Kapitel 5 Relativistische Kinematik

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Kapitel 5 Relativistische Kinematik
74
Teilchenphysik, HS 2007-SS 2008, Prof. A. Rubbia (ETH Zurich)
Mit Hilfe der 4-Geschwindigkeit definieren wir nun den Energie-Impuls 4Vektor als
E
pµ ≡ mη µ = mγ(c, #v ) = (γmc, γm#v ) = ( , p#)
c
Kapitel 5
wobei m die Ruhemasse des Teilchens ist, und E = γmc2 die gesamte Energie
des Teilchens und p# = γm#v der Impuls des Teilchens.
Mit den natürlichen Einheiten erhalten wir:
Relativistische Kinematik
5.1
(5.7)
pµ ≡ (E, p#) wobei E 2 = p# 2 + m2
Das Skalarprodukt des Energie-Impuls 4-Vektors muss eine Invariante sein.
Tatsächlich:
p2 = pµ pµ = m2
(5.9)
Der Energie-Impuls 4-Vektor
In der speziellen Relativitätstheorie haben wir die Zeitdilatation kennengelernt.
Die Eigenzeit eines Teilchens wird definiert als
τ≡
t
∆t
∆s
=⇒ ∆τ ≡
=
γ
γ
c
(5.1)
wobei γ der Lorentz-Faktor ist. Wir führen nun die Eigengeschwindigkeit
eines Teilchens ein:
d#x
d#x
#η ≡
=γ
= γ#v
(5.2)
dτ
dt
und auch die erweiterte Definition des Eigengeschwindigkeits 4-Vektors
oder kürzer 4-Geschwindigkeit
ηµ ≡
dxµ
dτ
(5.3)
dx0
d(ct)
=γ
= γc
dτ
dt
73
Wir haben die “Kovarianz” der Theorie schon erwähnt (Siehe Kap. 4.1). Wir
suchen eine Theorie der Elementarteilchen, die übereinstimmend mit den Prinzipien der Relativitätstheorie ist. D.h., sie muss dieselbe Form relativ zu allen
Inertialbeobachtern besitzen. In diesem Fall spielt die Ruhemasse eine spezielle
Rolle: sie besitzt denselben Wert für jeden Inertialbeobachter.
Relativistische Kinematik
(5.5)
(5.6)
Die Symmetrie des Universums unter einer Translation der Raumzeit führt
zur Erhaltung der Energie und des Impulses. Der Grund ihrer Einführung ist,
dass diese Grössen während einem beliebigen physikalischen Prozess erhalten
werden, wie z.B. während Stössen oder Zerfällen von Teilchen.
Das Skalarprodukt η 2 ist natürlich eine Invariante
η µ ηµ = γ 2 c2 − γ 2 v 2 = γ 2 c2 (1 − β 2 ) = c2
Wir sehen nun diese Definition von einem neuen Standpunkt aus. Die Ruhemasse eines Teilchens ist eine wichtige und nützliche Grösse, um die Eigenschaften von Elementarteilchen zu definiern, weil sie eine Invariante der
Lorentz-Transformation ist. Sie ist wirklich vom Beobachter unabhängig und
entspricht deshalb einer Eigenschaft des Teilchens.
Wir haben schon gesagt, dass alle Inertialbezugssysteme gleichwertig sind. Man
kann ein beliebiges Inertialbezugssystem wählen, um die Kinematik eines Prozesses zu beschreiben. Oft ist es aber sehr wichtig ein “bestes” Bezugsszstem
zu wählen. Obwohl die Form der Gleichung in jedem Bezugssystem dieselbe
ist, können die Gleichungen in einem spezifischen Bezugssystem oft vereinfacht
werden.
(5.4)
ist. Damit erhalten wir für die 4-Geschwindigkeit:
η µ = γ(c, #v )
Es folgt daraus, dass die Ruhemasse eines Teilchens eine Invariante ist, wie
schon bekannt ist. D.h., alle Inertialbeobachter messen dieselbe Ruhemasse eines Teilchens.
5.2
Wir bemerken, dass die zeitliche Komponente dieses 4-Vektors gleich
η0 =
(5.8)
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Relativistischer Stoss: A+B → C+D.
(5.10)
Die gesamte kinetische Energie kann, muss aber nicht erhalten werden: die
Ruhemasse des Systems kann zu oder abnehmen. Während eines elastischen
Stosses ist die Ruhemasse erhalten.
5.2.1
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Z.B. für ein schweres Teilchen der Masse M=90 GeV , wie im Fall des LEP
Beschleunigers am CERN, wo Elektron-Positron-Kollisionen durchgeführt werden. Wir nehmen an, dass das Target ein Elektron ist:
Energie-Impuls-Erhaltung
pµA + pµB = pµC + pµD
76
“Fixed-target” Kinematik
Ein Teilchen A stösst ein Teilchen B , das sich bezüglich des Labors in Ruhe
befindet. Wir nehmen an, dass die Impulse der Teilchen bezüglich des Laborsystems gleich
pµA = (Ea , p#A ) und pµB = (MB , 0)
(5.11)
ESP ≥ M =⇒ EA ≥
M2
(90 GeV)2
≈
≈ 8 × 106 GeV ( M
2MB
2(0,511 × 10−3 GeV)
(5.16)
Im LEP stossen die zwei Teilchen frontal aufeinander (d.h. das SP ist gleich
dem Laborsystem). In diesem Fall braucht man, um ein Teilchen der Masse
M=90 GeV zu erzeugen, “nur”
ESP ≥ M =⇒ EA + EB = 2EA ≥ M =⇒ EA ≥
M
2
(5.17)
Im LEP-Beschleuniger (Kollider) kann die ganze Energie der Teilchen dazu
benutzt werden, das Teilchen M zu erzeugen.
sind. Es folgt,
(pµA + pµB )2 = (EA + MB )2 − (#pA + #0)2
= EA2 + 2MB EA + MB2 − p#A2
= MA2 + MB2 + 2MB EA
5.2.2
Im Schwerpunktssystem (SP) ist der gesamte Energie-Impuls 4-Vektor gleich
pµSP ≡ (pµA,SP + pµB,SP ) = (ESP , p#SP ) = (ESP , #0)
(5.12)
wobei “SP” relativ zum Schwerpunktssystem heisst. Das Skalarprodukt eines
4-Vektors ist eine Invariante. Es folgt,
2
(pµA + pµB )2 = (pµA,SP + pµB,SP )2 = MA2 + MB2 + 2MB EA = ESP
Die Energie im SP ist deshalb gleich
!
"
ESP = MA2 + MB2 + 2MB EA ≈ 2MB EA
Übergang vom SP- zum Laborsystem
Wir betrachten nun ein Beispiel, in dem zwei Teilchen z.B. als Folge eines
Zerfalls, erzeugt werden. Wir betrachten eines der Teilchen. Siehe Abb. 5.1.
Wir nehmen an, dass die Geschwindigkeit des SPs bezüglich des Laborsystems
gleich βL ist.
Bezüglich SP:
(5.13)
pSP
T
pSP
θSP
pSP
//
(5.14)
wenn E A >>M A und E A >>M B .
Was ist die physikalische Bedeutung dieser Gleichung? Wegen der Bewegung
des SPs ist die Energie, die im SP vorhanden ist, kleiner als die gesamte Laborenergie. Ein Teil der Energie entspricht der Bewegung des SPs und diese
Energie muss erhalten werden. Diese Energie ist im SP nicht vorhanden.
Experimentell grenzt diese Beziehung den Wert der Masse von Teilchen ein,
die während eines Stosses erzeugt werden können. Um ein schweres Teilchen
der Masse M zu erzeugen, muss gelten
ESP ≥ M
(5.15)
pT
Bezüglich Labor:
p
θ
p//
Abbildung 5.1: Kinematik eines Teilchens bezüglich des SPs und des Labors.
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Die Transformation der"
parallelen und senkrechten Komponenten des Impulses
kann man als (γL = 1/ 1 − βL2 ):
  SP 

 
E
γL γL βL 0
E

 p||  =  γL βL γL 0   pSP
(5.18)
||
pT
0
0
1
pSP
T
ausdrücken. Es folgt daraus,

E = γL E SP + γL βL pSP

||


SP
SP
p|| = γL (βL E SP + pSP
(βL E SP /pSP + pSP
)=
|| ) = γL p
|| /p
SP

γ
p
(β
/β
+
cos
θ
)
L
L
SP


pT = pSP
T
(5.19)
wobei β die Geschwindigkeit des Teilchens im SP ist. Wie erwartet, können
Teilchen im Labor rückwärts fliegen, wenn β>β L . Wenn β<β L wird das Teilchen
vorwärts-“geboosted”.
Sein Zerfallswinkel θ im Laborsystem ist gleich
,
+
SP
pT
pSP
1
pSP
T
T /p
tan θ =
=
=
SP
p||
γL βL E SP /pSP + pSP
(γL βL E SP + γL pSP
|| )
|| /p
.
1
sin θSP
=
(5.20)
γL βL /β + cos θSP
5.2.3
0
Der π → γγ Zerfall
Als nächtes Beispiel diskutieren wir den π 0 -Zerfall in 2 γ. Das π 0 (Ruhemasse
m) bewege sich im Laborsystem mit der Geschwindigkeit β in +x Richtung
(Siehe Abb. 5.2). Im Ruhesystem (Schwerpunktsystem SP ) des π 0 werden die
zwei Photonen entgegengesetzt emittiert, jedes mit der Energie
E SP =
m
2
(5.21)
Wir bezeichnen mit θSP den Emissionswinkel eines der zwei Photonen. Das
zweite Photon wird dann unter dem Winkel θSP +π emittiert. Die Energien der
Photonen im Laborsystem sind:
E1 = γ
(5.22)
und somit ist
E1 + E2 = γm
die totale Energie des π 0 im Labor. Wir suchen nun die Komponenten des
Impulses:
/
m
p1,T = pSP
1,T = 2 sin θSP 0
1
0
1
(5.24)
m
m
SP
p1,|| = γ(βE + pSP
= γ m2 β + cos θSP
1,|| ) = γ β 2 + 2 cos θ
und entsprechend für das zweite Photon. Es folgt daher:
tan θ =
m
sin θSP
p1,T
sin θSP
= m 2
=
p1,||
γ 2 (β + cos θSP )
γ (β + cos θSP )
(5.23)
(5.25)
Diese Beziehung beschreibt die Winkel-Transformation. Für θSP → 0 geht θ
→0 und für θSP → π geht auch θ →π:
Im Schwerpunktssystem rückwärts (unter 180◦ ) emittierte Photonen werden
auch im Labor rückwärts emittiert, auch für β→1. Dies gilt, weil das Photon
masselos ist und sich immer mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Ein vorwärtsgerichteter Boost kann die Bewegungsrichtung von rückwärts emittierten Photonen nicht nach vorwärts ändern.
Wir betrachten nun das Skalarprodukt der Energie-Impuls-4-Vektoren der Photonen im Laborsystem:
pµ1 p2µ = E1 E2 − p1 p2 cos α = E1 E2 (1 − cos α)
und mit dem Impuls pSP = E SP da Photonen masselos sind.
m
m
m
m
+ γβp1,|| = γ + γβ cos θSP = γ (1 + β cos θSP )
2
2
2
2
m
m
m
m
E2 = γ + γβp2,|| = γ − γβ cos θSP = γ (1 − β cos θSP )
2
2
2
2
Abbildung 5.2: Lorentztransformation des π 0 -Zerfalls in 2γ vom SP (links) ins
Labor (rechts).
(5.26)
wobei der Öffnungswinkel zwischen den Impulsen als α bezeichnet wird (Siehe
Abb. 5.2). Im Schwerpunktssystem ist dieser Winkel 180 Grad und somit gilt:
2 m 32
SP
pµ1 p2µ = E1SP E2SP + pSP
(5.27)
1 p2 = 2
2
Da das Skalarprodukt von zwei 4-Vektoren Lorentzinvariant ist, sind die rechten Terme in den letzten beiden Gleichungen äquivalent und wir erhalten:
2 m 32
m2
(5.28)
E1 E2 (1 − cos α) = 2
=⇒ 1 − cos α =
2
2E1 E2
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Als Funktion des Emissionswinkels im SP findet man:
80
Weil
m2
m2
10
1
1 − cos α =
= 0 m
2E1 E2
2 γ 2 (1 + β cos θSP ) γ m2 (1 − β cos θSP )
2
(5.29)
= 2
γ (1 − β 2 cos2 θSP )
E=γ
Der Öffnungswinkel im Laborsystem erreicht einen minimalen Wert αm , wenn
cosθSP =0.
Es gilt:
1 − cos αm = 2 sin
2α 3
m
2
2
= 2
γ
=⇒
sin
2α 3
m
2
1
=
γ
(5.30)
Im Laborsystem existiert ein minimaler Öffnungswinkel zwischen den Richtungen der zwei Photonen. Dieser Winkel hängt von der Energie des π 0 ab und
nimmt mit dem Inversen des Lorentzfaktors ab. Für eine Energie des π 0 von
1 GeV ist der Winkel ungefähr 15◦ . Der minimale Öffnungswinkel entspricht
der kinematischen Situation, in der die Photonen im Schwerpunktssystem senkrecht zur Flugrichtung des π 0 emittiert werden (d.h. θSP =90◦ ).
m
(1 + β cos θSP )
2
=⇒
cos θSP =
1
β
-
.
2E
−1
γm
(5.34)
bekommen wir mit der Ableitung:
dn(E)
2
= Konst. ×
= Konst# .
dE
βγm
Wir bemerken:
2
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(5.35)
Wir bemerken damit:
Die Energieverteilung der Photonen im Laborsystem ist konstant zwischen dem
maximalen Wert E + und dem minimalen Wert E − (Siehe Abb. 5.3)
Werden also monoenergetische Teilchen in einem bestimmten Bezugssystem
isotrop emittiert, dann ist ihr Energiespektrum in einem Bezugssystem, das
sich mit einer konstanten Geschwindigkeit bewegt, konstant.
Der minimale und maximale Wert der Energie der Photonen im Laborsystem sind:
/
m
E+ = γ m2 (1 + β)
(5.31)
E = γ (1 + β cos θSP ) =⇒
E− = γ m2 (1 − β)
2
für θSP =0◦ und θSP =180◦ .
Wir berechnen nun die Energieverteilung der Photonen im Labor-system.
Wir bemerken:
Abbildung 5.3: Verteilung (“Boxverteilung”) der Energie des Photons im Laborsystem.
Da das π 0 spinlos ist, ist die Winkelverteilung im Schwerpunktssystem isotrop.
Isotropie bedeutet, dass die Emissionswahrscheinlichtkeit in ein Raumwinkelelement konstant ist:
SP
2
SP
SP
dn(Ω )
d n(cos θ , φ )
=
= Konst.
dΩSP
d cos θSP dφSP
5.3
Relativistische Stösse und Zerfälle
SP
=⇒
dn(cos θ )
= Konst.
d cos θSP
(5.32)
(Beachte, dass wir dcosθ und nicht d θ verwendet haben und die triviale φAbhängigkeit wurde weggenommen). Durch die folgende Variablentransformation erhalten wir die Energieverteilung (wir schreiben die Energie des Photons
(1) als E ):
dn(E)
dn(cos θSP ) d cos θSP
d cos θSP
=
= Konst. ×
dE
d cos θSP
dE
dE
(5.33)
Wir haben im Kap. 3 eine nicht-relativistische Beziehung für den differentiellen
Wirkungsquerschnitt für den Übergang zwischen Zuständen i und f mit Hilfe
der Störungstheorie hergeleitet (Siehe Gl. 3.58 und 3.62):
dσf i ≡
(2π)|Vf i |2 δ(Ef − Ei )ρ(Ef )dEf
Wf i
=
j
j
(5.36)
wobei j der Fluss der einfallenden Teilchen ist, und W fi ist die Übergangswahrscheinlicht pro Zeiteinheit, gegeben durch Fermis Goldene Regel. Diese
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81
Beziehung kann in folgende Faktoren zerlegt werden:
Wf i
1
dσf i ≡
= |Vf i |2 ×
× ρ(Ef )dEf × (2π)δ(Ef − Ei )
4 56 7
4 56 7 4
56
7
j
j
4567 P hasenraum Energie−Erhaltung
Dynamik
(5.37)
F luss
Das Matrixelement V fi enthält die Dynamik (d.h. die “Physik” oder die Wechselwirkung) des Prozesses. Wir bemerken, dass man dem Matrixelement kinematische Faktoren (d.h. Fluss der einfallenden Teilchen, Phasenraum, Energieerhaltung,...) anfügen muss, um den Wirkungsquerschnitt der Reaktion zu
berechnen.
Wir schreiben nun eine relativistisch-kovariante Erweiterung der letzten Beziehung, um den Wirkungsquerschnitt relativistischer Prozesse zu bestimmen.
Stossprozess: Für den allgemeinen Prozess A+B → 1+2+3+...+n (Siehe
Abb. 5.4) ist der differentielle Wirkungsquerschnitt gleich (i=1,...,n)
+
,
.
8
1
d3 p#i
2
4 4
× 4567
S × Πi
dσ = |M| ×
× (2π) δ pA + pB −
pi
4 56 7
F
(2π)3 2Ei
4567
i
Statistik
4
56
7 4
Dynamik
56
7
F luss
P hasenraum
Energie−Impuls−Erhaltung
(5.38)
82
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2. Der Phasenraum-Faktor ist zur Endzustandsdichte in einem Volumenelement d3 p#1 ...d3 p#n proportional. Der Faktor 1/2E i kommt aus der Normierung der Teilchenzustände (Siehe Kap. 7 und 8). Wir bemerken, dass
mit dieser Normierung das Verhältnis d3 p#i /((2π)3 2Ei Lorentz-invariant
ist.
3. Der Flussfaktor ist gleich
!
F ≡ 4 (pA · pB )2 − m2A m2B
(5.39)
Er beschreibt in kovarianter Form den Fluss der Teilchen des Anfangszustands:
!
F = 4 (pA · pB )2 − m2A m2B
= 4 (|p#A |EB + |p#B |EA )
.
|p#A | |p#B |
= 4EA EB
+
EA
EB
(5.40)
Wenn die zwei Teilchen frontal aufeinander stossen, kann der kovariante
Fluss als
F = (2EA )(2EB )
|β#A − β#B |
(5.41)
4
56
7
4 56 7
N ormierung
relative Geschwindigkeit
ausgedrückt werden. Mit dieser Form ist die Interpretation klarer. Der
Fluss beschreibt die Anzahl von einfallenden Teilchen pro Flächeneinheit
und pro Zeiteinheit.
4. Der statistische Faktor ist gleich
S≡
1 1
...
j1 ! j2 !
(5.42)
für jede Gruppe von ji ununterschiedbaren Teilchen im Endzustand. Dieser Term vermeidet das “Double-Counting” von identischen Konfigurationen mit ununterscheidbaren Teilchen im Endzustand.
Abbildung 5.4: Allgemeiner Prozess A + B → 1 + 2 + ... + n.
Diese Beziehung ist so geschrieben, dass jeder Term Lorentz-invariant ist, d.h.,
jeder Beobachter wird gleiche Werte für jeden Term berechnen (obwohl die 4Vektoren nicht für jeden Beobachter dieselben sind, sie sind durch eine LorentzTransformation korreliert). Das Produkt, d.h. der Wirkungsquerschnitt, muss
natürlich denselben Wert bezüglich einem beliebigen Beobachter besitzen.
1. Das Matrixelement enthält die Dynamik des Prozesses und wird im
Allgemeinen von den 4-Vektoren pµi abhängen. Wir werden im Kap. 10
diskutieren, wie man es berechnet.
Zerfall: Für den Zerfall eines Teilchens der Masse M A und mit Energie E A in
n Teilchen bekommt man für die Partialbreite:
+
,
.
8
1
d3 p#i
4 4
dΓ = |M|2
S
×
Π
×
(2π)
δ
p
−
p
i
A
i
4567
4 56 7
2EA
(2π)3 2Ei
i
4567
Statistik
4
56
7 4
Dynamik
56
7
N ormierung
P hasenraum
Energie−Impuls−Erhaltung
(5.43)
Die Partialbreite hat die Einheit der Energie. Die Gesamtbreite des Teilchens
wird durch Integration über den Endzustandsphasenraum gewonnen:
9
Γ = dΓ
(5.44)
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83
Wenn ein Teilchen verschiedene Zerfallskanäle besitzt, ist die Gesamtbreite
gleich der Summe der Breiten für jeden Kanal (auch mit verschiedener Anzahl
von Teilchen im Endzustand):
Γ=
8
n
Γn (MA → 1 + 2 + ...)
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und es folgt
9
Π2 =
9
(5.45)
=
Die inverse Gesamtbreite liefert die Lebensdauer (1 MeV ≈ 1,52×1021 s−1 ,
Siehe Kap. 3.1):
1
τ=
(5.46)
Γ
5.3.1
84
Zweikörper-Streuung im SP
wobei


d3 p#1

(2π)δ EA + EB −E1 − E2 
4 56 7
(2π)3 2E1 2E2
=ESP
dp1 p#1 2 dΩ
(2π)δ (ESP − E1 − E2 )
(2π)3 2E1 2E2
(5.49)
!
!
ESP = EA + EB = E1 + E2 = p#1 2 + m21 + p#2 2 + m22
!
!
=
p# 2 + m21 + p# 2 + m22 mit p# ≡ p#1 = −#p2
(5.50)
Um die Integration über dp = dp1 durchzuführen, verwenden wir
dESP
dp
Wir betrachten in Einzelheiten den folgenden Fall: A+B → 1+2
1 2
1
(#p + m21 )−1/2 2p + (#p 2 + m22 )−1/2 2p
2
2
.
1
1
= p
+
E1 E2
=
und
dp = dESP
-
p
p
+
E1 E2
.−1
(5.51)
(5.52)
Es folgt,
Abbildung 5.5: Zweikörper-Streuung im SP.
Wir beginnen mit dem Phasenraum-Faktor. Wir nehmen den allgemeinen Ausdruck und vereinfachen ihn durch die Berechnung der Integrale über die Impulse im Schwerpunktssystem:
Π2 ≡
9 -
Π2i=1
9 9
d3 p#i
(2π)3 2Ei
.
(2π)4 δ 4
+
pA + pB −
8
i
.−1
p1
p1
+
δ(ESP − E1 − E2 )
E1 E2
9
1
p1
1
2
3 δ(ESP − E1 − E2 )
=
dΩdESP
16π 2 E1 E2 1 + 1
E1
E2
9
1
p1
=
dΩdESP
δ(ESP − E1 − E2 )
16π 2 E1 + E2
9
1 p1
=
dΩ
16π 2 ESP
Π2 =
pi
,
=
d3 p#1
d3 p#2
(2π)4 δ 4 (pA + pB − p1 − p2 )
(2π)3 2E1 (2π)3 2E2
(5.47)


δ 3 p#A + p#B −#p1 − p#2 
4 56 7
=0
=⇒
p#2 = −#p1
(5.48)
dΩdESP
p#12
2
16π E1 E2
-
(5.53)
Wir berechnen nun den differentiellen Wirkungsquerschnitt:
dσSP =
Wir integrieren über p#2 mit der Bedingung
9
1
dΩ |#p1 |
(2EA )(2EB )|β#A − β#B | 16π 2 ESP
|M(AB → 12)|2
und schiesslich
- .
dσ
1
|#p1 |
=
|M(AB → 12)|2
dΩ SP
(2EA )(2EB )|β#A − β#B | (2π)2 4ESP
(5.54)
(5.55)
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85
Falls die Teilchen gleiche Ruhemasse besitzen oder wir den ultra-relativistischen
Grenzfall betrachten (d.h. E>>m i , oder m i →0 ), erhalten wir
86
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und (Siehe Kap. 5.3.1)
dp = dE
(2EA )(2EB )|β#A − β#B | = 4(pA EB + pB EA ) = 4p(EA + EB ) ≈ 4p1 ESP (5.56)
und damit
oder
-
dσ
dΩ
-
.
dσ
dΩ
=
SP
.
1
|#p1 |
|M(AB → 12)|2
4p1 ESP (2π)2 4ESP
=
SP
-
1
64π 2
.-
1
2
ESP
.
|M(AB → 12)|2
.−1
= dE
d3 R =
(5.59)
(5.64)
(5.65)
p
d cos θdφ
16π 2 M
(5.66)
Die Zerfallsbreite ist damit:
dΓ(M → 1 + 2) = |M|2
5.3.3
|M|2 p
1
p
d cos θdφ =
dΩ
2M 16π 2 M
32π 2 M 2
(5.67)
Zerfall in 3 Teilchen
R→1+2+3
(5.60)
Integration über den Impuls eines der Teilchen liefert die Bedingung:
(5.61)
und den Phasenraum:
d3 p#
1
(2π)4 δ(E1 + E2 − M )
(2π)3 2E1 (2π)3 2E2
p2 dpd cos θdφ
=
δ(E1 + E2 − M )
(2π)2 4E1 E2
E1 E2 dE
pE
Wir berechnen die Partialbreite für den Zerfall eines Zustandes R der Masse
M in drei unterschiedliche Tochterteilchen der Massen m j (j=1,2,3):
d6 R =
p# = p#1 = −#p2
=
Mit der Integration über die Energie bekommen wir den folgenden Phasenraum:
Wir berechnen den 2-Körper-Phasenraum im Schwerpunktssystem des Teilchens M :
=⇒
.−1
δ(E − M )
(2π)2 4E1 E2
pdEd cos θdφ
=
δ(E − M )
4π 2 4E
(5.58)
Wir betrachten den Zerfall eines Zustandes R der Masse M in zwei unterschiedliche Tochterteilchen der Massen m j (j=1,2):
d3 p#1
d3 p#2
(2π)4 δ 4 (p1 + p2 − P )
3
(2π) 2E1 (2π)3 2E2
d3 p#1
d3 p#2
=
(2π)4 δ 3 (#p1 + p#2 )δ(E1 + E2 − M )
3
(2π) 2E1 (2π)3 2E2
pE1 + pE2
E1 E2
2 dE
p2 E1 E
d cos θdφ
pE
d2 R =
R→1+2
-
Wir erhalten für den Phasenraum:
Zerfall in 2 Teilchen
(#p1 + p#2 ) = #0
p
p
+
E1 E2
(5.57)
(alle vier Ruhemassen identisch oder ultra-relativistischer Grenzfall)
5.3.2
-
d3 R =
(5.62)
(5.68)
Wir bemerken, dass die Kinematik des 3-Körperzustandes durch zwei Parameter im Schwerpunktssystem des Mutterzustands R vollständig festgelegt wird.
Man kann z.B. die kinetischen Energien T 1 und T 2 wählen. Wir beweisen
diese Beobachtung: im Endzustand werden 3 Teilchen emittiert. Die Anzahl
der benötigten Koordinaten, um die 3 Impulse zu definieren, ist 9. Wegen der
Impuls- und der Energie-Erhaltung (4 Gleichungen) können aber nur 9–4=5
Parameter frei gewählt werden. Ausserdem können die Achsen des Koordinatensystems beliebig gewählt werden, d.h. 3 weitere Parameter sind willkürlich.
Schliesslich genügen nur 2 Parameter, um die Konfiguration des Endzustands
vollständig zu beschreiben.
Wir berechnen nun den 3-Körper-Phasenraum:
Es gilt:
!
2
E ≡ E1 + E2 = p#1 + m21 +
!
!
=
p# 2 + m21 + p# 2 + m22
!
d3 p#2
d3 p#3
d3 p#1
(2π)4 δ 4 (p1 + p2 + p3 − P )
3
3
(2π) 2E1 (2π) 2E2 (2π)3 2E3
d3 p#1 d3 p#2 d3 p#3 3
δ (#p1 + p#2 + p#3 )δ(E1 + E2 + E3 − M )
∝
(5.69)
2E1 2E2 2E3
d9 R =
2
p#2 + m22
(5.63)
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Wir integrieren über den Impuls des dritten Teilchens:
d6 R ∝
3
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und der verbleibende Phasenraum ist gleich:
π d3 p#1 p2 dp2
4 p1 E1 E2
π p1 p2 dp1 dp2
=
dφz d cos θz
4 E1 E2
3
1 d p#1 d p#2 1
δ(E1 + E2 + E3 − M )
8 E1 E2 E3
mit der Bedingung
E3 =
d4 R =
(5.70)
!
(#p1 + p#2 )2 + m23
(5.71)
wobei θz und φz die Richtung der z -Achse definieren. Integration über die
Richtung liefert den zweidimensionalen Phasenraum:
Nun wählen wir ein Koordinatensystem mit der z -Achse entlang dem Impuls
des ersten Teilchens und daher folgt für den zweiten Impuls:
d3 p#2 = p22 dp2 d cos θdφ
Mit
Wir verwenden die Beziehung zwischen E 3 und den zwei Impulsen p#1 und p#2 :
E32 = (#p1 + p#2 )2 + m23 = m23 + p#12 + p#22 + 2p1 p2 cos θ
(5.73)
Daher gilt (für feste Impulsbeträge p1 und p2 ):
=⇒
d cos θ =
E3 dE3
(5.74)
p1 p2
dE3
E3,min
=
pi =
!
Ei2 − m2i
=⇒
dpi =
erhalten wir:
d2 R = π 2
Ei dEi
1 2Ei dEi
"
=
2 Ei2 − m2i
pi
p1 p2 dp1 dp2
= π 2 dE1 dE2 = π 2 dT1 dT2
E1 E2
(5.79)
(5.80)
(5.81)
Man kann daher die Ereignisse in einem gleichseitigen Dreieck der Höhe Q
eintragen (Siehe Abb. 5.6). Für phasenraumverteilte Ereignisse ist das graue
Gebiet (kinematisch erlaubter Bereich) innerhalb des gleichseitigen Dreiecks
gleichmässig bevölkert. Wir betonen:
Phasenraumverteilte Ereignisse sind im kinematisch erlaubten Bereich im Dreieck gleichmässig verteilt.
E9
3,max
Aus der beobachteten Ungleichmässigkeit der Verteilung bekommt man Informationen über die Dynamik des Prozesses (d.h. das Matrixelement).
dE3 δ(E1 + E2 + E3 − M )
E3,min
(5.75)
Die Integration über E 3 liefert die folgende Beziehung:
E3 = M − E1 − E2
Die Wahrscheinlichkeit, dass die kinetischen Energien der Teilchen 1 und 2
zwischen T 1 und T 1 +dT 1 und zwischen T 2 und T 2 +dT 2 liegen, ist konstant. In einer zweidimensionalen Darstellung T 1 gegen T 2 (sogenannter Dalitzplot) sind die Ereignisse gleichmässig über den erlaubten physikalischen
Bereich verteilt.
Q = M − m1 − m2 − m3 = T1 + T2 + T3
d3 p#1 p2 dp2
δ(E1 + E2 + E3 − M )
p1 E1 E2
π d3 p#1 p2 dp2
4 p1 E1 E2
(5.78)
Man definiert den Q-Wert der Reaktion:
E3,min
E9
3,max
π p1 dp1 p2 dp2
p1 p2 dp1 dp2
= π2
4 E1 E2
E1 E2
wobei T i die kinetische Energie des Teilchens i ist. Wir bemerken:
Nun können wir über die Richtung von p#2 integrieren:
9
9
1
d3 p#1 p22 dp2 1
d4 R ∝
dφ d cos θ
δ(E1 + E2 + E3 − M )
8
E1 E2 E3
E9
3,max
2π
E3 dE3 d3 p#1 p22 dp2 1
=
δ(E1 + E2 + E3 − M )
8
p1 p2 E1 E2 E3
π
=
4
d2 R = 4π
(5.72)
wobei θ und φ die Polarwinkel von p#2 sind bezüglich dem Koordinatensystem,
dessen z -Achse in Richtung von p#1 zeigt.
d cos θ
d (E32 − m23 − p#12 − p#22 )
E3
=
=
dE3
dE3
2p1 p2
p1 p2
(5.77)
(5.76)
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Abbildung 5.6: Dalitzplot des 3-Körperzerfalls. Für phasenraumverteilte Ereignisse ist das graue Gebiet (kinematisch erlaubter Bereich) innerhalb des
gleichseitigen Dreiecks gleichmässig bevölkert.
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