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SEBASTIAN RING
FREIER JOURNALIST
Staufenstraße 21 • D-83278 Traunstein
Tel: +49 (0)861 9096382 • E-Mail: [email protected]
Making of a snowboard movie
Echt simple!
von Sebastian Ring
Die Digitalvideografie hat das Filmemachen demokratisiert. Für wenig Geld kann
jeder einen Movie drehen, schneiden und auf seiner Website veröffentlichen. Die
jungen Filmemacher von 2nd Unit sind diesen Weg gegangen und stellen jetzt sogar
ihre erste DVD in die Läden. SNOW hat die Entstehung dokumentiert und zeigt auch,
wie die Snowboardfirma Fanatic an ihr neues Promovideo herangegangen ist.
Prolog
Aufblende. Die Worte „A breathtaking action movie about blood, pain and honour“
erscheinen auf dem Bildschirm. Es folgen zwei Minuten unscharfes Shredden zu
ätherischem Downbeat und schließlich die Worte: „Just kidding, dude!“
Der Trailer zu Oklahoma, dem neuen Films von 2nd Unit Productions, zeigt: Die
Jungs haben Humor. Dass sie Snowboarden auch richtig scharf (und gut!) filmen
können, bewies schon ihr Erstling Simple. Im Oktober 2004 auf der eigenen Website
veröffentlicht, wurde der Film ohne Werbung 14.000-mal herunter geladen. Der
Nachfolger erscheint im Herbst 2005 als DVD.
Herz und Seele von 2nd Unit ist Felix Urbauer. Der 21-Jährige hat seine
Produktionsfirma ohne Ausbildung, aber mit viel Engagement gegründet. Das
langjährige Studium von Snowboardvideos veranlasste ihn vor drei Jahren, sich eine
Digital-8-Kamera zu kaufen, um seine Freunde beim Skaten und Snowboarden
aufzunehmen. Bald rüstete er mit einer Canon XM2 auf. Ein halbes Jahr, bevor
Simple herauskam, brach er die Fachoberschule ab: „Mir war klar, dass ich nur
filmen will“, sagt er heute. „Der Abbruch hat mir einen Riesenantrieb gegeben.“
Felix macht alles alleine: Konzept, Kamera, Schnitt, „ein bisschen diktatorisch“, wie
er zugibt. Er will die kreative Federführung behalten. Schon finanziell kann Felix 2nd
Unit nur alleine durchziehen – und ist glücklich damit: „Kein Tag ist wie der andere –
viele meiner Freunde sind dagegen völlig in ihrem Job gefangen. Ich mache weiter,
solange ich zu essen habe!“
Überblende zu Fanatic. Der Boardbauer macht mit Me, myself and I seinen dritten
Film, den ersten seit 1998. Der Film soll die Firmenphilosophie optimal vermitteln.
„Film verbindet Ton und Bild und war damit erste Wahl“, so Teammanager Jan
Sallawitz. Felix stimmt zu: „Ein Foto kann schön, ein Text witzig sein, aber Film ist
unschlagbar, wenn man einen Trick komplett zeigen will.“ Ergo: Filme sind das
wichtigste Medium im Snowboarden!
Erste Szene: Idee
2nd-Unit-Filme haben kein wirkliches Konzept. Sie zeigen Freunde, die eine
gemeinsame Idee vom Snowboarden haben und entertainen wollen. Es geht um das
Feeling, nicht um den spektakulärsten Trick. „Ich versuche immer zu überraschen“,
so Felix.
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Auch Jan will die Begeisterung am Snowboarden vermitteln: „Wir möchten unsere
Family-Idee rüberbingen.“ Felix ist mit seiner Anfrage um Unterstützung bei Fanatic
daher auf offene Ohren gestoßen – schon weil Fanatic-Rider Michi Zirngibl in den
2nd-Unit-Movies eine große Rolle spielt. So wurde Footage getauscht, 2nd Unit
lieferte den kompletten Zirngibl-Part für das Fanatic-Video und bekam dafür 16-mmFreeride-Footage vom schwedischen Fanatic-Rider Daniel Blomquist.
Fanatic und 2nd Unit wollen das „echte“, das Alltags-Snowboarden zeigen. „Wir
besetzen eine neue Nische“, glaubt Jan. „Es wird Zeit, dass der Spaß-Gedanke
wieder mehr ins Spiel kommt.“
Zweite Szene: Finanzierung
Die Planung für einen Snowboardfilm beginnt im Sommer, denn zunächst will er
finanziert sein. Konzept und anvisiertes Fahrer-Line-up sollte man bei der
Sponsorensuche detailliert darstellen und bisherige Arbeiten beilegen.
Aber es geht auch anders. „Wir haben erst im Januar 2005 die erste
Sponsorenzusage von Electric bekommen!“, erzählt Felix. Nach Simple hatte er zwei
Monate gebraucht, um herauszufinden, wie es weitergehen soll. DeeLuxe, Fanatic,
Bataleon, Light, Horsefeathers und Alptraum sind nun als Sponsoren dabei,
DirectShopper.de sorgte für technischen Support. „Wir mussten die Produktion billig
halten, ohne bei der Qualität Abstriche zu machen“, so Felix. Das heißt: Bei
Freunden übernachten, Kameras ausleihen, Liftkarten erbetteln...
Fanatic hatte es einfacher: Ein Teil des Marketingbudgets wurde im Juni 2004 für
den Film freigeschaufelt. Doch auch hier standen nicht unbegrenzt Mittel zur
Verfügung. Im Laufe der Produktion mussten Abstriche am ehrgeizigen Drehbuch
gemacht werden. „Geblieben sind zum Beispiel die 16-mm-Aufnahmen, denn die
Freeride-Bilder sollten wirklich anständig sein“, so Jan.
Dritte Szene: Fahrerauswahl
Alle 2nd-Unit-Rider sind Freunde aus dem Allgäu, die motiviert zum Filmen sind. In
Simple hatte Michi Zirngibl vier Tricks, jetzt einen Riesen-Part in Oklahoma. „Wer
sich reinhängt, wird auch viel gefilmt“, erzählt Felix. Dabei sind auch Elias Elhardt,
Friedl May und Kai Junghans.
Fanatic stellt die eigenen Teamfahrer vor: Neben Zirngibl und Blomqvist haben die
Schweizer Marco Ambühl und Thomas Wyden, der Österreicher Renilla Margreiter
sowie Atsufumi Mizuno, Tazawa Gori Yutaka und Makoto Takeuchi aus Japan ihre
Parts.
Vierte Szene: Location
2nd Unit steht mit beiden Füßen fest im Allgäu: Viele Szenen wurden in Oberstdorf
oder am Oberjoch gedreht. Auch Ausflüge ins Kaunertal und auf die Zugspitze hat
die Crew unternommen, dazu Trips nach Norwegen, Schweiz, USA, Russland und
Tschechien.
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Fanatic suchte eine Location, bei der man sich nicht viel bewegen musste:
Powderturns und Backcountry-Kicker nahe beieinander, auch der landschaftliche
Hintergrund sollte stimmen. Der Ort musste mit der Pistenraupe erreichbar sein und
noch im April schneesicher sein. Destination der Wahl: das Kaunertal.
Fünfte Szene: Produktion
Felix’ Tipp um kräftig Filmmeter zu produzieren: „Ergiebig ist immer ein Trip. Zuhause
ist es schwer, in die Puschen zu kommen.“ Vor dem Start checkt er das Wetter am
Zielort und kontaktiert Locals wegen der Übernachtung. Filmen ist Arbeit! „Um fünf
aufstehen, um halb acht am Berg stehen – bis zehn müssen die Pipe-Shots im
Kasten sein, solange das Licht passt und die Pipe hart ist“, so Felix – und grinst: „So
planmäßig geht es aber nicht immer zu.“ Besonders fleißig war er beim GeländerFilmen: Die Hälfte des Films besteht aus Rail Shots.
Fanatic musste zwei Monate im voraus drei Drehtage festlegen, um die Fahrer aus
Europa und Japan sowie den Filmer aus Hamburg zusammenzubringen. Dann hieß
es Daumen drücken – vergeblich. „Wir haben Pech gehabt“, erzählt Jan: „Es lag
super Schnee – nur konnte man ihn nicht sehen!“ Zwei Tage baute das 17-MannTeam immer wieder auf, ohne dass die Wolken verschwanden. Am dritten Tag
prophezeite der Wetterbericht „garantiert Sonne“: Zehn Stunden blieb die Crew auf
Stand-by im Nebel. Dann ein Stück blauer Himmel, den Kicker freigeschaufelt – und
der erste Fahrer segelte kopfüber in den jungfräulichen Tiefschnee. Der zweite
sprang über die Landung hinaus – Knie kaputt.
Jan: „Irgendwie bekamen wir an diesem Tag noch genug Footage zusammen. Wir
haben das Team noch im Studio gefilmt und uns viel Arbeit mit Schnitt und Grafik
gemacht.“
Sechste Szene: Schneideraum
Felix’ Schneideraum ist das eigene Schlafzimmer. Dort sammelt er im Laufe des
Winters sein Material auf Festplatten, ordnet es nach Themen wie Ridern, Stürzen
und Locations. 400 GB kamen 2005 zusammen: „Da geht schnell ein wichtiger Shot
verloren!“ Im Sommer machte er sich an den Schnitt und filmte letzte Intros – ohne
Storyboard, jeder Fahrer durfte seine Ideen einbringen.
Im Fanatic-Büro steht kein Schlafzimmer, aber das war nicht der einzige Grund,
warum man in den Schneideraum musste. Wegen der Vielzahl verschiedener
Formate (DV, HD und 16mm) war ein professioneller Cutter nötig. Beim nächsten
Film will Jan nun vorwiegend digital arbeiten und den Fahrern Kameras in die Hand
geben, damit sie sich gegenseitig filmen: „Es muss nicht High-end sein, die
Begeisterung am Snowboarden soll rüberkommen!“
Siebte Szene: Musikauswahl
Musik erzeugt Stimmung und steuert die Wirkung der Filmsequenzen. Die
Musikauswahl sollte man früh mit einem festgelegten Budget beginnen – zahlen
muss man an GEMA und Plattenfirmen. Mit denen muss man verhandeln, Verträge
machen – große Produktionen haben einen eigenen Mann für die Musik! Felix hat
auch dies selbst in die Hand genommen. Zu hören sind unter anderem Wir sind
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Helden, Alphaween, Beginner und Ugly Ducking – bei einem Budget von 5000 €.
„Man ist schnell bei 8000, wenn man nicht nach finanzierbaren Künstlern sucht,“
betont Felix.
Die Fanatic-Musik dagegen stammt aus einer Hand: Silenta, ein Nachwuchs-Musiker
ohne Plattenvertrag, hat seine Tracks GEMA-frei zur Verfügung gestellt und sogar
eigens Musik für den Film komponiert.
Neunte Szene: Vertrieb
Me, Myself & I ist über die Fanatic-Händler kostenlos zu beziehen. Der Hauptfilm ist
siebeneinhalb Minuten lang und der „Kern, der unser Image rüberbringt“, so Jan.
Dazu kommen acht kurze Stücke einzelner Fahrer. Jede Menge Features wie
„Snowboard-Herstellung“ oder ein Medley mit Anekdoten und Stürzen runden die
Sache ab.
Oklahoma wird im Laden und auf der 2nd-Unit-Website erhältlich sein. Die DVD ist
randvoll: Der Hauptfilm ist 40 Minuten lang, dazu kommt tonnenweise Bonusmaterial
wie ein Making of und Dokumentationen zu Nebenprojekten.
Bonus 1: Bails
2nd-Unit-Session am Söllereck, fünf Fahrer, perfekte Bedingungen – und von 37
Sprüngen gelingt exakt: keiner! „Es war verhext!“ flucht Felix. Auch eine verregnete
Woche in Norwegen, bei der das Auto kaputt ging, liegt ihm noch im Magen. „Beim
Erlernen der Filmerei ist es wichtig, alle Fehler möglichst früh zu machen, bevor es
wirklich um was geht – Staub auf der Linse, kein Film drin usw.“, mahnt Felix, und
fügt zur Beruhigung hinzu: „Es läuft viel schief, aber wenn man viel arbeitet, kommt
auch viel dabei raus.“
Jan: „Einmal hatten wir eine perfekte Powderline, Sonne, Neuschnee, ein first track in
einer schmalen Rinne, der Fahrer setzte perfekte Turns – und leider lief die Kamera
nicht!“
Bonus 2: Die perfekte Aufnahme
Für die perfekte Aufnahme müssen Technik, Licht, Kameraposition und Trick passen:
„Es gibt so viele Einflüsse, es ist zum Mäusemelken“, seufzt Jan.
Felix: „Der Fahrer muss sich wohlfühlen. Die Zusammensetzung ist wichtig, auch der
Schnitt und die Musik. Etwas Besonderes wird es oft, wenn einem beim Filmen der
Zufall in die Hände spielt.“
Jan: „Ich stelle mir eine Powderline im IMAX-Format vor, ein Sonnenaufgang in
Alaska... und der Fahrer zeigt noch ein paar Freestyle-Tricks im Gelände!“
Im Oktober finden mehrere „Oklahoma“-Release-Parties statt. Die aktuellen Termine
stehen auf www.2ndunit.de. Dort kann auch der Film bestellt werden (10 € inkl. Porto
und Sticker).
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Informationen zu „Me myself and I“ unter www.fanatic-snowboards.com.

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