Timber Frame
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34 Massivfachwerk www.blockhome.info Timber Frame Bilder: Daizen Hartholznägel halten das Fachwerk amerikanisches Fachwerk Bild: Diotrol Back to the roots Neben ‘Loghomes’ und ‘Post & Beam’ gibt es jenseits des Atlantiks eine weitere spektakuläre Holzbauart. von Nikolas Berwian L oghome, Post and Beam, Timber Frame – drei Begriffe für drei unterschiedliche nordamerikanische Bauweisen, die eines gemeinsam haben: die zeitlose, inspirierende Schönheit von massivem Holz! Während der letzten drei Jahrzehnte hat die kanadische Blockbauweise in Deutschland hinlänglichen Bekanntheitsgrad erlangt. Und endlich scheint auch die Post & Beam-Variante auf europäischem Boden angekommen zu sein und wird zunehmend nachgefragt. Doch was genau ist ‘Timber Frame’? Und worin unterscheidet sich die Bauweise vom traditionellen Fachwerkbau? Kunstvoller TimberFrame-Dachstuch Seit 2000 Jahren in Europa und Asien Die ersten Fachwerkhäuser entstanden etwa zur Zeitenwende vor 2000 Jahren. Sie entwickelten sich vermutlich aus einfachen Skelettbauten aus zusammengebundenen Stöcken und Pfosten, die mit Tierhäuten und anderem Füllmaterial umhüllt waren. Solche Behausungen waren typisch für nomadisch lebende Völker, die ihre ‘Zelte’ regelmäßig abbauen und neu aufschlagen mussten. Mit Beginn der Sesshaftigkeit stieg der Bedarf an stabilen, dauerhaften Behausungen. Das Verständnis und die Werkzeuge für eine ausgereifte Holzbearbeitung erlaubten die Herstellung von Gebäuden, die sich selbst trugen. Interessanterweise entwickelte sich die Fachwerkbauweise in verschiedenen Regionen der Erde parallel: Wir finden historische Zeugnisse der Fachwerkskunst in Dänemark, Frankreich, England und Deutschland, aber auch in Japan und Asien. In anderen Regionen hingegen wie im nördlichen Skandinavien oder in Russland, war langschäftiges Nadelholz so ausreichend vorhanden, dass der klassische Blockbau die dominierende Holzbauvariante blieb. Kunst oder Notwendigkeit? In West- und Mitteleuropa, vor allem in England, Frankreich und Deutschland, war die Bauweise im Mittelalter voll entwickelt und erreichte ihren Höhepunkt. Die zunehmende Knappheit an Holz führte zur Verwendung von immer kürzeren Bauhölzern, die eine immer aufwändigere Verbindungstechnik erforderten. Englische Zimmerer entwickelten geniale Systeme um auch große Spannweiten ohne Langholz überbrücken zu können. Auch aus diesem Grund finden wir Zeugnisse einer großartigen Zimmermannskunst gerade in den Fachwerkdächern des späten Mittelalters. Viele heute so künstlerisch anmutende Elemente des heimischen Fachwerkbaus, etwa die Verwendung von gekrümmten und gegabelten Hölzern, sind in Wahrheit Ausdruck zwingender Notwendigkeit. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlebte der Fachwerkbau in Nordamerika eine Renaissance – eine Entwicklung, die interessanterweise mit der klassischen Blockbauweise parallel verlief. Hierfür scheint eine Art „back to the roots“ Bewegung in der Bevölkerung verantwortlich gewesen zu sein, die auch zu einer Rückbesinnung auf alte Bautechniken führte. Alte Pläne wurden studiert und erhaltene Bauwerke kopiert oder die alten Techniken auf Neubauten angewendet. Zu Beginn waren es noch echte ‘Freaks’, welche die Fachwerkelemente aus handbehauenen Balken ohne Hilfe moderner Technik zusammenfügten, um sie schließlich mit Muskelkraft aufzurichten. Modern mit Holznägeln Längst hat sich aus dieser Bewegung eine Branche etabliert. Inzwischen werden hoch entwickelte Timberframe-Gebäude auf CNC-Maschinen mit kammergetrockneten oder natürlich abgelagerten Hölzern wie Douglasie, Western Red Cedar, Hemlock oder Kiefern gefertigt. „Der nordamerikanische Himmel ist höher, die Luft klarer und die Bäume dicker“ – diesem Motto der Superlative folgt auch der moderne nordamerikanische Fachwerkbau. Denn heute finden meist stark dimensionierte Balken Verwendung, die große Spannweiten ermöglichen und ein lichtes, luftiges Raumgefühl schaffen. Die zum Teil sehr aufwändigen und komplizierten Holzverbindungen zeugen von hoch entwickelter Zimmermannskunst. Die Verbindungsmittel sind – damals wie heute – meist Hartholznägel, die erstaunliche Kräfte aufnehmen können. Doch selbst Balkenstärken um 30 Zentimeter sind bei den heutigen energetischen Anforderungen an die Gebäudehülle manchmal zu wenig, um die notwendige Dämmung zu erreichen, und so werden Timberframe-Bauten zunehmend mit dämmenden Konstruktionsplatten ummantelt, die gleichzeitig auch eine aussteifende Funktion erfüllen können. Dann ist die Timberframe-Konstruktion zwar nur mehr im Gebäudeinneren sichtbar, sorgt hier aber für außergewöhnliche Akzente. Die immense Stärke der offen liegenden statischen Anatomie des Gebäudes vermittelt den Bewohnern ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Das Auge sucht und findet Linien von Kräfteverläufen, Gewicht und Stabilität. Und von geordneter Schönheit. High End im Okanagan Im kanadischen Okanagan-Tal in B.C., das sich bereits in Sachen Blockhausbau einen Namen gemacht hat, liegt mit ‘Daizen Joinery’ eine exklusive TimberframeSchmiede, die in Kanada und Japan schon mehrfach ausgezeichnet wurde. Der Direktor Dai Ona wuchs in Japan auf und lebte in Korea, bevor er nach Kanada emigrierte. Er ist zudem Leiter der legendären ‘B. Allan Mackie School of Logbuilding’. Denn wie viele Timberframe builder hatte er als Blockhausbauer begonnen, bevor er sich der anspruchsvollen Herausforderung des Timberframing zuwandte. Obwohl Daizen sich der fortschrittlichsten CNCMaschine bedient, die es auf diesem Gebiet gibt, findet der Direktor immer das feine Gleichgewicht zwischen High-tech und ‘human touch’. Seine inspirierenden Bauwerke geben Zeugnis von zeitloser Handwerkskunst, japanischer Präzision und nicht zuletzt von atemberaubender Schönheit. Weitere Informationen unter www.nicolog.de. BH Formvollendete Pergola