dass sich die
private Krankenversicherung mit steigendem Alter massiv verteuert, was dazu
führt, dass 87,9 Prozent der BürgerInnen
über 60 Jahre im öffentlichen System versichert sind.
Für kostenintensive Krankheiten wie
Krebs muss daher zusätzlich eine sogenannte Versicherung für katastrophale
Erkrankungen abgeschlossen werden,
damit der Eigenanteil nicht zum finanziellen Ruin führt.
Der private Versicherungsmarkt ist insgesamt sehr intransparent, denn es gibt
unzählige Arten von Versicherungsverträgen. Informationen der chilenischen
Gesundheitsbehörde zufolge wurden Anfang 2011 insgesamt über 50.000 verschiedene Formen von privaten Krankenversicherungsverträgen angeboten.
Hinzu kommt die Komplexität der Verträge, die einen direkten Vergleich der
Angebote für die Versicherungsnehmer
extrem schwierig macht.
Medizinische
Grundversorgung für alle
Regina Masaracchia
„Wie, du stillst nicht?“
Das Praxishandbuch für Mütter, die nicht
stillen wollen oder können
Nicht stillen: öffentlich ein Tabu-Thema.
Doch aus welchen Gründen auch immer
es mit dem Stillen nicht klappt oder sich
Frauen dagegen entscheiden, sie haben
ein Recht auf Unterstützung und Informationen. Hier erfahren sie alles zum Thema
Säuglingsernährung ohne Stillen und alternative Wege zur tiefen Mutter-KindBindung. Praktisch, lebensnah und vorurteilsfrei.
Paperback, 144 S., 16,99 €,
ISBN: 978-3-466-34566-3
Der öffentliche Krankenversicherungsträger „Fondo Nacional de Salud“ (FONASA), der auf dem Solidarprinzip basiert und jeden – unabhängig von seinen gesundheitlichen Risiken – aufnehmen muss, hatte im Jahr 2011 einen
Versichertenanteil von 81,9 Prozent der
knapp 17 Millionen ChilenInnen.
Er finanziert sich über einen Pflichtbeitrag von sieben Prozent des Bruttoeinkommens und staatliche Zulagen. Arme oder Mittellose und Geringverdiener
bis zu einem Einkommen von rund 300
Euro brutto erhalten eine kostenlose medizinische Grundversorgung ohne Eigenbeteiligung. Beide Gruppen machen zusammen zwei Drittel der FONASA-Versicherten aus, was etwa neun Millionen
ChilenInnen entspricht. Gut- und Besserverdienende müssen 10 bis 20 Prozent
der Therapiekosten selbst tragen.
Verbesserungen in kleinen Schritten
Chile ist, wie viele andere Schwellenländer mittlerweile auch, zunehmend von
typischen Zivilisationskrankheiten betroffen. Aktuell gehört Chile zu den vier
OECD-Ländern mit der höchsten Prävalenz von Adipositas – hiervon betroffen sind vor allem Familien mit niedrigem
Einkommen. Außerdem befindet sich
auch Chile im demografischen Wandel
mit einer zunehmend älter werdenden
Bevölkerung.
„Heute weist Chile im
internationalen Vergleich
gute Gesundheitsindikatoren auf.“
Zu den positiven Errungenschaften des
chilenischen Gesundheitssystems zählt
beispielsweise der Rückgang klassischer
Infektionskrankheiten. Das konnte unter
anderem durch die starke Ausrichtung
auf Public Health erreicht werden, das
heißt auf breitenwirksame präventive
Maßnahmen wie eine einheitliche Seuchenbekämpfungsstrategie. Heute weist
Chile im internationalen Vergleich gute
Gesundheitsindikatoren auf, etwa die hohe Lebenserwartung oder die niedrige
Kinder- und Müttersterblichkeit.
Im Jahr 2005 ist für das Gesundheitswesen der „Plan AUGE“ (Acceso Universal de Garantías Explícitas = umfassender
Zugang mit ausdrücklichen Garantien)
in Kraft getreten. Auch wenn er seitdem
auf viel Kritik gestoßen ist, weil es noch
immer an Präventionsmaßnahmen fehle
und die Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor nicht
verbessert wurde, hat er dennoch zur Reduzierung von Wartezeiten und Zuzahlungen bei bestimmten Erkrankungen
wie Krebs, Diabetes und Bluthochdruck
geführt. Ein aktuelles Beispiel für die
verbesserte Versorgung ist auch, dass bei
dem Ausbruch der Hirnhautentzündung
Meningitis W135 im vorigen Jahr innerhalb kurzer Zeit kostenlose Impfungen
für alle Kinder zwischen neun Monaten
und fünf Jahren zur Verfügung gestellt
werden konnten. ■
Eine Literaturliste kann bei der Autorin angefordert werden.
Andrea Bendl
geb. 1978, ist Hebamme und Diplom-Pflegewirtin (FH). Sie hält sich regelmäßig in Chile auf.
[email protected]
Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013
Recht und Gesundheit
Kommentar
Hohe Nachfrage
Pränataldiagnostik von vielen Frauen erwünscht
D
ie neuen nicht-invasiven Bluttests, mit deren Hilfe derzeit vor allem Trisomien bei
Feten entdeckt werden können, erweisen sich
als gewinnträchtig – zumindest für die Hersteller. In Deutschland, wo der Praena-Test anfangs
nur zur Fahndung nach Trisomie 21 eingesetzt
wurde, mittlerweile aber auch für Trisomie 13und Trisomie 18-Prognosen, haben nach Angaben des Herstellers LifeKodexx, innerhalb von
sechs Monaten 2.000 Schwangere auf eigene Rechnung die
Untersuchung durchführen lassen. Angesichts dieses Erfolgs
wurden die – derzeit privat zu
begleichenden – Kosten von
1.250 auf 825 Euro gesenkt.
lungsbereich – in dem es um das Selbstbestimmungsrecht der Frau geht, um die Frage, ob es
ein Recht auf ein nicht behindertes Kind geben
kann, um den Konflikt von Interessen der
Schwangeren und Interessen des Fötus, von individuellen Wünschen und gesellschaftlichen
Erwartungen – weitgehend zurückgezogen. Das
Gendiagnostikgesetz hat gerade in diesem wichtigen Bereich der vorgeburtlichen Diagnostik
auf Regelungen verzichtet. Und nicht nur das:
Weder der Gesetzgeber noch sonst jemand weiß,
was hier in diesem Spannungsfeld von medizinischer Technologie, sozialen Hoffnungen und
ethischen Bedenken eigentlich wie oft aus welchen Motiven und mit welchen Konsequenzen
entschieden wird.
Motive noch ungeklärt
Foto: privat
Erhebliche Kontroversen
Die gesellschaftliche Debatte
über den Test, den der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung noch vor seiner Einführung vergeblich verbieten lassen
wollte, ist derweil weitgehend
Oliver Tolmein, geb. 1961, ist Fachanwalt für
Medizinrecht. Er ist Partner der Anwaltskanzlei
zum Erliegen gekommen. Das
„Menschen und Rechte“ in Hamburg und führt
liegt allerdings nicht daran, dass
auf www.faz.net einen Blog zu Biopolitik.
sich Abtreibungskritiker, BioEr war als Sachverständiger an der hier kommentierten Anhörung im Familienausschuss beteiligt.
ethikerInnen, Humangenetiker
oder StreiterInnen für die Rechte
von Menschen mit Behinderungen einig wären
– selbst im Ethikrat hat das Thema zu erheblichen Kontroversen und gleich zwei Minderheitenvoten geführt. Davon beklagt eines, die Ratsmehrheit wolle Schwangeren „den Zugang zu
wichtigen Informationen erschweren“, die sie
als unentbehrlich für ihre verantwortliche Entscheidung ansähen. Das andere verlangt, dass
keine öffentlichen Gelder in die Entwicklung
von Verfahren wie dem Praena-Test fließen dürfen.
Schwierig geworden ist die Debatte offenbar
wegen der erdrückenden Macht des Faktischen
– die Tests werden angeboten, die Frauen fragen
sie in erheblichem Umfang nach und die Zahl
der Indikationen steigt. Der Gesetzgeber, so
scheint es, hat sich aus diesem heiklen RegeDr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Mehr sozialempirische und ethische Begleitforschung zur Anwendung der Tests wäre eine Voraussetzung dafür, Ansatzpunkte für Regulierungen zu finden oder auch den Verzicht auf weitergehende Eingriffe des Gesetzgebers legitimieren
zu können. Es macht nämlich einen Unterschied,
ob Frauen einen Test durchführen lassen, weil
sie auf keinen Fall ein Kind mit Behinderung
haben wollen, oder ob sie sich vor stigmatisierenden Reaktionen der Umwelt fürchten beziehungsweise sich angesichts der erheblichen
Schwierigkeiten, mit denen Familien mit behinderten Kindern zu kämpfen haben, dem nicht
gewachsen fühlen.
Überdies gibt es in manchen, zugegebenermaßen eher seltenen Fällen auch ganz andere
Gründe pränataldiagnostische Tests durchzuführen: gerade wenn die Geburt von Kindern mit
Trisomie 18 befürchtet wird, macht es für manche Paare Sinn, möglichst viel zu wissen, um
dann gegebenenfalls nicht im Krankenhaus zu
entbinden, sondern zu Hause, wo das schwerbehinderte Kind, das oftmals kurz nach der Geburt
sterben wird, von vornherein palliativ versorgt
werden kann und nicht erst in die standardisierten Abläufe einer kurativ orientierten neonatologischen Intensivmedizin gerät (die in anderen
Fällen höchst wertvoll sein kann). ■
53
Gesundheitsexperten von morgen
von morgen: Studentinnen des Masterstudiengangs
Angewandte Physiologie für Hebammen – Gesundheitsexpertinnen
54
Wieviel Hilfe bieten
Patienteninformationen?
Eine Analyse des Merkblattes „Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt“
NutzerInnen des Gesundheitssystems ertrinken
förmlich in einer ansteigenden Flut von Merkzetteln, Entscheidungshilfen und Aufklärungsbögen.
Diese Materialien sollen den PatientInnen Hilfestellung geben und medizinische Zusammenhänge
verständlich machen. Studentinnen des Masterstudiengangs Angewandte Physiologie für Hebammen
wollten – anhand eines konkreten Beispiels – herausfinden, ob Informationen, die von unabhängigen
Institutionen für Schwangere herausgegeben
werden, diesen Ansprüchen gerecht werden.
U
nter der Leitung der Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin Christine Loytved haben
wir, das sind 24 Studentinnen des Masterstudiengangs „Angewandte Physiologie für Hebammen“
an der Fachhochschule Salzburg/Puch aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, uns mit der
Frage der „Gütekriterien“ für Patienteninformationen beschäftigt.
Wir haben das Beispiel „Überschreitung des Geburtstermins“ gewählt, weil seit August 2010 die
Leitlinie „Vorgehen bei Terminüberschreitung und
Übertragung“ (derzeit in Überarbeitung) nicht nur
in Deutschland Anwendung findet. Darin werden
„gewichtige Gründe, allen Schwangeren die Einleitung möglichst bald ab 41+0 Schwangerschaftswochen (SSW) zu empfehlen“, benannt. Gleichzeitig sollte beim Beratungsgespräch zur Einleitung
jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich die
prozentuale Rate der kindlichen Todesfälle bei
abwartendem Verhalten zwar signifikant erhöht,
„sich die absoluten Zahlen aber immer noch in
einem sehr niedrigen Bereich bewegen“.
In der Praxis wird die Leitlinie aber als Empfehlung verstanden, die Geburt einzuleiten, sobald
der Geburtstermin um eine Woche überschritten
ist. Daher erleben Schwangere wesentlich mehr
Einleitungen als bisher. Ziel des frühen Eingreifens ist es, die Totgeburtenrate, die scheinbar nach
mehr als einer Woche Überschreitung des Termins
leicht ansteigt, zu senken.
Seit Einführung der Leitlinie sind zwar die Einleitungen von 20,6 Prozent im Jahr 2010 auf 22
Prozent aller Geburten im Jahr 2011 angestiegen.
Der Beweis, dass dadurch die perinatale Mortalität beeinflusst werden konnte, steht aber noch
aus (Schwarz 2012). Nach den Empfehlungen des
Deutschen Hebammenverbandes liegt kein Grund
für eine Einleitung vor Ablauf der normalen
Schwangerschaftsdauer von bis zu 42 Wochen vor.
Da die Evidenzlage so uneindeutig ist, ist es umso wichtiger zu wissen, welche Informationen
Schwangere für ihre Entscheidungsfindung benötigen und wie diese aufbereitet sein sollten (Knorr
et al. 2012).
Welche Kriterien sollten erfüllt werden?
Anke Steckelberg und ihre Kolleginnen an der
Universität Hamburg haben elf Kriterien für eine
evidenzbasierte Patienteninformation erarbeitet
(Steckelberg 2005), anhand derer wir das online
verfügbare Merkblatt „Wenn die Geburt des Babys
auf sich warten lässt“ von www.gesundheitsinformation.de untersucht haben. Es wurde vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt, dem unabhängigen
wissenschaftlichen Institut, welches im Auftrag
des Gemeinsamen Bundesausschusses den Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen untersucht. Darüber hinaus haben wir Mütter mit bis
zu einjährigen Kindern aus unserem Umfeld dazu befragt, was sie von diesem Informationsblatt
halten.
Evidenzbasierung
Eine grundlegende Mindestanforderung an eine
Informationsbroschüre ist es, dass die Informationen auf aktuellen wissenschaftlichen Studien basieren. Diese Forderung wurde auch von den befragten Frauen formuliert. Wir fragten uns jedoch,
ob bei der Erstellung des Merkblattes tatsächlich alle
relevante Literatur eingeflossen ist. Es wird die aktuelle Cochrane-Metaanalyse zum Thema zitiert
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Gesundheitsexperten von morgen
An Universitäten und Fachhochschulen ebenso wie in Alten-, Krankenpflegeund Hebammenschulen setzen sich junge Menschen mit spannenden Themen
auseinander, die oft keinen Raum in der öffentlichen Diskussion finden.
Diese Rubrik bietet ihnen die Möglichkeit, interessante Projekte, Seminaroder Abschlussarbeiten zu veröffentlichen.
Die Redaktion freut sich über Vorschläge und Einsendungen!
Kontakt: [email protected]
Abb. aus: Shari Weisberg: „Keeping up with science“ , Library of Congress, LC-USZC2-802
(Gülmezoglu 2012), aber nicht das Review der
schwedischen Gynäkologin Ulla-Britt Wennerholm. Beide Arbeiten nutzen den gleichen Studienpool – kommen aber zu unterschiedlichen
Ergebnissen. Nach Wennerholm (2009) liegt – zumindest bei risikoarmen Schwangerschaften – kein
Grund für eine Einleitung der Geburt vor Ablauf
von 14 Tagen nach dem errechneten Geburtstermin vor. Für alle Schwangeren mit zusätzlichen
Risiken (außer einer Terminüberschreitung) liegen
bislang keine Studienergebnisse vor.
Behandlungsoptionen offenlassen
Eine weitere Forderung an Patienteninformationen lautet, dass alle Behandlungsoptionen gleichberechtigt nebeneinander dargestellt werden sollen. Bei der kritischen Betrachtung des Merkblattes
fällt jedoch auf, dass die Behandlungsoption „Abwarten“ (mit Überwachen) vernachlässigt wird.
Es werden nur unterschiedliche Einleitungsmethoden diskutiert. So beschäftigt sich ein kurzer
Abschnitt mit der Frage „Was können wir selbst
versuchen, um die Geburt in Gang zu bringen“.
Hier werden alternative Einleitungsmethoden
wie die Einnahme von Rizinusöl aufgezählt und
vor deren schädlichen Nebenwirkungen wie etwa
Übelkeit gewarnt.
Eine der von uns befragten Frauen aus Österreich liest „eine äußerst schulmedizinisch-kritische
Einstellung gegenüber alternativen bzw. komplementären Methoden“ heraus. Es wird jedoch nicht
erläutert, mit welchen Problemen eine Schwangere rechnen muss, wenn sie sich gegen eine Einleitung entscheidet.
Unterschiedliche Einschätzungen
Sehr unterschiedlich bewerteten die Frauen die
Informationen über die Berechnung des Geburtstermins im Merkblatt. Die Einschätzungen reichen von: „zu ausführlich, [...] diesen Abschnitt
müsste man nicht auf über einer Seite diskutieren“ bis zu „ganz gut fand ich, dass die Errechnung
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
des Geburtstermins noch einmal erklärt wird“. Die
Gesundheitsinformationen des IQWiG werden
zwar PatientInnen-VertreterInnen vorgelegt, bevor sie veröffentlicht werden, ob in diesem Fall
auch betroffene Mütter dabei waren, wird jedoch
nicht ersichtlich.
Tendenziöse Formulierungen
Die Methoden zur Überwachung, ob es dem Kind
gut geht, werden zwar beschrieben, ihre Sinnhaftigkeit jedoch gleich wieder infrage gestellt: „Die
größten Risiken einer Übertragung für das Baby
treten ohnehin erst während der Geburt auf. Was
dabei passiert, lässt sich aber nicht vorhersagen.“
Eine der befragten Frauen meinte zu diesem Abschnitt, dass sie sich im Hinblick auf die potenzielle
Leserschaft und deren Gemütszustand eine schonendere Formulierung gewünscht hätte.
Eine andere Frau vermisste „Tipps, wie man die
Zeit der Übertragung für sich sinnvoll gestalten
kann und den Hinweis darauf, dass solche Tage
im Leben unglaublich selten sind, Tage, die unverplant sind und unerwartet kommen, an denen
man nichts zu tun hat und den Tag vor sich hinleben kann“.
Formulierungen wie „Eine Geburtseinleitung
ist kein Notfall – Sie sollten ausreichend Zeit haben, sich mit dem Gedanken daran vertraut zu
machen“ zeigen, dass es hier offensichtlich nicht
darum geht, Vor- und Nachteile einer Einleitung
gegenüber dem Abwarten abzuwägen.
55
Gesundheitsexperten von morgen
expertinnen
von morgen: Studentinnen des Masterstudiengangs
Angewandte Physiologie für Hebammen – G
56
Im Merkblatt des IQWiG wird der Tod des Kindes gleich vier Mal erwähnt, wie einer der von uns
befragten Mütter aufgefallen ist. Sie meint, dass sie
diese Information im IQWiG-Merkblatt erschreckt
und eher verunsichert habe. Eine andere Frau, die
bei der Geburt ihres zweiten Kindes 13 Tage nach
dem errechneten Termin eine Geburtseinleitung
erlebt hatte, meinte dazu: „Generell ging es mir
beim Lesen so, dass ich dachte, es ist gut, dass ich
den Flyer nicht gelesen habe, als ich selbst in der
Übertragungssituation war. Selbst heute hat er
mich beunruhigt, da das Thema Totgeburt doch
sehr viel Raum einnimmt und das ‚Risiko’ sehr in
den Vordergrund gerückt wird“.
Angaben wie „solange aber keine besonderen
Probleme auftreten, geht es dem Kind sehr wahrscheinlich gut“ erscheinen einzelnen Schwangeren
zu ungenau und daher verunsichernd. Die tatsächlichen Häufigkeiten hätten manchen Frauen eher
geholfen, die Information einordnen zu können.
Unvollständige Informationen
Das Merkblatt arbeitet bei der Beschreibung der
Geburtseinleitung mit eher verharmlosenden Formulierungen wie „Ihre Hebamme, Ihre Ärztin oder
Ihr Arzt wird die Menge an Hormonen so anpassen, dass Ihre Wehen so normal wie möglich ausfallen“. Dass eine Einleitung fast genauso abläuft
wie eine Geburt mit spontanem Wehenbeginn, ist
für mehrere Frauen nicht glaubwürdig: „Es kommt
mir so vor, als ob die Einleitung verharmlost wird.
Von Frauen, die eine bekommen haben, habe ich
gehört, dass sie sehr starke Wehen bekommen haben.” Eine andere Frau meinte: „Viele sprachen
dabei von ‚unnatürlichen’ Wehen, die um ein Vielfaches schmerzhafter waren als bei einer Spontangeburt.“
Der Idee, dass das Merkblatt alle Informationen
bieten sollte, aufgrund derer die schwangere Frau
ihre eigene, für sie passende Entscheidung treffen
soll, wird das Merkblatt des IQWiG nicht gerecht.
Medizinische Zusammenhänge wurden als teils
zu ausführlich und teils zu verharmlosend empfunden. Unsere kleine nicht repräsentative Um-
frage zeigte, dass viele Frauen sich konkretere Informationen wünschen.
Über die Form und den Inhalt sollte noch diskutiert werden. Aber immerhin ist ein erster Schritt
zu einer wirklichen unabhängigen Hilfestellung
getan. Wünschenswert wäre eine Überarbeitung
des Merkblattes unter Einbezug der NutzerInnen –
sowohl der Hebammen und ÄrztInnen, die es empfehlen, wie der Schwangeren, die es verwenden
sollen. ■
Literatur
Deutscher Hebammenverband (2012): Empfehlungen
zum Vorgehen bei Terminüberschreitung.
www.hebammenverband.de/index.php?id=2160
[Zugriff: 8.5.2013].
Gülmezoglu, Metin et al. (2012): Induction of labour
improving birth outcomes for women at or beyond
term. Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 11.
IQWiG (2012): Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt. Merkblatt von Gesundheitsinformation.de
www.gesundheitsinformation.de/merkblatt-wenn-diegeburt-des-babys-auf-sich-warten-laesst.427.de.html
[Zugriff: 8.5.2013].
Knorr D, Furkert K, Berger B (2012): Entscheidungshilfe
bei Terminüberschreitung. Deutsche Hebammen-Zeitung
3: 26-8.
Schwarz, Christiane (2012): Warum beeinflussen wir Wehen? Weleda Hebammenforum 4: 14-18.
Steckelberg, Anke et al. (2005): Kriterien für evidenzbasierte Patienteninformationen. Z. ärztl. Fortbild.
Qual. Gesundh.wes. 99: 343-351.
Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung
(2010): Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und Arbeitsgemeinschaft Materno-fetale Medizin (AGMFM). AWMF
015/065.
Wennerholm, Ulla-Britt (2009): Induction of labor versus expectant management for post-date pregnancy:
Is there sufficient evidence for a change in clinical
practice? Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica 88
(1): 6-17.
- Autorinnenteam:
Studentinnen des Masterstudiengangs „Angewandte Physiologie für Hebammen“ an der Fachhochschule Salzburg/Puch,
Jahrgang 2011.
Kontakt:
Christine Loytved, www.maternal-health.de,
[email protected]
Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013
Ich teile mir die
taz mit 12.500
anderen.
Mehr als 12.500 Genossinnen und Genossen
teilen sich heute die taz und sichern damit die
publizistische und ökonomische Unabhängigkeit
ihrer Zeitung. Wer einmal einen Anteil von
500 Euro* zeichnet, kann GenossIn werden.
www.taz.de/genossenschaft
T (030) 25 90 22 13
[email protected]
*auch in 20 Raten zahlbar
Buchbesprechungen
w
www.klett-cotta.de/brisch
w w.klett- cotta.de/brisch
Katarina Greifeld (Hg.)
Medizinethnologie
NEU
NEU
BSMFJO[SJTDI
BSMFJO[SJTDI
ÊVHMJOHT(VOE
ÊVHMJOHT(VOE
MFJOLJOEBMUFS
MFJOLJOEBMUFS
JOEVOHTQTZDIPU IFSBQJF
JOEVOHTQTZDIPUIFSBQJF
J O E V O H T C B T J F S U F F S BU V O H V O E I F S BQ J F
JOEVOHTCBTJFSUFFSBUVOHVOEIFSBQJF
Karl Heinz Brisch: Schwangerschaft und Gebur t
Reihe Bindungspsychotherapie, Band 1
207 Seiten, gebunden
€ 21,95 (D). ISBN 978-3-608-94781-6
Bindungspsychotherapie
Brrisch: Säuglings- und Kleinkindalter
Karl Heinzz Brisch:
Reihe Bin
ndu
ungspsychotherapie, Band 2
ca. 160 Se
eite
ten, gebunden
5 (D
( ). ISBN 978-3-608-948224-0
ca. € 18,95
Erschein
heinu
ung
ungstermin
24. Juli.2013
58
isp
pielen
Anhand von vielen Beispielen
aus der klinischen Praxis
xi gibt
Einführung
in
die Reihe eine Einfüh
ühr
der
Bindungsdie Grundlagen de
er Bi
diagnostischen
theorie und die diag
gno
Schritte
Methoden und Sch
hritt einer
bindungsorientierr ten Beratung
g
und Therapie vom Säu
äu
ugli
uglings-
B
l ät t e r n S
ie o
nline iin
nu
ns e r e n B
ü ch e r n u
nd
Blättern
Sie
online
unseren
Büchern
und
b
e s t e ll e n S
Sie
ie b
bequem
e qu e m u
und
nd v
versandkostenfrei
er sandkostenfrei
bestellen
u
unter:
nter : w
www.klett-cotta.de/fachbuch
w w.kle t t- cot ta.de/fachb uch
Eine Einführung
D
ieser Band möchte Interessierte über
den aktuellen Stand der Medizinethnologie informieren. Gleichzeitig zeigt er
auf, was Medizinethnologie in Deutschland ist, sein kann und wo ihre Desiderate liegen. Thematische Vorgänger dieses
Buches sind unter den Titeln „Krankheit
und Kultur“ (1985) sowie „Ritual und Heilung“ (1995) erschienen. Ein klar abgegrenztes Fach Medizinethnologie gibt es
in Deutschland ebenso wenig wie Lehrstühle dafür. Dass sich eine ethnologische Betrachtungsweise der Medizin- und
Heilssysteme dennoch lohnt, verdeutlichen die insgesamt sechs Kapitel, die sich
auf die Medizin in unterschiedlichen Kontinenten beziehen. Zwei Kapitel wenden
sich der weiblichen und männlichen Beschneidung zu. Diese aus kulturellen/religiösen Gründen immer häufiger auch
von Medizinern durchgeführte Praxis hat
im vergangenen Jahr in Deutschland viel
Aufmerksamkeit erfahren und verdeutlicht die Relevanz der Medizinethnologie.
Medizinethnologie ist eher eine Herangehensweise an die Welt als ein etabliertes
Forschungsfeld, also ein Zwischenbereich,
der sich zwischen Ethnologie, Soziologie
und Medizingeschichte als Nischenfach
zu halten versucht. In der Betrachtung
stehen Heilkonzepte und Gesundheitsdefinitionen, teils fokussiert auf einen
Kulturkreis, teils auf ein Land oder, wie
die Gliederung der Kapitel ausweist, auf
einen Kontinent.
Für einige Teile der Welt – Südamerika, Ozeanien, Europa und Afrika – werden in den Kapiteln ausführliche Darstellungen medizinethnologischer Studien
gegeben. Exemplarisch greifen die jeweiligen AutorInnen einzelne Kulturen mit
ihren Ritualen, Gebräuchen und Praktiken heraus. Es wird deutlich, wie groß der
Einfluss der europäischen Medizin war
und ist: Als Herrschaftsinstrument des
Kolonialismus übernahm sie quasi die
Funktion einer Speerspitze mit Widerhaken. Doch durch den Blick auf Europa
zeigt sich auch, dass die medizinethnologische Herangehensweise längst nicht
mehr nur nach der Dichotomie von vertraut und fremd fragt. Welches Verhalten
als gesund, welches als schädlich angese-
hen wird, ist einem ständigen Wandel
unterworfen. Man denke nur an die sich
verändernde Haltung in Deutschland zum
Genuss von Tabak, Alkohol oder Zucker.
Welche Verfahren für welche Krankheiten am besten geeignet sind, ist nicht
nur eine Glaubensfrage, sondern auch
eine Frage der Zugangsmöglichkeit. Die
Misteltherapie bei Krebskranken etwa
folgt dem Analogieprinzip, das auch in der
anthroposophischen Medizin, quasi als
magische Begründung, angewendet wird.
Diese Behandlung wird in das biomedizinische Setting in Deutschland miteinbezogen, auch wenn es keine Erklärung
dafür gibt. In Ozeanien hat die Übernahme der amerikanischen Junk-Food-Ernährung dazu geführt, dass die Zahl der
Adipösen und Diabetiker in die Höhe geschnellt ist. Oder liegt es doch an der weniger Schuld zuweisenden, aber auch aus
dem europäischen Heilsystem stammenden Erklärung eines „schwachen Gens“?
In den Artikeln scheint eine beschränkte Wahrnehmung und Darstellung lokaler Heilsysteme und -praktiken
auf angewendete Pflanzen und anderweitige Präparate durch die Dominanz der
Pharmaindustrie mitbedingt zu sein, die
in indigenen Kulturen nach Mitteln gegen biomedizinisch definierte Krankheiten fahndet. Methoden der Heilung und
Deutungen von Krankheiten jenseits biomedizinischer Erklärungsmodelle, die unverständlich und unerklärbar erscheinen,
geraten gerne aus dem Blick, werden jedoch von Arbeitsgruppen in verschiedenen Disziplinen zu „Medizin und Migration“ bearbeitet, die in diesem Buch eher
am Rande erwähnt werden. Es zeigt sich,
dass es neben Sprachbarrieren noch andere Verständigungshindernisse gibt, etwa unterschiedliche Erklärungen für die
Ursache einer Krankheit.
Insgesamt handelt es sich um einen
gut konzipierten und flüssig zu lesenden
Band, der versucht, lokale Studien in ein
übergeordnetes Bild zu fassen.
Dr. med.
Marion Hulverscheidt,
Ärztin und Medizinhistorikerin, Berlin
Dietrich Reimer Verlag, Berlin
2013, 204 Seiten, 19,95 Euro
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Buchbesprechungen
Möglichkeiten und Grenzen
edukativer Unterstützung
D
ie Autorin widmet sich in ihrer Dissertation Familien mit einem onkologisch erkrankten Kind und deren Bedarf
an edukativer Unterstützung im Rahmen
der Krankheitsbewältigung. Neu ist an ihrem Ansatz, dass damit unterschiedliche,
zum Beispiel schichtspezifische Bedürfnisse in den Blick genommen werden sollen. Tiesmeyer orientiert sich unter anderem am Modell der Krankheitsverlaufskurve von Corbin und Strauss sowie am
Phasenmodell von Schaeffer und Moers,
das vor allem das Bewältigungshandeln in
den Blick nimmt. Davon ausgehend wird
vermutet, dass sich der Bedarf an edukativer Unterstützung im Verlauf der Erkrankung verändert.
Zunächst erläutert Tiesmeyer literaturgestützt die Häufigkeit von Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter sowie
daraus resultierende Unterstützungsbedarfe. Entsprechende Angebote sollen dazu beitragen, weitere Erkrankungen zu
vermeiden oder auch die Folgen zu mildern. Hier stehen besonders Eltern und
Geschwister im Fokus. Im Weiteren verweist Tiesmeyer darauf, dass Studienergebnisse zeigen, dass gesundheitliche Belastungen und Ressourcen von Kindern
und Jugendlichen eng mit ihrem sozioökonomischen Status verbunden sind.
Aus diesen Erkenntnissen resultieren die
Forschungsfragen: 1. Wie stellt sich der
Bedarf an Edukation aus Sicht der Betroffenen und deren Familien dar? 2. Welche
sozialen Einflüsse auf den Bedarf lassen
sich identifizieren?
Deutlich wird im referierten Forschungsstand, dass soziale Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht oder sozialer
Status Einfluss auf den Edukationsbedarf
nehmen. So gelten Jugendliche als besonders vulnerabel, da sie die Behandlung
häufiger ablehnen, Mädchen zeigen weniger Selbstvertrauen und mehr Angst als
Jungen und der sozioökonomische Status
beeinflusst nachhaltig die Rate an Langzeitüberlebenden. Der Bedarf von Eltern
onkologisch erkrankter Kinder unterscheidet sich ebenfalls: Der Informationsbedarf ist am größten, es folgen emotionale,
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Hans Huber Verlag, Bern 2012,
244 Seiten, 34,95 Euro
www.klett-cotta.de
Für eine sichere Bindung
zwischen Eltern und Kind
4.
Auflage
176 Seiten, gebunden, € 14,95 (D)
ISBN 978-3-608-94601-7
Familien mit einem
krebskranken Kind
praktische, spirituelle und physische Bedarfe.
Der theoretische Teil der Arbeit mündet
in eine zusammenfassende Betrachtung
zum methodischen Vorgehen: zum Beispiel die Durchführung von Interviews
bei einzelnen Familien zu mehreren Zeitpunkten. Die Autorin führte dem Forschungsstil der Grounded Theory folgend
20 kontrastierende Familieninterviews
durch, die sie durch Beobachtungen und
Experteninterviews mit professionellen
Akteuren ergänzte. Wichtige Informationen zu den Familien, zum Interviewleitfaden und zum Untersuchungsablauf finden sich im Anhang.
Die Ergebnisse der Studie sowie deren
Interpretation führen zu einer veränderten Einschätzung der Bedeutung sozialer
Einflussfaktoren: Bildungsgrad, sozioökonomischer und familiärer Status führen
in dieser Studie nicht in der erwarteten
Stärke zu einem veränderten edukativen
Unterstützungsbedarf. Sie wirken sich
aber auf die Handlungsspielräume und
das Bewältigungshandeln aus, etwa wenn
es um deren Inanspruchnahme geht. Sehr
klar herausgearbeitet werden die Einflussfaktoren und Unterstützungsbedarfe in
den unterschiedlichen Phasen des Krankheitsverlaufes. Tiesmeyer entdeckt unerwartet die Bedeutung von Be- und Entwertung: Angst vor Be- und Entwertung
durch das Umfeld oder professionelle Akteure ist bisher nicht in dieser Deutlichkeit herausgearbeitet worden und bedarf
einer weiteren Exploration. Sie führt zu
Verschleierungen, wenn etwa von professionellen „Ratschlägen“ (z.B. der Medikamenteneinnahme) abgewichen wird, und
steht konträr zu einer vertrauensvollen
Beziehung.
Das Buch bietet neben den genannten
Ergebnissen viele relevante Hinweise, die
in der Begleitung von Familien mit einem
krebskranken Kind bedeutsam sind. Es
wird allen Gesundheitsberuflern und professionellen Akteuren, die mit der Thematik in Kontakt sind, empfohlen.
Andrea Schiff,
Professorin für Pflegewissenschaft an der
Kath. Hochschule NRW
Mit SAFE® lernen Eltern bereits in der
Schwangerschaft, feinfühlig, prompt und
angemessen auf die Signale ihres Kindes
zu reagieren. So entwickeln die Babys
eine sichere Bindung als stabiles
Fundament ihrer Persönlichkeit. SAFE®
ist ein erfolgreiches Elternprogramm –
vom bekanntesten Bindungsforscher.
220 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
€ 18,95 (D), ISBN 978-3-608-94713
Karin Tiesmeyer
Das Fundament für Gesundheit und
Wohlbefinden wird bereits in der
Schwangerschaft und den ersten beiden
Lebensjahren gelegt. Anne-Ev Ustorf
bereitet die aktuellsten Forschungsergebnisse der Bindungs- und Hirnforschung verständlich auf und gibt Eltern
die notwendige Sicherheit für einen
liebevollen und einfühlsamen Umgang
mit ihrem Baby.
59
60
Buchbesprechungen
Neuerscheinungen im
Mabuse-Verlag
Axel Flügel
Public Health und
Geschichte
Historischer Kontext, politische
und soziale Implikationen der
öffentlichen Gesundheitspflege
im 19. Jahrhundert
D
Helga Seyler
Lesbische Ärztinnen
Erfahrungen und Strategien
im Berufsleben
199 Seiten, 19,90 Euro,
ISBN 978-3-86321-132-5
Das Buch präsentiert Ergebnisse zahlreicher Interviews und Gruppendiskussionen. Lesbische Ärztinnen werden
mit ihren Berufswegen und Erfahrungen porträtiert.
Ursula Laag
Pflegewissenschaftliche Gutachten
in zivilen Rechtsstreitigkeiten
193 Seiten, 24,90 Euro,
ISBN 978-3-86321-148-6
Das Buch erläutert die besonderen Anforderungen an pflegewissenschaftliche
Gutachten in zivilen Haftungsprozessen. Es zeigt, dass pflegewissenschaftliche Sachverständige hier spezifische
und unverzichtbare Kompetenzen einzubringen haben.
Mabuse-Verlag GmbH
Kasseler Str. 1 a · 60486 Frankfurt
Tel. 069-70 79 96-16 · Fax 069-70 41 52
[email protected]
www.mabuse-verlag.de
er Bielefelder Historiker Axel Flügel
hat in der von Petra Kolip herausgegebenen Reihe „Grundlagentexte Gesundheitswissenschaften“ eine Chronik der
Entwicklung des öffentlichen Gesundheitswesens im Deutschen Reich vom
ausgehenden 18. bis zum beginnenden
20. Jahrhundert veröffentlicht.
In der Einleitung stellt Axel Flügel anhand des Beispiels des mehrgliedrigen
Versicherungswesens in Deutschland dar,
wie Geschichte gegenwärtige Zustände
erklären kann. Er richtet sich dabei besonders an GesundheitswissenschaftlerInnen, die „sich in ihrem Feld mit dem
Übergewicht der medizinischen Disziplin
und der ihr eigenen expansiven Tendenz
auseinanderzusetzen haben. Es kann in
dieser Lage helfen zu wissen, wie das
vorliegende Gesundheitssystem entstanden ist und warum die Ärzte in ihm diese Stellung einnehmen.“
Im zweiten Kapitel skizziert Axel Flügel die politischen und gesellschaftlichen
Umwälzungen des 19. Jahrhunderts, wie
den Übergang von einer bäuerlich zu einer industriell geprägten Gesellschaft und
die beginnende Trennung von Staat und
Kirche. Er umreißt knapp und anschaulich die grundlegenden Entwicklungen
im Deutschen Reich, bevor er am Beispiel
der Stadt Bielefeld das Entstehen einer
modernen Krankenversorgung erläutert.
Bemerkenswert ist hier, dass die Hebammen der einzige Gesundheitsberuf im
Deutschen Reich beziehungsweise in der
Bundesrepublik sind, dessen Personalbestand seit 1887 kontinuierlich gesunken ist. Das Krankenpflegepersonal hingegen, das 1887 noch weniger Angehörige
hatte als der ärztliche Beruf, war 1909 bereits doppelt so stark wie die Ärzteschaft.
Umso bedauerlicher ist es, dass der Autor
so gut wie nicht auf die professionell Pflegenden, ihre Rolle für die öffentliche Gesundheitsfürsorge und die umfangreiche
historische Pflegeliteratur eingeht.
In den folgenden Kapiteln befasst der
Autor sich mit der „medizinischen Poli-
cey“ als Vorläuferin staatlicher Gesundheitsfürsorge bis hin zur Sozialhygiene
des 20. Jahrhunderts. Sachkundig und
kurzweilig erzählt er die Geschichte dieser Institution und ihres Tätigkeitsspektrums.
Axel Flügel zitiert für das Buch zahlreiche Originalpublikationen der wichtigsten Ärzte und Politiker – vom Staatswissenschaftler Robert von Mohl (1799–
1875) über die Ärzte Salomon Neumann
(1819–1908) und Rudolf Virchow (1821–
1902) bis hin zu dem Begründer der Sozialen Hygiene Alfred Grotjahn (1869–1931)
– und fügt jedem Kapitel ausgewählte
Quellen als Anhang bei. Zur Einordnung
zieht er klassische Übersichtswerke heran. Der Literaturanhang ist thematisch
sortiert und stellt eine gute Übersicht besonders für Studierende, die auf Flügel aufbauend forschen wollen, dar. Das Zahlenmaterial, etwa zu Krankenhausträgern
in Preußen oder zum medizinischen Personal, wird durch jeweils drei Abbildungen und Tabellen veranschaulicht.
Angesichts der derzeitigen Debatte in
der EU um die ethischen Grundlagen klinischer Studien bekommt Flügels Darstellung des Paradigmenwechsels in der
öffentlichen Gesundheitsvorsorge vom
Individualnutzen hin zum „Volksganzen“
eine durchaus aktuelle Komponente. Der
Autor nutzt den historischen Rahmen des
Texts, um für ethisch fragwürdige Entwicklungen der Gegenwart zu sensibilisieren. Diese hervorragende Chronik
deutscher (Medizin-)Geschichte kann als
Standardlektüre für Einführungen in medizinhistorischen Seminaren und der Geschichte der Gesundheitswissenschaften
empfohlen werden.
Anja K. Peters,
Kinderkrankenschwester und
Diplom-Pflegewirtin (FH),
Doktorandin am Institut
für Geschichte der Medizin
an der Ernst-Moritz-ArndtUniversität Greifswald
Beltz Juventa, Weinheim
und Basel 2012, 198 Seiten,
24,95 Euro
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
✰
✰
Heike Wolter
Mein Sternenkind
Begleitbuch für Eltern,
Angehörige und Fachpersonen
nach Fehlgeburt, stiller Geburt
oder Neugeborenentod
H
eute gehört neben der Gesunderhaltung und Heilung von Krankheiten
die Palliation und Begleitung von Sterbenden gleichberechtigt zu den Aufgaben von ÄrztInnen, Pflegenden und anderen Gesundheitsberuflern – auch in der
Betreuung von Schwangeren, Neugeborenen und ihren Eltern. Wenn nötig, sind
die Fachpersonen Wegbereiter eines menschenwürdigen Sterbens. Ihre Einstellung
zum Sterben und ihre Art der Trauerbegleitung tragen wesentlich zur Trauerarbeit der Eltern bei und sind die Basis für
den lebenslang anhaltenden Trauerprozess von Eltern und Geschwistern.
Leider wird dem Thema Sterbebegleitung in der Ausbildung noch immer zu
wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Deshalb ist es sehr verdienstvoll, dass sich
Heike Wolter in ihrem Buch diesem Thema widmet. Der Untertitel „Begleitbuch
für Eltern, Angehörige und Fachpersonen nach Fehlgeburt, stiller Geburt oder
Neugeborenentod“ zeigt die umfassende
Zielgruppe, an die sich das Buch richtet.
Heike Wolter schreibt als studierte Germanistin und Historikerin, nicht als Fachfrau, sondern aus ihrem eigenen Erleben
heraus als betroffene Mutter nach dem
Tod ihrer Tochter während der Geburt.
Doch das Buch ist keiner der üblichen Erfahrungsberichte, sondern ein wichtiges
„Lehrbuch“ für alle Beteiligten. Es lässt im
ersten Teil 39 betroffene Eltern zu Wort
kommen und deckt damit ein breites
Spektrum unterschiedlicher Verlustursachen und Verarbeitungsmechanismen ab.
Die in den Blick genommenen Kinder
waren wegen Fehlbildungen abgetrieben
worden, verstarben entweder bereits vor
der Geburt oder als Frühgeborene oder
reife Neugeborene an Geburtskomplikationen, Infektionen und angeborenen
Fehlbildungen.
Dieser reiche Erfahrungsschatz der
Eltern, der einen selbst als langjährig in
diesem Bereich tätigen Kinderarzt betroffen macht, ist das Besondere und Bemerkenswerte an diesem Buch. Als im
Gesundheitswesen Tätige können wir
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
daraus viel lernen, um den Eltern achtsamer, feinfühliger und in unserem Tun
sicherer zu begegnen und ihnen die Unterstützung und Begleitung zukommen
zu lassen, die sie erwarten.
Ausgehend von den Erfahrungsberichten der Eltern, die immer wieder ausschnittweise jeweils zum Thema passend
eingefügt sind, entwirft Heike Wolter im
zweiten Teil des Buches ein Handlungskonzept. Chronologisch geordnet werden kapitelweise die ersten Schritte um
das Todesereignis thematisiert: die Frage
nach dem Warum; besondere Situationen;
Trauer, Erinnerung und Heilung; Weiterleben; Folgeschwangerschaften; Väter und
Partnerschaften; Geschwister und Großeltern sowie Mitmenschen.
Schließlich runden in einem eigenen
Kapitel Hinweise für Fachpersonen – vom
Geburtshelfer über KinderärztInnen, Hebammen und Stillberaterinnen bis hin zu
Priester und Bestatter – das Buch ab. Der
Anhang bietet praktische Hilfen wie ein
Glossar, Hinweise auf Beratungsstellen,
Literaturempfehlungen, Tipps für die Gestaltung eines Trauergottesdienstes und
einen Leitfaden für geburtshilfliche Stationen.
Da viele ärztliche und therapeutische
Ausbildungen noch immer zu wenig
Hintergrundwissen zur Begleitung von
Eltern bei Fehlgeburt oder dem Tod eines
Neugeborenen vermitteln, bietet dieses
Buch eine wertvolle Informationsquelle
aus erster Hand. Es sei allen, die sich dieses
Themas annehmen, dringend empfohlen, es für ihre Arbeit zu nutzen. Nicht nur
zur eigenen Lektüre, sondern auch als
Empfehlung für betroffene Eltern – eventuell sogar schon vor einem absehbaren
Verlust. Denn auch für die Betroffenen
ist es ein hervorragender, klar aufgebauter und gut lesbarer Ratgeber, der ihnen
hilft, die Herausforderung, ein Kind zu
verlieren oder verloren zu haben, besser
zu bewältigen.
Dr. Friedrich Porz,
2. Klinik für Kinder
und Jugendliche,
Klinikum Augsburg
A.(R(A6
.(_aa
A:H(AB:
✰
160 Seiten, gebunden, a 12,95 D
฀
฀฀ ฀
฀
฀ E-Book
✰
Bekommen Sie bei der Frage
»Und, schläft es schon durch?« rote
Stresslecken und Schweißausbrüche?
Dann sollten Sie dieses Buch lesen!
»Besucherritze« bietet Eltern, denen
ihr Baby schlalose Nächte bereitet,
Denkanstöße und Unterhaltung – und
jede Menge Entlastung! Die Autorin
beleuchtet den Kinderschlaf aus unterschiedlichen Perspektiven und gibt
ungewöhnlichen, aber höchst wirksamen Rat.
✰
Leserstimmen
»Klasse Buch, das einem rät, auf seinen
Instinkt zu hören. Es erklärt, warum die
sogenannten Schlaf-Lern-Methoden
nichts bringen.«
✰
»Ich muss sagen, das Buch ist der Wahnsinn. Es spricht mir aus der Seele, denn
die Autorin hat wohl genau so ein Kind,
wie wir es haben!«
✰
edition riedenburg, Salzburg
2012, 372 Seiten, 27,90 Euro
✰
Leseprobe auf
www.beltz.de
Buchbesprechungen
Kennen Sie schon BIO ?
Das Gesundheitsmagazin für
• Naturheilkunde • Ganzheitsmedizin
• Ernährung • Lebenskunst
• Fitness • Umwelt
BIO beweist seit 30 Jahren, wie unterhaltsam, spannend und hilfreich die
Beschäftigung mit der Gesundheit für
Körper, Geist und Seele ist.
GUTSCHEIN
Ja, ich teste BIO und erhalte
die neueste Ausgabe kostenlos. Sollte
ich mich nicht innerhalb von 14 Tagen
schriftlich bei Ihnen melden, erhalte
ich das BIO-Abo alle zwei Monate zum
Vorzugspreis von nur € 27,-- frei Haus.
Ich kann das Abonnement jederzeit
kündigen. Die Zeitschrift darf ich in jedem Fall behalten.
Name / Vorname
Straße / Nr.
PLZ / Ort
Datum / Unterschrift
MB/13
62
BIO Ritter GmbH, Verlag und Versand
Bahnhofstr. 9, D-82327 Tutzing
Tel.: 08158-8021, Fax: 08158-997430
Hartwig Hansen (Hg.)
Der Sinn meiner
Psychose
Zwanzig Frauen und Männer
berichten
B
ereits der Titel des Buches macht klar:
Psychosen als ausschließlich chaotisches, befremdliches oder gar selbstschädigendes Erleben und Verhalten wahrzunehmen, wird Menschen in seelischen
Krisen nicht gerecht. Hier berichten zwanzig AutorInnen über ihre veränderten
Wahrnehmungen, über Phasen tiefer Verzweiflung, über ihr Überfordertsein, aber
auch vom Suchen, Verstehen und Sichwiederfinden. Herausgerissen aus dem
„normalen“ Leben, hat sie ihre Suche zu
einem neuen Verhältnis gegenüber ihrer
Psychose geführt. Nicht immer verbunden mit der Auflösung seelischer Turbulenzen und traumatischer Kindheitserfahrungen – aber die zwanzig Beispiele
zeigen, dass ein neues, selbstbewusstes
Leben und eine neue Identität trotz der
Achterbahn von Gefühlen möglich sind.
Eine Psychose kann reich machen an
Kontakten, Erfahrungen und neuen Möglichkeiten, selbst wenn man materiell verarmt, wie Martin Stoffel schreibt. Psychose beinhaltet die Gefahr des Selbstverlustes oder die Chance der Selbstfindung, so
formuliert zum Beispiel Anna P. die hilfreiche Auseinandersetzung mit ihrer Psychoseerfahrung. In allen Beiträgen eröffnet sich nach und nach eine neue Welt.
Lohnt es sich das Buch zu lesen? Uneingeschränkt ja. Hier wird kein Voyeurismus über besondere Lebensläufe bedient.
Die AutorInnen helfen uns, einen Zugang,
ein Verständnis für ihre häufig dramatischen Lebens- und Krisenbewältigungen
zu finden. Freunde, Angehörige, Behandler und von Krisen Betroffene sollten das
Buch nutzen, um zu verstehen, was aus
der Außensicht oft als unverständlich, entrückt, selbstschädigend wahrgenommen
wird – und dass es danach stets ein „Weiter“ gibt, dass eine Psychose auch Startund nicht nur Endpunkt sein kann.
Bitter fällt auf, dass viele der AutorInnen die klinische Standardbehandlung
als nicht hilfreich, manche sie sogar als
schädlich empfunden, ja geradezu erlitten
haben. Dass sie, konfrontiert mit einem
rigiden neurobiologischen Behandlungsmodell, mit rationalen Erklärungen und
missachteten Wünschen, herzlich wenig
mit dieser Art von „Therapie“ anfangen
können. Dass sie hingegen Geduld, Akzeptanz und Offenheit für spirituelle Fragen
als Hilfen außerhalb des Heilmittelkatalogs sowie eine Psychotherapie, die den
Namen verdient, als ungemein hilfreich
empfanden. Wundern soll uns dies nicht,
denn weder in einem klassischen Krankheitsmodell noch im Heilmittelkatalog ist
der „Sinn“ einer Erkrankung vorgesehen.
Insofern ist dieses Buch wirklich etwas
Neues. Hier sprechen Menschen über ihre
veränderten psychischen Zustände radikal anders, als es die klassische Krankheitslehre vorsieht. Dies macht es höchst
wertvoll und fachpolitisch bedeutsam.
Dahinter steht jedoch viel mehr als
„nur“ eine biografische Aufarbeitung von
zwanzig Schicksalen. Das Buch ist Dokument eines neuen Selbstbewusstseins und
der Fähigkeit, über etwas zu sprechen und
zu schreiben, was noch vor 20 bis 40 Jahren zu einer dauerhaften Psychiatrisierung in Langzeitbereichen geführt hätte.
Es ist ein Dokument des sich selbst und
andere Verstehens, weit über die biografische Selbstreflexion hinaus. Die Botschaft der Texte hat die Qualität eines
Lehrbuches für Psychiatrie. Es ist jedem
jungen Psychiater, jeder Psychologin und
jedem Sozialarbeiter in die Hand zu drücken. Damit sie und wir verstehen, wie
viel mehr Sinnsuche, Anstrengung und
Leistung hinter dem Verhalten der Betroffenen steckt. Sie haben viel von der
Psychose gelernt und können nun mit
ihr leben. Das ist ungeheuer viel.
Dem Herausgeber Hartwig Hansen –
als Psychologe zugleich Paar- und Familientherapeut und Supervisor – ist die
Thematik aus seiner profunden Kenntnis
der Psychiatrie bestens vertraut. Ihm gebührt Anerkennung dafür, nicht nur die
zwanzig Texte zusammengetragen, sondern auch die Bedeutung und Leistung
dieser kritischen Lebensläufe für uns erkannt und in einem hilfreichen Nachwort eingeordnet zu haben.
Christian Zechert,
Soziologe und Sozialarbeiter,
Bielefeld
Paranus Verlag, Neumünster
2013, 200 Seiten, 19,95 Euro
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Buchbesprechungen
Hilde Steppe (Hg.)
Krankenpflege im
Nationalsozialismus
10., aktualisierte u. erweiterte Auflage
E
ndlich ist sie da, die Neuauflage des
seit Langem vergriffenen Standardwerks zur Geschichte der Krankenpflege
im Nationalsozialismus (NS). Die Frage,
ob man sich bei der nunmehr zehnten
Auflage mit einem Nachdruck der neunten begnügen oder etwas Neues gestalten
sollte, fand eine kluge Lösung. In das von
Hilde Steppe herausgegebene Werk wurde nicht eingegriffen. Es erhielt aber eine
Erweiterung durch sieben Beiträge der
neueren Forschung sowie eine aktuelle
umfangreiche Bibliografie zur Geschichte
der Krankenpflege im NS. Letztere umfasst erfreulicherweise auch wichtige Arbeiten zur Medizin- und Sozialgeschichte
dieser Zeitspanne.
Die neue Auflage ist also zweigeteilt.
Sie beginnt mit dem immer noch sehr
bedeutsamen ursprünglichen „Sachbuch“,
das die Pflegenden dazu animieren wollte
(und weiterhin will), sich mit der Geschichte ihres Berufs auseinanderzusetzen und dafür wichtige Informationen bietet. Dieser Funktion entsprechend wurde
damals auf einen großen Fußnotenteil verzichtet. Gleichwohl haben die AutorInnen Belege für die Herkunft ihrer Quellen
beigefügt, sodass das dort Wiedergegebene nachprüfbar ist. Der neu hinzugekommene Teil ist durch einen umfangreichen
Fußnotenapparat gekennzeichnet, wie er
von wissenschaftlichen Texten erwartet
wird. Das von Hilde Steppe herausgegebene Werk ist für die Lehre der Pflegegeschichte im „Dritten Reich“ einschließlich
ihrer Vorgeschichte immer noch von größtem Nutzen. Auch die dort zur Verfügung
gestellte Zeittafel und der Überblick über
die Krankenpflegeausbildung sind ungemein hilfreich. So ergänzen sich Überblick und Vertiefung einzelner Aspekte
auf sehr gelungene Weise.
Die neu hinzugekommenen Beiträge
erweitern die Perspektive auf zusätzliche
Themen. Sie beginnen mit einem Beitrag
von Mathilde Hackmann zur ambulanten
Pflege am Beispiel der Gemeindepflegestationen im Bezirk Osnabrück und der
Stadt Hamburg, die von NS-Schwestern
besetzt werden sollten. Daran schließt sich
ein Überblick zur Geschichte der „GeDr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
schlossenen Altersfürsorge“ von der Weimarer Republik bis 1945 von Michael
Graber-Dünow an. Edgar Bönisch und
Birgit Seemann stellen die Geschichte der
jüdischen Krankenpflege in Frankfurt am
Main während der NS-Zeit vor, zu der es
seit einigen Jahren ein von ihnen ständig
aktualisiertes Internetportal gibt, das unbedingt zu empfehlen ist (www.juedische-pflegegeschichte.de). Thomas Foth
untersucht die Funktion von Krankenakten in der Psychiatrie und die Rolle von
Pflegeaufzeichnungen bei der Entscheidung, welche PatientInnen im Rahmen
der „Euthanasie“ als „lebensunwertes Leben“ ermordet werden sollten. Mit Krankenschwestern im System der Konzentrationslager, und zwar sowohl im sogenannten Häftlingsrevier als auch im SSLagerlazarett, befasst sich Petra Betzien.
Die Hebammen sind mit zwei Beiträgen
vertreten: Wiebke Lisner untersucht die
Rolle und Position der ambulant arbeitenden Hebammen und der in der Klinik
tätigen Hebammen-Schwestern im NS,
während Marion Schumann die Hebammen und ihre Berufsorganisationen nach
1945 in den Blick nimmt.
Die begrüßenswerte thematische Erweiterung der Neuauflage geht leider zulasten des Umfangs der einzelnen Beiträge, denen der Verlag enge Grenzen gesetzt
hat. Das ist jedoch der einzige Kritikpunkt, den man dieser Auflage machen
kann. Die Themenbreite ermöglicht nicht
nur eine Ausweitung der Beschäftigung
mit und der Lehre von Aspekten der Krankenpflege im NS, sondern regt auch zu
weiteren notwendigen Forschungen an.
Und trotz der inzwischen vorliegenden
oder in Arbeit befindlichen Untersuchungen zur Geschichte der Krankenpflege im
NS hat das vorliegende Buch seinen Charakter als Standardwerk nicht eingebüßt.
Auch deshalb ist ihm eine erneute breite
Rezeption sehr zu wünschen.
Sylvelyn Hähner-Rombach,
Medizin- und
Pflegehistorikerin,
Stuttgart
Näher
reisen
199 km Mosel
Sehenswertes,
Auslüge &
Einkehr von Trier
bis Koblenz
ISBN 978-389859-310-6
256 Seiten, 18 €
… weiter
denken
Hollands Küste
mit Kindern
400 spannende
Aktivitäten
für Ferien und
Freizeit
ISBN 978-389859-439-4,
256 Seiten, 16 €
Reise & Freizeit
Naturnah & Ökologisch
Kreativ & Informativ
/PeterMeyerVerlag | www.PeterMeyerVerlag.de
Mabuse-Verlag, Frankfurt am
Main 2013, 355 Seiten, 29,90 Euro
63
64
Neuerscheinungen
Gesundheit
und Politik
Reinhard Busse,
Miriam Blümel u.a.
Gine Elsner, Verena Steinecke
Das deutsche Gesundheitssystem
Der Gewerbehygieniker und engagierte
Gewerkschafter Franz Karl Meyer-Brodnitz
(1897–1943)
Akteure, Daten, Analysen
Das Buch stellt die Entwicklung
und die aktuelle Struktur des deutschen Gesundheitssystems mit seinen ökonomischen und politischen
Zusammenhängen dar. Zudem
werden laufende und geplante Reforminitiativen beschrieben. Das
Buch enthält Daten, Fakten, Definitionen und Beispiele – für alle Akteure, Entscheider und Gestalter
in der Gesundheitswirtschat.
MWV, Berlin 2013, 302 Seiten, 39,95 Euro
Amnesty International Report 2013
Zur weltweiten Lage der
Menschenrechte
Der Amnesty International Report
2013 informiert über die Menschenrechtssituation in 159 Ländern. Im vergangenen Jahr gaben
rund um den Erdball Menschen
ihrer Forderung nach Durchsetzung und Einhaltung der Menschenrechte Ausdruck. So waren
etwa die Vorgänge in Syrien ein
drastischer Beleg für die fehlende
Bereitschat von Regierungen,
Proteste und Kritik zu dulden.
Geschichte der
Medizin
Trude von Fellenberg-Bitzi
Liliane Juchli –
ein Leben für die Pflege
Tobias Weidner
Benjamin Ewert
Die unpolitische Profession
Vom Patienten zum Konsumenten
Deutsche Mediziner im langen
19. Jahrhundert
Patienten sind keine Konsumenten. Mit dieser Behauptung wird
das Primat der medizinischen Kriterien gegenüber ökonomischen
Erwägungen im Gesundheitswesen ot verteidigt. Benjamin Ewert
hinterfragt diese eindimensionale
Rollenzuweisung und zeigt, dass
sie die Versorgungsrealität nur
unzureichend widerspiegelt.
Springer VS, Wiesbaden 2013, 277 S.,
39,95 Euro
Franz Karl Meyer-Brodnitz, der
Sohn eines jüdischen Bankiers aus
Berlin, wandte sich früh der Sozialdemokratie zu. Er war Schüler des
Sozialhygienikers Alfred Grotjahn
und arbeitete als Arzt in den kasseneigenen Ambulatorien. Als
Gewerbehygieniker beim Allgemeinen Deutschen Gewerkschatsbund setzte er sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen
der Arbeitnehmer ein. Als die Nazis
1933 an die Macht kamen, wurde
ihm gekündigt, 1935 wurde er in
die Emigration nach Palästina gezwungen, wo er sich weiter engagierte.
VSA, Hamburg 2013, 272 S., 18,80 Euro
S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, 544 S.,
14,99 Euro
Nutzerbeteiligung und Nutzeridentitäten
im Gesundheitswesen
»Ja, daran hing sein Herz …«
Mit der Politik tun sich deutsche
Ärzte traditionell schwer. Kaum
eine andere Profession legte so viel
Wert darauf, „unpolitisch“ zu sein.
Der Autor geht den sprachlichen
Wurzeln dieser Haltung nach und
zeigt, wie demonstrative Politikkritik im 19. Jahrhundert zu einer
zentralen Professionalisierungsstrategie der Mediziner wurde.
Campus, Frankfurt am Main 2013, 447 S.,
49,90 Euro
Das Leben von Juliane Juchli, geboren im Jahr 1933, ist die Erfolgsgeschichte einer Klosterfrau. Ihr
Engagement für eine ganzheitliche
Pflege, die immer den Menschen
im Mittelpunkt sieht, hat das professionelle Pflegeverständnis international nachhaltig beeinflusst.
Mit ihrem vor 40 Jahren erstmals
erschienenen Pflegelehrbuch hat
sie Generationen von Pflegefachleuten geprägt. Sie, die der Pflege
„eine Stimme gegeben“ hat, fordert
auch im fortgeschrittenen Alter
noch „Leidenschat für das Mögliche“ und beeindruckt damit nach
wie vor ältere und junge Pflegende. Diese Biografie ist ein packendes Beispiel dafür, was Frauen
mit ihrem Engagement zugunsten
kranker Menschen zu bewirken
und zu verändern vermögen.
Thieme, Stuttgart 2013, 232 S., 24,99 Euro
Medizin
Michael Dobe, Boris Zernikow
Therapie von Schmerzstörungen
im Kindes- und Jugendalter
Ein Manual für Psychotherapeuten,
Ärzte und Pflegepersonal
Rund 300.000 Kinder und Jugendliche sind in Deutschland von
chronischen Schmerzen betrofen,
fehlen in der Schule und sind im
sozialen Leben stark benachteiligt.
Gezielt helfen kann nur derjenige,
der sich mit Krankheitsbild, Diagnostik und Therapie auskennt. Das
Buch stellt das stationäre Schmerztherapieprogramm des Deutschen
Kinderschmerzzentrums vor.
Springer, Heidelberg 2013, 250 S., 39,95 Euro
Thomas Schott, Oliver Razum (Hg.)
Migration und medizinische
Rehabilitation
Beim Thema „gesundheitliche Versorgung von Personen mit Migrationshintergrund in der medizinischen Rehabilitation“ stehen hier
MitbürgerInnen türkischer Herkunt im Mittelpunkt. Die Beiträge
informieren über Inanspruchnahme und Rehabilitationserfolg,
Erwerbsminderung und Frühberentung sowie die Sicht des Klinikpersonals und die Erfahrungen
von MigrantInnen.
Beltz Juventa, Weinheim u. Basel 2013,
234 S., 34,95 Euro
i nte g ra le l e i b a r b e i t
Atem – Körper – Psychotherapie
Ausbildung integrale leibarbeit
Quereinstieg im Sommer 2013 möglich
11. bis 12. Oktober 2013
Tanztherapie mit Ursel Burek
2-jährige Fortbildung ab Herbst 2013
Infos unter: www.integrale-leibarbeit.de
institut für integrale leibarbeit
Jutta Marie Becker / Stuttgart
Tel.:
T
el.:
e +49 (0) 6402 508612
[email protected]
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Neuerscheinungen
Gerhard Danzer
Rosalinda Alfaro-LeFevre
Personale Medizin
Pflegeprozess und
kritisches Denken
Nicht nur bei den sogenannten
psychosomatischen Krankheiten
ist die gesamte Person betrofen.
Auch und gerade, wenn man auf
schulmedizinische Prinzipien besteht, bleiben für die Person des
Kranken wesentliche Fragen zu
klären: unter anderem die Grenzen
von Krankheit und Gesundheit,
Helfen und Heilen, das Verhältnis
von Leib und Seele, Freiheit und
Determination. Dieser große Entwurf einer neuen personalen
Medizin bezieht die biopsychosozialen Zusammenhänge in Krankheitsentstehung, Verlauf und ArztPatienten-Beziehung ebenso mit
ein wie die ot unterschätzten kulturellen Einflüsse.
Praxishandbuch zum kritischen Denken,
Lösen von Problemen und Fördern von
Entwicklungsmöglichkeiten
Die Autorin erläutert die einzelnen
Schritte des Pflegeprozesses, vom
Pflegeassessment über Pflegediagnosen, -ziele/-ergebnisse, -planung
und -interventionen bis hin zur
Evaluation. Sie beschreibt, welche
Formen kritischen Denkens dazu
erforderlich sind, und zeigt, welche Aufgaben Pflegende erfüllen
können – mit zahlreichen Beispielen und klinischen Fallstudien.
Pflege
Gewalt in der familialen Pflege
Prävention, Früherkennung, Intervention
– Ein Manual für die ambulante Pflege
Die Pflege alter Menschen wird
zu einem großen Teil durch Angehörige geleistet. Die damit verbundene Belastung kann zu Aggression und Gewalt führen.
Ambulante Pflegedienste, die nicht
selten mit solch schwierigen Situationen konfrontiert sind, sollten
hier eingreifen beziehungsweise
präventiv tätig werden. Das vorliegende Manual vermittelt Hintergründe zum Thema Gewalt und
ein Assessment zur Gewaltprävention in der Praxis. Zum Download
gibt es im Internet zusätzlich u. a.
Checklisten und ein Ablaufschema.
฀
฀
Erwin Lohmer, Viola Ulbrich
Pflege und Betreuung adipöser
Patienten
Adipositas ist in Deutschland immer stärker verbreitet. Das Buch
gibt u.a. Antworten auf folgende
Fragen: Auf was muss ich achten,
wie kann ich professionell mit einem adipösen Patienten umgehen? Welche Hilfsmittel können
Unterstützung bieten? Auch zur
Übermittlung adipöser Patienten
in andere Einrichtungen werden
Lösungsansätze vermittelt.
Kohlhammer, Stuttgart 2013, 124 S.,
24,90 Euro
฀฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀€
฀
฀
฀
฀
฀
฀
฀฀
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
฀
฀
฀
฀
฀
฀
Klinik – Therapie – Perspektiven
Daniel Hell
Von der Seele zu reden, war in den
Wissenschaten lange verpönt.
Dennoch muss man akzeptieren,
dass der Mensch nicht nur Stoliches wahrnehmen und analysieren kann, sondern auch die Fähigkeit besitzt, etwas seelisch zu
erleben. Gerade das Leiden an einer Krankheit ist ein Vorgang, der
Anteilnahme und Miterleben voraussetzt. Während die Erforschung
eines körperlichen Krankheitsprozesses vom Leiden absehen kann,
spielt die seelische Dimension des
Leidens auch als Aufschrei und
Widerspruch in der medizinischen
Praxis und insbesondere in der
psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung eine entscheidende Rolle.
Kohlhammer, Stuttgart 2013, 128 S.,
19,90 Euro
Kohlhammer, Stuttgart 2013, 122 S.,
22,90 Euro
Affektive Störungen
Friedhelm Henke
Das Arbeitsbuch beginnt mit dem
Basiskurs. Dann folgen Arbeitshilfen für das Betreuungspraktikum,
der Aufbaukurs sowie der Fortbildungsnachweis. Die Aufgaben beziehen sich auf Lernsituationen
zur individuellen Erstellung von
weiteren Fallbeispielen.
Marion Bonillo,
Sonja Heidenblut u.a.
Thomas Fuchs, Mathias Berger (Hg.)
Krankheit als seelische
Herausforderung
Qualifizierung der Demenz-, Alltags- und
Seniorenbegleitung gemäß § 87b Abs. 3
SGB XI
฀
ISBN 978-3-929317-05-3
฀
฀
und Absichten bewegten berühmte
Frauengestalten in einer männlich
dominierten Welt?
Margarete Mitscherlich stützt ihre
Überlegungen immer wieder auch
autobiografisch und demonstriert
so eindrucksvoll ihre konsequente
Reflexion auf sich selbst.
S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, 272 S.,
18,99 Euro
Huber, Bern 2013, 510 S., 44,95 Euro
Arbeitsbuch für die
zusätzliche Betreuungskraft
Huber, Bern 2013, 559 S., 39,95 Euro
฀
Psych ...
Schwabe, Basel 2013, 212 S., 16,50 Euro
Margarete Mitscherlich
Eine Liebe zu sich selbst,
die glücklich macht
Margarete Mitscherlich wendet
sich in diesem Buch, an dem sie
bis unmittelbar vor ihrem Tod
intensiv arbeitete, noch einmal
grundlegenden Fragen ihres Lebens zu: Was macht die Liebe zu
sich selbst aus? Welche Motive
Das Buch vereint Beiträge zu vielfältigen Perspektiven der Psychiatrie auf afektive Störungen. Es
spannt den Bogen von der Psychopathologie über epidemiologische,
klinische und therapeutische
Aspekte bis zur kulturellen Dimension der Erkrankungen. Damit
richtet es sich nicht nur an Psychiater und Psychologen, sondern
auch an alle helfenden Berufe und
an interessierte oder selbst betroffene LeserInnen.
Schattauer, Stuttgart 2013, 205 S., 39,99 Euro
Thomas Szasz
Geisteskrankheit –
ein moderner Mythos
Grundlagen einer Theorie des
persönlichen Verhaltens
Im Jahr 1961 sorgte Thomas Szasz
mit dem Buch „The Myth of Mental Illness“ für Aufruhr. Er stellte
damit das komplette Selbstverständnis der Psychiatrie als humanmedizinische Wissenschat infrage. Ob jemand „normal“ oder
„verrückt“ sei, sei eine willkürliche
Definition, so Szasz. Heute triumphiert der Mythos der Geisteskrankheit erneut. Vor diesem Hintergrund wird die Lektüre von
Szaszs Buch zum Aha-Erlebnis. Die
Neuausgabe wurde vom Autor ergänzt, aktualisiert und liegt nun
auch neu übersetzt vor.
Carl-Auer, Heidelberg 2013, 331 S., 44 Euro
65
66
Neuerscheinungen
H. Grollmann / U. Mauer u.a.
Klassische Homöopathie
Schwangerschaft, Geburt,
Wochenbett und Säugling
Dieses Kompendium beinhaltet auf
über 1.000 Seiten 125 verschiedenen
Indikationen und 158 beschriebene
homöopathische Arzneimittel. Es
ist das umfangreichste seiner Art.
Das Buch richtet sich vor allem an
Fachpersonen wie HomöopathInnen, Hebammen, GeburtshelferInnen sowie an TherapeutInnen.
Überall in der Praxis, wo rasch das
richtige homöopathische Mittel
gefunden werden muss, ist dieses
Nachschlagewerk unentbehrlich.
1020 S., 99 EUR,
ISBN 978-3-86737-147-6
www.groma.ch
Jens Gräbener
Cornelia Schadler
Umgang mit traumatisierten
Patienten
Vater, Mutter, Kind werden
Nicht selten kommen wir unwissentlich mit Traumafolgestörungen in Kontakt. Besonders für psychiatrisch Tätige ist es wichtig, für
typische Traumafolgen sensibilisiert zu sein, um „schräg“ wirkende
Verhaltensweisen einordnen zu
können. Das Buch vermittelt Traumaursachen, Störungsbilder und
Bewältigungsmuster. Es zeigt die
therapeutischen Möglichkeiten auf
und unterstützt praxisnah die professionelle Interaktion mit traumatisierten Menschen.
Psychiatrie, Köln 2013, 144 S., 16,95 Euro
Gabriele Junkers (Hg.)
Die leere Couch
Der Abschied von der Arbeit als
Psychoanalytiker
Das Buch macht auf das Älterwerden als Psychoanalytiker und die
damit verbundenen Probleme aufmerksam und zeigt, welche Konsequenzen sich daraus für die Verantwortung von Therapeuten und
Institutionen ergeben. Aus ethischer Perspektive diskutieren internationale Psychoanalytiker verschiedene Möglichkeiten und
Grenzen der institutionellen Vorsorge und eröfnen so den dringlichen Dialog zu einem lange gemiedenen Thema.
Bereits vor der Geburt bewegen
akustische Signale Kinder emotional. Und auch später spielen
Geräusche, Sprache und Musik
eine immanent wichtige Rolle.
„Baby-Klassik“ bietet speziell für
Neugeborene und Kleinkinder
bearbeitete klassische Musik,
die behutsam reduziert und in
einem Guss eingespielt wurde.
„... ein harmonischer Einstieg für
Neugeborene wie für Kleinkinder
– beruhigt und beflügelt – klingt
aber auch in den Ohren der Großen lange nach.“ (ELTERN 2/2013)
1 CD, ca. 45 Minuten
ISBN: 978-3-86737-147-6
www.audiolino.de
Angstfrei und natürlich erleben
Das Buch ist Frauen gewidmet, die
noch über ihren Körper staunen
können, die Schwangerschat und
Geburt als sinnliches Wunder betrachten. Es will Frauen ermutigen, hellhöriger zu werden für die
Signale des Körpers. Das Buch gibt
Ratschläge und Tipps, die ÄrztInnen otmals gar nicht kennen und
aus dem reichen Erfahrungsschatz
einer Hebamme stammen, die ihr
Wissen auch durch intensiven Erfahrungsaustausch mit anderen
Frauen ständig erweitert.
transcript, Bielefeld 2013, 342 S., 32,80 Euro
Kinder
Verlagshaus der Ärzte, Wien 2013, 288 S.,
19,90 Euro
Hanna Strack, Gunhild Nienkerk
Aylin Lenbet
Lotta schläft – endlich!
Ein Kind –
warum nicht auch für uns?
Durch die stärker werdende medizinische Begleitung stehen Mutter
und Kind während Schwangerschat und Geburt unter andauernder Kontrolle; otmals wächst
eher die Unsicherheit, als dass sie
abnimmt. Anstatt Angst soll aber
„die gute Hofnung“ in dieser Zeit
der tief greifenden Wandlungen
wachsen. Dies geschieht, wenn
Frauen wieder mehr auf ihre Krat
und Stärke vertrauen, mit der sie
befähigt wurden, Leben zu geben.
Dazu will dieses Buch beitragen.
Gut beraten bei unerfülltem Kinderwunsch
Tyrolia, Innsbruck 2013, 144 S., 14,95 Euro
Welche Eltern kennen das nicht?
Das Kind will einfach nicht schlafen. Und langsam wird das Zubettgehen für Eltern und Kind zur
Qual. Neben sachlichen Infos rund
um den Schlaf von Babys und
Kleinkindern geht es in dem Buch
mit Lotta in die harte EinschlafRealität: Sie will nicht alleine einschlafen, wacht nach einer Viertelstunde wieder auf, schlät nur ein,
wenn sie rumgetragen wird usw.
Für diese Situationen werden Lösungen angeboten. Ganz undogmatisch, augenzwinkernd, unterhaltsam – und wirksam!
Elke Eyckmanns,
Markus Merzenich u.a.
Gitarre
Schwangerschaft & Geburt
Ein spiritueller Begleiter für
Schwangerschaft und Geburt
Schwangerschaft
und Geburt
Baby-Klassik (CD)
Beate Jorda, Ilona Schwägerl u.a.
Wie werden Menschen Eltern?
Warum ist die Kernfamilie das
häufigste Ergebnis der Transition
zur Elternschat? Cornelia Schadlers Ethnographie zeigt deutlich,
dass das Eltern-Werden nicht auf
einzelne Ereignisse reduziert werden kann, sondern das Ergebnis
einer Vielzahl alltäglicher Praktiken ist.
Guter Hoffnung sein
Psychosozial, Gießen 2013, 317 S., 32,90 Euro
Michael Benztien
Eine posthumanistische Ethnographie
der Schwangerschaft
Das Buch berät und begleitet ungewollt kinderlose Paare: Es vermittelt das notwendige medizinische Fachwissen über den Ablauf
einer Kinderwunschbehandlung
und gibt Informationen zu (versicherungs)rechtlichen Voraussetzungen und Bedingungen. Der
Schwerpunkt liegt jedoch auf der
psychologischen Unterstützung.
Gezielte Übungen und Anleitungen zur Selbstreflexion helfen den
Partnern, Entscheidungen gut vorzubereiten und eine eigene Position zu finden. Auch für den Fall,
dass die Kinderwunschbehandlung erfolglos bleibt, gibt das Buch
Denkanstöße zu einem zufriedenen Leben.
Carl-Auer, Heidelberg 2013, 236 S.,
19,95 Euro
Beate Ramsayer
Einschlafen – durchschlafen – ausschlafen
Trias, Stuttgart 2013, 140 S., 14,99 Euro
Die physiologische Geburt
Eine „normale“ Geburt nach einer
„normalen“ Schwangerschat ist
zur Ausnahme in den Geburtskliniken der westlichen Industrieländer geworden. Das fordert zu einer
kritischen Auseinandersetzung
heraus. In diesem Buch werden
zum einen aktuelle Daten und
Fakten zur geburtshilflichen Situation in Deutschland dargestellt,
zum anderen wertvolle Evidenzen
aufgezeigt, die für einen bewussten Verzicht auf überflüssige und
schädliche Interventionen bei
einem normalen Geburtsverlauf
sprechen.
Staude, Hannover 2013, 128 S., 19,80 Euro
Salman Ansari
Rettet die Neugier!
Gegen die Akademisierung der Kindheit
Physikkästen für Zweijährige?
Chinesisch im Kindergarten? Der
Autor erläutert, warum für Kinder
nicht die Anhäufung von Wissen,
sondern die Fähigkeit, eigenständig und kreativ zu denken wichtig
ist. Ansari begibt sich auf Augenhöhe mit den Kindern, geht konsequent von ihrem Denken aus und
zeigt, wie sie Schritt für Schritt in
ihrem Erkenntnisprozess begleitet
werden können.
Krüger, Frankfurt am Main 2013, 224 S.,
18,99 Euro
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Neuerscheinungen
Frank Dammasch,
Martin Teising (Hg.)
Petra Fercher, Gunvor Sramek
Das modernisierte Kind
Validation im Alltag
Das Buch leuchtet prägnant die
Möglichkeiten und Grenzen kindlicher Entwicklung in der globalisierten Moderne des 21. Jahrhunderts aus. Die AutorInnen betrachten die Auswirkungen von sozialen
Beschleunigungsprozessen, Bildungsoptimierungsversuchen und
neuen Medien auf die psychosoziale Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen. Es mehren sich
Stimmen aus Wissenschat und
Praxis, die auf die Schattenseiten
der Moderne für unsere Kinder
hinweisen: Depressivität, Hyperaktivität und Konzentrationsschwächen sind einige der beobachtbaren Symptome.
Wer Menschen mit Demenz betreut, kennt schwierige Alltagssituationen. Die Methode der Validation hilt betreuenden Personen,
die Würde der alten Menschen im
alltäglichen Miteinander zu wahren und dabei selbst gelassener zu
sein. Die Autorinnen vermitteln
Grundwissen über die Prinzipien
und Techniken der Validation. Sie
weisen den Weg zu einer wertschätzenden Haltung und zeigen
beispielhat, wie und wann man
welche Validationstechniken für
einen freudvolleren Umgang nutzen kann.
Brücken in die Welt der Demenz
Richard Taylor
Hallo Mister Alzheimer
Wie kann man weiterleben mit Demenz?
Einsichten eines Betroffenen
Marianne Eisenburger,
Thesi Zak
Richard Taylor, der selbst an
Demenz erkrankte Psychologieprofessor, dessen Buch „Alzheimer
und Ich“ für Furore gesorgt hat,
antwortet in diesem Buch auf
Fragen seiner Leser. Als selbst
Betrofener weiß er, wie sich eine
Demenz anfühlt. Er kann die
Symptome der Demenz verständlich erklären, wertvolle Hinweise
geben, glaubhat Trost spenden
und Verbundenheit unter Betroffenen erzeugen. Und er lässt die
LeserInnen mitunter schmunzeln,
wo es sonst wenig zu lachen gibt
Bewegte Begegnungsstunden
Huber, Bern 2013, 208 S., 19,95 Euro
Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2013,
216 S., 19,90 Euro
Demenz
für Menschen mit Demenz
Für die Betreuung von Demenzkranken bietet das Buch viele
Ideen und Anregungen mit ganz
alltäglichen, jedoch in der Bewegungsarbeit ungewöhnlichen Materialien. Es zeigt, wie eine Bewegungsstunde zur Förderung einer
stabilen Persönlichkeit im Alter
aussieht und wie man Menschen
dazu ermuntert, selbst aktiv zu
werden.
Meyer & Meyer, Aachen 2013, 128 S.,
16,95 Euro
Annette Weber
Stationen im Leben
5-Minuten-Vorlesegeschichten für
Menschen mit Demenz
Die Geschichtenreihe hilt, bei der
Betreuung Demenzkranker ins
Gespräch zu kommen. Lebensstationen, Feiertage, Jahreszeiten
oder Anekdoten bieten Anknüpfungspunkte für Gespräche und
wer nichts erzählen mag, genießt
einfach das Vorleseritual.
Verlag an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr
2013, 125 S., 9,95 Euro
Ernst Reinhardt, München 2013, 169 S.,
19,90 Euro
Christoph Held
Was ist „gute“ Demenzpflege?
Demenz als dissoziatives Erleben –
ein Praxishandbuch für Pflegende
Menschen mit Demenz erleben
ihren Zustand häufig als sehr
wechselhates Geschehen, bei dem
kognitive Höchstleistungen neben
Fehlleistungen bestehen, Körperwahrnehmungen und autonome
Reaktionen nicht mehr miteinander verknüpt werden – ein sogenanntes dissoziatives Selbsterleben.
Ausgehend von diesem Verständnis,
entwickelte der Autor im Dialog
mit Pflegenden einen Ansatz, um
Menschen mit Demenz wirkungsvoll bei alltäglichen Aktivitäten zu
unterstützen. Typische Situationen
und Verhaltensweisen werden in
dialogischer Form dargestellt, diskutiert und reflektiert.
Huber, Bern 2013, 148 S., 19,95 Euro
K NTUREN Fachzeitschrift zu Sucht und sozialen Fragen
Die Fachzeitschrift KONTUREN schlägt eine Brücke zwischen
Wissenschaft und Praxis. Sie berichtet fünfmal im Jahr über neueste
Forschungsergebnisse ebenso wie über aktuelle Entwicklungen
im Versorgungssystem. Jede Ausgabe widmet sich intensiv einem
Schwerpunktthema.
Bestellen Sie ein kostenloses Probeheft unter:
[email protected] oder Fax 08020/90 64 02
Einzelpreis: 7,50 Euro, Schnupper-Abonnement: 15,00 Euro (3 Ausgaben),
Jahresabonnement/Inland: 35,00 Euro, Jahresabonnement/Ausland: 40,00 Euro
Informationen und Bestellung unter: www.konturen.de
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Sterben und Tod
Monika Müller, Sylvia Brathuhn u.a.
Handbuch Trauerbegegnung
und -begleitung
Theorie und Praxis in Hospizarbeit und
Palliative Care
Trauerbegleitung ist eine zunehmend gefragte Kompetenz. Das
Buch will das Bewusstsein für
Trauerleiden und -erleben schärfen und den Mitarbeitern palliativer Versorgungsdienste bzw. Hospizen Material anbieten: fundiertes
Know-how zur Arbeit mit Trauernden in Palliativeinrichtungen und
Hospizen.
V&R, Göttingen 2013, 292 S., 29,99 Euro
Tamara Bos,
Annemarie van Haeringen
Papa, hörst du mich?
Der kleine Polle sitzt am Bett seines
nach langer Krankheit gestorbenen
Vaters und erzählt ihm – denn sicher kann er ihn noch hören.
Tamara Bos behandelt das Sterben
in leichter Sprache, die nicht naiv
oder betulich, dafür aber kindgerecht ist.
Freies Geistesleben, Stuttgart 2013, 48 S.,
13,90 Euro
67
68
Neuerscheinungen
Miriam Haagen, Birgit Möller
zur sozialen Isolation führen. Bei
Eltern und dem betreuenden Umfeld kann das Verhalten Sorgen,
Ängste, Wut oder Unverständnis
auslösen. Das Buch umfasst u.a.
Definition, Symptomatik, Möglichkeiten der Eltern- und Teamberatung sowie Kriseninterventionen.
Sterben und Tod im Familienleben
Beratung und Therapie von Angehörigen
von Sterbenskranken
Wird eine Familie vom bevorstehenden Tod eines ihrer Mitglieder
betrofen, so bedeutet dies häufig
eine tiefe Erschütterung des familiären Gleichgewichts. Im medizinischen und psychosozialen Bereich werden Angehörige aber
noch unzureichend beachtet und
in die Beratung und Psychotherapie kaum miteinbezogen. Das
Buch zeigt Wege auf, Familien in
diesen Situationen zu unterstützen,
ihre Ressourcen zu stärken und
Traumatisierungen vorzubeugen.
Hogrefe, Göttingen 2013, 164 S., 24,95 Euro
Behinderung
Jens Clausen, Frank Herrath (Hg.)
Sexualität leben ohne
Behinderung
Das Menschenrecht auf sexuelle
Selbstbestimmung
Gehören repressive Einstellungen
und Konzepte in der Behindertenhilfe wirklich der Vergangenheit
an, wurden Barrieren und Fremdbestimmungen abgebaut und sind
neue Formen der Alltags- und Beziehungsgestaltung dort angekommen? Das Buch lässt Menschen
mit Beeinträchtigungen selbst zu
Wort kommen und versammelt
AutorInnen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln prüfen, wie es
um die Realisierung von Inklusion
und selbstbestimmter Sexualität
tatsächlich bestellt ist.
Kohlhammer, Stuttgart 2013, 308 S.,
34,90 Euro
Der Ratgeber gibt Empfehlungen
für Säuglinge, Kinder, Erwachsene
und auch bei Fernreisen. Er schaft
mit Tabellen zu Wirksamkeit, Risiken und empfohlenen Impfschemata einen Überblick.
Stiftung Warentest, Berlin 2013, 176 S.,
18,90 Euro
Hogrefe, Göttingen 2013, 274 S., 29,95 Euro
Angelika Pollmächer,
Hanni Holthaus
Wenn Menschen mit geistiger
Behinderung älter werden
Ratgeber
Martin Bleif
Krebs
Ein Ratgeber für Angehörige
Die unsterbliche Krankheit
Wenn Menschen mit geistiger Behinderung älter werden, entstehen
bei den Eltern Unsicherheiten und
Ängste, auch mit Blick auf das eigene Alter: Was ist, wenn meine
Tochter nicht mehr arbeiten kann?
Was passiert, wenn die Betreuung
abgegeben werden muss oder
Pflege notwendig wird? Angehörige
erfahren, wie sie auf die veränderten Bedürfnisse des Betreuten reagieren und die Betreuung an das
Alter anpassen können.
Martin Bleifs Frau erkrankte nach
der Geburt ihrer Tochter an Brustkrebs. Die Krankheit Krebs können
wir in vielen Teilen noch nicht
richtig erfassen. Aber wir wissen
bereits viel, und der Krebsmediziner erläutert dies sachlich und verständlich. Krebs kann jeden trefen,
aber niemand sollte sich dem
Krebs unterwerfen.
Ernst Reinhardt, München 2013, 149 S.,
19,90 Euro
So leben wir mit Endometriose
Pia Bienstein,
Johannes Rohjan (Hg.)
Selbstverletzendes Verhalten bei
Menschen mit geistiger
Behinderung
Grundlagen, Diagnostik und Intervention
Menschen mit geistiger Behinderung sind einem erheblichen Risiko ausgesetzt, selbstverletzendes
Verhalten zu entwickeln. Häufig
kommt es bereits im Kindesalter
dazu, und es kann zu schweren
körperlichen Verletzungen sowie
Das besondere Buch
Thomas Stompe
Vom Wahn zur Tat
Klett-Cotta, Stuttgart 2013, 528 S., 24,95 Euro
Wahre Fälle aus der forensischen
Psychiatrie
Kathrin Steinberger
Ist ein Täter wie Anders Breivik
böse oder psychisch krank? Ist
der Fanatiker zurechnungsfähig,
der Wahnkranke nicht? Ist der
eine schuldig, der andere unschuldig? Als forensischer Psychiater
betreut Thomas Stompe Rechtsbrecher, die nicht mit einem Strafmaß belegt, sondern im Maßnahmenvollzug mit besonderen
Sicherheitsvorkehrungen untergebracht werden. Der Autor erzählt
Fallgeschichten aus seiner Praxis:
von Motiven der kranken Täter,
ihren Taten, ihrer Behandlung und
ihrem Leben danach.
Das Begleitbuch für Frauen, ihre
Familien und medizinische Ansprechpartner bietet Informationen zum Krankheitsbild der
manchmal erst spät erkannten
Frauenkrankheit und zeigt Therapiemöglichkeiten auf.
edition riedenburg, Salzburg 2013, 360 S.,
29,90 Euro
Carl-Friedrich Theill
Impfen
Die richtige Strategie
Hier wird eine neue Strategie für
vernüntiges Impfen vorgestellt.
Residenz, Wien 2013, 184 S., 19,90 Euro.
Dr. Kirrily de Polnay behandelt den
dreijährigen Yaseen im Flüchtlingscamp
Jamam, Südsudan. © Robin Meldrum/msf
Leben retten ist unser Dauerauftrag: 365 Tage im Jahr,
24 Stunden täglich, weltweit. Um in Kriegsgebieten oder
nach Naturkatastrophen schnell handeln zu können,
brauchen wir Ihre Hilfe. Unterstützen Sie uns langfristig.
Werden Sie Dauerspender.
www.aerzte-ohne-grenzen.de/dauerspende
DAUERSPENDE
ab
5,–
im Monat
Spendenkonto 97 0 97
Bank für Sozialwirtschaft
blz 370 205 00
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Das neue Sonderheft
jetzt am Kiosk!
PSYCHOLOGIE
CT
HEUTE COMPA
:
en
ll
direkt beste
7 314
Telefon 030 / 44 4 51
50
Fax 030 / 447 31
E-Mail: shop@
e.de
psychologie-heut ieholog
syc
-p
op
sh
w.
ww
heute.de
PSYCHOLOGIE
HEUTE compact
www.psychologie-heute.de
70
Broschüren/Materialien
Bundesverband für Gesundheitsinformationen und Verbraucherschutz – Info Gesundheit e.V.
Depression
– erkennen und behandeln
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen
– in Deutschland wird die Zahl der
Betrofenen auf über vier Millionen geschätzt. Aber viele der Erkrankten werden nicht angemessen behandelt, etwa weil die Symptome nicht richtig gedeutet werden. Daher sind gut verständliche
Informationen eine wichtige Voraussetzung zur Verbesserung der
Versorgungssituation. Hierzu will
die Broschüre mit den wichtigsten
Informationen zu Diagnose, Therapie sowie Handlungsleitlinien für
Betrofene und Angehörige einen
Beitrag leisten.
Bezug: kostenlos als Download und beim
Bundesverband für Gesundheitsinformation
und Verbraucherschutz – Info Gesundheit
e. V., Heilsbachstr. 32, 53123 Bonn,
☎ 0228-937 99 50,
[email protected],
www.bgv-depression.de
pro familia
Nicht-invasive molekulargenetische Pränataldiagnostik
Das medizinische Wissen im Bereich der vorgeburtlichen Untersuchungen und Therapien während
der Schwangerschat entwickelt
sich kontinuierlich weiter. Auslöser
für das von pro familia organisierte
Fachgespräch, dessen Dokumentation nun online verfügbar ist, war
die Markteinführung eines neuen
Testverfahrens für fetale Trisomie
21 aus dem mütterlichen Blut im
vorigen Jahr. Um die dadurch ausgelöste, kontroverse Diskussion
weiter anzuregen, hatte pro familia
VertreterInnen von medizinischen,
prä- und perinataldiagnostischen
Fachgesellschaten, Professionelle
aus dem Beratungsbereich und der
Medizinethik zu einem Fachgespräch eingeladen. Die vollständigen Vorträge und eine kompakte
Zusammenfassung der Ergebnisse
dieses Trefens stehen seit Kurzem
zum kostenlosen Download bereit.
Bezug: kostenlos als Download unter
www.profamilia.de/interaktiv/
publikationen/publikationen.html
☎ 069-26 95 77 90, [email protected],
www.profamilia.de
Landesstelle Pflegende Angehörige
24 Fragen zum Thema
Häusliche Pflege
Anfang des Jahres ist das PflegeNeuausrichtungs-Gesetz in Krat
getreten. Menschen mit erhöhtem
Betreuungsbedarf, etwa Demenzerkrankte, können seitdem zusätzliche Leistungen bei den Kassen
erhalten, wenn sie zu Hause versorgt werden. Doch viele Betrofene wissen nicht, welche Unterstützung ihnen zusteht. Die Landesstelle Pflegende Angehörige NRW
hat nun die Broschüre „24 Fragen
zum Thema Häusliche Pflege“
aktualisiert und die gesetzlichen
Änderungen eingearbeitet.
Bezug: kostenlos bei der Landesstelle
Pflegende Angehörige NRW, Domplatz 1-3/
Dienstgebäude Geisbergweg,
48143 Münster, ☎ 0800-220 44 00,
[email protected], www.lpfa-nrw.de/
informationsmaterialien.html
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen
Nationale Stillkommission
Führung und Gesundheit
Stillinformationen für Schwangere
Das Thema gesunde Führung wird
in vielen Betrieben noch immer
stiefmütterlich behandelt. Dabei
beweisen Zahlen, dass Führungskräte bei einem Abteilungswechsel ihren Krankenstand „mitnehmen“. Insbesondere beobachten Psychologen, dass bei bereits
erkrankten Mitarbeitern die Rückkehr ins Berufsleben nicht immer
gelinge. Auch bei der Einbindung
ältere Arbeitnehmer sehen die
Psychologen noch Potenzial. Der
Berufsverband verstärkt daher
sein Engagement für das betriebliche Gesundheitsmanagement. In
seiner Kampagne „Gesunde Arbeit“ sollen in diesem Jahr insgesamt 13 Broschüren erscheinen. Zu
den ersten gehört die Broschüre
„Führung und Gesundheit“.
Viele Schwierigkeiten und Unsicherheiten beim Stillen sind auf
mangelnde Information und Unterstützung zurückzuführen. Mit den
– jetzt aktualisierten – Faltblättern
gibt die Nationale Stillkommission
praktisch anwendbare Tipps zum
Stillen und Hinweise auf weitere
Informationsquellen, Ansprechpartner und Adressen von Organisationen, die neben der Hebamme,
Stillberaterin oder dem Frauenoder Kinderarzt bei Stillproblemen
kontaktiert werden können. Die
„Stillinformationen für Schwangere“ und die ergänzenden „Stillempfehlungen für die Säuglingszeit“
sind in deutscher, türkischer, russischer, englischer, französischer und
italienischer Sprache erhältlich.
Bezug: kostenlos bestellbar per Mail unter
[email protected], oder zum
Download unter www.bfr.bund.de/de/
a-z_index/stillempfehlungen-4900.html
Bezug: kostenlos beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.,
Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin,
☎ 030-209 16 66 00, [email protected],
www.bdp-verband.de
Deutsche Hauptstelle für
Suchtfragen und BARMER GEK
Medikamente, Alkohol, Tabak:
Informationen für die Altenpflege
Medikamenten-, Alkohol- und Nikotinsucht sind unter alten Menschen in Deutschland weit verbreitet. Ihnen aus ihrer Sucht zu
helfen ist immer dann am erfolgreichsten, wenn Pflegende, ÄrztInnen und Angehörige gemeinsam
aktiv werden. Einen Einstieg in das
Thema bietet diese Broschüre, die
sich primär dem Medikamentenund Alkoholmissbrauch widmet.
Bezug: kostenlos bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., Westenwall 4,
59065 Hamm, ☎ 02381-901 50, [email protected],
www.unabhaengig-im-alter.de
Bundespsychotherapeutenkammer
10 Tatsachen zur Psychotherapie
Psychische Krankheiten gehören
zu den Volkskrankheiten des
21. Jahrhunderts. In Deutschland
erkranke mehr als jeder Vierte innerhalb eines Jahres an einem seelischen Leiden, unter Kindern sei
jedes zehnte betrofen, so die Bundespsychotherapeutenkammer.
Um zu zeigen, dass daher ein weiterer Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung notwendig ist,
hat die Kammer nun eine Informationsbroschüre herausgegeben.
Bezug: kostenlos als Download und bei der
Bundespsychotherapeutenkammer,
Klosterstr. 64, 10179 Berlin,☎ 030-278 78 50,
[email protected], www.bptk.de
Deutsche Arbeitsgemeinschat
Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppenjahrbuch 2013
Das neue Selbsthilfegruppenjahrbuch enthält 21 Berichte aus
Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen sowie Artikel über Projekte, Kooperationen
und wissenschatliche Studien zur
gemeinschatlichen Selbsthilfe.
Bezug: kostenlos als Download und bei der
Deutschen Arbeitsgemeinschaft
Selbsthilfegruppen e. V., Friedrichstr. 28,
35392 Gießen, ☎ 0641-98 54 56 12,
[email protected], www.dag-shg.de
W E I T E R B I L D U N G E N
GfG
Gesellschaft für Geburtsvorbereitung Familienbildung und Frauengesundheit
- Bundesverband e.V.
GfG-Familienbegleiterin®
GfG-Doula®
GfG-Gesundheitspädagogin
GfG-Väterbegleiter
Informationen unter Tel. 030 / 45 02 69 20 · E-Mail [email protected] · www.gfg-bv.de
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Zeitschriftenschau
psychosozial 2/2013
Homo plasticus – Psychosoziale Aspekte
schönheitschirurgischen Enhancements
Brückenschlag 29/2013
Sozialpsychiatrie • Literatur • Kunst
Einsamkeit
Ist Einsamkeit Grund oder Folge
von psychischen Erkrankungen?
Das Erleben von Psychose oder
Depression kann einsam machen.
Die Erfahrung, mit niemandem
teilen zu können, keine verstehbaren Worte dafür zu finden.
Aber bedeutet alleine zu sein, zugleich einsam zu sein? Es gibt sicher Zeiten, in denen man am
liebsten für sich ist. Gehört der
Rückzug, gehört die Einsamkeit
nicht zu jedem Leben dazu? Der
Brückenschlag 29 umkreist mit
Worten und Bildern ein Thema,
das in unserer Single- und Ellbogengesellschat immer mehr Bedeutung erlangt. Einige Titel der
vielfältigen Brückenschlag-Beiträge sprechen für sich:
– Einsamkeit tut richtig weh
– Nirgendwo bist du so alleine
wie auf einer Akutstation
– Einsamkeit und Freitod
Mit zahlreichen vierfarbigen Abbildungen im Het.
Einzelpreis: 18 Euro
Jahresabo (1 Ausgabe): 14,50 Euro
Bezug: Paranus Verlag, Ehndorfer Str. 13-17,
24537 Neumünster, ☎ 04321-20 04-500,
[email protected]
Nach dem Homo politicus, Homo
oeconomicus, schon wieder ein
neuer „Homo x“. Diesmal soll es
also der Homo plasticus sein, ein
durch Schönheitsmedizin verbesserter moderner Mensch. Handelt
es sich dabei tatsächlich um ein
solches Massenphänomen, wie
von den Medien behauptet wird?
Mit dem Themenschwerpunkt
wird die Spannweite des aktuellen
Diskurses um Schönheitschirurgie
und -medizin ausgelotet, wobei
besonders PraktikerInnen zu Wort
kommen, um die aktuelle in den
sozialwissenschatlichen Disziplinen häufig praxisfern geführte Debatte durch praxisrelevante
Aspekte zu ergänzen. Denn erst das
macht eine fundierte Diskussion
des Lifestyletrends ästhetischer
Selbstoptimierung verständlich.
Einzelpreis: 19,90 Euro
Jahresabo (4 Ausgaben): 49,90 Euro
Bezug: Psychosozial-Verlag, Walltorstr. 10,
35390 Gießen, ☎ 0641-96 99 78 18,
[email protected]
Pflege – Die wissenschaftliche
Zeitschrift für Pflegeberufe 3/2013
Evidence-based Nursing
Gynäkologie im 21. Jahrhundert
Im Editorial wird die Implementierung von Ergebnissen der Gesundheits- und Pflegeforschung
beleuchtet. Die Einstellung Pflegender in deutschen Krankenhäusern zu einer evidenzbasierten Pflegepraxis wird in einer
Originalarbeit untersucht. Demnach bestätigen Pflegende den
Wert von Forschung für die eigene Praxis, konstatieren aber
gleichzeitig, dass es an Grundvoraussetzungen für eine evidenzbasierte Pflegepraxis fehlt. So
müsse die Aus- und Weiterbildung Pflegender an eine evidenzbasierte Pflegepraxis angepasst
werden.
Seit den 1970er Jahren nimmt die
Gynäkologie in Deutschland immer
mehr Raum im Leben von Frauen
ein. Es entwickelte sich eine enorme
Medikalisierung und Pathologisierung von Pubertät, Schwangerschat, Geburt und Wechseljahren.
Auch unnötige Eingrife und die
zunehmende Technisierung, z.B.
Pränataldiagnostik, sind wichtige
Themen. Parallel dazu erstarkte die
Frauengesundheitsbewegung, die
einen kritischen Blick auf die Gynäkologie warf. Doch was ist heute, in
Zeiten der Entpolitisierung und Individualisierung, daraus geworden?
Wie steht es um die viel beschworene Selbstbestimmung? Diesen
Fragen soll nachgegangen werden.
Einzelpreis: 37 Euro
Jahresabo (6 Ausgaben): 86 Euro
Bezug: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG,
Länggass-Str. 76, CH-3000 Bern 9,
☎ +41-31-300 45 55,
[email protected]
sozialmagazin 3-4/2013
Armutsberichterstattung –
Umgang mit Armut
Vernüntige Ernährung ist die Basis für Gesundheit und Umweltschutz. Deshalb fragt die aktuelle
Ausgabe nach sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Kriterien unserer Ernährung. Zahlen
und Hintergründe zur globalen
Lebensmittelverschwendung werden dabei genauso in den Blick genommen wie die Entwicklungen
der Gentechnik in Landwirtschat
und Ernährung. Daneben geht es
u.a. um die Folgen des Gasgewinns
durch Fracking.
Mit der Veröfentlichung des Vierten Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung im
Frühjahr rückte die zentrale Frage
nach der ungleichen Verteilung
von Lebenschancen und Ressourcen wieder in den Mittelpunkt der
öfentlichen Wahrnehmung. Angesichts der alarmierenden Befunde des Berichts stehen Bildungs- und SozialakteurInnen vor
der Herausforderung, fachliche
Strategien zu finden, um Armut
wirksam begegnen zu können. Die
Beiträge der Ausgabe wollen Geschehenes reflektieren und Handlungsoptionen aufzeigen.
Einzelpreis: 11 Euro
Jahresabo (4 Ausgaben): 42 Euro
Bezug: Umwelt – Medizin – Gesellschaft,
Frielinger Str. 31, 28215 Bremen,
☎ 0421-498 42 51, [email protected]
Einzelpreis: 9,80 Euro zzgl. Porto
Jahresabo (6 Ausgaben): 58 Euro zzgl. Porto
Bezug: Beltz Juventa, Werderstr. 10,
69469 Weinheim, ☎ 06201-60 07-0,
[email protected]
umwelt – medizin –
gesellschaft 2/2013
Ernährung: Überfluss und Mangel
SuchtMagazin
Fachzeitschrift für Suchtarbeit und Suchtpolitik
Erscheint 6 mal jährlich mit je einem Schwerpunktthema
Aktuelle Themen
1 | 2013
Substitutionsgestützte Behandlung
2 | 2013
Sucht im Alter
3 | 2013
Stimulanzien
4 | 2013
Selbsthilfe/Selbstheilung
www.facebook.com/suchtmagazin
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
clio – Die Zeitschrift für
Frauengesundheit 76/2013
Einzelpreis: 4,20 Euro zzgl. Porto
Jahresabo (4 Ausgaben): 20,80 Euro zzgl. Porto
Bezug: Feministisches Frauen Gesundheits
Zentrum, Bamberger Str. 51, 10777 Berlin,
☎ 030-213 95 97, [email protected]
pflegen: palliativ 2/2013
Lebensqualität
Die Erhaltung der individuellen Lebensqualität eines schwer kranken
und sterbenden Menschen und seiner Angehörigen ist eine zentrale
Aufgabe der hospizlich-palliativen
Versorgung. Neben Grundlagen
zum Verständnis des Konzeptes Lebensqualität geht es in den Beiträgen auch um Aspekt des Erfassens
sowie um Anregungen und Interventionen, wie das Wohlbefinden
eines Menschen positiv zu gestalten ist. Hier stehen neben der Lebensqualität der versorgten Menschen, auch die der Angehörigen
und Pflegenden im Fokus.
Einzelpreis: 10,20 Euro (Materialpaket für
zzgl. 16,80 Euro erhältlich)
Jahresabo (4 Ausgaben): 68 Euro
(inkl. Materialpakete)
Bezug: Friedrich Verlag GmbH, Leserservice,
Postfach 10 01 50, 30917 Seelze,
☎ 0511-400 04-150,
[email protected]
Herausgeber
Infodrog, CH-Bern
www.infodrog.ch
Redaktion
[email protected]
Bestellungen
www.suchtmagazin.ch
[email protected]
Einzelnummer
CHF 18 / € 13
Schnupperabonnement
CHF 30 / € 25 (3 Ausgaben)
Jahresabonnement
CHF 90 / € 75 (6 Ausgaben)
71
9. Thüringer Pflegetag
11. Oktober 2013 • Jena
Steigenberger Esplanade/Volkshaus Jena
Schwerpunktthemen
• Pflege und Wundmanagement
• Pflegende Angehörige
• Pflege und Demenz
• Berufspolitische Aspekte der Pflege
• Aktuelle rechtliche Probleme in der Pflege
• Pflege(n) ohne Rettungsschirm?! – Aktuelle
Herausforderungen
Tagungsleitung
Prof. Dr. phil. Stephan Dorschner
Fachhochschule Jena
Fachbereich Sozialwesen
Georg-Streiter-Institut für
Pflegewissenschaft
Postfach 10 03 14 • 07743 Jena
Kongress mit zahlreichen Workshops
Foto: www.jena.de
Zertifiziert durch die Freiwillige Registrierung beruflich Pflegender GmbH
Informationen und Anmeldung unter www.thueringer-pflegetag.de
Termine
19.–20. Juli 2013 in Bad Boll
1. September 2013 in Leipzig
Strategien für eine
schrumpfende Gesellschaft
„Mit Mut und Wissen
gemeinsam gegen Depression“
Wirtschaft und Sozialpolitik vor
demografischen Herausforderungen
Was bedeutet die demografische
Entwicklung für Wirtschat, Wohlstand und soziale Sicherung?
Welche Chancen liegen im Veränderungsdruck für die Gesellschat? Diskutiert werden Lösungsansätze für Unternehmen, Wirtschats- und Sozialpolitik.
Information und Anmeldung:
Evangelische Akademie Bad Boll,
Sybille Kehrer, Akademieweg 11,
73087 Bad Boll, ☎ 07164-79-225,
[email protected],
www.ev-akademie-boll.de
2.–4. August 2013 in Treben
2. Patientenkongress Depression
Jeder zweite Deutsche hat mindestens ein Mal in seinem Leben
mit Depression zu tun – als Betrofener oder Angehöriger. Das
Programm des Kongresses hält
neben zahlreichen Vorträgen und
Workshops von Betrofenen, Angehörigen und Fachleuten auch
eine Abendveranstaltung sowie
viele Überraschungen für die BesucherInnen bereit.
Information und Anmeldung:
Stiftung Deutsche Depressionshilfe,
Semmelweisstr. 10, 04103 Leipzig,
☎ 0341-972 45-12,
[email protected],
www.deutsche-depressionshilfe.de
Weiblichkeit und Körperlichkeit
Workshop
2. September 2013 in Berlin
Der Workshop richtet sich an
Frauen mit Behinderung, die sich
mit ihrem Körper und ihrer Sexualität auseinandersetzen wollen, um
diese besser kennenzulernen. Es
finden viele Gespräche statt, in
Gruppen oder zu zweit. Die Seminarleitung wird dabei von einer
Sexualbegleiterin unterstützt.
Grenzenlos. Migration
in einer begrenzten Welt
Information und Anmeldung:
Sexualberatung für Menschen mit Behinderung, Patrizia Kubanek, Prof.-Neyses-Platz 3,
40476 Düsseldorf, ☎ 0173-411 88 44,
[email protected],
www.lustvollbehindert.org
14. August 2013 in Göttingen
Ärzte ohne Grenzen
Informationsveranstaltung
Bei der Veranstaltung wird ein
Projektmitarbeiter die Organisation vorstellen, über seine persönlichen Erfahrungen berichten und
Möglichkeiten der Mitarbeit aufzeigen. Anschließend können Fragen gestellt und diskutiert werden.
Information und Anmeldung:
Ärzte ohne Grenzen, Hauptgeschäftsstelle
Deutschland, Am Köllnischen Park 1,
10179 Berlin, ☎ 030-700 13 00,
[email protected],
www.aerzte-ohne-grenzen.de
Tagung
Weltweit werden die staatlichen
Grenzen für MigrantInnen immer
undurchlässiger. Gleichzeitig
wächst in vielen Volkswirtschaften der Bedarf an ArbeitsmigrantInnen. Die Tagung will Migration
als eine Existenzsicherungsstrategie im Kontext struktureller
Ungleichheiten und Grenzregime
vorstellen und die Bedeutung
„multilokaler Haushalte“ für die
Armutsbekämpfung diskutieren.
Information und Anmeldung:
Brot für die Welt – Evangelischer
Entwicklungsdienst, Sophia Wirsching,
Caroline-Michaelis-Str. 1,
10115 Berlin, ☎ 030-652 11-0,
[email protected],
www.brot-fuer-die-welt.de
4. September 2013 in Berlin
Humor im Pflegealltag –
Lachen bewegt und verbindet
Seminar
Junge Erwachsene mit Behinderungen im Alter von 18 bis 30
Jahren mit unterschiedlichem
Alltag und Background trefen
sich, um miteinander Zeit zu verbringen, sich auszutauschen, sich
zu stärken, sich zu engagieren
und zu feiern.
Humor in der Pflege bedeutet, eine
neue Leichtigkeit und Freude im
Umgang mit den Herausforderungen des Berufsalltags zu erlangen.
In diesem Seminar wird gelacht,
gespielt, zugehört und nachgedacht. Das Beispiel Klinikclown
soll dabei als Modell dienen, um
neue Wege aus der chronischen
Ernsthatigkeit zu finden.
Erfolgreiche Handlungsprinzipien
aus der langjährigen Clownarbeit
in therapeutischen Einrichtungen
werden den Kursteilnehmern als
praktische Ansätze vermittelt, für
die tägliche „personenorientierte
Pflege“. Das Seminar richtet sich an
Mitarbeiter aller pflegender Berufe.
Information und Anmeldung:
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben,
Manuela Krosta, Krantorweg 1,
13503 Berlin, ☎ 030-69 50 33 88,
[email protected],
www.preddoehl-international.de
Information und Anmeldung:
Paritätische Bundesakademie, Hackesche
Höfe, Ursula Kies, Rosenthaler Str. 40-41,
10178 Berlin,☎ 030-246 36-431,
[email protected],
www.paritaetische-akademie.de
16.–18. August 2013
in Kümmernitztal
Auf die Plätze, fertig ...
endlich Zukunft!
Jugend Empowerment Treffen
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
73
74
Termine
5.–7. September 2013
in Krems/Österreich
Ausbildung in der Praxis –
Ausbildung für die Praxis
13. Internationaler wissenschaftlicher
Kongress für Pflege- und
Gesundheitspädagogik
Neben zahlreichen Workshops,
Vorträgen und Satellitenveranstaltungen wird als Highlight der Film
„Leiden schaft Pflege“ über die
Pflegepionierin Liliane Juchli gezeigt. Die lebende Legende der
schweizer Pflege wird anwesend
sein und steht für Fragen und Diskussionen zur Verfügung. Der Kongress findet jährlich im Wechsel
in Deutschland, Österreich und
der Schweiz statt.
Information und Anmeldung:
hpsmedia GmbH, Vordergasse 18-20,
35410 Hungen, ☎ 06402-508612,
[email protected],
www.lernwelten.info
12.–14. September 2013
in München
Komplexität in der Allgemeinmedizin – Herausforderungen
und Chancen
47. Kongress für Allgemeinund Familienmedizin
Durch die Geschwindigkeit des
medizinischen Fortschritts teilt
sich die Medizin immer mehr in
einzelne Bereiche auf. Dies macht
den Beruf abwechslungsreich, aber
es stellt auch eine große Herausforderung dar. Im Rahmen des
Kongresses soll diskutiert werden,
wie diese Herausforderungen optimal gemeistert werden können.
Information und Anmeldung:
Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und
Familienmedizin, Theodor-Stern-Kai 7,
60590 Frankfurt, ☎ 069-65 00 72 45,
[email protected],
www.degam2013.de
12.–15. September 2013
in Düsseldorf
Kinder- und Jugendmedizin
109. Jahrestagung der Deutschen
Gesellschaft für Kinder- und
Jugendmedizin
Neben aktuellen Themen, die das
breite Spektrum der Kinder- und
Jugendmedizin – beginnend bei
der Neugeborenenmedizin bis hin
zu Erkrankungen des Jugendalters
– darstellen, werden die Schwerpunktthemen Pharmakotherapie
bei Kindern, neue diagnostische
Methoden sowie Infektiologie und
Immunologie behandelt.
Information und Anmeldung:
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin,
Universitätsklinikum Düsseldorf,
Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf,
[email protected],
www.dgkj2013.de
19. September 2013 in Hamburg
21. September 2013 in Hamburg
Sexualität im Alter
Erschöpfung – Depression
– Burnout
2. Bildungsschanze zu Vorurteilen,
Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven
Gibt es interdisziplinäre
Behandlungsoptionen?
Das Thema Sexualität im Alter ist
ein wichtiges und zentrales
Thema, wenn es um Lebensqualität, aber auch um Grenzen geht.
Leider ist es aber immer noch ein
Tabu. Dieses komplexe Thema
von vielen Seiten zu beleuchten
und eine breite Diskussion zu
starten ist das Ziel dieser Tagung.
Der Seminartag wird medizinische
Hintergrundinformationen zum
Störungsbild der chronischen Erschöpfung aus verschiedenen Blickwinkeln vermitteln. Im Anschluss
an die Vorträge gibt es die Möglichkeit, mit den Referenten zu diskutieren.
Information und Anmeldung:
Bildungsschanze, c/o Elisabeth Alten- und
Pflegeheim, Kleiner Schäferkamp 43,
20357 Hamburg, ☎ 040-44 18 08-0,
[email protected],
www.elisabeth-altenheim.de
Information und Anmeldung:
Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin e.V., c/o MVZ Labor Dr. Fenner,
z. Hd. Frau Carmen Blanz, Bergstr. 14,
20095 Hamburg, ☎ 040-30 95 54 92,
[email protected], www.igumed.de
20. September 2013 in Osnabrück
28. September 2013 in Meldorf
Familiengesundheit im Lebenslauf
Mitten wir im Leben sind ...
1. Internationale Fachtagung
8. Hospiz- und Palliativtag
Schleswig-Holstein
Gesundheit in ihrem familiären
Kontext – statt allein aus der Perspektive der Individuen – ist das
Leitthema der Tagung. Es wird
untersucht, wie Familien in verschiedenen Lebensphasen mit
Krankheit und Pflegebedürtigkeit
ihrer Mitglieder umgehen.
Die Tagung informiert darüber,
wie und wo in Schleswig-Holstein
Menschen in ihrer letzten Lebensphase Hilfe bekommen und zeigt,
wie sich Interessierte an dieser
wichtigen Tätigkeit beteiligen und
sie unterstützen können.
Information und Anmeldung:
Hochschule Osnabrück, Postfach 19 40,
49009 Osnabrück, ☎ 0541-969-21 17,
[email protected],
www.wiso.hs-osnabrueck.de
Information und Anmeldung:
Hospiztreff, Zingelstr. 6, 25704 Meldorf,
☎ 04832-550 00,
[email protected],
www.hospizverein-dithmarschen.de
5. Dreiländerkongress
Ergotherapie in der Psychiatrie
Ergotherapie aktuell
13. bis 15. Oktober 2013 in Kloster Irsee
Renommierte Dozenten der Ergotherapie aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz beantworten
aktuelle Fragen zur psychiatrischen Behandlung:
●
●
●
Welche innovativen Impulse bietet Ergotherapie in der Psychiatrie?
Was verlangt die künftige Finanzierung der Psychiatrie
von Ergotherapeuten?
Wie verankern wir ergotherapeutische Interventionen
im psychiatrischen Team?
Das vielfältige Themenangebot aus drei Ländern erwartet Sie
im anregenden Ambiente von Kloster Irsee mit Vorträgen und
Workshops. Breite Diskussionsmöglichkeiten und der Austausch zwischen den Spezialisten der Ergotherapie fördern
Synergieeffekte.
Erwarten Sie Ungewöhnliches und Besonderes. Wir freuen
uns auf Sie.
Bitte fordern Sie das Programm dieser Spitzenveranstaltung
für Ergotherapeuten an:
Bildungswerk des Verbandes der bayerischen Bezirke
Klosterring 4, D-87660 Irsee Tel.: +49 (0)8341 906-604
Fax: +49 (0)8341 906-605 [email protected]
www.bildungswerk-irsee.de
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Stellenmarkt
(UN-)BEHINDERT LEBEN,
WOHNEN UND ARBEITEN IN
SÜDDEUTSCHLAND!
Sie haben eine körperliche Behinderung und suchen eine
Perspektive mit Zukunft?
SIE WERDEN STAUNEN,
WIE SEHR SIE UNS
AM HERZEN LIEGEN!
Wir bieten:
· Ausbildung zum / zur Bürokaufmann / Bürokauffrau
· Selbstbestimmtes Leben und Wohnen in verschiedenen
Wohnmodellen wie z.B. Fokushaus oder Ambulant
Betreutes Wohnen
· Individuell abgestimmtes Betreuungssystem mit bis zu
24-Stunden-Assistenz, Fahrdienst, Therapie und Pflegedienst
aus einer Hand
· Unterstützung beim Umzug in ein selbst bestimmtes Leben
Wir beraten Sie gerne:
Arbeiter-Samariter-Bund
RV Heilbronn-Franken
Offene Behindertenhilfe
Wilhelmstr. 34, 74074 Heilbronn
Tel.: 07131/96 55 46
Anja Rogé-Kühner (Mo-Fr von 8 bis 12 Uhr)
[email protected]
www.asb-heilbronn.de
Arbeiter Samariter Bund
LV Baden-Württemberg e.V.
RV Heilbronn-Franken
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
JETZT ANRUFEN
UND BEWERBEN:
TEL: 0711 - 22 55 57 - 0
20 JAHRE ERFAHRUNG IM
GROSSRAUM STUTTGART
IN DEN BEREICHEN:
• CHIRURGIE
• INNERE ETC.
• INTENSIV
• ANÄSTHESIE
• OP
• AMBULANZ
• MOBILE PFLEGE
• ALTENPFLEGE
WIR SUCHEN
EXAMINIERTE
(FACH-) PFLEGEKRÄFTE
WIR BIETEN:
• FESTANSTELLUNG
• STEUERFREIE ZULAGEN
• TOP VERDIENSTMÖGLICHKEITEN
• VOLLZEIT, TEILZEIT ODER 400 Y- BASIS
• VARIABLE EINSATZMÖGLICHKEITEN
•
•
•
•
BETREUTES WOHNEN
HEIMBEATMUNG
TAGESKLINIK
BETRIEBSARZT
JOKER GMBH
KÖNIGSTRASSE 48
70173 STUTTGART
TEL.: 0711/22 55 57 - 0
[email protected]
WWW.JOKER-PERSONAL.DE
75
76
Stellenmarkt / Fortbildungen
NEUE HORIZONTE
PFLEGE-KONGRESS
24. OKTOBER 2013
Mit Marie Manthey (USA) Begründerin der Primären Pflege
Die Pflege steht vor der Herausforderung, für die Zukunft
neu zu denken. Mit international führenden Referentinnen/Referenten - in Zusammenarbeit mit den Pflegeexperten des Hospitalverbundes - soll ein Kongress Antworten
geben. Ein Schwerpunkt ist die „Primäre Pflege“. Weitere
Themen z.B. : „Führen mit emotionaler Intelligenz“, „Weiterbildung motiviert/demotiviert“, „Fachkräfte Sicherung/
Attraktiver Arbeitgeber“ und LCP.
WWW.HELLWEGKONGRESS.DE
www.hospitalverbund.de
Information und Anmeldung
Weiterbildung
Praxisbegleiter/in
Basale Stimulation® in der Pflege
1-jährige Berufsbegleitende
Weiterbildung
Basale Stimulation®
in der Pflege
●
ORT: Freising /Obb.; BEGINN: 24. März 2014
●
Nähere Information und Anmeldung:
●
Elisabeth Wust
85354 Freising; Martin-Luther-Str. 6
Tel: 08161-49 65 950
www.weiterbildung-basalestimulation.de
WEITERBILDUNG
Systemisch 0-3
Systemische Beratung und Marte Meo im Bereich Früher Hilfen
berufsbegleitende Weiterbildung – 5 Blockseminare, 15 Tage – Start: 20. - 22.01.2014 in
Heppenheim/Bergstraße – mit Petra Girolstein, Astrid Breisch + Markus Bach
kostenfreier Einführungsworkshop am 28.08.2013 von 17-20 Uhr in Heppenheim
FACHTAGE
Bindung und Bindungsstörungen –
Bedeutungen für Diagnose, Beratung und Therapie
25.06.2013 von 10-17 Uhr in Hanau mit Dr. med. Karl Heinz Brisch
Marte Meo – Eine Methode zur Entwicklungsunterstützung – Einführung
14.10.2013 von 10-16 Uhr in Nürnberg mit Maria Aarts
Marte Meo – Neueste Entwicklungen in Deutschland und international
15.10.2013 von 10-16 Uhr in Hanau mit Maria Aarts
Leitung:
Rainer Schwing,
Dipl.-Psychologe,
Supervisor dgsv,
Lehrtherapeut DGSF
Regionalinstitut Süd
Ulanenplatz 6
63452 Hanau
Tel.: 0 61 81 / 25 30 03
Fax: 0 61 81 / 25 30 46
[email protected]
www.praxis-institut.de
Fortbildung
Entwicklung
Beratung
Wir sind Mitglied der
Deutschen Gesellschaft
für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.)
und der European Association of Family Therapy (EFTA).
Einige unserer Angebote sind von den Psychotherapeutenkammern Hessen,
Bayern und Ostdeutschland mit Fortbildungspunkten akkreditiert.
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Stellenmarkt / Fortbildungen
~
Ihre Stellenanzeige erscheint
in der Zeitschrift und auf
Die Nummer
Deutschlands größter
Pflegestellenmarkt
Mit einer Stellenanzeige in der
Fachzeitschrift Die Schwester Der Pfleger
erreichen Sie über 250 000 Leser.
Profitieren Sie vom Crossmedia-Vorteil
des Bibliomed-Verlages.
Fragen zum Crossmedia-Vorteil?
Telefon (0 56 61) 73 44-34 · www.bibliomed.de
Weiterkommen im sozialen Bereich
Sozialwirt/-in
staatl. anerkannt
Betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikation
Drei Jahre berufsbegleitend
Informationen bei diesen Kolping-Bildungszentren:
• Heilpraktiker
• Psychotherapie (HPG)
• Gesundheitsberater
• Raucherentwöhnungsberater
• Fußfachpfleger
Heilbronn
07131
Ravensburg
0751
Stuttgart
0711
Schwäb. Gmünd 07171
Fernlernen &
Seminare
• Psychologischer Berater
• Suchtberatung
• Kindespsychologie
Nebenberuflich.
Staatlich zugelassen.
Seit 1967.
88864-0
560159-20
955903-44
181917-0
Entwicklungs- u. Erziehungsberatung
• Seelsorger
• Philosophie
• Persönlichkeitsentwicklung
und Berufserfolg
Fortbildungszentrum Bensberg
am Vinzenz Pallotti Hospital
Aus-, Fort- und Weiterbildung
für Hebammen, Ärztinnen und geburtshilfliche Teams
Bensberg · Dinslaken · Hamburg · Konstanz ·Viersen
Wir bieten
Kurse zu den
Themen:
Geburt
Notfälle in der Geburtshilfe
Schwangerschaft
Körperarbeit
Beckenbodentherapie
FB
ZB
20 re
Jah
e n s b erg
Eltern und Kind
,QWHJUDWLYH:RFKHQSÁHJH
Still- u. Laktationsberatung
Spezialthemen
Ganzheitliche Geburtshilfe
www.fortbildung-bensberg.de
Vinzenz Pallotti Straße 20-24 · 51429 Bensberg · Tel. 02204/ 41-6510
Mail: [email protected]
Kurse im Sinne des § 7 BerO für Hebammen NRW geeignet
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Corporate
Quality
Akademie
QB,QM
[email protected]
www.cqa.de
Fernlehr-Ausbildung
AZAV + ZFU
zugelassen
QM-Prod. Dienstleister,
Gesundheitswesen
Beginn: jederzeit
Ganzheitlich orientieren.
Jetzt kostenfreies
Studienprogramm anfordern:
Telefon 02129 - 940 240
www.alh-akademie.de
Achtsamkeitsjahrestraining
„Stressbewältigung durch Achtsamkeit“
nach Kabat-Zinn. Ein Training für ein
achtsames Leben im Beruf und Alltag.
Beginn:
23./24.11.2013
Anmeldung:
MBSR-Bielefeld
Fon:
05206-704047
Email:
[email protected]
Punkte sind beantragt
77
78
Fortbildungen
IBMG
GmbH
Wir qualifizieren Pflegende
Institut für Bildung + Managment
im Gesundheitswesen
Institut für
Bildung
+
Management
im
Gesundheitswesen
GmbH
●
(480 Std.)
Leitende Pflegefachkraft (720 Std.)
Pflegedienst-, Einrichtungs- und Heimleitung
(900 Std.)
●
Fachkraft Gerontopsychiatrie
●
Fachkraft Wundmanagement /
Dekubitus
●
Hygienebeauftragte in
Pflegeeinrichtungen (300 Std.)
●
Praxisanleitungen (210 Std.)
●
Präsenzkraft / Betreuungskraft,
(§ 87b Abs. 3 SGB XI)
●
Pflegeberatung (nach § 45 SGB XI)
●
Pflegeberatung (§ 7a SGB XI)
●
Qualitätsbeauftragte/r (160 Std.)
●
Palliative Versorgung (Palliative Care)
(200 Std.)
Staatlich anerkannt
Pallaswiesenstr. 63
64293 Darmstadt
Tel.: 06151 / 87 54-0
Fax: 06151 / 87 54-20
Führen und Leiten
Stations-, Gruppen- und Wohnbereichsleitung
[email protected]
www.ibmg-darmstadt.de
Geschäftsführerin:
Hannelore Möllenhoff
Berufe – Gute
Chancen
Neue Berufe
G
Chancen
Wir
machen
Ausbildung
bezahlbar!
Heilpraktiker/in
pra
ktiker/in
Psychologi
Psychologische/r
sche/r
Berater
Berater/in
/in
Ernährun
Ernährungsgsberater/in
erater/in
b
Erziehun
gs- und
ErziehungsEntwicklungsEntwicklungsberater/in
Gesundhe
eitsGesundheitserater/in
b
/
berater/in
itness- u
nd
FFitnessund
ellnessberater/i
W
/in
Wellnessberater/in
Tierhei
ilTierheilpra
ktiker/in
r
praktiker/in
Ausbilder/in
Ausbilder/in
A
T und
und PM
AT
Fen
g-ShuiFeng-ShuiBerater/in
Berater/in
/
Mediator
/ in
Mediator/in
vviele
iele w
eittere
weitere
Ausbildun
gen
Ausbildungen
omepage
siehe H
Homepage
Staatlich zugelassene
zuge
gelassene Fernlehrgänge
g g mit
Wochenendseminaren
Wochenendse
eminaren in vielen Städten
r eit
jederz
Beginn je
möglichh!
Impulse
Impuls
e e. V.
Rubensstr.
nsstr. 20
20aa · 4232
42329
Wuppertal
uppertal · T
Tel.
Rube
2
9W
el. 0202 //73
73 95
9 40
www .Impulse-Schule.de
. I m pulse-Schul e . de
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Kleinanzeigen
Reisen
■
■
CINQUE TERRE - WANDERN &
MEER FeWo. mit Balkon, traumhafter Meerblick. Idealer Ausgangspunkt zum Wandern +
Schwimmen. Info:
www.arucca.com oder
Tel.+ Fax: 0039-0187-82 13 04
Deutschland
Urlaub im Alten Apfelgarten in Ostseenähe, FeWo für 2-10 Personen,
individuelle Gestaltung, am Wald
und Landschaftsschutzgebiet mit
See, www.alte-obstsorten.de
☎ 04635-27 45
Blockhaus an der Schlei, zw. Nordund Ostsee, urgemütlich, ruhig
gelegen, Kaminofen, Sauna, BioLaden, ☎ 04641-931 61,
www.blockhaus-ferien.de
ENTSCHLEUNIGUNG: Ruhe & Natur
satt im Müritz-Nationalpark.
2 FeWo je 2–3 P. ganzjährig
in Kratzeburg-Granzin. Havel
& Havelseen, Boot & Rad.
Info: ww.trinogga.de oder
☎ 0331-87 07 96 (AB)
RÜGEN für Naturfreunde! Ferienhaus und -wohnungen unter Reet
in traumhaft ruhiger und idyllischer Alleinlage im Biosphärenreservat nahe Putbus und Lauterbach. www.in-den-goorwiesen.de
☎ 038301-883 24
■
Spanien
LANZAROTE Fischerhaus direkt
am Atlantik oder separate kleine
Ferienwohnung von privat, auch
LANGZEIT. ☎ 0034-629 53 22
25, www.lanzarote-arrieta.de
oder ☎ 0034-627 55 26 26,
www.lanzarote-individual.com
■
Frankreich
Urlaub in Südfrankreich: auf
altem Weingut nahe Pic St. Loup/
Montpellier, mit viel Atmosphäre, Park, Pool & Boules, hausgemachter südfranzösischer Küche
& besten Weinen. NEU: großzügige FeWo. ☎ 0033-467-590202, Fax:-344 www.auberge-ducedre.com
■
Italien
Europa
Zwischen Moldau und Masuren
Kulturnahe, aktive BegegnungsReisen zu den Nachbarn im
Osten Kultur-Wandern, Rad, Skilanglauf ☎ 0941-260 80
www.boehmen-reisen.de,
400 Fasten-Wanderungen! Europaweit. Gesundheitsfördernd.
Wo ab 300 EUR. Leiterausbildung! (Versand des Fastenwander-Buches 15 EUR).
☎/Fax 0631-474 72,
www.fasten-wander-zentrale.de
WANDERUNGEN auf KRETA,
Karpathos, Naxos, Iraklia, Euböa,
Gavdos, Santorin, Anafi. Auf
Hirten- + Ziegenpfaden die
Schönheit der alten Inselwelt erleben. Herbst: Elsass.
☎ 07808-91 47-41, Fax-42,
www.insel-wanderungen.de
■
Seminare/
Therapieangebote
Gestresst? Burn-Out droht? Ich
kann Ihnen helfen! In meinen Seminaren lernen Sie durch einfache Übungen der täglichen Überforderung zu entkommen. Näheres unter: www.Tanya-Rether.de
Telefoncoaching für Lebenskrisen,
Verhaltensänderungen
☎ 09261-96 44 12 ab 20.30 Uhr tägl.
(Bezahlung durch Überweisung)
Beratungsmethoden wie Familienaufstellen und NLP u.a. siehe
www.karinwagnerpsychologischercoach.de
fahrrad-und-reisen.de
www.
NEU: Hausboot und Rad
Per Rad & Schiff
Urlaub im Aktiv-Resort
Individual- und Gruppenradreisen
in Europa, mit Gepäcktransfer
Tel.: 07154/131830
Ferienhaus
zu vermieten?
Reisepartner gesucht?
Kleinanzeigen in Dr. med. Mabuse können Sie auch bequem
im Internet aufgeben unter
www.mabuse-verlag.de/Anzeigen/Kleinanzeigen
sonstwo
Reif für die Insel, oder gleich für mehrere ?
15 Tage Thailand: Bildung + Erholung Gruppenreise durch ZentralThailand, max. 15 P., kompl.
deutschspr. 07.-21.Sept.13, nur
2499 € p.P./DZ (EZ möglich) Infos: www.ctt-reisen.de (Banner
unten links) oder
Tel.: +49 (0)2261 64487
Mallorca und mehr Meer weltweit
interessante Reiseideen abseits
Tourismus www.tss-urlaub.de
www.spirituelle-indienreisen.de
Mittelindien: Vrindvan, Khajuraho,
Varanasi, Delhi, 19.2.-10.3.14
Südindien 16.1.-1.2.14 Meer,
Yoga, Tempel, Ashram max. 10
Pers. Kerala 1.2.-17.2.14
☎ 09566-253
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Erleben Sie die schönsten Segelreviere der Welt, hüpfen Sie
mit uns von Insel zu Insel, oder entdecken Sie die paradiesischen Karibikinseln der Kleinen Antillen auf eigene Faust.
Wir kombinieren Ihren Traum & Urlaub zum Traumurlaub!
73054 Eislingen · Tel. 07161-88 199 · Fax: 81 70 21
www.123-karibik.de · www.inselhuepfen-karibik.de
www.segelreisen-karibik.de
79
80
Kleinanzeigen
Hamburg Leuchtfeuer
Lotsenhaus
Ein Haus für Trauer,
Abschied und Gedenken
Anmeldung/Information:
Museumstraße 31,
22765 Hamburg
☎ 040 / 398 06 74-0
Fax: 040 / 398 06 74-10
Email: lotsenhaus@
hamburg-leuchtfeuer.de
www.hamburg-leuchtfeuer.de
Samstag, 14. September 2013,
10.00-18.00 Uhr; Sonntag, 15.
September 2013, 10.00–15.00
Uhr;
„Nur nichts falsches sagen!”
Wie begegne ich trauernden
An- und Zugehörigen?
Peggy Steinhauser, Trauerbegleiterin und Bildungsreferentin
Mittwoch, 27. November
2013, 10.00-18.00 Uhr;
Sonntag, 15. September 2013,
10.00-15.00 Uhr
„Ich werd noch verrückt“ Umgang mit “negativen” Gefühlen
im Trauerprozess
Ein Tagesseminar für therapeutische Fachkräfte und Trauerbegleitende
Dr. Miriam Haagen, Ärztin für
Kinder- und Jugendmedizin
und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Wasservitalisierung Stellenmarkt
ALOE VERA & weitere Spitzenprodukte für bewusste Lebensweise,
Beauty und Sport direkt online
bestellen: www.aloe-wellness.com
... natürlich mit
P L O C H E R®
www.plocher.de
0 75 32 / 43 33 - 0 ‡ V- 10
Gesundheitsberater/In für Ernährung, Bewegung, Stressmanagement und Wellness stattl. gepr.
Fernkurs ☎ 089-74 68 89 80
www.gesundheitsfortbildung.de
Burnout-PräventionsCoach. Staatlich zertifizierter Fernlehrgang.
Detailliert ausgearbeitetes Konzept zum sofortigen Einsatz.
Referenzen+Infos: www.wsdausbildungszentrum.de
Ausbildung zum/zur Trainer/in
in Achtsamkeit am Arbeitsplatz:
Timeout-Seminar (3 Tage) und
Jahrestraining (10 Tage) in
Frankfurt. Info: ☎ 069-6789-220
www.achtsamkeit-amarbeitsplatz.de
Ausbildung zum / zur Geistigen
GenesungshelferIn/ HUNA-EnergiearbeiterIn in Deutschland / auf
den Seychellen (wunderschöne
Umgebung! Sem. m. Urlaubscharakter), auch mit Ausbildung in
Lomi Lomi möglich, ☎ 06251984 32 74, www.cgw-huna.de
[email protected]
Für Frauen, Heilkraft und Farben,
Zeit für mich, Qi Gong, Entdeckungsreise Stimme, Improvisationstheater, Bogenschießen.
www.altenbuecken.de
☎ 04251-78 99
Immobilien
Raum für Ihren Traum – 2 Häuser
500 qm, Naturgarten 3500qm,
zwischen Nbg. Und Rgb. VB
590.000,- € ☎ 09625-911 32
Kontakte
www.Gleichklang.de: Die andere
Partnerbörse für spirituelle Menschen!
CoachingIn sucht Therapeuten,
Coaches, Berater u.ä. Qualifikationen in NRW für Einzelberatungen. Freie Zeiteinteilung, gutes
Honorar. Info unter: 0800-589
51 68, www.coachingin.de
ENNEAGRAMM SOFTWARE – Online-Typen-Test und Software zum
Enneagramm.☎ 069-48 98 22 64
www.enneagramm-software.de
Große Hausarztpraxis in OWL-Lippe sucht WeiterbildungsassistentIn. Gute Arbeitsbedinungen und
gute Bezahlung. Auch halbtags.
Späterer Einstieg möglich.
☎ 0171-72 860 63
pure bio.tampons aus reiner BioBaumwolle. Nach GOTS-Standard
zertifiziert. 64 Stück 7,25 Euro
zzgl. reiner Portokosten.
www.bio-tampons.de
WWW.KLINIKSTERBEN.DE
Wir trauern im stillen Gedenken
um die wegfusionierten, aufgekauften, geschlossenen und insolventen Bestandteile der deutschen Krankenhauslandschaft.
Verschiedenes
Gesundes und entspanntes Sitzen
www.naturforum-kniestuhl.de
Medizintechnik An- u. Verkauf
Inzahlungnahme WilbertMedizintechnik,
☎ 02628-986 82-0, Fax: -1
www.wilbertmedical.de
AFA-Algen, BIO-Chlorella, BIOSpirulina, Flor Essence, Heidelberger-Kräuterstern und viele
weitere gute Produkte mehr zu
günstigen Preisen. www.feinealgen.de, ☎ 06124 - 726 91 54
LEINENTASCHEN, TEXTILWERBUNG
HOLZSPIELZEUG, ENTSPANUNGSCDs, Naturschutz, Seiden- u.
Baumwolltücher, kbA-Babyartikel,
Geschenke und Dekoration u.v.m.
www.naturwaren-online.de
Der nächste Anzeigenschluss ist
am 7. August 2013. Ihre Kleinanzeige(n) senden Sie bitte an:
[email protected]
ARNICA bringt Ordnung in Ihre
homöopathische Hausapotheke,
www.homöopathie-kästle.de
Wörterbücher – Enzyklopädien –
Wissensmanagement – Sie erstellen ein (Fach-)Wörterbuch, ein
Lexikon oder eine Wissenssammlung? Sie schreiben ein
Tagebuch oder einen Blog? Sie
möchten Ihre Digitalbilder verwalten? Wordbook Software.
Kostenlose Demo-Version.
☎ 069-48 98 22 64
www.wordbook.de
Slipeinlagen/Binden aus Baumwolle/Seide Kulmine, 49088
Osnabrück, ☎ 0541-185 91 17
www.kulmine.de
Wir weisen daraufhin, dass
die Anzeigen und Angebote,
auch die zu Therapien und
Ausbildungen, nicht von der
Redaktion geprüft und
bewertet werden.
_____________________
Schwerpunkt-Thema der
nächsten Ausgabe
Dr. med. Mabuse ist:
Schuld
www.pflegesoft.de – das offene
Pflege(aus)bildungsprojekt im
Netz – kostenlos und werbefrei!
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
81
KLEINANZEIGENAUFTRAG
204
Private Kleinanzeigen kosten 10 € für die ersten 5 Zeilen, jede weitere Zeile
2,50 €. (Eine Zeile hat max. 30 Anschläge.)
Gewerbliche Kleinanzeigen kosten 20 € für die ersten 5 Zeilen, jede weitere
Zeile 4,50 €. Die Vermietung von Ferienwohnungen gilt als gewerblich!
Bezahlung per Rechnung oder Einzugsermächtigung (jederzeit widerrufbar). Der Betrag wird nach Erscheinen des Heftes abgebucht.
Jahresauftrag: 30% Rabatt.
•
Coupon einsenden oder faxen an:
Mabuse-Kleinanzeigen, Postfach 90 06 47
60446 Frankfurt am Main, Fax: 069-70 41 52
Kleinanzeigenauftrag Online: http://www.mabuseverlag.de/Zeitschrift-Dr-med-Mabuse/Anzeigen/Kleinanzeigen/
E-Mail: [email protected]
Chiffre: 5 € zusätzlich
Belegexemplar: wird automatisch kostenlos zugeschickt, bei Daueraufträgen
einmalig.
AbsenderIn
Die angegebenen Preise verstehen sich zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Einzugsermächtigung:
Vorname, Name ...............................................................................................
Straße, Nr. .........................................................................................................
Postleitzahl, Ort ................................................................................................
Tel., Fax .............................................................................................................
E-Mail ................................................................................................................
Rechnung
KontoinhaberIn .................................................................................................
Konto-Nr.............................................................................................................
BLZ .....................................................................................................................
Geldinstitut, Ort ................................................................................................
............................................................................................................................
....................................................................................................................................
Ort, Datum, Unterschrift
Die Kleinanzeige soll erscheinen:
in der nächsten Ausgabe (Anz.-Schluss: 7. August 2013)
von Ausgabe _____ bis Ausgabe _____
Jahresauftrag (6 Hefte) = 30% Rabatt!
IMPRESSUM
Layout: Karin Dienst, Frankfurt am Main
Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe
38. Jahrgang
Verlag: Mabuse-Verlag GmbH,
Kasseler Str. 1a, 60486 Frankfurt am Main
☎ 069-70 79 96-14, Fax: 069-70 41 52
www.mabuse-verlag.de
[email protected]
www.facebook.com/mabuseverlag
Geschäftsführer: Hermann Löffler
Eingetragen beim Registergericht:
Frankfurt am Main (HRB 33207)
Buchversand: ☎ 069-70 79 96-16
[email protected]
Redaktion: Franca Liedhegener,
Hermann Löffler, Erik Meininger,
☎ 069-70 79 96-14/15,
[email protected]
V.i.S.d.P.: Hermann Löffler (Für Beiträge, die
mit vollem Namen gekennzeichnet sind, übernehmen die AutorInnen die Verantwortung.)
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Druck: Brühlsche Universitätsdruckerei, Gießen
Redaktionsschluss für die nächste Nummer
ist der 19. Juli 2013.
Erscheinungsweise: sechsmal pro Jahr
Anzeigenschluss ist der 7. August 2013.
Konten: Postbank Frankfurt am Main,
Kto.-Nr. 208 400-609, BLZ 500 100 60
Frankfurter Sparkasse,
Kto.-Nr. 200 098 195, BLZ 500 502 01
Anzeigen:
Monika Diehl, ☎ 069-70 79 96-20,
[email protected]
Fee Braunsdorf, ☎ 069-70 79 96-18,
[email protected]
Jahresabonnement: 42 Euro (Ausland 45 Euro),
zzgl. Porto. Das Abo verlängert sich um ein
Jahr, wenn es nicht spätestens zwei Monate vor
Ablauf des Bestellzeitraums gekündigt worden
ist. Geschenkabos laufen automatisch aus.
Für den Buchhandel gelten die o.g. Preise
abzügl. 30 Prozent Rabatt, zzgl. Porto.
Abovertrieb: Mabuse-Aboservice,
Petra Matern, Postfach 90 06 47,
60446 Frankfurt am Main,
☎ 069-70 79 96-17,
[email protected]
Vertrieb für den Buchhandel:
Prolit-Verlagsauslieferung GmbH,
Siemensstr. 16, 35461 Fernwald
☎ 0641-9 43 93-201
Fax: 0641-9 43 93 93, [email protected]
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 26 vom
15.9.2012.
Titelbild: istockphoto.com/Ricardo Azoury
ISSN: 0173-430X
Nachdruck: Die Wiedergabe und der Nachdruck
von Artikeln aus Dr. med. Mabuse sind nur
nach Rücksprache und mit Genehmigung der
Redaktion möglich.
Diese wird aber in der Regel gern erteilt.
Beilagen: Einem Teil der Aboauflage dieser
Ausgabe liegen Beileger der Wappen-Apotheke
bei. Wir bitten freundlich um Beachtung.
82
Besser reich und gesund ...
... als arm und krank
Schulnoten für Liebhaber
von Dorothea Sauter
Die Pflegetransparenzvereinbarung (PTV), auch
„Pflege-TÜV“, ist bekanntlich die erfolgreichste Qualitätsoffensive des Gesundheitswesens der letzten
Jahre. Dieses bislang beispiellose Erfolgsmodell sollte
daher auch in anderen wichtigen Lebensbereichen
angewendet werden. Und da sexuelle Beglückung
als bedeutsame Quelle von Lebenszufriedenheit und
Gesundheit gilt, liegt es nahe, die Qualitätsentwicklung des Liebesaktes offensiv voranzutreiben und
nun konsequent „Schulnoten für Liebhaber“ einzuführen. Denn auch in der Liebe haben viele NutzerInnen keine angemessene Möglichkeit des direkten
Vergleichs.
Entsprechend der PTV können Qualitätsprüfungen
von Liebhabern nur eindeutig messbare Sachverhalte bewerten und müssen schwer nachweisbare
Kontextfaktoren somit ausblenden. Eine flächendeckende Umsetzung erfordert schließlich höchste
Praktikabilität.
Daher gilt für das Prüfinstrument auch, dass
Aspekte wie die Kommunikation während des
Liebesaktes, das Wahrnehmen der Wünsche und
Bedürfnisse des Geliebten oder das Maß an Hingabe
explizit nicht erfasst werden. Gleiches gilt für nur
schwer messbare Faktoren wie Erfahrungskompetenz, psychosoziale Fertigkeiten des Liebhabers
oder die Frage des Zusammenpassens von Liebhaber und Geliebtem.
Bei der Bewertung erhalten positive Befunde (vorhanden) die Note 1, negative (nicht vorhanden)
die Note 5, die Gesamtnote wird aus dem Durchschnitt der Einzelnoten bewertet. Dies erspart den
PrüferInnen komplizierte Differenzierungen in der
Bewertung und ermöglicht formale Genauigkeit
sowie Vergleichbarkeit.
Im Umkehrschluss bedeutet es, dass die Zufriedenheit der NutzerInnen natürlich nicht in die
Bewertung einfließen kann. Die Geliebten können
schließlich keine verwertbaren Angaben machen,
da die Umstände der – mindestens emotionalen –
Abhängigkeit sozial erwünschte Antworten erzwingen würden.
Geprüft werden daher lediglich Aspekte wie Dauer
und Tempo der Erregungssteigerung und des Höhepunktes, Körbchengröße, Hüftumfang beziehungsweise Größe und Umfang des Penis vor, während
und nach der Erregung, Menge und Geschmack des
Ejakulats sowie vitale Kennzeichen und kognitive
Fähigkeiten des Liebhabers vor, während und nach
dem Liebesakt.
Weiterhin würde der Prüfkatalog selbstverständlich auch nach Aktivitäten des Qualitätsmanagements
fragen. Werden die Liebesakte konsequent evaluiert,
anhand evidenzbasierter Kriterien? Wie führt der
Liebhaber die vergleichende Analyse durch, welche
Standards für die Vorbereitung und Durchführung
des Liebesaktes sind formuliert, existiert ein Liebesleitbild auf der Basis einer allgemein akzeptierten
Theorie, finden regelmäßige, systematische und anonymisierte Nutzerbefragungen statt, existiert ein prospektiver Fortbildungsplan?
Die Verfahrensregeln sichern außerdem, dass
unangemeldete Prüfungen im Zweijahresrhythmus
durchgeführt und die Noten veröffentlicht werden.
So können gute Liebhaber endlich ihre Qualität
zeigen und schlechte würden zügig vom Markt verschwinden.
In der Pflege sind im Kontext der PTV-Einführung
Heerscharen von MitarbeiterInnen ins Burn-out
geflüchtet. Sie haben Platz gemacht für innovative
Fachkräfte, die evaluierbaren Zielen mehr Bedeutung
zumessen, als undefinierbaren Bewohnerbedürfnissen. Etliche Pflegedienstleitungen, die hartnäckig
Mitarbeiterinteressen mit Bewohnerinteressen verbinden wollten, konnten so durch Führungskräfte
ersetzt werden, denen Effizienz wichtiger ist als
Affekt.
Nach der Einführung der Schulnoten für Liebhaber
sind ähnliche Effekte zu erwarten. Damit einhergehende Versorgungsengpässe dürften durch großzügige Greencard-Lösungen problemlos zu beheben sein
und für eine flächendeckende sexuelle Beglückung
sorgen. Viele Gründe, sich auf dieses neue Instrument
zu freuen!
Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013
Die Kinder- und Jugendbücher der edition Lichtland
978-3-9812924-9-7
Band 1
Loli will das
Hexen lernen
€ 14,80
Ab Vorschulalter
Für alle Loli-Fans.
Loli zum Ausmalen
und Basteln.
€ 3,95
978-3-9812924-5-9
Hexen – das ist,
den eigenen Zauber
erkennen und leben.
Loli lernt, dass es
dazu Mut braucht und
Glauben an die eigenen
Fähigkeiten. Ein
„Mut-Mach-Buch“!
Ab Vorschulalter
€ 9,99
978-3-9812924-9-7
Schule ist mehr als
trockenes Lernen. Loli und
ihre Freunde zeigen, dass
Lernen und Begeisterung
zusammen gehören. Ein
„Träume-Leben-Buch“!
Eule Barbara rettet
das frisch geschlüpfte
Schildkrötenjunge Mario
vor der Schlange. Das
macht stark und fröhlich.
Ein „Miteinander-IstBesser-Buch“!
Ab Vorschulalter
€ 14,80
€ 10,00
978-3-942509-00-8
Urlaub bei den Großeltern im
Bayerischen Wald – das ist
für eine 13-jährige „uncool“.
Tom und ein Geheimnis machen daraus ein aufregendes
Abenteuer. Ein „ManchmalIst-Alles-Anders-Buch“!
ab 10 Jahren
€ 10,00
978-3-9812924-8-0
Voller Phantasie, Gefühl
und Poesie erzählt
Stefan Gemmel in diesem
Buch eine Fabel über
Freundschaft, die weit
über den Tod hinausreicht.
978-3-9812924-3-5
ab 4 Jahren
€ 14,80
978-3-942509-18-3
edition Lichtland OHG, Stadtplatz 4, 94078 Freyung Tel. 08551 / 9139790, Fax 08551 / 6404
E-Mail: [email protected], www.lichtland.eu www.lichtland.eu
Ökologische Babymode
NEU
Katalog bestellen
Tel. 01805/990500*
oder im Online-Shop
www.maas-natur.de
Einkaufen bei Maas in Gütersloh | Oldenburg | Bielefeld | Bad Homburg | Hamburg | Berlin | Münster
*EUR 0,14/Min. aus dem Festnetz der T-Com - Mobilfunkpreise max. EUR 0,42/Min.
Der neue
Babykatalog
erscheint
Anfang August!

Documentos relacionados