Flugsicherheit

Transcrição

Flugsicherheit
Flugsicherheit
Ausgabe 03 / 2007
Foto : Guido Sonnenberg + 49 ( 0 )171.4 451765
Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände
Bundeswehr
Flugsicherheit
Heft 3 -September 2007 - 44. Jahrgang
Flugsicherheit
Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände
Titelfoto: Guido Sonnenberg
www.schaltwerk.net
„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung
für fliegende Verbände der Bundeswehr
Herausgeber:
General Flugsicherheit in der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 1.
Redaktion:
Hauptmann Klemens Löb,
Tel.: 02203- 9083124
Luftwaffenkaserne 501/07
Postfach 906110
51127 Köln
[email protected]
[email protected]
Gestaltung:
Hauptmann Klemens Löb
GenFlSichhBw
Erscheinen:
dreimonatlich
Manuskripteinsendungen
sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt
die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers
dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden
sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen (mit Autoren- und Quellenangaben) sind
daher möglich und erwünscht.
Druck:
SZ Offsetdruck-Verlag Herbert W. Schallowetz GmbH
53757 Sankt Augustin
Editorial 1
Die gelben Engel 2
Und „Mutter“ rollt auf hoher See
4
Anleitung zum Unglücklichsein
9
Eine Hand dazwischen
12
Elephant Recovery
17
Eine selbstlose Tat
20
Bravo - gut gemacht!
24
Absturz mit ungewöhnlichen Folgen
25
Bundeswehr goes PANSOPS
30
Personalien
32
Die Publikationen der Dienststelle GenFlSichhBw können
Sie als PDF-Dateien unter folgender Adresse im
Intranet Bw ansehen oder herunterladen: www.portal.luft ,
dann unter Fachinformationen - Infomedien der Lw Zeitschriften und Berichte Flugsicherheit.
Editorial
Erfolg ist machbar, wenn der Bauplan stimmt!
Oder nach einem deutschen Sprichwort:
Jeder ist seines Glückes Schmied!
Erfolg ist wichtig und jeder will
ihn haben. Ob nun Glück oder Pech Erfolg muss doch irgendwie zu packen
sein, oder?
-
-
-
-
-
-
Nach den Sternen greifen bodenständig bleiben ...
Nicht zögern - geduldig sein ...
Glauben - wissen ...
Seine Ziele durchziehen Rat suchen ...
Ja sagen - nein sagen ...
Handeln - überdenken ...
All diese Eigenschaften, auch wenn
sie noch so widersprüchlich erscheinen, können zum Erfolg führen. Die
Schwierigkeit besteht nur in der richtigen Maßnahme zur richtigen Zeit am
richtigen Ort. Dafür kann und wird es
keine allgemein gültige Regel geben.
Langfristig interessiert uns in der
Flugsicherheit ein kurzfristiger Erfolg
nicht, unser Bestreben und Handeln
gilt dem tiefen Verwurzeln der Denkund Arbeitsweise im Sinne der Flugsicherheit im alltäglichen Dienstbetrieb. Abweichungen von der Routine
und Fehler in den Arbeitsprozessen
werden immer vorkommen. Erfolg im
Sinne der Flugsicherheit ist aber nur
dann erreicht, wenn Mechanismen,
Procedure oder Systeme diese Abweichungen oder Fehler unverzüglich erkennen, abfangen und wieder auf die
richtige Spur setzen.
Eine Analyse der letzten Unfälle und
schweren Zwischenfälle zeigt deutlich,
dass die Abweichungen oder Fehler
mit Schwergewicht im Bereich Human
Factor angesiedelt sind und hier insbesondere die Themenfelder mangelndes
Risikobewußtsein/-management, Verantwortungsdiffusion und inadäquate
Kommunikation/Zusammenarbeit betroffen sind, was letztendlich zum Verlust der Situational Awareness geführt
hat.
Wenn Sie sich dies stets bewußt
vor Augen halten und entsprechende
Gegenmaßnahmen ergreifen, sind Sie
auf der richtigen Spur.
In dieser Ausgabe der Flugsicherheit
werden Sie einige Beiträge mit und
ohne Erfolg finden. Freuen wir uns
über den Erfolg, lassen Sie uns aber
die Lehren aus den Beiträgen ohne Erfolg ziehen.
Im Sinne der Flugsicherheit
Fly safe
Schmidt
Brigadegeneral
Flugsicherheit
Die
„Gelben Engel“
Obwohl die neue Wetterschutzjacke für direkt
am Luftfahrzeug arbeitendes Personal bereits
an einige Verbände
ausgegeben wurde, soll
sie im Folgenden noch
einmal im großen Rahmen vorgestellt werden.
Vielleicht erkennen bisher nicht betroffene Bereiche aktuellen Bedarf.
Historie
Als Wetterschutz für luftfahrzeugtechnisches Personal stand gemäß
BesAnLwUKdo 203/8003 bisher nur der
Flightparka (MatPlNr.: 8405-55202, Bezeichnung: Überjacke-lang) als authorisierte Zusatzbekleidung zur Verfügung. Seine offenliegenden Knöpfe
und nicht verschließbaren Taschen
stellen jedoch eine akute FO-Gefahr
dar.
Des Weiteren schränkt sein großes
Gewicht den Bewegungsspielraum
stark ein und man kann leicht durch
seinen großzügigen Schnitt z. B. mit
Ärmel oder Kapuze an vorstehenden
Luftfahrzeugteilen hängen bleiben.
Unter anderem aus diesem Grund
wurde sein Tragen für Arbeiten im
Cockpit von Luftfahrzeugen durch
die Dienststelle LwA AbtFlSichhBw
untersagt. Dies führte zu einer Ausrüstungslücke, da die genehmigte
Unterziehkombination (ZDv 37/10 Nr.
226-228) für die Technikerkombi als
Wetterschutz keine nutzbare Alternative darstellte.
Die Einsatzbereitschaft des technischen Personals war somit eingeschränkt.
In dem Maße, wie die Flugsicherheit
gefährdet war, war auch die Sicherheit des Personals durch krankheitsbedingte Ausfälle bzw. eingeschränkte
Konzentrationsfähigkeit bei schlechten klimatischen Verhältnissen nicht
mehr gegeben.
Neuentwicklung
Die Wartungs- und Waffenstaffel
des Jagdgeschwaders 73 „S“ stellte
deshalb im Juni 2003 einen Initiativantrag für eine neue Jacke, der alle Vorgaben berücksichtigte.
Dieser wurde positiv bewertet, so
dass von November 2006 bis März
2006 die Truppenerprobung einer
ersten Serie dieser Jacken im Jagdgeschwader 73 „S“ und anderen Verbänden stattfinden konnte. Dies geschah in allen Einsatzbereichen und
Dienstgradgruppen des technischen
Personals und bei unterschiedlichsten
Witterungsverhältnissen im Temperaturbereich von –10°C bis +10°C.
Nach zufriedenstellender Erprobung wurde die Jacke offiziell in den
Bekleidungsbestand
übernommen
und wird seitdem durch das Personal
im täglichen Flugbetrieb genutzt.
Bilder: OLt Ivo Wille
von Oberleutnant Ivo Wille,
LfzTOffz, JG 73 „S“
Beschreibung
Die Jacke besitzt als Oberstoff ein
wasserdampfdurchlässiges Verbundstoff-2-Lagen-Laminat aus 55 % Modacryl und 45 % Baumwolle (Membrane: ePTFE), welches optimale Spritzwasser- und Winddichtheit gewährleistet und trotzdem atmungsaktiv ist.
Das Material erfüllt die Standards
für Antistatik gemäß EN 1149-1
zur Vermeidung elektrostatisch induzierter Explosionen und für Entflammbarkeit gemäß EN 533 ind. 2.
Die Jacke liegt eng genug an, ist 2/3
lang und deckt somit den Rücken
(Nieren) auch in gebückter Haltung
genügend ab. Bei richtiger Konfektionsgröße kann sie somit auch unter
der vorgeschriebenen Lärmschutzjacke getragen werden. Als unteren
Abschluss besitzt die Jacke einen mit
Klett verschließbaren Windfang.
Die Kapuze und die gefütterte Innenjacke sind abnehmbar und gewährleisten somit eine optimale
Anpassung an die jeweiligen Wetterverhältnisse. Für die abgenommene
Kapuze ist eigens eine Innentasche
vorgesehen. Außerdem kann sie im
Kragen verstaut werden, was jedoch
beim Tragen eines Lärmschutzhelmes
nicht empfehlenswert ist.
Eine gute Sichtbarkeit, um auch bei
Dunkelheit gesehen zu werden, ist einerseits durch die Signalfarbe als auch
durch die Reflexionsstreifen gegeben.
Der Stauraum ist durch zwei Brusttaschen, zwei Taschen für die Hände
sowie einer Innentasche großzügig
ausgelegt. Außerdem bietet eine Napoleontasche schnellen Zugriff auf
Ausweis, Chipkarte o. ä..
Alle Reißverschlüsse sind außerdem
mit Stoffleisten abgedeckt, die mit
Klettverschlüssen fixiert werden können.
Hoheitsabzeichen auf den Oberarmen sowie Klettflächen für das
Namenspatch und das Dienstgradabzeichen (auf Reißverschlussdeckleiste)
sind ebenfalls bereits aufgebracht.
Nachträgliche Veränderungen am Material sind unzulässig, da alle Nähte
verschweißt sind.
Zusätzlich besitzt die Jacke am Revers eine Schlaufe zur Anbringung des
Sprechschalters für den neuen Lärmschutzhelm.
Nun wird sich so mancher Soldat
fragen, was man mit einer solchen
auffälligen Jacke in einem Einsatzszenario anfangen soll. Auch daran
ist gedacht worden, denn es gibt die
Jacke ebenfalls in einer Einsatzvariante, welche in gedeckten Farben gehalten ist. Über die Nutzung entscheidet
der Führer vor Ort.
Besonders bei Verwendungen mit
Tätigkeiten am laufenden Triebwerk ist
deshalb eine genaue Abstimmung der
Konfektionsgrößen - mit Anprobe von Jacke und Lärmschutzanzug erforderlich. Ansonsten ist die Lärmschutzwirksamkeit nicht mehr gewährleistet, was gesundheitliche Schäden
nach sich ziehen kann, bzw. die Bewegungsfreiheit ist stark eingeschränkt.
Bedingt durch die hohen Anforderungen an das Material besitzt die
Jacke darüber hinaus ein relativ hohes
Gewicht.
Ein weiteres Problem ist die große
Schmutzanfälligkeit der Jacke, welche
durch die helle Farbe noch besonders
verstärkt wird. Auch nach erfolgter
Reinigung der Jacken (nur über die
LHBw) waren Verunreinigungen nicht
vollständig beseitigt.
Ebenfalls meldeten einige Verbände Probleme mit der Leichtgängigkeit
der Reißverschlüsse nach Erhalt der 2.
Serie der Jacken.
Fazit
Zusammenfassend kann man dennoch sagen, dass die Jacke eine erhebliche Verbesserung zum alten Flightparka in punkto Witterungsschutz und
Flugsicherheit darstellt.
Eine zur Zeit in der Erprobung befindliche Wetterschutzhose, welche
bereits auf der S 3 E Tagung im Februar 2007 vorgestellt wurde, scheint die
Grundidee zu bestätigen.
Zu beziehen ist die Jacke auf dem
Versorgungsweg, allerdings nur für
Luftfahrzeugtechnisches
Personal,
welches direkt am Luftfahrzeug arbeitet.
Nachteile
Trotz aller Vorteile der neuen Jacke
gibt es aber auch Probleme. So fallen
die Konfektionsgrößen zum Beispiel
sehr groß aus und sind somit nicht vergleichbar mit den Konfektionsgrößen
anderer dienstlich gelieferter Bekleidungsstücke.
Genaue Bezeichnung:
„Wetterschutzjacke technisches Bodenpersonal
mit Warnf.“
Planungsnummer: 8415-04512
Artikelgruppe:
41975
Erhältliche Größen: XS, S, M, L, XL, XXL
Überlängen: S-long, M-long, L-long, XL-long
Flugsicherheit
Und „Mutter“ rollt auf
hoher See
von Hauptmann Sönke Dorn,
Transporthubschrauberregiment 10
02.40 Uhr Ortszeit,
holländische Nordsee,
45 Flugminuten westlich
von Texel. Wir sind im
Anflug auf unsere „Mother”, die RFA „Argus”.
Nachdem die leicht nach
Seetang und Schweiß
dünstenden Passagiere
wieder aus dem Objekt
extrahiert wurden, versuchen wir unsere 30jährige High-Tech-Dame
namens UH-1 NTF-GlasNSA (oder etwas länger:
UH-1D/Nachttiefflug/
Glascockpit/Notschwimmeranlage) für den eineinhalbstündigen Rückflug zu trimmen.
Der „Frankenstein” (Kälteschutzanzug MK 10) und das R+S-Gerödel, in
das man eingeschnürt ist, zwickt nach
sechs Stunden Einsatzzeit nicht ignorierbar. Aber da nun die Königsdisziplin auf dem Dienstplan steht, nehme
ich diese „Bondage”, aber auch dieses
Plus an Sicherheit gern in Kauf.
Finde den Flugplatz, so heißt die
Aufgabe. Irgendwo in der Nordsee.
Ziel ist ein unbefestigter, grau gemalter, unbeleuchteter, englischer Flugplatz. Um bei der Suche nach diesem
Flugplatz nicht unterfordert zu werden,
hat der bärtige Kapitän alle Lichter
seines Frachters gelöscht. Die Runway auf diesem Schiff ist 20 m breit
und vielleicht 120 m lang. An dessen
Bilder: Hptm Sönke Dorn
Ende gibt es keinen Overrun, sondern
nur Stahlaufbauten, die ein Durchstarten sauber vereiteln würden. Der
Flugplatz, den wir in dieser schwarzen
Nacht suchen, hat 15.000 PS und ist
hochmobil. Das Besondere an diesem
Airfield sind nicht nur die zollfreien Zigaretten, die es dort für billig Geld zu
erwerben gibt, sondern das leicht rollende, unbeleuchtete Deck, welches
mir beim Absetzen des Hubschraubers
die Schweißperlen auf die Stirn treibt
und der Besatzung höchste Konzentration abverlangt. Diese und viele andere
neue, interessante und für Landflieger
ungewohnte Aufgaben sind Bestandteil der NATO-Deck-Ausbildung, die
das Transporthubschrauberregiment
10 im Jahr 2005 durchführte.
NATO-Deck-Ausbildung
Aufgrund der Zuordnung von Teilen
der Heeresflieger zu den „Kräften der
direkten taktischen Unterstützung von
Spezialkräften” und der Assignierung
von Teilen der Heeresflieger für die
„NATO Response Force” (NRF) ergibt
sich die Notwendigkeit der Erlangung
von besonderen Befähigungen.
Im Spektrum der zu fordernden Fähigkeiten ist auch die Notwendigkeit
des Starten und Landen von/auf maritimen Plattformen/seegehenden Einheiten enthalten. Das Transporthubschrauberregiment 10 aus Faßberg hat
als Einsatzverband eine gewachsene
Partnerschaft mit den Spezialisierten
Einsatzkräften der Marine (SEK-M),
hier speziell mit der Kampfschwimmerkompanie, eingerichtet. Durch
die Einbindung dieser Truppen in den
Einsatzverbund „Internationale Spezialkräfte der Marinen” (MARSOF – Maritime Special Operation Forces) ist
das Transporthubschrauberregiment
10 mit UH-1D und demnächst NH90
ein unterstützender Hubschrauberverband. Neben der jährlichen Teilnahme
von Teilen des Regiments an verschiedenen Übungszyklen der MARSOF,
geht die Zusammenarbeit weit über
das als „traditionelles Couleurverhält-
nis” bekannte hinaus. Geführt durch
das Royal Netherland Marinecorps
(RNLMC), fand im November 2005
eine Übung in den Niederlanden und
der angrenzenden Nordsee statt. Bei
dieser Einsatzübung wurde die Fähigkeit zur Operation mit Hubschraubern
von einem Hubschrauberträger, der
RFA „Argus” (Royal Fleet Auxillary)
gefordert. Um als „Asset” für die Spezialkräfte zur Verfügung zu stehen,
galt es daher, ausgewähltes Personal
auszubilden. Diese Crews mussten für
eng begrenzte Operationen im maritimen Umfeld befähigt werden.
Der Auftrag für das Transporthubschrauberregiment 10
Die Konzeption dieser Ausbildung
erfolgte in enger Zusammenarbeit mit
der Marine. Zunächst wurde zusammen mit der Heeresfliegerwaffenschule, Guppe Weiterentwicklung, Dezernat 4, und der Marinefliegerflottille
eine Informationsveranstaltung beim
Marinefliegergeschwader 5 in Kiel
durchgeführt. Durch die hochrangige
Beteiligung an dieser Tagung, in der
sich die Bedeutung dieses Themas widerspiegelte, konnten zügig und zeitnah entsprechende Ergebnisse erzielt
werden. Grundlage dieser Ausbildung
und des Flugbetriebs ist die Nato-Vorschrift STANAG 1452, -THE „NATO
DECK“ STANDARD FOR „NON-MARITIME“ MILITARY PILOTS OPERATING
IN THE MARITIME ENVIRONMENT(NATO-Norm für die Decklandung von
nicht der Marine angehörigen militärischen Piloten, die in einem maritimen Umfeld eingesetzt werden) und
auszugsweise die MDV 780/1 (Marinedienstvorschrift, Flugbetrieb an Bord).
Neben den Forderungen aus diesen Dienstvorschriften, weiteren Weisungen und Befehlen waren gemäß der
Genehmigung zum Einsatz im Flugbetrieb (GEF) „Landungen und Starts auf
und von maritimen Plattformen”, viele
technische und fliegerische Auflagen
von Waffensystemkommando und
Wehrtechnischer Dienststelle 61 zu
prüfen und zu erproben. Thematiken
wie An- und Abflugverfahren zum/
vom Schiff, Ship-Helicopter-OperatingLimitations, Verzurrung und Cross Service an Deck waren für uns als Durchführende neu. Es galt, notwendige
Kenntnisse und nice-to-know-Wissen
zu unterscheiden, um eine sichere Ausbildung zu entwickeln und diese dann
auch möglich zu machen. Bei Konzeption und Durchführung muss klar
unterschieden werden zwischen dem
Flugbetrieb mit Marinehubschraubern
und eben anderen Hubschraubern der
Streitkräfte. Der Erwerb einer Decklandequalifikation (DLQ) der Marine für
den Betrieb bordgestützter Systeme
wie MK88-Sea Lynx und MK41-Sea
King ist deutlich umfangreicher.
Die Ausbildung zur NATO-Deck-Qualification
Die Ausbildung wurde in drei Abschnitte unterteilt:
- Theoretische Ausbildung;
- Flugdienst am Deck-Trainer (Dummy-Deck) bei Tag und Nacht;
- Flugdienst am Schiff (in Fahrt) bei
Tag und Nacht.
Theoretische Ausbildung
Um sicher den praktischen Teil beginnen zu können, waren viele neue
Begrifflichkeiten und Verfahren zu
erlernen und beherrschen. Zahlreiche
seemännische Ausbildungsgebiete wie
„Grundlagen der nautischen Begriffe”,
„seemännischen Verfahren” und „die
Bordroutine” füllten den Stundenplan
der theoretischen Ausbildung im Hörsaal. Erst später wurden die Inhalte
dann zunehmend fliegerischer. SCAShip Controlled Approach, ELVA-Emergency Low Visibility Approach, einzig
der Begriff des „contact pattern” ließ
uns erahnen, um was es hier geht. Zusammenarbeit Schiff-Hubschrauber,
Anflüge auf Schiffe, Luftraumkoordinierung/Verhalten im Luftraum über
See und neue Voice-Procedures wollten erstottert werden (marinetypisch,
Schiff-Luftfahrzeug).
Flugsicherheit
nun in der Praxis auf See anzuwenden.
Auch hier gab der Marine-IP (Fluglehrer) auf dem Mittelsitz gern und kompetent sachdienliche Hinweise, ließ
uns aber doch die eine oder andere
„... nochmal”-Erfahrung machen. Nahezu alle erforderlichen Anflüge und
Verfahren gemäß den Vorgaben der
STANAG 1452 wurden geflogen und
trainiert. Als Novum auf deutschen
Kriegsschiffen flogen wir Anflüge und
Landungen unter BiV.
Flugdienst am Schiff (in Fahrt) bei
Tag und Nacht (Teil 1)
Für diesen Ausbildungsabschnitt
stand uns der Einsatzgruppenversorger
(EGV) „Frankfurt am Main” als Landeplattform zur Verfügung. Das Schiff
befand sich im Ausbildungsbetrieb
und war im Seegebiet der Neustädter
Bucht auf der Ostsee in Fahrt. Unsere
Hubschrauber-Besatzungen wurden in
die Besonderheiten und Eigentümlichkeiten des Bordflugbetriebes eingewiesen und die relevanten Bereiche
an Bord wurden besichtigt. Bordflugbetrieb bei Tag und Nacht an beiden
Tagen mit wechselnden Besatzungen
forderte von uns, das gerade Erlernte
Bilder: Hptm Sönke Dorn
Flugdienst am Deck-Trainer (Dummy-Deck) bei Tag und Nacht
Das Marinefliegergeschwader 3
in Nordholz hat für die Ausbildung
„Decklandequalifikation (DLQ)” einen
Decktrainer in einem abgeschiedenen,
bei Nacht relativ unbeleuchtetem,
Areal des Flugplatzgeländes errichtet.
Dieser Trainer stellt das Landedeck einer Fregatte mit allen relevanten Einrichtungen dar. Glide Path Indicator,
Begrenzungsleuchten und die UHFFunkverbindung mit dem FDO/FLYCO
(Flight Deck Officer/Flight Coordinator)
vermitteln einen realistischen Eindruck
von der Arbeit am und auf Deck. Diese hervorragende Ausbildungseinrichtung ermöglicht es, die Arten des
Anfluges und der Landung zu demonstrieren und zu erfliegen. Jede Crew,
unterstützt durch einen Fluglehrer der
Marine, trainierte Anflüge bei Tag und
Nacht (auch unter BiV).
Flugdienst am Schiff (in Fahrt) bei
Tag und Nacht (Teil 2)
Bei der dann im November durchgeführten Übung in den Niederlanden
stand uns während des ersten Teils
der Übung das Aviation-TrainingVessel RFA „Argus” als Landeplattform
zur Verfügung. Das Schiff, aus Plymouth (GB) kommend, bezog einen
Seeraum unter der EH-R 8 (niederländisches Luftraumbeschränkungsgebiet) im Seegebiet vor Den Helder
(NL). Wir verließen mit drei UH-1D den
Flugplatz De Kooy, um uns nach einer
aufregenden ersten Landung mit den
Eigentümlichkeiten an Bord vertraut
zu machen. Eingangs-Briefing und
eine ausführliche Einweisung auf dem
Flugdeck waren obligatorisch, bevor
wir den Bordflugbetrieb bei Tag und
Nacht starteten. Die Größe des Flugdecks sowie das Fliegen mit mehreren Hubschraubern in der Platzrunde
waren gewöhnungsbedürftig. Der
schottische Helicopter-Controller half
uns mit sachlichen, aber vorerst leider
unverständlichen Anweisungen dabei,
jedesmal das Schiff wiederzufinden.
Bis zum Eintritt der Nacht schafften
wir es schließlich, uns an den Scottsman zu gewöhnen, so dass sichere
Anflüge und viele Landungen unter
BiV auf dem schwankenden Flugdeck
vorgenommen werden konnten (und
die Zeit zum Erwerb der zollfreien lebensgefährlichen Glimmstängel blieb
uns dabei auch noch).
Nach diesem fordernden Tag geriet
das abendliche De-Briefing fast ein wenig aus den Fugen. Neue Erfahrungen
und Erlebnisse wurden euphorisch und
ausschweifend vorgetragen und diskutiert. Die Graduation zur Verleihung
der Befähigung „NATO-Deck-Qualification” durch den Staffelkapitän war
wohl mit die größte Motivation für die
Besatzungen, sich auch weiter mit diesem fordernden Teil des fliegerischen
Handwerks zu befassen.
Im Anschluss an die geforderte
Crewrest von 36 Stunden startete
die Übung im Westen Hollands und
der Nordsee. Einsätze mit den Spezialkräften bei Tag und im Nachtflug,
Seeflug bei Nacht und der Start und
die Landung mit hoher Leistungsanforderung, machte nicht nur der
Maschine sondern besonders den
Crews zu schaffen. Durch die hohen
Anforderungen an die Besatzungen
bei Operationen mit Spezialkräften
gepaart mit dem Einsatz im maritimen
Umfeld (Seeflug und Landungen auf
Schiffen bei Tag und Nacht), wurden
nur erfahrene und dafür geeignete
Luftfahrzeugführer und Bordmechaniker ausgewählt, was in diesem Fall
folgende Mindestanforderungen bedeutete: AC (CR), BiV, Glascockpit-/
DKG-Einweisung.
Flugsicherheit
Eine besondere Belastung stellte
sich für die Besatzungen dar durch:
- Flugdienst mit Seenotausrüstung
(MK-10-Kälteschutzanzug/HSPEinmannschlauchboot);
- Hohes
Abflug-/Landegewicht
(UH-1D mit Innentank, Winde,
Notschwimmeranlage, R+S Ausrüstung);
- Einsatzzeit 6-8 Stunden bei Nacht
(BiV-Nachtflug mind. 4 Stunden
Flugzeit);
- Flug an der Leistungsgrenze durch
Rüstzustand, Passagiere und Betankung;
- Flug über See bei Nacht (400 ft)
ohne Flugregelanlage;
- Langer An-/Abflug mit Landung auf
Schiffen bei Nacht;
- Flugwegplanung mit Point-Of-NoReturn;
- Komplexer Einsatz mit Spezialkräften.
neben der fliegerischen Erfahrung die
unbedingte Bereitschaft des Einzelnen
für dieses besondere Einsatzspektrum
ohne Abstriche vorhanden ist.
Zusammenfassung
Gab es in der Vergangenheit bereits vereinzelte Landungen von Hubschraubern des Heeres auf Schiffen
oder anderen maritimen Plattformen,
so stellte dieses immer eine Ausnahme dar. Die Ausbildung NATO-Deck
soll als fester Baustein Bestandteil der
fliegerischen Aus- und Weiterbildung
werden. Ziel ist es, die Ausbildung auf
Grundlage aller dafür notwendigen
Vorschriften und Gesetze für die Heeresfliegertruppe und die Luftwaffe einheitlich zu regeln, um damit langfristig
eine Fähigkeitslücke zu schließen.
Für zukünftige Einsätze
Für zukünftige Einsätze im maritimen Umfeld, nicht nur mit Spezialkräften, vereinfacht die Befähigung
„NATO-Deck-Qualification” den Planungsprozess zur Nutzung des Hubschraubers als Mittel für Insertions/Extractions oder anderen Einsatzarten.
Für den eingeschränkten Personenkreis, der im Bereich Spezial-Operationen bei der Heeresfliegertruppe und
im Transporthubschrauberregiment 10
tätig ist, kann im regulären Combat
Training Program (CTP)- wie Übungsflugbetrieb ein Erhalt und eine Wiedererlangung der NATO-Deck-Befähigung
dargestellt werden. Hierzu bedarf es
jedoch einer gewissen Kreativität der
Planung des CTP und des Verbindens
von anderen fliegerischen Aufträgen
mit dieser Forderung. Entscheidend
für eine sichere und effektive Durchführung dieser Einsätze ist aber, dass
Bilder: Hptm Sönke Dorn
Eine deutliche Entlastung bei der
„Workload” erfuhren die Besatzungen
durch den Einbau und Einsatz des digitalen Kartengerätes DKG 3.
Anleitung zum
Unglücklichsein
von Oberstleutnant Rüdiger Stein,
GenFlSichhBw
Wir, die Mitarbeiter der
Dienststelle GenFlSichhBw,
sind bekannt für unsere
vielfältigen Aktivitäten
auf dem Gebiet der Unfall- und Zwischenfallverhütung. Dabei haben
wir uns zwei markante
Vorgehensweisen zu Eigen gemacht: Zum einen
reagieren wir mit Verhütungsmaßnahmen auf
nicht planbare, meist negativ empfundene Ereignisse wie zum Beispiel
Unfälle, flugsicherheitsgefährdende Störungen
etc.; in anderen Fällen
entwickeln wir proaktiv Präventionsmaßnahmen, beispielsweise
Unfallverhütungsprogramme; auch Inspizierungen gehören zu den
aktiven Maßnahmen.
Zeichnung von HFw Ingo Dierkes ©
Einige dieser Maßnahmen sind in
ihrer Feinausprägung das Ergebnis solider Weiterbildung. Dazu nutzen wir
selbstverständlich Printmedien aller
Art. Es kann aber darüber hinaus nicht
überraschen, dass auch wir zu den regelmäßigen Internetsurfern gehören,
denn an einem solch überwältigenden
Medium kommen und können auch
wir nicht vorbei.
Nun ist den Zeitgenossen, die interessiert am täglichen Leben partizipieren, bekannt, dass im Internet nicht
nur die heilbringenden Botschaften
der Welt zu finden sind. Nein - mindestens genauso häufig findet man
dort die Ausflüsse des Bösen.
Bei dem ständigen Versuch der
Horizonterweiterung sind wir in den
letzten Tagen auf ein virtuelles, aber
besonders
verwerfliches
Produkt
menschlicher Phantasie gestoßen,
das offenbar mit der Absicht in’s Netz
gestellt wurde, ganze Luftflotten mit
subtilen Nadelstichen stillzulegen. Ob
damit das weitergehenden Ziel verfolgt wird, der Menschheit einen immensen volkswirtschaftlichen Schaden
zuzufügen oder ob der herbeigeführte
Ausfall der Luftfahrzeuge einen Beitrag zum Umweltschutz darstellen soll,
(weniger Flugbewegungen = weniger
CO2 Ausstoß), ist augenblicklich noch
ungeklärt. Denkbar ist auch, dass die
Liga der Ersatzteilproduzenten hier
eine Plattform geschaffen hat, die den
zukünftigen Absatz von (hauptsächlich) Tragflächenteilen in ungeahnte
Höhen treiben soll.
Hier aber nun das Ergebnis unserer
letzten virtuellen Rundreise. Wir fanden es unter der Überschrift:
Flugsicherheit
1.Führen Sie möglichst viele Schleppbewegungen durch! Je höher die
Anzahl der Bewegungen, desto
höher die Chance, erfolgreich zum
Zwischenfall zu kommen.
2.Setzen Sie sich dafür ein, möglichst
viele Schleppbewegungen montags durchführen zu können! Die
bisherige Vermutung, montags
geschehe mehr Ungemach als an
anderen Tagen, ist erst kürzlich
wissenschaftlich untermauert und
damit zur Tatsache geworden.
8.Sollten Sie feststellen, dass Sie zufällig den richtigen Schleppleitlinien folgen, so wechseln Sie zügig
auf die demarkierten Linien! Sollten Sie befragt werden, warum Sie
das taten, so behaupten Sie, dafür
keine Erklärung zu haben.
9.Unterdrücken Sie jeden Gedanken
an die Größe Ihres Schleppgegenstandes! Es lenkt Sie vom eigentlichen Vorhaben nur unnötig ab.
10.Investieren Sie einen großen Teil
Ihrer Energie, um den Verzicht
auf die angeordnete Nutzung der
Funkausstattung durchzusetzen!
Die Funkausstattung könnte Ihre
Pläne durchkreuzen.
3.Vermeiden Sie jede Besprechung
vor Beginn des Schleppvorganges!
Rufen Sie stattdessen zur Kreativität auf und räumen Sie Ihren Mitarbeitern einen möglichst großen
Handlungsspielraum ein.
11.Sollten Sie dennoch das Bedürfnis,
auf ein Problem aufmerksam machen zu wollen, nicht unterdrücken
können, so geben Sie Handzeichen! Diese bleiben mit Sicherheit
unbemerkt.
4.Stellen Sie sicher, dass Ihnen der
Weg des Schleppzuges unbekannt
ist! Keinesfalls sollten Sie sich mit
den örtlichen Verhältnissen am Ziel
des Schleppvorganges (endgültiger
Liegeplatz) vertraut machen.
12.Stellt das Geschehen Sie vor die
Alternative, zwischen 2 Schadensfällen wählen zu können, so entscheiden Sie stets, den Schaden
am Luftfahrzeug zu verursachen!
So sind beispielsweise Scherbolzen,
die andernfalls an Sollbruchstellen
zerstört werden könnten, für Sie
tabu.
5.Behalten Sie die Hindernissituation
am Liegeplatz im Auge! Die Hindernisse könnten Ihnen noch nützlich sein.
6.Sorgen Sie dafür, dass möglichst
viele verwirrende Roll- und Schleppleitlinien auf den Bewegungsflächen
angebracht werden! Orientieren
sie sich an den Schnittmusterbögen
Ihrer Ehefrau oder an den Bodenmarkierungen in Ihrer Sporthalle.
7.Machen Sie „demarkierte“ Linien
keinesfalls unsichtbar! Sie können
immer noch zur Desorientierung
dienen.
10
OK – genug der Scherze! Natürlich
haben wir geschwindelt, als wir oben
behaupteten, die Anleitung im Internet gefunden zu haben. Das haben
unsere Leser auch keine Sekunde lang
ernsthaft geglaubt.
Dennoch müssen wir den Eindruck
haben, dass jene Schleppcrew, die am
12. Februar diesen Jahres einen eigentlich unproblematischen Schleppvorgang durchführen sollte, die Mehrzahl
der Anleitungspunkte befolgt hat.
Tatsächlich lassen sich die Fehler,
die damals zum Zwischenfall führten, in der Anleitung wiederfinden
(Ausnahme: es spricht nichts gegen
Schleppvorgänge an Montagen.). Danach lässt sich auch das Zwischenfallgeschehen rekonstruieren, bei dem
letztendlich kurz vor Erreichen des
Abstellplatzes mit der rechten Tragflächenspitze einer C-160 Transall 2 Fahnenmasten umgeknickt wurden.
Danach erfolgte neben den üblichen Belehrungen noch die Instandsetzung des Luftfahrzeuges.
Na dann – bis zum nächsten Mal!!
Bilder: OSFw Rudi Alt
Anleitung zur Produktion von
Schleppschäden mit Luftfahrzeugen
oder:
Das dreckige Dutzend
Zeichnung von HFw Ingo Dierkes ©
11
Flugsicherheit
Zeichnung von HFw Ingo Dierkes ©
Eine Hand dazwischen
von Oberstleutnant Heribert Mennen,
GenFlSichhBw
Jeder von uns hat
sicherlich schon einmal
einen Fall erlebt, wo es
„gerade noch einmal
gut gegangen ist“ oder
kennt jemanden, dem es
so ergangen ist. Wenn
man eine „haarige“
Situation gut überstanden hat, ist man
froh und dankbar.
Dankbar, dass man
(oder auch andere) nicht
zu Schaden kamen.
Dankbar, dass einem das
Glück hold war.
12
Für Kinder wird immer das Bild des
Schutzengels bemüht, der über einen
wacht und eine „Hand dazwischenhält“. Gleichwohl wir Erwachsenen
die Dinge meist nüchtern und sachlich
betrachten und solche Fälle unter dem
Stichwort „Glück gehabt“ in der Regel schnell abhaken, sind wir sicherlich
gut beraten, über die Ereignisse nachzudenken und unsere Lehren daraus
zu ziehen.
Auch in der Luftfahrt kennen wir
solche Situationen. Ich will Ihnen heute von vier Beinahe-Zusammenstößen
zwischen Luftfahrzeugen im Nahbereich von Bundeswehr-Flugplätzen berichten, bei denen es durch glückliche
Umstände nicht zu einem Unfall kam.
Oder anders ausgedrückt:
wo „eine Hand dazwischen war“.
Wenngleich diese Vorfälle teilweise
weit zurück liegen und sich nicht unbedingt miteinander vergleichen lassen, haben sie dennoch Gemeinsam-
keiten. Gemeinsamkeiten, aus denen
es meiner Meinung nach gilt, Lehren
zu ziehen.
Zunächst ein Fall, der sich vor über
zwanzig Jahren ereignet hat, mir aber
heute noch eine Gänsehaut bereitet,
wenn ich daran zurückdenke:
Ich war zu diesem Zeitpunkt als
Flugverkehrskontrolloffizier auf einem
Luftwaffenplatz eingesetzt, der neben
zwei Staffeln PA 200 TORNADO und
einer Staffel UH-1D auch ein ständiges Kommando der US AIR FORCE
mit A-10 beherbergte. Zudem wurde
er aufgrund günstiger Lage und den
in der Regel vorherrschenden guten
Wetterbedingungen häufig als Ausweichplatz eingeplant und gerne
von Luftfahrzeugbesatzungen (LFB)
benachbarter Verbände angeflogen.
Daraus resultierte ein intensives Verkehrsaufkommen, was in Verbindung
mit der komplexen Luftraumstruktur
hohe Anforderungen an Flugsicherungspersonal und LFB stellte.
So auch an jenem Tag, als ich der
„Dritte“ in der Frühschicht auf dem
Kontrollturm war. Die beiden anderen „Diensttuer“ waren überaus erfahrene und versierte Flugverkehrskontrolloffiziere, die seit langem auch
als Wachleiter eingesetzt waren und
viele knifflige Situationen mit Bravour
gemeistert hatten. Drei Hauptleute in
einer Schicht, davon zwei anerkannte Leistungsträger sowie ein aufstrebender Truppenoffizier und eine ebenso
stark besetzte Radaranflugkontrolle –
da konnte eigentlich nichts schief gehen (dachte ich!).
Unser „Traffic“ bestand aus an- und
abfliegenden TORNADO, A-10 und
UH-1D, zu denen sich dann auch eine
B-707 der Flugbereitschaft gesellte.
Die LFB der B-707 absolvierte im Rahmen des Crew Trainings zunächst einige Radaranflüge (South Pattern), um
dann in die nördliche Sichtflugrunde zu
wechseln. Eigentlich war der Zeitpunkt
eher ungünstig, denn das Verkehrsaufkommen war hoch und die Sicht
im Dunst nicht so toll, wie es der offizielle Wetterbericht glauben machte.
Es war abzusehen, dass wir uns mit
den Sichtanflügen der B-707 selber
das Leben schwer machen würden,
aber das spornte uns eher noch an ...
Es kam, wie es kommen musste.
Die B-707 mit ihrem etwas größerem
Luftraumbedarf als z. B. eine A-10
passte einfach nicht in das Verkehrsgeschehen. Wir waren mehrmals gezwungen, den Anflug der B-707 unter Hinweis auf anderen Verkehr zu
verzögern: „Perform a left delay circle
due to other traffic, report again on
downwind“. In Hinblick auf Lärmbelastung und Umweltverschmutzung
keine elegante, aber unserer Meinung
nach zweckmäßige und auch sichere
Lösung. Wir hatten uns vorgenommen, jedem Flieger alles möglich zu
machen und wollten die Boeing nicht
wegschicken.
Dann kam der Augenblick, die im
left 360º befindliche B-707 zwischen
zwei startenden A-10 und dem nächs-
ten TORNADO im Radaranflug einzufädeln! Doch wo war die B-707?
Abgelenkt durch den Start der A-10
und Koordinationsgesprächen mit der
Anflugkontrolle hatten wir die B-707
im Dunst aus den Augen verloren. Die
Positionsanfrage „... state position“
wurde nicht beantwortet.
Wenige Augenblicke später klingelte das Wachleiter-Telefon und ein
völlig entnervter Kamerad aus der
örtlichen Anflugkontrollstelle deutete
uns einen ernsthaften AIRPROX 1 zwischen „unserer“ B-707 und einem radargeführtem TORNADO an. Was war
geschehen? Offensichtlich hatte die
LFB der B-707 selbstständig aus dem
Gegenanflug über dem rechten Queranflug zum Endanflug eingedreht.
Gleichzeitig hatte der Auszubildende
in der Anflugkontrolle einen verbandseigenen TORNADO von Süden kommend die Endanfluglinie überschießen
lassen, so dass es zu einer gefährlichen
Annäherung mit der entgegenfliegenden B-707 kam.
Eine Kollision war nach Aussage des
TORNADO-Flugzeugführers nur durch
den Umstand vermieden worden, dass
er (aus einer Wolke kommend) die B707 gerade noch rechtzeitig in Sicht
bekommen hatte und unter ihr wegtauchen konnte.
Wie hatte es dazu kommen können?
Wir
Flugverkehrskontrolloffiziere
auf dem Platzkontrollstand hatten die
Mischverkehrssituation unterschätzt,
uns selbst überschätzt und zugelassen, dass uns die weiß angestrichene
Boeing im Morgendunst aus dem
Sichtfeld geriet und den sicheren Gegenanflugbereich verließ.
Die LFB der B-707 gab an, uns gerufen und dann ein „continue“ gehört
zu haben, worauf man zum Endanflug
gedreht habe.
1 AIRPROX (Aircraft Proximity)
A situation in which, in the opinion of a pilot or
air traffic services personnel, the distance between
aircraft as well as their relative positions and speed
have been such that the safety of the aircraft involved may have been compromised.
Der Auszubildende in der Anflugkontrolle wiederum hatte unter hohem Druck gestanden, da er gleichzeitig eine Reihe unterschiedlicher
Luftfahrzeuge im engen Luftraum zu
führen hatte, was ihn an bzw. über
seine Kapazitätsgrenze brachte. Der
ihn überwachende Offizier hatte zwar
den sich anbahnenden Konflikt im Endanflugsektor erkannt, aber versäumt,
rechtzeitig einzugreifen.
Wir alle kennen solche Situationen.
Greift man zu früh ein, ist der Lerneffekt gemindert. Greift man zu spät
ein, ist möglicherweise wie in diesem
Fall die Sicherheit gefährdet.
Letztlich haben wir alle Glück gehabt, oder anders ausgedrückt: „da
war eine Hand dazwischen!“
Dieser innermilitärische Vorfall
wurde nicht an die AIRPROX EVALUATION GROUP (APEG) gemeldet, da
hierzu keine Verpflichtung bestand. Er
ist aber m. E. in Kategorie -B- einzustufen (Sicherheit nicht gewährleistet:
Luftfahrzeugannäherung, bei der die
Sicherheit des Luftfahrzeuges hätte
gefährdet sein können).
Nun zu einem Fall aus dem Jahr
2000+.
Zu Beginn der 1. Nachtflugperiode
an einem Heeresflugplatz beabsichtigten zwei Besatzungen des laufenden
Bildverstärker (BIV)-Lehrganges zunächst verschiedene Programmpunkte
im Schwebeflug am Platz und in den
Platzrunden zu absolvieren. Später
sollte in die veröffentlichten BIVStrecken eingeflogen werden.
Luftfahrzeug A startete zu einer
weiteren Platzrunde. Nach dem Einkurven in den Gegenanflug (downwind leg) gab der Fluglehrberechtigte
(FLB) Anweisungen zur Verringerung
der Flughöhe, als er bei einem Blick
nach rechts einen Rotorkreis vor dem
Lichthintergrund der nahen Stadt
wahrnahm. Er übernahm die Steuerführung und leitete einen Steigflug
ein. Gleichzeitig sagte er über Intercom: „Hubschrauber rechts“.
13
Flugsicherheit
In diesem Fall konnte durch die instinktive Reaktion des FLB im Luftfahrzeug A ein Zusammenstoß im letzten
Moment vermieden werden. Wiederum war sehr viel Glück im Spiel oder
anders ausgedrückt „eine Hand dazwischen“.
Dieser innermilitärische Vorfall wurde ebenfalls nicht an die APEG gemeldet. Meiner Meinung nach ist er in
Kategorie –A- einzustufen (Akute Zusammenstoßgefahr: Luftfahrzeugannäherung, bei der die ernste Gefahr
eines Zusammenstoßes bestand).
Ein weiterer Zwischenfall aus dem
Jahr 2000+:
Acht NM nordöstlich des Flugplatzes
C kam es in 4.800 Fuß MSL zu einer
gefährlichen Luftfahrzeugannäherung
14
zwischen einer BEECH B-190D auf
einem IFR-Flug zu eben diesem Flugplatz (unter Radarkontrolle der örtlichen Anflugkontrollstelle) und einer
nach Sichtflugregeln fliegenden P-149
auf Frequenz der Platzkontrolle. Der
Abstand der beiden Flugzeuge war so
gering, dass Ausweichmanöver beider
Luftfahrzeuge erforderlich waren, um
eine Kollision zu vermeiden.
Die Besatzung der BEECH hatte
kurz vorher eine Verkehrsinformation
erhalten: „Unbewegtes Ziel, könnte
Hubschrauber sein“.
Als Sichtkontakt mit der P-149, die
sich in einem extremen Steigflug befand, hergestellt war, schaltete sie den
Autopiloten ab und führte ein Ausweichmanöver nach rechts mit gleichzeitig verstärktem Sinken durch. Die
BEECH passierte das andere Flugzeug,
das ebenfalls ein Ausweichmanöver
eingeleitet hattte, mit einem seitlichen
Abstand von ca. 300 Fuß.
Glücklicherweise konnten beide LFB
noch rechtzeitig ausweichen.
Eine Koordinierung des Fluges der
(am Flugplatz stationierten) P-149 zwischen der Platzkontrolle und Anflugkontrolle hatte nicht stattgefunden.
Der Flugauftrag lautete auf Ausbildung zum Erwerb der militärischen
Musterberechtigung. Dieser Ausbildungsflug im Nahbereich des Flugplatzes beinhaltete diverse Flugmanöver, u. a. mehrere „Lazy-Eights“.
Hierzu wäre es vorteilhaft gewesen,
die örtliche militärische Radaranflugkontrolle einzubinden, um gezielt
Flight Information Service (FIS) zu geben.
In der Umgebung von militärischen
Flugplätzen mit eigener Radaranflugkontrolle sind gemäß Vereinbarung
zwischen der Deutschen Flugsicherung
(DFS) und dem Amt für Flugsicherung
der Bundeswehr (AFSBw) grundsätzlich Zuständigkeitsbereiche (ZB) zur
Durchführung der militärischen Flugverkehrskontrolldienste eingerichtet.
Mit der Aktivierung geht die Verantwortung für die Durchführung aller
Aufgaben der Flugverkehrkontrolldienste einschließlich FIS grundsätzlich
an die örtliche militärische Anflugkontrolle über.
Einstufung lt. APEG: Kategorie -B(Sicherheit nicht gewährleistet: Luftfahrzeugannäherung, bei der die Sicherheit des Luftfahrzeuges hätte gefährdet sein können).
Zeichnung von HFw Ingo Dierkes ©
Der Luftfahrzeugführer (LFF) nahm
durch diesen Hinweis wahr, wie ein
„Rotor“ hinten rechts sehr nahe unter
dem Luftfahrzeug kreuzte. Aussage
des LFF: „Wenn das Fahrwerk draußen gewesen wäre, hätte es nicht gereicht“!
Luftfahrzeug B flog nach einem
Durchstartmanöver in die BIV-Strecke
über den Abflug Nord. Kurz vor dem
ersten Punkt der BIV-Strecke kreuzte
ein anderer Hubschrauber (Luftfahrzeug A) in einer Entfernung von etwa
5 Metern den Flugweg von links nach
rechts.
Sichtkontakt und Vorbeiflug waren
gleichzeitig, eine Ausweichreaktion
war nicht möglich. Unmittelbar nach
dem Passieren durchflog das Luftfahrzeug den Abgasstrahl (down wash)
des anderen Hubschraubers.
Auf die detaillierte Schilderung der
Rahmenbedingungen sowie der festgestellten Ursachen wird hier nicht
weiter eingegangen, sondern lediglich
eine Feststellung des Flugsicherheitsoffiziers wiedergegeben: „Die Besatzung des Luftfahrzeug B sowie des
TOWER realisierten nicht, dass sich
Luftfahrzeug A in der Nordplatzrunde
bewegte“.
Nun ein Vorfall aus dem letzten Jahr:
Am Flugplatz D, der in Nachbarschaft
zu etlichen zivilen Flugplätzen liegt,
war aufgrund einer Geschwaderverlegung das Flugverkehrsaufkommen
gering. Bei guten Wetterverhältnissen (Sicht 10+, leichte Bewölkung in
3.200 und 5.000 Fuß) meldete sich
der LFF einer Piper PA-38 bei der Flugplatzkontrolle (TOWER) mit der Bitte
um Genehmigung zum Durchflug
durch die Kontrollzone. Die Position
wurde mit „drei Meilen nördlich des
Platzes“ angegeben (das wäre unmittelbar am Nordrand der Kontrollzone!),
Flughöhe 1.400 Fuß. Die Genehmigung hierzu wurde mit der Anweisung
„Melden Sie Einflug in die Kontrollzone“ erteilt.
Der lokale Flugbetrieb bestand aus
einer UH-1D, die gerade landete, sowie eines TORNADO im Radaranflug.
Nach 90 Sekunden (!) meldete der
Privatluftfahrzeugführer den Einflug in
die Kontrollzone, worauf ihm als nächster Meldepunkt „Eine Meile nördlich
der verlängerten Anfluggrundlinie“ angewiesen wurde. Der Flugzeugführer
bestätigte dies, meldete sich aber erst
auf Nachfragen des Kontrollpersonals
76 Sekunden später, wobei er seine
Position mit „Sechs Meilen ... äh ...
nördlich des Platzes“ angab.
Zum gleichen Zeitpunkt wechselte
der TORNADO nach Vollendung des
Radaranfluges in die rechte Sichtplatzrunde (die Sichtplatzrunde im Norden
des Platzes), um weitere Landeanflüge
nach Sicht durchzuführen.
Der Privatflugzeugführer wurde
angewiesen, sich drei Meilen nördlich
des Platzes zu melden, was von ihm
bestätigt wurde. Nach weiteren 90 Sekunden erfolgte die Meldung: „D-E....,
drei Meilen nördlich des Platzes“.
Als die Tornado-Besatzung zum
gleichen Zeitpunkt in den rechten
Queranflug drehte, meldete sie das
Leichtflugzeug (von dessen Annäherung sie bis dato keine Ahnung hatte)
in gefährlicher Nähe:
„We hit it nearly“.
Erneut kann man das Bildnis
der„Hand dazwischen“ anführen.
Diese gefährliche Annäherung wurde aufgrund einer AIRPROX-Meldung
der TORNADO-LFB von der Abteilung
Flugbetrieb im Luftwaffenamt unter
Beteiligung GenFlSichhBw untersucht.
Die o. a. Schilderung des Vorfalls wurde dem vorläufigen Untersuchungsergebnis entnommen.
Verkehrsinformationen oder Radarkontrolle waren vom Flugplatzkontrollpersonal aufgrund der guten Wetterverhältnisse und der vermeintlich
ausreichenden Abstände als nicht
erforderlich angesehen und folglich
nicht erteilt/angeboten worden. Die
Positionsmeldungen des zivilen LFF
waren aber offensichtlich falsch. Bis
zum Zeitpunkt der gefährlichen Begegnung hatte das Platzkontrollpersonal das Leichtflugzeug nie in Sicht.
Auf die schriftliche Bitte um Stellungnahme hat der zivile Luftfahrzeugführer nicht reagiert. Die AIRPROXMeldung der TORNADO-Besatzung
und alle militärischen Beweismittel/
Unterlagen zu diesem Vorfall wurden
daher zur weiteren Bearbeitung an
die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) abgegeben. Ein entgültiges Ergebnis der Untersuchung
seitens dieser Dienststelle steht noch
aus.
Lehren
Die o. a. gefährlichen Annäherungen haben meiner Meinung nach
eines gemeinsam: Sie wären vermutlich nicht entstanden, wenn die militärischen Platzkontrollstellen (TOWER)
der Bundeswehr wie auf allen deutschen Verkehrsflughäfen üblich über
ein RADAR-Lagebild zur Überwachung
des Luftverkehrs verfügten. International ist dies nicht nur im zivilen Bereich
längst Standard.
Die Situational Awareness des Platzkontrollpersonals würde mit RADAR
entscheidend verbessert, weil z. B.
fehlerhafte Positionsmeldungen von
LFB oder gar kritische Luftverkehrs-
konstellationen durch Monitoring früher als bislang erkannt würden.
Kritiker werden mir entgegenhalten,
dass wir mit Ausnahme der Standorte
Altenstadt und Roth an allen Flugplätzen der Bundeswehr über eine eigene
Radaranflugkontrolle verfügen. Das
dort (in separaten Räumen) eingesetzte Personal könne doch die jeweilige
Platzkontrollstelle mit Radar-Informationen unterstützen und so zu einem
effektiven und sicheren Verkehrsfluss
auch von VFR-Flügen beitragen.
Das wird im Rahmen verfügbarer
Kapazitäten2 auch gemacht und läuft
im Regelfall zur Zufriedenheit aller Beteiligten.
Das jetzige Konzept hat jedoch einen entscheidenden Schwachpunkt:
Es bedarf einer verbalen Kommunikation zwischen TOWER und RADAR.
Dies ist immer mit einem relativ hohem
Zeitaufwand sowie mit der Gefahr
von falscher Wiedergabe verbunden,
da alle Informationen vom jeweiligen
Koordinator an den jeweiligen Lotsen
(und vice-versa) übermittelt werden
müssen.
Entscheidend für eine wirksame
Umsetzung des bisherigen Konzepts
ist neben einer adäquaten technischen
Ausstattung sowie dem Können und
Erfahrungsstand des Flugsicherungspersonals vor allem die koordinierte
2 Voraussetzung ist, dass die platzeigene
Rundsuchradaranlage ASR-910 uneingeschränkt betriebsbereit ist und qualifiziertes Flugverkehrskontrollpersonal für
die Bedienung zur Verfügung steht. Leider
sind bei dieser vor mehr als 25 Jahren eingeführten Anlage vermehrt Lücken in der
Radarerfassung wie auch zum Teil längerfristige technische Ausfälle zu verzeichnen.
Zudem macht es eine personelle Unterbesetzung in vielen Fällen nicht möglich, alle
Radararbeitsplätze während der Flugplatzöffnungszeiten durchgängig zu besetzen.
Ferner ist die Unterstützung des Platzkontrollpersonals mit Radarinformationen auch
abhängig von Art und Umfang des Verkehrsaufkommens der Anflugkontrolle.
15
Flugsicherheit
Zusammenarbeit im Team und die optimale Ausnützung der vorhandenen
Ressourcen (CRM/TRM).
In den oben beschriebenen Fällen hat es eindeutig daran gefehlt;
sowohl in der Zusammenarbeit zwischen dem Personal der beteiligten
Flugsicherungsstellen als auch in der
Zusammenarbeit zwischen den Luftfahrzeugbesatzungen und der Flugsicherung gab es Mängel.
Der Mensch ist und bleibt der
größte Risikofaktor im Luftverkehrsgeschehen. Es bedarf daher ständiger
technischer Weiterentwicklungen, um
die Menschen zu unterstützen und
Auswirkungen menschlichen Fehlverhaltens (Nachlässigkeiten, Unterlassungen, Fehler usw.) zu minimieren.
In der öMilFS der Bundeswehr ist
eine Ablösung der veralteten Radaranlage ASR-910 durch ein modernes
System längst überfällig.
zur Nutzung freizugeben, durch das
Amt für Flugsicherung der Bundeswehr (AFSBw) unterstützt und durch
das Luftwaffenführungskommando
(LwFüKdo) inzwischen genehmigt.
Weiterhin wurde in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, das auf dem
Flugplatz Neuburg bereits in Betrieb
befindliche System GAFACT /CIMACT
um eine Sichtkomponente auf dem
Kontrollturm zu erweitern.
Die vorzulegenden Erfahrungsberichte sollen die Basis der VorschriftenAnpassung für diesen Teil der öMilFS
bilden.
Diese Maßnahme ist sicherlich ein
richtungsweisender Schritt.
Da hinsichtlich der Einführung des
neuen Systems in die Bundeswehr der
Spruch „gut Ding hat Weil“ nicht ganz
unpassend ist, gilt es unabhängig von
meinen Ausführungen über eine verbesserungswürdige Ausstattung der
öMilFS daher für Flugsicherungs- und
Fliegendes Personal weiterhin, vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen
sowie Augen und Ohren im Luftraum
bzw. in den FS-Kontrollstellen offen
zu halten! Proaktives Handeln ist gefragt!
Wir sollten uns nicht darauf verlassen, dass immer „eine Hand dazwischen ist“.
Hinsichtlich der Entlastung des Flugverkehrskontrollpersonals durch moderne Technik gibt es eine gute und
zugleich auch eine schlechte Nachricht. Zunächst die Gute: im Rahmen
der geplanten Einführung der neuen
Rundsichtradaranlage ASR-S in die
öMilFS sollen auch die Platzkontrollstellen eine Radaranzeige („TochterBildschirm“ der Geräte im Anflugkontrollraum) erhalten.
Allerdings existiert von der ASR-S
derzeit nur ein Prototyp in Büchel.
Nach Abschluss des Beschaffungsvertrages wird es mehrere Jahre dauern,
bis alle Flugplätze der Bundeswehr mit
dieser Anlage ausgerüstet sind. Nach
derzeitigem Kenntnisstand wird das
im Jahr 2015 sein.
Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Einführung der ASR-S und der
damit einhergehenden notwendigen
Anpassung der relevanten Flugsicherungsvorschriften wurde der Antrag
des JG-71“R“, auf dem Kontrollturm
ein Radarsichtgerät zu installieren und
16
Zeichnung von HFw Ingo Dierkes ©
Aussicht
Elephant Recovery
von Oberstabsfeldwebel a. D.
Klaus Michna
Fotos für diesen Beitrag von
OFw O. Fischer, LwA Abt PrInfoZLw
Zu einer Zeit wollte sich
die gesamte Elite der
Luftwaffe zum Bergen
eines „Elefanten“ in
Hohn versammeln. Dies
sollte am 25.September
2006 geschehen, doch
noch vierzehn Tage vorher ging man im LTG 63
davon aus, das Vorhaben würde beim LTG 62
stattfinden.
So war man nun nicht nur sehr über
die Verlegung überrascht, sondern
auch zum „Rotieren“ aufgefordert,
da es bis dahin noch keinen Befehl zur
Durchführung gab.
Zum Glück aber ist es ja bekannt,
dass beim LTG 63 „ALLE“ an einem
Strang ziehen und es somit auch
keine Probleme geben würde, die
Übung vorschriftsmäßig durchzuplanen bzw. durchzuführen. So war es
dann auch ...
Das Luftwaffenführungskommando führt solch eine Übung jährlich
durch, zusammen mit den Lufttransportverbänden und der Flugbereitschaft BMVg. Ziel der Übung ist es,
die Fähigkeiten der beteiligten Lufttransportverbände zur Bergung von
Großluftfahrzeugen im Einsatz sowie
ihre materielle Ausstattung und den
Ausbildungsstand des Fachpersonals
zu überprüfen.
17
Flugsicherheit
Folgende Lage:
Eine Luftfahrzeugbesatzung stellte
nach dem Aufsetzen auf die Landebahn eine rechts- und buglastige Lage
des Luftfahrzeugs fest, so dass während des Abbremsvorganges das Luftfahrzeug von der Landebahn abkam
und nach circa 150 m auf der angrenzenden Grasnarbe zum Stehen kam.
Bei dem zur Rettung der Besatzung
herbeigerufenen SAR-Hubschrauber
Bell UH-ID leuchtete im Landeanflug
die Anzeige „Overtorque“ auf. Das
daraufhin abrupte Absetzen des Luftfahrzeuges auf unbefestigtem Untergrund führte zu Beschädigungen am
Kufenlandegestell und dem Heckausleger.
Nachdem der Projektoffizier vom
Luftwaffenführungskommando
die
Einweisung in den Übungsablauf gegeben hatte, wurden die havarierten
Luftfahrzeuge vom Flugsicherheitsoffizier an den Bergeoffizier übergeben.
Die Bergecrew konnte sich nun ein
Bild der Lage vor Ort machen.
Ob mit einem 100-Tonnen-Kran
vom Lazarettregiment 11 aus Breitenburg, mit dem Hebekissen oder mit Tra18
versen, alle Möglichkeiten, die Transall
zu heben, wurden geübt. Die angesprochenen Hebekissen wurden zum
Anheben des Bugs benutzt, um das
beschädigte Bugfahrwerk direkt vor
Ort zu reparieren. Abgesichert wurde
das Ganze mit Traversen, die im Luftfahrzeug eingebaut wurden. Die Hebekissen können in unterschiedlicher
Ausführung acht bzw. zwölf Tonnen
Gewicht heben und bis zu einer Höhe
von 2,40 Meter mit einem Druck von
0,5 bar aufgeblasen werden.
Beim Heben mit dem Kran musste
auch auf den Flugbetrieb und die Wetterverhältnisse Rücksicht genommen
werden. Für einen festen Untergrund
sorgten die Pioniere aus Minden mit
dem Verlegen einer Faltstrasse.
Die Übung wurde von einem Filmteam der TSLw 3 für Lern- und Ausbildungszwecke aufgezeichnet und die
Filmreportage des BwTV-Teams wurde
bereits zwei Tage nach der Übung gesendet, immerhin vier Minuten lang.
Parallel wurde eine Bilddokumentation durch das Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe angelegt.
Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie
alle Bereiche im Geschwader mitgeholfen haben, diese Übung erfolgreich zu
beenden. So war es dann auch nicht
überraschend, als das Urteil des Projektoffiziers des Luftwaffenführungskommandos lautete:
„Mit Motivation und Konzentration
waren alle Teilnehmer bei der Sache
und die Erwartungen wurden voll und
ganz erfüllt.“
19
Flugsicherheit
Eine selbstlose Tat
Der letzte Flug der BA-102 und des
Captain Higgins
von Oberstabsfeldwebel der Reserve
Karl Heinz Weiss
Am 5. April 1957
ereignete sich der erste
Unfall eines Jet-Kampfflugzeuges der gerade
im Aufbau befindlichen
Bundesluftwaffe mit
einer F-84F der
Waffenschule 30 in
Fürstenfeldbruck.
Durch das Verhalten des
Luftfahrzeugführers,
Captain Richard Higgins
(USAF), wurde die
Stadt Fürstenfeldbruck
vor einer Katastrophe
bewahrt und der Neuanfang der Luftwaffe
begann nicht mit einem
Desaster.
20
Eine F-84F Thunderstreak, taktisches Kennzeichen BA-102, der
Waffenschule 30 startete am 5.
April 1957 um 0949 auf dem
Fliegerhorst Fürstenfeldbruck zu
einem Testflug, bei dem die Flugsteuerung überprüft werden sollte.
Bei zwei vorangegangenen Testflügen nach einer periodischen Inspektion wurde das Luftfahrzeug
wegen adverser Flugeigenschaften
bei 0,95 Mach (es rollte über die
rechte Tragfläche) nicht freigegeben. Andere Mängel wurden nicht
festgestellt.
Da zu diesem Zeitpunkt keine
deutschen Luftfahrzeugführer die
Werkstattflugberechtigung für die
F-84F hatten und von den amerikanischen Fluglehrern keiner mit
Werkstattflugberechtigung an diesem Morgen zur Verfügung stand,
wurde Captain Higgins gebeten,
diesen Flug zu übernehmen. Captain Higgins war Angehöriger der
7330th Flying Training Wing und bildete dort Piloten mehrerer Nationen auf T-33A aus. Er war im Besitz
der Flug- sowie der Werkstattflugberechtigung für T-33 T-Bird, F-84
Thunderstreak und F-86 Sabre.
Der Start verlief normal. Das
Luftfahrzeug hob ungefähr Mitte
der Bahn ab. Beim Passieren des
Startbahnendes war ein deutlicher
Leistungsnachlass wahrzunehmen.
Das Flugzeug wurde in eine langsame rechte Steigkurve gebracht.
Nach 55 Sekunden Flugzeit meldete der Pilot eine Luftnotlage.
Er teilte dem Tower seine Absicht
mit, das Luftfahrzeug in eine Kurve
zum Gegenanflug zu bringen und
es zu landen. Er sagte auch, dass
es eventuell zu einer Bauchlandung kommen könne. Zeugen am
Flugplatz wie auch die Besatzung
einer T-33A T-Bird in der Platzrunde beobachteten die BA-102, wie
sie die Kurve in den Gegenanflug
vollendete und eine Flughöhe von
ungefähr 900 ft gewann.
Im Gegenanflug, der typbedingt
leidlich weit war und auf dem weiteren Rückflug zum Flugplatz sah man
das Luftfahrzeug in normaler Fluglage,
aber sehr langsam und allmählich absinkend.
Während dieses Teils machte der Pilot innerhalb von einer Minute und 23
Sekunden vier Durchsagen.
In der ersten Durchsage meldete
er, dass er abzustürzen drohe. Dann
folgte eine sehr kurze und sehr verstümmelte Durchsage, die vom Tower
nicht verstanden wurde. Danach antwortete er auf eine Frage der Bodenstelle, dass er sich in einer Notlage befinde und abzustürzen drohe und dass
das Luftfahrzeug dabei war, ihm unter
den Händen auseinander zu brechen;
und schließlich schrie er den Kontrollturm an, dass er in einer Notlage sei
und er versuche, das Ding zurückzubringen. Er sagte: „Ich weiß nicht, ob
es mir gelingen wird“ und dann „Da
geht es dahin, es explodiert mir unter den Händen“. Das war der letzte
Funkspruch.
Higgins befand sich bereits sehr tief
über dem westlichen Ortsrand von
Fürsty und bekam vom Kontrollturm
den Befehl zum „Aussteigen“. Er blieb
aber in dem Luftfahrzeug sitzen und
flog weiter. Er verzögerte die Betäti-
gung seines Schleudersitzes, bis er unbewohntes Gebiet erreicht hatte. Erst
in 80 Meter Höhe aktivierte er den
Schleudersitz, zum vollständigen Öffnen seines Fallschirms war es jedoch
zu spät. Er verstarb an der Unfallstelle.
Alle Augenzeugen, mit einer Ausnahme in der Nähe des Unfallplatzes,
berichteten, dass die Flugrichtung des
Flugzeug gerade und gleichmäßig
war, es jedoch sehr langsam flog und
an Flughöhe verlor.
Zwei Zeugen, Angehörige der Fliegerhorstfeuerwehr, die dienstfrei hatten, sich zu Hause aufhielten und in
ihren Gärten arbeiteten, befanden sich
etwa 200 Meter nördlich der Flugrichtung des Luftfahrzeuges. Als sie es zum
ersten Mal sahen, beobachteten sie
einen Feuerstoß, der aus dem Abgasrohr des Triebwerkes kam, ähnlich der
Nachbrenner-Flamme der F-100, der
einige Sekunden anhielt. Zur gleichen
Zeit hörten sie zwei dumpfe Schläge,
die sie als „wumm, wumm“ bezeichneten. Ferner beobachteten sie ein
brennendes Objekt, das aus dem Luftfahrzeug fiel. Kurz danach sahen sie
den Bug des Flugzeuges „hochgehen“
und das Kabinendach wegfliegen. Das
Luftfahrzeug ging danach wieder in
eine mehr oder weniger normale Fluglage über. Der Flugzeugführer verließ
es kurz darauf in einer Höhe von ca.
80 – 100 m mit dem Schleudersitz. Das
Flugzeug ging darauf in einen leichten
Sinkflug nach links über, schlug am
Boden auf und zerbarst. Die folgende
Explosion und das Feuer wurden von
den Luftfahrzeugführern der T-Bird,
Captain M. K. Khan der königlich pakistanischen Luftwaffe und Major Robert W. Dunham USAF, ähnlich wie
bei einer gigantischen Napalm-Bombe
beschrieben. Der Schleudersitz überschlug sich nach dem Ausschuss. Die
Sitz-Mann-Trennung
funktionierte
vorschriftsmäßig. Für eine vollständige
Entfaltung des Fallschirmes verblieb
jedoch nicht mehr genügend Zeit. Der
Pilot wurde beim Aufschlag am Boden
tödlich verletzt. Der letzte Flug der BA102 und des Capt. Higgins dauerte
zwei Minuten und 18 Sekunden.
Die Trümmer der abgestürzten Maschine waren in Richtung von 310° auf
einer Länge von ca. 300 m verstreut.
Der Großteil des Trümmerweges war
mit einer JP-4 Schicht bedeckt. Der
Schleudersitz und der LFF schlugen
sehr nahe zusammen am Boden auf,
ungefähr 3 m neben dem Aufschlagspunkt des Lfz. Von dort wurden sie
wieder hochgeschleudert und fielen
direkt zur Rechten des Trümmerfeldes
nieder. Das Triebwerk wurde beim
Aufprall aus dem Rumpf gerissen und
ungefähr 230 m weit geschleudert, wo
es relativ intakt zum Stillstand kam.
Dieser Flugunfall wurde durch einen
Materialfehler in einer oder mehreren
(wahrscheinlich sechs) Leitschaufeln
der vierten Turbinenstufe verursacht,
die von einer Überhitzung herrührten.
Außerdem zeigten alle Blätter der ersten Turbinenstufe Anzeichen von Materialermüdung. Als Ursache für die
Überhitzung wurde ein CompressorStall analysiert.
21
Flugsicherheit
Wer war nun der Pilot?
Capt. Richard Higgins war Angehöriger der 7330th Flying Training
Wing (FTW), die seit 1954 in Fürstenfeldbruck stationiert war und das
Mutual Defence Assistance Program
(MDAP) umsetzte. Zum Zeitpunkt
des Unfalls war er als Fluglehrer
auf der T-33A eingesetzt und bildete Flugschüler aus europäischen
und mit den USA befreundeten Nationen aus. Aus seinen vorherigen
Verwendungen besaß er noch die
Flug- und Werkstattflugberechtigung für die F-84 Thunderstreak
und die F-86 Sabre.
Er wurde am 21. August 1922
in Framingham/Massachusetts im
Osten der USA geboren. Dort verbrachte er seine Kindheit. Nach
dem Besuch der High School studierte er an der Norvich University in
Northfield/Vermont. Während des
zweiten Weltkrieges brach er das
Studium ab, trat – weil er Pilot werden wollte - in die amerikanische
Luftwaffe ein. Anfang 1944 erhielt
er den militärischen Flugzeugführerschein. Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete er für eine kurze Zeit
als leitender Angestellter bei einer
Firma in seiner Geburtsstadt Framingham. Wegen seiner Leidenschaft für die Fliegerei trat er jedoch nach kurzer Zeit wieder in die
USAF ein und wurde auf mehreren
Luftfahrzeugmustern eingesetzt.
Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte er 2476 Flugstunden, wovon er
2115 Stunden als Einsatzpilot und/
oder Fluglehrer verbuchen konnte.
Die F-84F hatte er 670 Stunden geflogen, 98 davon als Fluglehrer.
Captain Higgins hinterließ seine
Frau Elisabeth, die er im Frühjahr
1944 geheiratet hatte und drei
Kinder. Der älteste Sohn Tuck war
neun, die Tochter Blair sechs und
der in Fürstenfeldbruck geborene
Sohn Peter war gerade ein Jahr alt.
Die Witwe und ihre Kinder zogen
wieder in die USA nach Framing22
ham, wo auch Captain Higgins
beigesetzt wurde.
Er wurde postum zum Major befördert.
Nachtrag
Die Stadt Fürstenfeldbruck hat als
Würdigung für diese selbstlose Tat des
amerikanischen Piloten eine Straße
nach ihm benannt. Die Richard-Higgings-Straße liegt im „Brucker Westen“, rund einen Kilometer von der
Unglückstelle entfernt.
Die Bundeswehr gedenkt Richard
Higgins durch die Benennung einer
Ausbildungseinrichtung auf dem Fliegerhorst in „Captain-Higgings-Gebäude“. Hier findet die Ausbildung des
Flugsicherheitspersonals der Bundeswehr statt.
Nach einer Lehrerfortbildung zum
Thema „Örtliche Geschichte lebendig erleben – Opfertod eines Piloten“
unter Teilnahme von vielen Grundschullehrern aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck kam der Rektor einer
Grundschule auf die Idee einer Namensänderung seiner Schule. Der Antrag wurde vom bayrischen Kultusministerium positiv beschieden und seit
Weihnachten 2002 trägt das Schulgebäude der ehemaligen Grundschule
West den Namen des amerikanischen
Militär-Jetpiloten – „Richard-HigginsVolksschule“.
Aus der Historie
Das Mutual Defence Assistance
Program (MDAP) wurde von den
USA nach dem zweiten Weltkrieg ins
Leben gerufen, um den vom Krieg
gezeichneten Staaten Westeuropas
und anderer mit den USA befreundeter Nationen, die finanziell nicht
in der Lage waren, ihre Luftwaffen
angemessen auszubilden und auszurüsten, Ausbildungs- und Materialhilfe zu leisten. Anfang der 50er
Jahre errichtete die USAF in Fürstenfeldbruck ein Schulkommando mit
dem Ziel, deren Flugzeugführer nach
den Methoden und mit dem Gerät der
amerikanischen Luftwaffe auszubilden.
Die Lehrgangsteilnehmer kamen
aus Belgien, Dänemark, Frankreich,
Griechenland, Irak, Iran, Italien, Nor-
wegen, Pakistan, Portugal, Spanien
der Türkei und Jugoslawien. Seit 1954
wurde die fliegerische Ausbildung
durch die 7330th Flying Training Wing
(FTW) durchgeführt. Als Flugzeugmuster kam die T-33A T-Bird zum Einsatz.
Bereits am 3. Januar 1956 etablierte
sich in Fürstenfeldbruck eine deutsche
MDAP-Lehrgruppe. Die Ausbildung
wurde von FFB aus gesteuert und bei
der 7339th FTW unmittelbar nach dem
Eintreffen der ersten deutschen Flugzeugführeranwärter begonnen. Einen
Monat später begann in Landsberg die
erste Stufe des „Refreshings“ auf dem
gelben Monster, der T-6, dem in FFB
auf der T-33A die „Jet-Familiarization“
folgte.
Nachdem die ersten deutschen F84F im Oktober in FFB übernommen
wurden, fand hier auch die Schulung
der deutschen Jagdbomberpiloten im
Rahmen der Mutual Assistance Program (MAP) durch USAF-Piloten statt.
Am 20. Mai 1960 endete der Einsatz der amerikanischen Fluglehrer im
Rahmen dieses Programms in Fürstenfeldbruck.
Die Gründung der Waffenschule 30
wurde am 23. Oktober 1956 mit der
Aufstellung der 1. Staffel/Waffenschule 30 mit Luftwaffenaufstellungsbefehl
Nr. 49 angeordnet. Wenige Tage später erfolgte deren Indienststellung in
Fürstenfeldbruck. Gleichzeitig wurden
die ersten 15 F-84F an die Luftwaffe
übergeben.
Da zu diesem Zeitpunkt noch keine
fertig ausgebildeten deutschen F-84F
Luftfahrzeugführer zur Verfügung
standen, erfolgte die Schulung zunächst durch (10) Piloten, die der
7330th Fighter Training Group ange-
hörten. Im Frühjahr des Jahres 1957
fiel die Entscheidung, die WaSLw 30
nach Büchel zu verlegen. Anfang 1958
entschied sich die Luftwaffenführung,
die gesamte F-84F Waffensystemausbildung in den USA durchzuführen.
Die WaSLw 30 wurde am 1. Juli 1958
in Jagdbombergeschwader 33 umbenannt und hörte damit nach weniger als 2 Jahren auf zu existieren.
Wie bereits beschrieben, begann
man bei der Schulung auf die F-84F
mit der T-33. Hier brachte man den
Flugschülern die korrekten Landungen
mit diesem Lfz bei, im „Pitch“ den
Leistungshebel in die Leerlaufstellung
ziehen und ihn dort bis zur Landung
zu belassen.
Bei der Umschulung auf die F-84F
musste den Schülern eine andere Landetechnik beigebracht werden. Dazu
wurden mit der T-Bird Anflüge ohne
Landeklappen geflogen. Das hatte
große Landekurven und einen verlängerten Endanflug mit erhöhter Triebwerksleistung zur Folge. Wurden die
sogenannten „No-Flap“ Anflüge be-
herrscht, ging es bei der F-84F/RF-84F
mit dem so genannten „Taxi Check“
weiter. Da es von der F-84F keine
Doppelsitzer gab, setzte sich der Flugschüler in das Cockpit und startete das
Triebwerk. Der Fluglehrer stellte sich
auf den rechten Flügel und schnallte
sich mit einem Gurt am Cockpitrand
fest. Dort hielt er sich verzweifelt fest,
während der Flugschüler mit dem
Flugzeug kreuz und quer über den
Abstellbereich rollte.
Wegen ihres breiten Hauptfahrwerks war sie, da am Boden bremsgesteuert, schwer zu handhaben. Da
die Fahrwerksgeometrie fast einem
gleichseitigen Dreieck entsprach,
wirkten sich schon geringe Bremseingaben gravierend auf das Rollverhalten am Boden aus. Das führte bei
vielen Landungen und Startabbrüchen
zu Unfällen mit zum Teil dramatischen
Folgen. Da in der zweiten Hälfte der
fünfziger und in der ersten Hälfte der
sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts kein Fliegerhorst der Luftwaffe
über eine Startbahn mit einem Anti
Skid-Belag verfügte, kam es sehr häu-
23
Flugsicherheit
fig - vor allem bei nasser Piste - zu
einem seitlichen Verlassen oder Überschießen der Runway. In den meisten
Fällen führte dies auch zu einem Bruch
des Bugfahrwerkes.
Ein tödlicher Fehler - der häufig bei
der Landung gemacht wurde - war,
dass Lfz zu langsam werden zu lassen.
Wurde es zu langsam, hatte man nicht
genug Schub, um zu beschleunigen
oder durchzustarten. Durch den vorhandenen Schub konnte der erhöhte
Widerstand durch die Flugzeugzelle
nicht mehr ausgeglichen werden, wodurch sich dann die Sinkrate erhöhte.
Am Steuerknüppel zu ziehen und die
Flugzeugnase anzuheben verschlimmerte die Sache nur noch.
Die Thunderstreak war der eigentliche Witwenmacher. Von den erhaltenen 450 Maschinen wurden 190 in
Unfälle verwickelt. Dabei wurden 94
Luftfahrzeuge zerstört und 35 Luftfahrzeugführer getötet. Das ergab
eine Unfallrate von 5,78 pro 10.000
Flugstunden. Damit lag dieses Waffensystem an der Spitze der Unfallstatistik der Luftwaffe. Dieser Wert wurde selbst mit der F-104G bei weitem
nicht erreicht.
Quellennachweis:
-Meyer, Harald, Oberstlt a.D.
(ehemaliger Leiter der Flugsicherheitsausbildung
an der OffzSLw in Fürstenfeldbruck)
-Kropf, Klaus: Jet-Geschwader im Aufbruch
-Hans-Werner Jarosch (Hrsg): Immer im Einsatz -
50 Jahre Luftwaffe
Bravo – gut gemacht!
Am 02.05.2007 fand auf dem Fliegerhorst Laage
eine Unfallübung statt, an der eine E-3A AWACS
beteiligt war.
Bild: EDDL-Photograph
24
Nach Beendigung der Übung wurde
OFw Marco Wichert von der Teileinheit Cross Servicing mit der Start – Up
Procedure beauftragt. Die Procedure
verlief ohne Vorkommnisse und das
Luftfahrzeug erhielt die Rollfreigabe.
Beim Rollen der Maschine stellte
OFw Wichert fest, dass der Notöffnungsgriff der hinteren, linken Ausstiegstür nicht in der vorgeschriebenen
Position verriegelt war. Er informierte
sofort den Tower über seine Beobachtung und die Maschine wurde umgehend gestoppt. Die Besatzung der
E-3A verriegelte die Tür vorschriftsmäßig und konnte den Flug ohne weitere Zwischenfälle fortsetzen.
Ohne die sehr gute Beobachtungsgabe und Aufmerksamkeit von OFw
Wichert, auch nach Abschluss der
Start – Up Procedure, sowie die sofortige Meldung an den Tower, wäre die
E-3A mit nicht korrekt verriegelter Tür
gestartet. Dies hätte ohne Zweifel zu
einer enormen Gefährdung der Flugsicherheit geführt.
Absturz mit
ungewöhnlichen Folgen
mit freundlicher Genehmigung von
Del Quentin Wilber, Washington Post
Übersetzt von Herrn Magnus,
BSprA SMD 11,
Air Florida, 1982: Der
Beginn weit reichender
Sicherheitsreformen
An einem eisigen
Wintertag vor rund 25
Jahren war Kopilot
Roger Alan Pettit als
Steuerführender eines
Passagierjets der Fluglinie Air Florida am
Washington National
Airport beim Startvorgang. Während des
Startlaufs warf er einen
prüfenden Blick auf die
Anzeigen. Irgendetwas
stimmte nicht.
„Ach herrje, schau dir das mal an!“
sagte er zu Larry Wheaton, dem Flugkapitän der Maschine. Gemeint war
offensichtlich eine Unstimmigkeit der
Anzeigen der Triebwerkinstrumente
bzw. der Leistungshebelstellung. „Das
kann doch nicht stimmen oder?“
Pettit wiederholte seine Bedenken,
denen Wheaton laut Führerraum-Tonaufzeichnungen jedoch keine Beachtung schenkte. Das Flugzeug setzte
seinen Weg auf der matschigen Startbahn fort. Kurz nach dem Abheben
raste die Maschine in die Brücke der
14th Street und riss 78 Menschen - Passagiere, Autofahrer und Besatzungsmitglieder, darunter auch Pettit und
Wheaton - in den Tod. Das Unglück
ereignete sich am 13. Januar 1982.
Die meisten Flugzeugunglücke geraten schnell in Vergessenheit. Nur
wenige Unfälle haben derart weit reichende Auswirkungen wie der Air Florida-Flug 90, heißt es aus Kreisen der
Luftverkehrssicherheit. Einige Erkenntnisse, u. a. im Bereich Führungs- und
Kommunikationsqualitäten, mögen
simpel erscheinen. Dennoch hat der
Flugunfall dazu beigetragen, die vom
Flugkapitän dominierten Autoritäts-
On a snowy day 25 years ago tomorrow, co-pilot Roger Alan Pettit
was at the controls of an Air Florida
jetliner taking off from Washington
National Airport. As the plane rolled
down the runway, Pettit looked at his
instruments. Something was wrong.
„God, look at that thing,“ he told
the plane‘s captain, Larry Wheaton,
apparently referring to an anomaly in
engine instrument readings or throttle
position. „That doesn‘t seem right,
does it?“
Pettit repeated himself, but Wheaton ignored him, according to a transcript of the cockpit voice recording.
The crew continued down the slushy
runway. After lifting briefly into the
air, the plane slammed into the 14th
Street bridge, killing 78 passengers,
motorists and crewmembers, including Pettit and Wheaton, on Jan. 13,
1982.
25
Flugsicherheit
strukturen im Cockpit aufzubrechen.
Mit der Zeit setzten sich die infolge des
Unglücks gewonnenen Erkenntnisse
auch in anderen Transportbereichen,
Unternehmen und selbst in Krankenhäusern durch.
„Dieser Unfall stellt einen bedeutenden Einschnitt dar: Er trug dazu
bei, den Verbesserungsbedarf hinsichtlich der internen Kommunikation
der Cockpit-Besatzung zu verdeutlichen“, erklärt Robert L. Sumwalt III,
stellvertretender Vorsitzender der Nationalen Transportsicherheitsbehörde
(NTSB) der USA und ehemaliger Pilot
einer Fluglinie. Er war nur wenige
Stunden vor dem besagten Unfall vom
Washington National Airport gestartet. „Die Erinnerung an den Unfall sitzt
weltweit tief. Wir haben die Rettungsmaßnahmen hautnah miterlebt. Ich
weiß von keinem anderen Flugunfall,
der sowohl die Luftfahrt als auch andere Industriebereiche so tiefgreifend
verändert hat.“
Auch Seefahrt- und Eisenbahnindustrie zogen entsprechende Lehren
aus dem Unfall, um Kommunikationsschwierigkeiten beim Betrieb von
26
Passagierdampfern oder Zügen entgegenzuwirken. Siebzehn Jahre später
sorgte ein bahnbrechender Bericht für
Besorgnis unter Krankenhausmanagern. Darin hieß es, jährlich stürben
zehntausende amerikanische Patienten
infolge medizinischer Fehler. Folglich
begann man nach Möglichkeiten zu
suchen, derartige Fehler leichter zu
vermeiden. Dabei wandte man sich
auch an Piloten von Fluglinien.
„Auch in unserem Bereich bestehen
hohe Risiken“, sagt Steve Smith, Chief
Medical Officer am Nebraska Medical
Center, Omaha. „In der Vergangenheit hatte der Chirurg eine ähnliche
Autoritätsrolle wie der Flugkapitän
inne.“
In den Monaten nach dem Unglück
beschäftigten sich der Sicherheitsausschuss und andere Aufsichtsbehörden
eingehend mit den Enteisungsmaßnahmen der Air Florida-Besatzung
bei Temperaturen von ca. -7 °C (20
°F) während eines Schneesturms. Eisbildung kann die Flugfähigkeit eines
Luftfahrzeuges erheblich beeinträchtigen.
Die NTSB wies Fehler in der Durchführung der Enteisungsmaßnahmen
nach – die Besatzung versuchte gar,
die Eisbildung an der Boeing 737
mithilfe des Abgasstrahls eines vorab
rollenden Jets zu verhindern. Diese
Maßnahme hat die möglicherweise
bestehende Vereisung des Tragflügels
ggf. noch verstärkt. Die Untersucher
vermuteten zudem Eisansatz an triebwerkspezifischen Messfühlern, woraus
sich falsche Anzeigewerte hinsichtlich
des für den Start benötigten Schubs
ergaben. Der Sicherheitsausschuss
schloss daraus, dass der Absturz vermutlich auf Eis- oder Schneeablagerungen auf der Maschine und den unzureichenden Schub zurückzuführen
gewesen sei.
Bei der Aufarbeitung des Sicherheitsausschussberichts befassten sich
Sachverständige und Führungskräfte
der Fluglinien eingehend mit der damaligen Situation im Cockpit. Es stellte
While most air disasters quickly
become historical footnotes, aviation
safety experts say few crashes have
left a legacy as sweeping as Air Florida
Flight 90. Though some of the lessons
may seem simple, such as communication and management skills, it helped
break down an authoritarian cockpit
culture dominated by captains. Over
time, the principles learned from the
disaster gradually migrated to other
modes of transportation and into businesses, even hospitals.
„This accident was pivotal because
it helped draw attention to the fact
that pilots need to communicate better,“ said Robert L. Sumwalt III, vice
chairman of the National Transportation Safety Board and a former airline
pilot who took off from National hours
before the Air Florida crash. „This accident was ingrained in the minds of
the entire world, and we watched the
recovery efforts as they happened. l
don‘t know of any other accident that
has had this amount of impact on aviation but also in other industries.“
The maritime and rail industries
adopted lessons from the crash used
to combat communication problems
on ocean liners and in trains. Hospital
executives became worried after an
influential report in 1999 conc1uded
that tens of thousands of Americans
died each year because of medical errors. They began searching for ways to
more easily avoid such errors. Some
have turned to airline pilots.
„We are also in a high-risk environment,“ said Steve Smith, chief medical
officer at the Nebraska Medical Center
in Omaha. „The model of a surgeon
being captain of the ship was very similar to the model in the cockpit many
years ago.“
In the months after the crash, the
safety board and other regulators focused intensely on de-icing operations
of Air Florida 90 in 20-degree temperatures during a snowstorm. Ice buildup can cripple an airplane‘s ability to
fly.
sich heraus, dass Pettit und Wheaton
ein klassisches Beispiel für die damals
bestehende Cowboy-Kultur in der
Luftfahrt waren, einem Überbleibsel
jener Zeiten, als Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges und des Koreakrieges
als Piloten für zivile Fluggesellschaften
arbeiteten. Ein machohaftes Arbeitsklima, in dem galt: Die Flugkapitäne
haben immer Recht. Sie waren auf die
Ratschläge anderer nicht angewiesen,
während Kopiloten und andere Besatzungsmitglieder häufig zu eingeschüchtert waren, um sich ihnen gegenüber zu behaupten.
„Als die Luftfahrt noch kein Transportmittel wie jedes andere darstellte,
galten noch andere Regeln. Hier bestand eindeutiger Handlungsbedarf“,
erläutert Larry Rockliff, Leiter der Abteilung Ausbildung bei Airbus Nordamerika.
Die Industrie hatte langsam begonnen, sich mit einigen der Kommunikations- und Führungsfragen in der
US-Luftfahrt
auseinanderzusetzen,
insbesondere nach dem Absturz eines
Jets der United Airlines in Portland,
Oregon, im Jahre 1978. Zuvor hatten
andere schwere Flugzeugunglücke
das Bewusstsein für die Problematik
der mangelnden Kommunikation im
Cockpit geschärft.
Einige Experten meinen jedoch, es
habe erst zum aufsehenerregenden
Sturz der Air Florida-Maschine in den
Potomac kommen müssen, um die
Verantwortlichen wachzurütteln und
die weite Verbreitung eines damals
noch revolutionären Ausbildungsprogramms, heute besser bekannt als
Crew Resource Management, voranzutreiben.
Bald darauf zogen Fluglinien das
Unglück von 1982 als Paradebeispiel
heran, wenn es im Rahmen der Ausbildung darum ging, die Folgen mangelhafter Kommunikation im Cockpit zu
veranschaulichen. Auch die Studenten
der Embry-Riddle Aeronautical University, die in der Regel eine Karriere
bei den Fluggesellschaften anstreben,
beschäftigen sich eingehend mit dem
Absturz. Selbst angehende Flugzeugingenieure der University of Iowa untersuchen anhand des Unfalls technische
Möglichkeiten, um zukünftig Kommunikationsausfälle zu verhindern.
Die Professoren der Embry-Riddle
Aeronautical University in Daytona
Beach, Florida, ziehen das Flugzeugunglück immer wieder heran, um
die Verkettung menschlicher Fehlentscheidungen an jenem Tag zu veranschaulichen. Dabei bewerten sie selbst
die Art und Weise, wie die Besatzung
die Vorflug-Checkliste durchging.
„Vereisungsschutz,“ sagte Pettit
und bezog sich auf eine Vorrichtung,
die Vereisung kritischer Messfühler am
Triebwerk verhindern soll.
The NTSB found errors in the way
the way the plane was de-iced - the
crew even tried to reduce the build-up
on their Boeing 737 by using the exhaust of a jet in front of them. That
decision may have only worsened potential icing on the wings. Investigators believe that ice also covered critical engine probes, giving the pilots a
false reading of the thrust needed for
takeoff. Ice or snow on the plane and
the lack of thrust likely caused the to
crash, the board conc1uded.
As experts and airline executives digested the safety board‘s report, they
began to more closely scrutinize other
problems in the cockpit that day. It
emerged that Pettit and Wheaton
were emblematic of aviation‘s lingering cowboy culture, a residue of an
era when fighter jocks from World
War II and Korea flew for the airlines.
In that gung-ho environment, captains
were always right. They did not need
advice, and co-pilots and other crewmembers often were afraid to assert
themselves.
„It was a more romantic time frame
when aviation, wasn‘t just a transportation system, but that needed to
change,“ said Larry Rockliff, vice president of training for Airbus North America.
The industry was starting to tackle some of those communication and
management problems in the United
States, especially after the 1978 crash
of a United Airlines jet in Portland, Ore.
Other major air crashes had also raised
alarms about the lack of communication in cockpits.
But some experts believe it took
the spectacular crash of Air Florida in
the Potomac to drill the lessons home
and spur widespread use of what was
then a revolutionary training regime,
later to be known as Crew Resource
Management.
Soon, airlines were teaching the Air
Florida crash as a textbook example
of what can go wrong when pilots do
not communicate and listen properly.
27
Flugsicherheit
„Abgeschaltet“, erwiderte Wheaton in einem Ton, der vermuten ließ,
er befände sich auf einer sonnigen
Piste in Florida, anstatt das Schneetreiben durch die Frontscheibe zu beobachten.
„Der Kopilot geht die Checkliste
durch und kommt zum Vereisungsschutz. Doch er hält nicht inne“, sagt
Thomas Kirton, ein Professor der Embry-Riddle Aeronautical University. Er
fügt hinzu, jener verhängnisvolle Moment diene dazu, den Studenten zu
verdeutlichen, dass unabhängig von
den jeweiligen Zuständigkeiten alle im
Führerraum ablaufenden Handlungen
sorgfältig bedacht werden müssen.
Kirton lässt die Studenten zudem
die letzten Worte der Piloten analysieren: Pettit versucht, auf bestehende
Unstimmigkeiten hinzuweisen. Viele
Experten sind der Ansicht, er hätte
mehr Durchsetzungsvermögen zeigen
müssen und Wheaton hätte den Start
abbrechen sollen, um diese Unstimmigkeiten zu klären.
28
Kirton greift diese Standpunkte auf,
um seinen Studenten einzuschärfen,
den Flugkapitän in einer Art und Weise auf Unstimmigkeiten hinzuweisen,
die ein Übergehen der Bemerkung unmöglich macht.
„Man sagt: ‚Kapitän Smith, ich
sehe da ein Problem.... Stimmen Sie
mir zu?“, erklärt Kirton. „Als Kopilot
muss man selbstsicher auftreten, ohne
dabei offensiv zu wirken.“
Auch im OP-Saal hat inzwischen ein
ähnlicher Ethos Einzug erhalten. Im
Nebraska Medical Center prüfen OPTeams seit kurzem vor der Operation
anhand einer Checkliste, ob es sich um
den richtigen Patienten handelt, die
vorgesehenen Maßnahmen durchgeführt werden und die entsprechenden
Medikamente verabreicht wurden.
Nach Abarbeiten der Liste fordert der
Chirurg das Team auf, Bedenken zu
äußern. Auch Piloten von Fluglinien
ermahnen gemäß dem letzten Punkt
der Checkliste ihre Besatzung immer
wieder: „Falls irgendwelche Bedenken
bestehen, teilen Sie es mir mit.“
Sicherheitsexperten haben festgestellt, dass die Entwicklungen der Arbeitsumgebung Cockpit, in der nun
auch Anmerkungen der Flugbegleiter
auf ein offenes Ohr stoßen, wesentlich
zur Luftverkehrssicherheit beigetragen
haben. Dennoch, so die Experten,
liegt es in der Verantwortung der Industrie, die Kommunikationsfähigkeit
der Piloten weiterhin zu fördern. Das
letzte schwerwiegende Flugzeugunglück in den USA ereignete sich erst
vergangenen August, nachdem die
Piloten eines Regionaljets eine falsche
Piste benutzen wollten. Die Veröffentlichung der entsprechenden NTSBBerichte ist für nächste Woche vorgesehen. Der Bericht wird vermutlich
jene Umstände im Cockpit besonders
beleuchten, die die Piloten veranlasst
haben könnten, den Versuch zu machen, eine zu kurze und unzureichend
beleuchtete Piste zu benutzen.
In anderen Fällen konnten Flugunfälle dank der Reaktions- und Kom-
Students at Embry-Riddle Aeronautical
University, many of whom are destined
to work for airlines, study the crash.
Even budding aircraft engineers at the
University of Iowa review the accident
so they can think of better ways to design systems to avert communications
breakdowns.
At Embry-Riddle, in Daytona Beach
Florida, professors use the accident
to highlight a litany of human errors
made that day. They even evaluate
how the crew went through the preflight checklist. „Anti-ice,“ Pettit said,
referring to a device that prevents icing
of critical gauges in the engine.
„Off,“ Wheaton replied, almost as if
he were sitting on a tarmac in Florida
and not watching the snow through
the windshield.
„The co-pilot was reading the checklist, and he reads the anti-ice item. But
then he kept going,“ said Thomas Kirton, an Embry-Riddle professor, adding that the fateful moment serves
to bring home to students the need
to carefully consider all actions in the
cockpit, no matter who is in charge.
Kirton also has students dissect the
last words of the pilots: Pettit is trying
to explain that something is wrong.
Many experts believe that Pettit should
have been more assertive and that
Wheaton should have rejected the
takeoff so they could determine what
was wrong.
Kirton uses the comments to reinforce in his students that they need to
forcefully tell captains that something
is amiss in a way that cannot be ignored.
„You say: ‚Captain Smith, I have a
concern. . . Do you agree with me?‘“
Kirton said. „If you are in the co-pilot‘s
role, you have to be assertive without
being offensive.“
A similar ethos has moved into
the hospital operating room. At the
Nebraska Medical Center, surgical
teams have begun to use checklists
before each operation to ensure that
they have the right patient, are con-
munikationsfähigkeit der Piloten verhindert werden.
Im Juni 2005 entdeckte der Kopilot einer Boeing 737 der US Airways
während des Startlaufs am Logan International Airport in Boston durch die
Frontscheibe einen Großraum-Passagierjet, der sich auf Kollisionskurs mit
der Boeing befand. Beide Jets hatten
gleichzeitig die Freigabe zum Start auf
sich kreuzenden Pisten erhalten.
Der Kopilot des US Airways-Jets,
James Dannahower, drückte das Steuerhorn herunter, um den Piloten am
Abheben zu hindern und wies ihn an,
die Maschine am Boden zu halten. Der
Aer Lingus-Jet hob ab und überflog die
Boeing im sicheren Abstand.
„Er hat die Maschine aus dem Augenwinkel gesehen und ich habe ihm
vertraut“, so Hank Jones, der Pilot der
Boeing.
Jones, der die im Cockpit vorherrschenden Strukturen zu Beginn seiner
Karriere in den 1970ern als zu „autokratisch“ empfand, beginnt jeden
Flug mit einem Briefing, an dem Kopilot und Flugbegleiter teilnehmen. Er
fordert sie auf, ihm jegliche Bedenken
mitzuteilen. Während des Sinkflugs
auf Mobile, Alabama errechnete sein
Kopilot kürzlich, dass der Rückenwind
zu stark für eine sichere Landung sein
würde. Die Besatzung flog daraufhin
einen Ausweichflughafen an. „Kleine
Taten können große Unglücke verhindern“, betont Jones.
In Zusammenarbeit mit Richard
Drezen (Recherche, Washington Post)
© 2007 Washington Post Company
ducting the right procedure and have
given patients the appropriate medication. The last checklist item raised
by the surgeon is meant to embolden
team members to raise concerns, and
it is the same one many airline pilots
reiterate to their crews: „If anybody
sees any red flags, something they are
uncomfortable with, bring it to my attention.“
Safety experts said evolution in the
cockpit‘s culture, which now also includes listening more attentively to advice from flight attendants, has made
aviation far safer. Still, experts say, the
industry needs to keep pushing pilots
to communicate effectively. The most
recent major U.S. crash occurred in August after a regional jet‘s pilots tried to
take off from the wrong runway. Next
week the NTSB is scheduled to make
public the reports on the crash. The
board‘s investigation is expected to
focus intensely on what went wrong
in the cockpit that would have led
the pilots to attempt taking off from
a runway that was too short and not
properly lighted.
In other instances, pilots acting and
communicating quickly have averted
disaster.
In June 2005, a US Airways Boeing
737 was hurtling down a runway at
Logan International Airport in Boston when the co-pilot looked out the
windshield and saw a wide-body jetliner heading on a collision course. Both
jets had been cleared to take off at the
same time on intersecting runways.
The co-pilot of the US Airways jet,
James Dannahower, pushed down the
yoke to prevent the pilot from taking
off and told him to keep the plane on
the ground. The Aer Lingus jet took
off and flew safely overhead.
„He saw it out of his peripheral vision,
and I trusted him,“ the pilot, Hank
Jones, said.
Jones, who said the cockpit was
too „autocratic“ when he started flying in the 1970s, begins each trip
with a briefing that involves the first
officer and flight attendants. He tells
them to alert him to anything that
concerns them. As he was descending
into Mobile, Alabama, recently, the
co-pilot did some quick math and told
him that the tailwinds were too strong
for his aircraft to land safely. The crew
then diverted to another airport. „Little things can prevent big things,“ he
said.
Staff researcher Richard Drezen
contributed to this report.
29
Flugsicherheit
Bundeswehr goes
PANS-OPS
PANS-OPS: Procedures for Air Navigation Service for aircraft OPerationS
(Eine Fortsetzung von „NATO goes
PANS-OPS“, Flugsicherheit Ausgabe
02/2007)
von Hauptmann Friedel Wegner,
TSLw 1
Am 28.10.2003 wurde
die STANAG 3759
(AATCP-1 (B)) der NATO
in Kraft gesetzt. Diese
beinhaltet die NATOweite Übernahme von
ICAO Doc 8168-OPS/611
mit den entsprechenden
Ergänzungen im
Rahmen der STANAG
3759 AATCP-1 (B) bis
zum 28.10.2008.
Im Zuge dieser Maßnahme wurden
zunächst 8 deutsche Verfahrensbearbeiter (AFSBw, LwAusbKdo, ETHL,
ETHB, ETNL sowie TSLW1) an der
ECOLE NATIONAL D’AVIATION CIVIL
(ENAC) in Toulouse 5 Wochen lang
ausgebildet. Im Anschluss daran wurde eine Arbeitsgruppe, der auch ich
angehörte, ins Leben gerufen, welche
mit der Umstellung des Ausbildungsgangs in Kaufbeuren beauftragt war.
Die ersten Schritte lagen darin,
festzustellen, wie die Ausbildung in
Zukunft verwirklicht werden kann und
welche Rahmenbedingungen dabei zu
30
beachten
sind . Hierbei galt es
die Vorgabe
einer manuellen Erstellung
der Verfahren umzusetzen. Die Beschaffung einer entsprechenden
Software für jeden IFR-Platz erschien
nicht möglich zu sein, da die Lizenzkosten im hohen mehrstelligen Eurobereich anzusiedeln sind. Somit wurde nur das zuständige Dezernat im
AFSBw mit Software ausgestattet, um
die von den Verfahrensbearbeitern in
den Verbänden manuell zu fertigen
Entwürfe zu verifizieren und zu finalisieren. Für den Verfahrensbearbeiter
am Platz wird das heißen, dass er Verfahren gemäss PANS-OPS berechnen
und auch auf Karten zeichnen können muss. Nach Prüfung/Fertigstellung durch das AFSBw soll das jeweilige Verfahren veröffentlicht werden.
Ein wichtiger Aspekt ist der hohe
Zeitaufwand. Ein Verfahren nach
PANSOPS zu berechnen, lässt sich
nicht innerhalb eines Tages erledigen,
dazu ist die Umsetzung der Kriterien
zu komplex. Und „zwischen Tür und
Angel“ eben mal schnell ein Segment
zu berechnen und zu zeichnen ist
unmöglich. Der Verfahrensbearbeiter
und sein Stellvertreter müssen einen
geeigneten Arbeitsplatz und Zeit haben, um sich mit der nötigen Ruhe, im
Vier-Augen-Prinzip in das unbestritten
komplizierte Regelwerk einzuarbeiten.
Dabei sind auch weiterhin die platztypischen und operationellen Parameter zu berücksichtigen. Eine enge
Zusammenarbeit mit der fliegenden
Seite und AFSBw bleibt selbstredend
notwendig.
Doch zurück zur Entwicklung des
Lehrgangs.
Zunächst mussten wir klarstellen,
dass die Ausbildung in Umschulung
und Regeneration zu teilen ist, denn
es wird zwar vieles neu sein, doch der
jetzige Verfahrensbearbeiter bringt einige Voraussetzungen/Vorwissen mit,
auf welche man aufbauen kann. Diese muss man bei einem Regeneranten
ohne Vorkenntnisse erst entwickeln.
Augenscheinlich ist die Tatsache, dass
eine Berechnung mit der Zahl „Pi“ sich
nicht ändert oder die Winkelfunktionen in einem Dreieck gleich bleiben,
egal nach welchen Kriterien man rechnet. Lediglich die Anwendung wird
sich ändern.
Zur Einhaltung des Zeitplans gingen
wir unkonventionelle Wege. Zunächst
wurden die bisherigen Ausbildungsinhalte des Lehrgangs auf Verwendbarkeit überprüft. Dabei mussten wir leider feststellen, dass vom guten alten
„APATC-1“-Kurs kaum etwas zu verwenden war. Man könnte dies so beschreiben: Das Ziel der Kriteriensammlungen ist dasselbe, nämlich Sicherheit
bei IFR-Operationen zu produzieren
und zu gewährleisten, doch der Weg
dorthin ist extrem unterschiedlich. Ich
habe ja schon in meinem o. g. Artikel
einen kleinen Eindruck dessen zu vermitteln versucht. Diese Erkenntnisse
beruhen auf unseren gemeinsamen
Erfahrungen aus Toulouse und aus
den Sitzungen der Arbeitsgruppe
Wir haben die Lerninhalte in einem
Lehrplanentwurf gefasst und die verschiedenen „Unterrichtspäckchen“,
bestehend aus einer Power-Point-Präsentation, dem notwendigen Ablaufplan für die Unterrichtsstunde und die
notwendigen Lernunterlagen auf die
Mitglieder der Arbeitsgruppe verteilt.
Mit dieser Vorgehensweise wurde gewährleistet, dass immer ein Bezug zur
Praxis einfloss und die Fertigstellung
der Lehr- und Lernunterlagen zügig
vollzogen wurde. Die AG-Mitglieder
trafen sich dann in unregelmäßigen
Abständen, um die Arbeitsergebnisse
zu verifizieren. Im Folgenden wurden dann die Szenarien und Aufgabenstellungen für die Praxisanteile im
Lehrgang erstellt. Hierzu haben wir
entschieden, auf vorhandene Flugplatzdaten einer begrenzten Zahl von
Flugplätzen zurückzugreifen und diese bei der Entwicklung zu nutzen.
Die Auswahl der Flugplätze wurde an
Hand der vorhanden Navigationsmit-
telausstattung und der Komplexität
der geographischen- und Luftraumsituation getroffen. Als Besonderheit
des Lehrgangs wurde festgelegt, dass
der Praxisanteil des Lehrgangs in Gruppenarbeit zu gestalten ist. Der Bezug
zur späteren Arbeitsstrategie des VierAugen-Prinzips sollte immer wieder in
den Lehrgang einfließen.
Dabei gingen wir davon aus, dass in
der Gruppe Probleme schneller gelöst
werden oder erst gar nicht auftauchen,
da man sich gegenseitig Hilfestellung
geben kann. Dieses Konzept hat sich
unseres Erachtens während der Ausbildung an der ENAC bewährt.
Die Erstellung von ca. 200 Theorie- und Praxisstunden brauchte einige
Zeit.
Um unser Ziel einer fundierten,
damit qualitativ hochwertigen und
gleichzeitig praxisnahen Ausbildung
zu erreichen, musste diese Zeit investiert werden. Das Resultat braucht m. E.
den Vergleich mit der Ausbildung an
anderen
Ausbildungseinrichtungen
nicht zu scheuen. Wir gingen in diesem
Zusammenhang den konsequenten
Weg einer Hochwertausbildung für
die Bundeswehr.
Dies kann man auch daran ablesen,
dass wir die Zukunft der Fliegerei immer im Blick haben. Mag die konventionelle Navigation, auch wenn sie bald
nach PANS-OPS-Kriterien abgewickelt
wird, zur Zeit noch die Grundlage der
Navigation für die Flugzeuge der Bundeswehr darstellen, so kann ich berichten, dass der erste Schritt zur Umstellung der Verfahren auf PANS-OPS
nicht die letzte Neuerung sein wird.
Wer sich als interessierter Verfahrensbearbeiter das Dokument schon
einmal in seiner Struktur und Inhalt
angeschaut hat, wird feststellen, dass
PANS-OPS auch Kriterien zu RNAV-Instrumentenflugnavigation bietet. Diesem Fakt Rechnung tragend, waren
drei AG-Mitglieder wieder in Toulouse,
um dort einen RNAV-Kurs zur Erstellung von Instrumentenflugverfahren
nach RNAV-Prinzipien zu besuchen.
Diese Kriterien bilden für die Verfahrensbearbeitung die Basis für
RNAV-Verfahren mit Hilfe des Flight
Managment Systems (FMS). Und hier
müsste der Insider aufhorchen, da sich
die Frage stellt, welches Flugzeug der
Bundeswehr kann und darf das überhaupt? An diesem Punkt sind wir, die in
Toulouse waren, auch angelangt. Wir
prüfen zur Zeit, welche Möglichkeiten
und sei es nur Basic-RNAV (B-RNAV)
wir haben, um entsprechende Verfahren für die Plätze der Bundeswehr zu
entwickeln und damit schon ein Stück
Zukunft möglich zu machen.
RNAV-Verfahren bieten große Vorteile im Hinblick auf flexible Nutzung
des knappen Luftraums und im Rahmen von Lärmschutz für die Flugplatzanrainergemeinden. Es macht jedoch
keinen Sinn Verfahren zu berechnen,
die niemand nutzen kann.
Aber ein Blick in die Zukunft war
der Besuch dieses Lehrgangs allemal.
Selbst wenn wir RNAV zur Zeit nicht
flächendeckend nutzen können, werden in naher Zukunft weitere Flugzeuge zur Verfügung stehen, die mit
FMS ausgerüstet und somit RNAV-fähig sein werden.
Das von einem Team von NATOVerfahrensbearbeitern
entwickelte
„Supplement“ (AATCP-1 B) zur PANSOPS ist inzwischen auf dem Markt und
wird kontinuierlich fortgeschrieben. Es
enthält zusätzliche militärische Kriterien, die in der zivilen Vorschrift nicht
abgebildet sind.
Die wesentlichen Grundlagen für
eine erfolgreiche Umsetzung der neuen Kriterien in die Bundeswehr sind
also gelegt. Jetzt gilt es, alles daran zu
setzten, den Termin für die Verfahrensumstellung 28.10.2008 einzuhalten.
Anmerkung GenFlSichhBw:
Seit Erstellung dieses Folgebeitrages
ist wiederum einige Zeit vergangen.
Hptm Wegner wird deshalb in der
nächsten Ausgabe der „Flugsicherheit“ über den aktuellen Sachstand
weiter berichten.
31
Flugsicherheit
Wir verabschieden ...
Hauptmann Michael Taft trat im Januar 1973 als Freiwilliger in die Bundeswehr ein. Er arbeitete zunächst als Flugzeugmechaniker und später als Flugzeugmechanikermeister an den Waffensystemen F-104 und Tornado im Jagdbombergeschwader 31 „Boelke“ Nach erfolgter Übernahme und Ausbildung zum Offizier des Militärfachlichen Dienstes war er zunächst als
TO und Leiter der Prüfgruppe im selben Verband tätig. Im Sommer 2001 wurde Hptm Taft zur GenFlSichhBw in das Technikdezernat versetzt und bearbeitete neben der F-4F alle Transport-und Sonderluftfahrzeuge. Neben den rein technischen Angelegenheiten, hat sich Hptm Taft vor allem Themen wie CRM, Human Factors und Bodensicherheit verschrieben. So ist die
Einführung des Kleinfunkgerätesatzes zur Verbesserung der Schleppsicherheit vor allem sein Verdienst. Wir bedanken uns für
die stets offene, gewissenhafte und kameradschaftliche Zusammenarbeit und wünschen für den wohlverdienten Ruhestand viel
Gesundheit und alles Gute.
Oberstabsfeldwebel Karsten Meyer-Kirk startete im Mai 1977 seine Zeit bei der Bundeswehr
mit der Grundausbildung in Goslar. In der Elektronik- und Waffenstaffel des Jagdgeschwaders 71
„Richthofen“ arbeitete er in der Fachgruppe Feuerleit-Radar, als Hallenmeister, Debriefer und
zuletzt in der Einsatzsteuerung als Luftfahrzeuginstandsetzungsführungselektronikermeister. Von
1990 bis 1995 war er im Materialamt der Luftwaffe als Stabsdienstsoldat tätig, bevor er für vier
Jahre zum Ausbildungskommando der Luftwaffe, Kanada, wechselte. Hier war sein Wissen als technischer Betriebsführungsmeister fliegender Waffensysteme im Steuerkopf BPS gefragt. Im Anschluss an diese Auslandsverwendung folgte eine gleiche
Verwendung für eineinhalb Jahre in Rheine beim JG 72 „Westfalen“. Von 2001 bis zur Versetzung ins LwA 2004 war er in der
Instandsetzung als Leiter der Fachgruppe Radar/Elektrik in Laage beim JG 73 „S“ eingesetzt. Für seine Unterstützung und Hilfe
im Dezernat a bedanken wir uns und wünschen einen guten Start in der neuen Verwendung beim FlgAusbZLw Holloman.
Oberstleutnant Michael Baumgart wurde am 31.10.1959 in Altdöbern (ehem. DDR) geboren.
Mit der Wiedervereinigung wurde er im Oktober 1990 in die Bundeswehr übernommen und als
Flugzeugführer auf MIG-29 zunächst in Preschen und dann in Laage eingesetzt. Schon im Oktober 1997 machte er zum ersten
Mal Bekanntschaft mit der Abteilung Flugsicherheit in der Bundeswehr. Als zuständiger Sachbearbeiter für MIG-29/F-4F lernte
er die Grundlagen der Flugsicherheitsarbeit kennen, die er dann mit einer Verwendung als Austauschoffizier beim Flight Safety
Center in Kirtland AFB, NM, USA wesentlich erweitern konnte. Diese gewonnene Expertise konnte nicht ungenutzt bleiben und
so war es nur logisch OTL Baumgart im Anschluss (August 2005) wieder im Mutterhaus des General Flugsicherheit in Köln zu beschäftigen. Als Dezernent für MIG-29 und F-4F (später auch EUROFIGHTER) konnte er seine in den USA gewonnen Einblicke gewinnbringend in die Flugsicherheitsarbeit vor Ort einbringen. Aber auch als Bindeglied zwischen USAFE und Bundeswehr war
er bei Zwischenfällen mit US-Luftfahrzeugen stets ein kompetenter Ansprechpartner und hilfreicher Berater. Am 01.07.2007 hat
OTL Baumgart seine neue Verwendung im Joint Force Command, Neapel angetreten. Wir wünschen ihm einen guten Start und
alles Gute in seiner neuen Verwendung.
Oberstleutnant Klaus Kessler trat am 01.07.1981 in die Bundeswehr ein und wurde nach dem
Abschluss des Studiums für Luft- und Raumfahrttechnik 1985 zum Luftfahrzeugtechnischen Offizier ausgebildet. Im Anschluss daran wurde er als Typenbegleitoffizier für das Waffensystem Tornado und in der Waffensystemsteuerung im damaligen MatALw eingesetzt. Mit der Ernennung zum Berufssoldat im Jahr 1991 wurde er an die TSLw 1
nach Kaufbeuren als Inspektionschef versetzt. Weitere Verwendungen als Staffelchef im JaboG 32 in Lechfeld, als Squadron
Commander in Geilenkirchen oder als S3T im JG 73 „S“ in Laage folgten. In Laage konnte er erste Erfahrungen mit dem WaSys Eurofighter sammeln, welche er ab dem Jahr 2002 als Leiter des International Airforce Field Team in Ottobrunn vertiefen
konnte. Ab August 2004 arbeitete er bei GenFlSichhBw im Dezernat d als Systemingenieur für das WaSys Eurofighter. Für die
künftige Verwendung als Leiter der Typenbegleitmannschaft für Kampfflugzeuge in Manching wünschen wir Erfolg und alles
Gute.
Wir begrüßen ...
Hauptmann Hubert Wunsch ist seit 01.04.2007 Angehöriger des Dezernates d im Hause GenFlSichhBw und zuständig für alle
Transport- und Sonderluftfahrzeuge. Nach seiner Grundausbildung im Jahr 1980 in Budel, NL wurde er zum Luftfahrzeugmechaniker F-104 und Luftfahrzeugwartungsmechaniker Tornado ausgebildet und begann seine technische Laufbahn beim JaboG 31 „B“
in Nörvenich. In den Jahren 1986 bis 1988 wurde er im damaligen MatALw als Sachbearbeiter im Bereich Zelle (WaSys Tornado)
eingesetzt. Von 1988 bis 1990 durchlief er die Ausbildung zum Fachdienstoffizier, um dann bei der Flugbereitschaft BMVg in
Köln-Wahn als verantwortlicher Technischer Offizier für die Waffensysteme A-310 (Airbus) sowie CL601 (Challenger) eingesetzt
zu werden. Seit 1998 bis zum Wechsel ins Haus GenFlSichhBw begleitete er die Funktion des Leiters der Prüfgruppe und war
zugleich Typenbearbeiter CL601. In seiner neuen Tätigkeit wünschen wir ihm viel Glück und sagen herzlich willkommen.
Stabsfeldwebel Heinz Rohling ist seit dem 02.05.2007 zur Dienststelle GenFlSichhBw versetzt. Hier hat er die Aufgaben von Oberstabsfeldwebel Karsten Meyer-Kirk übernommen und
ist zuständig für die Vorschriftenverwaltung. Seine Bundeswehrzeit begann im April 1982 mit der
Grundausbildung in Budel/NL, während seiner Zeit beim JG 71 „R“ folgte bis 1996 die Ausbildung
zum 1. LfzHydrMech und zum LfzMechMeister, wobei er sich mit zusätzlichen Lehrgängen wie Fachkraft für Arbeitssicherheit,
Zerstörungsfreie Rissprüfung, Zentralisierte Technik und als ABDR-Meister qualifizierte. Von 1996 bis 1999 war er als Hallenmeister und Fachkraft für Arbeitssicherheit zum TaktAusbKdo nach Italien versetzt. Mit seiner Rückkehr nach Deutschland zum
JG 74 in Neuburg begann seine Ausbildung zum Lfz-Nachprüfer F-4F Flugwerk in Fassberg mit der Lizenzprüfung in Wittmund.
In der Zeit von Januar 2004 bis September 2005 fand seine Umschulung auf Eurofighter in Kaufbeuren und sein Englischlehrgang in Heide statt. Als lizenzierter Nachprüfer EF und F-4F war er seit dem 01.07.2006 in der Inst/Elo Stff JG 74 tätig. In
seinem neuen Arbeitsbereich bei GenFlSichhBw wünschen wir ihm einen guten Start und viel Freude an der vielseitigen und
reiseintensiven Tätigkeit.
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Flugsicherheit
Heft 3 -September 2007 - 44. Jahrgang
Flugsicherheit
Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände
Titelfoto: Guido Sonnenberg
www.schaltwerk.net
„Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung
für fliegende Verbände der Bundeswehr
Herausgeber:
General Flugsicherheit in der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 1.
Redaktion:
Hauptmann Klemens Löb,
Tel.: 02203- 9083124
Luftwaffenkaserne 501/07
Postfach 906110
51127 Köln
[email protected]
[email protected]
Gestaltung:
Hauptmann Klemens Löb
GenFlSichhBw
Erscheinen:
dreimonatlich
Manuskripteinsendungen
sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt
die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers
dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden
sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen (mit Autoren- und Quellenangaben) sind
daher möglich und erwünscht.
Druck:
SZ Offsetdruck-Verlag Herbert W. Schallowetz GmbH
53757 Sankt Augustin
Editorial 1
Die gelben Engel 2
Und „Mutter“ rollt auf hoher See
4
Anleitung zum Unglücklichsein
9
Eine Hand dazwischen
12
Elephant Recovery
17
Eine selbstlose Tat
20
Bravo - gut gemacht!
24
Absturz mit ungewöhnlichen Folgen
25
Bundeswehr goes PANSOPS
30
Personalien
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Die Publikationen der Dienststelle GenFlSichhBw können
Sie als PDF-Dateien unter folgender Adresse im
Intranet Bw ansehen oder herunterladen: www.portal.luft ,
dann unter Fachinformationen - Infomedien der Lw Zeitschriften und Berichte Flugsicherheit.
Flugsicherheit
Ausgabe 03 / 2007
Foto : Guido Sonnenberg + 49 ( 0 )171.4 451765
Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände
Bundeswehr