Get The Funk Out

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Get The Funk Out
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Stil & SndBook
Tpeiiel l2te
Funk chnik
Get The Funk Out
Bei James Brown hat´s gefunkt. Der Funke sprang über zu Chic, Kool & The Gang, Mother's
Finest, Prince, INXS, Living Colour, Extreme, Red Hot Chili Peppers, Jamiroquai...
Funk
Vielleicht kann sich der ein oder andere Leser noch lebhaft an folgende Dinge erinnern: AfroLook, Schlaghosen, enggeschnittene Satinsakkos, Schuhe mit Plateausohle, sternförmige
Sonnenbrillen, und über allem dreht sich eine Spiegelkugel. Wann war das doch gleich? Na ...
das war ... das waren ... genau, das waren die fröhlichen 70er Jahre. Und zu welcher Musik
zappelte man dereinst in den Tanztempeln? Richtig, zur Disco-Music. Für diejenigen unter
euch, denen die Gnade der späten Geburt zuteil wurde: Disco-Music war der Sammelbegriff
für all jene Musik, die in Discotheken (so hießen die damaligen Tanzvergnügungsstätten) zum
Tanz gespielt wurde. Diese Musik wurde auf Platten konserviert ... nein, nicht auf Festplatten,
die gab es noch nicht so kurz nach dem Krieg. Das waren große, schwarze Vinyl-Schallplatten,
und die wurden in der Disco aufgelegt, und zwar vom Plattenleger .. ähem ... vom Disc Jockey,
sprich dem DJ.
Stilistisch betrachtet ist die Disco Music zumeist lupenreiner Funk, zumindest aber vom Funk
inspiriert.
Was genau ist nun Funk?
Der Funk entwickelte sich aus dem Soul der 60er Jahre, einer stark von der amerikanischen
Rassentrennung geprägten Musik. Soul war der musikalische Ausdruck des wachsenden
Selbstbewusstseins der Afroamerikaner und deren lautstarkes Bekenntnis zur eigenen,
schwarzen Kultur. Musiker wie Ray Charles, Aretha Franklin oder James Brown verbanden den
leidenschaftlichen Gesang des Gospel mit den treibenden Riffs des Blues. Gegen Ende der
60er veränderte sich die Studiotechnik und das Equipment der Musiker. Mehrspuraufnahmen
wurden zum Standard. Es gab Verstärker für Bass und Gitarre, die auch bei höheren Lautstärken noch clean blieben. Soul-Musiker wie James Brown, Maceo Parker und Jimmy Nolen
ließen sich durch die neuen Möglichkeiten zu noch stärker treibenden, knalligeren Grooves
inspirieren.
Während sich der ursprüngliche Soul harmonisch noch stark am Blues orientierte, wurden nun
auch deutliche Jazz-Einflüsse hörbar. Auch der Name für den neuen Stil stammte aus der
schwarzen Jazz-Szene, denn dort wurde eine bestimmte Spielweise mit dem Slang-Begriff
Funk bezeichnet.
Funk wurde in den 70ern zum Inbegriff schwarzer Popmusik, und eroberte auf Grund der guten
Tanzbarkeit auch schnell weiße Discotheken und Radiostationen. Acts wie Earth, Wind & Fire,
Commodores, Kool & The Gang, Chic (mit Nile Rogers an der Gitarre), Rick James und Bootsy
Collins wurden zu Weltstars. Besonders erwähnenswert ist auch die aus Georgia stammende
Formation Mother's Finest, die den Funk mit dem Rock kreuzte und damit zum Vorbild vieler
Funk-beeinflusster Rockacts der 80er (beispielsweise Living Colour, Dan Reed Network oder
Extreme) wurde. Mother's Finest ist damit eigentlich die erste, wirkliche Crossover-Band.
In den 80ern taten sich neben etablierten schwarzen Künstlern (z.B. Prince) immer mehr weiße
Musiker mit ihrer Version des Funk hervor: auf der britischen Insel Level 42, die Australier INXS
(produziert von Nile Rodgers) und die Red Hot Chili Peppers, die in den 90ern Kultstatus erlangen sollten.
In der schwarzen Musikszene hingegen begann man Funk-Grooves, teilweise einfach von
Schallplatte abgespielt, als Untermalung rhythmischer Sprechgesänge zu verwenden. Der DJ
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wurde zum Musiker, und der Rap war geboren (Wer erinnert sich noch an „Rappers Delight“?).
Eine Entwicklung mit Folgen, bescherte sie uns in den 90ern durch den rasanten Fortschritt
im Keyboard- und Recording-Bereich weitere Auswüchse wie HipHop, House, Jungle,
Drums'n'Bass,...etc.
Ebenfalls in den 90er Jahren wurden wir dann mit einem Seventies-Revival beglückt, bei dem
auch die alten Disco-Funk-Sounds à la Rick James und Chic wieder in Mode kamen ( siehe die
Werke von Jamiroquai oder auch Raab´s „Wadde hadde dudde daaa“).
Allen Funk-Abkömmlingen gemein ist aber immer noch die tanzbeinfreundliche Rhythmik.
Der Song
Funk
Folgerichtig basiert unser Funk-Workshop-Song auf einem gut tanzbaren Sechzehntel-Groove
mittleren Tempos (damit man das schnieke Satinsakko nicht so volltranspiriert). Eine gute Gelegenheit, einmal einen im Musikerjargon gern und häufig verwendeten Ausdruck zu erklären,
nämlich den Groove.
Webster´s New Encyclopedic Dictionary erklärt Groove mit „a fixed routine“, zu deutsch „eine
feste Routine“. Das Wort „Routine“ erklärt der Fremdwörter-Duden mit a) handwerksmäßige
Gewandtheit, Übung, Fertigkeit; b) bloße Fertigkeit bei einer Ausführung ohne persönlichen
Einsatz.
Das klingt nicht gerade spannend. Auf die Musik übertragen hat das aber schon seinen Sinn,
wenn man unter der festen Routine einen stetig durchlaufenden, rhythmischen Pulsschlag
versteht, der mit einer gewissen handwerklichen Fertigkeit bzw. Lockerheit gespielt wird. Da
kann der geneigte Zuhörer, ohne das groß üben zu müssen, einfach mitschnippen, -klatschen,
-wippen, -tanzen, sprich mitgrooven. Groove ist also der Puls, der die Musik zum Leben
erweckt.
Der stetige Sechzehntel-Puls ist nun das rhythmische Stilelement des Funk. Bei Sechzehnteln
haben wir Vierergruppen, also eine binäre (d.h. durch 2 teilbare) Rhythmik. Damit auch das
eher unbeholfene Tanzbein nicht am Takt vorbeistolpert, wird jeweils das erste Sechzehntel
jeder Vierergruppe (also genau die Viertelschläge) betont. Diese Betonungen verleihen den
Sechzehnteln ihren maschinenhaften Vortrieb. Man stelle sich einmal das Geräusch einer fahrenden Dampflok vor, dann weiß man, was gemeint ist. Und warum z.B. „Long Train Running“
von den Doobie Brothers ausgerechnet auf einem funkigen Sechzehntel-Groove basiert, ist
dann auch kein Rätsel mehr.
Wenn jetzt aber sämtliche Instrumente die Sechzehntel durchbrettern würden, wäre das nicht
nur schlecht für das Klangbild, sondern auch für den Groove, denn Groove hat ja, wie bereits
erklärt, auch etwas mit einer gewissen Lockerheit zu tun.
Auch in Puncto Harmonien hat der Funk so seine Besonderheiten, denn wie eingangs erwähnt,
ist der Funk ja vom Jazz inspiriert. Eine einfache Akkordfolge aus Tonika, Subdominante und
Dominante klingt zwar ganz hübsch, aber eben nicht funky. Da muss es schon ein bisschen
spannender sein, und das ist wörtlich zu nehmen. An der Akkordfolge unseres Songbeispiels
wird ganz gut klar, was damit gemeint ist.
Beim ersten Blick in die Noten wird sofort auffallen, dass man es hier irgendwann mit einem
Tonartwechsel zu tun hat. Der Verse ist mit zwei Kreuzen und somit in D-Dur vorgezeichnet.
Im Chorus fällt ein Kreuzchen weg, so dass es ab da G-Dur ist. Ganz so einfach ist die Sache
aber dann doch nicht.
Der Verse besteht im Wesentlichen aus Em7 und A7. Aber aufgepasst, das sind natürlich die
Harmonien, die sich im Zusammenklang von Bass, Gitarre und Keyboards ergeben. Was die
einzelnen Instrumente dazu beitragen, entnehmt ihr den betreffenden Abschnitten zu Spieltechnik & Arrangement.
Em7 und A7 sind die Vierklänge, die auf der zweiten und der fünften Stufe der D-Durtonleiter
stehen. Damit hätten wir eine Jazz-typische II - V - Verbindung. Eine Auflösung zur Tonika gibt
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es nicht, wodurch ständig eine gewisse Spannung erhalten bleibt. Hört man sich den Verse mal
genau an, wird einem auch klar, dass er sich nicht um D, sondern um Em dreht. Wie bereits
gesagt steht Em7 auf der zweiten Stufe der D-Durtonleiter. Die dazugehörige Stufenskala
(Modus) heißt E-Dorisch. Der Verse unseres Funk-Songs steht also in der Tonart E-Dorisch.
Die dorische Skala ist eigentlich eine Molltonleiter mit großer Sexte. Durch dieses Intervall hat
sie, verglichen mit einer reinen Molltonleiter, einen spannungsreicheren, „unaufgelösteren“
Klang. Damit ist sie genau richtig für den Funk.
Funk
Im Chorus haben wir dann folgende Akkorde: Cmaj7, B+ (B übermäßig), Am7/9 und wieder B+.
In der vierten Klammer am Schluss des Chorus gibt es noch einen Em7 und schließlich B+. Wie
anfangs festgestellt, deutet das Vorzeichen auf die Tonart G-Dur hin. Schauen wir uns die
Akkorde an, so könnten auch alle bis auf B+ in diese Tonart passen. Wenn man Letzteren aber
einmal anders deutet, bekommt die Sache einen Sinn. B+ könnte auch als B7#5 interpretiert
werden, und dann ist er die Dominante zu Em7. Und was ist die parallele Molltonart von G-Dur?
Richtig, e-Moll. Der Chorus steht also in der Tonart e-Moll.
Aber auch dieser Part hat so einen unaufgelösten Charakter, denn erst im letzten Takt löst sich
die Akkordfolge schlüssig zum Em7 auf. Aber nur kurz, denn ganz am Schluss kommt wieder
der spannungsreiche B+, der wieder zum Em7 im Verse strebt.
Dieser stetige Vorwärtsdrang der Akkordfolge harmoniert natürlich bestens mit dem Sechzehntel-Groove der Drums.
Drums - Spieltechnik & Arrangement
Wie man den Sechzehntel-Puls zur Geltung bringt, ohne alles dicht zu machen, zeigt der
Drum-Part unseres Songs. Weiland arbeitet hier mit einem typischen Stilmittel, den
Ghostnotes auf der Snare. Das sind die leise gespielten Snare-Schläge, die in den Drum-Noten
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