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Die Barfüßer Ruine
Axiologische Analyse
Erfurt | am Breitstrom
Axiologie
Abb.32
B
Die Barfüßerkirche, die größte der Erfurter Kirchen, war bis zu ihrer Zerstörung im zweiten Weltkrieg, mit ihrem baulich-räumlich stark wirkendem, langem, durchgehendem
Satteldach, eine über viele Jahrhunderte prägnante Erscheinung im Stadtbild von Erfurt.
A
Die verbliebene bauliche Substanz der Kirche, welche sich seit der starken Zerstörung
im Herbst 1944 auch durch mehr oder weniger aufwendige Sicherungsmaßnahmen in
ihrem Erscheinungsbild kaum verändert hat, steht heute als Mahnmal und als authentischer Ort der Erinnerung an die Schrecken der Bombennächte des Zweiten Weltkrieges.
Die Ruine der Kirche ist trotz dieser Umstände außerdem als Baudenkmal immer noch
ein großartiges Beispiel deutscher Bettelordensbaukunst des 14. und 15. Jahrhunderts.
Abb.30
Axiologische Bewertung:
Abb.29
C
C
hochwertig
Abb.28
Abb.27
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Abb.26
B
Grundriss | M 1:200
A
Gebäudeteile in ihrer Gesamtheit
Ruinen-Charakter als Erinnerungswert
Grenzlinien der ursprünglichen Gebäudehülle
Turm
gotische Dachkonstruktion des Chores
Deckengewölbe im Chor (Kreuzrippengewölbe)
Deckengewölbe Sachsenscher Kapelle (Sterngewölbe, Kreuz- und Netzgewölbe)
Deckengewölbe der ehemaligen Sakristei (Kreuzgrippenewölbe)
Fensteröffnungen
Glasmalereien im Chor
sämtliche Maßwerke
Alle aus dem ursprünglichem Zustand, d.h. der bis heute vollständig erhalten gebliebene Chor, die Sachsensche Kapelle, die erhalten gebliebene nördliche Mittel-und
Seitenschiffwand mit angeschlossener ehemaligen Sakristei und die westlich gelegene,
freistehende und dadurch sehr prägnant wirkende Giebelwand sollten als denkmalpflegerisch hochwertig eingestuft werden. Diese Gebäudeteile in ihrer Gesamtheit lassen
die ursprüngliche Größe und äußere Hülle der Kirche in beeindruckender Art und Weise
erahnen.
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Die durch die unverbauten, nur unbedingt notwendig gewordenen Sicherungsmaßnahmen, kaum veränderte äußere bauliche Erscheinung der Ruine, der „Ruinen-Charachter“,
trägt einen hohen Erinnerungswert in sich und bedarf der Erhaltung. Er ist somit denkmalpflegerich hochwertig.
20 m
Abb.33
Die Grenzlinien der ehemalig vollständigen Gebäudehülle, besonders die Firstlinie und
die nach der Zerstörung durch eine Mauer begrenzte Gebäudekante auf der Südseite
sowie alle übrigen äußeren Gebäudegrenzen sind ebenfalls als hochwertig im Sinne des
denkmalpflegerischen Strukturschutzes des Gebäudes einzuordnen.
Die vorhandenen Fensteröffnungen bzw. die vermauerten aber nach aussen noch
eindeutig ablesbaren Fensterlaibungen sowie die im Chor befindlichen konservierten
mittelalterlichen Glasmalereien und Bleiverglasungen sowie sämtliche Maßwerke gehören zum ursprünglichen Erscheinungsbild der Kirche und werden als hochwertig empfunden und dementsprechend eingestuft.
mittelwertig
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Grundmauern der frühen Klosteranlage unter ehem. Sakristei (Kellergeschoss)
vermauerte Arkaden zur ehemaligen Sakristei
verschlossene Mauerenischen zwischen Sachsenscher Kapelle und Chor
Dem verbliebenem Grundmauerrest aus Zeiten der Frühen Klosteranlage unter der ehemaligen Sakristei sowie den im Laufe der Bauarbeiten zwischen 1842 und 1852 vermauerten Arkaden , könnte man einem mittleren denkmalpflegerischen Wert zuordnen.
nullwertig
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Vermauerungen der nördlich gelegenen Fenster in den Kreuzgangarkaden
die Sicherungsmaßnahmen nach den Zerstörungen im 2. Weltkrieg
Die am nördlichen Seitenschiff erdgeschosseben befindlichen Kreuzgangarkaden wurden zu nicht datierbarer Zeit vermauert. Eine Arkade ist zum heutigen Zeitpunkt bereits
geöffnet und gibt dem Blick frei auf den dahinter befindlichen Kirchenhof. Die verbleibenden Vermauerungen könnten um den ursprünglichen Kreuzgangcharakter wieder
herzustellen, abgerissen werden und sind somit als nullwertig zu bewerten.
Grundriss durch Obergaden | M 1:200
Abb.31
Um den Bezug vom Chor zum Langhaus wieder zu ermöglichen, ist der Abriss der Mauer, welche nach der Kriegszerstörung den Chor vom Langhaus trennte, in Betracht zu
ziehen. Ein denkmalpflegericher Wert steht dem nicht entgegen.
Desweiteren sind alle anderen Sicherungsmaßnahmen wie zum Beispiel der Stahlbetongurt zu Stabilisierung des nördlichen Seitenschiffes oder auch diverse Ergänzungen an
Mauerresten die der statischen Sicherung dienen, denkmalpflegerisch ohne Wert und
könnten durch andere geeignete Maßnahmen ersetzt werden.
Die Barfüßerkirche in Erfurt war und ist als Ruine fortwährend ein Bau von imponierender Größe, kunstgeschichtlich deshalb interessant, weil er aus dem Schema der deutschen Bettelordenskirchen gänzlich herausfällt. Der Eindruck des langgestreckten von
keinem Dachreiter unterbrochenen Außenbaus, der durch die stark hervortretenden
Strebepfeiler gegliedert wurde, ist ganz markant und gewaltig.
Diesen Eindruck bekommt man heute noch, insbesondere dann, wenn man sich der
Ruine vom Anger her durch die mittellaterlichen Gassen (bspw. Weitergasse) nähert. Hier
findet sich der bauliche Kontrast besonders stark wieder. Dies verschafft der Ruine eine
wichtige städtebauliche Stellung. Als Orientierungspunkt: Aus allen der sie umgebenden
Gassen und Straßen ist sie zu sehen und dient damit der Orientierung im städtischen
Umfeld.
Längsschnitt C-C | Blick zur nördlichen Seitenschiffwand, Schnitt durch Chor | M 1:200
Abb.26
Abb.27
Lageplan mit reglementierten Gebäudekanten
Abb.28
Abb.29
Abb.30
Abb.31
Abb.32
Abb.33
Abb.26
Abb.27
Abb.28
Abb.29
Abb.30
Abb.31
Abb.32
Abb.33
Sternengewölbe in der Sachsenschenkapelle, 1993 Fotoarchiv Marburg
Chorhaus, Blick nach Osten, Kirchenfenster mit Glasmalereien, 1993
Fotoarchiv Marburg
Chorhaus, Kreuzgratgewölbe, 1993 Fotoarchiv Marburg
Nördliches Seitenschiff, Vermauerte Arkaden zur Annenkapelle,
privat 10/2005
Nördliches Seitenschiff, Sicherungsmaßnahme Stahlbeton,
privat 10/2005
Blick auf die östliche Aussenwand des ehemaligen südlichen Seitenschiffs,
privat 10/2005
Nördliche Seitenschiffwand, Geöffnete und Vermauerte Arkaden,
privat 10/2005
Blick auf den Chor der Barfüßer Kirche durch die Weitergasse,
privat 10/2005
Im Ergebnis ist die Ruine mit ihrem heutigen Erscheinungsbild denkmalpflegerisch
hoch wertvoll und damit schützenswert einzustufen. Das bezieht sich zum einen auf
ihren Charakter als Ruine in Form eines Mahnmals zur Erinnerung an die Zerstörung im
Zweiten Weltkrieg und zum anderen ist sie ein rudimentäres Zeugnis der Bettelordenbaukunst und damit auch kunstgeschichtlich hoch wertvoll. Damit verbunden ist der
Auftrag an die Gesellschaft dieses Zeugnis zu wahren und zu schützen sowie zu pflegen.
Dies gilt insbesondere für die Sicherung vor dem Verfall durch Witterungseinflüsse. Mit
dem Schutz der Ruine geht auch ein städebaulicher Auftrag einher. Bauliche Veränderungen dürfen die Sillhouette der einst unzerstörten Kirche nicht überragen. Die sie
umgebenden Gebäude sollen den respektvollen Abstand mit den Gebäudekanten zum
Bauwerk wahren und auch in der Höhe nicht mit der Ruine konkurrieren.
Legende axiologische Bewertung:
hochwertig
mittelwertig
Querschnitt A_A | Blickrichtung Ost, Bereich Haupt- und Seitenschiff | M 1:200
Querschnitt B_B | Blickrichtung West, freistehende Giebelwand, ehem. Annenkapelle bzw. Sakristei | M 1:200
Bauhaus-Universität Weimar | Architektur | Lehrstuhl Bauaufnahme und Baudenkmalpflege | Bearbeiter: Ronny Vetterlein, Sven Scharfenberg, Thomas Jahn
nullwertig
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