Die Brücke am Kwai - HS-OWL
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Die Brücke am Kwai - HS-OWL
Die Brücke am Kwai von Dr. Gerd Mahler, Essen Wer kennt die Melodie nicht? Dida dadii di di daa. Und die markige Figur des englischen Co‐ lonells in Person des Schauspielers Alec Guiness und des smarten Amerikaners (William Hol‐ den). Dieser Film verkörperte in den 60‐iger Jahren den Zeitgeist, die Schrecken eines Weltkrieges mit Events geeignet zu verkleistern, um nicht hinter die Leiden blicken zu müssen. Auch dort wird die Fertigstellung einer Brücke für die Zwecke des kriegsführenden Gegners wichtiger genommen als diesen irrsinnigen Krieg zu beenden; das Ego eines Ingenieurs gegen die Schmerzen der Unterdrückung und des Leidens. Ignorieren der Genfer Konvention durch die Japaner als Besatzer zugunsten eines Bauwerkes mit strategischer Bedeutung, wird zum Todeslager für Tausende. Beim Bau der „Todeseisen‐ bahn“ von Thailand nach Burma starben 100.000 Menschen, als Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter rekrutiert, unter unmenschlichen Bedingungen. Darunter waren 10.000 Eu‐ ropäer, die hier fast vergessen sind. Engländer, Niederländer und viele andere Nationen werden fast ohne Nahrung, ohne medizinische Versorgung und nur mit Hacke und Schaufel gezwungen, hartes Gestein abzutragen und den Berg zu durchstoßen. Selbst in Thailand sind die vielen Sklavenarbeiter der eigenen Nation fast vergessen. Diese Gedanken sind in meinem Kopf als wir die Stadt Kanchanaburi in der gleichnamigen Provinz abends nach einem wunderschönen Tag in riesigen Feuchtgebieten erreichen und unser Gepäck in einem großen Hotel am Mae Klong Fluss beziehen. Die besagte River Kwai Bridge überquert diesen Fluss und hat ihren Namen von dem kurz vorher einmündenden Kwae–Fluss. Diese Gedanken werden beinahe unerträglich beim Besuch einer Kriegsgräbergedenkstätte. Lange Reihen von Tafeln – 7000 Stück ‐ mit Namen und Dienstgrad ... Private Meier, Serge‐ ant Brown ..., die Mehrzahl ist nur 20 oder 25 Jahre alt geworden. Vorstellungen über das Massengrab in dem mein Vater 1942 in Afrika beigesetzt wurde und von dem auch nur eine Gedenktafel mit Namen übrigblieb, drängen sich in den Vordergrund. Wir laufen durch den „hell‐fire“‐Pass und versuchen die Mühen uns vor Augen zu führen wie dieser Durchbruch gesprengt und Schienen verlegt wurden. Seinen Namen trägt er, weil un‐ ter „Feuerlicht“ gearbeitet werden musste, Tag und Nacht, damit das Bautempo gehalten werden konnte. Und: nach dem Fertigstellen der Bahntrasse bombardieren die englischen Flieger die Strecke, ohne zu wissen, dass sie ihre eigenen Kameraden treffen. Ein „kriegs‐ wichtiger“ Zug ist nie gefahren und auch heute ist die Verbindung ins noch immer „feindli‐ che“ Burma unterbrochen. Und heute: es ist eine wunderschöne Landschaft mit freiem Blick in eine Tiefebene, deren Fruchtbarkeit zu erahnen ist, inmitten einer dichten Waldung. Bunte Vögel mit lauten Rufen, deren Namen ich nur ansatzweise im Vergleich zu europäischen Arten bestimmen kann und in der warmen Luft kreisende Bussarde vermitteln das Bild von Friedlichkeit. An der Endstation der Eisenbahn, die wir mit unseren Bus erreicht hatten, komplimentiert uns ein Mann mit dem Anschein des Schaffners in eine offene überdachte Hütte ‐ Essen und Trinken ist angesagt, denn das ist in Thailand ganz besonders wichtig. Es schmeckt überraschend gut. Von Weitem sind die Töne von Marschmusik und das dumpfe Dröhnen von Trommeln zu hören. Im nahegelegenen Dorf findet ein Umzug statt. Männer werden für drei Monate ins Kloster gehen und als Mönche leben und meditieren. Fröhlich werden sie von ihren Freun‐ den, Verwandten und den Dorfbewohnern begleitet. Wir schauen von außen. Gespannt warten wir auf die Ankunft des Zuges mit dem wir nach Kanchanaburi zurückfah‐ ren wollen, dem „death railway“. Er zuckelt auf der alten Strecke entlang, wir wissen um die heroische Leistung beim Bau und erinnern uns, was wir im kleinen Museum gesehen haben: selbst geschnitzte Nähnadeln, ein Radio aus Sicherheitsnadeln und Draht, Gegenstände, die die Gefangenen zum Überlegen gefertigt haben. Und Zeichnungen, die ihr Leiden offenba‐ ren, von einigen Mitgefangenen gefertigt. Als Deutsche wissen wir, was Konzentrationslager bedeutet und sind tief betroffen, sie auch hier finden zu müssen. Was vorher aus den Fenstern des schnell fahrenden Busses nicht wahrgenommen werden konnte, ist nun aus dem langsam fahrenden Zug mit offenen Fenstern und Türen zum Grei‐ fen nah. Felder der fruchtbaren Ebene des Kwai‐Flusses begrenzt durch die Berge der naheliegenden Grenze zu Burma. Eindrücke von einer friedlichen Landschaft in der es Spaß macht, Teile seines Urlaubes zu verbringen. Doch der Schrecken bleibt.