Übersetzung Aeneis 4,305-361

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Übersetzung Aeneis 4,305-361
Übersetzung Aeneis 4,305-361
305 Hast du sogar gehofft, Treuloser, so ein grosses Unrecht
verheimlichen zu können und schweigend aus meinem Land weggehen zu können?
Hält dich nicht unsere Liebe und auch nicht die einst gegebene Rechte
und auch nicht die durch einen schrecklichen Tod sterben werdende Dido?
Ja du beeilst dich sogar, beim winterlichen Gestirn die Flotte zu rüsten
310 und mitten in den Nordstürmen durchs hohe Meer zu fahren,
Grausamer? Was, wenn du nicht fremde Fluren und unbekannte Häuser
suchtest, und das alte Troja noch stehen würde,
würde dann Troja durch das wogenreiche Meer mit der Flotte erstrebt werden?
Fliehst du vor mir? Bei diesen Tränen und bei deiner Rechten –
315 da ich selbst mir nunmehr armen nichts anderes übriggelassen habe –,
bei unserer Ehe, bei der begonnenen Hochzeit,
wenn ich mich in irgendetwas um dich verdient gemacht habe, oder wenn dir
irgendetwas an mir lieb war, erbarme dich des wankenden Hauses und lege,
ich bitte dich, wenn es noch einen Platz für Bitten gibt, diese Gesinnung ab!
320 Wegen dir hassen mich die libyschen Völker und die Herrscher der Nomaden,
die Tyrier sind aufgebracht; ebenfalls wegen dir
ist meine Scham ausgelöscht und mein früherer Ruhm, durch den allein ich
bis an die Sterne heranreichte. Wem hinterlässt du mich Sterbende, Gast,
da ja dieser Name allein vom Gatten übrig bleibt?
325 Was zögere ich? Etwa, bis mein Bruder Pygmalion meine Mauern
zerstört und mich als Gefangene der Gaetuler Iarbas wegführt?
Wenn mir wenigsten irgendein Kind von dir empfangen worden wäre
vor der Flucht, wenn mir irgendein kleiner Aeneas in der Halle
spielen würde, der deine Gesichtszüge tragen würde,
330 dann würde ich nicht völlig getäuscht und verlassen erscheinen.“