Schwanger- schaft und Geburt
Transcrição
Schwanger- schaft und Geburt
Nr. 204 · Juli/August 2013 38. Jahrgang · D 6424 F · 7 Euro www.mabuse-verlag.de Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe Schwangerschaft und Geburt — Kaiserschnitt Vom Lindern zum Fördern – Palliative Care in der Behindertenarbeit. Wer hat was vom Risiko? – XIII. Hebammenkongress. Übler deutsch-deutscher Deal – Arzneimittelversuche in der DDR — Frühchen — Plazenta- Heilmittel Weleda Fach- und Erlebnistage 2013 Die Hüllen des kleinen Kindes – Babyhaut und ihre Bedürfnisse Die Haut des kleinen Kindes verlangt Aufmerksamkeit von uns: Neugeborenenakne, trockene Hautstellen und Windeldermatiden sehen wir häufig und verunsichern die Eltern, manchmal schon wenige Tage nach der Geburt. Mit unserer Arbeit begleiten wir die jungen Familien, damit sie einen selbstsicheren Umgang mit ihren Kindern inden. Doch was raten wir Eltern, wenn die Haut ihres Kindes schon im Wochenbett schnell irritiert ist? Welche Hilfestellung geben wir Kindern, die sensibel gegenüber Reizen sind und sehr empindsam auf ihre Umgebung reagieren? Die Haut wird oft als „Spiegel der Seele“ bezeichnet – zu Recht. Als Grenze zwischen Innen- und Außenwelt hat das Organ Haut auch in der Anthroposophie eine besondere Stellung. Mit ihrer ganzheitlich pädagogischen und medizinischen Betrachtungsweise zeigt die Anthroposophie den Eltern und uns, wie es gelingen kann, auf die Individualität des Kindes und seine Entwicklung einzugehen. Neue Impulse für Ihre Arbeit: Gerne stellen wir Ihnen Ansätze und anthroposophische Gedanken zum Thema Kinderhaut vor. In kleinen Erlebniseinheiten lernen Sie die Weleda Babyplege und die Philosophie, die hinter den Produkten steht, kennen. So können Sie junge Familien kompetent, individuell und ganzheitlich beraten. Sie sind herzlich eingeladen. Wir freuen uns auf Sie! Veranstaltungstage und Veranstaltungsorte Weitere Informationen Teilnehmer: 20.08. Lübeck, Atlantic Hotel 28.08. Bremen, Atlantic Hotel / Galopprennbahn 12.09. Graz (A), Das Weitzer 17.09. Mainz, Favorite Parkhotel 26.09. Bad Tölz, Jodquellenhof 10.10. Hagen, Arcadeon Hagen Informationen und Anmeldung: 17.10. Schwäbisch Gmünd, Weleda AG www.weleda-akademie.de / Fortbildung Hebammen 07.11. Chemnitz, Hotel an der Oper 21.11. Kassel, Hotel Gude Kontakt: 28.11. Linz (A), Die Lederfabrik E-Mail: [email protected] oder [email protected] Hebammen und Entbindungspleger, auch in Ausbildung. Je Veranstaltung maximal 100 Personen. Kosten: (inkl. Essen, exkl. Übernachtung): 25 Euro, für werdende Hebammen und Entbindungspleger: 10 Euro Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Schwangerschaft und Geburt sind immer eine Zeit der Veränderung und des Übergangs in einen neuen Lebensabschnitt. Das gilt für die werdenden Eltern ebenso wie für deren direktes Umfeld. Aber auch die Art und Weise wie Schwangerschaften und Geburten als solche verlaufen, wie die Betreuung und Begleitung aussieht, unterliegt einem stetigen Wandel – sei es wegen neuer medizinischer Entwicklungen, Umstrukturierungen im Gesundheitswesen oder gesellschaftlichen Veränderungen. Manches stimmt dabei sehr nachdenklich – etwa, dass mittlerweile über 90 Prozent der Schwangerschaften in Deutschland als Risikoschwangerschaften gelten. Oder auch, dass im Jahr 2012 über 30 Prozent der Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen sind, was etwa ein Drittel mehr ist als noch vor gut zehn Jahren. Dabei ist die Zahl der medizinisch notwendigen Kaiserschnitte gleich geblieben. Andererseits lässt sich aber auch hervorheben, dass es auf dem XIII. Hebammenkongress Anfang Mai erstmals ein berufspolitisches Plenum gab, bei dem die Hebammen lebhaft über politische Strategien diskutierten. Und auch das Thema Akademisierung der Hebammenausbildung fand auf dem Kongress regen Zuspruch. Hier reifen womöglich ein neues wissenschaftliches und berufspolitisches Bewusstsein heran. Die AutorInnen unseres Schwerpunktes beleuchten in ihren Artikeln unter anderem die Bereiche Geburt nach Kaiserschnitt, Versorgung von Frühchen und die lange Zeit wenig beachteten Heilkräfte von Plazentamitteln. Neben dem Schwerpunkt geht es um kontroverse Themen: etwa um das Melden von Fehlverhalten im Gesundheitswesen oder um den 116. Deutschen Ärztetag in Hannover, auf dem Ärztefunktionäre eine klare Wahlempfehlung für die Bundestagswahl gegeben haben. Auch die Arzneimittelversuche von westdeutschen Pharmakonzernen in der DDR, die ein weit größeres Ausmaß hatten als bislang bekannt, sind ein Thema dieser Ausgabe. Last but not least führt uns der Blick über den Tellerrand der deutschen Gesundheitsversorgung dieses Mal nach Chile. Wir wünschen Ihnen schöne Sommertage! Franca Liedhegener Nachrichten aus der Redaktion: Erik Meininger + + + Wir suchen Auszu- bildende, Studierende und frische AbsolventInnen aus allen Gesundheitsberufen zwecks Gründung einer ehrenamtlich-beratenden Dr. med. Mabuse „Nachwuchsredaktion“, die alle zwei bis drei Monate zu einem Treffen in den Frankfurter Redaktionsräumen zusammen kommen soll. Interessenten aller Gesundheitsfächer sind herzlich eingeladen! Kontakt für Nachfragen und weitere Informationen: [email protected] + + + Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 3 Inhalt „Wir gehören dazu.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 15 Rück- und Ausblick auf das politische Engagement einer Demenzbetroffenen Tobias Frisch Fehlverhalten im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 16 Pro: Geschützte Hinweise sind notwendig Gernot Kiefer Contra: Nur ein Ablenkungsmanöver Norbert Metke Wer hat was vom Risiko? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 18 Eindrücke vom XIII. Hebammenkongress 2013 Helma Veeldt Klare Wahlempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 20 Zum 116. Deutschen Ärztetag in Hannover Wolfgang Wagner Das gesundheitspolitische Lexikon ............................ S. 42 Disease Management Programme Sandra Jessel Vom Fördern zum Lindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 43 Palliative Care in der Behindertenarbeit Stephan Kostrzewa, Arif Sayim, Daniela Scholz „Ein übler deutsch-deutscher Deal“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 46 Arzneimittelversuche in der DDR Gerd Glaeske Couragiert und unbeirrbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 48 Zum Tod von Ernst Klee Walter H. Pehle Rubriken Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Leserbriefe Gesundheit anderswo: Zwischen Hightech-Medizin und Mangelverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 50 Chiles Zweiklassensystem in der Gesundheitsversorgung Andrea Bendl 7 ............................ Nachrichten ........................... 8 Cartoon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Momentaufnahme ............... 13 Infothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . 58 Hohe Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 53 Neuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . 64 Pränataldiagnostik von vielen Frauen erwünscht Oliver Tolmein Broschüren/Materialien Gesundheitsexperten von morgen: Wieviel Hilfe bieten Patienteninformationen? . . . . . . . . . . S. 54 Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Eine Analyse des Merkblattes „Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt“ Studentinnen des Masterstudiengangs Angewandte Physiologie für Hebammen Fortbildung Besser reich und gesund als arm und krank Dorothea Sauter ....... 70 Zeitschriftenschau . . . . . . . . . . . . . . . . 71 ............. Stellenmarkt ........................ 75 .......................... 76 Kleinanzeigen Impressum S. 82 ...................... 79 ........................... 81 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Geburt nach Kaiserschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 24 Eine natürliche Geburt ist möglich Ute Taschner Wie klein ist zu klein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 27 Chancen von Frühgeborenen Friedrich Porz Plazenta-Heilmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 30 Ihre Wirksamkeit für Geburt, Stillen und das Neugeborene Cornelia Enning In anderen Umständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 34 Betreuung von schwangeren Frauen mit Suchtproblem Maïca Reichert „Ich will kein Kind.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 38 Eine unpopuläre Entscheidung Sonja Siegert und Anja Uhling Schwangerschaft und Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 41 Bücher zum Weiterlesen Foto: Tim Hoppe / Garp + en! n re uch a sp uss % a 30 enk h sc e G Abo & Geschenk 1 2 Gutsch ei Nr. über n Gutsche in des M abuseBuchve Abos D r. med. rsande s verwen Mabus e, CDs, DVDs, Sp dbar für Büch er, iele u.v. m. Eu ro ( in Wo rten: für ) Bitte be stel len Sie un Kasseler ter Angabe de Bücher-Gutschein Str. 1 a r Gutsch E-Mai · 60 ei rsand@ 486 Frankfur nnr. beim Mab t · Te mab use-Bu chversa (Mabus use-verlag.de l.: 069-70 79 nd e-Buch 96-16 versand · www.mabus --> Büch e-verla g.de er) l: buchve Frankfur t am Main, de n Mabus e-Buch versand Prämie 1: ein Buch aus dem Mabuse-Verlag www.mabuse-verlag.de Prämie 2: Büchergutschein im Wert von 15 Euro für jedes lieferbare Buch lesen und ... ... Zusammenhänge erkennen ... mit anderen Gesundheitsberufen ins Gespräch kommen ... Fachwissen vertiefen ... sich für ein solidarisches Gesundheitswesen engagieren " Ich abonniere Dr. med. Mabuse – Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe und erhalte 6 Ausgaben zum Vorzugspreis von 29 (statt 42) Euro plus 3 Euro Porto/SchülerInnen und Studenten für 21 Euro inkl. Versand (mit Nachweis):* Name: Bitte einsenden an: Straße: Mabuse-Verlag GmbH Abo-Service Dr. med. Mabuse Postfach 90 06 47 60446 Frankfurt am Main PLZ, Ort: oder per Fax 069-70 41 52 und auf www.mabuse-verlag.de Datum/Unterschrift: Tel./Fax: E-Mail: Als Geschenk erhalte ich: ■ Prämie 1: ein Buch meiner Wahl aus dem Mabuse-Verlag: _____________________ (alle Bücher unter www.mabuse-verlag.de/Mabuse-Verlag) ■ Prämie 2: einen Büchergutschein im Wert von 15 Euro oder ■ Prämie 3: eine Aboprämie von der Webseite: _____________________________ (alle Prämien online unter bit.ly/Osubx9) * Abopreise Ausland: Vorzugspreis 32 (statt 45) Euro plus 6 Euro Porto. Dr. med. Mabuse erscheint sechsmal im Jahr. Das Schnupperabo zum Vorzugspreis gilt für ein Jahr und geht danach in ein reguläres Abo über (42 € pro Jahr plus 3 € Porto/Ausland 45 € plus 6 € Porto), falls Sie es nicht 2 Monate vor Ablauf kündigen. Das Schüler-/StudentInnenabo gilt für ein Jahr bei Vorlage eines entsprechenden Nachweies und wird automatisch Preis verlängert, falls Sie es nicht 2 Monate vor Ablauf kündigen. – www.mabuse-verlag.de Leserbriefe Einfache Antworten? Fehlanzeige. Betr.: „Schwerpunkt: Sucht“, S. 21-43, Dr. med. Mabuse 203 Deutsche Drogenpolitik Betr.: „Heino Stöver, Dirk Schäffer: Endlich realistischer ...“, S. 27-29, Dr. med. Mabuse 203 Ich gratuliere Ihnen und insbesondere den beiden Autoren Heino Stöver und Dirk Schäffer zu dieser ausgewogenen Zusammenfassung deutscher Drogenpolitik in den letzten Jahrzehnten. Leider hat es immer einschneidenderer Ereignisse wie beispielsweise der HIV-Epidemie in den 1980er Jahren bedurft, um ein Umdenken in der nationalen Drogenpolitik herbeizuführen. Die Zulassung von Maßnahmen zur Schadensminderung wie etwa Drogenkonsumräume war lange Zeit umstritten. Sie mussten oft nicht nur gegen gesellschaftliche Ängste, sondern auch gegen den Widerstand internationaler Organisationen durchgesetzt werden, die darin eine Fehlentwicklung sahen. Wie sich im Laufe der Jahre gezeigt hat, war das Gegenteil der Fall. Leider ist die Bereitschaft, sich mit den – nationalen und internationalen – Folgen der derzeitigen prohibitiven Drogenpolitik auseinanderzusetzen, in Deutschland bislang sehr gering. Es fehlt auf politischer Ebene eine umfassende Bestandsaufnahme, welchen Nutzen auf der einen Seite und welche Schäden auf der anderen Seite die Prohibition bestimmter Substanzen gebracht hat. So selbstverständlich die negativen Folgen des AlkoholDr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 verbots in den USA zu Beginn des 20. Jahrhunderts wahrgenommen werden, so wenig ist man bislang bereit, diese Erkenntnisse auf andere Substanzen zu übertragen. Repression gilt als selbstverständliche Säule deutscher Drogenpolitik, selbst unter einer liberalen Drogenbeauftragten. Wir müssen uns eingestehen: Repression ist das zentrale Hindernis für Prävention und Harm Reduction. Auf Bundesebene beschränken sich Präventionsmaßnahmen weitgehend auf den einfachen Appell zu Nichtkonsum – ungeachtet wie wirksam solche Appelle sind. Probleme wie Beimischungen, Wirkstoffschwankungen und das Konsumverhalten von Jugendlichen werden zwar statistisch erfasst; die derzeitige Bundesregierung vermeidet aber jegliche Überlegungen, wie man diesen Problemen begegnen kann. Ebenso werden die verheerenden internationalen Folgen des „war on drugs“ ignoriert oder als nationales Problem des jeweiligen Produktions- oder Transitlandes eingeordnet. Die deutsche Drogen- und Suchtpolitik braucht auch hier mehr Mut, einen anderen Weg zu gehen, als der (bisherige) Mainstream von International Narcotics Control Board (INCB) und United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) ihn vorgeben. Dr. Harald Terpe, MdB, Sprecher für Drogen- u. Suchtpolitik, Obmann im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Mit großem Interesse habe ich die Beiträge in Ihrer letzten Ausgabe gelesen. Sie verdeutlichen, wie vielfältig sich Suchterkrankungen zeigen können und welch komplexe „lebensweltliche Phänomene“ damit einhergehen. Diese Komplexität zeigt sich auch in meiner Realität als „Suchtpolitikerin“. Einfache Antworten? Fehlanzeige. Die Sehnsucht nach klaren Verboten oder zumindest der Bestätigung des Weltbildes ist gerade in diesem Politikfeld groß. Und das auf allen Seiten. So werde ich als Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion mitunter aggressiv in Mails beschimpft, weil meine Partei „nur“ die bundeseinheitliche Entkriminalisierung von „Geringen Mengen“ bei Cannabis fordert und nicht die Legalisierung „weicher Drogen“. Klar ist, Politik und Gesellschaft haben seit den 1990er Jahren mit dem Ansatz der Schadensreduzierung gute Erfahrungen gemacht. Süchtige brauchen Unterstützung und Hilfeangebote, um aus der Sucht herauszukommen oder notfalls mit ihrer Sucht zu leben. In der Drogenpolitik sind verantwortungsvolle Signale, angemessene Hilfeangebote, aber auch transparente, konsequente und einheitliche Regelungen sehr wichtig. Deswegen stören mich als Bundespolitikerin starke regionale Unterschiede bei der Praxis der Überlebenshilfe. Das ist im Bereich von „Geringen Mengen“ bei Cannabis so, aber auch im Bereich der Substitutionsbehandlung. Auch werden Suchtmediziner für Take-Home-Regelungen im Rahmen von Substitutionsbehandlungen besonders in konservativ geführten Bundesländern kriminalisiert. Oder der Substitutionsbehandlung werden – wie jüngst bei Diamorphinambulanzen – Knüppel zwischen die Beine geworfen. Statt ideologisch irrational zu handeln, sollten wir – Justiz und Politik – uns Mühe geben, immer wieder zu differenzieren, und das Für und Wider sorgfältig abschätzen. Zu kurz kommen leider oft diejenigen, die in diesem Bereich arbeiten. Ich habe großen Respekt davor, wie es den Haupt- und Ehrenamtlichen in den Suchthilfeeinrichtungen gelingt, jeden Tag aufs Neue für Beratung, Begleitung und Behandlung von suchterkrankten Menschen Elan zu finden. Immer wieder müssen Enttäuschungen und Rückschläge verarbeitet und als Herausforderung verstanden werden. Dafür will ich mich an dieser Stelle bedanken und freue mich, dass Dr. med. Mabuse der Drogenpolitik mit differenzierten Beiträgen viel Aufmerksamkeit gewidmet hat. Angelika Graf, MdB, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Sucht im Alter Betr.: „Schwerpunkt: Sucht“, S. 21-43, Dr. med. Mabuse 203 Angesichts des Umfangs der Problematik möchte ich Sie dazu beglückwünschen, dass Sie das Thema aufgegriffen und ihm einen Schwerpunkt gewidmet haben. Zwei Punkte sind mir aufgefallen, die mir vor allem durch den Untertitel Ihrer Zeitschrift „... für alle Gesundheitsberufe“ besonders prägnant erscheinen: 1. Mir fehlte ein Artikel zum Thema „Medikamentenabhängigkeit“ bzw. ein Hinweis, warum ein entsprechender Artikel nur auf Ihrer Homepage zu finden ist. 2. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist das Thema „Suchtgefahren im Alter“ bundesweit in der Suchthilfe in der Diskussion. Dieses Thema fehlt in Ihrem Heft jedoch gänzlich, obwohl es sich hier um ein Thema handelt, das die Pflegeberufe ganz besonders betrifft. So sind Pflegedienste in ihrem Arbeitsalltag immer häufiger damit konfrontiert, dass zu pflegende Menschen eine Alkoholproblematik aufweisen. Wolfgang Schmidt-Rosengarten, Hessische Landesstelle für Suchtfragen 7 8 Nachrichten Weltweite WHO-Studie Gewalt gegen Frauen Sexuelle und andere körperliche Gewalttaten gegen Frauen werden nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) viel öfter begangen als bislang vermutet: Weltweit erleiden etwa 35 Prozent aller Frauen Prügel sowie Vergewaltigungen oder sexuelle Nötigungen. Das ergab die erste systematische Datenerhebung zu diesem Thema, die Mitte Juni in Genf vorgestellt wurde. Zu den Ergebnissen der weltweiten Studie gehört, dass Frauen weit öfter Gewalt durch ihre Partner ausgesetzt sind als durch fremde Vergewaltiger. Für die Studie wurde eine untere Altersgrenze von 15 Jahren angesetzt. „Gewalt innerhalb von Beziehungen ist die am meisten verbreitete Gewalt gegen Frauen“, erklärt die WHO. Unter Gewalttaten innerhalb von Beziehungen leiden demnach etwa 30 Prozent aller Frauen weltweit. Zudem sei bei 38 Prozent aller Frauen, die Opfer von Morden werden, der aktu- elle oder ehemalige Intimpartner der Täter. Nur 7,2 Prozent aller Frauen werden Opfer sexueller Gewalt durch andere Menschen als ihre Beziehungspartner. Als Folgen der Gewaltanwendung gegen Frauen nennt die WHO u. a. Depressionen und Alkoholprobleme. Vergewaltigte Frauen seien 1,5 Mal öfter mit Geschlechtskrankheiten infiziert als andere. Zudem sei die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, doppelt so hoch. „Gewalt gegen Frauen ist ein globales Gesundheitsproblem von epidemischem Ausmaß“, erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan. „Daher ist es notwendig, dass Gewalt gegen Frauen im Gesundheitswesen ernster genommen wird als bisher.“ Das Ausmaß scheint jedoch auch in einem Zusammenhang zum Wohlstandsgefälle auf der Welt zu stehen. So sind der Studie zufolge in Regionen mit einem hohen Durchschnittseinkommen – darunter Nordamerika, Westeuropa, Australien und Japan – 23,2 Prozent der Frauen Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt durch Beziehungspartner. Im restlichen Europa sind es 25,4 Prozent. In Afrika liegt der Anteil bereits bei 36,6 und in Südostasien bei 37,7 Prozent. Die WHO veröffentlichte zeitgleich eine umfangreiche Hilfestellung für Kliniken und medizinisches Personal zur besseren Erkennung von Hinweisen auf Vergewaltigungen Bestattung & Begleitung in Frauenhänden und andere Formen körperlicher Gewalt. Quellen: taz.de, sz.de Protestwelle in der Türkei Türkische Ärzte im Visier Seit Ende Mai finden in der Türkei weitreichende Proteste statt – zu Beginn ein lokaler Konflikt in Istanbul. Dort protestierten Menschen gegen Pläne der Stadtverwaltung, den zentralen Gezi-Park mit altem Baumbestand zu beseitigen, um ein Einkaufszentrum zu errichten. Nach Angaben des türkischen Ärzteverbandes Türk Tabipleri Birligi (TTB) wurden seit Beginn der Proteste mehr als 8.000 Menschen verletzt, vier kamen zu Tode. Inzwischen haben sich die Proteste auf das ganze Land ausgebreitet und richten sich gegen den autokratischen Führungsstil der regierenden AKP und die Einschränkung von Grundrechten. ÄrztInnen stehen bei diesem Konflikt nun ebenfalls im Visier der Regierung. Der Ärzteverband TTB hatte in den vergangenen Jahren wiederholt Kritik an der ErdoganFührung geübt. Als Reaktion darauf hatte die Regierung Ende vergangenen Jahres per Dekret eine neue Ärzteorganisation ins Leben gerufen. Im „Rat der Gesundheitsberufe“ hat die Regierung eine strukturelle Mehrheit. Die TTB veröffentlichte daraufhin einen internationalen Solidaritätsappell, der vom British Medical Journal und anderen Fachzeitschriften weltweit verbreitet wurde. Die zentrale Botschaft: Die Erdogan-Führung versu- che, die Kontrolle über die Ärzteschaft beim Gesundheitsministerium zu zentralisieren und die autonome Selbstverwaltung einzuschränken. So gerieten die Ärzte selbst ins Visier der Polizei. Sie griff Dutzende Notlazarette für verletzte DemonstrantInnen an und übte Druck auf den Verband aus, die Namen behandelnder Ärzte preiszugeben. „Fast alle provisorischen Lazarette in Istanbul, Ankara, Izmir und anderen Städten waren Ziel von Polizeiübergriffen“, beklagte Hüseyin Demirdizen, Generalsekretär der Istanbuler Sektion des TTB. Sechs weitere türkische Ärzteverbände übten scharfe Kritik an dem massiven Einsatz von Tränengas. Die Polizei habe das Reizgas „nicht als Mittel zur Kontrolle von Menschenansammlungen, sondern als chemische Waffe“ eingesetzt, zitierte der deutsche Dienst der Nachrichtenagentur AFP Ümit Bicer vom Verband der Gerichtsmediziner. Der Arzt verwies darauf, dass Tränengas in die direkte Nähe von Menschen und in geschlossene Räume gefeuert worden sei. Dies sei nach internationalem Recht verboten. Mit „großer Sorge“ sieht die türkische Ärzteschaft zwei weitere Todesfälle, die auf den Einsatz von Tränengas zurückzuführen sein könnten. Demnach starben ein 47-Jähriger an Atembeschwerden und eine 50-Jährige an einem Herzstillstand, nachdem beide großen Mengen Tränengas ausgesetzt waren. Beide Todesfälle seien, laut AFP, bisher nicht in die Opferzahl der Proteste eingerechnet worden. Quelle: aerzteblatt.de Wir sind Bestatterinnen & ’Seelen-Hebammen’. Liebevolle Begleitung ist unser Herzensanliegen - überall in Deutschland seit 1999! Ajana Holz & Merle von Bredow Tel 0700 - 361 797 33 (12c/min) . Büro 07977 - 911 874 www.die-barke.de . [email protected] Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Foto: Gedenkstätte Deutscher Widerstand Nachrichten Gedenkveranstaltung 70. Todestag des NSWiderstandskämpfers Rittmeister Am 13. Mai dieses Jahres fand in der Nervenklinik der Charité in Berlin eine Gedenkveranstaltung anlässlich des 70. Todestages von John Rittmeister statt. Er wurde 1898 in Hamburg geboren und wuchs dort in großbürgerlichen Verhältnissen auf. Nach seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg entschied er sich, Medizin zu studieren und promovierte bei dem Hamburger Neurologen Max Nonne. Seine psychiatrisch/neurologische Ausbildung erfolgte vorwiegend in München. Von 1926 bis 1937 arbeitete er als Nervenarzt in Polikliniken in der Schweiz, wo er sich eng mit dem aus Gießen vertriebenen Schizophrenieforscher Alfred Storch anfreundete. 1937 wurde seine Arbeitserlaubnis in der Schweiz nicht verlängert und er kehrte nach Deutschland zurück. In Berlin arbeitete er als neurologischer Kliniker und zuletzt hauptsächlich psychotherapeutisch am Deutschen Institut für Psychotherapie. 1942 lernte Rittmeister Oberleutnant Harro Schulze-Boysen kennen, der im Luftfahrtministerium eine Widerstandsgruppe gegründet hatte. Mit ihm und anderen verfasste er ein Flugblatt mit dem Titel „Agis – Die Sorge um Deutschlands Zukunft geht durch das Volk!“. Darin wurden auch im deutschen Namen begangene Kriegsverbrechen benannt. Die Gruppe flog auf, etwa 100 Menschen wurden 1942 in Berlin verhaftet, 50 zum Tode verurteilt und erDr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 mordet. Auch Rittmeister bezahlte den politischen Widerstand mit seinem Leben. Den Weg zu diesem Widerstand im Rahmen der „Roten Kapelle“ (Schulze-BoysenHarnack-Gruppe) zeigte die Berliner Ärztin Christine Teller in ihrem biografischen Vortrag auf. Entscheidend für seine politische Entwicklung schienen dabei seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg als Soldat an der Front in Italien und in der Champagne und seine Hinwendung zum aufklärerischen (Arbeiter)Bildungswesen, mit dem er in den 1920er Jahren in London in Berührung kam und das er sowohl in der Schweiz als auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland Ende der 1930er Jahre praktizierte. Rittmeisters medizinischer Werdegang ist durchzogen von dem Bestreben der Synthese von Neurologie und Psychotherapie, wie er sie während seiner Zeit an der Zürcher Universitätsklinik von 1933 bis 1936 kennengelernt hatte. Zu diesen Themen hielt er auch Vorträge; zuletzt 1939 in dem Hörsaal, in dem die Gedenkveranstaltung stattfand. Manfred Schulz beleuchtete Rittmeisters wissenschaftliches Werk sowie moralische und philosophische Aspekte seiner Widerständigkeit. Er zitierte aus dessen mit Bleistift auf Packpapier festgehaltenen Gefängnisaufzeichnungen, die tiefe Einblicke in seine geistige Entwicklung und Persönlichkeit geben. Ludger Hermanns berichtete von der Rezeption des Schicksals Rittmeisters unter den Psychoanalytikern im Nachkriegsdeutschland, die zwischen dem Vorwurf, er habe mit seinem politischen Widerstand die Psychoanalyse gefährdet, und der „Persilschein“-Argumentation („Unser Opfer“) schwankte. Die Gedenkveranstaltung war von den Vortragenden, die sich seit den 1980er Jahren mit dem Leben und Wirken Rittmeisters beschäftigen, initiiert worden. Rund 50 Besucher und die Grußworte von Andreas Heinz (Direktor der Psychiatrischen Klinik der Charité) und Tom Bschor (Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Neurologie und Psychiatrie) gaben ihr einen würdigen Rahmen. Matthias Hamann-Roth Geborgenheit nach WIMS Antarctic FleecE Overall wie in mamas schoss BMS Outdoor www.bms.tv Gottlob Kurz GmbHÛÝÛWiesbaden Fachgeschäft für Hebammen, Pflege & Ärzte Besuchen Sie uns unter www.gottlob-kurz.de und informieren Sie sich über unser Sortiment, Neuheiten und tolle, wechselnde Angebote! Gottlob Kurz GmbH Hinterbergstr. 14 D - 65207 Wiesbaden Tel. +49 (0) 611 – 189 90 19 Fax +49 (0) 611 – 950 59 80 [email protected] 9 10 Nachrichten Telos Institut für Psychotherapie und Analyse Ausbildungen in München, Meiningen und Bad Kissingen Psychotherapie (staatl. anerkannt) Kindertherapie (staatl. anerkannt) Familientherapie und psychologische Beratung Kontakt: Telos Institut gGmbH Kindermannstraße 7 Tel.: 089-15 28 55 Fax: 089-15 98 20 44 E-Mail: telos@ telosinstitut.de www.telosinstitut.de Wir stellen als kleine Manufaktur im Bergell besondere Körperpflegemittel und Balsame her: mit Wildkräutern sowie mit Kräutern aus biologischem Anbau. Weitere wertvolle Rohstoffe aus unseren Bergen sind Schafmolke von Bündner Bergbetrieben und Ziegenbutteröl von Valser Biobauern. Kräuterkraft aus der Schweiz! SOGLIO-Produkte AG CH 8706 Castasegna GR Telefon +41 (0)81 822 18 43 [email protected] soglio-produkte.ch soglio-produkte.de Im Bild: Valser-Balsam, Soliofit und Spirea Sport Praxissitze Sorgerecht Ärztequote endlich korrigiert Wichtiger Änderung für Eltern und Kinder Blockierte psychotherapeutische Praxissitze sollen künftig flexibler besetzt werden können. Das beschloss der Deutsche Bundestag Anfang Juni in zweiter und dritter Lesung. Damit können bundesweit rund 276 Praxissitze, die für psychotherapeutisch tätige ÄrztInnen reserviert waren, ab 2014 auch an Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen vergeben werden. Bisher konnten psychotherapeutische Praxissitze, die für ÄrztInnen reserviert waren, nicht an Psychologische PsychotherapeutInnen oder Kinderund JugendlichenpsychotherapeutInnen vergeben werden. Eine Mindestquote von 25 Prozent für psychotherapeutisch tätige ÄrztInnen verhinderte dies. Selbst dann, wenn sich kein Arzt für die Niederlassung fand, blieb ein solcher Praxissitz blockiert. Diese eigentlich freien Praxissitze wurden bei der Bedarfsplanung sogar als besetzt gezählt. Mit der bisherigen Regelung „wäre jeder zehnte Praxissitz [...] blockiert gewesen“, stellte Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), fest. „Durch den Kompromiss, den die BPtK vorgeschlagen hatte, wird sich die Versorgung psychisch kranker Menschen verbessern.“ Insbesondere in Ostdeutschland hätte die bisherige Regelung die Versorgungsprobleme weiter verschärft. Dort wären voraussichtlich mehr als 30 Prozent der insgesamt knapp 600 für ÄrztInnen reservierten Praxissitze unbesetzt geblieben. In Sachsen-Anhalt etwa hätte von 64 freien Praxissitzen kein einziger besetzt werden können. Nach Aussage der BPtK stand der bisherigen Regelung kein für PatientInnen relevanter Nutzen gegenüber, denn PsychotherapeutInnen und psychotherapeutisch tätige ÄrztInnen unterschieden sich weder bei den behandelten Diagnosen noch beim Leistungsspektrum. Quelle: Bundespsychotherapeutenkammer Das seit rund einem Monat gültige Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern erleichtert unverheirateten Vätern den Zugang zum Sorgerecht für ihre Kinder. Durch das Gesetz soll das Familienrecht an die gesellschaftlichen Realitäten angepasst werden. Es trägt der Tatsache Rechnung, dass die deutsche Gesellschaft bunter und offener geworden ist und sich der Anteil der nicht-ehelichen Kinder in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt hat. Im Interesse des Kindes gibt es nun auch bei nicht verheirateten Eltern ein klares Bekenntnis zur gemeinsamen Sorge. Eltern sollen die Verantwortung grundsätzlich gemeinsam tragen. Der Vater soll nur dann von der Sorgeverantwortung ausgeschlossen bleiben, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Daneben kann ein nicht verheirateter Vater nun auch beantragen, dass ihm die alleinige Sorge für das gemeinsame Kind übertragen wird, wenn er dafür Gründe im Kindeswohlinteresse vorträgt. Quelle: Bundesministerium der Justiz an die Konkurrenz gezahlt, Generika-Bestände aufgekauft und dann vernichtet sowie Gewinngarantien versprochen. Dies ist in der EU verboten und wird mit Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens geahndet. Den Schaden hätten die PatientInnen und nationalen Gesundheitssysteme gehabt, erklärte die Kommission. In Großbritannien etwa sei das Generikum nach seiner Markteinführung am Ende der Absprachen im Schnitt um 90 Prozent billiger gewesen als das Original von Lundbeck. Lundbeck kündigte rechtliche Schritte gegen die EU-Entscheidung an. Auch der deutsche Pharmakonzern Merck wolle prüfen, ob er Berufung beim Europäischen Gerichtshof einlege, sagte ein Unternehmenssprecher. Der DaxKonzern bestätigte die Existenz einer Vereinbarung. Sie habe aber damals nicht gegen geltendes Wettbewerbsrecht verstoßen. Auch Patienten und Konkurrenzunternehmen können die Firmen auf Schadenersatz verklagen. Der EU-Bescheid werde dabei vor den nationalen Gerichten als Beweis anerkannt, erklärte die Kommission. Quelle: tagesschau.de Pharmafirmen Altenpflege Millionenstrafen nach Absprachen Weniger Menschen beginnen Ausbildung Die Europäische Kommission hat den dänischen Hersteller des Antidepressivums Citalopram, Lundbeck, und vier Generika-Hersteller zu Geldbußen in Millionenhöhe verurteilt. Zusammen sollen sie 2002 auf Betreiben von Lundbeck den Markteintritt der deutlich billigeren Generika verzögert haben. Die höchste Einzelstrafe erhielt mit 94 Millionen Euro Lundbeck. Der Darmstädter Merck-Konzern muss 21,4 Millionen Euro zahlen, weitere 7,7 Millionen Euro wurden gemeinsam gegen Merck und seine ehemalige britische Tochterfirma Generics UK verhängt. Die anderen beteiligten Unternehmen zahlen jeweils rund zehn Millionen Euro. Laut EU-Kommission hat Lundbeck Bestechungsgelder Nach dem Berufsbildungsbericht 2013 der Bundesregierung haben im Schuljahr 2011/2012 nur rund 20.500 Menschen eine Altenpflegeausbildung begonnen – 6,6 Prozent weniger als im vorigen Schuljahr. Als Grund wird unter anderem das Auslaufen der befristeten Vollfinanzierung der dreijährigen Altenpflegeumschulung gesehen. Als Gegenmaßnahme soll der Ende 2012 verabschiedete Ausbildungs- und Qualifizierungspakt von Bund, Ländern und Verbänden, mit dem eine erneute Vollfinanzierung der Umschulung möglich wird, helfen. Zudem wird in Niedersachsen und Bayern die Abschaffung des Schulgelds für die Pflegeausbildung diskutiert. Quelle: bibliomed.de Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Cartoon Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 11 12 Nachrichten Behandlungsfehler Ärztekammer stellt aktuelle Statistik vor Aus dem Mitte Juni vorgestellten Bericht der Bundesärztekammer zu den Behandlungsfehlern für das Jahr 2012 geht hervor, dass mit insgesamt 12.232 Anträgen von PatientInnen gegenüber 2011 mit damals 11.107 mehr Anträge an die Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern gestellt wurden. Davon wurden bisher 7.578 entschiedenen und in 2.280 Fällen tatsächlich eine falsche Behandlung nachgewiesen. Bei 1.889 Betroffenen ergab sich daraus ein Gesundheitsschaden, für den den PatientInnen eine Entschädigung zusteht. Hiervon trugen 550 dauerhafte Schäden davon, 99 starben an den Folgen. Bezogen auf die etwa 18 Millionen Behandlungsfälle in Krankenhäusern und mehr als 540 Millionen bei Kassenärzten, ist die Zahl der festgestellten Fehler aus Sicht der Ärztekammer sehr niedrig. Unklar ist allerdings, in wie vielen Fällen eines mutmaßlichen Behandlungsfehlers die PatientInnen keine Hilfe suchten. Es wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Schätzungen zufolge ziehen lediglich etwa drei Prozent der Betroffenen PatientInnen vor Gericht. Wie in den Vorjahren kam es am häufigsten bei Knie- und Hüftgelenksbehandlungen sowie bei Brüchen von Armen und Beinen zu Behandlungsfehlern. Die Auswertung der Beschwerden beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung dagegen hatte im Mai Behandlungsfehler bei Wurzelbehandlungen der Zähne als Spitzenreiter ergeben. Ärztliche Behandlungsfehler werden in Deutschland sowohl vom MDK als auch von den Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern erfasst, weil PatientInnen selbst entscheiden können, an wen sie sich wenden. Gut ein Viertel der vermuteten Behandlungsfehler erreichen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern. In neun von zehn Fällen akzeptieren Ärzte und Patienten die Entscheidungen, nach denen Gerichte eingeschaltet werden können. Die Entscheidungen der Schlichtungsstellen würden von Gerichten überwiegend bestätigt, so die Ärztekammer. „Die Betroffenen warten meist nur auf eine Entschuldigung oder ein Zeichen der Empathie“, sagte Elisabeth Goetz von der Unabhängigen Patientenberatung Bremen. Wenn der Arzt Kontakt zum Patienten aufnehme, könne er damit in den meisten Fällen einen Rechtsstreit vermeiden. Quellen: spiegel.de, Süddeutsche Zeitung Pflegebeirat im Herbst dieses Jahres umgesetzt werden könne. Bericht des Zwei Tage vor der offiziellen Vorstellung war der Streit um Expertengremiums den Abschlussbericht eskaliert. Ende Juni hat der von Bundes- Der Vertreter der Bundesvereinigesundheitsminister Daniel gung der Deutschen ArbeitgeberBahr (FDP) 15 Monate zuvor verbände, Volker Hansen, sprach eingesetzte Pflegebeirat seinen den Beiratsvorsitzenden WolfBericht zum neuen Pflegebegang Zöller und Klaus-Dieter dürftigkeitsbegriff vorgelegt. Voß per E-Mail sein Misstrauen Darin wird vorgeschlagen, Men- aus, nachdem die Vorsitzenden, schen mit Demenz und psychi- wie Hansen der taz sagte, seinen schen Erkrankungen künftig Bitten um ein klärendes Gemit finanziellen Leistungen aus spräch nicht nachgekommen seiden Pflegekassen zu unterstüten. Damit ist eingetreten, was zen. Daneben schlug das Gremi- viele Mitglieder des zerstrittenen um ein neues BegutachtungsExpertengremiums befürchtet verfahren vor. Damit könnten hatten: Der lang erwartete Bekünftig geistige Defizite genauso richt konnte nicht im Konsens berücksichtigt werden wie kör- überreicht werden. perliche, heißt es in dem BeDer Streit hatte sich zuletzt richt. Außerdem wurde der so- vor allem auf die Frage fokusgenannten Minutenpflege eine siert, ob die Beiratsvorsitzenden Absage erteilt. Nach der Vorstel- in der Zusammenfassung des Belung des Expertengremiums richts konkrete Angaben zum soll die Zeitmessung in der Pfle- künftigen Finanzvolumen mage „ersatzlos“ entfallen. Mit der chen dürften, das nötig wäre, Einrichtung von fünf Pflegegra- um Demenzkranke in der Pflegeden könnten die bislang existie- versicherung besser zu stellen. renden drei Pflegestufen ersetzt Die Beiratsvorsitzenden wollten werden. Ziel dieser Maßnahme hierzu die Summe von zwei Milsei es, den unterschiedlichen liarden Euro nennen. Doch diese Hilfebedarfen besser gerecht zu Zahl sei weder mit den Mitgliewerden. Besonders die Selbstdern abgesprochen worden, ständigkeit solle ein maßgeblinoch entspreche sie der Realität, ches Kriterium sein. hatten sowohl die WohlfahrtsDie Beiratsvorsitzenden verbände als auch die ArbeitgeWolfgang Zöller (CSU) und bervertreter kritisiert. Die WohlKlaus-Dieter Voß erklärten, mit fahrtsverbände halten zwei Millidem vorgelegten Bericht liege arden Euro jährlich für zu genun ein „stimmiges Konzept“ ring, die Arbeitgebervertreter für vor, das durch eine Gesetzesre- zu hoch. form nach der Bundestagswahl Quellen: taz.de, tagesschau.de #MVWGNNUVG5VKNNKPHQTOCVKQPGPHØT/ØVVGTWPFCNNGFKGFCU5VKNNGPWPVGTUVØV\GP %JF4UJMMCSPTDIàSF *OGPSNBUJPOFOVOE&SGBISVOHFO[VN4UJMMTUBSU -B-FDIF-JHB%FVUTDIMBOEF7 &NQGPIMFOWPOv#BCZGSFVOEMJDIo&JOF*OJUJBUJWF WPO8)0VOE6/*$&'i ,PNQBLUXBSNIFS[JHJOGPSNBUJW#BTJTXJTTFOGàS EJFFSTUFO4UJMMXPDIFOTPXJF[XBO[JHQFSTÚOMJDIF &SGBISVOHTCFSJDIUF#FTPOEFSTFNQGFIMFOTXFSU TDIPOJOEFS4DIXBOHFSTDIBGU #BCZTNJU%PXO4ZOESPNTUJMMFO *OGPSNBUJPOFOVOE&SGBISVOHTCFSJDIUF -B-FDIF-JHB%FVUTDIMBOEF7 "MMFT8JDIUJHFSVOEVNEBT4UJMMFOFJOFTHBO[ CFTPOEFSFO#BCZT"OMFHFO)JMGFCFJ4BVHTDIXÊ DIF.JMDICJMEVOHVOE.JMDIHFXJOOVOH4UJMMFO CFJ3FnVY4UJMMFOCFJ)FS[GFIMFS&SHÊO[FOEF #FSJDIUFWPO&MUFSONBDIFO.VUTJDIBVGEBT 4UJMMFOFJO[VMBTTFOVOE1SPCMFNF[VCFXÊMUJHFO *OGPSNBUJPOTCMÊUUFS -B-FDIF-JHB%FVUTDIMBOEF7 'àS*ISF1SBYJTPEFSEJF,MJOJL)BOESFJDIVOHFO GàSTUJMMFOEF.àUUFS 6NGBOHSFJDIF*OGPCMÊUUFS[V5IFNFOXJF.JMDI HFXJOOVOH#FIBOEMVOHWPO4PPS#FIBOEMVOH XVOEFS#SVTUXBS[FOVB "VDILPTUFOMPT[VN%PXOMPBE XXXMBMFDIFMJHBEF Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Momentaufnahme Foto: Jürgen Wolter Die Aktivierungskampagne KONFETTI IM KOPF ist eine bundesweit angelegte Demenz-Aktion zum Mitdenken, Mitfühlen und Mitmachen. Hier können BesucherInnen bei Workshops, Konzerten, Lesungen, Vorträgen und unkonventionellen Stadtaktionen in die Welt von Menschen mit Demenz eintauchen. Ziele der Kampagne sind die Enttabuisierung des Themas Demenz, die Förderung der Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 gesellschaftlichen Teilhabe von Betroffenen jeden Stadiums sowie die Zusammenführung unterschiedlicher Akteure aus der Demenzarbeit. Das Bild entstand während der Konfetti-Mobilbühne im Hamburger Bezirk Altona anlässlich der Hamburger Aktionstage vom 24. Mai bis 2. Juni 2013. www.konfetti-im-kopf.de 13 Infothek Ausstellung liebe.lust.leben. Mit der Ausstellung „GROßE FREIHEIT – liebe.lust.leben.“ greift die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ein Thema auf, das noch viel zu wenig bekannt ist: Das Risiko, sich eine sexuell übertragbare Infektion (STI) zuzuziehen. HIV kennen die Menschen heute, aber wenige wissen, was Chlamydien, Gonorrhoe, Herpes genitalis und Trichomonaden sind. Da die Zahl der STI in Deutschland deutlich zugenommen hat, stellt die BZgA diese in den Mittelpunkt der interaktiven Wanderausstellung, die bis Ende 2013 in neun Städten halt machen wird. Termine unter: www.grosse-freiheit.de Petition Veröffentlichung von Studiendaten In der Vergangenheit wurden die Resultate tausender klinischer Studien nicht veröffentlicht. Manche wurden nicht einmal registriert. Damit ist das durch die Studien gewonnene Wissen weder für die Forschung noch für die Öffentlichkeit zugänglich. Daher fordern die Initiatoren dieser europaweiten Petition, dass alle klinischen Studien registriert werden sollen. Außerdem sollen die vollständigen Methoden und Resultate veröffentlicht werden. Regierungen, Behörden und Forschungseinrichtungen werden dazu aufgerufen, Maßnahmen umzusetzen, um dies zu erreichen. Einige führende Institutionen im Gesundheitsbereich haben bereits mitgezeichnet, unter anderem auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Sowohl Organisationen als auch Privatpersonen können die Petition unterzeichnen. www.alltrials.net/home/ german-translation/ Mediziner der Zukunft Der Nachwuchs antwortet Geld, das für die Versorgung der Kinder nötig ist. Familien mit hohem Einkommen würden dagegen wie bisher entlastet. Das neue Konzeptpapier findet sich auf der Website des Bündnis: www.kinderarmut-hat-folgen.de Initiative Fakten statt Kindergrundsicherung Partikularinteressen Bündnis Kinderarmut hat vielfältige Ursachen und führt zu zahlreichen Benachteiligungen, nicht selten auch zu gesundheitlichen Defiziten. Im Bündnis KINDERGRUNDSICHERUNG fordern acht Verbände – darunter auch pro familia – und zehn WissenschaftlerInnen einen Paradigmenwechsel bei der Familienförderung. Das Bündnis setzt sich für eine sozial gerechte Kindergrundsicherung von 536 Euro pro Monat ein, die sich am steuerlichen Existenzminimum orientiert. Durch die Besteuerung würde die Kindergrundsicherung je nach Einkommen der Eltern langsam abschmelzen. Familien mit keinem oder nur geringem Einkommen erhielten so mehr Das FORUM GESUNDHEITSPOLITIK ist eine private Initiative von gesundheitspolitisch engagierten Wissenschaftlern. Ihr Ziel ist es, die Öffentlichkeit mit fundierten Informationen über gesundheitspolitische Rahmenbedingungen zu versorgen. Die Website verfolgt keinerlei kommerzielle Interessen und möchte dazu beitragen, die Diskussionen zur Reform des Gesundheitssystems mit Argumenten zu beleben, die auf Fakten beruhen und weniger auf Vorurteilen und Partikularinteressen. In diversen Rubriken werden umfangreiche und grundlegende Dossiers, Expertisen und Übersichtsartikel zu einer Reihe von Themen angeboten. www.forum-gesundheitspolitik.de Mit ihren Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen mit geregelten Arbeitszeiten und familienfreundlichen Strukturen trifft die sogenannte Generation Y der nach 1980 Geborenen immer wieder auf Unverständnis – auch im Gesundheitswesen. Ein jüngst von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Rahmen der Kampagne „Wir arbeiten für Ihr Leben gern“ veröffentlichtes Video, deutete in die Bedürfnisse des Mediziner-Nachwuchses Demotivation, wenig Arbeitsbereitschaft und mangelnde Risikobereitschaft. Um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, erachtet die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) hingegen grundlegende Veränderungen der Organisation und des Selbstverständnisses ärztlicher Tätigkeit als dringend notwendig. Ein Wandel der Arbeitskultur in der Krankenversorgung hin zu einer menschlichen Medizin und einem gesunden Arbeitsklima seien Basis für eine gute medizinische Versorgung. Filmisch wagen Studierende der bvmd den Generationendialog und antworten auf die Befürchtungen der älteren Ärztegeneration. Das Video steht online unter: www.freundilie.de Dr. Michael Kunkel Hauptstraße 6 79822 Titisee-Neustadt Telefon: 07651 - 93 388 - 0 stadtapotheke24.de plazentanosoden.de Wir garantieren: • Über 10 Jahre Erfahrung in der Nosodenherstellung • Handverschüttelte Nosoden, qualitätszertifizierte Produktion, internationaler Versand Kostenfrei für Sie: Informationsmaterial und Beratung unter www.plazentanosoden.de oder 07651 - 93 388 - 0 GR AT IS Mutterkindnosoden – Natürlich gesund von Anfang an • Nutzen Sie die Kraft individualisierter Homöopathie • Aktivieren Sie die Selbstheilungskräfte des Körpers auf natürliche Weise • Gewinnen Sie einmalige und maßgeschneiderte Arzneien aus Plazenta, Muttermilch, Fruchtblase und Nabelschnur(blut) Be sch i de en r B ke es (G n w tellu uts ir ng ch Ihn e ein en ine co 12 s N de 5 o : ‚M g G sod ab ebu enus rt Se e‘) ste ts e. 14 Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Interview „Wir gehören dazu.“ Rück- und Ausblick auf das politische Engagement einer Demenzbetroffenen Zwei Jahre nach ihrer Demenz-Diagnose trat Helga Rohra 2010 in die Öffentlichkeit. Seitdem reist sie unermüdlich zu Kongressen und Presseterminen, um für die Bedürfnisse von Demenzbetroffenen einzutreten. Dr. med. Mabuse sprach mit ihr über das Erreichte und künftige Projekte. Helga, Du stehst seit etwas über drei Jahren als Demenzbetroffene in der Öffentlichkeit. Seitdem ist viel passiert. Welche Entwicklungen scheinen Dir am wichtigsten? Das Wichtigste ist, dass Menschen in einem Anfangsstadium der Demenz auf die Bühne gebeten werden, um über unsere Bedürfnisse zu sprechen. Das wird heute deutschlandweit von ganz verschiedenen Organisationen gemacht: den Kirchen, den Alzheimer-Gesellschaften und vielen anderen. Wir zeigen, dass wir da sind. Dann existiert seit Oktober 2012 eine Arbeitsgruppe der Demenzbetroffenen auf europäischer Ebene. Das zeigt unsere Bedeutung. Wir versuchen, mit dem Stigma aufzuräumen, mit dem Demenz behaftet ist. Auch die Medien bringen häufiger Interviews und Talkshows mit Betroffenen im Anfangsstadium der Demenz. Sie zeigen, dass Demenz nicht nur ein Ende hat, dass wir gehört werden wollen und Teilhabe fordern. Schon 2010 warst Du auf einer Konferenz von Alzheimer International in Thessaloniki. Sehr früh hast Du Kontakte zu anderen Betroffenen auf der ganzen Welt geknüpft. Warum? Ich schöpfe Kraft daraus. Diese Menschen sind im Vergleich zu uns Deutschen mutiger, mit Forderungen aufzutreten und politisch aktiv zu sein. Ich möchte davon lernen. Und es geht um Solidarität: Demenz ist ein weltweites Phänomen. Gemeinsam wollen wir das Thema und insbesondere die Situation der Frühbetroffenen in den Fokus rücken. So sind wir stärker – eine große community. Bist Du zufrieden mit dem Erreichten? Ich bin noch lange nicht zufrieden. Erstens brauche ich Mitstreiter. Ich kann auch die Angehörigen und Gruppen, die mit jungen Betroffenen arbeiten, nur ermutigen, Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 diese Menschen zu unterstützen, dass sie aus dem Schatten treten und sagen, was sie brauchen. Das beginnt schon damit, dass wir selbst bestimmen, worüber wir in unseren Selbsthilfegruppen sprechen. Von den großen Alzheimer-Gesellschaften erwarte ich eine Unterstützung, die nicht an eine bestimmte Uhrzeit oder einen bestimmten Tag gebunden ist. Nicht nur telefonische Beratung, sondern offene Angebote, wo ich mit den ganz alltäglichen Lappalien hingehen kann: wenn ich einen Brief formulieren oder ein Abo kündigen muss. Das gibt es in Belgien oder in den Niederlanden schon. Von der Politik fordere ich, dass sie die Menschen an der Basis mehr einbezieht. Die letzten Herbst von der Bundesregierung gegründete „Allianz für Menschen mit Demenz“ hätte „Allianz mit Menschen mit Demenz“ heißen müssen – Demenzerkrankte, Angehörige und beruflich Pflegende sollten dort Projekte vorschlagen dürfen. Zu den Schattenseiten: Welche Entscheidung der letzten Jahre hast Du bereut? Wo gab es Enttäuschungen? Mir fehlt ein Kooperationspartner, der günstige Rahmenbedingungen für mein Engagement schafft. Menschen mit Demenz sind am Anfang noch stark, aber sie haben auch Einschränkungen, von denen ihr Gegenüber nicht genug weiß. Wenn das Drumherum bei einem Auftritt oder einer Lesung nicht richtig klappt, raubt das viel Kraft. Und ich möchte meine Botschaft noch so lange wie möglich weitertragen. Ich wünschte mir natürlich, dass von Anfang an andere Betroffene an meiner Seite gewesen wären. Aber das ist ein langer Prozess: Hier in Deutschland braucht es, denke ich, eine ausgestreckte Hand, die diese Menschen einlädt, über ihre Wünsche zu sprechen. Gibt es ein Projekt, auf das Du in nächster Zeit besonders viel Herzblut verwenden möchtest? Ich suche nach organisatorischer und finanzieller Unterstützung für einen Ort, wo Menschen gleich nach einer Demenz-Diagnose hingehen können. Wo sie ein paar Tage verbringen, Kraft schöpfen und lernen können, mit dieser Diagnose menschlich umzugehen – unabhängig von dem Präparat, das sie nehmen. Sie dürfen nicht allein gelassen werden, sondern brauchen zumindest das Angebot, sich professionell unterstützen zu lassen. Dann möchte ich gern mit anderen Betroffenen und Sympathisanten aus ganz Europa eine Art Sternmarsch machen, um zu zeigen: Demenz ist überall – im armen Litauen und in der reichen Schweiz – und schafft ein neues Miteinander. Demenz gehört dazu. Wir gehören dazu. Bei Alzheimer Europe gab es auch die Idee, dass Demenzbetroffene gemeinsam, von verschiedenen Seiten her, einen Berg besteigen. Ein Symbol dafür, dass Demenz nicht nur ein Abstieg ist. Dass es für uns Betroffene in Europa aufwärts geht. Wir landen bei solchen Überlegungen aber recht schnell bei einer Frage: „Who is going to fund us?“ Vielen Dank für das Gespräch! Helga Rohra ist Vorsitzende der European Working Group of People with Dementia. Die Autorin des Erfahrungsberichtes „Aus dem Schatten treten“ setzt sich für die Inklusion von Menschen mit Demenz ein. 15 16 PRO Kommentar Fehlverhalten im Gesundheitswesen Geschützte Hinweise sind notwendig Foto: GKV-Spitzenverband/Steffen Kugler U m das Thema vorab einmal grundsätzlich einzuordnen: Abrechnungsbetrug, Untreue und Korruption fügen nicht nur den gesetzlichen Kassen, sondern dem gesamten Gesundheitswesen Schaden zu – und zwar nicht nur finanziell gesehen. Fehlverhalten im Gesundheitswesen zu bekämpfen ist notwendig und darüber hinaus auch eine gesetzliche Aufgabe der „Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“, die bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, ihren Bundesverbänden und beim GKV-Spitzenverband eingerichtet wurden. Niedrigschwelliges Angebot Um diese Aufgabe zu erfüllen, sind die Kassen auf entsprechende Hinweise angewiesen. Das Online-Meldeformular des GKVGernot Kiefer, geb. 1957, hat Sozialwissenschaften studiert und ist Vorstand des GKVSpitzenverbandes ist hierfür ein Spitzenverbandes. „niedrigschwelliges“ Ü[email protected] lungsangebot – das es übrigens bereits seit drei Jahren auf unserer Internetseite gibt, auch wenn die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und einige Kassenärztliche Vereinigungen das Formular erstaunlicherweise erst vor Kurzem dort entdeckt haben wollen. Und auch wenn das von den Ärzteorganisationen noch so oft suggeriert wird – es richtet sich nicht speziell gegen ÄrztInnen, sondern ermöglicht die Meldung jeglicher Form von Fehlverhalten in allen Leistungsbereichen des Gesundheitswesens. Gesetzlicher Hinweisgeberschutz fehlt Wenn heute zum Beispiel eine Pflegekraft in Deutschland auf interne Missstände etwa in einem Pflegeheim hinweist, muss sie wegen Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Pflichten mit einer Kündigung rechnen. Solange dies so ist, ist der Ruf nach einem nicht-anonymisierten Meldewesen wohlfeil und realitätsfern – es sei denn, man möchte eigentlich, dass gar keine Hinweise gegeben werden. Fehlverhalten aktiv bekämpfen Wir finden es bedauerlich, dass sich einige Ärztefunktionäre eher damit beschäftigen, weiter an der Legende von den verunglimpften Ärzten zu stricken, statt Fehlverhalten aktiver zu bekämpfen. Die vielen ehrlichen ÄrztInnen und anderen Leistungserbringer hätten es verdient, dass sich das Engagement aller Institutionen ernsthaft gegen die „schwarzen Schafe“ im Gesundheitswesen richtet. Denn auch die KBV und die kassenärztlichen Vertretungen sind gemäß Paragraf 81a des Sozialgesetzbuches V seit 2004 gesetzlich verpflichtet, jedem Hinweis auf Fehlverhalten im Gesundheitswesen nachzugehen. Insofern ist es eher verwunderlich, dass die KBV nach fast zehn Jahren noch immer kein eigenes Hinweisgebersystem auf ihrer Homepage eingerichtet hat. Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft Andere Teile der Ärzteschaft dagegen haben die Notwendigkeit eines solchen Meldewesens durchaus erkannt. So haben wir gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft im Zuge der Aufarbeitung des Organspendeskandals die Möglichkeit der anonymen Meldung von Fehlverhalten geschaffen. Ein entsprechendes Formular ist nun auf der Startseite der Homepage der Bundesärztekammer zu finden. ■ Da es in Deutschland noch immer keinen gesetzlichen Hinweisgeberschutz gibt, sehen wir keine andere Möglichkeit, als den Nutzern des Formulars Anonymität zu garantieren. Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 CONTRA Kommentar Fehlverhalten im Gesundheitswesen Nur ein Ablenkungsmanöver A lbtraumhaft erinnert mich die Debatte um Korruption bei Ärzten an die mittelalterlichen Rahmenbedingungen aus einem Film, den ich kürzlich gesehen habe. Darin wurde eine Frau angeblichen Fehlverhaltens beschuldigt. Dem Dorftribunal ging es aber nur darum, von der eigenen Verantwortung für Missstände gegenüber der Dorfbevölkerung abzulenken. Am Ende wurde die Frau als Hexe verbrannt. Foto: privat Übertriebener Eifer Dies führt mich zu der Frage, warum Teile der Kassen und der Politik die Diskussion um ärztliches Fehlverhalten mit einem derartigen Eifer führen. Warum wird der Anschein erweckt, als handle es sich um ein Massenphänomen und das drängendste Problem im Gesundheitswesen? Die Sachlage jedenfalls rechtfertigt es nicht. Korruption im Norbert Metke, geb. 1950, ist Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Gesundheitssystem gibt es. Wir Baden-Württemberg. wissen von Einzelfällen – das [email protected] wird auch von den leidenschaftlichsten Wortführern der Korruptions-Diskutanten betont –, in denen niedergelassene Ärzte Vergünstigungen entgegengenommen haben. Das ist nicht mit dem Berufsverständnis des Arztes zu vereinbaren. Der Patient muss das Vertrauen haben, dass sein Arzt ihn nach bestem Wissen behandelt und sich nicht von Zuwendungen beeinflussen lässt. Wenn Ärzte sich auf derartige Geschäfte einlassen, muss das geregelt werden. Gleichzeitig ist eine klare Grenze zu den Kooperationen mit anderen Beteiligten im Gesundheitswesen zu ziehen, die die Politik ausdrücklich von den Ärzten fordert. Eigentlich ist alles gesagt Damit wäre das Thema eigentlich abgeschlossen. Ist es aber nicht. Seit mehr als einem Jahr wird in der Diskussion der Begriff des Arztes zum Teil Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 nur noch in Verbindung mit Korruption verwendet. Da stellt der GKV-Spitzenverband ein Dokument auf seine Homepage, mit dem die Versicherten aufgefordert werden, anonym Angaben zu „tatverdächtiger Person“, „Tatzeit“, „Tatort“ usw. zu machen. Warum rückt der GKV-Spitzenverband die Ärzte in einen Zusammenhang mit Straftätern? Ablenkung vom eigenen Versagen? Könnte es also sein, dass das eigentliche Ziel nicht in der Bekämpfung von Fehlverhalten einiger weniger besteht, sondern auf einer anderen Ebene liegt? Könnte es sein, dass es vielmehr darum geht, vom eigenen Versagen abzulenken? Gemeinsame Selbstverwaltung ist kein Selbstzweck, sondern hat einen Auftrag zu erfüllen, der ihr vom Gesetzgeber zugewiesen wurde. Der GKV-Spitzenverband verweigert sich diesem Auftrag systematisch und höhlt damit kontinuierlich das Primat der Gesetzgebung aus. Beispiele hierfür gibt es zuhauf, die wenigsten haben übrigens etwas mit mehr Geld für die Ärzte zu tun, sondern mit Leistungen für die Versicherten. Da ist es doch ganz praktisch, wenn Nebenkriegsschauplätze mit viel Geräusch thematisiert werden können. Wir wagen uns nicht vorzustellen, was passieren würde, wenn all die Energie und die Ressourcen, die dafür aufgewendet werden, konstruktiv in die Verbesserung der Versorgung fließen würden. Es geht auch anders Umso mehr erfreut es uns, dass diese Haltung keineswegs überall im Krankenkassenlager und in der Politik mitgetragen wird. Im internen Gespräch schütteln Kassenvorstände und Gesundheitspolitiker den Kopf über so viel Plumpheit. Dass es auch anders geht, zeigt sich übrigens in Baden-Württemberg. Hier hat sich über Jahre hinweg ein Vertrauensverhältnis zwischen Ärzteschaft und Kassen gebildet, das auch in schwierigen Fragen gute Kompromisse zustande bringt. Der GKV-Spitzenverband erweist sich zunehmend als Häuptling ohne Indianer. ■ 17 18 Kongressbericht Wer hat was vom Risiko? Eindrücke vom XIII. Hebammenkongress 2013 Helma Veeldt Offenbar versteht die Natur nichts von ihrem Handwerk. Über 90 Prozent der Schwangeren in Deutschland sind heute Risikoschwangere, nur etwa 7 Prozent der Frauen gebären ohne medizinische Intervention. Warum Schwangerschaft und Geburt so riskant geworden sind, war eine der Leitfragen auf dem Hebammenkongress in Nürnberg. R und 2.200 Hebammen waren vom 6. bis 8. Juni 2013 zum XIII. Hebammenkongress nach Nürnberg gekommen. Sie dürften aus der Vielzahl der Vorträge, Workshops oder den Veranstaltungen im Vorfeld des Hauptkongresses ganz unterschiedliche Eindrücke mit nach Hause genommen haben. An zwei Diskussionen aber kam gewiss keine von ihnen vorbei: wie problematisch die Entwicklung der Geburtshilfe in Deutschland weiterhin ist und wie dieser Entwicklung auch auf wissenschaftlicher Grundlage entgegengewirkt werden kann. Nicht umsonst lautete das Motto des Kongresses „HebammenWissen – Das Normale ist etwas ganz Besonderes“. Gleich in mehreren Vorträgen wurden ernüchternde Zahlen präsentiert: Im Jahr 2012 waren insgesamt 90,7 Prozent aller Schwangeren in Deutschland Risikoschwangere (laut Eintrag im Mutterpass plus im Verlauf der Schwangerschaft), die Kaiserschnittrate erreichte 31,8 Prozent, 22 Prozent der Geburten wurden eingeleitet. Zwar können diese Zahlen kaum noch überraschen, weil sie einen schon länger anhaltenden Trend zur Medikalisierung von Schwangerschaft und Geburt dokumentieren. Aber sie machen erneut deutlich, wie dringend hier medizinische Interventionen auf den Prüfstand gehören. Sind doch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett natürliche weibliche Lebensprozesse, und der Nutzen vieler Interventionen nicht belegt, so mancher mögliche Schaden nicht ausreichend erforscht. Risikodenken Warum also sind die meisten Schwangeren in Deutschland Risikoschwangere? Und wer hat was davon? Die Frauen? Ihre Kinder? Werden Schwangerschaften und Geburten dadurch besser überwacht und medizinisch betreut und somit sicherer, die Kinder gesünder? Die Antwort von Christiane Schwarz, Gesundheitswissenschaftlerin, Hebamme und Dozentin aus Hannover, lautete: „nein“. In einem Gesundheitssystem, in dem ein Leistungserbringer möglichst viele Untersuchungen und Behandlungen „verkaufen“ muss, um seine wirtschaftliche Existenz zu sichern, generiere Risikodenken vor allem eines: Umsatz. Insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro werden in Deutschland pro Jahr mit Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) umgesetzt. FrauenärztInnen sind die erfolgreichsten IGeL-Anbieter. Mit dem Argument „Sie möchten doch das Beste für Ihr Baby“ lassen sich zusätzliche Untersuchungen und Therapien jenseits des Krankenkassen-Leistungskatalogs offenbar besonders gut verkaufen. Die Motivation, möglichst viel zu betreuen, verspüren aber auch Hebammen. Und sie verweilen länger bei Hausbesuchen, wenn die Frau privat versichert ist, so Christiane Schwarz. Die Wissenschaftlerin problematisierte in ihrem Vortrag auch den Risikobe- griff. Ein Risiko sei lediglich eine Zahl, eine ausgerechnete statistische Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte Erkrankung oder Komplikation voraussichtlich eintreten wird. Allzu häufig werde ein Risiko heute aber mit der möglichen Erkrankung oder Komplikation selbst verwechselt. Was die Sache zusätzlich erschwere: Um ein Risiko zu berechnen, muss vorab ein Normalbereich definiert werden – und das kann schwierig sein. Die Auffassung, was noch normal ist, unterliegt außerdem oft dem Wandel. Was ist „zu lange“? Wann eine Geburt einzuleiten ist und auch wie lange sie dauern darf, bevor ein Kaiserschnitt notwendig wird – diesen Fragen widmeten sich Christine Loytved, Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin aus Lübeck, sowie Katharina Lüdemann, Oberärztin an der Frauenklinik St. Josef-Stift in Delmenhorst. Christine Loytved nahm dabei in ihrem Vortrag „In 280 Tagen zur Geburt“ eine Metaanalyse der Cochrane Collaboration und darauf beruhende ärztliche Leitlinien unter die Lupe. Die Cochrane Collaboration ist ein internationales Netzwerk von WissenschaftlerInnen und ÄrztInnen, das sich an den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin orientiert. Laut Leitlinie ist die Frau am ersten Tag nach Überschreitung des Geburtstermins Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Kongressbericht In einem der vielen spannenden Vorträge hinterfragte die Wissenschaftlerin und Hebamme Christiane Schwarz den Risikobegriff. – Stillkissen und vieles mehr gab es in der Fachausstellung zu sehen (oben rechts). Und auch was das Kongressprogramm betraf, hatten die Teilnehmerinnen bei über 100 Vorträgen und Workshops die Qual der Wahl (rechts). Foto links: So attraktiv ist Wissenschaft: Viele Hebammen fanden in den Vortragssälen keinen Sitzplatz mehr. Alle Fotos: Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Hebammenverbandes/ Hans-Joachim Winckler über eine mögliche Geburtseinleitung aufzuklären, sieben Tage später wird eine Geburtseinleitung empfohlen und nach weiteren sieben Tagen ist sie indiziert, weil sonst eine Totgeburt drohe. Aber, so Christine Loytved, es gebe gar keine wissenschaftliche Evidenz für die Einleitung von Geburten. Die der Leitlinie zugrunde liegende Metaanalyse sei weder auf Deutschland übertragbar (Studien aus China, Thailand, Tunesien) noch in ihrem Ergebnis eindeutig (zum Teil wurden in den Studien entscheidende Parameter wie der Einsatz von Schmerzmitteln, Erstgebärende ja/nein nicht unterschieden). Weitere Studien seien notwendig. Ihr Fazit: Wir wissen heute nicht, ob eine Schwangerschaft bei allen Frauen gleich lang ist. Das Vorgehen bei Terminüberschreitung ist nicht evidenzbasiert. Katharina Lüdemann kam zu dem gleichen Ergebnis. Jenseits der Studienlage interessierte sie sich darüber hinaus auch für die Gründe, die ein Abwarten-Können heute so schwer zu machen scheinen. Sie warf dabei einen Blick in die Geschichte der Geburtshilfe in Deutschland, auf strukturelle und gesellschaftliche Entwicklungen sowie die Situation im Ausland. So wird etwa bei einem vorzeitigen Blasensprung in Deutschland die Geburt bereits nach sechs Stunden eingeleitet, in Großbritannien wartet man drei Tage ab. Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Argumentationshilfen Wie groß das Interesse an den wissenschaftlichen Beiträgen war, zeigten die vollen Vortragssäle – zum Teil saßen die Besucherinnen auf dem Boden oder standen dicht gedrängt hinten im Raum –, es gab auch viel Applaus und lebhafte Diskussionen. Eine junge Hebamme bedankte sich ausdrücklich: Die (kritische) Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Grundlagen würde ihr Argumente an die Hand geben, Interventionen in ihrer Klinik hinterfragen zu können. Buntes Begleitprogramm Begleitet wurde der Kongress von einer umfangreichen Fachausstellung, in der Hebammen – ungeachtet vorhandener oder nicht vorhandener Evidenz – nach Herzenslust einkaufen und Infomaterialien mitnehmen konnten. Die Organisation ließ genug Zeit für einen ausgiebigen Austausch mit Kolleginnen und wer Lust auf noch mehr Programm hatte, konnte sogar ins Kino gehen. Es wurden Dokumentarfilme über Geburtserlebnisse („Ocean of Emotion“, Film von Roland und Katarina Wirzbinna, 2012), über die Unterstützung werdender Eltern durch Doulas („Doula!“, Film von Toni Harmann, 2010) oder die kulturell bedingten Einflüsse auf die kindliche Entwicklung („Babys“, Film von Thomas Balmès, 2009) gezeigt sowie ein einfühlsamer Spielfilm über die Wochenbettdepression einer jungen Mutter und ihren Weg zur Heilung („Das Fremde in mir“, Film von Emily Atef, 2009). In Zukunft: evidenzbasiert Im berufspolitischen Forum des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) ging es um die Zukunft: die Akademisierung der Hebammenausbildung, qualitätssichernde Maßnahmen in der Hausgeburtshilfe, den weiteren Ausbau von Hebammenkreißsälen, die Entwicklung der Haftpflichtprämien, Verhandlungen über die Vergütung freiberuflicher Hebammen und die Situation von Klinikhebammen, die inzwischen drei bis vier Frauen gleichzeitig zu betreuen haben. Welche Ziele auf dem XIV. Hebammenkongress 2016 erreicht, welche berufspolitischen Herausforderungen gemeistert sein werden, kann noch niemand vorhersagen. Gewiss ist aber, dass die Kompetenz von Hebammen, ihre Arbeit aus wissenschaftlichen Grundlagen herzuleiten und evidenzbasiert zu entscheiden, bis dahin noch weiter wachsen wird. Es ist zu wünschen, dass dies dazu beiträgt, dass das Normale dann nicht mehr ganz so besonders ist. ■ Helma Veeldt geb. 1957, ist Journalistin in Berlin. [email protected] 19 Gesundheitspolitik Foto: picture alliance / dpa 20 Klare Wahlempfehlungen Zum 116. Deutschen Ärztetag in Hannover Wolfgang Wagner Die Vertreter der Ärzteschaft haben sich in seltener Offenheit in den Bundestagswahlkampf eingeschaltet. Beim Ärztetag bezogen die Delegierten eindeutig Position gegen Rot-Grün und deren Konzept einer Bürgerversicherung. Und Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery lobte überschwänglich den Bundesgesundheitsminister von der FDP. F rank Ulrich Montgomery hat mit Einmischungen in den Wahlkampf eigentlich keine guten Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2002 hatte der Präsident der Hamburger Ärztekammer und damalige Vorsitzende der Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund öffentlich zur Wiederwahl von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) aufgerufen. „Wir im Gesundheitswesen“ war der Name der Initiative. Das hat dem Ruf des langjährigen SPD-Mitglieds in der Ärzte- schaft seinerzeit schwer geschadet. Im selben Jahr wurde er als Ärztekammerpräsident in Hamburg abgewählt und flog somit auch aus dem Vorstand der Bundesärztekammer. Inzwischen ist der Radiologe seit zwei Jahren deren Präsident und seine Empfehlungen sehen nun etwas anders aus. Er wünscht sich, dass sich SPD und Grüne mit ihren Vorstellungen zur Gesundheitspolitik nicht durchsetzen mögen. Schreckgespenst Bürgerversicherung Die Ärzte seien „allein der Sache verpflichtet“, sagte Ärztepräsident Montgomery in seiner Eröffnungsrede zum Ärztetag in Hannover. Es gehe ihnen um Patientenversorgung und Qualität, nicht um „Umverteilung und auch nicht Weltverbesserung“ – ein erster Giftpfeil in Richtung Rot-Grün, die sich ein gerechteres Gesundheitswesen und ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Gesundheitspolitik durch eine allgemeine Bürgerversicherung auf die Fahnen geschrieben haben. Die jedoch ist für Montgomery und die Mehrheit der Delegierten des Ärzteparlaments das Übel schlechthin. Die Warnung des Präsidenten vor „Staatsmedizin und Einheitsversicherung“ quittierte der Saal in Hannover mit kräftigem Applaus. Die Bürgerversicherung ist ein altes Projekt von Rot-Grün und seitdem ein Schreckgespenst zumindest für die Ärztefunktionäre. Denn mit der Umstellung ginge das Ende der Privaten Krankenversicherung (PKV) in der bisherigen Form einher, die vielen Praxen gute Einnahmen beschert. SPD und Grüne wie auch die Linkspartei halten das bisherige System des Nebeneinanders von gesetzlicher und privater Versicherung für ungerecht. Nur wer mehr als 4.350 Euro brutto im Monat verdient, darf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verlassen und sich privat versichern. Diese Versicherung der Wohlhabenden zahlt höhere Honorare, was zur Vorzugsbehandlung in Kliniken und Praxen führt. SPD, Grüne und Linke fordern eine Krankenversicherung für alle, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen. Zudem sollen Beiträge in den Entwürfen von Grünen und Linken nicht nur auf das Arbeitseinkommen, sondern auch auf Kapitalerträge und Mieteinnahmen erhoben werden. Die damit einhergehende Vereinheitlichung der Honorare für medizinische Leistungen würde nach den Plänen die Zwei-Klassen-Medizin beenden. Kassenpatienten würden etwa bei der Terminvergabe in der Praxis nicht länger benachteiligt. Alte Pläne, neu aufgelegt Montgomery argumentierte, das Gegenteil werde der Fall sein: Weil es keine Konkurrenz mehr zwischen GKV und PKV gebe, würden die Leistungen immer weiter eingeschränkt, und die Bürgerversicherung werde zum „Turbolader der Zwei-Klassen-Medizin“. Schon 2012 hatte der Ärztetag seine Ablehnung der Bürgerversicherung zum Ausdruck gebracht. Nun, im Wahljahr, legte er auch ein eigenes Konzept zur Reform der Krankenversicherung vor – das das einst verworfene CDU/FDP-Modell einer Kopfpauschale wieder aufgreift. Nach dem Modell, das die 250 Delegierten des Ärztetages verabschiedeten, Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 bleiben GKV und PKV bestehen. Denn: Das bisherige Nebeneinander von privater und gesetzlicher Versicherung habe sich bewährt, meinte Montgomery. Die „Geldspeicher“ seien voll. „Es herrscht überhaupt keine Not, das System von den Füßen auf den Kopf zu stellen“. Der GKV-Beitrag soll zu einem „festen, einkommensunabhängigen und von den Kassen autonom festzulegenden Gesundheitsbeitrag“ werden, das heißt: zu einer Kopfpauschale, die für Gering- wie Gutverdiener gleich ist. Liegt der Beitrag höher als neun Prozent des Haushaltseinkommens, wird der Restbetrag aus Steuern bezahlt. Der Arbeitgeberbeitrag soll auf dem derzeitigen Stand eingefroren werden. Für alle in Deutschland geborenen Kinder soll außerdem ein „Gesundheitssparkonto“ aus Steuermitteln eingerichtet werden, auf das bis zum 18. Lebensjahr etwa 100 Euro pro Monat eingezahlt werden. Die Summe soll spätere Kosten für die Gesundheitsversorgung abdecken. Auch in Sachen PKV hat die Ärzteschaft Wünsche: Die Gebührenordnung soll überarbeitet werden. Als „Übergangslösung“ forderte der Ärztetag eine 30-prozentige Erhöhung der Gebühren – als „Inflationsausgleich“. Patientenwohl durch Kopfpauschale? Auch wenn Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) den Vorschlag der Kopfpauschale nicht aufgriff und auf dem Ärztetag in Hannover stattdessen für mehr private Zusatzbeiträge der Versicherten plädierte, die Absage an die Bürgerversicherung kam ihm im Wahlkampf sehr gelegen. Die Bürgerversicherung werde den Versicherten „zum Bittsteller einer Einheitskasse“ machen, sagte der FDPPolitiker, den Montgomery für die „hervorragende“ Zusammenarbeit lobte. Und der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, Jens Spahn, warnte vor einer „Einheits-AOK für alle“, unter der die Versicherten als erstes leiden würden. Auch SPD und Grüne verstanden die Kampfansage der Ärztefunktionäre. „Seit dem Ärztetag sind die Fronten in der Gesundheitspolitik geklärt“, kommentierte SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück und stellte die – rhetorische – Frage, ob es wohl wirklich die Sorge ums Patientenwohl gewesen sei, die den Ärztepräsidenten veranlasst habe, die Kopfpauschale wieder „aus der Kiste“ zu holen. SPDChef Sigmar Gabriel wurde deutlicher und bezweifelte, dass der Beschluss des Ärztetages wirklich der Meinung der Ärzteschaft entspreche: Es sei „beschämend“, „dass eine privilegierte Gruppe von gut verdienenden Fachärzten die ganze Ärzteschaft für ihre Lobbyinteressen in Haftung nimmt“. Das Gesundheitssystem sei „krank“, die richtige Therapie „Die Absage an die Bürgerversicherung kam dem Gesundheitsminister im Wahlkampf sehr gelegen.“ aber die Bürgerversicherung. Auch die grüne Spitzenfrau Katrin Göring-Eckardt rügte, Montgomery habe das Gehalt der Ärzte im Blick, nicht das Wohl aller Patienten. „Für die Kopfpauschale werden Geringverdiener draufzahlen.“ Zugleich betonte die Opposition, dass sie keineswegs eine Einheitskasse plane, sondern ein einheitliches Versicherungsmodell, das dann gesetzliche wie private Versicherer anbieten könnten. Kein Applaus für die Beschlüsse Auch aus der Ärzteschaft kam Kritik an dem Modell des Ärztetages. Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte bezeichnete es als unverständlich, warum „gerade zu Zeiten eines Milliardenüberschusses im Gesundheitsfonds bei gleichzeitig exorbitant steigenden Tarifen der PKV das PKV-Modell mit Kapitaldeckung als zukunftsträchtig propagiert wird“. Es bleibe ein „Geheimnis“, weshalb ein solches System nachhaltiger als ein umlagefinanziertes sein solle. Selbst die CDU als Erfinderin des Kopfpauschalen-Modells verfolge dieses nicht weiter. Der Vorschlag sei „unsozial, unausgegoren, soll die Position der Arbeitgeber und der Versicherungswirtschaft festigen und dabei der Ärzteschaft weiterhin Einnahmen aus der PKV sichern“, bilanzierte der linke Ärzteverband. Es sei „politisch unklug“, sich kurz vor den Bundestagswahlen mit einem „unausgereiften gesundheitspolitischen Papier in der Öffentlichkeit zu präsentieren“. Durchsetzen konnte 21 22 Gesundheitspolitik er sich mit seiner Position beim Ärztetag gleichwohl nicht. Auch die gesetzlichen Krankenkassen wandten sich gegen die Beschlüsse des Ärztetages. Die Behauptung, die Bürgerversicherung führe in eine Zwei-KlassenMedizin, sei „Unsinn“, sagte der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Die PKV, die wohl auch in den nächsten Monaten die Beiträge wieder erhöhen muss, müsse nicht künstlich am Leben erhalten werden. „Die Ärzte wollen an der PKV festhalten, weil sie Angst haben, Geld zu verlieren.“ Und der Verband der Ersatzkassen vdek warnte davor, die Versicherten durch mehr Eigenbeteiligung noch weiter zu belasten. Von Montgomery hatten sich die Krankenkassen beim Ärztetag heftige Vorwürfe anhören müssen. Er unterstellte ihnen „Kampagnen zur Desavouierung der Ärzteschaft“, etwa mit Berichten über falsche Klinikabrechnungen, Korruption oder Ärztefehler. „Einige Vertreter der Krankenkassen werden nicht müde, in höchst manipulativer Weise dieses perfide Spiel permanenter Ver- leumdung voranzutreiben“, beklagte er. Ihr Ziel sei die „absolute Steuerungshoheit“, kurz: der „Kassenstaat“. Dazu fiel den Angegriffenen dann nur noch wenig ein. Das seien „Verfolgungsfantasien des Ärztekammerpräsidenten“, bemerkte AOK-Chef Uwe Deh. Korruption und andere Skandale Die Skandale bestimmten gleichwohl auch auf dem Ärztetag die Agenda. So ging es um die Manipulationen bei der Organvergabe, fragwürdige Bonussysteme für Chefärzte und den Umgang mit der Korruption. Montgomery beklagte den „schweren Vertrauensverlust“ bei der Organspende, erklärte zugleich aber, dass nach der Debatte die Transplantationsmedizin „noch nie so sicher wie heute“ gewesen sei. Der Ärztetag verabschiedete einen öffentlichen Appell an die Bevölkerung, sich einen Spenderausweis zu besorgen. Der Aufruf ist bitter nötig, sind doch die Spenderzahlen in den vergangenen Monaten dramatisch gesunken. Im ersten Quartal 2013 ging sie auf 301 zurück, im Vorjahreszeitraum waren es noch 368 Spender gewesen. In Sachen Korruption wandte sich der Ärztetag gegen Gesetze, die nur für niedergelassene Ärzte gelten. Hintergrund: Im Juni 2012 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass niedergelassene Ärzte anders als ihre im Krankenhaus angestellten Kollegen nicht wegen Bestechlichkeit verurteilt werden können, weil sie Freiberufler sind. Auf Druck der Krankenkassen will Gesundheitsminister Bahr dies im Sozialgesetzbuch regeln und unter Strafe stellen. Dagegen wandte sich der Ärztetag. Ein Punkt, in dem Funktionäre und der FDP-Gesundheitsminister einmal nicht einer Meinung waren. Dennoch sagte Montgomery, er würde sich freuen, wenn sich die Ankündigung Bahrs, „noch mal Minister werden zu wollen, erfüllen würde“. Diese Wahlempfehlung dürfte dem Ärztepräsidenten weniger Schwierigkeiten bereiten als die für Gerhard Schröder. ■ Wolfgang Wagner geb. 1964, ist Journalist in Köln. [email protected] Perfekte Spreiz-Anhockhaltung für gesundes Wachstum ✔ Einfachste Handhabung ✔ Unglaublich rückenschonend ✔ www.hoppediz.de Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Foto: Dass/Helga Lade Der Beginn des Lebens: Werdende Eltern, Die Beiträge des Schwerpunktes greifen Hebammen, ÄrztInnen und andere Gesund- einige der unzähligen Aspekte von Schwan- heitsberufler beschäftigen sich seit jeher gerschaft und Geburt auf und stellen span- damit, und diese Zeit der Entstehung eines nende Fragen: Kann man nach einem Kaiser- neuen Lebens hat in keinster Weise an Faszi- schnitt noch „normal“ gebären? Wobei nation verloren. Aktuelle Entwicklungen in helfen Plazenta-Heilmittel? Welche Chan- unserem Gesundheitswesen erfordern immer cen haben Frühgeborene heutzutage? wieder eine neue Auseinandersetzung mit Daneben wird die Betreuung von Schwan- dem Thema. Und oft lohnt sich auch der geren mit einem Suchtproblem vorgestellt. „Blick zurück“ auf das traditionelle Wissen Und es kommen Menschen zu Wort, die rund um die Geburt. klar sagen: „Ich will kein Kind.“ Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Kaiserschnitt Foto: Your_Photo_Today 24 Ute Taschner Geburt nach Kaiserschnitt Die deutliche Zunahme der Kaiserschnittentbindungen in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass der häufigste Grund für einen Kaiserschnitt mittlerweile die Diagnose „Zustand nach Kaiserschnitt“ geworden ist. Unsere Autorin erläutert, warum bei der nächsten Entbindung in vielen Fällen auch eine normale Geburt möglich ist. I n Deutschland kommen immer mehr Kinder durch einen Kaiserschnitt zur Welt. Im Jahr 2012 waren es knapp ein Drittel aller Geburten. Dabei ist die Zahl der Geburten, bei denen es zu einer erheblichen Gefährdung für Mutter oder Kind kommt und die deshalb einen Kaiserschnitt erfordern, gleich geblieben. Verändert hat sich hingegen die Anzahl der sogenannten relativen Kaiserschnittindikationen, bei denen ein Ermessensspielraum besteht. Hier fällen Ärzte immer öfter die Entscheidung für den Kaiserschnitt. Nicht-medizinische Gründe wie etwa die bessere Planbarkeit von Kaiserschnittgeburten oder auch haftungsrechtliche Erwägungen, die durch die Strukturen im heutigen Gesundheitswesen bedingt sind, gewinnen dabei zunehmend an Einfluss.1 Hinzu kommt: Kaiserschnitte reproduzieren sich selbst. Wird ein Kind mithilfe des Skalpells geboren, kommt das Nächste in 74 Prozent der Fälle ebenfalls per Kaiserschnitt zur Welt. Damit ist die Diagnose „Zustand nach Kaiserschnitt“ zum häufigsten Grund für Kaiserschnitte geworden, obwohl das Dogma „Einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt“ aus wissenschaftlicher Sicht inzwischen als überholt gilt. Eine Ursache für diese ungünstige Entwicklung scheint zu sein, dass Mütter und Mediziner die tatsächlichen Risiken von Geburten nach Kaiserschnitten häufig überschätzen. So tritt das gefürchtete Ein- oder Aufreißen der alten Narbe an der Gebärmutter während der Wehen mit einer Häufigkeit von 0,2 bis 0,5 Prozent sehr selten ein. Auf der anderen Seite wird zumeist vernachlässigt, dass auch der Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Kaiserschnitt wiederholte Kaiserschnitt für Mutter und Kind mit Risiken verbunden sein kann. So steigt das Risiko für sogenannte Einnistungsstörungen der Plazenta, die mit lebensbedrohlichen Blutungen bei der Mutter und dem Verlust der Gebärmutter einhergehen können, mit jedem erneuten Kaiserschnitt an. Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Risiken für mögliche Folgeschwangerschaften dafür, diese Frauen zu einer natürlichen Geburt zu ermutigen. Doch wie kann die Begleitung aussehen und welche Bedürfnisse haben Mütter, die bereits einen oder mehrere Kaiserschnitte erlebt haben? Gesundheitliche Nachteile Die Begleitung nach Kaiserschnitt Trotz der deutlichen Zunahme der Schnittentbindungen von etwa 20 Prozent im Jahr 2000 auf knapp 32 Prozent im Jahr 2012 hat sich das klinische Ergebnis für Mutter und Kind in diesem Zeitraum nicht weiter verbessert.2 Im Gegenteil weisen immer mehr Studien auf gesundheitliche Nachteile hin, wenn Kaiserschnitte ohne eindeutige medizinische Indikation erfolgen.3 Auch die psychischen Auswirkungen der Schnittentbindung wurden untersucht. Dabei konnte etwa festgestellt werden, dass zwar postpartale Depressionen nicht häufiger vorkommen, als nach vaginalen Klinikentbindungen. Mütter, die ihre Kinder durch Kaiserschnitte geboren haben, sind jedoch öfter unzufrieden mit dem Geburtserlebnis als Mütter nach natürlichen Geburten.4 Einige äußern das Gefühl, „versagt“ oder „etwas verpasst“ zu haben, „keine gute Mutter zu sein“ oder sie fühlen sich körperlich und seelisch verletzt.5 Andere kämpfen über viele Jahre hinweg mit ihren Geburtserlebnissen. Nicht nur deshalb wünschen sich viele Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten, beim nächsten Kind eine natürliche Geburt. Auch aus medizinischer Sicht sprechen etwa die schnellere Erholung der Mutter nach der Geburt und geringere Welche Begleitung Frauen nach Kaiserschnitt(en) konkret benötigen, hängt unter anderem davon ab, wie sie den operativen Eingriff erlebt haben und ob sie sich ein weiteres Kind wünschen. Zunächst ist es wichtig, die Geburt mit dem Arzt und/oder der Hebamme zu reflektieren. So können offene Fragen beantwortet, mögliche Irrtümer ausgeräumt und die Ereignisse während der Geburt besser eingeordnet werden. Dieses Gesprächsbedürfnis kann übrigens auch erst Monate oder sogar Jahre nach der Geburt auftauchen. Mütter, die nach einer Geburt traurig, verunsichert oder verletzt sind, brauchen einen geschützten Raum, in dem sie über ihre Erlebnisse sprechen können. Nicht selten ist auch eine therapeutische Begleitung hilfreich. Unbewältigte traumatische Geburten wirken sich sonst unter Umständen auf die Beziehung zum Kind, die Partnerschaft, den Alltag oder die nächste Schwangerschaft aus.6 Als erster Schritt zur Selbsthilfe können Frauen auch dazu ermutigt werden, einen Bericht über die Geburt zu schreiben oder sich in Kaiserschnittgruppen mit anderen Müttern auszutauschen. Für den Fall, dass eine weitere Schwangerschaft angestrebt wird, sollte im Vorfeld gemeinsam mit Arzt und/oder Hebamme der gewünschte Geburtsmodus diskutiert und entsprechend vorbereitet werden. Möglichkeiten und Wünsche in Einklang bringen Viele Mütter fragen sich nach einem Kaiserschnitt: „Kann ich das nächste Kind normal bekommen?“ Dies sollte in einem ausführlichen Gespräch zwischen Mutter, Arzt oder Hebamme erörtert werden. Es gilt hier, gemeinsam die medizinischen Möglichkeiten mit den Wünschen und Vorstellungen in Einklang zu bringen. Dazu sollte unbedingt eine Kopie des OPBerichtes und vielleicht auch des Geburtsjournals vorliegen. Vor allem der OPBericht ist für die Beratung der Mutter unerlässlich, denn er enthält Informationen über die Gründe für den vorherigen Kaiserschnitt und über die Schnittführung an der Gebärmutter. In seltenen Fällen ist diese nicht mit einer natürlichen Geburt vereinbar, weil das Risiko für eine Narbenruptur zu hoch wäre. Erfolgte der Kaiserschnitt sekundär, also nach dem Beginn der Geburt, so kann das Geburtsjournal wichtige Hinweise darauf geben, wie es zur Indikationsstellung für den Kaiserschnitt kam. Oftmals zeigt sich dabei, dass der vorherige Kaiserschnitt das Ergebnis einer sogenannten Interventionskaskade war. Das bedeutet, dass ein zunächst harmlos erscheinender medizinischer Eingriff im Verlauf der Geburt weitere Eingriffe nach sich zieht und schlussendlich zu einem Kaiserschnitt führt. Manche Ärzte raten aus Sorge vor Komplikationen recht schnell zum erneuten Kaiserschnitt. Doch in vielen Situationen ist eine vaginale Geburt möglich, etwa bei Zwillingen, Beckenendlage oder Kaiserschnitt und Kaiserschnittmütter Eine wohltuende Unterstützung zur Verarbeitung der «Bauchgeburt», ein Mutmacher zur seelischen Versöhnung 272 S., 19,80 €, ISBN 978-3-9522246-2-5 Emotionale Narben aus Schwangerschaft und Geburt auflösen Verletzte Mutter-Kind-Bindungen heilen und unterstützen – in jedem Alter 192 S., 16,80 €, ISBN 978-3-9522246-7-0 Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 25 26 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt auch nach mehr als einem vorherigen Kaiserschnitt.7 Aus diesem Grund sollten Mütter, die sich eine natürliche Geburt wünschen aber die Empfehlung zum wiederholten Kaiserschnitt erhalten, unbedingt eine Zweitmeinung einholen. Mütter auf die Geburt vorbereiten Eine Geburt nach Kaiserschnitt braucht etwas mehr Vorbereitung als eine „normale“ Geburt. Wo Strukturen und Rahmenbedingungen in der heutigen Geburtshilfe Kaiserschnitte begünstigen, ist es die Aufgabe von Müttern sowie ihren Ärzten und Hebammen, selbst Strukturen zu schaffen, die natürliche Geburten fördern. Einige Mütter, die ihre Erfahrungen für das Buch „Meine Wunschgeburt – Selbstbestimmt gebären nach Kaiser- „Die Auswahl der richtigen Klinik spielt eine wichtige Rolle.“ schnitt“ aufgeschrieben haben, wählten den Ort der nächsten Geburt und ihre Hebamme besonders sorgfältig aus. Vor allem achteten diese Frauen darauf, sich während der Geburt sicher und geborgen zu fühlen. Wichtige Kriterien bei der Auswahl der Klinik sind eine möglichst niedrige Kaiserschnittrate und ob Frauen nach einem Kaiserschnitt dort gut beraten, ihre Wünsche und Bedürfnisse respektiert werden. Bei der Wahl der Hebamme fragten die Frauen nach Erfahrungen mit Geburten nach Kaiserschnitt(en) und ob die Hebamme eine 1:1-Betreuung während Wehen und Geburt gewährleisten kann – falls auch die Begleitung der Geburt durch sie geplant ist. Die meisten dieser Frauen waren später mit ihrer Geburt zufrieden, selbst dann, wenn es wieder zum Kaiserschnitt kam. Mentale Vorbereitung Äußere Strukturen sind nur die eine Seite der Medaille. Auch teils wenig fassbare Aspekte, wie Körpergefühl, Selbstvertrauen und Zuversicht, spielen eine wichtige Rolle. Manche Mütter trauen sich, besonders dann, wenn der Kaiserschnitt wegen eines Geburtsstillstandes Kaiserschnitt erfolgte, die nächste Geburt nicht zu. Kam es im Vorfeld des Kaiserschnitts zu einer Notsituation, besteht häufig die Angst, dies könne sich wiederholen. Es ist wichtig, solche Ängste ernst zu nehmen und gemeinsam mit der Mutter Strategien zu entwickeln, mit diesen Ängsten umzugehen. Viele Frauen, die nach Kaiserschnitt(en) natürlich geboren haben, können bestätigen, dass die mentale Vorbereitung auf die Geburt für sie entscheidend war. Diese Vorbereitung zielt unter anderem darauf ab, den Geburtsschmerz als physiologisch und für die Geburt notwendig annehmen zu können sowie ein gestecktes Ziel nicht vorschnell aufzugeben. Leichter Ausdauersport, Techniken wie Hypnose oder Yoga können dabei helfen. Kann eine Frau die Signale ihres Körpers interpretieren, so wird sie auch während der Geburt selbstbewusster mit den Herausforderungen umgehen können, die möglicherweise auf sie zukommen. Doch wieder ein Kaiserschnitt Auch die beste Vorbereitung kann eine natürliche Geburt nicht garantieren. Manchmal wird der erneute Kaiserschnitt von der Mutter, trotz gegenteiligem Vorsatz, selbst gewünscht und manchmal erfordern neu aufgetretene medizinische Gründe eine operative Geburt. Mütter sollten deshalb, auch dann, wenn eine natürliche Geburt geplant ist, einen alternativen Geburtsplan für den Fall eines Kaiserschnittes haben. Die Auswahl der „richtigen“ Klinik spielt auch in diesem Fall eine große Rolle. Sind gewisse Standards bereits etabliert, erleichtert dies Müttern und ihren Kindern den Start. Wird im Falle eines Kaiserschnittes das Bonding im OP-Saal ermöglicht? Werden Mütter beim Stillen unterstützt? Wird beim geplanten Kaiserschnitt in der Regel der Wehenbeginn abgewartet, weil die Kinder dadurch nicht unter Anpassungsstörungen leiden? Gerade die Trennung von Mutter und Kind nach der Geburt sollte dringend vermieden werden, außer medizinische Gründe erfordern dies zwingend. Denn Mütter leiden zumeist sehr darunter und dies kann sich auf die Bindung zum Kind sowie den Stillbeginn auswirken. Die Rate wiederholter Kaiserschnitte von 74 Prozent in Deutschland ist im europäischen Vergleich besonders hoch. Es muss erforscht werden, was Frauen in Deutschland davon abhält, nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt zu wählen und erfolgreich umzusetzen.8 In einem weiteren Schritt gilt es Standards zu etablieren, damit Frauen eine evidenzbasierte Begleitung erhalten. Dabei dürfen die individuellen Bedürfnisse der Frauen nicht vergessen werden. Die hier vorgestellten Schritte können ein erster Beitrag dazu sein. ■ Auf www.kaiserschnitt-netzwerk.de finden GeburtshelferInnen und Mütter, die sich näher mit ihrem Kaiserschnitt-Erlebnis beschäftigen möchten, nützliche Adressen. Literatur 1 Faktencheck Kaiserschnitt: Bertelsmann Stiftung 2012. 2 Ebd. 3 Taschner, Scheck: Meine Wunschgeburt – Selbstbestimmt gebären nach Kaiserschnitt, edition riedenburg 2012. 4 DiMatteo, Morton, Lepper, Damush, Carney, Pearson, Kahn: Cesarean childbirth and psychosocial outcomes, a meta-analysis. Health Psychol, Jul 1996, 15(4), p. 303–14. 5 Clement: Psychological aspects of caesarean section. Best Pract Res, Clin Obstet Gynaecol, Feb 2001, 15(1), p. 109–26. 6 Elmir, Schied, Wilkes, Jackson: Women‘s perceptions and experiences of a traumatic birth: a meta-ethnography, Journal of advanced Nursing 66, 2010, p. 2142– 2153. 7 Tahseen, Griffiths: Vaginal birth after two caesarean sections (VBAC-2). A systematic review with meta-analysis of success rate and adverse outcomes of VBAC-2 versus VBAC-1 and repeat (third) caesarean sec-tions. BJOG, Jan 2010, 117(1), p. 5–19. 8 OptiBirth 2013: www.optibirth.eu/optibirth Wann fühlten Sie sich zuletzt wie neugeboren? „Nach der Rückkehr von einer mehrtägigen Hüttenwanderung in den Alpen.“ Ute Taschner geb. 1973, ist freie Autorin und Ärztin mit Tätigkeit in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Nach zwei vorangegangenen Kaiserschnitten hat sie ihr drittes Kind spontan zur Welt gebracht. [email protected] Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Frühchen Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Friedrich Porz Foto: Fotex/Picture Partners Wie klein ist zu klein ? In einem Kreißsaal wird ein Kind nach der pränatalen Diagnose einer Fehlbildung im Mutterleib abgetrieben. Im Kreißsaal daneben unternehmen Kinderärzte alles, um ein extrem unreifes Kind von 23 Schwangerschaftswochen, das somit an der Grenze der Lebensfähigkeit steht, am Leben zu erhalten. Wie passt das zusammen? W ir stehen vor einem „Multilemma“: Ist das Überleben mit einer schweren Behinderung schlimmer, als tot zu sein? Ist das Überleben eines schwer geschädigten Kindes ebenso oder noch mehr ein Versagen der Medizin als ein totes Kind? Wie klein ist zu klein? Das Gewicht ist ein schlechtes Kriterium für die Überlebensfähigkeit eines Kindes, da es immer wieder sehr leichte, für das Schwangerschaftsalter zu kleine Kinder gibt. Das kleinste bislang überlebende Frühgeborene ist ein 1989 mit 26 Schwangerschaftswochen (SSW) und einem Geburtsgewicht von 280 Gramm geboreDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 nes Mädchen aus den USA, das heute nahezu unbeeinträchtigt ist. In den 1980er Jahren galt in Mitteleuropa in vielen Kliniken ein Geburtsgewicht von 1.000 Gramm als Grenze, unter der keine aktiven lebenserhaltenden Maßnahmen erfolgen sollten. Wir mussten aber lernen, dass es immer wieder Kinder gab und gibt, die trotz des niedrigen Gewichts so vital waren, dass sie keine eingreifende Behandlung benötigten. Hätten sich alle Neonatologen an bestehende therapeutische Standards gehalten, hätte sich die Prognose der sehr kleinen Frühgeborenen nicht bessern können. Man hätte keine Erfahrungen mit der diffizilen Therapie dieser extrem unreifen Kinder gewinnen können. Viele jetzt gesunde Kinder wären nicht am Leben! Reifealter statt Gewicht Die aktuellen Behandlungsempfehlungen legen die Schwangerschaftsdauer, das „Reifealter“, zu- 27 28 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt grunde, da es ein viel zuverlässigerer Parameter zur Prognoseeinschätzung ist als das Gewicht. Nach den ärztlichen Leitlinien der deutschen Fachgesellschaften sollen Frühgeborene ab 24 vollendeten SSW umfassend erstversorgt werden. Unter 24 SSW beginnt die Grauzone, in der der Arzt individuell nach dem Zustand des Kindes, aber auch nach der Vorgeschichte, den Wünschen und Lebensumständen der Familie entscheiden kann. Die Lebenserhaltung muss gegen die Vermeidung einer aussichtslosen Therapie abgewogen werden. Diese ethische und juristische Grauzone ist nicht in allen Ländern gleich, in der Schweiz und den Niederlanden zum Beispiel werden Frühgeborene erst ab 25 vollendeten SSW umfassend versorgt. Wie krank ist zu krank? Was berechtigt uns dazu, eine Therapie nicht zu beginnen oder abzubrechen? Es geht nicht um die Bewertung von Leben im Sinne von „lebensunwert“, sondern um die Grenzen der Pflicht zur Erhaltung menschlichen Lebens bei mutmaßlich schwerst geschädigten Neugeborenen, wie sie etwa in den „Einbecker Empfehlungen“ von Ärzten, Juristen und Ethikern beschrieben wurden. Diese Empfehlungen sind ein Versuch, ÄrztInnen nicht zu unbegrenzter Hilfeleistung zu verpflichten, da eine Lebenserhaltung um jeden Preis nicht sinnvoll und sittlich gefordert sein kann. Die Frage ist also nicht: „Wie klein ist zu klein?“, sondern „wie krank ist zu krank?“ Bei der Einschätzung der Prognose für das Neugeborene können aus großen populationsbezogenen Studien abgeleitete Parameter hilfreich sein, wie etwa das Reifealter, das geschätzte Gewicht und das Geschlecht des Kindes. Sie ersetzen aber nicht die Einschätzung der jeweils individuellen Situation. Wichtig ist, die Eltern rechtzeitig im Rahmen der pränatalen Visite offen und umfassend zu informieren. Aber auch wenn Arzt und Eltern zunächst übereingekommen sind, keine Therapie zu beginnen, kann es durchaus sein, dass das Neugeborene schwerer ist als geschätzt, dass vielleicht der errechnete Geburtstermin nicht korrekt ist, dass es sehr vital ist, atmet und schreit und uns seinen Lebenswillen zeigt. Dann wird man dem Kind eine Chance geben. Falls sich die Erwartung als unrichtig erweist und doch schwere Komplikatio- Frühchen nen eintreten, kann im Verlauf immer noch auf eine weitere Therapie verzichtet werden. In jedem Fall ist es unerlässlich, die Eltern gut durch diese schwierige Zeit zu begleiten. Deutlich verbesserte Überlebensraten Was rechtfertigt nun, immer kleinere Frühgeborene zu behandeln? In den letzten 20 Jahren haben sich die Überlebensraten deutlich verbessert. In einzelnen Zentren überleben heute über 70 Prozent der Frühgeborenen von vollendeten 23 SSW. Die Rate der späteren schweren Behinderungen in diesem Reifealter hat sich, wie eine englische Vergleichsstudie jetzt bestätigte, in den letzten Jahren leicht reduziert. Eine deutsche Studie konnte zeigen, dass mit 22 und 23 vollendeten SSW geborene Frühgeborene, die eine maximale Therapie erhielten, im Vergleich zu Frühgeborenen von 24 SSW zwar eine um 15 Prozent niedrigere Überlebenswahrscheinlichkeit hatten, die Rate schwerer Komplikationen (schwere Hirnblutungen, Netzhautschäden, chronische Lungenerkrankungen) aber in beiden Gruppen gleich war. Zu diesen verbesserten Chancen haben viele Faktoren beigetragen, etwa die Regionalisierung der Geburtshilfe, die Zusammenarbeit von GeburtshelferInnen und KinderärztInnen als neonatologisches Team und die Fortschritte der Medizintechnik mit besseren Beatmungsgeräten und Überwachungsmöglichkeiten. Noch wichtiger aber ist die schonendere, auf das Kind eingehende Erstversorgung im Kreißsaal, die Vermeidung von Beatmung durch Surfactantgabe („surface active agent“, eine oberflächenaktive Substanz, die die Atmung erleichtert) ohne Intubation, die vermehrte Anwendung nicht invasiver Atemhilfen und der frühe Erstkontakt zu den Eltern. In den letzten Jahren gibt es zudem verstärkt Bemühungen, die Bedingungen der Intensivmedizin so zu gestalten, dass sie die Hirnentwicklung der Frühgeborenen und damit die neurologische Entwicklung fördern. Der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ hat dazu in den 2006 von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeiteten „Leitsätzen zur entwicklungsfördernden Betreuung in der Neonatologie“ zehn Kernforderungen formuliert. Darin wird etwa die Beobachtung des einzelnen Frühgeborenen durch die ÄrztInnen, aber besonders auch durch Pflegende und Eltern, gegenüber den rein apparativen Messwerten in den Vordergrund gerückt. Die ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen finden mit Rücksicht auf den Aktivitätszustand und die Belastbarkeit des Kindes statt, was eine Abkehr von einem starren Behandlungsschema bedeutet. Für die Kinder wird eine entwicklungsfördernde Umgebung geschaffen, Stress und Schmerzen möglichst vermieden. Ein ganz wesentlicher Aspekt ist, dass die Eltern sehr früh Kontakt zu ihrem Kind haben, sie in die Versorgung miteinbezogen und die Muttermilchernährung sowie das Stillen gefördert werden. Wenn es gelingt, schon in der Klinik eine gute Eltern-Kind-Interaktion aufzubauen, können spätere Regulationsstörungen wie Schlaf- oder Fütterstörungen gemindert und die neurologische Entwicklung verbessert werden. Langzeitbetreuung ist wichtig Die Prognose wird neben den medizinischen Faktoren auch wesentlich durch die Qualität der Nachbetreuung und durch familiäre Faktoren beeinflusst, weshalb die Langzeitbetreuung von Frühgeborenen ebenso wichtig ist wie die Primärbehandlung in der Klinik. Eine intensive psychosoziale Begleitung durch KinderkrankenpflegerInnen, Sozialpädagogen oder Psychologen, wie sie beispielhaft durch das „Familiennetz“ in Dresden oder den „Bunten Kreis“ in Augsburg bereits während des stationären Aufenthalts angeboten wird, sollte fester Bestandteil der neonatologischen Betreuung sein. Die über die Entlassung hinausreichende Betreuung durch die Nachsorgemitarbeiter bis ins häusliche Umfeld soll die Eltern kompetent und sicherer machen, Ängste abbauen, Belastungen reduzieren und die Vernetzung zu den weiter behandelnden KinderärztInnen fördern. Regelmäßige entwicklungsneurologische und -psychologische Nachuntersuchungen bis ins Schulalter sind für die sehr kleinen Frühgeborenen unerlässlich. So können rechtzeitig medizinische oder heilpädagogische Fördermaßnahmen eingeleitet werden, etwa bei motorischen Problemen, Störungen der geistigen Entwicklung oder bei Verhaltensauffälligkeiten. Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Frühchen Entwicklungsförderung bleibt der entscheidende Faktor Was nun aus den sehr kleinen Frühgeborenen wird, ist schwierig zu beantworten, da die vorliegenden Studien meist Kinder einbeziehen, die vor zehn bis 15 Jahren geboren wurden. Die inzwischen erreichten Fortschritte in der Neonatologie konnten somit noch gar nicht in neuere Studien eingehen. Nach der aktuellsten deutschen Nachuntersuchungsstudie von 2008 waren im Alter von fünf bis sechs Jahren 43 Prozent der extrem unreifen Frühgeborenen unauffällig, 57 Prozent wurden als regelschulfähig eingestuft, 18 Prozent waren schwer behindert. Ehemals sehr unreife Kinder zeigen vermehrt Verhaltensauffälligkeiten: Sie können ihre Aufmerksamkeit und ihr Verhalten schlechter steuern, haben soziale Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen und ein geringeres Selbstwertgefühl. Wegen der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sind häufiger Schulprobleme zu erwarten. Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Aktuelle Langzeitstudien bis ins Erwachsenenalter liegen für die extrem unreifen Kinder naturgemäß noch nicht vor. Die Langzeitprognose hängt aber nicht (wie früher angenommen) überwiegend von der Unreife ab, sondern wird wesentlich durch die Ursachen der Frühgeburt, wie etwa eine Infektion mit möglicher, bereits intrauterin erworbener Hirnschädigung, einer Mangelversorgung vor der Geburt, der Qualität der Versorgung in der Klinik, aber auch von der familiären Situation, mitbestimmt. Der Trend zu immer unreiferen Frühgeborenen wird sich meiner Ansicht nach nicht fortsetzen, da 23 SSW wohl eine biologische Grenze darstellen. Entscheidend für die Verbesserung der Prognose ist die Unterstützung der Hirnreifung der sehr kleinen Frühgeborenen. Deshalb muss die entwicklungsfördernde Betreuung und die Einbeziehung der Eltern zum Beispiel im Rooming-In auch bei Frühgeborenen auf der Intensivstation weiter ausgebaut und besser finanziert werden. ■ 29 Eine Langfassung des Beitrags finden Sie auf unserer Homepage: www.mabuse-verlag.de Wann fühlten Sie sich zuletzt wie neugeboren? „Neulich im Thermalbad, als ich in der konzentrierten Salzsole fast schwerelos schweben durfte.“ Friedrich Porz geb. 1949, ist Oberarzt an den Kinderkliniken des Klinikums Augsburg. Er ist Mitbegründer und ärztlicher Leiter der Nachsorgeeinrichtung „Bunter Kreis“ sowie Gründungsmitglied des Bundesverbandes „Das frühgeborene Kind“. Friedrich.Porz@ klinikum-augsburg.de ✔ Natürliche Materialien, nach Öko-Standards produziert ✔ Ab dem 1. Lebenstag einsetzbar, wächst mit ✔ Optimale Körperanpassung durch Kreuzköperbindung www.hoppediz.de Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Plazenta Fotos: Cornelia Enning 30 Cornelia Enning Plazenta-Heilmittel Ihre Wirksamkeit für Geburt, Stillen und das Neugeborene In der modernen Geburtsmedizin hat die Plazenta an Bedeutung verloren. Nach einer komplikationsfreien Geburt wird sie – wenn nicht anders gewünscht – entsorgt. Einstiges Wissen um die Plazenta ist nicht mehr vorhanden. Warum es sich lohnt, ihre in Vergessenheit geratenen Kräfte in den Blick zu nehmen, erläutert unsere Autorin. S eit Jahrhunderten schon haben Hebammen aller Kulturen die Heilkraft der Plazenta genutzt. So wie der Embryo seine Nahrungsquelle bereits vor der plazentaren Versorgung mitbringt, so ist die Plazenta auch nach der Geburt nicht zum nutzlosen Abfall bestimmt, sondern macht mit der Geburt eine Wandlung zur Vorratshaltung durch. „Ob wir nun verstehen, warum Menschen ihre Plazenta heute nicht mehr essen, ist nicht so wichtig. Für die Wissenschaft ist es wich- tig, die Wirkung der Plazenta-Bestandteile, ihrer Moleküle herauszufinden, so wie wir heute wissen wollen, warum die Pflanzen heilsam wirken.“ (Kristal 2012) Welche Plazenta kann man für Heilmittel nutzen? Für die Rohstoffgewinnung der Plazenta-Heilmittel ist von großer Bedeutung, wie das Gewebe gewonnen wurde. Konnten die Plazentagefäße sich bei der Lösung gut schließen und die wirksamen Bestandteile festhalten? Ist die Plazenta geburtsreif gewesen oder wurde das Kind vorzeitig zur Geburt gezwungen (Enning 2003)? Enthält das Plazentablut die volle Dosis des Liebeshormons Oxytocin, das für die Mutter-KindBindung und den Erfolg beim Stillen so dringend nötig ist? Wie war die Plazenta-Entwicklung in der Schwangerschaft? Wurden Medikamente einDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Plazenta genommen oder bei Schnittentbindung eine ausgeblutete Plazenta gewonnen? Hier kann die Dokumentation der Hebammenbetreuung gute Dienste leisten. Alle diese Bedingungen spielen eine Rolle bei der Verarbeitung des Gewebes und sollten daher berücksichtigt werden – etwa bei der Nosoden-Therapie, bei der nicht die Ähnlichkeitsregel der Homöopathie, sondern die „Gleichheitsregel der Isopathie“ gilt. Wenn die Schwangerschaft durch eine Erkrankung, Rauchen oder Umweltbelastungen gestört war, dann ist auch die Plazenta des Feten betroffen. Das Immunsystem hat die Plazenta bis an ihr Lebensende geprägt. Als Rohstoff für Heilmittel kann diese Plazenta für hochpotenzierte Globuli dienen, mit denen eben diese Erkrankung, Raucherfolgen oder Umweltbelastungen bei Mutter und Kind nach der Geburt behandelt werden können. Keine Plazenta kann jemals so wertlos sein, dass sie als Müll entsorgt werden müsste. Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt heit spendende Mutter wiederfinden. Dafür hat unser verkümmertes Riechorgan in den ersten Lebenswochen seine Funktion noch voll erhalten: Das Neugeborene kann seine Mutter am Fruchtwassergeruch wiedererkennen (Underwood 2005). Frauen, deren Geruch nicht gut erkennbar ist, weil die Immunsuppression in der Schwangerschaft nicht genügend Aroma im Fruchtwasser zugelassen hat (etwa bei schwangerschaftsbedingten Krankheiten), können diesen Mangel mit dem Genuss eines kleinen Stückes frischer Plazenta leicht beheben. Die Mutter selbst findet die Plazenta ihres Neugeborenen in den ersten Tagen appetitlich! Gleichzeitig beugt man mit der roh verzehrten Plazenta einer Wochenbett-Depression vor, wobei in erster Linie nicht die depressionsauslösende Trennung von Mutter und Kind gemeint ist, obwohl Plazenta sogar hier hilft (Assilem 2012). Plazenta im Wochenbett Plazenta in der Geburtshilfe Für eine stressfreie Geburt bildet die Plazenta vor allem die Hormone Oxytocin und Progesteron. Etwa fünf Wochen vor der Geburt stimulieren die Progesterone zunehmend diejenigen Rezeptoren der Gebärmutter, die eine Geburt schmerzarm machen. Plazenta-Globuli unterstützen diese Funktion bei Frauen, die mit intensiveren Schmerzen rechnen müssen. Auch psychologische und stressinduzierte Schmerzen sind gut mit potenzierter Plazenta behandelbar. Das natürliche Hormon Cortisol ist Stress reduzierend und das plazentare Oxytocin wirkt bei Wehenstillstand anregend. Eine wehenlose Gebärmutter kommt nach vorzeitigem Blasensprung leichter in Bewegung. Sollte sich später die Plazenta nicht lösen wollen (was bei Wassergeburten äußerst selten der Fall ist), dann können die Plazentamittel vom letztgeborenen Kind helfen (Gélis 1992). In Südamerika gibt es die verbreitete Methode, Blutungen mit Plazentablut zu stillen, das große Mengen des Gerinnungsfaktors VIII enthält (rektale Applikation). In China würde man gleichzeitig die Akupunktur anwenden. Beide Methoden sind heute unserem Wissen gemäß wirksam. Die neue Kraft, die bei der Geburt auf das Kind einwirkt, ist die Schwerkraft. In dieser muss es die Nahrung und SicherDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Besonders die postpartale Depression kann mit der prophylaktischen Gabe von Plazenta-Heilmitteln in den letzten drei Wochen vor der Geburt sehr erfolgreich verhindert werden, da mit ihr der plötzliche Abfall des Plazenta-Progesterons etwas gemildert wird (Dalton 2003). Eleganter ist es, bei Depressionsverdacht in der Wehen-Latenzphase, also etwa eine Woche vor Entbindungstermin, einige Plazenta-Globuli oder etwas PlazentaPulver aus einer Geschwister-Plazenta einzunehmen, um die Wehentätigkeit anzuregen und gleichzeitig die postpartale Depression zu vermeiden. Frauen, die am Prämenstruellen Syndrom leiden, profitieren ebenso vom Verzehr von Kapseln mit Plazenta-Pulver oder eingefrorener Gewebestücke. Diese können in den ersten acht Wochen nach der Geburt täglich eingenommen werden. Der plazentare Faktor, der die Endorphine effektiver macht, hilft auch, „gewöhnliche” Depressionen zu lindern (Abbott 1991). Plazenta-Heilmittel für Neugeborene Für einige Kinder beginnt der Stress schon pränatal oder mit einer medikalisierten Geburt. Plazenta-Heilmittel helfen ihnen bei der postnatalen Anpassung durch die Anregung des Stoffwechsels und des Immunsystems (Odent 2009). Bewährt haben sich die nach homöopathischem Verfahren hergestellten Globuli, die in der Hausapotheke einen festen Platz finden sollten. Für sie gilt, dass die Familienmitglieder, die nicht in der fertilen Phase ihres Lebens stehen, in Eigenverantwortung mit den Globuli behandelt werden können. Bei Kindern und Alten fungieren die Sexualhormone als Wachstumshormone, weshalb keine Nebenwirkungen auf die Sexualorgane zu befürchten sind. Die Anregung des Immunsystems ist die am häufigsten genutzte Plazenta-Wirkung bei Kinderkrankheiten und Impflingen. Akute Er- „Besonders postpartale Depressionen können mit der Gabe von Plazenta-Heilmitteln erfolgreich verhindert werden.“ krankungen gehören jedoch in Therapeutlnnen-Hände. Zum Stillen nutzen einige Mütter die milchanregende Wirkung der Plazenta (Soykova-Pachnerova 1954), wenn die Brust dem gestiegenen Bedarf an Milchmenge oder Fettgehalt hinterherhinkt. Zur Milchsteigerung hilft die PlazentaEssenz (Enning 2003) oft schneller, als die Globuli. Da diese sehr einfach herzustellen ist, gehört sie genauso in die Hausapotheke wie Pulver, Globuli oder Mutterfett (Salben). Das weltweit verbreitetste Plazentamittel ist das Mutterfett, denn man kann es essen, auf die Haut salben und jederzeit nach Bedarf herstellen. In jeder Kultur gibt es eine Art Butter, ob vom Yak oder der Kuh, das Milchfett ist in allen Kulturen bekannt. Aus dem landestypischen Butterfett kann das Mutterfett leicht hergestellt werden. Die Plazenta wird getrocknet (Schmitz 2008), pulverisiert und in Ghee oder reines Butterfett eingerührt. Im Kühlschrank hält es sich etwa drei Wochen. Als Salbe für die Babypflege fällt es durch die schnelle Wirkung auf: Innerhalb von 20 Minuten sind Rötung, Schwellung und Entzündung behoben. Da muss nur noch selten eine spezifische Behandlung folgen (Enning 2003). 31 32 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Plazenta Hebammen haben längst entdeckt, dass sie eine Sammlung verschiedenartig wirksamer Plazentamittel in ihrer Praxis nutzen können. In einigen Ländern steht dem allerdings das Verbot im Wege, die Mittel zu Therapiezwecken auszugeben. Ein italienisches Gericht hat sogar versucht, den Frauen die Verarbeitung ihrer eigenen Plazenta zu verbieten! Dennoch gibt es in jedem Land der Welt reichliche Erfahrung mit PlazentaHeilmitteln. Oft führen Hebamme oder Kräuterfrau ein Logbuch (Collings 2011), in dem sie die Plazenta-Essenzen und Plazenta-Pulver nach ihren Beobachtungen in der Schwangerschaft katalogisieren. Und jede von ihnen hat ih- re „Zauberplazenta“, mit der sie besonders erfolgreich behandelt. Eines Tages werden wir diesen Schatz an Hebammenwissen heben können. Die Zeit scheint nahe, darauf deuten die vielen wissenschaftlichen Entdeckungen zum „Rohstoff“ Plazenta, zu Stammzellen aus dem Amnion (der innersten Eihaut, der das ungeborene Kind umgebenden Fruchthöhle) und epigenetischer Programmierung durch die Plazenta hin. Chromosomale Veränderungen, die als Anpassungsprozess an die veränderte Umwelt zu verstehen sind und schon in der pränatalen Phase des Menschen entstehen können, sind auch an Veränderungen der Plazenta zu erkennen. Die Anlagen für spätere Erkrankungen eines Menschen sind oft in der Plazentafunktion der Pränatalzeit begründet. Die Be- Literatur Abbott P, Thompson AC, Ferguson EJ, Doerr JC, Tarapacki JA, Kostyniak PJ, Syracuse JA, Cartonia DM, Kristal MB: Placental opioid-enhancing factar (POEF): Generalizability of effects, PhysioLBehaviar (1991) 50/5: 933-940. Assilem M: Muttermittel in der Homöopathie. Naranya Verlag, Kandern 2012. Dalton K: Wochenbettdepression erkennen, behandeln, vorbeugen. Hans Huber Verlag, Bern 2003, 161-170. Soykova-Pachnerova E: Placenta as a lactagogon, Gynaecologia (1954) 138: 617-627. Gélis J: Das Geheimnis der Geburt. Herder Verlag, Freiburg 1992. Enning C: Heilmittel aus Plazenta – Medizinisches und Ethnomedizinisches, Books on Demand 2003, www.hebammenshop.de Stammzellen in Plazenta gefunden, Frankfurter Rundschau, 23.6.2009. Khalife N, Glover V, Hartikainen AL, Taanila A, Ebeling H, Järvelin MR, Rodriguez A: Placental seize is associated with mental health in children and adolescents, PLoS ONE (2012) 7/7: 10.1371-0040534. Kristal MB, DiPirro JM, Thompson AC: Placentophagia in human and nonhuman mammals: causes and consequences, EcolFoodNutr. (2012) 51/3: 177-197. Underwood MA, Gilbert WM, Sherman MP: Amniotic fluid: Not just fetal urine anymore, J.Perinat. (2005) 25: 341-348. Odent M: Eating placenta – on the „Waterside Hypothesis“. Homo sapiens need electrolytes after parturition not found on land, Primal Health Research (2009) 1713: 10, www.primalhealthresearch.com Schmitz HP: Drying Placenta. Video unter www.placentaremedies.com Collings JH: Placental remedy. MoonsongVerlag, Australien 2011, www.moonsong.com.au Hebammen sammeln Plazenta-Daten trachtung der Einnistung des Embryos wirft ein neues Licht auf das Biotop, in dem sich die Plazenta in der Frühschwangerschaft entwickelt. Die meisten Schwangerschaftserkrankungen entstehen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten und können später bei der Geburt sogenannte geburtshilfliche Fehler oder Haftpflichten verursachen. Die epigenetische Forschung wird daher vor allem die Einnistung der Plazenta erforschen und deren Ergebnisse für Geburtsmedizin wie Plazenta-Heilmittel gleichermaßen nutzbar machen. Letztendlich haben die Hebammen als Hüterinnen der Plazenta den Schlüssel zur Zukunft ihres ureigensten Faches in der Hand! ■ Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift HEBAMMENinfo. Der Artikel erschien dort in Ausgabe 2/2013. Wann fühlten Sie sich zuletzt wie neugeboren? „Nach dem gemeinsamen Aquabreathing mit den Wassergeburtsfrauen im kühlen Wasser bei 36 Grad Hitze. Das reicht für mindestens eine Woche Energie.“ Cornelia Enning geb. 1950 ist langjährig erfahrene außerklinisch tätige Hebamme mit Spezialisierung auf die Begleitung von Wassergeburten. Sie ist international gefragte Referentin, Fortbilderin und Buchautorin. [email protected] Homöopathischer Schutz von Anfang an weil eil uns uns die Natur ihre H w Heilkraft f in die W Wiege iege legt! legt! www.schutznosoden.de w ww.schutznosoden.de e Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 34 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Schwangere mit Suchtproblem Maïca Reichert In anderen Umständen Betreuung von schwangeren Frauen mit Suchtproblem Foto: istockphoto.com/merrilld Das Netzwerk „Mutterschaft und Abhängigkeit“ im französischen Elsass wurde im September 2001 gegründet. Es ist auf die medizinische, soziale und psychologische Betreuung von schwangeren Frauen und Paaren mit Suchtverhalten ausgerichtet. Ziel ist es, in die oft von Brüchen durchzogenen Lebensläufe der Frauen wieder Kontinuität zu bringen, berichtet die Koordinatorin des Netzwerks. V on Louisa, einer 24-jährigen jungen Frau, hörten wir erstmals im Jahr 2011. MitarbeiterInnen einer Straßburger Entbindungsstation kamen mit ihr in Kontakt, als sie in der 18. Schwangerschaftswoche in die Klinik kam – vier Wochen zu spät für einen legalen Schwangerschaftsabbruch. Im Alter von 15 Jahren hatte sie bereits eine Schwangerschaft abgebrochen. Zum damaligen Zeitpunkt lebte sie ohne festen Wohnsitz und im Streit mit ihrer Familie. Seit drei Jahren nahm sie abwechselnd Heroin, das Substitutionsmittel Subutex und Benzodiazepine. Zwischenzeitlich hatte sie acht Monate in Haft verbracht und seit ihrer Entlassung vor einem Jahr fehlten ihr jegliche medizinische und soziale Betreuung. Im Krankenhaus gewährte man ihr auf Grundlage der medizinischen Indikation, die ein Psychiater bestätigte, den erneuten Schwangerschaftsabbruch. Ein Neuanfang? Sechs Monate später war Louisa erneut schwanger. Diesmal kam sie in der 11. Schwangerschaftswoche zu uns und nicht ins Krankenhaus. Noch immer hatte sie weder einen festen Wohnsitz noch ein Einkommen, plante aber, ein gemeinsames Leben mit ihrem festen Freund aufzubauen. Wir organisierten die medizinische und soziale Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Interdisziplinäre Fachtagung Betreuung dieser Risikoschwangerschaft durch ÄrztInnen, Hebammen und SozialarbeiterInnen. Louisa war bereit, sich mit dem Mutter-Kind-Schutz vertraut zu machen, der nach der Geburt die medizinische Betreuung des Neugeborenen durch eine Kinderpflegerin sicherstellen würde. Außerdem traf sie den Kinderarzt, der sie später in der Klinik betreuen sollte. Sie bekam eine Substitutionsbehandlung mit Methadon und stimmte einem schleichenden Entzug der Benzodiazepine zu. Auch ihren Tabakkonsum schränkte sie von zwanzig auf fünfzehn Zigaretten pro Tag ein. Die Basis für einen sicheren Ablauf der Schwangerschaft war hergestellt. Individuelles Handeln erforderlich Bei schwangeren Frauen mit einem Suchtproblem wie Louisa geht man von einer Risikoschwangerschaft aus: Frühgeburten, ein vermindertes Wachstum des Fötus und vermehrt auftretende Virusinfektionen sind häufige Komplikationen. Schon deshalb benötigen Drogenkonsumentinnen eine spezialisierte Betreuung. Das Netzwerk „Mutterschaft und Abhängigkeit“ vereint Spezialisten unterschiedlicher Berufsfelder, um für die Schwangerschaft dieser Frauen die bestmöglichen Bedingungen sicherzustellen. „Auch die psychische Verfassung und die soziale Situation der künftigen Mutter müssen berücksichtigt werden.“ Daneben wird die Entbindung begleitet, die erste Zeit nach der Geburt betreut sowie, wenn nötig, eine weitere Betreuung für die ersten sechs Lebensjahre des Kindes arrangiert. Je nach benötigter Hilfe können die künftigen Mütter Allgemeinund Fachärzte, Hebammen, Sozialarbeiter, Psychologen und Kinderpfleger konsultieren. Dort stehen ihre Bedürfnisse, nicht die Risiken, im Vordergrund. Denn der Leitfaden des Netzwerks sieht eine auf die jeweilige Situation der Frau ausgerichtete Betreuung vor, um einen guten Ablauf Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 von Schwangerschaft und Geburt zu ermöglichen. Die Unterstützung der Frau oder des Paares besteht zunächst in der Analyse der konkreten Risiken, einem Informationsgespräch sowie der Abklärung der künftigen Begleitung der Schwangerschaft und des Abhängigkeitsverhaltens. Die medizinische Versorgung ist wichtig, aber immer mit einer psychosozialen Betreuung verbunden. Denn auch die psychische Verfassung und die soziale Situation der künftigen Mutter/Eltern müssen berücksichtigt werden. Da es um das Eindämmen von Geburtsrisiken geht, die mit der Einnahme von Suchtmitteln zusammenhängen, findet diese Begegnung im Idealfall so früh wie möglich in der Schwangerschaft statt. In Anbetracht der vielfältigen Probleme, denen diese Frauen sich stellen müssen, ist der Faktor Zeit also von großer Bedeutung: Zeit, um Vertrauen auf- und Ängste abzubauen (Angst vor der Medizin, vor der „Verurteilung“ durch andere), aber auch, um zu lernen, mit eigenem Misstrauen und Schuldgefühlen umzugehen. Und es braucht Zeit, sich auf die bevorstehenden Ereignisse vorzubereiten: auf die umfangreiche medizinische Betreuung, die Aufnahme im Krankenhaus, die Begegnung mit dem Team, mögliche Entzugserscheinungen beim Neugeborenen, die Rückkehr in die eigene Wohnung und vieles mehr. Gerade weil die meisten Frauen in einer solchen Lage Stigmatisierung befürchten, sind viele nach dem ersten Gespräch erleichtert und froh über die Hilfestellung. für Hebammen und Pflegeberufe Rhythmus trägt Leben Von der Geburt bis zum Tod – ein Leben lang begleiten mit Rhythmischen Einreibungen 26. Oktober 2013, Leinfelden-Echterdingen Somatische und psychiatrische Versorgung organisieren Die Schwangerschaft ist ein guter Zeitpunkt, um diesen Frauen den Zugang zu verschiedenen Versorgungsleistungen zu ermöglichen: Fast ein Drittel der Frauen, die wir im Rahmen des Netzwerkes treffen, haben zuvor keine Unterstützung in Bezug auf ihre Abhängigkeit in Anspruch genommen. Dabei kann durch die Hinführung zu einem Allgemeinmediziner mit Spezialisierung auf Suchterkrankungen oder einen Arzt ihrer Wahl, eine Substitutions- oder anderweitige Behandlung vorgeschlagen und begonnen werden. Die Hälfte der Frauen haben psychiatrische Begleiterkrankungen, etwa Depressionen, Angststörungen oder psychotische Phasen. Diese Erkrankungen sind Auskunft: WALA Heilmittel GmbH Elke Preussler Boßlerweg 2 73087 Bad Boll / Eckwälden Telefon: +49 (0)7164 930-1387 Telefax: +49 (0)7164 930-3929 www.fachkreise.walaarzneimittel.de 36 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt oft durch chaotische Lebensumstände oder eine zerrüttete, von Trennungen und Gewalt geprägte Kindheit bedingt. Nach einer Befragung von 171 Müttern mit einem Suchtproblem waren 40 Prozent von ihnen in der Kindheit Opfer von psychischer Gewalt, 30 Prozent von körperlicher Gewalt, 20 Prozent haben sexuellen Missbrauch erlebt und bei zehn Prozent traten alle genannten Punkte auf. Mit dem Psychiater des Netzwerkes können die Folgen dieser Gewalterfahrungen besprochen und eine mögliche Behandlung eingeleitet werden. Eine psychotherapeutische Betreuung kann auch durch die Psychologin des Netzwerkes erfolgen. Schwangerschaft und Sucht In Frankreich gibt es etwa 170.000 bis 180.000 Opiatabhängige. Dazu kommen 3,8 Millionen Menschen, die psychoaktive Suchtmittel konsumieren. Rund 8,8 Millionen Menschen trinken regelmäßig Alkohol, die Zahl der Raucher liegt bei rund 13, 4 Millionen. Mit Ausnahme des Alkoholkonsums kann man annehmen, dass von der Gesamtzahl der oben angeführten KonsumentInnen ein Drittel Frauen sind, von denen sich so gut wie alle im gebärfähigen Alter befinden. Früher oder später kommen also auch im Bereich Geburt Tätige mit dem Thema Sucht in Berührung. Der Konsum von psychoaktiven Substanzen kann spezielle Risiken und Krankheiten während der Schwangerschaft nach sich ziehen: Mangelernährung durch zunehmende Appetitlosigkeit nach dem Drogengebrauch, Verwahrlosung, aber auch der Verlust finanzieller Mittel. Solche Folgen, die zu den eigentlichen Auswirkungen des Drogenkonsums selbst noch hinzukommen, erhöhen etwa das Risiko für: ● ● Intensive Betreuung der Schwangerschaft Die Geburtshilfe ist durch eine intensive Überwachung der Schwangerschaft geprägt: Sie findet ab dem zweiten Trimester alle zwei Wochen statt, ab dem dritten Trimester jede Woche. Ab der 28. Schwangerschaftswoche hat die Mutter/ das Paar die Möglichkeit, einen Kinderarzt aufzusuchen, um die Erstversorgung des Neugeborenen zu besprechen. Gerade der Gedanke an die Geburt löst bei der werdenden Mutter oft starke Emotionen aus: Das können Gefühle der Schuld oder die Angst vor der Konfrontation mit der Geburt selbst sein. Der Kinderarzt erläutert auch die Möglichkeit, das Neugeborene in der sogenannten Känguru-Pflege zu betreuen. Dort wird das Kind, selbst wenn Entzugserscheinungen bei ihm auftreten, nicht von der Mutter getrennt und so die Entstehung einer stabilen Mutter-Kind-Bindung gefördert. Die Mutter bleibt stets die Hauptverantwortliche in der Pflege und Betreuung ihres Kindes. Zudem kann die Wahrscheinlichkeit, die etwaigen Entzugserscheinungen des Kindes behandeln zu müssen, erheblich gemindert werden (nur 20 gegenüber 70 Prozent ohne Känguru-Pflege). Auch dem Vater wird hier ausreichend Platz eingeräumt. Außerdem thematisieren Fachkräfte das Stillen und ermutigen die Mütter dazu. Während der gesamten Betreuungszeit ist das Ziel immer, die Frauen nach und nach mit den MitarbeiterInnen vor Ort vertraut zu machen, um Ängste abzubauen und die Beziehung zu den therapeutischen MitarbeiterInnen zu stärken. Im Laufe der Arbeit kam innerhalb Schwangere mit Suchtproblem ● ● fetale Hypertrophie (übergroßer Fötus) verzögertes intrauterines Wachstum: in 30 bis 50 Prozent der Fälle gegenüber 3 Prozent in der Gesamtbevölkerung Frühgeburt: in zwischen 20 und 50 Prozent der Fälle bei Frauen, die Drogen nehmen und nicht speziell betreut werden, gegenüber 7 Prozent in der Gesamtbevölkerung Infektionen: je nach Substanz und Konsumform, besonders durch nicht-sterile Orte oder unsauberes Injektionsbesteck; häufige Virusinfektionen wie Hepatitis B, C und HIV. „Die Frauen sollen als Schwangere mit Suchtproblem behandelt werden, nicht als süchtige Schwangere.“ des Netzwerkes die Idee auf, gemeinsam mit den Schwangeren im letzten Trimester ein Informationsblatt vorzubereiten. Dieses fasst die medizinischen und geburtshilflichen Angaben zur Situation der jeweiligen Frau zusammen, zeichnet in groben Zügen deren bisherigen Lebensweg sowie ihre „Suchtgeschichte“ nach und gibt Hinweise auf relevante Aspekte ihrer Beziehungen oder auf etwaige einzuhaltende Vertraulichkeiten. Daneben werden dort die Kontaktdaten aller an der Betreuung beteiligten Personen vermerkt. Dieses Dokument ist vor allem für die diensthabenden MitarbeiterInnen in der Klinik nützlich. Es erleichtert die Aufnahme der schwangeren Frau, die richtige Ausrichtung ihrer medizinischen Versorgung, aber auch ihre Behandlung als Schwangere, die ein Suchtproblem hat, und nicht als süchtige Schwangere. Soziale Begleitung Ein weiteres Ziel der vorgeburtlichen Begleitung ist natürlich auch, die Betreuung nach der Geburt vorzubereiten. Das setzt einen möglichst frühen Kontakt zu den MitarbeiterInnen der „Protection maternelle et infantile“ (PMI, dt. Mutter-KindSchutz) voraus, die die weitere Betreuung von Frau und Kind nach der Geburt sicherstellen. Im PMI arbeiten KinderpflegerInnen, Hebammen, ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen und ErzieherInnen zusammen und bieten eine kostenfreie Unterstützung in verschiedenen Bereichen für Mütter und Kinder bis zu einem Alter von sechs Jahren an. Liegt eine Suchterkrankung vor, muss die gemeinsame Betreuung von Mutter und Kind durch den PMI, den Hausarzt, den Kinderarzt und gegebenenfalls eine Substitutions-Einrichtung miteinander abgestimmt werden. Betrachtet man die soziale Lage der Frauen, so fällt auf, dass ungefähr die Hälfte von ihnen in einer Partnerschaft leben und mehr als die Hälfte auf Sozialhilfe angewiesen sind. Emotionale Isolation und die Abwesenheit von Unterstützung und Hilfe bilden somit weitere Risikofaktoren. Auch die Wohnsituation stellt in ungefähr der Hälfte der Fälle ein Problem dar. Oft ist die Unterkunft prekär oder schlicht gar nicht vorhanden. Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Es muss also viel Energie darauf verwendet werden, um Lösungen zu finden, die eine Trennung von Mutter und Kind verhindern – natürlich in Zusammenarbeit mit Verbänden und anderen vor Ort verfügbaren Strukturen. Die Koordination des Netzwerkes In der gesamten Betreuung ist die Koordination der einzelnen Beteiligten unerlässlich. Klinische Besprechungen mit der Frau sind notwendig, um die aktuelle Situation immer wieder neu zu be- „Die Frauen können frei über ihre therapeutische und soziale Begleitung entscheiden.“ werten und die eingeschlagene Richtung zu justieren. Die Koordinatorin des Netzwerks regelt für jede Patientin den Kontakt zwischen den jeweils beteiligten Partnern aus dem medizinischen, sozialen und psychologischen Bereich. Sie organisiert, wenn nötig, feste Termine mit den Beteiligten des Netzwerkes, um das Zusammentragen von Informationen und die Analyse von eventuellen Unstimmigkeiten zu ermöglichen sowie die Zusammenarbeit für die jeweilige Einzelsituation zu planen. Das Netzwerk nimmt auch in der Ausbildung und Unterstützung der beteiligten Professionellen eine wichtige Rolle ein. Hier werden Ängste besprochen, Unklarheiten in Sachen Sucht erläutert und Mediationsarbeit zwischen Mutter und Team geleistet. Daneben soll der Informationsaustausch zwischen den Hilfeleistern gefördert werden, sodass jeder Einzelne in seinem Einsatz unterstützt wird. Schwangerschaft als Chance Die Frauen sind während der Betreuung zu jeder Zeit frei, über ihre therapeutische und soziale Begleitung selbst zu entscheiden. Das Netzwerk macht Vorschläge, aber zwingt nichts auf. Schwangere oder junge Mütter werden eingeladen, an den Zusammenkünften der Beteiligten teilzunehmen, sobald eine Neuausrichtung ihrer Betreuung ansteht. Schwangere Frauen, die Drogen nehmen, entdecken anlässlich einer SchwanDr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 gerschaft häufig, dass sie nicht nur Drogenabhängige sind oder als solche von anderen wahrgenommen werden – sie erkennen, dass sie vor allem Frauen und werdende Mütter sind. Im Nachhinein berichten sie oft von ihrer Überraschung und Freude, ein Gefühl der Würde wiederentdeckt zu haben, dass ihnen lange Zeit abhandengekommen war. Die Schwangerschaft ist eine Zeit, die – wie für alle anderen Frauen – eine Zeit der Neugestaltung, der Veränderungen und der Hoffnung ist. Wir, als im Bereich Geburt Tätige, nutzen diese Zeit, um neues Vertrauen zu schaffen. Auch über die Geburt hinaus können diese Bindungen eine Langzeitbetreuung ermöglichen, die schließlich das Heranwachsen des Kindes entscheidend beeinflusst. ... mir geht‘s Goldi GOLDI Naturform - der Natur nachempfunden Und Louisa? Während der Schwangerschaft beendete Louisa schließlich die Beziehung zum Vater ihres Kindes und begann, den Kontakt zu ihren Schwestern und ihrer Mutter wieder aufzubauen. Mithilfe einer Sozialarbeiterin fand sie eine Wohnung in der Nähe ihrer Familie und sie bekommt nun auch finanzielle Unterstützung vom Staat. In der 36. Schwangerschaftswoche brachte sie ohne Komplikationen einen kleinen Jungen mit 2.500 Gramm Geburtsgewicht zur Welt. Die beiden verbrachten acht Tage in der KänguruEinheit, wo glücklicherweise keine Entzugserscheinungen beim Neugeborenen auftraten. Zu Hause wird sie nun von einer Kinderpflegerin unterstützt, sie hat regelmäßigen Kontakt zu einem Arzt und einer Sozialarbeiterin in ihrer Nähe. Mutter und Kind geht es richtig gut. ■ Übersetzung von Franca Liedhegener und Svea Weiss. Wann fühlten Sie sich zuletzt wie neugeboren? „Vorgestern abend – jedes Mal, wenn sich in meinem Leben neue Türen öffnen.“ Maïca Reichert geb. 1958, ist Hebamme und Koordinatorin des Netzwerks „Mutterschaft und Abhängigkeit“ in Straßburg. maica.reichert@ chru-strasbourg.fr :jgdCdgb :C,&"( :C&)(*%"' :C&)%%&"'"( ŐĞŵćƘ njĞƌƟĮnjŝĞƌƚĞŵ WƌƺĨǀĞƌĨĂŚƌĞŶ͗ ĨƌĞŝǀŽŶ ŝƐƉŚĞŶŽůͲ BPA GOLDI Naturform Oval NEU Der GOLDI Naturform Oval ist in seiner Form der Brustwarze noch ähnlicher und deshalb ƐƟůůĨƌĞƵŶĚůŝĐŚĞƌĚ͘Ś͘^ƟůůďĂďLJƐďĞŬŽŵŵĞŶ ĚĞŶ^ĂƵŐĞƌŶĂĐŚĚĞŵ^ƟůůĞŶ͕ĚĂŵŝƚƐŝĞ ŶŝĐŚƚŽŚŶĞEĂŚƌƵŶŐƐĂƵĨŶĂŚŵĞƵŶŶƂƟŐ ůĂŶŐĞĂŶĚĞƌƌƵƐƚŵƺŵŵĞůŶ͘ ^ŽǁŝƌĚĞŝŶĞƌmďĞƌďĞĂŶƐƉƌƵĐŚƵŶŐ ĚĞƌƌƵƐƚǁĂƌnjĞŶǀŽƌŐĞďĞƵŐƚ͘ GOLDI Naturform OvalŚŝůŌDƺƩĞƌŶ ĞŝŶĞůĂŶŐĞƵŶĚƐĐŚƂŶĞ^ƟůůnjĞŝƚ njƵĞƌůĞďĞŶ͘ Gerne informieren wir Sie ausführlicher. 'ƌĂƟƐGOLDI-Muster + Infos anfordern. WVP GmbH DĂƌƟŶĞƌĨĞůĚϵ͘ϱϰϮϵϰdƌŝĞƌ &ŽŶϬϲϱϭͲϲϵϵϯϯϬϳϮ ͘&ĂdžϬϲϱϭͲϲϵϵϯϯϬϳϯ ĞͲŵĂŝůǁǀƉŐŵďŚΛĂŽů͘ĐŽŵ www.goldisauger.de 38 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Kein Kinderwunsch Sonja Siegert und Anja Uhling „Ich will kein Kind.“ Eine unpopuläre Entscheidung Foto: Westend61 Bekommen die Deutschen zu wenige Kinder? Wie kann man die Geburtenrate steigern? Bei solchen Fragen werden oft die vermeintlich egoistischen Kinderlosen angegriffen. Zu Recht? Sonja Siegert und Anja Uhling haben Männer und Frauen ohne Kinderwunsch gefragt, was ihnen im Leben wichtig ist und wieso sie sich gegen Kinder entschieden haben. Sie räumen auch mit Vorurteilen auf: Denn die Kinderlosen sind weder schuld an einer „demografischen Katastrophe“ noch einsamer als Eltern. Und nein: Ein Kinderwunsch ist nicht „natürlich“. Deshalb haben wir Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen befragt, die sich keine Kinder wünschen – ältere und jüngere, Männer und Frauen, in Partnerschaft oder solo lebende, Heterosexuelle, Schwule und Lesben. Wir wollten wissen, wie sie leben, was ihnen wichtig ist und wofür sie sich einsetzen, aber auch, ob sie glauben, dass es einen Grund für die Entscheidung gegen Kinder gibt. Die Antworten sind sehr unterschiedlich, aber einen Satz haben wir immer wieder gehört: „Der Wunsch ist einfach nie entstanden.“ D „Ich muss mich nicht reproduzieren …“ ie Menschen, die sich keine Kinder wünschen, kommen in den aktuellen Debatten um sinkende Geburtenzahlen kaum zu Wort. Das ist erstaunlich, denn immerhin möchten 23 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen in Deutschland freiwillig kinderlos bleiben.1 Miriam sagt von sich, sie habe schon mit 14 Jahren gewusst, dass sie keine Kinder haben wird: „Ich habe das Gefühl, dass das in meinem Lebensplan nicht vorgesehen ist.“ Tanja findet: „Ich muss mich nicht reproduzieren. Ich halte es für Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Kein Kinderwunsch größenwahnsinnig, zu sagen: ‚Ich muss unbedingt einen Teil von mir in die Welt setzen.‘“ Susanne meint trocken: „Die schönen Erfahrungen mit Kindern haben nie dazu geführt, dass ich unbedingt ein eigenes Kind wollte.“ Es gibt auch Gründe, die mit den jeweiligen Lebensbedingungen zu tun haben: Gudrun hatte klar vor Augen, dass sie sich mit einem Kind finanziell von einem Mann abhängig gemacht hätte – jedenfalls so, wie vor dreißig Jahren in Westdeutschland die Kinderbetreuung aussah. In dieser Abhängigkeit hätte sie nie leben wollen. Claudia hatte eine sehr schwierige Kindheit, in der sie Gewalt und Einsamkeit erlebt hat, und ist sich sicher, sie hätte kein Kind heil großkriegen können. Vielen unserer GesprächspartnerInnen ist auch wichtig, sich aktiv für eine lebenswerte Welt einzusetzen: Für Ulrich haben die Überbevölkerung und die Ressourcenknappheit bei der Entscheidung gegen Kinder eine große Rolle gespielt. Thomas kann mit Kindern überhaupt nichts anfangen, sondern will sich lieber politisch engagieren. Auch Eva hat in ihrem Berufsleben vor allem für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in Afrika gearbeitet und weiß, dass das mit Kindern nicht gegangen wäre. Die meisten Menschen, mit denen wir sprachen, haben übrigens intensive Beziehungen zu Kindern – entweder kümmern sie sich beruflich mit viel Herzblut um sie oder sie ziehen die Kinder ihrer Partner mit auf, sorgen für Geschwister mit Behinderungen, sind leidenschaftliche Tanten und Onkel oder kümmern sich um die Kinder ihrer FreundInnen. So verschieden die Menschen und ihre Motive sind, eines haben wir oft gehört: dass die Entscheidung gegen Kinder auch aus einem großen Verantwortungsbewusstsein heraus gefallen ist. Alle GesprächspartnerInnen legen Wert darauf, dass jedes Kind ein Recht darauf hat, wirklich gewollt zu sein, und fast alle halten es für einen Skandal, dass so viele Kinder in unserer Gesellschaft zu wenig Förderung und Aufmerksamkeit bekommen. Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt chologisiert, es gilt als „heilbar“ durch gutes Zureden oder durch schlichtes Älterwerden. In unseren Interviews hörten wir von den absurdesten Vorwürfen – ganz oben auf der Hitliste: Kinderlose seien egoistisch, bewirkten den finanziellen Untergang des Landes und dächten nicht an die Rente. Und: Kinder haben zu wollen, sei doch normal, also stimme mit ihnen etwas nicht. Ist das so? „Demografische Katastrophe“ – sind die Kinderlosen daran schuld? Dass eine sinkende Bevölkerungszahl in Deutschland schlecht sei, geistert immer wieder durch Medien und politische Debatten. Dabei spricht einiges dafür, dass es sehr gut ist, wenn nicht alle Menschen Kinder bekommen: — Die letzte Frauengeneration, die ausreichend Kinder geboren hat, um die Elterngeneration zu ersetzen, waren die Frauen der Geburtsjahrgänge 1880/ 1881.2 Dennoch ist der allgemeine Lebensstandard in Deutschland seit dieser „Ich will kein Kind, weil ...“ „Abends mit Freunden in der Kneipe zu sitzen, auf Konzerte zu gehen, sich spontan mittags zu einer Pizza zu treffen, bei Stress und Kummer füreinander da zu sein – mehr brauche ich nicht zum Glücklichsein, ich habe nicht den Wunsch, einen Mann, ein Kind, ein Haus, ein Auto zu haben.“ Hannah, 35, Redakteurin Vorwürfe und Unterstellungen „Wenn ich als schwul lebender Mann einen Kinderwunsch hätte, hätten meine Eltern mit diesem Szenario sicher ein Problem. Ich glaube, da gibt es eher die umgekehrte Erwartung: dass ich als schwuler Mann doch gefälligst die Finger davon lassen sollte. Da sieht man, dass es gar nicht um Familie als solche geht, sondern um eine bestimmte Form von Familie, die sich gefälligst tradieren soll.“ Thomas, 36, Inhaber einer Internet-Agentur Ein Kinderwunsch muss heute im Allgemeinen nicht begründet werden – das Nichtvorhandensein dieses Wunsches aber sehr wohl. Das wird hinterfragt, psy- „Ich hätte mein Leben mit einem Kind anders einrichten müssen. Und ich habe mein Leben, so wie es war, sehr Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Zeit extrem gestiegen. Wohlstand, Solidarsysteme, Fürsorge für Hilfebedürftige haben also offenkundig mit der Fortpflanzung nichts zu tun. Im Gegenteil: Eine weltweite Untersuchung ergab, dass das Wirtschaftswachstum zurückgeht, wenn die Geburtenraten steigen.3 — Warum wird ständig der Eindruck erweckt, als schwinde die Bevölkerung in Deutschland und als seien „verblühende Landschaften“ zu erwarten? Das Gegenteil ist der Fall: Die Bevölkerung in Ost- und Westdeutschland ist innerhalb der letzten drei Jahrzehnte aufgrund von Zuwanderung von 78 auf 80,2 Millionen Menschen gewachsen. Warum wird nicht anerkannt, welche Bereicherung diese zugewanderten Menschen und ihre Kinder sind und was sie leisten? — Der Planet ist überbevölkert; auch die deutschen Kindergärten, Schulen, Universitäten, Großstädte (und Autobahnen) sind überfüllt. Hinzu kommt: Ein deutsches Kind verbraucht ungleich mehr Ressourcen und verursacht viel mehr genossen. Die Annehmlichkeiten des Singledaseins habe ich höher geschätzt als die Freuden der Mutterschaft. Natürlich hat mein Beruf auch eine große Rolle gespielt, die Reisen, ich habe so interessante Leute getroffen, ich habe viel dabei gelernt. Das hat mich glücklich gemacht – glücklicher, als eine Ehe mich hätte machen können. Mein Leben war mir so lieber.“ Eva, 78, Journalistin und Gutachterin im Ruhestand „Es wird vielleicht wirklich eine gewisse Leere sein, es wird keiner zu uns ins Altenheim kommen. Eine Kollegin von mir geht jeden Tag ihre Mutter im Altenheim besuchen und betüttelt sie. Aber das ist natürlich ein egoistischer Grund, der, glaube ich, beim Kinderwunsch eine gewisse Rolle spielt: Dann ist später jemand da, der sich kümmert. Aber unsere Entscheidung ist nun mal gefallen, und dann müssen wir uns damit auseinandersetzen, was wir aus dieser Situation machen. “ Ulrich, 58, Lehrer 39 40 Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Umweltschäden als ein Kind in einem technisch weniger entwickelten Land. Wäre es da nicht verantwortungsbewusster, sich mit der Fortpflanzung zurückzuhalten und sich lieber um die Menschen zu kümmern, die schon da sind, ob sie nun deutsch sind oder nicht? — Kinderlose gab es immer in der Geschichte. Sie hatten stets wichtige Funktionen: Sie lebten bei ihren alten Eltern, waren Knechte und Mägde, Hausangestellte, Soldaten, Geistliche, kümmerten „Vor allem kinderlose Frauen müssen sich Vorwürfe über angebliche Charakterdefizite gefallen lassen.“ sich um die Kinder anderer Leute. Es gibt heute anteilig nicht mehr Kinderlose als in früheren Jahrhunderten, die Zahl schwankte immer stark. Zeitweise waren mehr als ein Drittel der Frauen einer Generation kinderlos. Der große Unterschied zu früher: Diejenigen, die Kinder bekommen, bekommen heute weniger. Olle Kamellen: Frauen, Männer und ihre „Natur“ Ein anderer Mythos, der ständig unhinterfragt wiedergekäut wird, ist die angebliche „Normalität“ des Kinderwunsches, jedenfalls bei Frauen. Die Vorstellung von einem quasi natürlichen, jetzt erst so genannten „Kinderwunsch“ einer Frau, verbunden mit der Idee eines „Mutterinstinkts“, ist historisch recht neu; sie entstand erst ab dem frühen 19. Jahrhundert.3 Dass diese historisch gewachsenen Konzepte immer noch wirken, ist der Grund dafür, dass vor allem kinderlose Frauen sich Vorwürfe über angebliche Charakterdefizite gefallen lassen müssen, während kinderlosen Männern die Entscheidung eher als Privatsache zugebilligt wird. Jedenfalls wurde bisher kein „Elternschaftstrieb“ nachgewiesen, von dem Frauen nur um den Preis der „Unnatürlichkeit“ abweichen können. Im Gegenteil: „Die Tatsache allein, dass mütterliches Verhalten über Ideologiebildung abgesichert wird, spricht gegen seinen ‚natürlichen‘ Charakter. Mutterschaft Kein Kinderwunsch wird nicht immer als befriedigend und erfüllend erlebt. Es bedarf einer mythischen Verschleierung, um Mutterschaft, auch wenn sie als einengend oder bedrückend erlebt wird, zu idealisieren.“5 Andererseits stoßen Männer schnell auf Widerstand, wenn sie sehr wohl einen Kinderwunsch haben und sich auch noch intensiv um ihren Nachwuchs kümmern möchten. Sei es am Arbeitsplatz, wenn sie sich die Familienarbeit teilen wollen oder Elternzeit nehmen, sei es im Privatleben, wo sie manches Mal hämische Bemerkungen von anderen Männern ernten, wenn sie abends früh müde sind, mit dem Kinderwagen im Park gesichtet werden oder mit ihrem Sohn schmusen. Hinzu kommt: Menschen, die nicht der deutschen heterosexuellen Traumfamilie entsprechen und Kinder haben wollen – zum Beispiel schwule oder lesbische Paare, Menschen mit Behinderungen oder mit ausländischen Wurzeln –, erleben nicht selten, dass noch lange nicht jedes Kind willkommen ist, sondern dass es vielen BefürworterInnen aktiver Fortpflanzung in Wahrheit nur um die Reproduktion einer ganz bestimmten Familienform geht. Neue Debatten bitte! Schon 1930 charakterisiert Erich Kästner in seinem wunderbaren Gedicht „Patriotisches Bettgespräch“ die zeitgenössische Debatte so, wie sie heute unverändert geführt wird: „Hast Du, was in der Zeitung stand, gelesen? / Der Landtag ist mal wieder sehr empört / von wegen dem Geburtenschwund gewesen. / Auch ein Minister fand es unerhört.“ Und an späterer Stelle: „Geburtenrückgang – hat er noch gesagt – / sei, die Geschichte lehrt es – Deutschlands Ende.“6 Wollen wir nicht endlich mal andere Debatten führen? Zum Beispiel darüber, was sich Frauen und Männer zwischen 20 und 50 wünschen? Wie sie leben wollen, was sie für Ziele haben? Wünschen sie sich Kinder oder nicht? Und wenn sie mit Kindern leben wollen: Welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein? Das ist es nämlich, was die Menschen täglich beschäftigt. Zum Weiterlesen: Sonja Siegert, Anja Uhling: Ich will kein Kind. Dreizehn Geschichten über eine unpopuläre Entscheidung. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2013. www.ichwillkeinkind.de Literatur 1 Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung/ Höhn, Charlotte/Ette, Andreas/ Ruckdeschel, Kerstin: Kinderwünsche in Deutschland. Konsequenzen für eine nachhaltige Familienpolitik. Robert Bosch Stiftung, Stuttgart 2006, S. 20. www.bosch-stiftung. de/content/language2/downloads/BuG_ Familie_Studie_ Kinderwunsch.pdf 2 Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft. Eine wissenssoziologische Untersuchung von Kinderlosigkeit. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2010, S. 42 / Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung: Endgültige Kinderzahl je Frau der Geburtsjahrgänge 1865 bis 1965 in Deutschland (Stand: 2010). 3 Nach Karl Otto Hondrich: Weniger sind mehr. Warum der Geburtenrückgang ein Glücksfall für unsere Gesellschaft ist. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2007, S. 42. Hondrich bezieht sich auf die Studie von Robert Barro und Xavier Sala-i-Martin: Economic Growth, Cambridge (Mass.)/ London 1999. 4 Vgl. Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft, S. 40 ff. (siehe Fußnote 2) 5 Jessica Groß: Psychosomatik und Reproduktionsmedizin, in: Maria Beckermann/ Friederike M. Perl (Hg.): Frauen-Heilkunde und Geburts-Hilfe. Integration von Evidence-Based Medicine in eine frauenzentrierte Gynäkologie, Schwabe Verlag, Basel 2004, S. 922-953, hier S. 942. 6 Erich Kästner: Patriotisches Bettgespräch, in: ders.: Gedichte. Büchergilde Gutenberg, 7. Aufl., Frankfurt am Main 1997, S. 257. Wann fühlten Sie sich zuletzt wie neugeboren? „Nachdem ich im Urlaub abends noch einmal ins Meer gesprungen bin.“ Sonja Siegert geb. 1974, ist Journalistin und Lektorin, arbeitet als Referentin für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln. [email protected] „Am 14.11.1963, um 10:38 Uhr.“ Anja Uhling geb. 1963, ist Journalistin und Mitarbeiterin in einer medizinrechtlichen Anwaltskanzlei in Frankfurt am Main. [email protected] Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Bücher zum Weiterlesen Schwerpunkt: Schwangerschaft und Geburt Schwangerschaft und Geburt Bücher zum Weiterlesen Karl Heinz Brisch Schwangerschaft und Geburt Das Buch zeigt Möglichkeiten auf, wie man Eltern auf der Grundlage der Bindungstheorie beratend und psychotherapeutisch zur Seite stehen kann. Es beschreibt die Veränderungen der werdenden Eltern schon ab dem Zeitpunkt der Konzeption, während der gesamten Schwangerschaft sowie in der Zeit während und nach der Geburt. Ausführliche Therapiebeispiele verdeutlichen das Vorgehen und runden das Buch ab. Klett-Cotta, Stuttgart 2013, 207 S., 21,95 Euro Cornelia Enning Heilmittel aus Plazenta Medizinisches und Ethnomedizinisches Selbst hergestellte Heilmittel aus der Plazenta des eigenen Kindes bieten sich als Familientherapeutikum von der Kinderheilkunde bis zur Altenpflege an. 15 Rezepte zeigen, wie Plazenta leicht verarbeitet werden kann. Die Erläuterung der gesetzlichen Bestimmungen soll dem Leser helfen, mit der Herstellung und Eigenmedikation des ältesten Heilmittels der Welt sicher umzugehen. Erschienen 2003, 72 S., 14,50 Euro, Bezug über den Mabuse-Buchversand. Ute Taschner, Kathrin Scheck Meine Wunschgeburt – Selbstbestimmt gebären nach Kaiserschnitt Die meisten Mütter möchten ihr Kind verletzungsfrei auf natürlichem Wege zur Welt bringen. Dies trifft vor allem auf Frauen zu, die bereits einen oder mehrere Kaiserschnitte hatten und nun nach Alternativen zur operativen Entbindung suchen. Das Buch zeigt Schwangeren, ihren Partnern, GeburtshelferInnen und weiteren Fachpersonen Wege auf, wie dies gelingt. edition riedenburg, Salzburg 2012, 236 S., 24,90 Euro Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. „Du bist schwanger ... ... und nimmst Drogen?“ Nur wenige Drogenabhängige planen ein Kind. Dennoch entscheiden sich viele dafür und möchten ihr Leben verändern. Sie machen sich große Sorgen um die Gesundheit ihres Kindes und oft werden sie von Schuldgefühlen fast erdrückt, wenn es ihnen nicht gelingt, drogenfrei zu leben. Drogen sind tatsächlich eine Gefahr für die Gesundheit des Kindes. Aber: Auch Frauen, die Drogen gebrauchen, können viel dafür tun, dass ihr Baby möglichst gesund zur Welt kommt. Diese Broschüre informiert und macht Frauen Mut. Die Broschüre kann kostenlos auf der Internetseite der DHS in der Rubrik „Informationsmaterial – Broschüren und Faltblätter“ heruntergeladen oder bestellt werden: www.dhs.de Daniel Nakhla, Andreas Eickhorst, Manfred Cierpka Praxishandbuch für Familienhebammen Arbeit mit belasteten Familien Familienhebammen betreuen Schwangere, Mütter und Familien mit gesundheitlichen, medizinisch- oder psychosozialen Risiken und deren Kinder im ersten Lebensjahr. Das Tätigkeitsfeld erfordert Kenntnisse der relevanten Gesetzgebung, institutioneller Möglichkeiten und der (psychosozialen) Entwicklung über die ersten acht Wochen hinaus. Mabuse, Frankfurt am Main 2012, 208 S., 22,90 Euro Brigitte Renate Meissner Kaiserschnitt und Kaiserschnittmütter Frauen erzählen, was sie erlebten und wie sie ihren Kaiserschnitt verarbeitet haben Dieser Ratgeber unterstützt sehr einfühlsam all jene Frauen, die von ihrem Kaiserschnitt enttäuscht sind, und bietet Fachpersonen den Hintergrund, um besser zu verstehen, was diese Mütter bewegt und was ihnen hilft. Die Autorin gibt Geschichten und Erfahrungen von verschiedenen Frauen weiter. Erschienen 2003, 269 S., 19,80 Euro, Bezug über den Mabuse-Buchversand. Marina Marcovich, Theresia M. de Jong Frühgeborene – zu klein zum Leben? Geborgenheit und Liebe von Anfang an Frühgeborene brauchen bereits auf der Intensivstation elterliche Zuwendung, wie die Kinderärztin Marcovich zeigt: Hautkontakt, Streicheln und Zureden schenken Geborgenheit und wirken stabilisierend und kräftigend auf das Baby, sodass technische Maßnahmen und Medikamente vielfach reduziert werden können. Dieses Buch ermutigt Eltern und macht sie mit der Methode vertraut. Kösel, München 2008, 254 S., 16,95 Euro Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Auf unserer Homepage finden Sie einen weiteren Artikel zum Thema „Schwangerschaft und Geburt“, der sich mit der Akademisierung des Hebammenberufs beschäftigt: www.mabuse-verlag.de/ Downloads/2201/ 204_Bauer_Akademisierung.pdf 41 Lexikon Disease Management Das gesundheitspolitische Lexikon 42 Programme erklärt von Sandra Jessel, IGES Institut, Berlin D isease Management bedeutet KrankheitsManagement und ist eine aus den USA stammende Methode zur Organisation der Behandlung vor allem chronisch Kranker. In einem Disease Management Programm (DMP) werden zentral organisierte Behandlungspläne aufgestellt, die für alle daran teilnehmenden PatientInnen und meist für den gesamten Verlauf einer Erkrankung gelten. Flächendeckend eingeführt wurde dieses zuvor für das deutsche Gesundheitswesen unbekannte Versorgungsangebot im Jahr 2002 mit dem „Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung“. Drei Entwicklungen hatten dazu beigetragen. Zum einen waren jahrelange Diskussionen vorausgegangen, wie die als unbefriedigend betrachtete Versorgung vor allem chronisch Kranker zu verbessern sei. Bemängelt wurden Qualitätsprobleme und Schnittstellenschwierigkeiten zwischen den einzelnen Versorgungsbereichen sowie ein zu schwacher Einbezug rehabilitativer Behandlungskomponenten. Evidenzbasierte Versorgung Zum anderen wurde mit der wachsenden Bedeutung der „Evidence Based Medicine“ (EBM) gefordert, dass Behandlungen auf der Grundlage wissenschaftlich gesicherter aktueller Erkenntnisse stattfinden sollten. DMP vereinen konzeptionell all dies. Sie sollen auf der Basis bester medizinischer Evidenz für eine koordinierte, sektorenübergreifende Behandlung sorgen, um so eine bedarfsgerechte, qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Versorgung sicherzustellen. In Deutschland führte ferner ein entscheidender dritter Impuls zur DMP-Einführung, der zugleich die Hauptkritik an den Programmen zur Folge hatte: die Koppelung der DMP an den Risikostrukturausgleich (RSA) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bis Ende 2008. Danach erhielten Kassen für DMP-TeilnehmerInnen gesonderte finanzielle Mittel. Dies sollte Anreize für eine verbesserte Versorgungsqualität setzen, die unterschiedliche Morbiditätslast der Kassen ausgleichen so- wie die Zeit bis zur Einführung des morbiditätsorientierten RSA (Morbi-RSA) überbrücken. Masse statt Klasse lautete die Kritik. Verleite doch dies dazu, möglichst viele PatientInnen mit einer guten Prognose in möglichst kostengünstige Programme zu bringen. Mit Einführung des Morbi-RSA verloren die DMP ihre Rolle als finanzwirksames Risikomerkmal im RSA. Nun erhalten Krankenkassen nur noch eine Programmkostenpauschale, die den administrativen Aufwand der DMP decken soll. Mit mehr als sechs Millionen TeilnehmerInnen in der GKV sind DMP inzwischen Versorgungsroutine geworden. Sie werden bisher für sechs Indikationen angeboten: Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Brustkrebs, Asthma bronchiale, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung sowie Koronare Herzkrankheit mit einem integrierten Modul „chronische Herzinsuffizienz“. Patientenrelevante Ziele erreicht? Die Einführung der DMP ging mit einer lebhaften Kontroverse über ihren Nutzen einher. Inzwischen liegen dazu nach mehr als zehn Jahren Laufzeit Ergebnisse der gesetzlich vorgeschriebenen Evaluationen sowie weiterer Untersuchungen vor. Sie bestätigen, dass die Versorgung der PatientInnen inzwischen in hohem Maß mit medizinischen Leitlinien und den gesetzten Qualitätskriterien übereinstimmt. Ferner zeigen die Studien durchaus positive Effekte, etwa auf die Prozessqualität, aber auch auf medizinische Parameter. Offen bleibt jedoch, ob, vor allem patientenrelevante, übergeordnete Ziele wie beispielsweise die Vermeidung von Erblindungen und Amputationen oder die Verringerung der Sterblichkeit bei Diabetikern erreicht werden. Aussagen dazu sind anhand der verfügbaren Evaluationsdaten nur eingeschränkt möglich. Zudem bleibt ungeklärt, ob beobachtete, positive Effekte wirklich den DMP zuzuschreiben sind und ob die mit den DMP verbundenen Zusatzkosten in einem angemessenen Verhältnis zu den erreichten Wirkungen stehen. ■ Dr. med. Mabuse 204 · Juli/ August 2013 Palliative Care in der Behindertenarbeit Vom Fördern zum Lindern Foto: Klaus Rose/imagetrust Palliative Care in der Behindertenarbeit Stephan Kostrzewa, Arif Sayim, Daniela Scholz Menschen mit geistiger Behinderung werden in Deutschland erstmals in größerer Zahl alt. Deren Wohnstätten werden so immer mehr zu Orten der Palliativversorgung. Hierfür sind viele aber noch nicht gerüstet. Ein Projekt in Oberhausen hat sich der neuen Situation gestellt und zeigt, in welche Richtung sich Wohnstätten entwickeln könnten. Erste Ergebnisse stimmen positiv. n Wohnstätten für Menschen mit geistiger Behinderung leben zunehmend auch alte BewohnerInnen mit alterstypischen Erkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose, Rheuma oder auch Parkinson und Demenz. Hier kann oft nicht mehr geheilt, sondern nur noch gelindert werden. Insbesondere die Schmerzerfassung und -therapie stellt die betreuenden Teams vor große Herausforderungen. Erst seit etwa drei Jahren steht ein Fremdbeobachtungsinstrument, das eine erforderliche Schmerzbehandlung unterstützen kann, in deutscher Sprache zur Verfügung. I Leben und Sterben Wohnstätten für Menschen mit geistiger Behinderung werden also zunehmend zu Orten, in denen auch gestorben wird. Zurzeit sind KranDr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 kenhäuser noch deren häufigster Sterbeort, aber immer mehr Wohngruppen merken, dass ihnen dieses „Abschieben“ nicht behagt. Denn wollen sie ein Zuhause, ein Ort zum Leben sein, dann müssen sie den letzten Lebensabschnitt – das Sterben – ebenfalls mit in ihr Versorgungs- und Betreuungskonzept aufnehmen. Das macht es jedoch erforderlich, die pädagogischen MitarbeiterInnen in Palliative Care zu schulen, das bestehende Betreuungskonzept durch ein palliatives Konzept zu ergänzen und das Selbstverständnis der Wohnstätte zu einem Ort des Sterbens zu erweitern. Dass dieser Veränderungsprozess möglich ist, zeigt eine Wohnstätte für Menschen mit geistiger Behinderung in Oberhausen (Rheinland). Das Projekt Alsbachtal In der Wohnstätte Alsbachtal leben 20 Menschen mit Behinderung im Alter von 26 bis 50 Jahren. Dabei reichen die Behinderungen von geistiger Behinderung bis zu Schwerst-Mehrfachbehinderungen. Einige Bewohner gehen regelmäßig in Werkstätten arbeiten, andere wiederum sind schon im Rentenalter. Anstoß zum Projekt war im Jahr 2010 die Tumorerkrankung einer Bewohnerin. Das Team 43 war sich anfangs nicht sicher, ob es in der Lage sein würde, den Krankheitsprozess dieser Bewohnerin aushalten und begleiten zu können. Daraufhin schlug der behandelnde Hausarzt den Kontakt zu einer Beraterfirma vor, die dabei helfen sollte, ein tragfähiges und praktikables Konzept zur Palliativversorgung in der Wohnstätte für Menschen mit geistiger Behinderung zu erstellen, Mitarbeiter zu schulen und solche Fortbildungen zu verstetigen. Im Jahr 2012 sind in der Wohnstätte schließlich zwei Bewohner verstorben. Der Zustand der Bewohnerin mit der Tumorerkrankung hat sich im Verlauf des Projekts widererwartend stabilisiert. Da aber ein palliatives Verständnis schon weit vor dem eigentlichen Sterben ansetzt, konnten die MitarbeiterInnen auch für sie entsprechende lindernde Maßnahmen einleiten, etwa bei auftretender Übelkeit oder Schmerzen. Eigene Sterblichkeit thematisieren Zu Beginn des Projekts wurde deutlich, dass kaum einer der MitarbeiterInnen in Palliativversorgung und Sterbebegleitung geschult war. Die jeweiligen Ausbildungen zum Heilerziehungspfleger, Pädagogen, Sozialpädagogen oder Erzieher haben diese Inhalte schlicht und einfach nicht vermittelt. So war es auch verständlich, dass die MitarbeiterInnen zunächst darum gebeten haben, erst einmal die eigene Sterblichkeit zu thematisieren: „Ich habe noch niemals einen Sterbenden gesehen und ich habe mir auch noch niemals Gedanken über meinen Tod gemacht“, sagte eine Mitarbeiterin der Wohnstätte. Ebenfalls wurde zu Beginn des Projekts deutlich, dass die Themen „Umgang mit Sterben, Tod und Sterbebegleitung“ bisher aus dem Alltag in der Wohnstätte ausgeblendet worden waren. Hier zeigten sich dann in den ersten Schulungseinheiten zur Palliativversorgung, dass neben den rechtlichen Aspekten – „Dürfen wir überhaupt einen Bewohner hier in der Wohnstätte sterben lassen?“ – und den medizinisch-pflegerischen Bereichen, auch immer der Umgang mit eigenen Ängsten zum Sterben ein Thema war. Zudem dachten die Mitarbeiter, dass Menschen mit geistiger Behinderung kein „Todeskonzept“ hätten, weshalb sie auch nicht über das Sterben sprechen könnten. Das eigentliche Projekt musste sich also folgenden Aufgaben stellen: – eine Ist-Stand-Erhebung erstellen (mithilfe des Palliative Care Mapping©), – Mitarbeiterschulungen in Palliativversorgung durchführen, – Vernetzung mit bestehenden Palliativangeboten in der Umgebung unterstützen und – das Erreichte später evaluieren. Offene Kommunikation Zentraler Bestandteil einer gelebten Palliativkultur ist die offene Kommunikation über das Thema „Sterben“. Denn nicht einzelne palliative Maßnahmen und Techniken bilden den Kern von Palliative Care, sondern Aushandlungsprozesse – also das Aus- und Ansprechen von Ängsten, Bedürfnissen und Erwartungen an eine gute Palliativversorgung und eine individuelle Sterbebegleitung. Im Verlauf des Projekts wurde daher auf eine offene Kommunikation zwischen den MitarbeiterInnen und BewohnerInnen über diese Themen hingearbeitet. Hierbei stellte sich heraus, dass viele der in der Wohnstätte lebenden BewohnerInnen sehr wohl deutliche Vorstellungen haben, wie sie sterben möchten: „Ich möchte ohne Schmerzen sterben – und nicht hier, hier ist es zu laut. Meine Familie möchte ich vor meinem Tod noch sehen. Ich will aber nicht dabei sein, wenn meine Familie stirbt. Die möchte ich lieber so in Erinnerung behalten, wie sie sind“, sagte etwa Frau H., 45 Jahre alt, die sowohl eine körperliche als auch eine geistige Behinderung hat und im Rollstuhl sitzt. Äußerungen wie diese haben gezeigt, dass die „Sprachlosigkeit“ der MitarbeiterInnen rund um die Themen Sterben und Tod, sich auf die BewohnerInnen übertragen hatte. Gute Zusammenarbeit von Pflegekräften und Pädagogen Dadurch, dass insbesondere die pädagogischen MitarbeiterInnen im Laufe des Projekts zunehmend kompetenter in Palliativversorgung wurden, externe Anbieter von Palliativversorgung aktiv eingebunden wurden (etwa SAPV-Team und Hospizbewegung) und das Selbstverständnis der Wohnstätte sich zu einem Ort des Sterbens erweiterte, konnten zwei sterbende Bewohner bis zum Schluss in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben. Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Hier haben die pflegerischen und pädagogischen Mitarbeiter bei den sterbenden Bewohnern gemeinsam Aufgaben übernommen, unter anderem spezielle Mundpflege, Schmerzbeobachtung, Basale Stimulation (körpernaher Dialogaufbau) oder auch die Begleitung der Angehörigen. Einzelne Mitarbeiter haben sich trotz der anfänglichen Berührungsängste zeitweise sogar zu einer sterbenden Bewohnerin mit ins Bett gelegt, um ihr Nähe zu vermitteln und ihre Ängste zu nehmen. Fotos: Wohnstätte Alsbachtal Palliative Care in der Behindertenarbeit Evaluation des Erreichten Eine erneute Ist-Stand-Erhebung zum Ende des Projekts im Herbst 2012 hat gezeigt, dass mittlerweile viel selbstverständlicher über die Themen „Sterben, Tod und Sterbebegleitung“ zwischen allen Beteiligten gesprochen wird. Zudem wird die Begrenztheit der alltäglichen Förderkonzepte im besonderen Rahmen der Palliativversorgung, insbesondere zwischen den pädagogischen und pflegerischen Teammitgliedern, intensiv diskutiert. Denn Aktivierung, Förderung, Motivierung müssen zum Lebensende hin einer achtsamen, suchenden und gewährenden Haltung dem Betroffenen gegenüber weichen. Geistige Behinderung und Demenz Zurzeit befindet sich das Projekt in einer neuen Phase, denn in den letzten beiden Jahren wurden die Wohngruppen zunehmend durch sogenannte herausfordernde Verhaltensweisen von Menschen mit geistiger Behinderung und einer allmählich hinzugekommenen Demenzerkrankung konzeptionell und persönlich gefordert. Hintergrund ist, dass klassische Förderkonzepte bei Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz nicht funktionieren. MitarbeiterInnen in den Wohnstätten machten wiederholt die Erfahrung, dass sogenannte Korrekturen und das Arbeiten mit den Defiziten bei geistig behinderten Menschen mit Demenz absolut kontraproduktiv sind. Hier wird durch aussichtslose Aktivierungsversuche mehr Frustration erzeugt, als dass sich ein positiver Effekt bei den Betroffenen einstellt. Zu fragen bleibt: Kann Palliative Care auch hierbei weiterhelfen? Ganz klar: ja! In diesem Kontext versteht sich Palliative Care nicht als „Sterbebegleitung“ – Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Die Gedenkecke der Wohnstätte Alsbachtal zeigt den nun offenen Umgang mit den Themen Sterben und Tod in der Einrichtung (links). Der Bewohner Markus Picht, 31, lebt seit Ende 2012 in der Wohnstätte (oben rechts). wie sie häufig falsch übersetzt und verstanden wird, sondern als ein lindernder Ansatz, der die Ziele verfolgt, Lebensqualität zu steigern und Wohlbefinden zu erhalten. Insbesondere bei geistig behinderten Menschen mit Demenz erreichen wir eine Palliation durch eine gewährende Haltung. Das bedeutet, dass nicht korrektiv in das Verhalten der Betroffenen eingegriffen wird, sondern man sie in ihrer Demenz soweit wie möglich gewähren lässt. Das aber stößt auf unterschiedliche Widerstände in den Wohngruppen für Menschen mit geistiger Behinderung. Hier müssen MitarbeiterInnen immer wieder vermitteln, wenn MitbewohnerInnen das veränderte Verhalten eines Demenzerkrankten nicht nachvollziehen können. Es entstehen daher zunehmend zwei verschiedene Betreuungskonzepte – Fördern und Gewährenlassen –, die nur schwer in einer Wohngruppe zu vereinbaren sind. Neue Konzepte für die Zukunft? Da die Zahl von Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz steigt, werden in Zukunft Konzepte diskutiert werden müssen, die in der Behindertenarbeit zurzeit noch einen „negativen Reflex“ auslösen, etwa eine mögliche Segregation. Das heißt in diesem Fall, über getrennte Wohngruppen für die verschiedenen Betreuungskonzepte des Förderns und Gewährenlassens nachzudenken. Dabei geht es nicht darum, Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz auszuschließen, sondern ihnen ein Umfeld anzubieten, das die herausfordernden Verhaltensweisen akzeptieren und aushalten kann. ■ Stephan Kostrzewa geb. 1966, ist Sozialwissenschaftler und Altenpfleger. Er arbeitet als Projektbegleiter und Organisationsberater. [email protected] Arif Sayim geb. 1968, ist Heilpädagoge und Leiter der Wohnstätte Alsbachtal. [email protected] Daniela Scholz geb. 1980, ist Erzieherin und stellvertretende Leiterin der Wohnstätte Alsbachtal. [email protected] 45 46 Kommentar Pharma „Ein übler deutsch-deutscher Deal“ Arzneimittelversuche in der DDR Foto: privat B esonders kritische Momente in der Entwicklung eines Arzneimittels sind die Zeiten der klinischen Prüfungen, in denen zum ersten Mal gesunde (Phase I) und kranke Menschen mit der Krankheit, gegen die das Mittel später eingesetzt werden soll (Phase II und III), das neue Medikament einnehmen. Mit diesen Prüfungen sollen die Wirksamkeit, die Unbedenklichkeit und die pharmazeutische Qualität des jeweiligen Arzneimittels nachgewiesen werden. Der zweite kritische Moment ist die Anwendung von Arzneimitteln nach der Zulassung an einer größeren Anzahl an PatientInnen. Hier muss sich das Mittel noch einmal bewähren, vor allem auch im Hinblick auf die Unbedenklichkeit, da Risiken und unerwünschte Wirkungen, die eher selten auftreten, die aber dennoch problematisch und gefährlich sein können, zuvor nicht erkannt werden konnten. Ein Risiko von 1:10.000 kann Gerd Glaeske, geb. 1945, Arzneimittelexperte, Professor am Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) statistisch gesehen erst dann erder Universität Bremen. kannt werden, wenn 40.000 [email protected] Menschen das jeweilige Mittel eingenommen haben – an den klinischen Prüfungen sind in der Regel nicht mehr als 3.000 Menschen beteiligt. Voraussetzungen für klinische Prüfungen Aber vor allem für die TeilnehmerInnen der klinischen Prüfungen sind die Tests eine sensible Phase. Darum müssen vor ihrem Beginn auch Ethikkommissionen ein Votum dazu abgeben – es wird gefragt, ob die geplanten Prüfungen vertretbar sind, ob sie einen relevanten Zuwachs an medizinisch therapeutischen Kenntnissen versprechen, ob Aufbau, Zielvariablen und Auswertungen dem aktuellen Kenntnisstand entsprechen und ob die ÄrztInnen, die in diese Prüfungen einbezogen sind, auch die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen in der Durchfüh- rung solcher klinischer Prüfungen haben. Zudem müssen die PatientInnen vor Beginn aufgeklärt werden und ihre Einwilligung für die Beteiligung an einer solchen Prüfung abgeben. Die pharmazeutischen Hersteller sind im Übrigen verpflichtet, jeden beteiligten Patienten mit einer Versicherung in Höhe von einer Million Euro abzusichern. Im Mittelpunkt der Durchführung steht also immer die möglichst hohe Sicherheit der beteiligten Menschen, wie sie die „Deklaration von Helsinki“ von 1964 verlangt. Dort heißt es: „In der medizinischen Forschung am Menschen muss das Wohlergehen der einzelnen Versuchspersonen Vorrang vor allen anderen Interessen haben.“ Arzneimittelzulassung beschleunigen Was können dies für Interessen sein, die hier als nachrangig angesprochen werden? Es gibt immer wieder Hinweise darauf, dass klinische Prüfungen unter Verletzung solcher Anforderungen durchgeführt werden, weil etwa Pharmafirmen mit möglichst wenig Aufwand eine Zulassung erreichen wollen, um ihr Mittel auf den Markt zu bringen. Solche Studien sind vor allem aus Indien, Afrika, Südamerika oder osteuropäischen Ländern bekannt geworden. Da werden Behörden geschmiert, Ethikkommissionen – wenn die denn überhaupt existieren – übergangen und Ärzte unterschreiben die Aufklärungspapiere für Patienten, die oftmals nicht einmal ausreichend versichert sind. Auch ÄrztInnen könnten aus Forschungsgründen ein Interesse daran haben, möglichst rasch Ergebnisse zu produzieren, um sich damit wissenschaftlich zu qualifizieren. Außerdem werden sie für die Durchführung der klinischen Prüfungen zumeist bestens honoriert. Und es gibt auch immer wieder Hinweise darauf, dass sich gesunde Menschen aus finanzieller Not gleichzeitig an mehreren klinischen Prüfungen der Phase I beteiligen und zusätzliche Risiken in Kauf nehmen, wenn sie etwa bestehende Krankheiten verschweigen. Aber auch Kontrollbehörden können finanzielle Interessen haben – Korruption ist in vielen asiatischen, afrikanischen Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Pharma oder auch südamerikanischen Ländern ein Beschleuniger für Entscheidungsabläufe, die in vielen Fällen nicht zugunsten der PatientInnen getroffen werden. Und auch bei uns ist in manchen Fällen Geld ein Katalysator für die Durchführung von Studien – Drittmittel oder persönliche Zuwendungen kommen auch in Ländern vor, die eigentlich eine gut regulierte Marktüberwachung haben. Was passierte in der DDR? Nun wurde bekannt, dass westdeutsche Pharmafirmen auch in der DDR klinische Prüfungen durchführen ließen und die politischen sowie wissenschaftlichen Repräsentanten der DDR diese „Studienkooperation“ nachdrücklich stützten. Wer sich schon längere Zeit mit diesem Thema beschäftigt hat, war nicht wirklich überrascht, weil klinische Prüfungen für die DDR zumindest zwei Vorteile haben konnten: Zum einen kam durch die Prüfaufträge Westgeld ins Land – von 800.000 DM pro Prüfauftrag ist die Rede, ein Preis, der allerdings deutlich unter dem lag, was die Pharmafirmen in der BRD hätten zahlen müssen (dort wären drei- bis fünffach so hohe Kosten angefallen), mehr als 600 Prüfaufträge in 50 Kliniken soll es gegeben haben. Zum anderen kamen neue Arzneimittel in einen Staat, der mit erheblichen Versorgungsproblemen im Arzneimittelbereich zu kämpfen hatte. Aber sind dies Gründe, die zum Verständnis der bekannt gewordenen Menschenversuche beitragen können? Im Rahmen der Kooperation wurde etwa Erythropoietin (EPO) von Boehringer Mannheim, das als Dopingmittel im Radsport berühmt geworden ist, an Frühgeborenen getestet, um herauszufinden, ob dadurch die Anzahl roter Blutkörperchen vermehrt werden konnte. Geprüft wurden Herzmittel von Sandoz, in diesem Zusammenhang soll es Todesfälle gegeben haben. Das Bayer-Mittel Nimodipin wurde an Menschen mit Alkoholdelir geprüft, die in diesem Zustand gar nicht in diese Prüfung einwilligen konnten – Blutdruckabfall, Schwitzen und Zittern waren die Folgen, es hätte auch Todesfälle geben können. Auch die Mittel Trental®, seinerzeit ein von der Firma Hoechst vermarktetes Mittel, das angeblich bei Durchblutungsstörungen helfen sollte, oder das Diabetesmittel Glucobay®, bei dem ebenfalls eher Zweifel am Nutzen angebracht sind, wurden wahrscheinlich in der DDR geprüft. Mehr Schaden als Nutzen Der Anreiz für Westfirmen war offensichtlich, dass in der DDR klinische Prüfungen durchgeführt werden konnten, die in der BRD nicht genehmigt worden wären. Daher endet hier jeglicher Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Kommentar Versuch, Verständnis für die DDR-Führung in Bezug auf diese Kooperation gelten zu lassen: „Es war ein übler deutsch-deutscher Deal“, so äußerte sich der Bundesbeauftragte für die StasiUnterlagen, Roland Jahn, und unterstrich: „Unternehmen nahmen also billigend in Kauf, dass in der DDR Menschen auf der Strecke blieben.“ In diesem Zusammenhang ist es daher mehr als unverständlich, wenn Otmar Kloiber, der Generalsekretär des Weltärztebundes, der für Grundsatzfragen der ärztlichen Ethik in dieser Organisation mitverantwortlich ist, der Pharmaindustrie einen „Persilschein“ ausstellt: „Ich sehe nicht, wie man die Industrie dafür verantwortlich machen kann, dass in der DDR der Staat mit seinen eigenen Menschen in einer inakzeptablen Weise umgegangen ist.“ (taz, 21.5.2013) Keine stichhaltigen Argumente Wie kann das sein? Wo auch immer die Pharmaindustrie klinische Prüfungen durchführt, ist sie nach dem Arzneimittelgesetz an die „Deklaration von Helsinki“ gebunden und hat darauf zu achten, dass diese auch eingehalten wird. Die Industrie kannte das Umfeld und die Bedingungen in der DDR und hat beides gezielt gesucht. Und da soll sie nicht verantwortlich sein? In der gleichen Argumentationskette könnte man schlussfolgern, dass auch die ÄrztInnen keine Schuld trifft, wenn sie solche klinischen Prüfungen durchgeführt haben – denn auch sie kann man nicht dafür verantwortlich machen, wie der Staat mit seinen Menschen umgeht. Hat Herr Kloiber vielleicht nicht die Diskussionen um die Verstrickungen von ÄrztInnen im Nationalsozialismus wahrgenommen, in denen es um die Verantwortlichkeit und die Schuld von Industrie und Medizinern ging, obwohl der Staat seinerzeit auch in „inakzeptabler Weise“ mit seinen Menschen umgegangen ist? Transparenz und Entschädigung Es ist dringend erforderlich, die nun aufgedeckten klinischen Prüfungen transparent zu machen und den Schaden, den PatientInnen tatsächlich oder möglicherweise erlitten haben, anzuerkennen und Entschädigungen für erlittenes Leid zu zahlen – und das vor allem von den jeweils betroffenen pharmazeutischen Herstellern, die sich einen leichten Weg erkauften, neue Arzneimittel preisgünstiger und weniger aufwendig als in der BRD auf den Markt zu bringen. Der Profit, den sie mit diesen Mitteln gemacht haben, ist offenbar in einigen Fällen unter Missachtung des Wohlergehens der einzelnen Versuchspersonen zustande gekommen – und dies ist das Schlimmste, was man Herstellern vorwerfen muss, wo auch immer die klinischen Prüfungen stattfinden. ■ 47 Nachruf Foto: Walter H. Pehle 48 Ernst Klee, * 15. März 1942, † 18. Mai 2013 Couragiert und unbeirrbar Zum Tod von Ernst Klee Walter H. Pehle Am 18. Mai 2013 starb der Journalist Ernst Klee. Lange bevor die Öffentlichkeit Notiz von den Themen Psychiatrie und Behinderung nahm, gab er den Betroffenen ein Forum. Mit seinen Forschungen zur „Euthanasie“ im Dritten Reich begann Klee Mitte der 1980er Jahre: eine wichtige Auseinandersetzung über die Rolle der Ärzte im NS und deren Karrieren nach 1945. Damit prägte er nicht nur die Geschichtswissenschaft, sondern widerlegte auch die These der deutschen Ärzteschaft, nur wenige Ärzte hätten sich an den Verbrechen beteiligt. E rnst Klee, am 15. März 1942 in Frankfurt am Main geboren, war einer der bedeutendsten investigativen Journalisten und ein mehrfach ausgezeichneter Historiker der NS-Zeit. Nach einer Lehre als Sanitär- und Heizungstechniker holte er das Abitur nach, und begann Theologie und Sozialpädagogik zu studieren, was er abbrach, um sich dem Journalismus zu widmen. Psychiatrie-„Patienten“ und Behinderten. Er recherchierte, wenn nötig undercover, in Gefängnissen, Obdachlosen-Asylen, Psychiatrischen Anstalten und Behinderteneinrichtungen. Seine Reportagen für DIE ZEIT und den Hessischen Rundfunk wurden bald zur Legende. Mit welcher unglaublichen Arroganz die Psychiater damals mit der Kritik des „Laien“ Ernst Klee und ihren eigenen Patienten umgingen, ist in Dr. med. Mabuse Nr. 2 und 4 (1977) nachzulesen. Als Lehrbeauftragter an der Frankfurter Fachhochschule und Leiter des VHS-Kurses „Bewältigung der Umwelt“ arbeitete er jahrelang mit Behinderten und Nichtbehinderten zusammen. Die „Frankfurter Straßenbahnblockade“, bei der am 18. Mai 1974 Rollstuhlfahrer den gesamten Innenstadtverkehr von Frankfurt lahmlegten, war eine von vielen gelungenen Aktionen – immer im Zentrum des Geschehens: Ernst Klee, den Viele damals „Behindertenpapst“ nannten. Beginn der Behinderten-Bewegung Große Reportagen und gelungene Aktionen Seit Ende der 1960er Jahre hatte er sein Thema gefunden: die von der Mehrheitsgesellschaft verleugneten Realitäten der sozial Randständigen – der „Gastarbeiter“, Strafgefangenen, „Penner“, 1974 erschien sein innovativer „BehindertenReport“ und 1976 ein Nachfolgeband – in einer Auflage von insgesamt 150.000 Exemplaren. Die sogenannte Behinderten-Bewegung begann, die Bundesrepublik in kleinsten Schritten zu verDr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Nachruf ändern – etwa mit der satirischen Verleihung der „Goldenen Krücke“ an besonders behindertenfeindliche Einrichtungen im Jahr 1978. In dieser Zeit habe ich mit Ernst Klee als Verlagslektor zu tun bekommen und betreute seitdem alle seine 25 folgenden Publikationen. Mir war der hochgewachsene Rebell mit seinem gewaltigen Lockenkopf gleich sympathisch, der mutig gegen falsche Normen auftrat. Von niemandem ließ er sich seinen Schneid abkaufen, auch nicht vor dem Landgericht Frankfurt, wo er und viele MitstreiterInnen 1980 lautstark gegen ein skandalöses Urteil zum Nachteil der Integration von Behinderten demonstrierten. 1981 erschien als Summe seiner Beschäftigung das Handbuch „Behindert. Über die Enteignung von Körper und Bewusstsein“. Wie nun weiter? Ich erinnere mich an ein langes Gespräch im Drehrestaurant des Henninger-Turms über die Frage, was wohl dabei herauskommen würde, wenn er sein Thema auf die Zeit vor 1945 ausdehnen würde. Ein neues Thema: Medizinerverbrechen im NS Nach zwei Jahren Funkstille lieferte er ein umfangreiches Manuskript ab: „‚Euthanasie’ im NS-Staat“ – eine bis zu seinem Tode anhaltende zweite Schaffensphase hatte begonnen. An die Themen „Euthanasie“, Pharmazeuten- und Medizinerverbrechen hatte sich bis dato kaum ein Historiker systematisch herangewagt. Viele der Täter von einst lebten ja noch und waren hellwach. Couragiert und unbeirrbar drang Klee in das verminte wissenschaftliche Neuland ein. Dabei konnte er sich auf einige mutige Archivare und Staatsanwälte stützen. Sein Großkopierer fütterte zu Hause meterlange Aktenregale mit Quellen, aus denen Klee bei seiner Arbeit schöpfen konnte. So konnte zum Beispiel 1988 die Dokumentation „Schöne Zeiten“ über den Judenmord aus der Sicht der Täter und Gaffer im Zweiten Weltkrieg entstehen. Das provozierende Buch mit seinen entsetzlichen Schrift- und Foto-Dokumenten wurde bald in eine Ausstellung umgesetzt, die durch 25 Städte in Deutschland, Österreich und Norditalien wanderte und große Beachtung fand. Ich erinnere mich an bewegende Szenen und wütende Reaktionen aus dem Publikum – acht Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Jahre vor der ersten Wehrmachtsausstellung. Klee betätigte sich daneben immer wieder auch als Dokumentarfilmer. So schockierte er 1993 die Öffentlichkeit mit der mutigen ARD-Reportage „Die Hölle von Ueckermünde“, in der er die katastrophalen Verhältnisse in der DDR-Psychiatrie enthüllte. Die erschütternden Bilder von schwer hospitalisierten Patienten der Großklinik in Mecklenburg-Vorpommern lösten in Ost und West Entsetzen und Empörung, aber auch Abwehr aus. Die Auseinandersetzung um seine Dokumentation fasste Klee in einem Beitrag in dieser Zeitschrift zusammen. Darin zeigte er auch, unter welchen Vorzeichen der Doppelmoral die Debatte geführt wurde: „Kritik an der Westpsychiatrie ist erlaubt bis erwünscht. Missstände in der Ostpsychiatrie sind zu entschuldigen“ (Dr. med. Mabuse Nr. 85, 1993). Würdigung seiner Forschung Als „Außenseiter“ im Wissenschaftsbetrieb erhielt der unerschrockene Aufklärer Ernst Klee 1997 für sein Buch „Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer“ den Geschwister-Scholl-Preis. Der damalige Präsident der Berliner Ärztekammer, Ellis Huber, verneigte sich in einer weithin beachteten (und anschließend heftig kritisierten) Laudatio im Namen der deutschen Ärzteschaft vor der Jury, „die diese ermutigende Wahl getroffen hat“. Ernst Klee „hat das Gewissen der deutschen Mediziner aufgerüttelt und ein Tabu brechen helfen, das Ärztinnen und Ärzte in der BRD über vierzig Jahre hinweg errichtet hatten. […] Wir sind dabei, Lehren aus unserem Versagen zu ziehen und für eine Medizin zu kämpfen, die den Menschen dient.“ Zum Schluss dankte er Ernst Klee: „Sein Werk hilft uns, unsere Macht und Ohnmacht, unsere Verführbarkeit und unsere Stärke besser zu erkennen. Damit ist auch eine Chance eröffnet, eine bessere und menschliche Medizin zu verwirklichen.“ Mit diesem Werk widerlegte Klee noch einmal deutlich die lange von der organisierten Ärzteschaft vertretene These, dass sich in der sogenannten dunklen Zeit nur eine Handvoll Mediziner an den NS-Verbrechen beteiligt hätte. Klee wies nach, dass es Verbindungen zwischen den Menschenversuchen in den KZs und der „normalen“ Forschungsgemeinschaft gab. Gerade mit seinem akribischen Nachweis, dass die meisten der Täter ihre ärztlichen Karrieren nach 1945 unbeschadet fortsetzten, brachte Klee die Mauer des Verleugnens und Verdrängens in der deutschen Ärzteschaft ins Wanken: Ab Ende der 1980er Jahre beschäftigte sich unter anderem das Deutsche Ärzteblatt kritisch mit der Rolle der Mediziner im NS. Das Buch war also eingeschlagen, wurde breit und zustimmend rezensiert, erklomm Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste und wurde mit 40.000 Exemplaren zu einem großen Erfolg. Ernst Klee wurde vielfach ausgezeichnet. Die Aufzählung seiner Preise, Medaillen und Urkunden wäre ihm unangenehm gewesen. Erwähnt werden soll, dass seit 2005 eine „Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung“ in Mettingen nach ihm benannt ist – eine Ehrung, auf die er besonders stolz gewesen ist. Ein letztes Großprojekt In den letzten zehn Jahren hat Klee ausschließlich an Personenlexika gearbeitet, eine Berserkertätigkeit, die großen wissenschaftlichen Institutionen angestanden hätte. Sein drittes Personenlexikon „Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer“ hat er noch beenden können – es war ihm nicht mehr vergönnt, sein Erscheinen im August 2013 zu erleben. Die Nachricht von seinem Tode verbreitete sich schnell, auch im Ausland. Im Londoner Guardian schrieb der große britische Zeithistoriker, Sir Richard J. Evans, in seinem Nachruf: „Klee […] wurde in den 1990er Jahren zu so etwas wie dem [protestantischen] Gewissen des vereinigten Deutschland. […] Seine Lebensleistung beweist, dass ein couragierter wie entschlossener Journalist das nationale Gewissen aufzurütteln vermochte, während sich akademische Historiker in Deutschland schamhaft zurückhielten.“ Die Zeitgeschichtsforschung hat am 18. Mai 2013 einen ungewöhnlichen Gelehrten verloren, der S. Fischer Verlag einen zentralen Autor und ich einen Freund. ■ Prof. Dr. Walter H. Pehle geb. 1941, ist Historiker und war von 1976 bis 2011 Lektor des S. Fischer Verlages. [email protected] 49 50 Gesundheit anderswo Jorge vor dem Gesundheitszentrum in seinem Stadtviertel. Fotos: Andrea Bendl Zwischen HightechMedizin und Mangelverwaltung Chiles Zweiklassensystem in der Gesundheitsversorgung Andrea Bendl Die Gesundheitsversorgung Chiles hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Aber nach der weitgehenden Privatisierung des chilenischen Sozialversicherungswesens unter der Militärdiktatur Pinochets, leidet das Gesundheitssystem bis heute unter den Folgen. V or Kurzem spielte sich im Wartebereich eines privaten Ärztezentrums in Santiago de Chile Folgendes ab: Während ich mich noch über den hohen Rechnungsbetrag ärgere, den ich für meine eigene ärztliche Behandlung und Blutabnahme zu zahlen habe, kommt eine junge Schwangere in die Arztpraxis und fragt nach, wie viel die Messung der Schilddrüsenwerte kostet. Insgesamt rund 100 Euro lautet die Auskunft. Die junge Frau muss erst einmal schlucken, meint dann leise, das könne sie sich nicht leisten und geht wieder. Dabei ist doch gerade in der Schwangerschaft eine optimale Einstellung der Schilddrüsenwerte wichtig. Riskanter Notfall Ein paar Tage später bin ich bei Freunden eingeladen und höre eine weitere Geschichte. „Ohne das energische Einschreiten meines Bruders damals säße ich Ihnen heute wohl nicht gegenüber“, meint Jorge, 37 Jahre alt und gesetzlich versichert. Im April 2008 bekommt er eines Nachts plötzlich starke Bauchschmerzen. Innerhalb von zwei Stunden sucht er daraufhin gleich zwei Mal das öffentliche Gesundheitszentrum in seinem Viertel auf, bekommt dort jeweils Schmerzmittel und wird wieder nach Hause geschickt. Als die Beschwerden im Laufe des nächsten Morgens immer mehr zunehmen und er sich vor Schmerzen schon Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Gesundheit anderswo krümmt, bringt ihn seine Familie in das öffentliche Krankenhaus. Doch die Notaufnahme ist überfüllt. Die Familie wartet stundenlang, Jorge wird nicht einmal erstuntersucht. Da sein Zustand immer kritischer wird, fährt die Familie mit ihm schließlich in eine nahe gelegene Privatklinik. Dort kann er sofort behandelt werden, aber die Privatklinik verlangt vorab einen Blankoscheck. Damit wäre die Familie verpflichtet, alle anfallenden Kosten – egal in welcher Höhe – zu übernehmen. Da dies jedoch jenseits der finanziellen Möglichkeiten von Jorges Familie liegt, bringen sie ihn schnell zurück ins öffentliche Krankenhaus. Als Jorge dort nach einiger Zeit noch immer nicht untersucht wird, macht sein Bruder dem Personal in der Notaufnahme lautstark klar: Wenn man sich nicht auf der Stelle um Jorge kümmert, dann stirbt er. Jorge hat Glück, der diensthabende Oberarzt tastet seinen Bauch ab und eine halbe Stunde später ist Jorge im OP. Diagnose: Blinddarmdurchbruch mit Bauchfellentzündung. Große soziale Unterschiede Heute ist Chile eine Präsidialrepublik mit Sebastián Piñera als Staatsoberhaupt. Er ist 2010 in einer Stichwahl gewählt worden und der erste konservative Präsident seit dem Ende der Diktatur. Wenige Tage vor seiner Wahl ist Chile als erstes südamerikanisches Land Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geworden – eine Art Gütesiegel für demokratische Strukturen und eine funktionierende Marktwirtschaft. Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Seit Jahren wächst die chilenische Wirtschaft sehr solide, doch nach wie vor gibt es große soziale Verteilungsunterschiede bezüglich Einkommen und Vermögen. Chile gehört zu den Ländern mit der größten Ungleichverteilung von Einkommen weltweit. Idealerweise öffentliche Güter wie Gesundheitsversorgung und Bildung müssen von den BürgerInnen großteils privat finanziert werden – ein Erbe des Wirtschaftsmodells der Diktatur. Aus diesem Grund gibt es in Chile in den letzten Jahren zunehmend soziale Proteste. Auch in den deutschen Medien wurde über die nicht immer ganz friedlich ablaufenden Studentenproteste in den Straßen der Hauptstadt berichtet. Doch nicht nur für eine kostenlose und allen zugängliche Bildung oder für Umweltbelange wird protestiert. Auch eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens wird zunehmend von vielen sozialen AkteurInnen, BürgerInnen und Gesundheitsfachkräften gefordert. Der insgesamt große Fachkräftemangel hat auch mit den enormen Studiengebühren zu tun, denn Medizin gehört zu den teuersten Studiengängen in Chile. Pro Jahr muss man bis zu 10.000 Euro Studiengebühren bezahlen – und das Studium dauert sieben Jahre. Als Krankenschwester oder Hebamme studiert man fünf Jahre und bezahlt pro Jahr fast 6.000 Euro Gebühren. Dazu kommt, dass sich der Ressourcenmangel im öffentlichen Gesundheitssystem auch auf das Personal auswirkt. Die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne führen zu Streiks und zur Abwanderung ins private System. Es verwundert also nicht, dass inzwischen 50 Prozent der ÄrztInnen im öffentlichen Gesundheitssystem aus anderen lateinamerikanischen Ländern kommen, wo die Löhne noch niedriger sind. Seit der Wirtschaftskrise kommen sie auch vermehrt aus Spanien. Folgen der Privatisierung Chiles private Krankenversicherungen, die „Instituciones de Salud Previsional“ (ISAPREs), haben im Jahr 2012 einen Gewinn von rund 128 Millionen Euro erwirtschaftet und sind damit eine der rentabelsten Branchen der chilenischen Wirtschaft. Die ISAPREs betreiben eine strikte Risikoselektion und zählen hauptsächlich jüngere Gutverdienende mit niedrigen Risiken zu ihren Versicherten. Ihre Leistungen beruhen auf dem Äquivalenzprinzip, was bedeutet, dass der Versicherungsumfang des Einzelnen durch die Höhe seiner risikoabhängigen Monats- Während der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet von 1973 bis 1990 wurde das chilenische Gesundheitswesen stark privatisiert. Seitdem herrscht in Chile (auch) im Gesundheitsbereich ein Zweiklassensystem. Während ein kleiner, gut verdienender Teil der Bevölkerung eine medizinische Versorgung auf HightechNiveau erhält, wird der Großteil der ChilenInnen in staatlichen Krankenhäusern behandelt, die von überfüllten Wartezimmern, fehlenden Medikamenten und einem Mangel an Fachpersonal geprägt sind. Undurchsichtige Privatversicherungen 51 52 Gesundheit anderswo Vivian Weigert, Dr. med. Wolf Lütje Das große Mama-Handbuch Alles über Schwangerschaft, Geburt und die ersten 10 Monate mit Baby Mit MamaPlus: Bonusmaterial auf www.mama-kind-buch.de Das derzeit fundierteste, wissenschaftlich aktuellste, schönste und emotionalste Handbuch für Schwangerschaft, Geburt und die ersten 10 Monate mit dem Baby. Es beantwortet alle aufkommenden Fragen, egal ob medizinische oder ganz intime. Im Mama-Handbuch ist Mama Königin, die ihre Schwangerschaft voll und ganz genießen kann! Geb., 432 S., 29,99 €, ISBN: 978-3-466-34550-2 prämie bestimmt wird. Je nach persönlichem Versicherungsschutz kommen so auch auf die Privatversicherten im Krankheitsfall unterschiedlich hohe Zuzahlungen zu. Die Versicherungsprämien werden jedes Jahr angepasst, also gesteigert, und es werden keine Altersrückstellungen gebildet. Das bedeutet, dass sich die private Krankenversicherung mit steigendem Alter massiv verteuert, was dazu führt, dass 87,9 Prozent der BürgerInnen über 60 Jahre im öffentlichen System versichert sind. Für kostenintensive Krankheiten wie Krebs muss daher zusätzlich eine sogenannte Versicherung für katastrophale Erkrankungen abgeschlossen werden, damit der Eigenanteil nicht zum finanziellen Ruin führt. Der private Versicherungsmarkt ist insgesamt sehr intransparent, denn es gibt unzählige Arten von Versicherungsverträgen. Informationen der chilenischen Gesundheitsbehörde zufolge wurden Anfang 2011 insgesamt über 50.000 verschiedene Formen von privaten Krankenversicherungsverträgen angeboten. Hinzu kommt die Komplexität der Verträge, die einen direkten Vergleich der Angebote für die Versicherungsnehmer extrem schwierig macht. Medizinische Grundversorgung für alle Regina Masaracchia „Wie, du stillst nicht?“ Das Praxishandbuch für Mütter, die nicht stillen wollen oder können Nicht stillen: öffentlich ein Tabu-Thema. Doch aus welchen Gründen auch immer es mit dem Stillen nicht klappt oder sich Frauen dagegen entscheiden, sie haben ein Recht auf Unterstützung und Informationen. Hier erfahren sie alles zum Thema Säuglingsernährung ohne Stillen und alternative Wege zur tiefen Mutter-KindBindung. Praktisch, lebensnah und vorurteilsfrei. Paperback, 144 S., 16,99 €, ISBN: 978-3-466-34566-3 Der öffentliche Krankenversicherungsträger „Fondo Nacional de Salud“ (FONASA), der auf dem Solidarprinzip basiert und jeden – unabhängig von seinen gesundheitlichen Risiken – aufnehmen muss, hatte im Jahr 2011 einen Versichertenanteil von 81,9 Prozent der knapp 17 Millionen ChilenInnen. Er finanziert sich über einen Pflichtbeitrag von sieben Prozent des Bruttoeinkommens und staatliche Zulagen. Arme oder Mittellose und Geringverdiener bis zu einem Einkommen von rund 300 Euro brutto erhalten eine kostenlose medizinische Grundversorgung ohne Eigenbeteiligung. Beide Gruppen machen zusammen zwei Drittel der FONASA-Versicherten aus, was etwa neun Millionen ChilenInnen entspricht. Gut- und Besserverdienende müssen 10 bis 20 Prozent der Therapiekosten selbst tragen. Verbesserungen in kleinen Schritten Chile ist, wie viele andere Schwellenländer mittlerweile auch, zunehmend von typischen Zivilisationskrankheiten betroffen. Aktuell gehört Chile zu den vier OECD-Ländern mit der höchsten Prävalenz von Adipositas – hiervon betroffen sind vor allem Familien mit niedrigem Einkommen. Außerdem befindet sich auch Chile im demografischen Wandel mit einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung. „Heute weist Chile im internationalen Vergleich gute Gesundheitsindikatoren auf.“ Zu den positiven Errungenschaften des chilenischen Gesundheitssystems zählt beispielsweise der Rückgang klassischer Infektionskrankheiten. Das konnte unter anderem durch die starke Ausrichtung auf Public Health erreicht werden, das heißt auf breitenwirksame präventive Maßnahmen wie eine einheitliche Seuchenbekämpfungsstrategie. Heute weist Chile im internationalen Vergleich gute Gesundheitsindikatoren auf, etwa die hohe Lebenserwartung oder die niedrige Kinder- und Müttersterblichkeit. Im Jahr 2005 ist für das Gesundheitswesen der „Plan AUGE“ (Acceso Universal de Garantías Explícitas = umfassender Zugang mit ausdrücklichen Garantien) in Kraft getreten. Auch wenn er seitdem auf viel Kritik gestoßen ist, weil es noch immer an Präventionsmaßnahmen fehle und die Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Sektor nicht verbessert wurde, hat er dennoch zur Reduzierung von Wartezeiten und Zuzahlungen bei bestimmten Erkrankungen wie Krebs, Diabetes und Bluthochdruck geführt. Ein aktuelles Beispiel für die verbesserte Versorgung ist auch, dass bei dem Ausbruch der Hirnhautentzündung Meningitis W135 im vorigen Jahr innerhalb kurzer Zeit kostenlose Impfungen für alle Kinder zwischen neun Monaten und fünf Jahren zur Verfügung gestellt werden konnten. ■ Eine Literaturliste kann bei der Autorin angefordert werden. Andrea Bendl geb. 1978, ist Hebamme und Diplom-Pflegewirtin (FH). Sie hält sich regelmäßig in Chile auf. [email protected] Dr. med. Mabuse 204 · Juli/August 2013 Recht und Gesundheit Kommentar Hohe Nachfrage Pränataldiagnostik von vielen Frauen erwünscht D ie neuen nicht-invasiven Bluttests, mit deren Hilfe derzeit vor allem Trisomien bei Feten entdeckt werden können, erweisen sich als gewinnträchtig – zumindest für die Hersteller. In Deutschland, wo der Praena-Test anfangs nur zur Fahndung nach Trisomie 21 eingesetzt wurde, mittlerweile aber auch für Trisomie 13und Trisomie 18-Prognosen, haben nach Angaben des Herstellers LifeKodexx, innerhalb von sechs Monaten 2.000 Schwangere auf eigene Rechnung die Untersuchung durchführen lassen. Angesichts dieses Erfolgs wurden die – derzeit privat zu begleichenden – Kosten von 1.250 auf 825 Euro gesenkt. lungsbereich – in dem es um das Selbstbestimmungsrecht der Frau geht, um die Frage, ob es ein Recht auf ein nicht behindertes Kind geben kann, um den Konflikt von Interessen der Schwangeren und Interessen des Fötus, von individuellen Wünschen und gesellschaftlichen Erwartungen – weitgehend zurückgezogen. Das Gendiagnostikgesetz hat gerade in diesem wichtigen Bereich der vorgeburtlichen Diagnostik auf Regelungen verzichtet. Und nicht nur das: Weder der Gesetzgeber noch sonst jemand weiß, was hier in diesem Spannungsfeld von medizinischer Technologie, sozialen Hoffnungen und ethischen Bedenken eigentlich wie oft aus welchen Motiven und mit welchen Konsequenzen entschieden wird. Motive noch ungeklärt Foto: privat Erhebliche Kontroversen Die gesellschaftliche Debatte über den Test, den der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung noch vor seiner Einführung vergeblich verbieten lassen wollte, ist derweil weitgehend Oliver Tolmein, geb. 1961, ist Fachanwalt für Medizinrecht. Er ist Partner der Anwaltskanzlei zum Erliegen gekommen. Das „Menschen und Rechte“ in Hamburg und führt liegt allerdings nicht daran, dass auf www.faz.net einen Blog zu Biopolitik. sich Abtreibungskritiker, BioEr war als Sachverständiger an der hier kommentierten Anhörung im Familienausschuss beteiligt. ethikerInnen, Humangenetiker oder StreiterInnen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einig wären – selbst im Ethikrat hat das Thema zu erheblichen Kontroversen und gleich zwei Minderheitenvoten geführt. Davon beklagt eines, die Ratsmehrheit wolle Schwangeren „den Zugang zu wichtigen Informationen erschweren“, die sie als unentbehrlich für ihre verantwortliche Entscheidung ansähen. Das andere verlangt, dass keine öffentlichen Gelder in die Entwicklung von Verfahren wie dem Praena-Test fließen dürfen. Schwierig geworden ist die Debatte offenbar wegen der erdrückenden Macht des Faktischen – die Tests werden angeboten, die Frauen fragen sie in erheblichem Umfang nach und die Zahl der Indikationen steigt. Der Gesetzgeber, so scheint es, hat sich aus diesem heiklen RegeDr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Mehr sozialempirische und ethische Begleitforschung zur Anwendung der Tests wäre eine Voraussetzung dafür, Ansatzpunkte für Regulierungen zu finden oder auch den Verzicht auf weitergehende Eingriffe des Gesetzgebers legitimieren zu können. Es macht nämlich einen Unterschied, ob Frauen einen Test durchführen lassen, weil sie auf keinen Fall ein Kind mit Behinderung haben wollen, oder ob sie sich vor stigmatisierenden Reaktionen der Umwelt fürchten beziehungsweise sich angesichts der erheblichen Schwierigkeiten, mit denen Familien mit behinderten Kindern zu kämpfen haben, dem nicht gewachsen fühlen. Überdies gibt es in manchen, zugegebenermaßen eher seltenen Fällen auch ganz andere Gründe pränataldiagnostische Tests durchzuführen: gerade wenn die Geburt von Kindern mit Trisomie 18 befürchtet wird, macht es für manche Paare Sinn, möglichst viel zu wissen, um dann gegebenenfalls nicht im Krankenhaus zu entbinden, sondern zu Hause, wo das schwerbehinderte Kind, das oftmals kurz nach der Geburt sterben wird, von vornherein palliativ versorgt werden kann und nicht erst in die standardisierten Abläufe einer kurativ orientierten neonatologischen Intensivmedizin gerät (die in anderen Fällen höchst wertvoll sein kann). ■ 53 Gesundheitsexperten von morgen von morgen: Studentinnen des Masterstudiengangs Angewandte Physiologie für Hebammen – Gesundheitsexpertinnen 54 Wieviel Hilfe bieten Patienteninformationen? Eine Analyse des Merkblattes „Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt“ NutzerInnen des Gesundheitssystems ertrinken förmlich in einer ansteigenden Flut von Merkzetteln, Entscheidungshilfen und Aufklärungsbögen. Diese Materialien sollen den PatientInnen Hilfestellung geben und medizinische Zusammenhänge verständlich machen. Studentinnen des Masterstudiengangs Angewandte Physiologie für Hebammen wollten – anhand eines konkreten Beispiels – herausfinden, ob Informationen, die von unabhängigen Institutionen für Schwangere herausgegeben werden, diesen Ansprüchen gerecht werden. U nter der Leitung der Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin Christine Loytved haben wir, das sind 24 Studentinnen des Masterstudiengangs „Angewandte Physiologie für Hebammen“ an der Fachhochschule Salzburg/Puch aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, uns mit der Frage der „Gütekriterien“ für Patienteninformationen beschäftigt. Wir haben das Beispiel „Überschreitung des Geburtstermins“ gewählt, weil seit August 2010 die Leitlinie „Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung“ (derzeit in Überarbeitung) nicht nur in Deutschland Anwendung findet. Darin werden „gewichtige Gründe, allen Schwangeren die Einleitung möglichst bald ab 41+0 Schwangerschaftswochen (SSW) zu empfehlen“, benannt. Gleichzeitig sollte beim Beratungsgespräch zur Einleitung jedoch darauf hingewiesen werden, dass sich die prozentuale Rate der kindlichen Todesfälle bei abwartendem Verhalten zwar signifikant erhöht, „sich die absoluten Zahlen aber immer noch in einem sehr niedrigen Bereich bewegen“. In der Praxis wird die Leitlinie aber als Empfehlung verstanden, die Geburt einzuleiten, sobald der Geburtstermin um eine Woche überschritten ist. Daher erleben Schwangere wesentlich mehr Einleitungen als bisher. Ziel des frühen Eingreifens ist es, die Totgeburtenrate, die scheinbar nach mehr als einer Woche Überschreitung des Termins leicht ansteigt, zu senken. Seit Einführung der Leitlinie sind zwar die Einleitungen von 20,6 Prozent im Jahr 2010 auf 22 Prozent aller Geburten im Jahr 2011 angestiegen. Der Beweis, dass dadurch die perinatale Mortalität beeinflusst werden konnte, steht aber noch aus (Schwarz 2012). Nach den Empfehlungen des Deutschen Hebammenverbandes liegt kein Grund für eine Einleitung vor Ablauf der normalen Schwangerschaftsdauer von bis zu 42 Wochen vor. Da die Evidenzlage so uneindeutig ist, ist es umso wichtiger zu wissen, welche Informationen Schwangere für ihre Entscheidungsfindung benötigen und wie diese aufbereitet sein sollten (Knorr et al. 2012). Welche Kriterien sollten erfüllt werden? Anke Steckelberg und ihre Kolleginnen an der Universität Hamburg haben elf Kriterien für eine evidenzbasierte Patienteninformation erarbeitet (Steckelberg 2005), anhand derer wir das online verfügbare Merkblatt „Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt“ von www.gesundheitsinformation.de untersucht haben. Es wurde vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt, dem unabhängigen wissenschaftlichen Institut, welches im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses den Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen untersucht. Darüber hinaus haben wir Mütter mit bis zu einjährigen Kindern aus unserem Umfeld dazu befragt, was sie von diesem Informationsblatt halten. Evidenzbasierung Eine grundlegende Mindestanforderung an eine Informationsbroschüre ist es, dass die Informationen auf aktuellen wissenschaftlichen Studien basieren. Diese Forderung wurde auch von den befragten Frauen formuliert. Wir fragten uns jedoch, ob bei der Erstellung des Merkblattes tatsächlich alle relevante Literatur eingeflossen ist. Es wird die aktuelle Cochrane-Metaanalyse zum Thema zitiert Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Gesundheitsexperten von morgen An Universitäten und Fachhochschulen ebenso wie in Alten-, Krankenpflegeund Hebammenschulen setzen sich junge Menschen mit spannenden Themen auseinander, die oft keinen Raum in der öffentlichen Diskussion finden. Diese Rubrik bietet ihnen die Möglichkeit, interessante Projekte, Seminaroder Abschlussarbeiten zu veröffentlichen. Die Redaktion freut sich über Vorschläge und Einsendungen! Kontakt: [email protected] Abb. aus: Shari Weisberg: „Keeping up with science“ , Library of Congress, LC-USZC2-802 (Gülmezoglu 2012), aber nicht das Review der schwedischen Gynäkologin Ulla-Britt Wennerholm. Beide Arbeiten nutzen den gleichen Studienpool – kommen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nach Wennerholm (2009) liegt – zumindest bei risikoarmen Schwangerschaften – kein Grund für eine Einleitung der Geburt vor Ablauf von 14 Tagen nach dem errechneten Geburtstermin vor. Für alle Schwangeren mit zusätzlichen Risiken (außer einer Terminüberschreitung) liegen bislang keine Studienergebnisse vor. Behandlungsoptionen offenlassen Eine weitere Forderung an Patienteninformationen lautet, dass alle Behandlungsoptionen gleichberechtigt nebeneinander dargestellt werden sollen. Bei der kritischen Betrachtung des Merkblattes fällt jedoch auf, dass die Behandlungsoption „Abwarten“ (mit Überwachen) vernachlässigt wird. Es werden nur unterschiedliche Einleitungsmethoden diskutiert. So beschäftigt sich ein kurzer Abschnitt mit der Frage „Was können wir selbst versuchen, um die Geburt in Gang zu bringen“. Hier werden alternative Einleitungsmethoden wie die Einnahme von Rizinusöl aufgezählt und vor deren schädlichen Nebenwirkungen wie etwa Übelkeit gewarnt. Eine der von uns befragten Frauen aus Österreich liest „eine äußerst schulmedizinisch-kritische Einstellung gegenüber alternativen bzw. komplementären Methoden“ heraus. Es wird jedoch nicht erläutert, mit welchen Problemen eine Schwangere rechnen muss, wenn sie sich gegen eine Einleitung entscheidet. Unterschiedliche Einschätzungen Sehr unterschiedlich bewerteten die Frauen die Informationen über die Berechnung des Geburtstermins im Merkblatt. Die Einschätzungen reichen von: „zu ausführlich, [...] diesen Abschnitt müsste man nicht auf über einer Seite diskutieren“ bis zu „ganz gut fand ich, dass die Errechnung Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 des Geburtstermins noch einmal erklärt wird“. Die Gesundheitsinformationen des IQWiG werden zwar PatientInnen-VertreterInnen vorgelegt, bevor sie veröffentlicht werden, ob in diesem Fall auch betroffene Mütter dabei waren, wird jedoch nicht ersichtlich. Tendenziöse Formulierungen Die Methoden zur Überwachung, ob es dem Kind gut geht, werden zwar beschrieben, ihre Sinnhaftigkeit jedoch gleich wieder infrage gestellt: „Die größten Risiken einer Übertragung für das Baby treten ohnehin erst während der Geburt auf. Was dabei passiert, lässt sich aber nicht vorhersagen.“ Eine der befragten Frauen meinte zu diesem Abschnitt, dass sie sich im Hinblick auf die potenzielle Leserschaft und deren Gemütszustand eine schonendere Formulierung gewünscht hätte. Eine andere Frau vermisste „Tipps, wie man die Zeit der Übertragung für sich sinnvoll gestalten kann und den Hinweis darauf, dass solche Tage im Leben unglaublich selten sind, Tage, die unverplant sind und unerwartet kommen, an denen man nichts zu tun hat und den Tag vor sich hinleben kann“. Formulierungen wie „Eine Geburtseinleitung ist kein Notfall – Sie sollten ausreichend Zeit haben, sich mit dem Gedanken daran vertraut zu machen“ zeigen, dass es hier offensichtlich nicht darum geht, Vor- und Nachteile einer Einleitung gegenüber dem Abwarten abzuwägen. 55 Gesundheitsexperten von morgen expertinnen von morgen: Studentinnen des Masterstudiengangs Angewandte Physiologie für Hebammen – G 56 Im Merkblatt des IQWiG wird der Tod des Kindes gleich vier Mal erwähnt, wie einer der von uns befragten Mütter aufgefallen ist. Sie meint, dass sie diese Information im IQWiG-Merkblatt erschreckt und eher verunsichert habe. Eine andere Frau, die bei der Geburt ihres zweiten Kindes 13 Tage nach dem errechneten Termin eine Geburtseinleitung erlebt hatte, meinte dazu: „Generell ging es mir beim Lesen so, dass ich dachte, es ist gut, dass ich den Flyer nicht gelesen habe, als ich selbst in der Übertragungssituation war. Selbst heute hat er mich beunruhigt, da das Thema Totgeburt doch sehr viel Raum einnimmt und das ‚Risiko’ sehr in den Vordergrund gerückt wird“. Angaben wie „solange aber keine besonderen Probleme auftreten, geht es dem Kind sehr wahrscheinlich gut“ erscheinen einzelnen Schwangeren zu ungenau und daher verunsichernd. Die tatsächlichen Häufigkeiten hätten manchen Frauen eher geholfen, die Information einordnen zu können. Unvollständige Informationen Das Merkblatt arbeitet bei der Beschreibung der Geburtseinleitung mit eher verharmlosenden Formulierungen wie „Ihre Hebamme, Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird die Menge an Hormonen so anpassen, dass Ihre Wehen so normal wie möglich ausfallen“. Dass eine Einleitung fast genauso abläuft wie eine Geburt mit spontanem Wehenbeginn, ist für mehrere Frauen nicht glaubwürdig: „Es kommt mir so vor, als ob die Einleitung verharmlost wird. Von Frauen, die eine bekommen haben, habe ich gehört, dass sie sehr starke Wehen bekommen haben.” Eine andere Frau meinte: „Viele sprachen dabei von ‚unnatürlichen’ Wehen, die um ein Vielfaches schmerzhafter waren als bei einer Spontangeburt.“ Der Idee, dass das Merkblatt alle Informationen bieten sollte, aufgrund derer die schwangere Frau ihre eigene, für sie passende Entscheidung treffen soll, wird das Merkblatt des IQWiG nicht gerecht. Medizinische Zusammenhänge wurden als teils zu ausführlich und teils zu verharmlosend empfunden. Unsere kleine nicht repräsentative Um- frage zeigte, dass viele Frauen sich konkretere Informationen wünschen. Über die Form und den Inhalt sollte noch diskutiert werden. Aber immerhin ist ein erster Schritt zu einer wirklichen unabhängigen Hilfestellung getan. Wünschenswert wäre eine Überarbeitung des Merkblattes unter Einbezug der NutzerInnen – sowohl der Hebammen und ÄrztInnen, die es empfehlen, wie der Schwangeren, die es verwenden sollen. ■ Literatur Deutscher Hebammenverband (2012): Empfehlungen zum Vorgehen bei Terminüberschreitung. www.hebammenverband.de/index.php?id=2160 [Zugriff: 8.5.2013]. Gülmezoglu, Metin et al. (2012): Induction of labour improving birth outcomes for women at or beyond term. Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 11. IQWiG (2012): Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt. Merkblatt von Gesundheitsinformation.de www.gesundheitsinformation.de/merkblatt-wenn-diegeburt-des-babys-auf-sich-warten-laesst.427.de.html [Zugriff: 8.5.2013]. Knorr D, Furkert K, Berger B (2012): Entscheidungshilfe bei Terminüberschreitung. Deutsche Hebammen-Zeitung 3: 26-8. Schwarz, Christiane (2012): Warum beeinflussen wir Wehen? Weleda Hebammenforum 4: 14-18. Steckelberg, Anke et al. (2005): Kriterien für evidenzbasierte Patienteninformationen. Z. ärztl. Fortbild. Qual. Gesundh.wes. 99: 343-351. Vorgehen bei Terminüberschreitung und Übertragung (2010): Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und Arbeitsgemeinschaft Materno-fetale Medizin (AGMFM). AWMF 015/065. Wennerholm, Ulla-Britt (2009): Induction of labor versus expectant management for post-date pregnancy: Is there sufficient evidence for a change in clinical practice? Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica 88 (1): 6-17. - Autorinnenteam: Studentinnen des Masterstudiengangs „Angewandte Physiologie für Hebammen“ an der Fachhochschule Salzburg/Puch, Jahrgang 2011. Kontakt: Christine Loytved, www.maternal-health.de, [email protected] Dr. med. Mabuse 204 · Juli /August 2013 Ich teile mir die taz mit 12.500 anderen. Mehr als 12.500 Genossinnen und Genossen teilen sich heute die taz und sichern damit die publizistische und ökonomische Unabhängigkeit ihrer Zeitung. Wer einmal einen Anteil von 500 Euro* zeichnet, kann GenossIn werden. www.taz.de/genossenschaft T (030) 25 90 22 13 [email protected] *auch in 20 Raten zahlbar Buchbesprechungen w www.klett-cotta.de/brisch w w.klett- cotta.de/brisch Katarina Greifeld (Hg.) Medizinethnologie NEU NEU BSMFJO[SJTDI BSMFJO[SJTDI ÊVHMJOHT(VOE ÊVHMJOHT(VOE MFJOLJOEBMUFS MFJOLJOEBMUFS JOEVOHTQTZDIPU IFSBQJF JOEVOHTQTZDIPUIFSBQJF J O E V O H T C B T J F S U F F S BU V O H V O E I F S BQ J F JOEVOHTCBTJFSUFFSBUVOHVOEIFSBQJF Karl Heinz Brisch: Schwangerschaft und Gebur t Reihe Bindungspsychotherapie, Band 1 207 Seiten, gebunden € 21,95 (D). ISBN 978-3-608-94781-6 Bindungspsychotherapie Brrisch: Säuglings- und Kleinkindalter Karl Heinzz Brisch: Reihe Bin ndu ungspsychotherapie, Band 2 ca. 160 Se eite ten, gebunden 5 (D ( ). ISBN 978-3-608-948224-0 ca. € 18,95 Erschein heinu ung ungstermin 24. Juli.2013 58 isp pielen Anhand von vielen Beispielen aus der klinischen Praxis xi gibt Einführung in die Reihe eine Einfüh ühr der Bindungsdie Grundlagen de er Bi diagnostischen theorie und die diag gno Schritte Methoden und Sch hritt einer bindungsorientierr ten Beratung g und Therapie vom Säu äu ugli uglings- B l ät t e r n S ie o nline iin nu ns e r e n B ü ch e r n u nd Blättern Sie online unseren Büchern und b e s t e ll e n S Sie ie b bequem e qu e m u und nd v versandkostenfrei er sandkostenfrei bestellen u unter: nter : w www.klett-cotta.de/fachbuch w w.kle t t- cot ta.de/fachb uch Eine Einführung D ieser Band möchte Interessierte über den aktuellen Stand der Medizinethnologie informieren. Gleichzeitig zeigt er auf, was Medizinethnologie in Deutschland ist, sein kann und wo ihre Desiderate liegen. Thematische Vorgänger dieses Buches sind unter den Titeln „Krankheit und Kultur“ (1985) sowie „Ritual und Heilung“ (1995) erschienen. Ein klar abgegrenztes Fach Medizinethnologie gibt es in Deutschland ebenso wenig wie Lehrstühle dafür. Dass sich eine ethnologische Betrachtungsweise der Medizin- und Heilssysteme dennoch lohnt, verdeutlichen die insgesamt sechs Kapitel, die sich auf die Medizin in unterschiedlichen Kontinenten beziehen. Zwei Kapitel wenden sich der weiblichen und männlichen Beschneidung zu. Diese aus kulturellen/religiösen Gründen immer häufiger auch von Medizinern durchgeführte Praxis hat im vergangenen Jahr in Deutschland viel Aufmerksamkeit erfahren und verdeutlicht die Relevanz der Medizinethnologie. Medizinethnologie ist eher eine Herangehensweise an die Welt als ein etabliertes Forschungsfeld, also ein Zwischenbereich, der sich zwischen Ethnologie, Soziologie und Medizingeschichte als Nischenfach zu halten versucht. In der Betrachtung stehen Heilkonzepte und Gesundheitsdefinitionen, teils fokussiert auf einen Kulturkreis, teils auf ein Land oder, wie die Gliederung der Kapitel ausweist, auf einen Kontinent. Für einige Teile der Welt – Südamerika, Ozeanien, Europa und Afrika – werden in den Kapiteln ausführliche Darstellungen medizinethnologischer Studien gegeben. Exemplarisch greifen die jeweiligen AutorInnen einzelne Kulturen mit ihren Ritualen, Gebräuchen und Praktiken heraus. Es wird deutlich, wie groß der Einfluss der europäischen Medizin war und ist: Als Herrschaftsinstrument des Kolonialismus übernahm sie quasi die Funktion einer Speerspitze mit Widerhaken. Doch durch den Blick auf Europa zeigt sich auch, dass die medizinethnologische Herangehensweise längst nicht mehr nur nach der Dichotomie von vertraut und fremd fragt. Welches Verhalten als gesund, welches als schädlich angese- hen wird, ist einem ständigen Wandel unterworfen. Man denke nur an die sich verändernde Haltung in Deutschland zum Genuss von Tabak, Alkohol oder Zucker. Welche Verfahren für welche Krankheiten am besten geeignet sind, ist nicht nur eine Glaubensfrage, sondern auch eine Frage der Zugangsmöglichkeit. Die Misteltherapie bei Krebskranken etwa folgt dem Analogieprinzip, das auch in der anthroposophischen Medizin, quasi als magische Begründung, angewendet wird. Diese Behandlung wird in das biomedizinische Setting in Deutschland miteinbezogen, auch wenn es keine Erklärung dafür gibt. In Ozeanien hat die Übernahme der amerikanischen Junk-Food-Ernährung dazu geführt, dass die Zahl der Adipösen und Diabetiker in die Höhe geschnellt ist. Oder liegt es doch an der weniger Schuld zuweisenden, aber auch aus dem europäischen Heilsystem stammenden Erklärung eines „schwachen Gens“? In den Artikeln scheint eine beschränkte Wahrnehmung und Darstellung lokaler Heilsysteme und -praktiken auf angewendete Pflanzen und anderweitige Präparate durch die Dominanz der Pharmaindustrie mitbedingt zu sein, die in indigenen Kulturen nach Mitteln gegen biomedizinisch definierte Krankheiten fahndet. Methoden der Heilung und Deutungen von Krankheiten jenseits biomedizinischer Erklärungsmodelle, die unverständlich und unerklärbar erscheinen, geraten gerne aus dem Blick, werden jedoch von Arbeitsgruppen in verschiedenen Disziplinen zu „Medizin und Migration“ bearbeitet, die in diesem Buch eher am Rande erwähnt werden. Es zeigt sich, dass es neben Sprachbarrieren noch andere Verständigungshindernisse gibt, etwa unterschiedliche Erklärungen für die Ursache einer Krankheit. Insgesamt handelt es sich um einen gut konzipierten und flüssig zu lesenden Band, der versucht, lokale Studien in ein übergeordnetes Bild zu fassen. Dr. med. Marion Hulverscheidt, Ärztin und Medizinhistorikerin, Berlin Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2013, 204 Seiten, 19,95 Euro Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Buchbesprechungen Möglichkeiten und Grenzen edukativer Unterstützung D ie Autorin widmet sich in ihrer Dissertation Familien mit einem onkologisch erkrankten Kind und deren Bedarf an edukativer Unterstützung im Rahmen der Krankheitsbewältigung. Neu ist an ihrem Ansatz, dass damit unterschiedliche, zum Beispiel schichtspezifische Bedürfnisse in den Blick genommen werden sollen. Tiesmeyer orientiert sich unter anderem am Modell der Krankheitsverlaufskurve von Corbin und Strauss sowie am Phasenmodell von Schaeffer und Moers, das vor allem das Bewältigungshandeln in den Blick nimmt. Davon ausgehend wird vermutet, dass sich der Bedarf an edukativer Unterstützung im Verlauf der Erkrankung verändert. Zunächst erläutert Tiesmeyer literaturgestützt die Häufigkeit von Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter sowie daraus resultierende Unterstützungsbedarfe. Entsprechende Angebote sollen dazu beitragen, weitere Erkrankungen zu vermeiden oder auch die Folgen zu mildern. Hier stehen besonders Eltern und Geschwister im Fokus. Im Weiteren verweist Tiesmeyer darauf, dass Studienergebnisse zeigen, dass gesundheitliche Belastungen und Ressourcen von Kindern und Jugendlichen eng mit ihrem sozioökonomischen Status verbunden sind. Aus diesen Erkenntnissen resultieren die Forschungsfragen: 1. Wie stellt sich der Bedarf an Edukation aus Sicht der Betroffenen und deren Familien dar? 2. Welche sozialen Einflüsse auf den Bedarf lassen sich identifizieren? Deutlich wird im referierten Forschungsstand, dass soziale Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht oder sozialer Status Einfluss auf den Edukationsbedarf nehmen. So gelten Jugendliche als besonders vulnerabel, da sie die Behandlung häufiger ablehnen, Mädchen zeigen weniger Selbstvertrauen und mehr Angst als Jungen und der sozioökonomische Status beeinflusst nachhaltig die Rate an Langzeitüberlebenden. Der Bedarf von Eltern onkologisch erkrankter Kinder unterscheidet sich ebenfalls: Der Informationsbedarf ist am größten, es folgen emotionale, Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Hans Huber Verlag, Bern 2012, 244 Seiten, 34,95 Euro www.klett-cotta.de Für eine sichere Bindung zwischen Eltern und Kind 4. Auflage 176 Seiten, gebunden, € 14,95 (D) ISBN 978-3-608-94601-7 Familien mit einem krebskranken Kind praktische, spirituelle und physische Bedarfe. Der theoretische Teil der Arbeit mündet in eine zusammenfassende Betrachtung zum methodischen Vorgehen: zum Beispiel die Durchführung von Interviews bei einzelnen Familien zu mehreren Zeitpunkten. Die Autorin führte dem Forschungsstil der Grounded Theory folgend 20 kontrastierende Familieninterviews durch, die sie durch Beobachtungen und Experteninterviews mit professionellen Akteuren ergänzte. Wichtige Informationen zu den Familien, zum Interviewleitfaden und zum Untersuchungsablauf finden sich im Anhang. Die Ergebnisse der Studie sowie deren Interpretation führen zu einer veränderten Einschätzung der Bedeutung sozialer Einflussfaktoren: Bildungsgrad, sozioökonomischer und familiärer Status führen in dieser Studie nicht in der erwarteten Stärke zu einem veränderten edukativen Unterstützungsbedarf. Sie wirken sich aber auf die Handlungsspielräume und das Bewältigungshandeln aus, etwa wenn es um deren Inanspruchnahme geht. Sehr klar herausgearbeitet werden die Einflussfaktoren und Unterstützungsbedarfe in den unterschiedlichen Phasen des Krankheitsverlaufes. Tiesmeyer entdeckt unerwartet die Bedeutung von Be- und Entwertung: Angst vor Be- und Entwertung durch das Umfeld oder professionelle Akteure ist bisher nicht in dieser Deutlichkeit herausgearbeitet worden und bedarf einer weiteren Exploration. Sie führt zu Verschleierungen, wenn etwa von professionellen „Ratschlägen“ (z.B. der Medikamenteneinnahme) abgewichen wird, und steht konträr zu einer vertrauensvollen Beziehung. Das Buch bietet neben den genannten Ergebnissen viele relevante Hinweise, die in der Begleitung von Familien mit einem krebskranken Kind bedeutsam sind. Es wird allen Gesundheitsberuflern und professionellen Akteuren, die mit der Thematik in Kontakt sind, empfohlen. Andrea Schiff, Professorin für Pflegewissenschaft an der Kath. Hochschule NRW Mit SAFE® lernen Eltern bereits in der Schwangerschaft, feinfühlig, prompt und angemessen auf die Signale ihres Kindes zu reagieren. So entwickeln die Babys eine sichere Bindung als stabiles Fundament ihrer Persönlichkeit. SAFE® ist ein erfolgreiches Elternprogramm – vom bekanntesten Bindungsforscher. 220 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag € 18,95 (D), ISBN 978-3-608-94713 Karin Tiesmeyer Das Fundament für Gesundheit und Wohlbefinden wird bereits in der Schwangerschaft und den ersten beiden Lebensjahren gelegt. Anne-Ev Ustorf bereitet die aktuellsten Forschungsergebnisse der Bindungs- und Hirnforschung verständlich auf und gibt Eltern die notwendige Sicherheit für einen liebevollen und einfühlsamen Umgang mit ihrem Baby. 59 60 Buchbesprechungen Neuerscheinungen im Mabuse-Verlag Axel Flügel Public Health und Geschichte Historischer Kontext, politische und soziale Implikationen der öffentlichen Gesundheitspflege im 19. Jahrhundert D Helga Seyler Lesbische Ärztinnen Erfahrungen und Strategien im Berufsleben 199 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-86321-132-5 Das Buch präsentiert Ergebnisse zahlreicher Interviews und Gruppendiskussionen. Lesbische Ärztinnen werden mit ihren Berufswegen und Erfahrungen porträtiert. Ursula Laag Pflegewissenschaftliche Gutachten in zivilen Rechtsstreitigkeiten 193 Seiten, 24,90 Euro, ISBN 978-3-86321-148-6 Das Buch erläutert die besonderen Anforderungen an pflegewissenschaftliche Gutachten in zivilen Haftungsprozessen. Es zeigt, dass pflegewissenschaftliche Sachverständige hier spezifische und unverzichtbare Kompetenzen einzubringen haben. Mabuse-Verlag GmbH Kasseler Str. 1 a · 60486 Frankfurt Tel. 069-70 79 96-16 · Fax 069-70 41 52 [email protected] www.mabuse-verlag.de er Bielefelder Historiker Axel Flügel hat in der von Petra Kolip herausgegebenen Reihe „Grundlagentexte Gesundheitswissenschaften“ eine Chronik der Entwicklung des öffentlichen Gesundheitswesens im Deutschen Reich vom ausgehenden 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert veröffentlicht. In der Einleitung stellt Axel Flügel anhand des Beispiels des mehrgliedrigen Versicherungswesens in Deutschland dar, wie Geschichte gegenwärtige Zustände erklären kann. Er richtet sich dabei besonders an GesundheitswissenschaftlerInnen, die „sich in ihrem Feld mit dem Übergewicht der medizinischen Disziplin und der ihr eigenen expansiven Tendenz auseinanderzusetzen haben. Es kann in dieser Lage helfen zu wissen, wie das vorliegende Gesundheitssystem entstanden ist und warum die Ärzte in ihm diese Stellung einnehmen.“ Im zweiten Kapitel skizziert Axel Flügel die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts, wie den Übergang von einer bäuerlich zu einer industriell geprägten Gesellschaft und die beginnende Trennung von Staat und Kirche. Er umreißt knapp und anschaulich die grundlegenden Entwicklungen im Deutschen Reich, bevor er am Beispiel der Stadt Bielefeld das Entstehen einer modernen Krankenversorgung erläutert. Bemerkenswert ist hier, dass die Hebammen der einzige Gesundheitsberuf im Deutschen Reich beziehungsweise in der Bundesrepublik sind, dessen Personalbestand seit 1887 kontinuierlich gesunken ist. Das Krankenpflegepersonal hingegen, das 1887 noch weniger Angehörige hatte als der ärztliche Beruf, war 1909 bereits doppelt so stark wie die Ärzteschaft. Umso bedauerlicher ist es, dass der Autor so gut wie nicht auf die professionell Pflegenden, ihre Rolle für die öffentliche Gesundheitsfürsorge und die umfangreiche historische Pflegeliteratur eingeht. In den folgenden Kapiteln befasst der Autor sich mit der „medizinischen Poli- cey“ als Vorläuferin staatlicher Gesundheitsfürsorge bis hin zur Sozialhygiene des 20. Jahrhunderts. Sachkundig und kurzweilig erzählt er die Geschichte dieser Institution und ihres Tätigkeitsspektrums. Axel Flügel zitiert für das Buch zahlreiche Originalpublikationen der wichtigsten Ärzte und Politiker – vom Staatswissenschaftler Robert von Mohl (1799– 1875) über die Ärzte Salomon Neumann (1819–1908) und Rudolf Virchow (1821– 1902) bis hin zu dem Begründer der Sozialen Hygiene Alfred Grotjahn (1869–1931) – und fügt jedem Kapitel ausgewählte Quellen als Anhang bei. Zur Einordnung zieht er klassische Übersichtswerke heran. Der Literaturanhang ist thematisch sortiert und stellt eine gute Übersicht besonders für Studierende, die auf Flügel aufbauend forschen wollen, dar. Das Zahlenmaterial, etwa zu Krankenhausträgern in Preußen oder zum medizinischen Personal, wird durch jeweils drei Abbildungen und Tabellen veranschaulicht. Angesichts der derzeitigen Debatte in der EU um die ethischen Grundlagen klinischer Studien bekommt Flügels Darstellung des Paradigmenwechsels in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge vom Individualnutzen hin zum „Volksganzen“ eine durchaus aktuelle Komponente. Der Autor nutzt den historischen Rahmen des Texts, um für ethisch fragwürdige Entwicklungen der Gegenwart zu sensibilisieren. Diese hervorragende Chronik deutscher (Medizin-)Geschichte kann als Standardlektüre für Einführungen in medizinhistorischen Seminaren und der Geschichte der Gesundheitswissenschaften empfohlen werden. Anja K. Peters, Kinderkrankenschwester und Diplom-Pflegewirtin (FH), Doktorandin am Institut für Geschichte der Medizin an der Ernst-Moritz-ArndtUniversität Greifswald Beltz Juventa, Weinheim und Basel 2012, 198 Seiten, 24,95 Euro Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 ✰ ✰ Heike Wolter Mein Sternenkind Begleitbuch für Eltern, Angehörige und Fachpersonen nach Fehlgeburt, stiller Geburt oder Neugeborenentod H eute gehört neben der Gesunderhaltung und Heilung von Krankheiten die Palliation und Begleitung von Sterbenden gleichberechtigt zu den Aufgaben von ÄrztInnen, Pflegenden und anderen Gesundheitsberuflern – auch in der Betreuung von Schwangeren, Neugeborenen und ihren Eltern. Wenn nötig, sind die Fachpersonen Wegbereiter eines menschenwürdigen Sterbens. Ihre Einstellung zum Sterben und ihre Art der Trauerbegleitung tragen wesentlich zur Trauerarbeit der Eltern bei und sind die Basis für den lebenslang anhaltenden Trauerprozess von Eltern und Geschwistern. Leider wird dem Thema Sterbebegleitung in der Ausbildung noch immer zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Deshalb ist es sehr verdienstvoll, dass sich Heike Wolter in ihrem Buch diesem Thema widmet. Der Untertitel „Begleitbuch für Eltern, Angehörige und Fachpersonen nach Fehlgeburt, stiller Geburt oder Neugeborenentod“ zeigt die umfassende Zielgruppe, an die sich das Buch richtet. Heike Wolter schreibt als studierte Germanistin und Historikerin, nicht als Fachfrau, sondern aus ihrem eigenen Erleben heraus als betroffene Mutter nach dem Tod ihrer Tochter während der Geburt. Doch das Buch ist keiner der üblichen Erfahrungsberichte, sondern ein wichtiges „Lehrbuch“ für alle Beteiligten. Es lässt im ersten Teil 39 betroffene Eltern zu Wort kommen und deckt damit ein breites Spektrum unterschiedlicher Verlustursachen und Verarbeitungsmechanismen ab. Die in den Blick genommenen Kinder waren wegen Fehlbildungen abgetrieben worden, verstarben entweder bereits vor der Geburt oder als Frühgeborene oder reife Neugeborene an Geburtskomplikationen, Infektionen und angeborenen Fehlbildungen. Dieser reiche Erfahrungsschatz der Eltern, der einen selbst als langjährig in diesem Bereich tätigen Kinderarzt betroffen macht, ist das Besondere und Bemerkenswerte an diesem Buch. Als im Gesundheitswesen Tätige können wir Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 daraus viel lernen, um den Eltern achtsamer, feinfühliger und in unserem Tun sicherer zu begegnen und ihnen die Unterstützung und Begleitung zukommen zu lassen, die sie erwarten. Ausgehend von den Erfahrungsberichten der Eltern, die immer wieder ausschnittweise jeweils zum Thema passend eingefügt sind, entwirft Heike Wolter im zweiten Teil des Buches ein Handlungskonzept. Chronologisch geordnet werden kapitelweise die ersten Schritte um das Todesereignis thematisiert: die Frage nach dem Warum; besondere Situationen; Trauer, Erinnerung und Heilung; Weiterleben; Folgeschwangerschaften; Väter und Partnerschaften; Geschwister und Großeltern sowie Mitmenschen. Schließlich runden in einem eigenen Kapitel Hinweise für Fachpersonen – vom Geburtshelfer über KinderärztInnen, Hebammen und Stillberaterinnen bis hin zu Priester und Bestatter – das Buch ab. Der Anhang bietet praktische Hilfen wie ein Glossar, Hinweise auf Beratungsstellen, Literaturempfehlungen, Tipps für die Gestaltung eines Trauergottesdienstes und einen Leitfaden für geburtshilfliche Stationen. Da viele ärztliche und therapeutische Ausbildungen noch immer zu wenig Hintergrundwissen zur Begleitung von Eltern bei Fehlgeburt oder dem Tod eines Neugeborenen vermitteln, bietet dieses Buch eine wertvolle Informationsquelle aus erster Hand. Es sei allen, die sich dieses Themas annehmen, dringend empfohlen, es für ihre Arbeit zu nutzen. Nicht nur zur eigenen Lektüre, sondern auch als Empfehlung für betroffene Eltern – eventuell sogar schon vor einem absehbaren Verlust. Denn auch für die Betroffenen ist es ein hervorragender, klar aufgebauter und gut lesbarer Ratgeber, der ihnen hilft, die Herausforderung, ein Kind zu verlieren oder verloren zu haben, besser zu bewältigen. Dr. Friedrich Porz, 2. Klinik für Kinder und Jugendliche, Klinikum Augsburg A.(R(A6 .(_aa A:H(AB: ✰ 160 Seiten, gebunden, a 12,95 D E-Book ✰ Bekommen Sie bei der Frage »Und, schläft es schon durch?« rote Stresslecken und Schweißausbrüche? Dann sollten Sie dieses Buch lesen! »Besucherritze« bietet Eltern, denen ihr Baby schlalose Nächte bereitet, Denkanstöße und Unterhaltung – und jede Menge Entlastung! Die Autorin beleuchtet den Kinderschlaf aus unterschiedlichen Perspektiven und gibt ungewöhnlichen, aber höchst wirksamen Rat. ✰ Leserstimmen »Klasse Buch, das einem rät, auf seinen Instinkt zu hören. Es erklärt, warum die sogenannten Schlaf-Lern-Methoden nichts bringen.« ✰ »Ich muss sagen, das Buch ist der Wahnsinn. Es spricht mir aus der Seele, denn die Autorin hat wohl genau so ein Kind, wie wir es haben!« ✰ edition riedenburg, Salzburg 2012, 372 Seiten, 27,90 Euro ✰ Leseprobe auf www.beltz.de Buchbesprechungen Kennen Sie schon BIO ? Das Gesundheitsmagazin für • Naturheilkunde • Ganzheitsmedizin • Ernährung • Lebenskunst • Fitness • Umwelt BIO beweist seit 30 Jahren, wie unterhaltsam, spannend und hilfreich die Beschäftigung mit der Gesundheit für Körper, Geist und Seele ist. GUTSCHEIN Ja, ich teste BIO und erhalte die neueste Ausgabe kostenlos. Sollte ich mich nicht innerhalb von 14 Tagen schriftlich bei Ihnen melden, erhalte ich das BIO-Abo alle zwei Monate zum Vorzugspreis von nur € 27,-- frei Haus. Ich kann das Abonnement jederzeit kündigen. Die Zeitschrift darf ich in jedem Fall behalten. Name / Vorname Straße / Nr. PLZ / Ort Datum / Unterschrift MB/13 62 BIO Ritter GmbH, Verlag und Versand Bahnhofstr. 9, D-82327 Tutzing Tel.: 08158-8021, Fax: 08158-997430 Hartwig Hansen (Hg.) Der Sinn meiner Psychose Zwanzig Frauen und Männer berichten B ereits der Titel des Buches macht klar: Psychosen als ausschließlich chaotisches, befremdliches oder gar selbstschädigendes Erleben und Verhalten wahrzunehmen, wird Menschen in seelischen Krisen nicht gerecht. Hier berichten zwanzig AutorInnen über ihre veränderten Wahrnehmungen, über Phasen tiefer Verzweiflung, über ihr Überfordertsein, aber auch vom Suchen, Verstehen und Sichwiederfinden. Herausgerissen aus dem „normalen“ Leben, hat sie ihre Suche zu einem neuen Verhältnis gegenüber ihrer Psychose geführt. Nicht immer verbunden mit der Auflösung seelischer Turbulenzen und traumatischer Kindheitserfahrungen – aber die zwanzig Beispiele zeigen, dass ein neues, selbstbewusstes Leben und eine neue Identität trotz der Achterbahn von Gefühlen möglich sind. Eine Psychose kann reich machen an Kontakten, Erfahrungen und neuen Möglichkeiten, selbst wenn man materiell verarmt, wie Martin Stoffel schreibt. Psychose beinhaltet die Gefahr des Selbstverlustes oder die Chance der Selbstfindung, so formuliert zum Beispiel Anna P. die hilfreiche Auseinandersetzung mit ihrer Psychoseerfahrung. In allen Beiträgen eröffnet sich nach und nach eine neue Welt. Lohnt es sich das Buch zu lesen? Uneingeschränkt ja. Hier wird kein Voyeurismus über besondere Lebensläufe bedient. Die AutorInnen helfen uns, einen Zugang, ein Verständnis für ihre häufig dramatischen Lebens- und Krisenbewältigungen zu finden. Freunde, Angehörige, Behandler und von Krisen Betroffene sollten das Buch nutzen, um zu verstehen, was aus der Außensicht oft als unverständlich, entrückt, selbstschädigend wahrgenommen wird – und dass es danach stets ein „Weiter“ gibt, dass eine Psychose auch Startund nicht nur Endpunkt sein kann. Bitter fällt auf, dass viele der AutorInnen die klinische Standardbehandlung als nicht hilfreich, manche sie sogar als schädlich empfunden, ja geradezu erlitten haben. Dass sie, konfrontiert mit einem rigiden neurobiologischen Behandlungsmodell, mit rationalen Erklärungen und missachteten Wünschen, herzlich wenig mit dieser Art von „Therapie“ anfangen können. Dass sie hingegen Geduld, Akzeptanz und Offenheit für spirituelle Fragen als Hilfen außerhalb des Heilmittelkatalogs sowie eine Psychotherapie, die den Namen verdient, als ungemein hilfreich empfanden. Wundern soll uns dies nicht, denn weder in einem klassischen Krankheitsmodell noch im Heilmittelkatalog ist der „Sinn“ einer Erkrankung vorgesehen. Insofern ist dieses Buch wirklich etwas Neues. Hier sprechen Menschen über ihre veränderten psychischen Zustände radikal anders, als es die klassische Krankheitslehre vorsieht. Dies macht es höchst wertvoll und fachpolitisch bedeutsam. Dahinter steht jedoch viel mehr als „nur“ eine biografische Aufarbeitung von zwanzig Schicksalen. Das Buch ist Dokument eines neuen Selbstbewusstseins und der Fähigkeit, über etwas zu sprechen und zu schreiben, was noch vor 20 bis 40 Jahren zu einer dauerhaften Psychiatrisierung in Langzeitbereichen geführt hätte. Es ist ein Dokument des sich selbst und andere Verstehens, weit über die biografische Selbstreflexion hinaus. Die Botschaft der Texte hat die Qualität eines Lehrbuches für Psychiatrie. Es ist jedem jungen Psychiater, jeder Psychologin und jedem Sozialarbeiter in die Hand zu drücken. Damit sie und wir verstehen, wie viel mehr Sinnsuche, Anstrengung und Leistung hinter dem Verhalten der Betroffenen steckt. Sie haben viel von der Psychose gelernt und können nun mit ihr leben. Das ist ungeheuer viel. Dem Herausgeber Hartwig Hansen – als Psychologe zugleich Paar- und Familientherapeut und Supervisor – ist die Thematik aus seiner profunden Kenntnis der Psychiatrie bestens vertraut. Ihm gebührt Anerkennung dafür, nicht nur die zwanzig Texte zusammengetragen, sondern auch die Bedeutung und Leistung dieser kritischen Lebensläufe für uns erkannt und in einem hilfreichen Nachwort eingeordnet zu haben. Christian Zechert, Soziologe und Sozialarbeiter, Bielefeld Paranus Verlag, Neumünster 2013, 200 Seiten, 19,95 Euro Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Buchbesprechungen Hilde Steppe (Hg.) Krankenpflege im Nationalsozialismus 10., aktualisierte u. erweiterte Auflage E ndlich ist sie da, die Neuauflage des seit Langem vergriffenen Standardwerks zur Geschichte der Krankenpflege im Nationalsozialismus (NS). Die Frage, ob man sich bei der nunmehr zehnten Auflage mit einem Nachdruck der neunten begnügen oder etwas Neues gestalten sollte, fand eine kluge Lösung. In das von Hilde Steppe herausgegebene Werk wurde nicht eingegriffen. Es erhielt aber eine Erweiterung durch sieben Beiträge der neueren Forschung sowie eine aktuelle umfangreiche Bibliografie zur Geschichte der Krankenpflege im NS. Letztere umfasst erfreulicherweise auch wichtige Arbeiten zur Medizin- und Sozialgeschichte dieser Zeitspanne. Die neue Auflage ist also zweigeteilt. Sie beginnt mit dem immer noch sehr bedeutsamen ursprünglichen „Sachbuch“, das die Pflegenden dazu animieren wollte (und weiterhin will), sich mit der Geschichte ihres Berufs auseinanderzusetzen und dafür wichtige Informationen bietet. Dieser Funktion entsprechend wurde damals auf einen großen Fußnotenteil verzichtet. Gleichwohl haben die AutorInnen Belege für die Herkunft ihrer Quellen beigefügt, sodass das dort Wiedergegebene nachprüfbar ist. Der neu hinzugekommene Teil ist durch einen umfangreichen Fußnotenapparat gekennzeichnet, wie er von wissenschaftlichen Texten erwartet wird. Das von Hilde Steppe herausgegebene Werk ist für die Lehre der Pflegegeschichte im „Dritten Reich“ einschließlich ihrer Vorgeschichte immer noch von größtem Nutzen. Auch die dort zur Verfügung gestellte Zeittafel und der Überblick über die Krankenpflegeausbildung sind ungemein hilfreich. So ergänzen sich Überblick und Vertiefung einzelner Aspekte auf sehr gelungene Weise. Die neu hinzugekommenen Beiträge erweitern die Perspektive auf zusätzliche Themen. Sie beginnen mit einem Beitrag von Mathilde Hackmann zur ambulanten Pflege am Beispiel der Gemeindepflegestationen im Bezirk Osnabrück und der Stadt Hamburg, die von NS-Schwestern besetzt werden sollten. Daran schließt sich ein Überblick zur Geschichte der „GeDr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 schlossenen Altersfürsorge“ von der Weimarer Republik bis 1945 von Michael Graber-Dünow an. Edgar Bönisch und Birgit Seemann stellen die Geschichte der jüdischen Krankenpflege in Frankfurt am Main während der NS-Zeit vor, zu der es seit einigen Jahren ein von ihnen ständig aktualisiertes Internetportal gibt, das unbedingt zu empfehlen ist (www.juedische-pflegegeschichte.de). Thomas Foth untersucht die Funktion von Krankenakten in der Psychiatrie und die Rolle von Pflegeaufzeichnungen bei der Entscheidung, welche PatientInnen im Rahmen der „Euthanasie“ als „lebensunwertes Leben“ ermordet werden sollten. Mit Krankenschwestern im System der Konzentrationslager, und zwar sowohl im sogenannten Häftlingsrevier als auch im SSLagerlazarett, befasst sich Petra Betzien. Die Hebammen sind mit zwei Beiträgen vertreten: Wiebke Lisner untersucht die Rolle und Position der ambulant arbeitenden Hebammen und der in der Klinik tätigen Hebammen-Schwestern im NS, während Marion Schumann die Hebammen und ihre Berufsorganisationen nach 1945 in den Blick nimmt. Die begrüßenswerte thematische Erweiterung der Neuauflage geht leider zulasten des Umfangs der einzelnen Beiträge, denen der Verlag enge Grenzen gesetzt hat. Das ist jedoch der einzige Kritikpunkt, den man dieser Auflage machen kann. Die Themenbreite ermöglicht nicht nur eine Ausweitung der Beschäftigung mit und der Lehre von Aspekten der Krankenpflege im NS, sondern regt auch zu weiteren notwendigen Forschungen an. Und trotz der inzwischen vorliegenden oder in Arbeit befindlichen Untersuchungen zur Geschichte der Krankenpflege im NS hat das vorliegende Buch seinen Charakter als Standardwerk nicht eingebüßt. Auch deshalb ist ihm eine erneute breite Rezeption sehr zu wünschen. Sylvelyn Hähner-Rombach, Medizin- und Pflegehistorikerin, Stuttgart Näher reisen 199 km Mosel Sehenswertes, Auslüge & Einkehr von Trier bis Koblenz ISBN 978-389859-310-6 256 Seiten, 18 € … weiter denken Hollands Küste mit Kindern 400 spannende Aktivitäten für Ferien und Freizeit ISBN 978-389859-439-4, 256 Seiten, 16 € Reise & Freizeit Naturnah & Ökologisch Kreativ & Informativ /PeterMeyerVerlag | www.PeterMeyerVerlag.de Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2013, 355 Seiten, 29,90 Euro 63 64 Neuerscheinungen Gesundheit und Politik Reinhard Busse, Miriam Blümel u.a. Gine Elsner, Verena Steinecke Das deutsche Gesundheitssystem Der Gewerbehygieniker und engagierte Gewerkschafter Franz Karl Meyer-Brodnitz (1897–1943) Akteure, Daten, Analysen Das Buch stellt die Entwicklung und die aktuelle Struktur des deutschen Gesundheitssystems mit seinen ökonomischen und politischen Zusammenhängen dar. Zudem werden laufende und geplante Reforminitiativen beschrieben. Das Buch enthält Daten, Fakten, Definitionen und Beispiele – für alle Akteure, Entscheider und Gestalter in der Gesundheitswirtschat. MWV, Berlin 2013, 302 Seiten, 39,95 Euro Amnesty International Report 2013 Zur weltweiten Lage der Menschenrechte Der Amnesty International Report 2013 informiert über die Menschenrechtssituation in 159 Ländern. Im vergangenen Jahr gaben rund um den Erdball Menschen ihrer Forderung nach Durchsetzung und Einhaltung der Menschenrechte Ausdruck. So waren etwa die Vorgänge in Syrien ein drastischer Beleg für die fehlende Bereitschat von Regierungen, Proteste und Kritik zu dulden. Geschichte der Medizin Trude von Fellenberg-Bitzi Liliane Juchli – ein Leben für die Pflege Tobias Weidner Benjamin Ewert Die unpolitische Profession Vom Patienten zum Konsumenten Deutsche Mediziner im langen 19. Jahrhundert Patienten sind keine Konsumenten. Mit dieser Behauptung wird das Primat der medizinischen Kriterien gegenüber ökonomischen Erwägungen im Gesundheitswesen ot verteidigt. Benjamin Ewert hinterfragt diese eindimensionale Rollenzuweisung und zeigt, dass sie die Versorgungsrealität nur unzureichend widerspiegelt. Springer VS, Wiesbaden 2013, 277 S., 39,95 Euro Franz Karl Meyer-Brodnitz, der Sohn eines jüdischen Bankiers aus Berlin, wandte sich früh der Sozialdemokratie zu. Er war Schüler des Sozialhygienikers Alfred Grotjahn und arbeitete als Arzt in den kasseneigenen Ambulatorien. Als Gewerbehygieniker beim Allgemeinen Deutschen Gewerkschatsbund setzte er sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer ein. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, wurde ihm gekündigt, 1935 wurde er in die Emigration nach Palästina gezwungen, wo er sich weiter engagierte. VSA, Hamburg 2013, 272 S., 18,80 Euro S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, 544 S., 14,99 Euro Nutzerbeteiligung und Nutzeridentitäten im Gesundheitswesen »Ja, daran hing sein Herz …« Mit der Politik tun sich deutsche Ärzte traditionell schwer. Kaum eine andere Profession legte so viel Wert darauf, „unpolitisch“ zu sein. Der Autor geht den sprachlichen Wurzeln dieser Haltung nach und zeigt, wie demonstrative Politikkritik im 19. Jahrhundert zu einer zentralen Professionalisierungsstrategie der Mediziner wurde. Campus, Frankfurt am Main 2013, 447 S., 49,90 Euro Das Leben von Juliane Juchli, geboren im Jahr 1933, ist die Erfolgsgeschichte einer Klosterfrau. Ihr Engagement für eine ganzheitliche Pflege, die immer den Menschen im Mittelpunkt sieht, hat das professionelle Pflegeverständnis international nachhaltig beeinflusst. Mit ihrem vor 40 Jahren erstmals erschienenen Pflegelehrbuch hat sie Generationen von Pflegefachleuten geprägt. Sie, die der Pflege „eine Stimme gegeben“ hat, fordert auch im fortgeschrittenen Alter noch „Leidenschat für das Mögliche“ und beeindruckt damit nach wie vor ältere und junge Pflegende. Diese Biografie ist ein packendes Beispiel dafür, was Frauen mit ihrem Engagement zugunsten kranker Menschen zu bewirken und zu verändern vermögen. Thieme, Stuttgart 2013, 232 S., 24,99 Euro Medizin Michael Dobe, Boris Zernikow Therapie von Schmerzstörungen im Kindes- und Jugendalter Ein Manual für Psychotherapeuten, Ärzte und Pflegepersonal Rund 300.000 Kinder und Jugendliche sind in Deutschland von chronischen Schmerzen betrofen, fehlen in der Schule und sind im sozialen Leben stark benachteiligt. Gezielt helfen kann nur derjenige, der sich mit Krankheitsbild, Diagnostik und Therapie auskennt. Das Buch stellt das stationäre Schmerztherapieprogramm des Deutschen Kinderschmerzzentrums vor. Springer, Heidelberg 2013, 250 S., 39,95 Euro Thomas Schott, Oliver Razum (Hg.) Migration und medizinische Rehabilitation Beim Thema „gesundheitliche Versorgung von Personen mit Migrationshintergrund in der medizinischen Rehabilitation“ stehen hier MitbürgerInnen türkischer Herkunt im Mittelpunkt. Die Beiträge informieren über Inanspruchnahme und Rehabilitationserfolg, Erwerbsminderung und Frühberentung sowie die Sicht des Klinikpersonals und die Erfahrungen von MigrantInnen. Beltz Juventa, Weinheim u. Basel 2013, 234 S., 34,95 Euro i nte g ra le l e i b a r b e i t Atem – Körper – Psychotherapie Ausbildung integrale leibarbeit Quereinstieg im Sommer 2013 möglich 11. bis 12. Oktober 2013 Tanztherapie mit Ursel Burek 2-jährige Fortbildung ab Herbst 2013 Infos unter: www.integrale-leibarbeit.de institut für integrale leibarbeit Jutta Marie Becker / Stuttgart Tel.: T el.: e +49 (0) 6402 508612 [email protected] Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Neuerscheinungen Gerhard Danzer Rosalinda Alfaro-LeFevre Personale Medizin Pflegeprozess und kritisches Denken Nicht nur bei den sogenannten psychosomatischen Krankheiten ist die gesamte Person betrofen. Auch und gerade, wenn man auf schulmedizinische Prinzipien besteht, bleiben für die Person des Kranken wesentliche Fragen zu klären: unter anderem die Grenzen von Krankheit und Gesundheit, Helfen und Heilen, das Verhältnis von Leib und Seele, Freiheit und Determination. Dieser große Entwurf einer neuen personalen Medizin bezieht die biopsychosozialen Zusammenhänge in Krankheitsentstehung, Verlauf und ArztPatienten-Beziehung ebenso mit ein wie die ot unterschätzten kulturellen Einflüsse. Praxishandbuch zum kritischen Denken, Lösen von Problemen und Fördern von Entwicklungsmöglichkeiten Die Autorin erläutert die einzelnen Schritte des Pflegeprozesses, vom Pflegeassessment über Pflegediagnosen, -ziele/-ergebnisse, -planung und -interventionen bis hin zur Evaluation. Sie beschreibt, welche Formen kritischen Denkens dazu erforderlich sind, und zeigt, welche Aufgaben Pflegende erfüllen können – mit zahlreichen Beispielen und klinischen Fallstudien. Pflege Gewalt in der familialen Pflege Prävention, Früherkennung, Intervention – Ein Manual für die ambulante Pflege Die Pflege alter Menschen wird zu einem großen Teil durch Angehörige geleistet. Die damit verbundene Belastung kann zu Aggression und Gewalt führen. Ambulante Pflegedienste, die nicht selten mit solch schwierigen Situationen konfrontiert sind, sollten hier eingreifen beziehungsweise präventiv tätig werden. Das vorliegende Manual vermittelt Hintergründe zum Thema Gewalt und ein Assessment zur Gewaltprävention in der Praxis. Zum Download gibt es im Internet zusätzlich u. a. Checklisten und ein Ablaufschema. Erwin Lohmer, Viola Ulbrich Pflege und Betreuung adipöser Patienten Adipositas ist in Deutschland immer stärker verbreitet. Das Buch gibt u.a. Antworten auf folgende Fragen: Auf was muss ich achten, wie kann ich professionell mit einem adipösen Patienten umgehen? Welche Hilfsmittel können Unterstützung bieten? Auch zur Übermittlung adipöser Patienten in andere Einrichtungen werden Lösungsansätze vermittelt. Kohlhammer, Stuttgart 2013, 124 S., 24,90 Euro € Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Klinik – Therapie – Perspektiven Daniel Hell Von der Seele zu reden, war in den Wissenschaten lange verpönt. Dennoch muss man akzeptieren, dass der Mensch nicht nur Stoliches wahrnehmen und analysieren kann, sondern auch die Fähigkeit besitzt, etwas seelisch zu erleben. Gerade das Leiden an einer Krankheit ist ein Vorgang, der Anteilnahme und Miterleben voraussetzt. Während die Erforschung eines körperlichen Krankheitsprozesses vom Leiden absehen kann, spielt die seelische Dimension des Leidens auch als Aufschrei und Widerspruch in der medizinischen Praxis und insbesondere in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung eine entscheidende Rolle. Kohlhammer, Stuttgart 2013, 128 S., 19,90 Euro Kohlhammer, Stuttgart 2013, 122 S., 22,90 Euro Affektive Störungen Friedhelm Henke Das Arbeitsbuch beginnt mit dem Basiskurs. Dann folgen Arbeitshilfen für das Betreuungspraktikum, der Aufbaukurs sowie der Fortbildungsnachweis. Die Aufgaben beziehen sich auf Lernsituationen zur individuellen Erstellung von weiteren Fallbeispielen. Marion Bonillo, Sonja Heidenblut u.a. Thomas Fuchs, Mathias Berger (Hg.) Krankheit als seelische Herausforderung Qualifizierung der Demenz-, Alltags- und Seniorenbegleitung gemäß § 87b Abs. 3 SGB XI ISBN 978-3-929317-05-3 und Absichten bewegten berühmte Frauengestalten in einer männlich dominierten Welt? Margarete Mitscherlich stützt ihre Überlegungen immer wieder auch autobiografisch und demonstriert so eindrucksvoll ihre konsequente Reflexion auf sich selbst. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, 272 S., 18,99 Euro Huber, Bern 2013, 510 S., 44,95 Euro Arbeitsbuch für die zusätzliche Betreuungskraft Huber, Bern 2013, 559 S., 39,95 Euro Psych ... Schwabe, Basel 2013, 212 S., 16,50 Euro Margarete Mitscherlich Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht Margarete Mitscherlich wendet sich in diesem Buch, an dem sie bis unmittelbar vor ihrem Tod intensiv arbeitete, noch einmal grundlegenden Fragen ihres Lebens zu: Was macht die Liebe zu sich selbst aus? Welche Motive Das Buch vereint Beiträge zu vielfältigen Perspektiven der Psychiatrie auf afektive Störungen. Es spannt den Bogen von der Psychopathologie über epidemiologische, klinische und therapeutische Aspekte bis zur kulturellen Dimension der Erkrankungen. Damit richtet es sich nicht nur an Psychiater und Psychologen, sondern auch an alle helfenden Berufe und an interessierte oder selbst betroffene LeserInnen. Schattauer, Stuttgart 2013, 205 S., 39,99 Euro Thomas Szasz Geisteskrankheit – ein moderner Mythos Grundlagen einer Theorie des persönlichen Verhaltens Im Jahr 1961 sorgte Thomas Szasz mit dem Buch „The Myth of Mental Illness“ für Aufruhr. Er stellte damit das komplette Selbstverständnis der Psychiatrie als humanmedizinische Wissenschat infrage. Ob jemand „normal“ oder „verrückt“ sei, sei eine willkürliche Definition, so Szasz. Heute triumphiert der Mythos der Geisteskrankheit erneut. Vor diesem Hintergrund wird die Lektüre von Szaszs Buch zum Aha-Erlebnis. Die Neuausgabe wurde vom Autor ergänzt, aktualisiert und liegt nun auch neu übersetzt vor. Carl-Auer, Heidelberg 2013, 331 S., 44 Euro 65 66 Neuerscheinungen H. Grollmann / U. Mauer u.a. Klassische Homöopathie Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Säugling Dieses Kompendium beinhaltet auf über 1.000 Seiten 125 verschiedenen Indikationen und 158 beschriebene homöopathische Arzneimittel. Es ist das umfangreichste seiner Art. Das Buch richtet sich vor allem an Fachpersonen wie HomöopathInnen, Hebammen, GeburtshelferInnen sowie an TherapeutInnen. Überall in der Praxis, wo rasch das richtige homöopathische Mittel gefunden werden muss, ist dieses Nachschlagewerk unentbehrlich. 1020 S., 99 EUR, ISBN 978-3-86737-147-6 www.groma.ch Jens Gräbener Cornelia Schadler Umgang mit traumatisierten Patienten Vater, Mutter, Kind werden Nicht selten kommen wir unwissentlich mit Traumafolgestörungen in Kontakt. Besonders für psychiatrisch Tätige ist es wichtig, für typische Traumafolgen sensibilisiert zu sein, um „schräg“ wirkende Verhaltensweisen einordnen zu können. Das Buch vermittelt Traumaursachen, Störungsbilder und Bewältigungsmuster. Es zeigt die therapeutischen Möglichkeiten auf und unterstützt praxisnah die professionelle Interaktion mit traumatisierten Menschen. Psychiatrie, Köln 2013, 144 S., 16,95 Euro Gabriele Junkers (Hg.) Die leere Couch Der Abschied von der Arbeit als Psychoanalytiker Das Buch macht auf das Älterwerden als Psychoanalytiker und die damit verbundenen Probleme aufmerksam und zeigt, welche Konsequenzen sich daraus für die Verantwortung von Therapeuten und Institutionen ergeben. Aus ethischer Perspektive diskutieren internationale Psychoanalytiker verschiedene Möglichkeiten und Grenzen der institutionellen Vorsorge und eröfnen so den dringlichen Dialog zu einem lange gemiedenen Thema. Bereits vor der Geburt bewegen akustische Signale Kinder emotional. Und auch später spielen Geräusche, Sprache und Musik eine immanent wichtige Rolle. „Baby-Klassik“ bietet speziell für Neugeborene und Kleinkinder bearbeitete klassische Musik, die behutsam reduziert und in einem Guss eingespielt wurde. „... ein harmonischer Einstieg für Neugeborene wie für Kleinkinder – beruhigt und beflügelt – klingt aber auch in den Ohren der Großen lange nach.“ (ELTERN 2/2013) 1 CD, ca. 45 Minuten ISBN: 978-3-86737-147-6 www.audiolino.de Angstfrei und natürlich erleben Das Buch ist Frauen gewidmet, die noch über ihren Körper staunen können, die Schwangerschat und Geburt als sinnliches Wunder betrachten. Es will Frauen ermutigen, hellhöriger zu werden für die Signale des Körpers. Das Buch gibt Ratschläge und Tipps, die ÄrztInnen otmals gar nicht kennen und aus dem reichen Erfahrungsschatz einer Hebamme stammen, die ihr Wissen auch durch intensiven Erfahrungsaustausch mit anderen Frauen ständig erweitert. transcript, Bielefeld 2013, 342 S., 32,80 Euro Kinder Verlagshaus der Ärzte, Wien 2013, 288 S., 19,90 Euro Hanna Strack, Gunhild Nienkerk Aylin Lenbet Lotta schläft – endlich! Ein Kind – warum nicht auch für uns? Durch die stärker werdende medizinische Begleitung stehen Mutter und Kind während Schwangerschat und Geburt unter andauernder Kontrolle; otmals wächst eher die Unsicherheit, als dass sie abnimmt. Anstatt Angst soll aber „die gute Hofnung“ in dieser Zeit der tief greifenden Wandlungen wachsen. Dies geschieht, wenn Frauen wieder mehr auf ihre Krat und Stärke vertrauen, mit der sie befähigt wurden, Leben zu geben. Dazu will dieses Buch beitragen. Gut beraten bei unerfülltem Kinderwunsch Tyrolia, Innsbruck 2013, 144 S., 14,95 Euro Welche Eltern kennen das nicht? Das Kind will einfach nicht schlafen. Und langsam wird das Zubettgehen für Eltern und Kind zur Qual. Neben sachlichen Infos rund um den Schlaf von Babys und Kleinkindern geht es in dem Buch mit Lotta in die harte EinschlafRealität: Sie will nicht alleine einschlafen, wacht nach einer Viertelstunde wieder auf, schlät nur ein, wenn sie rumgetragen wird usw. Für diese Situationen werden Lösungen angeboten. Ganz undogmatisch, augenzwinkernd, unterhaltsam – und wirksam! Elke Eyckmanns, Markus Merzenich u.a. Gitarre Schwangerschaft & Geburt Ein spiritueller Begleiter für Schwangerschaft und Geburt Schwangerschaft und Geburt Baby-Klassik (CD) Beate Jorda, Ilona Schwägerl u.a. Wie werden Menschen Eltern? Warum ist die Kernfamilie das häufigste Ergebnis der Transition zur Elternschat? Cornelia Schadlers Ethnographie zeigt deutlich, dass das Eltern-Werden nicht auf einzelne Ereignisse reduziert werden kann, sondern das Ergebnis einer Vielzahl alltäglicher Praktiken ist. Guter Hoffnung sein Psychosozial, Gießen 2013, 317 S., 32,90 Euro Michael Benztien Eine posthumanistische Ethnographie der Schwangerschaft Das Buch berät und begleitet ungewollt kinderlose Paare: Es vermittelt das notwendige medizinische Fachwissen über den Ablauf einer Kinderwunschbehandlung und gibt Informationen zu (versicherungs)rechtlichen Voraussetzungen und Bedingungen. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der psychologischen Unterstützung. Gezielte Übungen und Anleitungen zur Selbstreflexion helfen den Partnern, Entscheidungen gut vorzubereiten und eine eigene Position zu finden. Auch für den Fall, dass die Kinderwunschbehandlung erfolglos bleibt, gibt das Buch Denkanstöße zu einem zufriedenen Leben. Carl-Auer, Heidelberg 2013, 236 S., 19,95 Euro Beate Ramsayer Einschlafen – durchschlafen – ausschlafen Trias, Stuttgart 2013, 140 S., 14,99 Euro Die physiologische Geburt Eine „normale“ Geburt nach einer „normalen“ Schwangerschat ist zur Ausnahme in den Geburtskliniken der westlichen Industrieländer geworden. Das fordert zu einer kritischen Auseinandersetzung heraus. In diesem Buch werden zum einen aktuelle Daten und Fakten zur geburtshilflichen Situation in Deutschland dargestellt, zum anderen wertvolle Evidenzen aufgezeigt, die für einen bewussten Verzicht auf überflüssige und schädliche Interventionen bei einem normalen Geburtsverlauf sprechen. Staude, Hannover 2013, 128 S., 19,80 Euro Salman Ansari Rettet die Neugier! Gegen die Akademisierung der Kindheit Physikkästen für Zweijährige? Chinesisch im Kindergarten? Der Autor erläutert, warum für Kinder nicht die Anhäufung von Wissen, sondern die Fähigkeit, eigenständig und kreativ zu denken wichtig ist. Ansari begibt sich auf Augenhöhe mit den Kindern, geht konsequent von ihrem Denken aus und zeigt, wie sie Schritt für Schritt in ihrem Erkenntnisprozess begleitet werden können. Krüger, Frankfurt am Main 2013, 224 S., 18,99 Euro Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Neuerscheinungen Frank Dammasch, Martin Teising (Hg.) Petra Fercher, Gunvor Sramek Das modernisierte Kind Validation im Alltag Das Buch leuchtet prägnant die Möglichkeiten und Grenzen kindlicher Entwicklung in der globalisierten Moderne des 21. Jahrhunderts aus. Die AutorInnen betrachten die Auswirkungen von sozialen Beschleunigungsprozessen, Bildungsoptimierungsversuchen und neuen Medien auf die psychosoziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Es mehren sich Stimmen aus Wissenschat und Praxis, die auf die Schattenseiten der Moderne für unsere Kinder hinweisen: Depressivität, Hyperaktivität und Konzentrationsschwächen sind einige der beobachtbaren Symptome. Wer Menschen mit Demenz betreut, kennt schwierige Alltagssituationen. Die Methode der Validation hilt betreuenden Personen, die Würde der alten Menschen im alltäglichen Miteinander zu wahren und dabei selbst gelassener zu sein. Die Autorinnen vermitteln Grundwissen über die Prinzipien und Techniken der Validation. Sie weisen den Weg zu einer wertschätzenden Haltung und zeigen beispielhat, wie und wann man welche Validationstechniken für einen freudvolleren Umgang nutzen kann. Brücken in die Welt der Demenz Richard Taylor Hallo Mister Alzheimer Wie kann man weiterleben mit Demenz? Einsichten eines Betroffenen Marianne Eisenburger, Thesi Zak Richard Taylor, der selbst an Demenz erkrankte Psychologieprofessor, dessen Buch „Alzheimer und Ich“ für Furore gesorgt hat, antwortet in diesem Buch auf Fragen seiner Leser. Als selbst Betrofener weiß er, wie sich eine Demenz anfühlt. Er kann die Symptome der Demenz verständlich erklären, wertvolle Hinweise geben, glaubhat Trost spenden und Verbundenheit unter Betroffenen erzeugen. Und er lässt die LeserInnen mitunter schmunzeln, wo es sonst wenig zu lachen gibt Bewegte Begegnungsstunden Huber, Bern 2013, 208 S., 19,95 Euro Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2013, 216 S., 19,90 Euro Demenz für Menschen mit Demenz Für die Betreuung von Demenzkranken bietet das Buch viele Ideen und Anregungen mit ganz alltäglichen, jedoch in der Bewegungsarbeit ungewöhnlichen Materialien. Es zeigt, wie eine Bewegungsstunde zur Förderung einer stabilen Persönlichkeit im Alter aussieht und wie man Menschen dazu ermuntert, selbst aktiv zu werden. Meyer & Meyer, Aachen 2013, 128 S., 16,95 Euro Annette Weber Stationen im Leben 5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz Die Geschichtenreihe hilt, bei der Betreuung Demenzkranker ins Gespräch zu kommen. Lebensstationen, Feiertage, Jahreszeiten oder Anekdoten bieten Anknüpfungspunkte für Gespräche und wer nichts erzählen mag, genießt einfach das Vorleseritual. Verlag an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr 2013, 125 S., 9,95 Euro Ernst Reinhardt, München 2013, 169 S., 19,90 Euro Christoph Held Was ist „gute“ Demenzpflege? Demenz als dissoziatives Erleben – ein Praxishandbuch für Pflegende Menschen mit Demenz erleben ihren Zustand häufig als sehr wechselhates Geschehen, bei dem kognitive Höchstleistungen neben Fehlleistungen bestehen, Körperwahrnehmungen und autonome Reaktionen nicht mehr miteinander verknüpt werden – ein sogenanntes dissoziatives Selbsterleben. Ausgehend von diesem Verständnis, entwickelte der Autor im Dialog mit Pflegenden einen Ansatz, um Menschen mit Demenz wirkungsvoll bei alltäglichen Aktivitäten zu unterstützen. Typische Situationen und Verhaltensweisen werden in dialogischer Form dargestellt, diskutiert und reflektiert. Huber, Bern 2013, 148 S., 19,95 Euro K NTUREN Fachzeitschrift zu Sucht und sozialen Fragen Die Fachzeitschrift KONTUREN schlägt eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie berichtet fünfmal im Jahr über neueste Forschungsergebnisse ebenso wie über aktuelle Entwicklungen im Versorgungssystem. Jede Ausgabe widmet sich intensiv einem Schwerpunktthema. Bestellen Sie ein kostenloses Probeheft unter: [email protected] oder Fax 08020/90 64 02 Einzelpreis: 7,50 Euro, Schnupper-Abonnement: 15,00 Euro (3 Ausgaben), Jahresabonnement/Inland: 35,00 Euro, Jahresabonnement/Ausland: 40,00 Euro Informationen und Bestellung unter: www.konturen.de Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Sterben und Tod Monika Müller, Sylvia Brathuhn u.a. Handbuch Trauerbegegnung und -begleitung Theorie und Praxis in Hospizarbeit und Palliative Care Trauerbegleitung ist eine zunehmend gefragte Kompetenz. Das Buch will das Bewusstsein für Trauerleiden und -erleben schärfen und den Mitarbeitern palliativer Versorgungsdienste bzw. Hospizen Material anbieten: fundiertes Know-how zur Arbeit mit Trauernden in Palliativeinrichtungen und Hospizen. V&R, Göttingen 2013, 292 S., 29,99 Euro Tamara Bos, Annemarie van Haeringen Papa, hörst du mich? Der kleine Polle sitzt am Bett seines nach langer Krankheit gestorbenen Vaters und erzählt ihm – denn sicher kann er ihn noch hören. Tamara Bos behandelt das Sterben in leichter Sprache, die nicht naiv oder betulich, dafür aber kindgerecht ist. Freies Geistesleben, Stuttgart 2013, 48 S., 13,90 Euro 67 68 Neuerscheinungen Miriam Haagen, Birgit Möller zur sozialen Isolation führen. Bei Eltern und dem betreuenden Umfeld kann das Verhalten Sorgen, Ängste, Wut oder Unverständnis auslösen. Das Buch umfasst u.a. Definition, Symptomatik, Möglichkeiten der Eltern- und Teamberatung sowie Kriseninterventionen. Sterben und Tod im Familienleben Beratung und Therapie von Angehörigen von Sterbenskranken Wird eine Familie vom bevorstehenden Tod eines ihrer Mitglieder betrofen, so bedeutet dies häufig eine tiefe Erschütterung des familiären Gleichgewichts. Im medizinischen und psychosozialen Bereich werden Angehörige aber noch unzureichend beachtet und in die Beratung und Psychotherapie kaum miteinbezogen. Das Buch zeigt Wege auf, Familien in diesen Situationen zu unterstützen, ihre Ressourcen zu stärken und Traumatisierungen vorzubeugen. Hogrefe, Göttingen 2013, 164 S., 24,95 Euro Behinderung Jens Clausen, Frank Herrath (Hg.) Sexualität leben ohne Behinderung Das Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung Gehören repressive Einstellungen und Konzepte in der Behindertenhilfe wirklich der Vergangenheit an, wurden Barrieren und Fremdbestimmungen abgebaut und sind neue Formen der Alltags- und Beziehungsgestaltung dort angekommen? Das Buch lässt Menschen mit Beeinträchtigungen selbst zu Wort kommen und versammelt AutorInnen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln prüfen, wie es um die Realisierung von Inklusion und selbstbestimmter Sexualität tatsächlich bestellt ist. Kohlhammer, Stuttgart 2013, 308 S., 34,90 Euro Der Ratgeber gibt Empfehlungen für Säuglinge, Kinder, Erwachsene und auch bei Fernreisen. Er schaft mit Tabellen zu Wirksamkeit, Risiken und empfohlenen Impfschemata einen Überblick. Stiftung Warentest, Berlin 2013, 176 S., 18,90 Euro Hogrefe, Göttingen 2013, 274 S., 29,95 Euro Angelika Pollmächer, Hanni Holthaus Wenn Menschen mit geistiger Behinderung älter werden Ratgeber Martin Bleif Krebs Ein Ratgeber für Angehörige Die unsterbliche Krankheit Wenn Menschen mit geistiger Behinderung älter werden, entstehen bei den Eltern Unsicherheiten und Ängste, auch mit Blick auf das eigene Alter: Was ist, wenn meine Tochter nicht mehr arbeiten kann? Was passiert, wenn die Betreuung abgegeben werden muss oder Pflege notwendig wird? Angehörige erfahren, wie sie auf die veränderten Bedürfnisse des Betreuten reagieren und die Betreuung an das Alter anpassen können. Martin Bleifs Frau erkrankte nach der Geburt ihrer Tochter an Brustkrebs. Die Krankheit Krebs können wir in vielen Teilen noch nicht richtig erfassen. Aber wir wissen bereits viel, und der Krebsmediziner erläutert dies sachlich und verständlich. Krebs kann jeden trefen, aber niemand sollte sich dem Krebs unterwerfen. Ernst Reinhardt, München 2013, 149 S., 19,90 Euro So leben wir mit Endometriose Pia Bienstein, Johannes Rohjan (Hg.) Selbstverletzendes Verhalten bei Menschen mit geistiger Behinderung Grundlagen, Diagnostik und Intervention Menschen mit geistiger Behinderung sind einem erheblichen Risiko ausgesetzt, selbstverletzendes Verhalten zu entwickeln. Häufig kommt es bereits im Kindesalter dazu, und es kann zu schweren körperlichen Verletzungen sowie Das besondere Buch Thomas Stompe Vom Wahn zur Tat Klett-Cotta, Stuttgart 2013, 528 S., 24,95 Euro Wahre Fälle aus der forensischen Psychiatrie Kathrin Steinberger Ist ein Täter wie Anders Breivik böse oder psychisch krank? Ist der Fanatiker zurechnungsfähig, der Wahnkranke nicht? Ist der eine schuldig, der andere unschuldig? Als forensischer Psychiater betreut Thomas Stompe Rechtsbrecher, die nicht mit einem Strafmaß belegt, sondern im Maßnahmenvollzug mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen untergebracht werden. Der Autor erzählt Fallgeschichten aus seiner Praxis: von Motiven der kranken Täter, ihren Taten, ihrer Behandlung und ihrem Leben danach. Das Begleitbuch für Frauen, ihre Familien und medizinische Ansprechpartner bietet Informationen zum Krankheitsbild der manchmal erst spät erkannten Frauenkrankheit und zeigt Therapiemöglichkeiten auf. edition riedenburg, Salzburg 2013, 360 S., 29,90 Euro Carl-Friedrich Theill Impfen Die richtige Strategie Hier wird eine neue Strategie für vernüntiges Impfen vorgestellt. Residenz, Wien 2013, 184 S., 19,90 Euro. Dr. Kirrily de Polnay behandelt den dreijährigen Yaseen im Flüchtlingscamp Jamam, Südsudan. © Robin Meldrum/msf Leben retten ist unser Dauerauftrag: 365 Tage im Jahr, 24 Stunden täglich, weltweit. Um in Kriegsgebieten oder nach Naturkatastrophen schnell handeln zu können, brauchen wir Ihre Hilfe. Unterstützen Sie uns langfristig. Werden Sie Dauerspender. www.aerzte-ohne-grenzen.de/dauerspende DAUERSPENDE ab 5,– im Monat Spendenkonto 97 0 97 Bank für Sozialwirtschaft blz 370 205 00 Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Das neue Sonderheft jetzt am Kiosk! PSYCHOLOGIE CT HEUTE COMPA : en ll direkt beste 7 314 Telefon 030 / 44 4 51 50 Fax 030 / 447 31 E-Mail: shop@ e.de psychologie-heut ieholog syc -p op sh w. ww heute.de PSYCHOLOGIE HEUTE compact www.psychologie-heute.de 70 Broschüren/Materialien Bundesverband für Gesundheitsinformationen und Verbraucherschutz – Info Gesundheit e.V. Depression – erkennen und behandeln Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen – in Deutschland wird die Zahl der Betrofenen auf über vier Millionen geschätzt. Aber viele der Erkrankten werden nicht angemessen behandelt, etwa weil die Symptome nicht richtig gedeutet werden. Daher sind gut verständliche Informationen eine wichtige Voraussetzung zur Verbesserung der Versorgungssituation. Hierzu will die Broschüre mit den wichtigsten Informationen zu Diagnose, Therapie sowie Handlungsleitlinien für Betrofene und Angehörige einen Beitrag leisten. Bezug: kostenlos als Download und beim Bundesverband für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz – Info Gesundheit e. V., Heilsbachstr. 32, 53123 Bonn, ☎ 0228-937 99 50, [email protected], www.bgv-depression.de pro familia Nicht-invasive molekulargenetische Pränataldiagnostik Das medizinische Wissen im Bereich der vorgeburtlichen Untersuchungen und Therapien während der Schwangerschat entwickelt sich kontinuierlich weiter. Auslöser für das von pro familia organisierte Fachgespräch, dessen Dokumentation nun online verfügbar ist, war die Markteinführung eines neuen Testverfahrens für fetale Trisomie 21 aus dem mütterlichen Blut im vorigen Jahr. Um die dadurch ausgelöste, kontroverse Diskussion weiter anzuregen, hatte pro familia VertreterInnen von medizinischen, prä- und perinataldiagnostischen Fachgesellschaten, Professionelle aus dem Beratungsbereich und der Medizinethik zu einem Fachgespräch eingeladen. Die vollständigen Vorträge und eine kompakte Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Trefens stehen seit Kurzem zum kostenlosen Download bereit. Bezug: kostenlos als Download unter www.profamilia.de/interaktiv/ publikationen/publikationen.html ☎ 069-26 95 77 90, [email protected], www.profamilia.de Landesstelle Pflegende Angehörige 24 Fragen zum Thema Häusliche Pflege Anfang des Jahres ist das PflegeNeuausrichtungs-Gesetz in Krat getreten. Menschen mit erhöhtem Betreuungsbedarf, etwa Demenzerkrankte, können seitdem zusätzliche Leistungen bei den Kassen erhalten, wenn sie zu Hause versorgt werden. Doch viele Betrofene wissen nicht, welche Unterstützung ihnen zusteht. Die Landesstelle Pflegende Angehörige NRW hat nun die Broschüre „24 Fragen zum Thema Häusliche Pflege“ aktualisiert und die gesetzlichen Änderungen eingearbeitet. Bezug: kostenlos bei der Landesstelle Pflegende Angehörige NRW, Domplatz 1-3/ Dienstgebäude Geisbergweg, 48143 Münster, ☎ 0800-220 44 00, [email protected], www.lpfa-nrw.de/ informationsmaterialien.html Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen Nationale Stillkommission Führung und Gesundheit Stillinformationen für Schwangere Das Thema gesunde Führung wird in vielen Betrieben noch immer stiefmütterlich behandelt. Dabei beweisen Zahlen, dass Führungskräte bei einem Abteilungswechsel ihren Krankenstand „mitnehmen“. Insbesondere beobachten Psychologen, dass bei bereits erkrankten Mitarbeitern die Rückkehr ins Berufsleben nicht immer gelinge. Auch bei der Einbindung ältere Arbeitnehmer sehen die Psychologen noch Potenzial. Der Berufsverband verstärkt daher sein Engagement für das betriebliche Gesundheitsmanagement. In seiner Kampagne „Gesunde Arbeit“ sollen in diesem Jahr insgesamt 13 Broschüren erscheinen. Zu den ersten gehört die Broschüre „Führung und Gesundheit“. Viele Schwierigkeiten und Unsicherheiten beim Stillen sind auf mangelnde Information und Unterstützung zurückzuführen. Mit den – jetzt aktualisierten – Faltblättern gibt die Nationale Stillkommission praktisch anwendbare Tipps zum Stillen und Hinweise auf weitere Informationsquellen, Ansprechpartner und Adressen von Organisationen, die neben der Hebamme, Stillberaterin oder dem Frauenoder Kinderarzt bei Stillproblemen kontaktiert werden können. Die „Stillinformationen für Schwangere“ und die ergänzenden „Stillempfehlungen für die Säuglingszeit“ sind in deutscher, türkischer, russischer, englischer, französischer und italienischer Sprache erhältlich. Bezug: kostenlos bestellbar per Mail unter [email protected], oder zum Download unter www.bfr.bund.de/de/ a-z_index/stillempfehlungen-4900.html Bezug: kostenlos beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V., Am Köllnischen Park 2, 10179 Berlin, ☎ 030-209 16 66 00, [email protected], www.bdp-verband.de Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen und BARMER GEK Medikamente, Alkohol, Tabak: Informationen für die Altenpflege Medikamenten-, Alkohol- und Nikotinsucht sind unter alten Menschen in Deutschland weit verbreitet. Ihnen aus ihrer Sucht zu helfen ist immer dann am erfolgreichsten, wenn Pflegende, ÄrztInnen und Angehörige gemeinsam aktiv werden. Einen Einstieg in das Thema bietet diese Broschüre, die sich primär dem Medikamentenund Alkoholmissbrauch widmet. Bezug: kostenlos bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., Westenwall 4, 59065 Hamm, ☎ 02381-901 50, [email protected], www.unabhaengig-im-alter.de Bundespsychotherapeutenkammer 10 Tatsachen zur Psychotherapie Psychische Krankheiten gehören zu den Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts. In Deutschland erkranke mehr als jeder Vierte innerhalb eines Jahres an einem seelischen Leiden, unter Kindern sei jedes zehnte betrofen, so die Bundespsychotherapeutenkammer. Um zu zeigen, dass daher ein weiterer Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung notwendig ist, hat die Kammer nun eine Informationsbroschüre herausgegeben. Bezug: kostenlos als Download und bei der Bundespsychotherapeutenkammer, Klosterstr. 64, 10179 Berlin,☎ 030-278 78 50, [email protected], www.bptk.de Deutsche Arbeitsgemeinschat Selbsthilfegruppen Selbsthilfegruppenjahrbuch 2013 Das neue Selbsthilfegruppenjahrbuch enthält 21 Berichte aus Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen sowie Artikel über Projekte, Kooperationen und wissenschatliche Studien zur gemeinschatlichen Selbsthilfe. Bezug: kostenlos als Download und bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V., Friedrichstr. 28, 35392 Gießen, ☎ 0641-98 54 56 12, [email protected], www.dag-shg.de W E I T E R B I L D U N G E N GfG Gesellschaft für Geburtsvorbereitung Familienbildung und Frauengesundheit - Bundesverband e.V. GfG-Familienbegleiterin® GfG-Doula® GfG-Gesundheitspädagogin GfG-Väterbegleiter Informationen unter Tel. 030 / 45 02 69 20 · E-Mail [email protected] · www.gfg-bv.de Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Zeitschriftenschau psychosozial 2/2013 Homo plasticus – Psychosoziale Aspekte schönheitschirurgischen Enhancements Brückenschlag 29/2013 Sozialpsychiatrie • Literatur • Kunst Einsamkeit Ist Einsamkeit Grund oder Folge von psychischen Erkrankungen? Das Erleben von Psychose oder Depression kann einsam machen. Die Erfahrung, mit niemandem teilen zu können, keine verstehbaren Worte dafür zu finden. Aber bedeutet alleine zu sein, zugleich einsam zu sein? Es gibt sicher Zeiten, in denen man am liebsten für sich ist. Gehört der Rückzug, gehört die Einsamkeit nicht zu jedem Leben dazu? Der Brückenschlag 29 umkreist mit Worten und Bildern ein Thema, das in unserer Single- und Ellbogengesellschat immer mehr Bedeutung erlangt. Einige Titel der vielfältigen Brückenschlag-Beiträge sprechen für sich: – Einsamkeit tut richtig weh – Nirgendwo bist du so alleine wie auf einer Akutstation – Einsamkeit und Freitod Mit zahlreichen vierfarbigen Abbildungen im Het. Einzelpreis: 18 Euro Jahresabo (1 Ausgabe): 14,50 Euro Bezug: Paranus Verlag, Ehndorfer Str. 13-17, 24537 Neumünster, ☎ 04321-20 04-500, [email protected] Nach dem Homo politicus, Homo oeconomicus, schon wieder ein neuer „Homo x“. Diesmal soll es also der Homo plasticus sein, ein durch Schönheitsmedizin verbesserter moderner Mensch. Handelt es sich dabei tatsächlich um ein solches Massenphänomen, wie von den Medien behauptet wird? Mit dem Themenschwerpunkt wird die Spannweite des aktuellen Diskurses um Schönheitschirurgie und -medizin ausgelotet, wobei besonders PraktikerInnen zu Wort kommen, um die aktuelle in den sozialwissenschatlichen Disziplinen häufig praxisfern geführte Debatte durch praxisrelevante Aspekte zu ergänzen. Denn erst das macht eine fundierte Diskussion des Lifestyletrends ästhetischer Selbstoptimierung verständlich. Einzelpreis: 19,90 Euro Jahresabo (4 Ausgaben): 49,90 Euro Bezug: Psychosozial-Verlag, Walltorstr. 10, 35390 Gießen, ☎ 0641-96 99 78 18, [email protected] Pflege – Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe 3/2013 Evidence-based Nursing Gynäkologie im 21. Jahrhundert Im Editorial wird die Implementierung von Ergebnissen der Gesundheits- und Pflegeforschung beleuchtet. Die Einstellung Pflegender in deutschen Krankenhäusern zu einer evidenzbasierten Pflegepraxis wird in einer Originalarbeit untersucht. Demnach bestätigen Pflegende den Wert von Forschung für die eigene Praxis, konstatieren aber gleichzeitig, dass es an Grundvoraussetzungen für eine evidenzbasierte Pflegepraxis fehlt. So müsse die Aus- und Weiterbildung Pflegender an eine evidenzbasierte Pflegepraxis angepasst werden. Seit den 1970er Jahren nimmt die Gynäkologie in Deutschland immer mehr Raum im Leben von Frauen ein. Es entwickelte sich eine enorme Medikalisierung und Pathologisierung von Pubertät, Schwangerschat, Geburt und Wechseljahren. Auch unnötige Eingrife und die zunehmende Technisierung, z.B. Pränataldiagnostik, sind wichtige Themen. Parallel dazu erstarkte die Frauengesundheitsbewegung, die einen kritischen Blick auf die Gynäkologie warf. Doch was ist heute, in Zeiten der Entpolitisierung und Individualisierung, daraus geworden? Wie steht es um die viel beschworene Selbstbestimmung? Diesen Fragen soll nachgegangen werden. Einzelpreis: 37 Euro Jahresabo (6 Ausgaben): 86 Euro Bezug: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Länggass-Str. 76, CH-3000 Bern 9, ☎ +41-31-300 45 55, [email protected] sozialmagazin 3-4/2013 Armutsberichterstattung – Umgang mit Armut Vernüntige Ernährung ist die Basis für Gesundheit und Umweltschutz. Deshalb fragt die aktuelle Ausgabe nach sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Kriterien unserer Ernährung. Zahlen und Hintergründe zur globalen Lebensmittelverschwendung werden dabei genauso in den Blick genommen wie die Entwicklungen der Gentechnik in Landwirtschat und Ernährung. Daneben geht es u.a. um die Folgen des Gasgewinns durch Fracking. Mit der Veröfentlichung des Vierten Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung im Frühjahr rückte die zentrale Frage nach der ungleichen Verteilung von Lebenschancen und Ressourcen wieder in den Mittelpunkt der öfentlichen Wahrnehmung. Angesichts der alarmierenden Befunde des Berichts stehen Bildungs- und SozialakteurInnen vor der Herausforderung, fachliche Strategien zu finden, um Armut wirksam begegnen zu können. Die Beiträge der Ausgabe wollen Geschehenes reflektieren und Handlungsoptionen aufzeigen. Einzelpreis: 11 Euro Jahresabo (4 Ausgaben): 42 Euro Bezug: Umwelt – Medizin – Gesellschaft, Frielinger Str. 31, 28215 Bremen, ☎ 0421-498 42 51, [email protected] Einzelpreis: 9,80 Euro zzgl. Porto Jahresabo (6 Ausgaben): 58 Euro zzgl. Porto Bezug: Beltz Juventa, Werderstr. 10, 69469 Weinheim, ☎ 06201-60 07-0, [email protected] umwelt – medizin – gesellschaft 2/2013 Ernährung: Überfluss und Mangel SuchtMagazin Fachzeitschrift für Suchtarbeit und Suchtpolitik Erscheint 6 mal jährlich mit je einem Schwerpunktthema Aktuelle Themen 1 | 2013 Substitutionsgestützte Behandlung 2 | 2013 Sucht im Alter 3 | 2013 Stimulanzien 4 | 2013 Selbsthilfe/Selbstheilung www.facebook.com/suchtmagazin Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 clio – Die Zeitschrift für Frauengesundheit 76/2013 Einzelpreis: 4,20 Euro zzgl. Porto Jahresabo (4 Ausgaben): 20,80 Euro zzgl. Porto Bezug: Feministisches Frauen Gesundheits Zentrum, Bamberger Str. 51, 10777 Berlin, ☎ 030-213 95 97, [email protected] pflegen: palliativ 2/2013 Lebensqualität Die Erhaltung der individuellen Lebensqualität eines schwer kranken und sterbenden Menschen und seiner Angehörigen ist eine zentrale Aufgabe der hospizlich-palliativen Versorgung. Neben Grundlagen zum Verständnis des Konzeptes Lebensqualität geht es in den Beiträgen auch um Aspekt des Erfassens sowie um Anregungen und Interventionen, wie das Wohlbefinden eines Menschen positiv zu gestalten ist. Hier stehen neben der Lebensqualität der versorgten Menschen, auch die der Angehörigen und Pflegenden im Fokus. Einzelpreis: 10,20 Euro (Materialpaket für zzgl. 16,80 Euro erhältlich) Jahresabo (4 Ausgaben): 68 Euro (inkl. Materialpakete) Bezug: Friedrich Verlag GmbH, Leserservice, Postfach 10 01 50, 30917 Seelze, ☎ 0511-400 04-150, [email protected] Herausgeber Infodrog, CH-Bern www.infodrog.ch Redaktion [email protected] Bestellungen www.suchtmagazin.ch [email protected] Einzelnummer CHF 18 / € 13 Schnupperabonnement CHF 30 / € 25 (3 Ausgaben) Jahresabonnement CHF 90 / € 75 (6 Ausgaben) 71 9. Thüringer Pflegetag 11. Oktober 2013 • Jena Steigenberger Esplanade/Volkshaus Jena Schwerpunktthemen • Pflege und Wundmanagement • Pflegende Angehörige • Pflege und Demenz • Berufspolitische Aspekte der Pflege • Aktuelle rechtliche Probleme in der Pflege • Pflege(n) ohne Rettungsschirm?! – Aktuelle Herausforderungen Tagungsleitung Prof. Dr. phil. Stephan Dorschner Fachhochschule Jena Fachbereich Sozialwesen Georg-Streiter-Institut für Pflegewissenschaft Postfach 10 03 14 • 07743 Jena Kongress mit zahlreichen Workshops Foto: www.jena.de Zertifiziert durch die Freiwillige Registrierung beruflich Pflegender GmbH Informationen und Anmeldung unter www.thueringer-pflegetag.de Termine 19.–20. Juli 2013 in Bad Boll 1. September 2013 in Leipzig Strategien für eine schrumpfende Gesellschaft „Mit Mut und Wissen gemeinsam gegen Depression“ Wirtschaft und Sozialpolitik vor demografischen Herausforderungen Was bedeutet die demografische Entwicklung für Wirtschat, Wohlstand und soziale Sicherung? Welche Chancen liegen im Veränderungsdruck für die Gesellschat? Diskutiert werden Lösungsansätze für Unternehmen, Wirtschats- und Sozialpolitik. Information und Anmeldung: Evangelische Akademie Bad Boll, Sybille Kehrer, Akademieweg 11, 73087 Bad Boll, ☎ 07164-79-225, [email protected], www.ev-akademie-boll.de 2.–4. August 2013 in Treben 2. Patientenkongress Depression Jeder zweite Deutsche hat mindestens ein Mal in seinem Leben mit Depression zu tun – als Betrofener oder Angehöriger. Das Programm des Kongresses hält neben zahlreichen Vorträgen und Workshops von Betrofenen, Angehörigen und Fachleuten auch eine Abendveranstaltung sowie viele Überraschungen für die BesucherInnen bereit. Information und Anmeldung: Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Semmelweisstr. 10, 04103 Leipzig, ☎ 0341-972 45-12, [email protected], www.deutsche-depressionshilfe.de Weiblichkeit und Körperlichkeit Workshop 2. September 2013 in Berlin Der Workshop richtet sich an Frauen mit Behinderung, die sich mit ihrem Körper und ihrer Sexualität auseinandersetzen wollen, um diese besser kennenzulernen. Es finden viele Gespräche statt, in Gruppen oder zu zweit. Die Seminarleitung wird dabei von einer Sexualbegleiterin unterstützt. Grenzenlos. Migration in einer begrenzten Welt Information und Anmeldung: Sexualberatung für Menschen mit Behinderung, Patrizia Kubanek, Prof.-Neyses-Platz 3, 40476 Düsseldorf, ☎ 0173-411 88 44, [email protected], www.lustvollbehindert.org 14. August 2013 in Göttingen Ärzte ohne Grenzen Informationsveranstaltung Bei der Veranstaltung wird ein Projektmitarbeiter die Organisation vorstellen, über seine persönlichen Erfahrungen berichten und Möglichkeiten der Mitarbeit aufzeigen. Anschließend können Fragen gestellt und diskutiert werden. Information und Anmeldung: Ärzte ohne Grenzen, Hauptgeschäftsstelle Deutschland, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, ☎ 030-700 13 00, [email protected], www.aerzte-ohne-grenzen.de Tagung Weltweit werden die staatlichen Grenzen für MigrantInnen immer undurchlässiger. Gleichzeitig wächst in vielen Volkswirtschaften der Bedarf an ArbeitsmigrantInnen. Die Tagung will Migration als eine Existenzsicherungsstrategie im Kontext struktureller Ungleichheiten und Grenzregime vorstellen und die Bedeutung „multilokaler Haushalte“ für die Armutsbekämpfung diskutieren. Information und Anmeldung: Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Sophia Wirsching, Caroline-Michaelis-Str. 1, 10115 Berlin, ☎ 030-652 11-0, [email protected], www.brot-fuer-die-welt.de 4. September 2013 in Berlin Humor im Pflegealltag – Lachen bewegt und verbindet Seminar Junge Erwachsene mit Behinderungen im Alter von 18 bis 30 Jahren mit unterschiedlichem Alltag und Background trefen sich, um miteinander Zeit zu verbringen, sich auszutauschen, sich zu stärken, sich zu engagieren und zu feiern. Humor in der Pflege bedeutet, eine neue Leichtigkeit und Freude im Umgang mit den Herausforderungen des Berufsalltags zu erlangen. In diesem Seminar wird gelacht, gespielt, zugehört und nachgedacht. Das Beispiel Klinikclown soll dabei als Modell dienen, um neue Wege aus der chronischen Ernsthatigkeit zu finden. Erfolgreiche Handlungsprinzipien aus der langjährigen Clownarbeit in therapeutischen Einrichtungen werden den Kursteilnehmern als praktische Ansätze vermittelt, für die tägliche „personenorientierte Pflege“. Das Seminar richtet sich an Mitarbeiter aller pflegender Berufe. Information und Anmeldung: Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben, Manuela Krosta, Krantorweg 1, 13503 Berlin, ☎ 030-69 50 33 88, [email protected], www.preddoehl-international.de Information und Anmeldung: Paritätische Bundesakademie, Hackesche Höfe, Ursula Kies, Rosenthaler Str. 40-41, 10178 Berlin,☎ 030-246 36-431, [email protected], www.paritaetische-akademie.de 16.–18. August 2013 in Kümmernitztal Auf die Plätze, fertig ... endlich Zukunft! Jugend Empowerment Treffen Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 73 74 Termine 5.–7. September 2013 in Krems/Österreich Ausbildung in der Praxis – Ausbildung für die Praxis 13. Internationaler wissenschaftlicher Kongress für Pflege- und Gesundheitspädagogik Neben zahlreichen Workshops, Vorträgen und Satellitenveranstaltungen wird als Highlight der Film „Leiden schaft Pflege“ über die Pflegepionierin Liliane Juchli gezeigt. Die lebende Legende der schweizer Pflege wird anwesend sein und steht für Fragen und Diskussionen zur Verfügung. Der Kongress findet jährlich im Wechsel in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Information und Anmeldung: hpsmedia GmbH, Vordergasse 18-20, 35410 Hungen, ☎ 06402-508612, [email protected], www.lernwelten.info 12.–14. September 2013 in München Komplexität in der Allgemeinmedizin – Herausforderungen und Chancen 47. Kongress für Allgemeinund Familienmedizin Durch die Geschwindigkeit des medizinischen Fortschritts teilt sich die Medizin immer mehr in einzelne Bereiche auf. Dies macht den Beruf abwechslungsreich, aber es stellt auch eine große Herausforderung dar. Im Rahmen des Kongresses soll diskutiert werden, wie diese Herausforderungen optimal gemeistert werden können. Information und Anmeldung: Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt, ☎ 069-65 00 72 45, [email protected], www.degam2013.de 12.–15. September 2013 in Düsseldorf Kinder- und Jugendmedizin 109. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin Neben aktuellen Themen, die das breite Spektrum der Kinder- und Jugendmedizin – beginnend bei der Neugeborenenmedizin bis hin zu Erkrankungen des Jugendalters – darstellen, werden die Schwerpunktthemen Pharmakotherapie bei Kindern, neue diagnostische Methoden sowie Infektiologie und Immunologie behandelt. Information und Anmeldung: Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf, [email protected], www.dgkj2013.de 19. September 2013 in Hamburg 21. September 2013 in Hamburg Sexualität im Alter Erschöpfung – Depression – Burnout 2. Bildungsschanze zu Vorurteilen, Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven Gibt es interdisziplinäre Behandlungsoptionen? Das Thema Sexualität im Alter ist ein wichtiges und zentrales Thema, wenn es um Lebensqualität, aber auch um Grenzen geht. Leider ist es aber immer noch ein Tabu. Dieses komplexe Thema von vielen Seiten zu beleuchten und eine breite Diskussion zu starten ist das Ziel dieser Tagung. Der Seminartag wird medizinische Hintergrundinformationen zum Störungsbild der chronischen Erschöpfung aus verschiedenen Blickwinkeln vermitteln. Im Anschluss an die Vorträge gibt es die Möglichkeit, mit den Referenten zu diskutieren. Information und Anmeldung: Bildungsschanze, c/o Elisabeth Alten- und Pflegeheim, Kleiner Schäferkamp 43, 20357 Hamburg, ☎ 040-44 18 08-0, [email protected], www.elisabeth-altenheim.de Information und Anmeldung: Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin e.V., c/o MVZ Labor Dr. Fenner, z. Hd. Frau Carmen Blanz, Bergstr. 14, 20095 Hamburg, ☎ 040-30 95 54 92, [email protected], www.igumed.de 20. September 2013 in Osnabrück 28. September 2013 in Meldorf Familiengesundheit im Lebenslauf Mitten wir im Leben sind ... 1. Internationale Fachtagung 8. Hospiz- und Palliativtag Schleswig-Holstein Gesundheit in ihrem familiären Kontext – statt allein aus der Perspektive der Individuen – ist das Leitthema der Tagung. Es wird untersucht, wie Familien in verschiedenen Lebensphasen mit Krankheit und Pflegebedürtigkeit ihrer Mitglieder umgehen. Die Tagung informiert darüber, wie und wo in Schleswig-Holstein Menschen in ihrer letzten Lebensphase Hilfe bekommen und zeigt, wie sich Interessierte an dieser wichtigen Tätigkeit beteiligen und sie unterstützen können. Information und Anmeldung: Hochschule Osnabrück, Postfach 19 40, 49009 Osnabrück, ☎ 0541-969-21 17, [email protected], www.wiso.hs-osnabrueck.de Information und Anmeldung: Hospiztreff, Zingelstr. 6, 25704 Meldorf, ☎ 04832-550 00, [email protected], www.hospizverein-dithmarschen.de 5. Dreiländerkongress Ergotherapie in der Psychiatrie Ergotherapie aktuell 13. bis 15. Oktober 2013 in Kloster Irsee Renommierte Dozenten der Ergotherapie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beantworten aktuelle Fragen zur psychiatrischen Behandlung: ● ● ● Welche innovativen Impulse bietet Ergotherapie in der Psychiatrie? Was verlangt die künftige Finanzierung der Psychiatrie von Ergotherapeuten? Wie verankern wir ergotherapeutische Interventionen im psychiatrischen Team? Das vielfältige Themenangebot aus drei Ländern erwartet Sie im anregenden Ambiente von Kloster Irsee mit Vorträgen und Workshops. Breite Diskussionsmöglichkeiten und der Austausch zwischen den Spezialisten der Ergotherapie fördern Synergieeffekte. Erwarten Sie Ungewöhnliches und Besonderes. Wir freuen uns auf Sie. Bitte fordern Sie das Programm dieser Spitzenveranstaltung für Ergotherapeuten an: Bildungswerk des Verbandes der bayerischen Bezirke Klosterring 4, D-87660 Irsee Tel.: +49 (0)8341 906-604 Fax: +49 (0)8341 906-605 [email protected] www.bildungswerk-irsee.de Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Stellenmarkt (UN-)BEHINDERT LEBEN, WOHNEN UND ARBEITEN IN SÜDDEUTSCHLAND! Sie haben eine körperliche Behinderung und suchen eine Perspektive mit Zukunft? SIE WERDEN STAUNEN, WIE SEHR SIE UNS AM HERZEN LIEGEN! Wir bieten: · Ausbildung zum / zur Bürokaufmann / Bürokauffrau · Selbstbestimmtes Leben und Wohnen in verschiedenen Wohnmodellen wie z.B. Fokushaus oder Ambulant Betreutes Wohnen · Individuell abgestimmtes Betreuungssystem mit bis zu 24-Stunden-Assistenz, Fahrdienst, Therapie und Pflegedienst aus einer Hand · Unterstützung beim Umzug in ein selbst bestimmtes Leben Wir beraten Sie gerne: Arbeiter-Samariter-Bund RV Heilbronn-Franken Offene Behindertenhilfe Wilhelmstr. 34, 74074 Heilbronn Tel.: 07131/96 55 46 Anja Rogé-Kühner (Mo-Fr von 8 bis 12 Uhr) [email protected] www.asb-heilbronn.de Arbeiter Samariter Bund LV Baden-Württemberg e.V. RV Heilbronn-Franken Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 JETZT ANRUFEN UND BEWERBEN: TEL: 0711 - 22 55 57 - 0 20 JAHRE ERFAHRUNG IM GROSSRAUM STUTTGART IN DEN BEREICHEN: • CHIRURGIE • INNERE ETC. • INTENSIV • ANÄSTHESIE • OP • AMBULANZ • MOBILE PFLEGE • ALTENPFLEGE WIR SUCHEN EXAMINIERTE (FACH-) PFLEGEKRÄFTE WIR BIETEN: • FESTANSTELLUNG • STEUERFREIE ZULAGEN • TOP VERDIENSTMÖGLICHKEITEN • VOLLZEIT, TEILZEIT ODER 400 Y- BASIS • VARIABLE EINSATZMÖGLICHKEITEN • • • • BETREUTES WOHNEN HEIMBEATMUNG TAGESKLINIK BETRIEBSARZT JOKER GMBH KÖNIGSTRASSE 48 70173 STUTTGART TEL.: 0711/22 55 57 - 0 [email protected] WWW.JOKER-PERSONAL.DE 75 76 Stellenmarkt / Fortbildungen NEUE HORIZONTE PFLEGE-KONGRESS 24. OKTOBER 2013 Mit Marie Manthey (USA) Begründerin der Primären Pflege Die Pflege steht vor der Herausforderung, für die Zukunft neu zu denken. Mit international führenden Referentinnen/Referenten - in Zusammenarbeit mit den Pflegeexperten des Hospitalverbundes - soll ein Kongress Antworten geben. Ein Schwerpunkt ist die „Primäre Pflege“. Weitere Themen z.B. : „Führen mit emotionaler Intelligenz“, „Weiterbildung motiviert/demotiviert“, „Fachkräfte Sicherung/ Attraktiver Arbeitgeber“ und LCP. WWW.HELLWEGKONGRESS.DE www.hospitalverbund.de Information und Anmeldung Weiterbildung Praxisbegleiter/in Basale Stimulation® in der Pflege 1-jährige Berufsbegleitende Weiterbildung Basale Stimulation® in der Pflege ● ORT: Freising /Obb.; BEGINN: 24. März 2014 ● Nähere Information und Anmeldung: ● Elisabeth Wust 85354 Freising; Martin-Luther-Str. 6 Tel: 08161-49 65 950 www.weiterbildung-basalestimulation.de WEITERBILDUNG Systemisch 0-3 Systemische Beratung und Marte Meo im Bereich Früher Hilfen berufsbegleitende Weiterbildung – 5 Blockseminare, 15 Tage – Start: 20. - 22.01.2014 in Heppenheim/Bergstraße – mit Petra Girolstein, Astrid Breisch + Markus Bach kostenfreier Einführungsworkshop am 28.08.2013 von 17-20 Uhr in Heppenheim FACHTAGE Bindung und Bindungsstörungen – Bedeutungen für Diagnose, Beratung und Therapie 25.06.2013 von 10-17 Uhr in Hanau mit Dr. med. Karl Heinz Brisch Marte Meo – Eine Methode zur Entwicklungsunterstützung – Einführung 14.10.2013 von 10-16 Uhr in Nürnberg mit Maria Aarts Marte Meo – Neueste Entwicklungen in Deutschland und international 15.10.2013 von 10-16 Uhr in Hanau mit Maria Aarts Leitung: Rainer Schwing, Dipl.-Psychologe, Supervisor dgsv, Lehrtherapeut DGSF Regionalinstitut Süd Ulanenplatz 6 63452 Hanau Tel.: 0 61 81 / 25 30 03 Fax: 0 61 81 / 25 30 46 [email protected] www.praxis-institut.de Fortbildung Entwicklung Beratung Wir sind Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF e.V.) und der European Association of Family Therapy (EFTA). Einige unserer Angebote sind von den Psychotherapeutenkammern Hessen, Bayern und Ostdeutschland mit Fortbildungspunkten akkreditiert. Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Stellenmarkt / Fortbildungen ~ Ihre Stellenanzeige erscheint in der Zeitschrift und auf Die Nummer Deutschlands größter Pflegestellenmarkt Mit einer Stellenanzeige in der Fachzeitschrift Die Schwester Der Pfleger erreichen Sie über 250 000 Leser. Profitieren Sie vom Crossmedia-Vorteil des Bibliomed-Verlages. Fragen zum Crossmedia-Vorteil? Telefon (0 56 61) 73 44-34 · www.bibliomed.de Weiterkommen im sozialen Bereich Sozialwirt/-in staatl. anerkannt Betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikation Drei Jahre berufsbegleitend Informationen bei diesen Kolping-Bildungszentren: • Heilpraktiker • Psychotherapie (HPG) • Gesundheitsberater • Raucherentwöhnungsberater • Fußfachpfleger Heilbronn 07131 Ravensburg 0751 Stuttgart 0711 Schwäb. Gmünd 07171 Fernlernen & Seminare • Psychologischer Berater • Suchtberatung • Kindespsychologie Nebenberuflich. Staatlich zugelassen. Seit 1967. 88864-0 560159-20 955903-44 181917-0 Entwicklungs- u. Erziehungsberatung • Seelsorger • Philosophie • Persönlichkeitsentwicklung und Berufserfolg Fortbildungszentrum Bensberg am Vinzenz Pallotti Hospital Aus-, Fort- und Weiterbildung für Hebammen, Ärztinnen und geburtshilfliche Teams Bensberg · Dinslaken · Hamburg · Konstanz ·Viersen Wir bieten Kurse zu den Themen: Geburt Notfälle in der Geburtshilfe Schwangerschaft Körperarbeit Beckenbodentherapie FB ZB 20 re Jah e n s b erg Eltern und Kind ,QWHJUDWLYH:RFKHQSÁHJH Still- u. Laktationsberatung Spezialthemen Ganzheitliche Geburtshilfe www.fortbildung-bensberg.de Vinzenz Pallotti Straße 20-24 · 51429 Bensberg · Tel. 02204/ 41-6510 Mail: [email protected] Kurse im Sinne des § 7 BerO für Hebammen NRW geeignet Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Corporate Quality Akademie QB,QM [email protected] www.cqa.de Fernlehr-Ausbildung AZAV + ZFU zugelassen QM-Prod. Dienstleister, Gesundheitswesen Beginn: jederzeit Ganzheitlich orientieren. Jetzt kostenfreies Studienprogramm anfordern: Telefon 02129 - 940 240 www.alh-akademie.de Achtsamkeitsjahrestraining „Stressbewältigung durch Achtsamkeit“ nach Kabat-Zinn. Ein Training für ein achtsames Leben im Beruf und Alltag. Beginn: 23./24.11.2013 Anmeldung: MBSR-Bielefeld Fon: 05206-704047 Email: [email protected] Punkte sind beantragt 77 78 Fortbildungen IBMG GmbH Wir qualifizieren Pflegende Institut für Bildung + Managment im Gesundheitswesen Institut für Bildung + Management im Gesundheitswesen GmbH ● (480 Std.) Leitende Pflegefachkraft (720 Std.) Pflegedienst-, Einrichtungs- und Heimleitung (900 Std.) ● Fachkraft Gerontopsychiatrie ● Fachkraft Wundmanagement / Dekubitus ● Hygienebeauftragte in Pflegeeinrichtungen (300 Std.) ● Praxisanleitungen (210 Std.) ● Präsenzkraft / Betreuungskraft, (§ 87b Abs. 3 SGB XI) ● Pflegeberatung (nach § 45 SGB XI) ● Pflegeberatung (§ 7a SGB XI) ● Qualitätsbeauftragte/r (160 Std.) ● Palliative Versorgung (Palliative Care) (200 Std.) Staatlich anerkannt Pallaswiesenstr. 63 64293 Darmstadt Tel.: 06151 / 87 54-0 Fax: 06151 / 87 54-20 Führen und Leiten Stations-, Gruppen- und Wohnbereichsleitung [email protected] www.ibmg-darmstadt.de Geschäftsführerin: Hannelore Möllenhoff Berufe – Gute Chancen Neue Berufe G Chancen Wir machen Ausbildung bezahlbar! Heilpraktiker/in pra ktiker/in Psychologi Psychologische/r sche/r Berater Berater/in /in Ernährun Ernährungsgsberater/in erater/in b Erziehun gs- und ErziehungsEntwicklungsEntwicklungsberater/in Gesundhe eitsGesundheitserater/in b / berater/in itness- u nd FFitnessund ellnessberater/i W /in Wellnessberater/in Tierhei ilTierheilpra ktiker/in r praktiker/in Ausbilder/in Ausbilder/in A T und und PM AT Fen g-ShuiFeng-ShuiBerater/in Berater/in / Mediator / in Mediator/in vviele iele w eittere weitere Ausbildun gen Ausbildungen omepage siehe H Homepage Staatlich zugelassene zuge gelassene Fernlehrgänge g g mit Wochenendseminaren Wochenendse eminaren in vielen Städten r eit jederz Beginn je möglichh! Impulse Impuls e e. V. Rubensstr. nsstr. 20 20aa · 4232 42329 Wuppertal uppertal · T Tel. Rube 2 9W el. 0202 //73 73 95 9 40 www .Impulse-Schule.de . I m pulse-Schul e . de Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Kleinanzeigen Reisen ■ ■ CINQUE TERRE - WANDERN & MEER FeWo. mit Balkon, traumhafter Meerblick. Idealer Ausgangspunkt zum Wandern + Schwimmen. Info: www.arucca.com oder Tel.+ Fax: 0039-0187-82 13 04 Deutschland Urlaub im Alten Apfelgarten in Ostseenähe, FeWo für 2-10 Personen, individuelle Gestaltung, am Wald und Landschaftsschutzgebiet mit See, www.alte-obstsorten.de ☎ 04635-27 45 Blockhaus an der Schlei, zw. Nordund Ostsee, urgemütlich, ruhig gelegen, Kaminofen, Sauna, BioLaden, ☎ 04641-931 61, www.blockhaus-ferien.de ENTSCHLEUNIGUNG: Ruhe & Natur satt im Müritz-Nationalpark. 2 FeWo je 2–3 P. ganzjährig in Kratzeburg-Granzin. Havel & Havelseen, Boot & Rad. Info: ww.trinogga.de oder ☎ 0331-87 07 96 (AB) RÜGEN für Naturfreunde! Ferienhaus und -wohnungen unter Reet in traumhaft ruhiger und idyllischer Alleinlage im Biosphärenreservat nahe Putbus und Lauterbach. www.in-den-goorwiesen.de ☎ 038301-883 24 ■ Spanien LANZAROTE Fischerhaus direkt am Atlantik oder separate kleine Ferienwohnung von privat, auch LANGZEIT. ☎ 0034-629 53 22 25, www.lanzarote-arrieta.de oder ☎ 0034-627 55 26 26, www.lanzarote-individual.com ■ Frankreich Urlaub in Südfrankreich: auf altem Weingut nahe Pic St. Loup/ Montpellier, mit viel Atmosphäre, Park, Pool & Boules, hausgemachter südfranzösischer Küche & besten Weinen. NEU: großzügige FeWo. ☎ 0033-467-590202, Fax:-344 www.auberge-ducedre.com ■ Italien Europa Zwischen Moldau und Masuren Kulturnahe, aktive BegegnungsReisen zu den Nachbarn im Osten Kultur-Wandern, Rad, Skilanglauf ☎ 0941-260 80 www.boehmen-reisen.de, 400 Fasten-Wanderungen! Europaweit. Gesundheitsfördernd. Wo ab 300 EUR. Leiterausbildung! (Versand des Fastenwander-Buches 15 EUR). ☎/Fax 0631-474 72, www.fasten-wander-zentrale.de WANDERUNGEN auf KRETA, Karpathos, Naxos, Iraklia, Euböa, Gavdos, Santorin, Anafi. Auf Hirten- + Ziegenpfaden die Schönheit der alten Inselwelt erleben. Herbst: Elsass. ☎ 07808-91 47-41, Fax-42, www.insel-wanderungen.de ■ Seminare/ Therapieangebote Gestresst? Burn-Out droht? Ich kann Ihnen helfen! In meinen Seminaren lernen Sie durch einfache Übungen der täglichen Überforderung zu entkommen. Näheres unter: www.Tanya-Rether.de Telefoncoaching für Lebenskrisen, Verhaltensänderungen ☎ 09261-96 44 12 ab 20.30 Uhr tägl. (Bezahlung durch Überweisung) Beratungsmethoden wie Familienaufstellen und NLP u.a. siehe www.karinwagnerpsychologischercoach.de fahrrad-und-reisen.de www. NEU: Hausboot und Rad Per Rad & Schiff Urlaub im Aktiv-Resort Individual- und Gruppenradreisen in Europa, mit Gepäcktransfer Tel.: 07154/131830 Ferienhaus zu vermieten? Reisepartner gesucht? Kleinanzeigen in Dr. med. Mabuse können Sie auch bequem im Internet aufgeben unter www.mabuse-verlag.de/Anzeigen/Kleinanzeigen sonstwo Reif für die Insel, oder gleich für mehrere ? 15 Tage Thailand: Bildung + Erholung Gruppenreise durch ZentralThailand, max. 15 P., kompl. deutschspr. 07.-21.Sept.13, nur 2499 € p.P./DZ (EZ möglich) Infos: www.ctt-reisen.de (Banner unten links) oder Tel.: +49 (0)2261 64487 Mallorca und mehr Meer weltweit interessante Reiseideen abseits Tourismus www.tss-urlaub.de www.spirituelle-indienreisen.de Mittelindien: Vrindvan, Khajuraho, Varanasi, Delhi, 19.2.-10.3.14 Südindien 16.1.-1.2.14 Meer, Yoga, Tempel, Ashram max. 10 Pers. Kerala 1.2.-17.2.14 ☎ 09566-253 Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Erleben Sie die schönsten Segelreviere der Welt, hüpfen Sie mit uns von Insel zu Insel, oder entdecken Sie die paradiesischen Karibikinseln der Kleinen Antillen auf eigene Faust. Wir kombinieren Ihren Traum & Urlaub zum Traumurlaub! 73054 Eislingen · Tel. 07161-88 199 · Fax: 81 70 21 www.123-karibik.de · www.inselhuepfen-karibik.de www.segelreisen-karibik.de 79 80 Kleinanzeigen Hamburg Leuchtfeuer Lotsenhaus Ein Haus für Trauer, Abschied und Gedenken Anmeldung/Information: Museumstraße 31, 22765 Hamburg ☎ 040 / 398 06 74-0 Fax: 040 / 398 06 74-10 Email: lotsenhaus@ hamburg-leuchtfeuer.de www.hamburg-leuchtfeuer.de Samstag, 14. September 2013, 10.00-18.00 Uhr; Sonntag, 15. September 2013, 10.00–15.00 Uhr; „Nur nichts falsches sagen!” Wie begegne ich trauernden An- und Zugehörigen? Peggy Steinhauser, Trauerbegleiterin und Bildungsreferentin Mittwoch, 27. November 2013, 10.00-18.00 Uhr; Sonntag, 15. September 2013, 10.00-15.00 Uhr „Ich werd noch verrückt“ Umgang mit “negativen” Gefühlen im Trauerprozess Ein Tagesseminar für therapeutische Fachkräfte und Trauerbegleitende Dr. Miriam Haagen, Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie Wasservitalisierung Stellenmarkt ALOE VERA & weitere Spitzenprodukte für bewusste Lebensweise, Beauty und Sport direkt online bestellen: www.aloe-wellness.com ... natürlich mit P L O C H E R® www.plocher.de 0 75 32 / 43 33 - 0 V- 10 Gesundheitsberater/In für Ernährung, Bewegung, Stressmanagement und Wellness stattl. gepr. Fernkurs ☎ 089-74 68 89 80 www.gesundheitsfortbildung.de Burnout-PräventionsCoach. Staatlich zertifizierter Fernlehrgang. Detailliert ausgearbeitetes Konzept zum sofortigen Einsatz. Referenzen+Infos: www.wsdausbildungszentrum.de Ausbildung zum/zur Trainer/in in Achtsamkeit am Arbeitsplatz: Timeout-Seminar (3 Tage) und Jahrestraining (10 Tage) in Frankfurt. Info: ☎ 069-6789-220 www.achtsamkeit-amarbeitsplatz.de Ausbildung zum / zur Geistigen GenesungshelferIn/ HUNA-EnergiearbeiterIn in Deutschland / auf den Seychellen (wunderschöne Umgebung! Sem. m. Urlaubscharakter), auch mit Ausbildung in Lomi Lomi möglich, ☎ 06251984 32 74, www.cgw-huna.de [email protected] Für Frauen, Heilkraft und Farben, Zeit für mich, Qi Gong, Entdeckungsreise Stimme, Improvisationstheater, Bogenschießen. www.altenbuecken.de ☎ 04251-78 99 Immobilien Raum für Ihren Traum – 2 Häuser 500 qm, Naturgarten 3500qm, zwischen Nbg. Und Rgb. VB 590.000,- € ☎ 09625-911 32 Kontakte www.Gleichklang.de: Die andere Partnerbörse für spirituelle Menschen! CoachingIn sucht Therapeuten, Coaches, Berater u.ä. Qualifikationen in NRW für Einzelberatungen. Freie Zeiteinteilung, gutes Honorar. Info unter: 0800-589 51 68, www.coachingin.de ENNEAGRAMM SOFTWARE – Online-Typen-Test und Software zum Enneagramm.☎ 069-48 98 22 64 www.enneagramm-software.de Große Hausarztpraxis in OWL-Lippe sucht WeiterbildungsassistentIn. Gute Arbeitsbedinungen und gute Bezahlung. Auch halbtags. Späterer Einstieg möglich. ☎ 0171-72 860 63 pure bio.tampons aus reiner BioBaumwolle. Nach GOTS-Standard zertifiziert. 64 Stück 7,25 Euro zzgl. reiner Portokosten. www.bio-tampons.de WWW.KLINIKSTERBEN.DE Wir trauern im stillen Gedenken um die wegfusionierten, aufgekauften, geschlossenen und insolventen Bestandteile der deutschen Krankenhauslandschaft. Verschiedenes Gesundes und entspanntes Sitzen www.naturforum-kniestuhl.de Medizintechnik An- u. Verkauf Inzahlungnahme WilbertMedizintechnik, ☎ 02628-986 82-0, Fax: -1 www.wilbertmedical.de AFA-Algen, BIO-Chlorella, BIOSpirulina, Flor Essence, Heidelberger-Kräuterstern und viele weitere gute Produkte mehr zu günstigen Preisen. www.feinealgen.de, ☎ 06124 - 726 91 54 LEINENTASCHEN, TEXTILWERBUNG HOLZSPIELZEUG, ENTSPANUNGSCDs, Naturschutz, Seiden- u. Baumwolltücher, kbA-Babyartikel, Geschenke und Dekoration u.v.m. www.naturwaren-online.de Der nächste Anzeigenschluss ist am 7. August 2013. Ihre Kleinanzeige(n) senden Sie bitte an: [email protected] ARNICA bringt Ordnung in Ihre homöopathische Hausapotheke, www.homöopathie-kästle.de Wörterbücher – Enzyklopädien – Wissensmanagement – Sie erstellen ein (Fach-)Wörterbuch, ein Lexikon oder eine Wissenssammlung? Sie schreiben ein Tagebuch oder einen Blog? Sie möchten Ihre Digitalbilder verwalten? Wordbook Software. Kostenlose Demo-Version. ☎ 069-48 98 22 64 www.wordbook.de Slipeinlagen/Binden aus Baumwolle/Seide Kulmine, 49088 Osnabrück, ☎ 0541-185 91 17 www.kulmine.de Wir weisen daraufhin, dass die Anzeigen und Angebote, auch die zu Therapien und Ausbildungen, nicht von der Redaktion geprüft und bewertet werden. _____________________ Schwerpunkt-Thema der nächsten Ausgabe Dr. med. Mabuse ist: Schuld www.pflegesoft.de – das offene Pflege(aus)bildungsprojekt im Netz – kostenlos und werbefrei! Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 81 KLEINANZEIGENAUFTRAG 204 Private Kleinanzeigen kosten 10 € für die ersten 5 Zeilen, jede weitere Zeile 2,50 €. (Eine Zeile hat max. 30 Anschläge.) Gewerbliche Kleinanzeigen kosten 20 € für die ersten 5 Zeilen, jede weitere Zeile 4,50 €. Die Vermietung von Ferienwohnungen gilt als gewerblich! Bezahlung per Rechnung oder Einzugsermächtigung (jederzeit widerrufbar). Der Betrag wird nach Erscheinen des Heftes abgebucht. Jahresauftrag: 30% Rabatt. • Coupon einsenden oder faxen an: Mabuse-Kleinanzeigen, Postfach 90 06 47 60446 Frankfurt am Main, Fax: 069-70 41 52 Kleinanzeigenauftrag Online: http://www.mabuseverlag.de/Zeitschrift-Dr-med-Mabuse/Anzeigen/Kleinanzeigen/ E-Mail: [email protected] Chiffre: 5 € zusätzlich Belegexemplar: wird automatisch kostenlos zugeschickt, bei Daueraufträgen einmalig. AbsenderIn Die angegebenen Preise verstehen sich zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Einzugsermächtigung: Vorname, Name ............................................................................................... Straße, Nr. ......................................................................................................... Postleitzahl, Ort ................................................................................................ Tel., Fax ............................................................................................................. E-Mail ................................................................................................................ Rechnung KontoinhaberIn ................................................................................................. Konto-Nr............................................................................................................. BLZ ..................................................................................................................... Geldinstitut, Ort ................................................................................................ ............................................................................................................................ .................................................................................................................................... Ort, Datum, Unterschrift Die Kleinanzeige soll erscheinen: in der nächsten Ausgabe (Anz.-Schluss: 7. August 2013) von Ausgabe _____ bis Ausgabe _____ Jahresauftrag (6 Hefte) = 30% Rabatt! IMPRESSUM Layout: Karin Dienst, Frankfurt am Main Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe 38. Jahrgang Verlag: Mabuse-Verlag GmbH, Kasseler Str. 1a, 60486 Frankfurt am Main ☎ 069-70 79 96-14, Fax: 069-70 41 52 www.mabuse-verlag.de [email protected] www.facebook.com/mabuseverlag Geschäftsführer: Hermann Löffler Eingetragen beim Registergericht: Frankfurt am Main (HRB 33207) Buchversand: ☎ 069-70 79 96-16 [email protected] Redaktion: Franca Liedhegener, Hermann Löffler, Erik Meininger, ☎ 069-70 79 96-14/15, [email protected] V.i.S.d.P.: Hermann Löffler (Für Beiträge, die mit vollem Namen gekennzeichnet sind, übernehmen die AutorInnen die Verantwortung.) Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Druck: Brühlsche Universitätsdruckerei, Gießen Redaktionsschluss für die nächste Nummer ist der 19. Juli 2013. Erscheinungsweise: sechsmal pro Jahr Anzeigenschluss ist der 7. August 2013. Konten: Postbank Frankfurt am Main, Kto.-Nr. 208 400-609, BLZ 500 100 60 Frankfurter Sparkasse, Kto.-Nr. 200 098 195, BLZ 500 502 01 Anzeigen: Monika Diehl, ☎ 069-70 79 96-20, [email protected] Fee Braunsdorf, ☎ 069-70 79 96-18, [email protected] Jahresabonnement: 42 Euro (Ausland 45 Euro), zzgl. Porto. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn es nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf des Bestellzeitraums gekündigt worden ist. Geschenkabos laufen automatisch aus. Für den Buchhandel gelten die o.g. Preise abzügl. 30 Prozent Rabatt, zzgl. Porto. Abovertrieb: Mabuse-Aboservice, Petra Matern, Postfach 90 06 47, 60446 Frankfurt am Main, ☎ 069-70 79 96-17, [email protected] Vertrieb für den Buchhandel: Prolit-Verlagsauslieferung GmbH, Siemensstr. 16, 35461 Fernwald ☎ 0641-9 43 93-201 Fax: 0641-9 43 93 93, [email protected] Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 26 vom 15.9.2012. Titelbild: istockphoto.com/Ricardo Azoury ISSN: 0173-430X Nachdruck: Die Wiedergabe und der Nachdruck von Artikeln aus Dr. med. Mabuse sind nur nach Rücksprache und mit Genehmigung der Redaktion möglich. Diese wird aber in der Regel gern erteilt. Beilagen: Einem Teil der Aboauflage dieser Ausgabe liegen Beileger der Wappen-Apotheke bei. Wir bitten freundlich um Beachtung. 82 Besser reich und gesund ... ... als arm und krank Schulnoten für Liebhaber von Dorothea Sauter Die Pflegetransparenzvereinbarung (PTV), auch „Pflege-TÜV“, ist bekanntlich die erfolgreichste Qualitätsoffensive des Gesundheitswesens der letzten Jahre. Dieses bislang beispiellose Erfolgsmodell sollte daher auch in anderen wichtigen Lebensbereichen angewendet werden. Und da sexuelle Beglückung als bedeutsame Quelle von Lebenszufriedenheit und Gesundheit gilt, liegt es nahe, die Qualitätsentwicklung des Liebesaktes offensiv voranzutreiben und nun konsequent „Schulnoten für Liebhaber“ einzuführen. Denn auch in der Liebe haben viele NutzerInnen keine angemessene Möglichkeit des direkten Vergleichs. Entsprechend der PTV können Qualitätsprüfungen von Liebhabern nur eindeutig messbare Sachverhalte bewerten und müssen schwer nachweisbare Kontextfaktoren somit ausblenden. Eine flächendeckende Umsetzung erfordert schließlich höchste Praktikabilität. Daher gilt für das Prüfinstrument auch, dass Aspekte wie die Kommunikation während des Liebesaktes, das Wahrnehmen der Wünsche und Bedürfnisse des Geliebten oder das Maß an Hingabe explizit nicht erfasst werden. Gleiches gilt für nur schwer messbare Faktoren wie Erfahrungskompetenz, psychosoziale Fertigkeiten des Liebhabers oder die Frage des Zusammenpassens von Liebhaber und Geliebtem. Bei der Bewertung erhalten positive Befunde (vorhanden) die Note 1, negative (nicht vorhanden) die Note 5, die Gesamtnote wird aus dem Durchschnitt der Einzelnoten bewertet. Dies erspart den PrüferInnen komplizierte Differenzierungen in der Bewertung und ermöglicht formale Genauigkeit sowie Vergleichbarkeit. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass die Zufriedenheit der NutzerInnen natürlich nicht in die Bewertung einfließen kann. Die Geliebten können schließlich keine verwertbaren Angaben machen, da die Umstände der – mindestens emotionalen – Abhängigkeit sozial erwünschte Antworten erzwingen würden. Geprüft werden daher lediglich Aspekte wie Dauer und Tempo der Erregungssteigerung und des Höhepunktes, Körbchengröße, Hüftumfang beziehungsweise Größe und Umfang des Penis vor, während und nach der Erregung, Menge und Geschmack des Ejakulats sowie vitale Kennzeichen und kognitive Fähigkeiten des Liebhabers vor, während und nach dem Liebesakt. Weiterhin würde der Prüfkatalog selbstverständlich auch nach Aktivitäten des Qualitätsmanagements fragen. Werden die Liebesakte konsequent evaluiert, anhand evidenzbasierter Kriterien? Wie führt der Liebhaber die vergleichende Analyse durch, welche Standards für die Vorbereitung und Durchführung des Liebesaktes sind formuliert, existiert ein Liebesleitbild auf der Basis einer allgemein akzeptierten Theorie, finden regelmäßige, systematische und anonymisierte Nutzerbefragungen statt, existiert ein prospektiver Fortbildungsplan? Die Verfahrensregeln sichern außerdem, dass unangemeldete Prüfungen im Zweijahresrhythmus durchgeführt und die Noten veröffentlicht werden. So können gute Liebhaber endlich ihre Qualität zeigen und schlechte würden zügig vom Markt verschwinden. In der Pflege sind im Kontext der PTV-Einführung Heerscharen von MitarbeiterInnen ins Burn-out geflüchtet. Sie haben Platz gemacht für innovative Fachkräfte, die evaluierbaren Zielen mehr Bedeutung zumessen, als undefinierbaren Bewohnerbedürfnissen. Etliche Pflegedienstleitungen, die hartnäckig Mitarbeiterinteressen mit Bewohnerinteressen verbinden wollten, konnten so durch Führungskräfte ersetzt werden, denen Effizienz wichtiger ist als Affekt. Nach der Einführung der Schulnoten für Liebhaber sind ähnliche Effekte zu erwarten. Damit einhergehende Versorgungsengpässe dürften durch großzügige Greencard-Lösungen problemlos zu beheben sein und für eine flächendeckende sexuelle Beglückung sorgen. Viele Gründe, sich auf dieses neue Instrument zu freuen! Dr. med. Mabuse 204 · Juli / August 2013 Die Kinder- und Jugendbücher der edition Lichtland 978-3-9812924-9-7 Band 1 Loli will das Hexen lernen € 14,80 Ab Vorschulalter Für alle Loli-Fans. Loli zum Ausmalen und Basteln. € 3,95 978-3-9812924-5-9 Hexen – das ist, den eigenen Zauber erkennen und leben. Loli lernt, dass es dazu Mut braucht und Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Ein „Mut-Mach-Buch“! Ab Vorschulalter € 9,99 978-3-9812924-9-7 Schule ist mehr als trockenes Lernen. Loli und ihre Freunde zeigen, dass Lernen und Begeisterung zusammen gehören. Ein „Träume-Leben-Buch“! Eule Barbara rettet das frisch geschlüpfte Schildkrötenjunge Mario vor der Schlange. Das macht stark und fröhlich. Ein „Miteinander-IstBesser-Buch“! Ab Vorschulalter € 14,80 € 10,00 978-3-942509-00-8 Urlaub bei den Großeltern im Bayerischen Wald – das ist für eine 13-jährige „uncool“. Tom und ein Geheimnis machen daraus ein aufregendes Abenteuer. Ein „ManchmalIst-Alles-Anders-Buch“! ab 10 Jahren € 10,00 978-3-9812924-8-0 Voller Phantasie, Gefühl und Poesie erzählt Stefan Gemmel in diesem Buch eine Fabel über Freundschaft, die weit über den Tod hinausreicht. 978-3-9812924-3-5 ab 4 Jahren € 14,80 978-3-942509-18-3 edition Lichtland OHG, Stadtplatz 4, 94078 Freyung Tel. 08551 / 9139790, Fax 08551 / 6404 E-Mail: [email protected], www.lichtland.eu www.lichtland.eu Ökologische Babymode NEU Katalog bestellen Tel. 01805/990500* oder im Online-Shop www.maas-natur.de Einkaufen bei Maas in Gütersloh | Oldenburg | Bielefeld | Bad Homburg | Hamburg | Berlin | Münster *EUR 0,14/Min. aus dem Festnetz der T-Com - Mobilfunkpreise max. EUR 0,42/Min. Der neue Babykatalog erscheint Anfang August!