Entwicklungswerkzeuge fÿr Kopfhşrer und
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Entwicklungswerkzeuge fÿr Kopfhşrer und
DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Titel: Entwicklungswerkzeuge fÿr Kopfhþrer und Miniaturlautsprecher von Martin Opitz ý 2002, AKG Acoustics GmbH, Lemboeckgasse 21-25, A-1230 Vienna, Austria Thema: AKG hat eine starke Marktposition bei dynamischen Wandlern fÿr verschiedene Anwendungen wie z.B. Kopfhþrer und Mobiltelefone. Durch den wachsenden Bedarf an kleineren und leistungsstýrkeren Wandlern rÿckt der elektroakustische Umwandlungsprozess immer stýrker in den Mittelpunkt des Interesses. Eine Mþglichkeit zur Optimierung dieser Umwandlung bieten numerische Werkzeuge in Kombination mit experimenteller Beobachtung. ühnliche Optimierungsstrategien werden sowohl in der Entwicklung von Wandlern fÿr dynamische Kopfhþrer wie den AKG K 240 Studio als auch fÿr Miniaturhþrkapseln fÿr Mobiltelefone angewendet. AKG K 240 Studio, K 141 Studio 1 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Der Autor Dipl.-Ing. Dr. Martin Opitz, studierte Technische Physik an der Technischen Universitýt Wien, wo er 1977 den Titel Dipl.-Ing. erwarb und 1980 zum Dr.techn. promovierte. Berufslaufbahn 1978 bis 1980: Assistent am Institut fÿr Allgemeine Physik an der Technischen Universitýt Wien Seit 1980: Grundlagenforschung in der Abteilung Forschung und Entwicklung bei AKG Arbeitsgebiete · Entwicklung von Messmethoden fÿr lineare und nichtlineare Eigenschaften akustischer Wandler · Entwicklung einer Programmiersprache fÿr die Messung und Verarbeitung von Auûenohr-úbertragungsfunktionen · Berechnung digitaler Filter fÿr binaurale Wiedergabe fÿr Gerýte mit IVATechnik (CAP 340m, Audiosphere BAP 1000, Kopfhþrer der HEARO Serie) und fÿr das Weltraumprojekt AUDIMIR · Koordination des Beitrags von AKG zu mehreren nationalen und EU-weiten Forschungsprojekten wie z.B. LISCOM oder CEMVOCAS · Entwicklung akustischer Wandler mittels finiter Elementemethode und Randelementemethode · Entwicklung eines Software-Pakets zur Berechnung der Magnetfelder dynamischer akustischer Wandler mittels finiter Differenzengleichungen · Planung eines neuen akustischen Messraums fÿr AKG 2 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Entwicklungswerkzeuge fÿr Kopfhþrer und Miniaturlautsprecher von Martin Opitz EINLEITUNG AKG hat eine starke Marktposition bei dynamischen Wandlern fÿr verschiedene Anwendungen wie z.B. Kopfhþrer und Mobiltelefone. Durch den wachsenden Bedarf an kleineren und leistungsstýrkeren Wandlern rÿckt der elektroakustische Umwandlungsprozess immer stýrker in den Mittelpunkt des Interesses. Eine Mþglichkeit zur Optimierung dieser Umwandlung bieten numerische Werkzeuge in Kombination mit experimenteller Beobachtung. ühnliche Optimierungsstrategien werden sowohl in der Entwicklung von Wandlern fÿr dynamische Kopfhþrer wie den AKG K 240 Studio als auch fÿr Miniaturhþrkapseln fÿr Mobiltelefone angewendet. Besonders beim Betrieb mit hohen Auslenkungen treten nichtlineare Effekte immer deutlicher zu Tage. Zwei dominierende Faktoren fÿr das nichtlineare Verhalten von Lautsprechern sind die magnetische Induktion B(z), die mit der Position z der Schwingspule variiert, und die nichtlineare mechanische Steifheit der Membran [1]. Die in diesem Artikel vorgestellten Werkzeuge erwiesen sich als sehr leistungsfýhig fÿr die Analyse nichtlinearer Effekte und dynamischer Parameter. Hier soll vor allem auf zwei numerische Werkzeuge, nýmlich "Magnetfeldberechnungen" und "Mechano-akustische Berechnungen", sowie auf ein Beobachtungswerkzeug ("Optische Messungen") eingegangen werden. MAGNETFELDBERECHNUNGEN Das nichtlineare Verhalten dynamischer Miniaturlautsprecher wird von zwei dominanten Faktoren bestimmt: 1.) Form und Verteilung des magnetischen Induktionsvektors 2.) die mechanische Steifheit de Membran Diese Faktoren sind fÿr das Verhalten des Wandlers, besonders beim Betrieb mit groûen Auslenkungen, von groûer Bedeutung. Diese groûen Auslenkungen der Schwingspule sind durch die Forderung nach hohen Schalldruckpegeln bedingt. 3 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Ein Permanentmagnet erzeugt eine magnetische Induktion, die durch weichmagnetisches Material gelenkt wird. Diese Anordnung wird als Magnetkreis bezeichnet. Bei der Auslegung der Magnetfeldverteilung im Magnetkreis sind mehrere Optimierungsziele zu berÿcksichtigen: Hohe ÿber das Volumen der Schwingspule integrierte magnetische Induktion B auf dem gesamten Weg der Schwingspule zwischen den Wendepunkten Hohe Linearitýt der ÿber das Volumen der Schwingspule integrierten magnetischen Induktion B auf dem gesamten Weg der Schwingspule zwischen den Wendepunkten Zur Erfÿllung dieser Forderungen stehen einige Parameter fÿr die Auslegung des Magnetkreises zur Verfÿgung. Diese Parameter kþnnen in zwei Klassen eingeteilt werden: geometrische Eigenschaften und Materialeigenschaften, die eng miteinander zusammenhýngen. Heute werden hýufig Neodym-Eisen-Bor-Magnete als Permanentmagnet in dynamischen akustischen Wandlern eingesetzt. Da diese Magnete eine relative Permeabilitýt von etwas ÿber 1,0 aufweisen, kþnnen damit auf einfache Weise flache Wandler konstruiert werden. Derartige flache Wandler nutzen die maximal mþgliche Energiedichte eines Neodym-Bor-Eisen-Magneten gegebener Masse voll aus. Die Eisenteile des Magnetkreises lenken die magnetische Induktion in den Luftspalt, in dem sich die Schwingspule bewegt. Die Flussdichte in diesem Volumen ist von besonderem Interesse, da sie die oben erwýhnten quantitativen und Lineraritýtskriterien erfÿllen muss. Zur Abschýtzung der Eigenschaften des Magnetkreises steht eine Reihe von Simulationswerkzeugen zur Verfÿgung. Als Hersteller dynamischer akustischer Wandler begann AKG bereits zu einer Zeit mit der numerischen Entwicklung von Magnetkreisen, als in diesem Bereich kaum Software auf dem Markt war. Aus diesem Grund wurde die Entwicklung eigener Software zur Berechnung der Verteilung der magnetischen Induktion beschlossen. Der Vorteil einer derartigen Eigenentwicklung liegt in der einfachen Implementierbarkeit anwenderspezifischer Modifikationen. Ein Beispiel fÿr eine solche Adaptierung folgt weiter unten. Die Merkmale der AKG-Software zur Berechnung magnetostatischer Felder sind: Einfache Anwenderschnittstelle Nichtlineare Magnetmaterialeigenschaften 2D-Zylindersymmetrie Lþsungsprogramm fÿr finite Differenzen Grenzbedingungen: Freifeld, Auûenfeld Ergebnisse: B-Feld, H-Feld, Scherung, nichtlineare Verzerrung Schwingspulenbewegung 4 bei DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Vorbearbeitungs-Programme In der Vorbearbeitungsphase sind zur Erstellung des Modells folgende Eingaben erforderlich: Eingabe der Materialeigenschaften sowohl fÿr die hartmagnetischen Materialien, wie z.B. Permanentmagnete als auch die weichmagnetischen Materialien. Die weichmagnetischen Materialien sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Permeabilitýt von der magnetischen Feldstýrke abhýngt. Diese nichtlinearen Materialeigenschaften sind im Modell berÿcksichtigt. Berechnung einer sogenannten Grenzflüchenverschiebungsmatrix, Magnetfeldberechnungen unter Freifeld-Grenzbedingungen ermþglicht. die Modelleingabe: In diesem Stadium wird die Geometrie der verschiedenen Teile sowie die Materialart, Magnetisierungsrichtung und verschiedene numerische Parameter wie z.B. die gewÿnschte Genauigkeit der resultierenden Feldverteilung definiert. Lþsungsprogramm Das Lþsungsprogramm ist ein finite Differenzen-Programm, das durch ein Iterationsverfahren das magnetische Potenzial in Ampere auf einem Netz gleichmýûig verteilter Feldpunkte berechnet. Fÿr jeden Netzpunkt erfolgt eine verbesserte Schýtzung des Potenzials anhand der benachbarten Netzpunkte. Aus der Bildung des Magnetpotenzialgradienten ergibt sich der entsprechende magnetostatische Feldvektor. Die Abbruchbedingung fÿr die Iteration wird durch die gewÿnschte Genauigkeit bestimmt. In der Praxis liegt diese Genauigkeit oft zwischen 1 und 2 Prozent. Daraus ergeben sich ca. 10000 bis 20000 Iterationen. Wýhrend der Iteration werden verschiedene Parameter am Bildschirm angezeigt, damit der Anwender den Iterationsprozess und die erreichte Genauigkeit verfolgen kann. Nachbearbeitungs-Programme Die gesamte Nachbearbeitungs-Software baut auf dem berechneten magnetischen Potenzial auf. Dieses Potenzial kann durch Linien gleichen Potenzials dargestellt werden. Normalerweise weist dieses Potenzial im Luftspalt einen starken Gradienten auf, der einer maximalen Magnetfeldstýrke und magnetischen Induktion in diesem Bereich entspricht. 5 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Eine weitere Mþglichkeit besteht in der Verwendung verschiedener Farben zur Darstellung gleicher Werte verschiedener Parameter: des Magnetfelds der magnetischen Induktion und der Scherung. Es werden mehrere charakteristische Werte berechnet, welche die Qualitýt des Magnetkreises beschreiben. Einer der wichtigsten Faktoren ist der magnetische Widerstand. Dieser Faktor bewertet die Potenzialdifferenz im Luftspalt im Verhýltnis zu der vom Permanentmagneten erzeugten Gesamt-Potenzialdifferenz. Bei einem entsprechend ausgelegtem Magnetkreis liegt der Widerstandsfaktor knapp unter eins, was bedeutet, dass der grþûte Teil der Potenzialdifferenz des Magneten im Luftspalt abfýllt. Die Auswirkung groûer Auslenkungen der Schwingspule wird durch ein Nachbearbeitungsprogramm quantifiziert, das den Klirrfaktor 2. und 3. Ordnung sowie den Gesamt-Klirrfaktor auf Grund des Effekts bestimmt, dass die durchschnittliche Induktion im Volumen der Schwingspule ÿber den Weg der Schwingspule nicht konstant ist. Die auf die Schwingspule wirkende effektive Kraft F ( z ) B( z ) l I variiert entsprechend bei dieser Bewegung. In der obigen Gleichung kommen folgende Parameter vor: z.........momentane Position der Schwingspule B(z)....radiale Komponente der ÿber das Volumen der Schwingspule wirksamen durchschnittlichen magnetischen Induktion in Abhýngigkeit von der momentanen Schwingspulenposition z l........ Lýnge der Spule I....... elektrischer Strom in der Schwingspule 6 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Beispiel Am Beispiel eines dynamischen Miniaturlautsprechers fÿr Mobiltelefone sollen die oben erwýhnten Werkzeuge veranschaulicht werden. Bei dieser Anwendung wird hohe Linearitýt und maximaler Schalldruckpegel gefordert. Iron-Lid Magnet Iron Iron Air gap Iron Abb. 1. Querschnitt eines dynamischen Wandlers mit Permanentmagnet und Eisenteilen Abbildung 1 zeigt einen zylindersymmetrischen Querschnitt der Wandlergeometrie. Diese Wandlergeometrie stand fÿr eine neue dynamische Hþrkapsel mit Eisendeckel zur Wahl. Der Deckel dient zur Reduktion der magnetischen Induktion auûerhalb des Wandlers, um ein Anhaften ferromagnetischer Teilchen am Wandler zu verhindern. In diesem Beispiel war der Deckel als Sandwich-Konstuktion ausgefÿhrt. Die Schallaustrittsþffnungen des Deckels sind im Modell nicht dargestellt. In Abb.1 stellt die Ordinate die z-Richtung und die Abszisse den Radius dar. Es handelt sich dabei um relative Koordinaten mit gleicher Skalenteilung in z- und r-Richtung. Alle physikalischen Parameter in Abb. 2 bis 5 zeigen gÿltige Ergebnisse unabhýngig von der Skalenteilung. In Abbildung 1 sind der vertikal polarisierte Permanentmagnet (NdFeB), die Eisenteile und der Luftspalt im rechten oberen Bereich des Magnetkreises zu sehen. 7 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Die Berechnung des Magnetfelds erfolgt durch die Einfÿhrung nichtlinearer Materialeigenschaften. Dies wird durch iterative Adaptierung der relativen Permeabilitýt innerhalb der Eisenteile in Abhýngigkeit von der lokalen Magnetfeldstýrke erreicht. Die Ergebnisse kþnnen mit Hilfe der Nachbearbeitungsprogramme dargestellt werden (siehe Abb. 2 bis 5). Abbildung 2 zeigt die Linien gleichen magnetischen Potenzials in Ampere. Aus dieser Darstellung ist eine starke Konzentration von Potenziallinien im Luftspalt zu erkennen, was auf ein Maximum des H-Felds hinweist. Das absolute Maximum und das absolute Minimum des magnetischen Potenzials befinden sich an der Oberseite und an der Unterseite des Ringmagneten, wo die permanente Magnetisierung M0 eine Diskontinuitýt aufweist. Abb. 2. Linien gleichen magnetischen Potenzials Ein wichtiges Werkzeug zur úberprÿfung der richtigen mechanischen Dimension des Magnetkreises beruht auf der graphischen Darstellung der Induktion. Durch Auswertung der Induktionsverteilung kann der Konstrukteur des Magnetkreises zu einem Kompromiss zwischen zwei widersprÿchlichen Forderungen, nýmlich flacher Bauweise einerseits und hoher magnetischer Induktion andererseits, gelangen. In Abblidung 3 ist die skalare magnetische Flussdichte durch Farbflýchen dargestellt. In den Eisenteilen nahe dem Luftspalt ist eine Konzentration der magnetischen 8 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Flussdichte erkennbar. Mit Hilfe derartiger Darstellungen kþnnen mþgliche Sýttigungseffekte in Eisenteilen erkannt werden. Fÿr viele Anwendungen wie z.B. Mobiltelefone wird eine flache Bauweise der Hþrkapseln verlangt. Andererseits kþnnen leicht Sýttigungseffekte auftreten, wenn die Eisenteile des Magnetkreises zu klein dimensioniert werden. In diesen Fýllen wird der Querschnitt der Eisenteile zu klein, um den gesamten magnetischen Fluss zum Luftspalt hin zu lenken. Die Folge davon ist ein verstýrktes Streufeld. Abb. 3. Magnetische Feldstürke (Betrag) Die Situation in der Umgebung des Luftspalts ist von besonderem Interesse, da hier die elektromechanische Energieumwandlung erfolgt. In Abbildung 4 ist die Radialkomponente der magnetischen Induktion im Luftspalt als Funktion der Hþhe z aufgetragen. Diese Radialkomponente ist fÿr die effektive Induktion in der Schwingspule verantwortlich. In Abbildung 4 entspricht eine Bewegung nach rechts einer Bewegung aus dem Magnetkreis hinaus, die in Abbildung 3 als Bewegung nach oben dargestellt ist. Die einzelnen Linien in Abbildung 4 stellen die Induktion (Radialkomponente) bei verschiedenen Radien dar. Die oberste Kurve in Abbildung 4 gibt den Querschnitt beim kleinsten Radius im Luftspalt wieder. Die Induktion nimmt oberhalb und unterhalb des Luftspalts ab und hat im Luftspalt selbst ein Maximum. Bei der Auswertung von Induktionsverteilungen - wie in Abb. 4 dargestellt - ist bei der Interpretation hþchste Sorgfalt geboten. Es ist zu bedenken, dass die auf die 9 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Schwingspule wirkende, resultierende Kraft durch Integration der magnetischen Induktion ÿber das gesamte Volumen der Schwingspule bestimmt wird. Abb. 4. Radialer Hþhenkoordinate Induktionsvektor im Luftspalt als Funktion der Abbildung 4 zeigt deutlich, dass die Induktion B weder in radialer Richtung noch in axialer Richtung konstant ist. Wýhrend die radiale Abhýngigkeit weniger wichtig ist, ist der axiale Abfall der Induktion fÿr die nichtlinearen Verzerrungen verantwortlich, die bei der Auf- und Abbewegung (in Abbildung 4 als Links- Rechtsbewegung dargestellt) der Schwingspule im Luftspalt auftreten. Dieses nichtlineare Verhalten der Induktionskomponente verursacht die im Kapitel "Nachbearbeitungsprogramme" beschriebenen nichtlinearen Verzerrungen. Bei der Nachbearbeitung wýhlt der Anwender die Schwingspulengeometrie und die Schwingungsamplitude der Spule. Es wird angenommen, dass ein sinusfþrmiges elektrisches Eingangssignal mit einer Frequenz von 100 Hz an die Anschlÿsse der Schwingspule angelegt wird. Die entsprechende auf die Schwingspule wirkende Kraft kann auf Grund der nichtlinearen Induktionskomponente stark vom sinusfþrmigen Verlauf abweichen. Abbildung 5 zeigt ein Beispiel fÿr eine derartige Nachbearbeitungsuntersuchung. Rechts oben ist eine Periode des ursprÿnglichen elektrischen Sinussignals sowie die 10 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE daraus resultierende, auf die Schwingspule wirkende Kraft dargestellt. Starke Abweichungen vom idealen sinusfþrmigen Schwingungsverlauf sind deutlich erkennbar. Diese Verzerrung kann durch eine diskrete Fourier-Transformation des verzerrten Signals quantifiziert werden. Das resultierende Amplitudenspektrum ist in Abbildung 5 unten dargestellt. Die Spitze bei 100 Hz entspricht der Grundfrequenz. Das Spektrum ist normiert, so dass die Amplitudenkomponente bei 100 Hz einen Wert von Null Dezibel annimmt. In Abbildung 5 sind nichtlineare Komponenten bis zur 50. Ordnung aufgetragen. Die Klirrfaktoren k2, k3 und THD+N werden ebenfalls berechnet und in Abbildung 5 angegeben. Da es sich bei dieser Software um eine Eigenentwicklung handelt, kann sie leicht an besondere Gegebenheiten angepasst werden und wird daher regelmýûig im Zuge der Entwicklung elektrodynamischer Wandler zur Optimierung der Auslegung eingesetzt. Durch den Einsatz dieser Werkzeuge ist es mþglich, noch nýher an die physikalischen Grenzen heran zu kommen. Abb. 5. Bestimmung des Klirrfaktors bei gegebener Schwingspulenposition und Amplitude der Schwingspulenbewegung. Ungeradzahlige Harmonische liefern dazu einen grþûeren Beitrag als die geradzahligen Harmonischen. 11 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE MECHANOAKUSTISCHE BERECHNUNGEN Die Bestimmung der optimalen Membranform ist ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung eines dynamischen Wandlers. Eine Mþglichkeit dazu ist der Bau physischer Muster. Zur Messung eines echten Wandlers muss der Entwickler den Wandler zusammenbauen und die Messungen durchfÿhren. Dies ist ein sehr zeit- und kostenintensiver Vorgang. Eine andere Mþglichkeit der Optimierung sind FEM/BEM-Simulationen. Sowohl die finite Elementemethode (FEM) als auch die Randelemente-Methode (BEM) sind geeignete numerische Werkzeuge zur Berechnung des Verhaltens von Membranen [3]. Die FEM ist ein Werkzeug zur Lþsung der Bewegungsgleichung. Dazu wird die mechanische Struktur in Elemente finiter Lýnge unterteilt. Mit der BEM ist es mþglich, die mechanische Struktur an das Umgebungsmedium (im vorliegenden Fall Luft) anzukoppeln. Hierbei muss die von der Helmholtzschen Gleichung abgeleitete akustische Wellengleichung gelþst werden. Zur úberprÿfung der Simulationen ist es jedoch immer noch von Vorteil, die echten Prototypen zu messen. In der Praxis fÿhrt die Kombination aus Messung und Berechnung der Membranbewegung zu optimierten Simulationsmodellen. Eine typische Entwicklung eines numerischen FEM/BEM-Modells umfasst vier verschiedene Simulationen, die im folgenden beschrieben werden. Nach einem kurzen úberblick ÿber die grundlegenden Schritte wird auf nichtlineare und gekoppelte FEM/BEM-Analysen eingegangen. Strukturmechanische Modelle Hierbei wird die FEM zur Berechnung der Eigenfrequenzen und Eigenmoden von Membranen im Vakuum eingesetzt. Auf der Grundlage vereinfachter Konstruktionszeichnungen werden finite Elemente-Netze mit Scalenellementen in der Membran generiert. Abbildung 6 zeigt ein typisches Netz. Abb. 6. Typisches FEM-Netz einer Membran mit Schwingspule 12 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Es werden sowohl die Membran selbst als auch die Schwingspule modelliert. Die entsprechenden Materialparameter, z.B. der Elastizitýtsmodul, werden aus Lehrbÿchern entnommen oder durch spezielle Messungen ermittelt. Am interessantesten sind die ersten niedrigeren Moden. Abbildung 7 zeigt durch finite Elemente-Simulationen erhaltene typische Modenformen. Abb. 7. Kolbenmodus und Schaukelmodus Die erste, als Kolbenmodus bezeichnete, Modenform wird hauptsýchlich zur Kalibrierung des FEM-Modells auf der Basis von Messungen der Hauptresonanz im Vakuum eingesetzt. Erzwungene Antwort Abb. 8. Verdrüngtes Volumen als Funktion der Frequenz 13 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Zur Berechnung des Verhaltens der Membran im Frequenzbereich wurde das oben beschriebene Modell durch Einbeziehung der auf die Schwingspule wirkenden mechanischen Krýfte erweitert. In diesem Fall wirkt die Membran als Lautsprecher. Dieses Modell kann als Vorstudie fÿr Berechnungen mittels eines voll gekoppelten Modells der Wechselwirkung zwischen einem Gas und einer Struktur angesehen werden. Das verdrýngte Volumen dient typischerweise zur Charakterisierung der Membran (siehe Abbildung 8). Nichtlineare statische Analyse Heute ist es eines der typischen Entwicklungsziele, auch noch das letzte dB herauszuquetschen. Daher kommt es darauf an, Lautsprechermembranen zu groûen Auslenkungen zu bewegen. Messungen zeigen jedoch, dass auf Grund des mechanischen Verhaltens der Membran die akustische Qualitýt nur bis zu einer bestimmten Amplitude ausreichend ist. Es wird daher zur Berechnung des nichtlinearen Kraft-Verschiebungsverhaltens in beiden Bewegungsrichtungen der Membran eine geometrisch nichtlineare statische Analyse durchgefÿhrt. Abb. 9. Nichtlineare Kraft-Verschiebungskurve und "Current StiffnessParameter" einer Wandlermembran 14 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Abb. 10. Nichlineare Kraft-Veschiebungskurve Steifigkeits-Matrix" einer Wandlermembran und "Determinante der Auf Grund des nichtlinearen Verhaltens der Struktur sind in beiden Richtungen Stabilitýtspunkte bei Bifurkation und Durchbiegung vorhanden. Der "Current Stiffness Parameter" und das "Determinantenkriterium" dienen zur Bestimmung dieser Stabilitýtspunkte. Abbildung 9 bzw. 10 zeigen die berechnete Kurve des "Current Stiffness Parameter" bzw. der "Determinante der Steifigkeits-Matrix" ÿber dem Lastfaktor. Die durchgezogene Linie stellt die Verschiebung dar, die strichlierten Linien entsprechen den Steifigkeitsparametern. 15 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Die Singularitýt des "Current Stiffness Parameter" in Abbildung 9 weist auf eine Bifurkation hin, wie sie in Abbildung 11 dargestellt ist. Der steile Abfall der Determinante in Abbildung 10 bei negativer Verschiebung weist auf ein Durchschlagen hin (siehe Abb. 12). Diese Effekte setzen die Grenzen fÿr die maximale Auslenkung der Wandlermembran. Abb. 11. Modenform bei Gabelung Abb. 12. Modenform bei Durchschlagen 16 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Gekoppelte Struktur/Strþmungs-Analyse Fÿr die Entwicklung eines Kopfhþrers wie des K 240 Studio kann das Schallfeld innerhalb des Kopfhþrers mit der Methode der voll gekoppelten Fluid/StrukturWechselwirkung berechnet werden. Die Membran und Schwingspule werden mit Schalen-Elementen bzw. Volumen-Elementen modelliert, wýhrend die schallharten Oberflýchen durch entsprechende Randbedingungen dargestellt werden. Aufbauend auf den vorgestellten numerischen Modellen wird ein Randelemente (BE)Netz auf das finite Elemente (FE)-Netz abgebildet. Eine voll gekoppelte FEM/BEMAnalyse berÿcksichtigt die Wechselwirkung zwischen der mechanischen Struktur (der Membran) und dem umgebenden Medium (Luft). Dies ist zur Lþsung der auf der Helmholtz-Gleichung basierenden akustischen Wellengleichung erforderlich. In der oben beschriebenen Weise wurde ein vorlýufiges Modell des Kopfhþrers K 240 Studio entwickelt, wobei die Membran vereinfacht als ebene, von einer Kraft mit konstanter Flýchendichte angetriebene Scheibe dargestellt wurde. Undichtigkeiten werden durch einen um den Ohrpolster umlaufenden schmalen Schlitz berÿcksichtigt. Komplexere Undichtigkeitselemente, die auch die Viskositýt der Luft berÿcksichtigen, werden in naher Zukunft eingesetzt werden. Viskositýts Abb. 13. Berechnete Schalldruckergebnisse innerhalb des Kopfhþrervolumens bei 4210 Hertz 17 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Abb. 14. Berechnete Schalldruckergebnisse innerhalb des Kopfhþrervolumens bei 10870 Hertz Abb. 13 und 14 zeigen die Schalldruckverteilung im Volumen vor der Ohrmuschel bei 4210 Hz bzw. 10870 Hz. Dieses Modell wurde als 3D-Modell berechnet. Zur besseren úbersichtlichkeit der Ergebnisse wurde in Abb. 13 und 14 je ein Viertel des Kopfhþrermodells weggelassen. Aus diesen und anderen Darstellungen ist eine ungleichmýûige Schalldruckverteilung bei Frequenzen oberhalb 2 kHz erkennbar. Dies bedeutet, dass bei Frequenzen ÿber 2 kHz zur Erzielung verlýsslicher Ergebnisse numerische Simulationswerkzeuge mit verteilten Elementen eingesetzt werden mÿssen. 18 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE OPTISCHE MESSUNGEN Zur úberprÿfung der Ergebnisse der Simulationen und Berechnungen ist eine Untersuchung des tatsýchlichen Verhaltens des Wandlers mit einem Laser-Vibrometer sehr hilfreich. Dabei handelt es sich um ein computergesteuertes Gerýt, das in der Lage ist, die Geschwindigkeit schwingender Strukturen an vorher festgelegten Punkten zu messen. ˜ LASER Source Signal Data Position Control System,User Interface Abb. 15. Blockdiagramm des Laser-Vibrometers Das Laser-Vibrometer ist zwar ein sehr vielseitiges Instrument, im folgenden soll jedoch nur auf jene Mþglichkeiten eingegangen werden, die fÿr die Analyse dynamischer Wandler von Vorteil sind. Das Grundprinzip ist einfach zu verstehen. Der Wandler wird durch ein wýhlbares Quellsignal erregt, ein Laserstrahl misst nach dem Prinzip des Michelson-Morley-Interferometers die mechanische Geschwindigkeit an bestimmten Punkten auf der Oberflýche des schwingenden Wandlers. Bevor eine Messung durchgefÿhrt werden kann, mÿssen die Messpunkte festgelegt werden. Diese Punkte befinden sich auf einem anwenderdefinierten Gitter, das auf die zu beobachtende Struktur projiziert wird. Beispiele fÿr solche Gitter sind in Abbildung 16 zu sehen. Wýhrend der Messung wird der Wandler vom Laser genau an diesen Punkten abgetastet, und zwar an einem Punkt nach dem anderen. 19 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Abb. 16. Mþgliche Gitter Messung des Frequenzgangs Nach der Festlegung eines Gitters ist es mþglich, den Frequenzgang zu analysieren. Dazu wird ein Signal, das alle Frequenzen des gewÿnschten Bereichs enthýlt, an den Wandler angelegt. Der Schalldruckpegel ist proportional zur Beschleunigung des Wandlers und Abbildung 17 zeigt die ÿber alle Gitterpunkte gemittelte durchschnittliche Beschleunigung. Dies ist eine gute Nýherung an den Amplitudenfrequenzgang. Die Beobachtung des Frequenzgangs an willkÿrlich gewýhlten Punkten ist ebenfalls mþglich. Dies ist in Abbildung 18 dargestellt, welche die Verschiebung an vier Kreuzungslinien zeigt. Abb. 17. Mittlere Beschleunigung einer Wandleroberflüche 20 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Abb. 18. Verschiebung an vier Kreuzungslinien Modalanalyse In Abbildung 17 sind manche Frequenzbereiche durch graue Spalten markiert. Durch die Wahl einer Frequenz kann das Verhalten bei dieser speziellen Frequenz beobachtet werden. Spitzen im Frequenzgang werden durch den Computer automatisch erkannt, der Anwender hat auch die Mþglichkeit, bestimmte Bereiche einzustellen. Intensitýtsspitzen sind fÿr den Akustikentwickler sehr interessant, da sie (meist stþrende) Resonanzen anzeigen. Die beiden bevorzugten Methoden zur Analyse dieser Moden sind "Isolinien" und "3D", wie in Abbildung 19 dargestellt. Die Messungen kþnnen aber auch als AVI-Videodatei gespeichert werden, um den gesamten Bewegungszyklus sehen zu kþnnen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Laser-Vibrometer hilft, stþrende Effekte im Verhalten eines Wandlers zu erkennen. Wird ein solcher unerwÿnschter Effekt bereits im Entwicklungsstdium erkannt, kþnnen sehr wirksame Gegenmaûnahmen ergriffen werden. 21 DR. MARTIN OPITZ MODERNE ENTWICKLUNGSWERKZEUGE Abb. 19. Isolinien- und 3D-Diagramm eines Wandlermodus ZUSAMMENFASSUNG Es wurden drei Werkzeuge fÿr die Entwicklung elektrodynamischer Wandler vorgestellt. Magnetfeldberechnungen, mechanoakustische FEM/BEMBerechnungen und laservibrometrische Messungen helfen dem Entwickler, das Verhalten des Wandlers und des Schallfelds innerhalb und in der Umgebung des Wandlers vorherzusagen und zu analysieren. Mit diesen Methoden kþnnen die F&E-Kosten weiter minimiert werden, da anstelle echter Funktionsmuster lediglich Computermodelle erstellt werden mÿssen. Darÿber hinaus ermþglichen es numerische Modelle, den Einfluss einzelner Parameter zu erkennen, was mit einer Reihe von Prototypen nur schwer realisierbar ist. Besonderes Augenmerk wurde auf nichtlineare Effekte bei groûen Auslenkungen gelegt. Obwohl die Simulationen eine gute Nýherung an das tatsýchliche Verhalten darstellen, wird es in Zukunft darum gehen, diese Methoden auf effizientere Weise zu kombinieren. So kþnnten beispielsweise die Magnetfeldberechnungen bei den Randelemente-Simulationen berÿcksichtigt werden, um bereits am Beginn der Entwicklungsarbeit noch nýher an die Realitýt heranzukommen. Literatur [1] Klippel, W. “Dynamic Measurement and Interpretation of Nonlinear Parameters of Electrodynamic Loudspeakers” J. AES, Vol 38, No. 12, December 1990 [2] Cermak, I., Silvester P. “Boundary-Relaxation Analysis of Rotationally Symmetric Electric Field Problems” IEEE Transaction on Power Apparatus and Systems, VOL. PAS-89, No. 5/6, May/June 1970 [3] Opitz, M., Svobodnik. A. “Elasto-acoustic simulations of microphone diaphragms” Proc. of NAFEMS-Seminar on Computational Acoustics, Wiesbaden, 10.-11. Nov 1999 22