ATS Navigator II-2015 - ATS

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ATS Navigator II-2015 - ATS
2. QUARTAL 2015
EMIR:
Jetzt auf die Prüfung
vorbereiten
Viele deutsche Mittelständler setzen Derivate ein, um sich gegen Schwankungen
bei Rohstoffpreisen und Währungsrisiken abzusichern. Doch dabei ist Vorsicht
geboten: Firmen, die mit Derivaten handeln, müssen die EMIR-Verpflichtungen
beachten. Hinter der Abkürzung EMIR
verbirgt sich die europäische Derivateverordnung European Market Infrastructure Regulation.
Diese ist als Reaktion auf die Krise an
den Finanzmärkten 2012 in Kraft getreten
und soll den Derivatehandel transparenter und sicher machen. Ziele von EMIR
sind die Beaufsichtigung des außerbörslichen Derivatemarktes (OTC) und eine
verbesserte Transparenz, um Kettenreaktionen infolge von Kreditereignissen zu
vermeiden.
Die in einer Vielzahl technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards
konkretisierten EMIR-Pflichten umfassen
die Abwicklung von OTC-Derivaten über
zentrale Gegenparteien (Clearingpflicht)
nebst Meldepflichten gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) und der European Securities and
Markets Authority (ESMA), die Implementierung von Risikominderungstechniken
und die Meldung aller Derivatekontrakte
an ein Transaktionsregister.
Gemäß § 20 Wertpapierhandelsgesetz
(WpHG) ist die Einhaltung der vorgenannten EMIR-Pflichten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von neun Monaten
nach Ablauf des Geschäftsjahres zu prüfen.
Von der EMIR-Prüfungspflicht sind alle
nicht finanziellen Gegenparteien betroffen,
die als nicht kleine Kapitalgesellschaft beziehungsweise haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaft im abgelaufenen
Geschäftsjahr entweder mehr als 100 OTCDerivate oder OTC-Derivatekontrakte mit
einem Gesamtnominalvolumen von über
100 Millionen Euro abgeschlossen haben.
Lesen Sie weiter auf Seite 3. >
Bei Unternehmen, deren Geschäftsjahr zum
31. Dezember 2014 abgelaufen ist, muss die
EMIR-Prüfung spätestens bis zum 30. September
2015 abgeschlossen sein. Die Nichteinhaltung
der EMIR-Pflichten ist eine Ordnungswidrigkeit,
die ein Bußgeldverfahren der BaFin nach sich
ziehen kann; hier droht eine Geldbuße von bis
zu 500.000 Euro.
EDITORIAL
„Im Schwerpunkt des aktuellen
‚Navigator‘ informieren wir
Sie ausführlich über die EMIRVerpflichtungen und die damit
verbundene Prüfungspflicht.“
STB SUSANNE TSCHÖPE
GESCHÄFTSFÜHRUNG FACHBEREICH STEUERBERATUNG
E [email protected]
Liebe Leserin, lieber Leser,
INHALT
1 WIRTSCHAFTSPRÜFUNG
EMIR
5 STEUER- UND RECHTSBERATUNG
EU-ERBRECHTSVERORDNUNG
6 CORPORATE FINANCE &
ADVISORY SERVICES
SCHUTZSCHIRMVERFAHREN
Mittelständler, die mit Derivaten handeln,
müssen die Vorgaben der European Market Infrastructure Regulation, kurz EMIR,
beachten. Diese Verordnung soll den Handel mit Derivaten transparenter und sicher
machen. Das Regelwerk enthält umfangreiche Pflichten, wie etwa Meldepflichten
an die BaFin und fest vorgeschriebene Risikominderungstechniken. Die Einhaltung
der Verpflichtungen muss neun Monate
nach Ablauf des Geschäftsjahres geprüft
werden; bei Firmen, deren Geschäftsjahr
zum 31. Dezember 2014 abgelaufen ist,
muss die EMIR-Prüfung also spätestens
bis zum 30. September 2015 abgeschlossen
sein. Wir informieren Sie über die EMIR
und die damit verbundene Prüfungspflicht.
Weitere Themen dieser Ausgabe
Wir berichten anlässlich einer Fallstudie
über die Sanierung eines Lifestyle-Unternehmens und weisen auf die Europäische Erbrechtsverordnung hin, die zum
17. August 2015 akuten Handlungsbedarf
bei Testamenten auslöst.
INFO
Gerne übersenden wir Ihnen den „Navigator“ anstelle der gedruckten Version auch als PDF-Dokument. Sollten Sie dies wünschen, ist die Angabe
Ihrer E-Mail-Adresse erforderlich. Schicken Sie
diese bitte an [email protected]. Pünktlich zu
den Erscheinungsterminen des „Navigators“ am
Ende jedes Quartals erhalten Sie von uns eine
E-Mail mit der aktuellen Ausgabe im PDF-Format.
2 Navigator
02/2015
Es grüßt Sie
WIRTSCHAFTSPRÜFUNG EMIR
< Fortsetzung Titelgeschichte
„Bei Nichteinhaltung
der EMIR-Pflichten droht
eine Geldbuße von bis zu
500.000 Euro.“
WP ⁄ STB DIRK HOLZHEIMER
Die Vorschriften der EMIR gelten für
alle Unternehmen mit Sitz in der EU.
Hierzu zählen finanzielle und nicht
finanzielle Gegenparteien.
• Finanzielle Gegenparteien sind Wertpapierfirmen, Kreditinstitute, Versicherungen, Rückversicherer, OGAW
und Verwaltungsgesellschaften, Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, alternative Investmentfonds sowie Zentrale Gegenparteien.
ÜBERBLICK ÜBER DIE WICHTIGSTEN EMIRVERPFLICHTUNGEN
OTC-DERIVATE
CLEARING
OTC-Derivatekontrakte sind Geschäfte, die
nicht an einem geregelten Markt innerhalb
der EU oder an einem gleichwertigen Markt in
einem Drittstaat ausgeführt werden. Hinsichtlich des Begriffs „Derivate“ enthält die EMIR
keine eigenständige Definition, sondern verweist auf die Richtlinie 2004/39/EG (Markets
in Financial Instruments Directive, MiFID I),
die eine Aufzählung der derivativen Finanzinstrumente enthält. Wichtig: Die von vielen Unternehmen zur Währungs- beziehungsweise Zinssicherung eingesetzten Devisentermingeschäfte
sowie Zins- und oder Währungsswaps gelten
als Derivate, während physisch abgewickelte,
nicht in bar abgerechnete, außerbörslich gehandelte Warenderivate derzeit nicht von
EMIR erfasst sind.
Beim zentralen Clearing tritt eine Zentrale
Gegenpartei zwischen die Vertragsparteien
und wird Gegenpartei sowohl für die Käuferals auch für die Verkäuferseite. Das Ausfallrisiko einer oder mehrerer Parteien ist auch bei
schwierigen Marktbedingungen abgesichert,
da für die Zentrale Gegenpartei hohe Anforderungen an das Risikomanagement gelten
und diese Sicherheiten von den Parteien für
die eingegangenen Risiken verlangt. Allerdings greift die Clearingpflicht für nicht finanzielle Gegenparteien nur bei nachhaltiger Überschreitung der Clearingschwellen. Die Clearingschwellen sind für Kredit- und Aktienderivatekontrakte auf eine Milliarde Euro und für Zins-,
Devisen-, Waren- und andere OTC-Derivatekontrakte auf drei Milliarden Euro festgelegt. Die
Messung der Clearingschwelle muss pro OTCDerivatekategorie in regelmäßigen Abständen
erfolgen, wobei Sicherungsgeschäfte, die zur
Risikoreduzierung beitragen, bei der Berechnung abzuziehen sind.
< ZUM INHALT
• Nicht finanzielle Gegenparteien sind
alle anderen in der EU ansässigen Unternehmen. Insoweit gilt die Verordnung größenunabhängig ebenfalls
für Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen. Daher können
Gegenparteien auch Mittelständler
sein, die als exportorientierte Firmen
Währungsrisiken über OTC-Derivatekontrakte absichern.
Lesen Sie zum Thema Prüfungspflicht das Interview mit unserem Experten Dirk Holzheimer
„Mit uns auf der sicheren Seite“.
MELDEPFLICHTEN AN EIN
TRANSAKTIONSREGISTER
Besonders praxisrelevant für Industrie-, Handelsund Dienstleistungsunternehmen ist die Meldepflicht bei Derivategeschäften. Alle Abschlüsse
und Änderungen von Derivatekontrakten sind
an ein zertifiziertes Transaktionsregister zu melden. Dabei umfasst die Meldepflicht sowohl die
an der Börse als auch die außerbörslich gehandelten OTC-Derivate unabhängig von Art
und Volumen. Meldepflichtig sind alle Derivate,
die am 16. August 2012 bestanden oder danach
vereinbart wurden. Auch bei Übertragung der
Meldepflichten auf einen Dritten verbleibt
die Verantwortung für die Richtigkeit der
Meldung beim Unternehmen.
RISIKOMINDERUNGSTECHNIKEN
Zudem sieht die EMIR bei nicht geclearten
OTC-Derivaten umfangreiche Risikominderungstechniken vor. Diese enthalten im Wesentlichen die rechtzeitige Bestätigung des
Abschlusses von OTC-Derivatekontrakten und
den wiederkehrenden Abgleich der Portfolios
der Gegenparteien. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine regelmäßige Bewertung
der Geschäfte erforderlich. Des Weiteren sieht
die Verordnung die Festlegung von Regelungen
zur Portfoliokomprimierung und von Streitbeilegungsverfahren für die beteiligten Gegenparteien vor.
02/2015 Navigator 3
WIRTSCHAFTSPRÜFUNG EMIR
„Mit uns auf der sicheren Seite“
„Unternehmen sollten
Aufbau und Ablauf der
organisatorischen Vorgaben
unbedingt dokumentieren.“
UNSER EXPERTE WP ⁄ STB DIRK HOLZHEIMER IM
INTERVIEW
Wie sollten sich Unternehmen auf die
Prüfung vorbereiten?
WP ⁄ STB DIRK HOLZHEIMER
Könnten Sie die auf Seite 3 angesprochene
Prüfungspflicht näher erläutern?
Welche Fehlerquellen gilt es hier zu vermeiden?
Die Prüfung umfasst insbesondere die Einhaltung der Anzeige- und Meldepflichten
sowie die Angemessenheit der implementierten Systeme und Vorkehrungen zur
Erfüllung der EMIR-Anforderungen.
Als Fehler gilt jede einzelne Abweichung
von den gesetzlichen Vorschriften. Diese
sind jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen an die BaFin zu melden. Die
Gesellschaft hat die Bescheinigung des Prüfers unverzüglich der BaFin zu übermitteln,
wenn diese die Feststellung von Mängeln
enthält, die daraus resultieren, dass die
Systeme und Vorkehrungen insgesamt
nicht geeignet sind, die Anforderungen
der EMIR einzuhalten.
Der Prüfer hat die BaFin unverzüglich
zu unterrichten, wenn bei der Prüfung
schwerwiegende Verstöße aufgedeckt
werden.
Grundsätzlich gilt?
Bei Unternehmen des Finanzsektors ist
die EMIR-Prüfung Teil der normalen
Jahresabschlussprüfung. Bei Industrieunternehmen gibt es eine gesonderte Prüfung.
Wie aufwendig sie ist, hängt von der Größe
des Unternehmens und seinem Derivatebestand ab.
4 Navigator
02/2015
Zum einen ist eine Zusammenstellung
aller Derivatekontrakte sinnvoll, um die
Prüfungspflicht zu erkennen und dem
Prüfer einen schnellen Überblick über die
Art und das Volumen des Derivatebestands
zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten die
aufbau- und ablauforganisatorischen Vorgaben im Hinblick auf die Erfüllung der
EMIR-Pflichten dokumentiert werden,
sodass die Vorgehensweise des Unternehmens im Rahmen der Erfüllung der Meldepflichten und im Hinblick auf den Einsatz
von Risikominderungstechniken problemlos nachvollzogen werden kann.
Wie unterstützen wir Unternehmen beim
Thema EMIR?
Mit uns sind Unternehmen auf der sicheren
Seite. Zum einen übernehmen wir natürlich
die EMIR-Pflichtprüfung. Zum anderen
stehen wir betroffenen Firmen mit einem
umfangreichen Angebot bei der Erfüllung
der EMIR-Pflichten zur Seite, beispielsweise durch Analyse der einzelnen Geschäftsvorfälle im Hinblick auf eine Meldepflicht oder bei der Einführung von Risikominderungstechniken.
< ZUM INHALT
STEUER- UND RECHTSBERATUNG EU-ERBRECHTSVERORDNUNG
Stichtag 17. August 2015:
Handlungsbedarf bei Testamenten!
Das Erben in Europa steht vor einem
grundlegenden Wandel
Ab dem 17. August 2015 ist die Europäische
Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die
bereits 2012 in Kraft getreten ist, für alle
Erbfälle anzuwenden. Die EuErbVO gilt in
allen EU-Staaten außer Dänemark, Irland
und Großbritannien und regelt insbesondere
die Fragen, welches Erbrecht auf einen Erbfall mit Auslandsbezug anzuwenden ist und
welches Gericht bei Streitigkeiten in diesen
Fällen zuständig ist. Die Verordnung soll
die Abwicklung der zunehmenden Erbfälle
mit Auslandsbezug vereinheitlichen und
erleichtern.
Für Deutsche mit Wohnsitz im Ausland
sowie für Ausländer mit Wohnsitz in
Deutschland bringt die Verordnung eine
zentrale Neuerung
Bis jetzt richtet sich das anzuwendende
Erbrecht nach der Staatsangehörigkeit des
Erblassers, unabhängig davon, wo dieser
sich zuletzt aufhielt. Für Erbfälle ab dem
17. August 2015 ist dagegen nach der
EuErbVO entscheidend, wo der Erblasser
im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das bedeutet beispielsweise für einen Deutschen, der seinen
Lebensabend in der Toskana verbringt:
Nach aktueller Rechtslage gilt für die Rechtsnachfolge von Todes wegen deutsches Recht,
ab dem 17. August 2015 unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen italienischem
Recht. Lebt hingegen beispielsweise ein
Niederländer in Deutschland, so findet ab
dem 17. August 2015 grundsätzlich deutsches Erbrecht Anwendung.
Wer die zwingenden Rechtsfolgen der
EuErbVO vermeiden will, kann für die
Rechtsnachfolge von Todes wegen das
Recht des Staates wählen, dem er im
Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes angehört
Die Rechtswahl muss ausdrücklich in
einer Erklärung in Form einer Verfügung
von Todes wegen erfolgen oder sich aus
den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben. Die Rechtswahl ist also in
einem eigenhändigen oder einem öffentlichen Testament zu treffen. Die Ausübung
des Wahlrechts will gut überlegt sein, da
ausländische Regelungen zur Rechtsnachfolge von Todes wegen erheblich von den
deutschen Erbrechtsvorschriften abweichen können. Je nach den Zielsetzungen des
Erblassers können sich bei der Erbrechtsgestaltung Chancen und Risiken ergeben.
PRAXISHINWEIS
Personen, die ein Testament errichtet haben
oder die ein Testament errichten wollen, haben
jetzt akuten Handlungsbedarf. Sie sollten die
verbleibende Zeit bis zum Stichtag unbedingt
nutzen, um in Abstimmung mit einem Berater
zu klären, ob wegen der EuErbVO Veränderungen vorgenommen werden müssen. ATS steht
Ihnen zu allen Fragen rund um die Verordnung
als Ansprechpartner gerne zur Verfügung. Wir
unterstützen Sie mit einem umfassenden Leistungsspektrum von der Beratung zur Ausübung
des Wahlrechts bis hin zur Analyse möglicher
steuerlicher Auswirkungen. Sprechen Sie uns an!
„Die Ausübung des
Wahlrechts ist künftig
ein zentraler Punkt
bei der Errichtung von
Testamenten.“
RA ⁄ WP ⁄ STB ⁄ FASTR THOMAS R. JORDE
RA ⁄ WP ⁄ STB ⁄ FASTR THOMAS R. JORDE
< ZUM INHALT
02/2015 Navigator 5
CORPORATE FINANCE & ADVISORY SERVICES SCHUTZSCHIRMVERFAHREN
Fallstudie: Sanierung
eines Lifestyle-Unternehmens
Unternehmenssanierungen sind gerade im Einzelhandel mit erheblichen
Unwägbarkeiten verbunden. Wir berichten anlässlich einer Fallstudie
über die Sanierung des Lifestyle-Unternehmens Strauss Innovation.
Strauss Innovation ist ein Einzelhandelsunternehmen mit Tradition
1902 gründeten die Eheleute Maria und
Heinrich Strauss ihr erstes Geschäft für
Kurz-, Weiß- und Wollwaren im Herzen
der Düsseldorfer Altstadt. Ihre Firmenphilosophie lautete: „Gutes darf kein Luxus
sein.“ Bis 1989 betrieb die Gründerfamilie
Strauss noch als Familienunternehmen. Seitdem versuchten sich knapp eine Handvoll
Investoren und zahlreiche Geschäftsführungen an dem Lifestyle-Unternehmen, expandierten bundesweit, unternahmen Rabattaktion nach Rabattaktion und versuchten, Strauss Innovation als Discounter
zu positionieren. Zum Jahresende 2013
konnten Gespräche mit einem weiteren
Investor nicht wie geplant abgeschlossen
werden und Strauss Innovation sah sich
mit einer erheblichen wirtschaftlichen
Schieflage konfrontiert.
In dieser Situation nahmen Dr. Hans
Peter Döhmen und Rechtsanwalt Matthias
Kampshoff im Januar 2014 ihre Tätigkeit
als Sanierungsberater des angeschlagenen
Unternehmens auf und empfahlen dem
damaligen Management, am 30. Januar 2014
beim zuständigen Amtsgericht in Düsseldorf ein Schutzschirmverfahren auf Basis
des § 270b der Insolvenzordnung zu beantragen.
6 Navigator
02/2015
Am 26. Februar 2014 stimmte die Geschäftsleitung ein grobes Sanierungskonzept mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss ab, am 30. März 2014 eröffnete
das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Mitte August
2014 stimmte der vorläufige Gläubigerausschuss dem Angebot eines strategischen
Investors zu. Dessen Konzept wurde Bestandteil des Insolvenzplans, dem die Gläubigerversammlung Anfang November
2014 zustimmte.
Das Insolvenzverfahren wurde Ende Januar 2015 aufgehoben. Die entscheidenden Faktoren für den bis dahin erfolgreichen Sanierungsprozess waren:
• Auf Grundlage einer kompromisslosen
Analyse wurden die Sanierungsinstrumente der Insolvenzordnung konsequent genutzt.
• Im Zuge eines Insolvenzplanverfahrens
konnte das Konzept des Erwerbers
bereits berücksichtigt und die Unternehmensanteile konnten an diesen
strategischen Investor übertragen
werden.
• Das Sanierungsteam setzt seine Tätigkeit auch nach Abschluss des Verfahrens fort.
Hintergrund
Unternehmen, die bei skeptisch zu beurteilender Fortführungsprognose noch zahlungsfähig sind, haben seit Frühjahr 2012
die Chance, ihr Unternehmen in Eigenverwaltung im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens zu sanieren. Diese Möglichkeit
bietet das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
(ESUG). Das Verfahren gibt angeschlagenen Betrieben bis zu drei Monate Zeit,
einen Sanierungsplan zu erarbeiten. Die
wichtigste Neuerung gegenüber der klassischen Insolvenz: Die Geschäftsleitung
bleibt auch während des Verfahrens Herr
über das Unternehmen. Anstelle des Insolvenzverwalters beaufsichtigt „nur“ ein
sogenannter Sachwalter den Ablauf des
Verfahrens.
Dr. Hans Peter Döhmen erklärt: „Erfolgskritisch waren Restrukturierungsmaßnahmen wie die mit Kündigungen verbundenen Schließungen von 17 Filialen,
die Halbierung des Kundenkartenrabattes oder eine Beruhigung des Sorti_
ments. Für potenzielle Investoren waren
diese Entscheidungen, die konsequent
und zügig umgesetzt wurden, wichtig.“
< ZUM INHALT
„Wichtig war insbesondere, dass die Verhandlungen
mit Lieferanten und Dienstleistern spürbar erleichtert
wurden. Auch Mitarbeitern, Kunden oder den Medien
konnten und können wir glaubwürdig darlegen,
dass wir Schritt für Schritt an die ursprüngliche
Firmenphilosophie anknüpfen.“
Dr. Döhmen fasst die Vorteile des Schutzschirmverfahrens im Fall von Strauss Innovation
zusammen
DR. HANS PETER DÖHMEN *
Und schließlich ist es wichtig, dass das
Sanierungsteam auch nach Abschluss
des Verfahrens am Ball bleibt
Sicherlich können im Rahmen eines Schutzschirms- und des anschließenden Insolvenzplanverfahrens grundlegende Weichen
gestellt werden, das Unternehmen wettbewerbsfähig aufzustellen.
Gerade – aber nicht ausschließlich – im
Einzelhandel kann in dieser kurzen Zeit
keine nachhaltige Sanierung und Restrukturierung vollständig umgesetzt werden.
Dr. Döhmen: „Der Wechsel auf ein
neues Sortiment mit Augenmaß und die
Neugestaltung aller Filialen dauern schon
wegen der Vorlaufzeiten ihre Zeit. Verkürzt
dargestellt, können wir mit den Instrumenten der Insolvenzordnung Verlustbringer
abschneiden oder wirtschaftlich nachteilige
Verträge neu gestalten.
< ZUM INHALT
Sanierungen werden aber auf der Einnahmeseite gewonnen – und diese Herausforderung ist nachhaltig eher in Jahren denn
in Monaten zu meistern.“
Aktuelle Entwicklungen dokumentieren
die Schwierigkeiten einer Sanierung im
Einzelhandel
Denn trotz des erfolgreichen Schutzschirmverfahrens musste die Strauss-Gruppe im
Juni 2015, also rund fünf Monate nach
Aufhebung des Insolvenzverfahrens, erneut
einen Insolvenzantrag stellen. Der ausschlaggebende Grund lag darin, dass es Strauss
Innovation nicht gelungen war, die erforderliche und im Handel absolut übliche
Saisonfinanzierung zur Sicherstellung der
Wareneinkäufe für das Weihnachtsgeschäft
2015 zu erhalten.
02/2015 Navigator 7
ATS Allgemeine Treuhand GmbH
Buchprüfungsgesellschaft • Steuerberatungsgesellschaft
Geschäftsführung
Dipl.-Kfm. Arnd Zimmermann
Vereidigter Buchprüfer Steuerberater
Ansprechpartner Fachbereich Wirtschaftsprüfung
Dipl.-Kfm. Susanne Tschöpe
Steuerberaterin
Ansprechpartnerin Fachbereich Steuerberatung
Impressum Navigator
Alle Angaben erfolgten nach bestem Wissen, jedoch
ohne Gewähr und können eine umfassende Beratung
im Einzelfall nicht ersetzen.
Herausgeber
ATS Allgemeine Treuhand GmbH
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Graf-Recke-Straße 17
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