januar - Advent-Verlag Lüneburg

Transcrição

januar - Advent-Verlag Lüneburg
JANUAR
Morgens: 1. Mose 1–3
Abends: Matthäus 1
SA 08.27 · SU 16.25 · KW 1
NEUJAHR
1
Dienstag
In Christus ist Gottes Gnade sichtbar geworden
– die Gnade, die allen Menschen Rettung bringt.
Titus 2,11 (Neue Genfer Übersetzung)
Wenn Stars aus der Musik- und Kinowelt unterwegs sind, ist der Andrang ihrer Fans riesig. Als der
­junge Sänger Justin Bieber eine Fete in Manhattan
gab, strömten Scharen seiner Fans in die Madison
­Avenue, um ihn aus der Nähe zu sehen. Es gab –
wie bei jungen Stars üblich – eine Menge Gekreische; einige kippten vor Ekstase um, und sogar Prominente standen Schlange, um Justin zu sehen.
Auch bei Jesus standen die Menschen Schlange – meistens, um von ihm geheilt zu werden, aber
häufig auch, um ihn zu sehen. Vom Zolleinnehmer
Zachäus heißt es, dass er Jesus so sehr zu sehen
begehrte, dass er auf einen Baum kletterte, weil er
klein von Gestalt war (Lk 19,2–4). Ein anderes Mal
trat eine Gruppe von Griechen an die Jünger heran
mit der Bitte, Jesus sehen zu dürfen (Joh 12,21).
Was war das Anziehende an Jesus, dass so ­viele
Menschen seine Nähe suchten? Eine Antwort auf
diese Frage enthält unser Andachtstext aus dem
Brief des Paulus an Titus: „In Christus ist Gottes
Gnade sichtbar geworden.“ Die Anziehungskraft,
die von Jesus ausging, rührte daher, dass er den
Menschen das Wesen seines Vaters im Himmel
­zeigte.
Gott, „den kein Mensch gesehen hat noch sehen
kann“ (1 Tim 6,15), wurde durch seinen Mensch
gewordenen Sohn Jesus Christus sichtbar, hörbar
und anfassbar. Damit korrigierte er die falschen
Gottesvorstellungen, die sein Gegenspieler Satan
wie Unkraut in das Herz der Menschen durch die
Jahrhunderte gesät hatte – und noch heute sät.
Wenn du das Wesen Gottes, seine Heiligkeit
und Liebe, seine Gradlinigkeit und Barmherzigkeit,
seine Gerechtigkeit und Gnade (unverdiente Güte)
besser kennenlernen willst, dann gibt es dafür keine Alternative: Befasse dich möglichst täglich und
so intensiv, wie du nur kannst, mit Jesus Christus,
seinem Wesen, seinen Worten, seinem Wirken, seinen Plänen, seinem Willen. Dann wirst du – wie
die Menschen, die ihm damals begegneten – seine Anziehungskraft spüren und die verändernde
Macht seiner Liebe erleben.
„In Christus ist Gottes Gnade sichtbar geworden“ – das ist ein gutes Leitwort (Jahreslosung) für
ein neues Jahr unter dem Rettungsschirm Gottes!
Elí Diez-Prida
JANUAR
Morgens: 1. Mose 4–6
Abends: Matthäus 2
SA 08.27 · SU 16.26 · KW 1
2
Mittwoch
Ich bitte Gott, auf den sich unsere Hoffnung
gründet, dass er euch in eurem Glauben mit
aller Freude und allem Frieden erfüllt, damit
eure Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes immer stärker und unerschütterlicher wird.
Römer 15,13 (Gute Nachricht Bibel)
Es war im Jahr 1968, wenige Monate nach dem
gewaltsamen Einmarsch sowjetischer Truppen in
die damalige Tschechoslowakei. Der Prager Frühling hatte dadurch ein brutales Ende gefunden.
Während eines volkstümlichen Konzertes sang eine
Sängerin in Prag: „Morgen, morgen lacht uns wieder das Glück.“ Eine Welle der Begeisterung erfasste die Zuhörer. Man stand auf, stieg auf die Sitze,
klatschte und sang mit. Ein Funke der Hoffnung
riss die Menge mit.
Menschliches Hoffen ist auf ein besseres Morgen ausgerichtet. Ohne Hoffnung kann man das
Leben nicht ertragen. „Morgen lacht uns wieder
das Glück!“ Lacht es uns wirklich? Oder trifft eher
der Spruch zu: „Hoffen und Harren hält manchen
zum Narren“? Ein russisches Sprichwort sagt: „Das
Befürchtete tritt eher ein als das Erhoffte.“
Es fällt auf, dass die Bibel von Hoffnung immer
in der Einzahl spricht. Damit meint das Wort Gottes
nicht eine unsichere, unbestimmte Zukunftserwartung. Überhaupt bezieht sich die biblische Hoffnung
nicht ausschließlich auf die Zukunft. Wollte man
sie grafisch darstellen, müsste man dafür wohl eine
Ellipse nehmen: Der eine Brennpunkt liegt in der
von Gott verheißenen Zukunft, der andere in der
Gegenwart. Christliche Hoffnung beruht auf der
Gewissheit der Verheißung Jesu „Ich komme bald!“
(Offb 22,20), aber genauso auf seinem Versprechen
„Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“
(Mt 28,20).
Am besten werden wir dem Auftrag unseres
Herrn gerecht, wenn wir unseren Mitmenschen
beides bezeugen: die Freude darüber, dass Jesus
in unserem Leben gegenwärtig ist und er uns im
Ablauf des heutigen Tages beisteht – ob im Beruf
oder beim Lernen, in der Familie oder in der Freizeit – und die Hoffnung auf seine Rückkehr, die uns
beflügelt, wenn uns die Arbeit oder die Sorgen zu
erdrücken drohen.
Die Art und Weise, wie wir am heutigen Tag
unseren Mitmenschen begegnen, kann bei ihnen
Interesse wecken, mehr über die Hoffnung zu erfahManfred Böttcher
ren, die uns erfüllt. JANUAR
Morgens: 1. Mose 7–9
Abends: Matthäus 3
SA 08.26 · SU 16.27 · KW 1
3
Donnerstag
Unser Gott ist im Himmel; er kann schaffen, was
Psalm 115,3
er will. Plötzlich kam mir dieser Satz in den Sinn und er
begleitete mich über Tage und Wochen in der
­Klinik. Zunächst hatte ich Mühe, ihn in der Bibel
zu finden, denn dort hatte ich keine Konkordanz.
Schließlich fand ich ihn in Psalm 115. Ich wollte
wissen, was der Verfasser damit sagen wollte – und
ob er auch mir galt. Dem Dichter ging es offenbar
darum, dass Gott von allen geehrt wird, weil er treu
und gnädig ist (V. 1).
Diesen Gott brauchte ich in meiner Lage. Würde
er mich bald wieder genesen lassen, die Komplikationen nach der Operation beseitigen, vielleicht ein
kleines Wunder für mich tun? „Er kann schaffen,
was er will.“ Da stand es – schwarz auf weiß, sogar
in Fettdruck! Doch warum tat er es nicht? Warum
vergingen die Tage ohne erkennbaren Fortschritt?
Wie gern hätte ich den Ärzten bezeugt, dass es
Gott war, der mich geheilt hatte, dass es nicht egal
ist, ob jemand an ihn glaubt oder nicht, und dass
Beten tatsächlich hilft.
So aber spürte ich keinen Unterschied zwischen
mir und Anderen, die nichts von Gott erwarten.
Wenn Gott nicht helfend eingreift, geraten Gläubige leicht in Erklärungsnot. „Wo ist denn ihr Gott?“,
fragten die Heiden schon damals (V. 2). Dass die
Verehrung toter Götzen nichts bringt, davon wusste der Psalmdichter buchstäblich ein Lied zu singen
(V. 4–8). Deshalb rief er dazu auf, Gott zu vertrauen. Dreimal bezeugte er, dass Gott, der HERR, „Hilfe
und Schild“ ist (V. 9–11).
Die Götterbilder der Heiden sind alle kraftlos,
ein Spiegelbild derer, die sie angefertigt haben.
„Unser Gott“ dagegen ist „im Himmel“. Der Schöpfer des Universums kann in der Tat „schaffen, was
er will“. Leben und Tod, Krankheit und Genesung,
Glück und Unglück, Erfolg und Misserfolg – nichts
geschieht, das er nicht zumindest geschehen lässt.
Das war der Glaube unserer Väter – und es ist auch
mein Glaube. Gerade deshalb kam ich ja ins Grübeln.
„Unser Gott ist im Himmel, er kann schaffen,
was er will.“ Nur – was will er?, fragte ich mich.
Gewiss will er mir helfen, aber auf welche Weise?
Wie ich es gern hätte oder wie es ihm gefällt? Sollte
ich um Genesung beten oder vielmehr darum, dass
sein Wille geschieht und ich ihn bejahen konnte?
Mir wurde klar, dass alles darauf ankam, ob ich
diesem Gott vertraue oder nicht. Im Vertrauen auf
seine Gnade und Treue (V. 1) fand ich inneren FrieRolf J. Pöhler
den – trotz aller offenen Fragen. JANUAR
Morgens: 1. Mose 10–13
Abends: Matthäus 4
SA 08.26 · SU 16.28 · KW 1
4
Freitag
„Ja, du, HERR, bist meine Leuchte; der HERR
macht meine Finsternis licht. Denn mit dir kann
ich Kriegsvolk zerschlagen und mit meinem Gott
2. Samuel 22,29–30
über Mauern springen.“ Meine Kollegin war völlig frustriert. Der neue Firmenchef behandelte sie schlecht, schätzte ihre langjährige Erfahrung nicht, wollte sie loswerden. Ihr
Selbstwert sackte in den Keller. Am liebsten wollte
sie kündigen. „Such dir doch eine neue Stelle!“, riet
ich ihr. „Aber in meinem Alter bekomme ich doch
keinen Job mehr!“ „Gott kann alles!“ Ich werde
unser Gespräch nie vergessen! Eine Woche danach
bekam sie einen unerwarteten Anruf: ein Jobangebot ohne eine Bewerbung! Sie nahm es an. Die letzten Berufsjahre wurden ihre schönsten. Inzwischen
ist sie pensioniert und immer noch dankbar für
­diese Erfahrung.
„In München bekommst du leichter einen Job
als eine Wohnung.“ Mein Cousin Walter kennt
sich aus, er arbeitet im Immobiliengewerbe. Außerdem ist es allgemein bekannt, dass es in München
kaum (erschwingliche) Wohnungen gibt. Einen Job
hat mir Gott schon besorgt. Der erste Versuch hat
geklappt, obwohl laut Spiegel nur 3,9 Prozent der
Arbeitnehmer in meinem Alter überhaupt noch
eine Arbeit finden.
Nun fehlte noch ein „Wohnungswunder“, denn
an einem Freitag im Januar musste ich das Zimmer
räumen, in dem ich mich für eine Übergangszeit
eingemietet hatte. Ich erfuhr die Nachricht so kurzfristig, dass ich nicht rechtzeitig mit der Wohnungssuche beginnen konnte. Am Mittwoch recherchierte
ich im Internet, für Donnerstagvormittag vereinbarte ich einen Besichtigungstermin. Die Maklerin
wusste, dass ich einen Tag später ohne Wohnung
dastehen würde, und vereinbarte mit den Vermietern noch am selben Abend die Vertragsunterzeichnung. Exakt am Freitagmorgen konnte ich einziehen! Alles passt ideal, und mit der U-Bahn bin ich
in 15 Minuten an meinem Arbeitsplatz!
„Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen!“ Wie oft erlebe ich das, gerade im Alltag! Es
kostet ihn keine Mühe, das Unmögliche möglich zu
­ bamamachen. In Abwandlung des berühmten O
Zitats „Yes, we can!“ kann ich nur sagen: „Yes, He
can!“ („Ja, er kann!“) Gott erfüllt nicht automatisch alle meine Wünsche, und natürlich gibt es
auch schwierige Zeiten. Aber ich darf ihm zutrauen, dass er alles kann!
So gehe ich auch in diesen Tag mit diesem großen Gott an meiner Seite und bin gespannt, was
ich heute mit ihm erlebe! Heidemarie Klingeberg
JANUAR
Morgens: 1. Mose 14.15
Abends: Matthäus 5
SA 08.26 · SU 16.29 · KW 1
5
Sabbat
Wer Asche hütet, den hat sein Herz getäuscht
und betört, sodass er sein Leben nicht erretten
und nicht zu sich sagen wird: Ist das nicht Trug,
Jesaja 44,20
woran meine Rechte sich hält? Es war damals eine Zeit, in der der Glaube an den
lebendigen Gott in Israel nur noch auf kleiner
Flamme brannte. Die Menschen hatten sich Götzenbilder angefertigt, verehrten diese und riefen sie
um Hilfe an.
Jesaja versuchte, ihnen die Augen zu öffnen,
indem er sie fragte, warum sie vor einem Holzklotz
niederknieten. Den einen Teil des Baumes nahmen
sie als Brennholz, um Essen zu kochen oder sich zu
wärmen, den anderen Teil schnitzten sie zu einem
Gottesbild, knieten vor ihm nieder und flehten es
an: „Errette mich, denn du bist mein Gott!“
„Was für ein Widersinn! Leute, seht doch ein,
dass ein Holzklotz euch nicht helfen kann!“, rief
Jesaja. Doch er redete gegen die Wand; seine Worte
trafen auf taube Ohren. Die Menschen sahen nicht
ein, dass alles nur Trug und Täuschung war, wo­
rauf sie sich verließen. Sie begriffen nicht, dass ein
Stück Holz ihnen nicht helfen, ihr Leben nicht retten konnte.
Wir mögen heute über diese primitiven Vorstellungen lächeln. Dabei klammern auch wir uns an
Holz, Stein, Metall und Plastik, um glücklich zu werden. Manche von uns verbringen mehr Zeit mit dem
Computer als mit dem Wort Gottes, chatten länger
mit Leuten im Internet als wir mit Jesus sprechen,
investieren mehr in unsere Hobbys als in unsere
Beziehung zu Gott, werfen mehr in den Rachen der
Kosmetikindustrie als in den Gabenbeutel oder beugen sich den Vorschriften der Modegöttin eher als
dem Willen Gottes. Das alles kann uns nicht retten,
kann uns kein Leben geben. Wer meint, das würde
ihn glücklich machen, der täuscht sich selbst. Der
hütet nur Asche, wie Jesaja sagen würde.
So würde er heute auch zu uns predigen. Und
wahrscheinlich würden wir nicht viel anders
reagieren als die Menschen damals: Die einen mit
grimmiger Zufriedenheit, weil endlich jemand die
Wahrheit sagt, die anderen empört, weil sie sich auf
den Schlips getreten fühlen, und manche würden
sagen: „Vielen Dank für solche Predigten!“
Doch, was ist mit unserem Glauben, unserer Liebe zu Gott, unserer Hoffnung? Hüten auch wir nur
noch Asche? Das sind Fragen, die uns zum Nachdenken anregen und uns helfen sollen und können,
umzukehren und dieses Feuer des Glaubens in uns
Siegfried Wittwer
wieder neu zu entfachen. JANUAR
Morgens: 1. Mose 16–17
Abends: Matthäus 6,1–18
SA 08.26 · SU 16.31 · KW 2
6
Sonntag
Es kann niemand zu mir [Jesus] kommen, es sei
denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat,
und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten
Johannes 6,44
Tage. Schnacks sagt man in Hamburg dazu, Sprüche. Es
gibt sie wohl in jeder Familie. Sie begleiten einen
wie ein Motto. Zum Thema Brautschau wusste
mein Großvater – ein gottesfürchtiger Patriarch –
diesen Schnack: „Ein Frauenhaar zieht stärker als
ein Mastsegel!“ Er und ich mochten dieses eine
Mädchen, noch bevor es mich mochte. Und Großvater half mir, indem er mir seinen Mercedes lieh.
Das war für ihn Ehrensache. Es half!
Wie ist das, wenn wir etwas attraktiv finden – in
der Liebe, in der Kunst, in der Technik? Attraktiv,
das bedeutet, man wird davon angezogen. Es zieht
uns dahin und wir können kaum sagen, ob von
unserer oder der anderen Seite gezogen wird.
Jesus aber lüftete das Geheimnis, wenn es um
Gott geht. Er sagt: Gott zieht. Das Wort, das die
Bibel hier verwendet, wird an anderen Stellen mit
„schleppen“ übersetzt (z. B. als die Jünger das Netz
ins Boot hievten). Gott gibt sich also ganz schöne
Mühe um mich. Und wenn ich ehrlich mein geistliches Leben betrachte, dann glaube ich, dass er hier
und da ganz schönen „Muskelkater“ bekommt.
Wie einen Verletzten am Seil, der selbst nicht
mithelfen kann, zieht und hievt Gott mich in
Sicherheit. Das ist etwas ganz anderes als das religiöse Bemühen, sich das Gefallen Gottes zu verdienen. Da zieht man dann in die falsche Richtung.
Jesus schiebt hier einen Riegel vor, indem er kategorisch sagt: „Es kann niemand zu mir kommen,
es sei denn …“ Erstaunlich, dass wir es doch immer
wieder versuchen.
Jesus – und das war schon immer so – ist „anziehend“. Wie ein Magnet. Gott bemüht sich auch
heute um mich, mit viel Geduld und harter Arbeit.
So sehr liebt er mich. Anscheinend findet er mich
attraktiv, anziehend. Dabei geht es nicht um ein
Ziehen mit Zwang, sondern um das Ziehen der Liebe, die wie ein unsichtbares Band zwischen ihm
und mir besteht. Er möchte einfach, dass ich das
Leben mit ihm entdecke.
Und wie genau zieht er? Indem er uns in Jesus
gezeigt hat, wie anziehend und liebevoll er ist.
Über die Anziehungskraft seines Opfers sagte Jesus:
„Wenn ich am Kreuz aufgerichtet bin, werde ich
alle zu mir ziehen.“ (Joh 12,32 NLB)
Wer sich wirklich auf Jesus einlässt, der wird
bald merken: Er zieht stärker als ein Mastsegel!
Dennis Meier
JANUAR
Morgens: 1. Mose 18–19
Abends: Matthäus 6,19–34
SA 08.25 · SU 16.32 · KW 2
7
Montag
Ihr Menschen, vertraut ihm jederzeit, und schüttet euer Herz bei ihm aus!
Psalm 62,9a (Hoffnung für alle)
Mein Patenkind Salome (sie ist inzwischen drei Jahre alt) fragt ihre Mutter mehrmals am Tag nach
mir. Das hat sie schon gemacht, als sie gerade erst
sprechen lernte: „Berner? Tottesdienst?“ Insbesondere, wenn wir einen Sabbat nicht im Hausgottesdienst zusammen waren, fragte sie nach mir.
Ihre Mutter hatte bei den vielen Fragen irgendwann die Idee, bei mir im Büro anzurufen, damit
Salome mich wenigstens hören konnte. Sie erzählte mir dann, was sie gerade alles erlebt hatte, und
zeigte mir auch etwas, was ich ansehen sollte. Da
sie sehr schnell spricht und noch nicht alle Mitlaute aussprechen kann, verstand ich leider nicht
immer alles. Und was sie mir zeigen wollte, konnte
ich natürlich nicht sehen. Aber nach solch einem
Gespräch war meine Stimmung gestiegen und
­meine Lektoratsarbeit, die dauernde Konzentration
erfordert, ging wieder leichter von der Hand.
Das Verhalten von Salome ist für mich eine
gute Illustration dafür, wie man sein Herz bei Gott
„ausschütten“ kann, wie David es formulierte. Es
ist ein Zeichen eines lebendigen geistlichen Lebens
und einer engen Beziehung zu Gott, wenn wir den
Drang haben, ihn an unserem ganz alltäglichen
Leben teilhaben zu lassen.
In ihrem Klassiker über die Beziehung zu Christus schrieb Ellen White: „Um geistliches Leben und
geistliche Energie zu haben, müssen wir tatsächlich mit unserem himmlischen Vater reden … Wir
mögen über seine Werke, Barmherzigkeit und Segnungen nachdenken, aber das bedeutet nicht im
eigentlichen Sinne, mit ihm zu kommunizieren.
Um mit ihm vertraut zu verkehren, müssen wir ihm
etwas über unser tatsächliches Leben erzählen.“
(Steps to Christ, S. 93)
Das Wunderbare bei Gott ist: Er versteht alles,
was wir sagen (wollen), mag es noch so gestammelt
und sogar unausgesprochen sein. Er sieht auch
alles. Vor allem blickt er mit großem Wohlwollen
auf alle seine Kinder und hilft ihnen gern. Und
ich bin mir sicher, dass er sich sehr darüber freut,
wenn wir ihm erzählen, was uns gerade bewegt,
was wir (Positives oder Negatives) erleben oder was
uns Kummer und Sorgen macht. Wir können ihm
damit nicht zur Last fallen!
Möchtest du nicht gleich jetzt mal bei ihm
„anrufen“ und ihm einiges davon erzählen, was
Werner E. Lange
dich gerade bewegt? JANUAR
Morgens: 1. Mose 20–22
Abends: Matthäus 7
SA 08.25 · SU 16.33 · KW 2
8
Dienstag
Dabei wollen wir nicht nach links oder rechts
schauen, sondern allein auf Jesus. Er hat uns den
Glauben geschenkt und wird ihn bewahren, bis
wir am Ziel sind. Hebräer 12,2 (Hoffnung für alle)
Vor einigen Jahren machte ich in Afrika eine Bergwanderung auf den Mount Meru, einem Vulkan in
Tansania, 4562 Meter hoch. Ich hatte vorher viel
darüber gelesen und freute mich sehr auf diese
mehrtägige Tour. Mein Bergführer war ein erfahrener Mann. Er wies mich strikt an, alle seine Anweisungen zu befolgen. Vor allem sollte ich ganz, ganz
langsam hinter ihm her gehen – „Pole, pole!“, wie
man auf Suaheli dazu sagt.
Ich bin nun wahrlich kein Bergrenner, doch
was mein Guide mir da vorlegte, war selbst mir zu
langsam. „Sportlich“ zog ich an ihm vorbei den
Berg hinauf – stand aber dann plötzlich bis zu den
Knöcheln im Dreck, begegnete einem Büffel auf
dem Weg, wurde von Pavianen belästigt und war
komplett aus der Puste. Ich holte mir einen dicken
­Rüffel von ihm ein. Am nächsten Tag marschierte
ich langsam und brav hinter ihm her.
Als Christen sind wir es ja eigentlich gewohnt,
die Führung eines Überlegenen vertrauensvoll zu
akzeptieren. Dieses Vertrauen nennen wir Glaube.
Und dies funktioniert nur, wenn wir nichts überstürzen, wenn wir Geduld haben und unserem Leiter folgen – „pole, pole“. Viele Erfahrungen haben
mir auch klargemacht, dass mein Leben nur dann
gelingt, wenn ich den Ratschlägen von Jesus folge –
genauso, wie ich dann auch den Ratschlägen meines Wanderführers folgte. Zum Glück konnte ich –
trotz meiner Dummheit – weiterhin mit seinem Rat
und seiner Hilfe rechnen.
Den Gipfel des Berges habe ich bei dieser Tour
leider nicht erreicht; ich war unzureichend ausgerüstet. Dennoch war es ein unvergesslich schönes
Erlebnis. Jahre später wagte ich eine andere, noch
höhere Bergtour, diesmal auf den Kilimanjaro. Nun
hatte ich nicht nur darüber gelesen, ich hatte auch
monatelang vorher trainiert, mir die richtige Ausrüstung besorgt und mich auf langsames Gehen
eingestellt.
Was ich gelernt hatte, war: Geh langsam und
lasse deinen Führer nicht aus den Augen! Sei gut
vorbereitet, mach, was er dir sagt und du kommst
sicher ans Ziel. Diesmal schaffte ich es problemlos
bis zum Gipfel.
Ich wünsche jedem von uns, dass wir gut vorbereitet mit Jesus als unserem Leiter eines Tages an
unserem Ziel ankommen – auch wenn es uns oft
Beate Strobel
scheinbar zu langsam geht. JANUAR
Morgens: 1. Mose 23–24
Abends: Matthäus 8,1–17
SA 08.24 · SU 16.35 · KW 2
9
Mittwoch
Immer, wenn die Wolke sich erhob von der Wohnung, brachen die Israeliten auf, solange ihre
Wanderung währte. 2. Mose 40,36
„Morgenstund hat Gold im Mund“ und „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, sagt der Volksmund.
Also nichts wie rein in das Getümmel des Alltags!
Tasche, Jacke und Schlüssel hastig ergreifend, verlasse ich eilends das Haus. Der Blick gestern Abend
auf die heutigen Termine und zu erledigenden Aufgaben zeigte, dass ich keine Zeit zu verlieren habe.
Wie soll ich mir da noch den Luxus einer Andachtsund Gebetszeit leisten?
Viele erleben täglich diesen Stress. Das alte Wort
von Martin Luther „Wenn ich viel zu arbeiten habe,
nehme ich mir viel Zeit zum Beten“ hört sich wie
von einem anderen Planeten an. „Man muss doch
der Realität ins Auge schauen“, sagen viele. Welcher
denn? Gibt es eine Realität außerhalb von dem, was
für uns sichtbar und greifbar ist?
­ eformator,
Wie konnte solch ein erfolgreicher R
Volksführer und Stratege wie Mose ein ­Millionenvolk samt Habe und Tieren ins gelobte Land
­ anaan ohne GPS und Wettervorhersagen führen?
K
Unser Andachtswort liefert die Antwort: „Wenn sich
aber die Wolke nicht erhob, so zogen sie nicht weiter.“ (V. 37). Da hieß es, bei aller Ungeduld ruhig
zu bleiben. Selbst wenn die äußeren Umstände für
ein Aufbrechen sprachen, blieb das Volk, wo es war.
Aufzubrechen, ohne dass Gott vorweg zog,
wäre töricht gewesen. Bleiben, weil das Volk es
sich gemütlich eingerichtet hatte, kam auch nicht
in Frage, wenn die Wolke sich erhob. Wie oft mag
während der fast 40-jährigen Wüstenwanderung
die Frage in der Luft gelegen haben: „Mose, warum
ziehen wir nicht weiter?“ Immer blieb der erfolgreiche Führer konsequent, harrte geduldig aus und
fragte Gott nach dessen Weg.
Die Kunst erfolgreicher Christen scheint darin
zu liegen, ihr Leben in engem Kontakt mit Gott zu
gestalten – sich zu erheben, wenn Gott ein Zeichen
dazu gibt, und geduldig abzuwarten, wenn Gott es
nicht tut. Gewiss haben wir nicht mehr eine solche spektakuläre Wolke über unseren Wohnungen,
doch Gott will uns durch seinen Geist und sein
Wort leiten.
Soll ich mich heute Morgen wirklich mit Tasche
und Jacke unter dem Arm auf den Weg machen
und mich von meinem Terminkalender hetzen lassen? Oder will ich zuerst Gottes Nähe suchen und
ihn nach seinen Plänen fragen, bevor ich heute
wichtige Entscheidungen treffe oder meine AufgaRalf R. Eigenbrodt
ben anpacke? JANUAR
Morgens: 1. Mose 25–26
Abends: Matthäus 8,18–34
SA 08.24 · SU 16.36 · KW 2
10
Donnerstag
[Jesus sagte:] „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und
ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden
nimmermehr umkommen, und niemand wird
sie aus meiner Hand reißen.“ Johannes 10,27–28
Ich stand vor einer großen Operation. Ich lag in
einem Krankenhausbett und befand mich als Pastor zum ersten Mal auf „der anderen Seite“, also als
Patient. Oft hatte ich Kranke besucht, ihnen den
Glauben stärkende Worte gesagt und sie ermutigt,
auf Gottes Beistand zu vertrauen. Jetzt sagte ich
mir diese Worte selbst. Und das fühlte sich erheblich anders an.
Vom Kopf her war meine Gewissheit klar und
fest: Ich folge Jesus nach; er ist mein Hirte; ich höre
auf seine Stimme; er kennt mich. Ich war zutiefst
von seiner opferbereiten Liebe überzeugt, die auch
mich umschloss. Im Glauben an ihn hatte ich Erlösungsgewissheit. Niemand würde mich aus seiner
Hand reißen können.
Aus dieser Glaubensgewissheit heraus hatte ich
dem Arzt gesagt: „Bei der Operation liege ich nicht
nur in Ihren, ich liege letztlich in den Händen meines himmlischen Vaters.“ Am Ende dieses Gesprächs
(der Arzt hatte mir alle möglichen, auch die zum
Tode führenden Komplikationen geschildert) habe
ich dann seine juristische Absicherung unterschrieben. Hatte ich auch eine Absicherung, dass die Operation gelingen würde, weil ich in Jesu Hand lag?
Wie konnte ich meine Kopfgewissheit so verinnerlichen, dass der Friede Gottes mein Herz erfüllte?
In der Vorbereitung auf den Krankenhausaufenthalt hatte ich ein Lied auswendig gelernt, das ich
dann als gute Gebetshilfe erlebte. Der Liederdichter
erreichte bei mir mit seinen Worten genau das, was
ich bei meinen Krankenbesuchen erreichen wollte:
erlebbare Stärkung meines Vertrauens. Er hatte das
in Worte gefasst, was ich selbst empfand: „Wie Gott
mich führt, so will ich gehn ohn alles Eigenwählen … Wie er mich führt, so geh ich mit und folge
willig Schritt für Schritt in kindlichem Vertrauen
... Das sei ihm alles heimgestellt; er mache, wie es
ihm gefällt, zum Leben oder Sterben … Wie Gott
mich führt, so geb ich mich in seinen Vaterwillen
… ich bin ja nicht mein eigen … Steht er mit seiner
Kraft mir bei, was will mich von ihm scheiden?“
(Lambert Gedicke, 1711; Wir loben Gott, Nr. 254)
Ich habe die Strophen dieses Liedes jeden Tag
vor meinen selbst formulierten Gebeten gebetet und
mich dabei ganz bewusst in Jesu Hand gelegt. Sein
Friede war mit mir! Danke, Herr, für diese ErfahHarald Weigt
rung! JANUAR
Morgens: 1. Mose 27–28
Abends: Matthäus 9,1–17
SA 08.23 · SU 16.37 · KW 2
11
Freitag
Dein Wort ist meine Lieblingsspeise, es ist süßer
als der beste Honig.
Psalm 119,103 (Hoffnung für alle)
Der Schriftkünstler und Kalligraph Rudolf Koch
(1876–1934) berichtete seine Erfahrung: „Ich bin
beim Lesen vieler und mancherlei Bücher in jungen
Jahren mit der Zeit an ein Buch gekommen, da hat
das Lesen nicht mehr ausgereicht. Das war so mächtig, da musste ich tiefer eindringen und länger verweilen, als beim Lesen möglich war, und ich begann
es abzuschreiben. Es war die Bibel. Ich begann die
Worte der Bibel in Metall zu meißeln, in Holz zu
schneiden, in große Wandteppiche zu sticken, sie
wurden in Fresko gemalt und in Bronze gegossen,
und es ist immer noch kein Ende; denn diese Worte durchdringen den immer tiefer, der einmal von
ihnen erfasst ist, ja er wird völlig verwandelt davon,
das Leben findet seinen Sinn, und der Tod verliert
seinen Schrecken“. (Friedrich ­Matthäus: Rudolf Koch
– Ein Werkmann Gottes, Hamburg 1935, S. 78)
Wenn man anfängt, in der Bibel zu lesen, fällt
es zunächst nicht leicht, sie zu verstehen, weil sie so
ganz anders ist als die Bücher, die wir sonst kennen.
Aber wenn sie uns nach Jahren vertraut geworden
ist, kommen wir an einen Punkt, an dem wir alles
zu kennen meinen und vielleicht aufhören, sie zu
lesen. Aber sie ist Gottes Wort! Gott redet durch sie
zu uns.
Wir leben in einer Zeit, in der „des Büchermachens kein Ende“ ist (Pred 12,12). Oder wie es einmal
jemand ausdrückte: Wir erleben eine Papier-Sintflut.
Wir werden von Nachrichten und Informationen
überschüttet. Täglich müssen wir uns entscheiden,
was wir hören und sehen wollen, weil das alles einfach unser Fassungsvermögen übersteigt. Wir lesen
vieles einfach nur noch diagonal, wie man sagt.
Wie ist es da möglich, auf Gott zu hören?
Wir müssen uns bewusst dafür entscheiden.
Rudolf Koch schrieb, wie das geschehen kann: Wir
müssen uns zuerst Zeit dafür nehmen. Wir sind
zwar keine Schriftkünstler, haben aber hoffentlich
das Schreiben nicht verlernt. Wenn man viel am
Computer schreibt, kann es sein, dass das Schreiben
mit der Hand langsam geht und schwerfällt. Dennoch würde es uns guttun, einfach Bibeltexte abzuschreiben. Weitere Möglichkeiten, das Wort Gottes
bewusst aufzunehmen, sind, es laut sich selbst oder
Anderen vorzulesen oder Texte auswendig zu lernen. Dafür gibt es keine Altersgrenze. So können
wir Gottes Wort neu für uns entdecken, es regelrecht „schmecken“, verinnerlichen und begreifen,
was Gott uns mitteilen möchte. Günter Lentzsch
JANUAR
Morgens: 1. Mose 29–30
Abends: Matthäus 9,18–38
SA 08.22 · SU 16.39 · KW 2
12
Sabbat
Denn erschienen ist die Gnade Gottes allen Menschen zum Heil. Sie erzieht uns dazu, der Gottlosigkeit und den Begierden der Welt abzuschwören und besonnen, gerecht und fromm zu leben
in dieser Weltzeit. Titus 2,11–12 (Zürcher Bibel)
Das Bibelwort „Von seiner Fülle haben wir alle
genommen Gnade um Gnade“ (Joh 1,16) hat die
Adventgemeinde durch das Jahr 2011 begleitet: Diese Aussage des Johannes hat mich bewegt, mich zu
fragen: Habe ich wirklich von der Fülle genommen?
Ist mir die Fülle der Gnade überhaupt bewusst?
Wer die Tiefe, die Weite und die Größe der
­Gnade Gottes in der Bibel betrachtet, kommt aus
dem Staunen nicht heraus – und das in zweierlei
Hinsicht: „Wer kann die Einfachheit und die allumfassende Kraft der Gnade ermessen?“, fragte Karl
Barth. Unser Andachtstext kennzeichnet sie als Heil
bringend, als rettend.
Wie sieht ein Leben aus, das von der Gnade Gottes erfüllt ist? Im Hinblick auf unsere Vergangenheit hat sie uns frei gemacht von unserer ganzen
Schuld und damit aus der Verlorenheit gerettet.
Durch Gnade sind wir vor Gott gerecht gesprochen
(Tit 3,7). Auch in der Gegenwart brauchen wir die
vergebende Gnade, denn wir sind in unserem Verhalten noch nicht gerecht. Darum sprach Paulus
im obigen Andachtstext von der erziehenden Kraft
der Gnade. Die Kraft zum „frommen“ Leben sah
er nicht im Willen des Menschen, auch nicht im
Gesetz, sondern ausschließlich in der Gnade.
Die Erfahrung der Liebe und Vergebung Gottes
ermutigt uns, unsere in der Taufe bezeugte Absage
an die Sünde zu verwirklichen. „Die Gnade wird nie
Nein zu uns sagen, aber sie wird uns unerbittlich
dazu führen, dass wir Nein sagen zu unserer Gottlosigkeit und den daraus entspringenden Begierden“, erklärt Hans Bürki.
Dass Gnade eine erziehende Macht ist, nimmt
all denen den Wind aus den Segeln, die bei der
Aussage „allein aus Gnade gerettet“ befürchten, die
Gnade führe zur Vernachlässigung der Heiligung
des Christen und zur Gleichgültigkeit dem Willen
Gottes gegenüber. Nein, die Fülle der Gnade wirkt
sich aus auf unsere Vergangenheit (Vergebung)
und auf die Gegenwart (Heiligung). Paulus hat das
erfahren: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich
bin, und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich
gewesen.“ (1 Kor 15,10)
Darüber hinaus schenkt sie uns für die Zukunft
die Gewissheit, die „Erscheinung der Herrlichkeit des
großen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus“ zu erleben (Tit 2,13). Joachim Hildebrandt
JANUAR
Morgens: 1. Mose 31–32
Abends: Matthäus 10,1–20
SA 08.22 · SU 16.40 · KW 3
13
Sonntag
[Simeon] nahm das Kind auf seine Arme und
lobte Gott und sagte: „Herr, nun kann ich in
Frieden sterben! Wie du es mir versprochen hast,
habe ich den Retter gesehen, den du allen Menschen geschenkt hast.“
Lukas 2,28–31 (Neues Leben Bibel)
Am 6. Dezember 2011 berichteten alle Medien,
dass die 24-jährige Biathletin Magdalena Neuner
bekanntgab, ihre sportliche Laufbahn am Schluss
der Saison beenden zu wollen. Ihre Entscheidung
löste einen wahren Aufschrei aus. Sie war 2010
zweimal Olympiasiegerin geworden, hatte zehn
Weltmeistertitel gewonnen und konnte bis dahin 25
Weltcupsiege feiern. Die Ausnahmeathletin begründete ihre Entscheidung (laut Süddeutsche Zeitung)
so: „Ich habe einfach das Gefühl, dass die Zeit reif
ist für eine Veränderung und mich nach dem Sport
etwas Neues, ganz Tolles erwartet … Irgendwann
spielt auch das Thema Familienplanung für mich
eine Rolle.“
Wie weit es Simeon in seinem Leben gebracht
hatte, wissen wir nicht, doch er bekannte: „Herr,
nun kann ich in Frieden sterben!“ Offenbar hatte
er alles erreicht, was für ihn ein erfülltes Leben ausmachte. Er war dem Retter der Welt begegnet. Gott
hatte sein vor langer Zeit gegebenes und oft wiederholtes Versprechen eingelöst. Diese Erfahrung
konnte ihm keiner mehr nehmen. Die Liebe Gottes
war für ihn fassbar geworden, als er das Jesuskind
auf seinen Armen hielt.
Viele Menschen können heute auf ein ausgefülltes Leben zurückblicken. Es gab Termine ohne Ende
und selbst im Ruhestand ging es unruhig zu. Aber
macht das ein erfülltes Leben aus? Schon mancher
hat irgendwann gemerkt: Arbeit, Erfolg und Karriere sind keine Garantie für ein erfülltes Leben.
Beim Nachdenken über diese Begebenheit fiel
mir auf, dass Simeon nicht aufgrund seiner eigenen Leistung zufrieden und dankbar zurückblicken
konnte. Je älter ich werde, desto deutlicher wird mir,
dass Lebenserfüllung ein Geschenk ist und JESUS
heißt. Er sagt mir Vergebung zu und schenkt mir
ewiges Leben. Nur er kann die tiefe Sehnsucht meines Herzens erfüllen, dem Tod zu entkommen, und
mir die Angst vor dem Gericht Gottes nehmen.
Dietrich Bonhoeffer schrieb: „Gott liebt uns
nicht, weil wir so wertvoll sind, sondern wir sind
wertvoll, weil Gott uns liebt.“ Zu wissen, dass man
geliebt wird, ist wesentlich für ein erfülltes Leben.
Das Größte aber ist, sich von Gott geliebt zu wissen!
Wilfried Krause
JANUAR
Morgens: 1. Mose 33–35
Abends: Matthäus 10,21–42
SA 08.21 · SU 16.42 · KW 3
14
Montag
Aaron nahm das Gold von ihnen, schmolz es ein
und verwendete es dazu, um ein Götzenbild in
Form eines Kalbes anzufertigen. Da riefen die
Leute: „Das ist dein Gott, Israel, der dich aus
Ägypten geführt hat!“
2. Mose 32,4 (Neues Leben Bibel)
„Die Finanzmärkte müssen beschwichtigt, sie dürfen nicht verunsichert werden!“ Solche und ähn­
liche Aussagen haben wir während des vergangenen Jahres oft gehört. Die Finanzmärkte müssten
„gnädig“ gestimmt werden.
Die Akteure der Finanzwelt wurden vom Manager-Magazin bereits 2006 als die „Masters of the
Universe – die Herrscher der Finanzwelt“ bezeichnet.
Dirk Müller, bekannter Börsenmakler aus Frankfurt, macht das deutlich: Politiker seien „Getriebene
des Marktes“, die Finanzakteure in den USA würden
bestimmen, was in Deutschland und Europa passiert, nicht die Politik.
Das alles ist nur möglich, weil der Mensch selbst
das Geld „als irdischen Gott“ erschaffen hat: In
dem Buch Kapitalismus als Religion (S. 98) heißt es:
„Der einzige Gegossene, der einzige Götze, der einzige Gott, den die Menschen je leibhaftig zustande
gebracht haben, ist das Geld. Das Geld ist künstlich
und lebendig, das Geld zeugt Geld und Geld und
Geld, das Geld hat alle Kräfte der Welt.“ Das Geld
ist der Gott der Finanzmärkte. Ihre Macht resultiert
aus der Bedeutung, die wir dem Geld in unserer
Gesellschaft zugedacht haben.
Die Erschaffung des goldenen Kalbes kurz nach
dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, von der
unser Andachtstext berichtet, war die Initialzündung, die bis heute nichts an Kraft verloren hat.
Das Leben in den westlichen Gesellschaften ist vom
Geld-Gott bestimmt: Geld verdienen, Wohlstand
haben, sich etwas leisten können – all das sind
Begriffe, die zu unserem Alltag gehören, die aber
gleichzeitig unsere Huldigung für das Geldsystem,
den Geld-Gott ausdrücken. Was opfern wir alles auf
dem Altar des Geld-Gottes: unsere Werte, unsere
Gesundheit, unser Familienleben, unsere Freiheit –
auch unser ewiges Leben?
Alle, die dem Schöpfer- und Erlösergott der Bibel
vertrauen, sind gefordert, sich dem Einfluss des
Finanzmarktgottes entgegenzustellen. In der Bergpredigt sagte Jesus Christus deutlich: „Niemand
kann zwei Herren dienen … Ihr könnt nicht gleichzeitig Gott und dem Geld dienen.“ (Mt 6,24 NLB)
Was tun wir heute, um uns der Macht des ­Geldes
in unserem Leben entgegenzustellen?
Roland Nickel