grenzenlos frei
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grenz10_pro_u_260810:grenzenlos06_pro_u_220506 10.09.10 16:31 Seite 3 21.10. – 24.10. weltmusikfestival murnau 2010 grenzenlos frei grenz10_pro_u_260810:grenzenlos06_pro_u_220506 10.09.10 16:31 Seite 4 Buchhandlung Gattner BÜCHER, MUSIK UND MEHR ... Obermarkt 13, 82418 Murnau Telefon 0 88 41-48 78 890 Fax 0 88 41 - 48 78 89 15 [email protected] www.buchhandlung-gattner.de grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 3 21.10. – 24.10. weltmusikfestival murnau 2010 grenzenlos frei Do., 21.10. Karl Amadeus Hartmann – Der innere Emigrant Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie Ltg.: Andreas Hérm Baumgartner Fr., 22.10. Manuel Barrueco Guitar Sa., 23.10. Trio Rouge – Italian Songs Lucilla Galeazzi, vocal – Vincent Courtois, violoncello – Michel Godard, tuba So., 24.10. Oregon Paul McCandless, woodwinds – Ralph Towner, guitar Glen Moore, bass – Mark Walker, percussion / drums 18. – 24.10. Ausstellung: Karl Amadeus Hartmann – Der innere Emigrant Öffnungszeiten: 18. bis 20.10.: 17 bis 19 Uhr 21. bis 24.10.: 17 bis 21 Uhr Einführung ins Konzert: 21.10., 18 Uhr Alle Veranstaltungen im Kultur- und Tagungszentrum Murnau, Konzertbeginn jeweils 20 Uhr Das Festival wird vom Bayerischen Rundfunk / B4 Klassik aufgezeichnet. Kartenvorverkauf: Murnau: Buchhandlung Gattner, DER Reisebüro, Tourist-Information Murnau, vhs Murnau / Garmisch-Partenkirchen und Weilheim: Kreisbote / Penzberg: Rundschau-Verlag & München Ticket GmbH, Tel. 0180 / 54 81 81 81, www.muenchenticket.de Einzelkarten: Festivalpass: Abendkassengebühr: Do. 21.10.: 22.- / erm. 16.- EUR Fr. 22.10.: 38.- / erm. 28.- EUR Sa. 23.10.: 26.- / erm. 18.- EUR So. 24.10.: 38.- / erm. 28.- EUR 100.- / erm.* 60.- EUR 2.- EUR * Ermäßigungen gelten für Schüler/Studenten und Schwerbehinderte Reservierungen: Tourist-Information Murnau, Tel.: 08841-61410 oder [email protected] Info: www.weltmusikfestival-grenzenlos.de Veranstalter: Kulturverein Murnau e.V., 1. Vorsitzender: Konstantin Zeitler Künstlerische Leitung: Thomas Köthe Bühnengestaltung: Christian Schied und Bernd Weber Dank an unsere Sponsoren: Akustik Gitarre, Alpenhof Murnau, Buchhandlung Gattner, Restaurant La Strada, Wildner Records, Zupfgeige - Karlsruhe und Marktgemeinde Murnau grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 4 GOLDSCHMIEDE AM RATHAUS BERGSCHMUCK Peter Kreitmeir Goldschmiedemeister Untermarkt 9 82418 Murnau Tel. 08841 / 626407 Fax 08841 / 626408 Mobil 0170 / 8172920 [email protected] www.amun.com Seidlstr. 12 | 82418 Murnau Telefon: 0 88 41 - 48 960-0 Telefax: 0 88 41 - 48 960-20 [email protected] www.lastrada-murnau.de Mo.-So. 11:30h-14:30h u. 17:30h-23.00h 4 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 5 Grußwort Mit dem Musikfestival Grenzenlos des Jahres 2010 gehen die Marktgemeinde und der Kulturverein e.V. gemeinsam nun schon in die elfte Runde. Der große Zuspruch der vergangenen Jahre, insbesondere der Besucherrekord der Jubiläumsveranstaltung im Vorjahr, haben uns alle sehr erfreut und ermutigt, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Die hervorragende Qualität und das hochrangige Programm des Festivals ziehen Jahr für Jahr mehr Zuhörer in ihren Bann und unterstreichen die außerordentliche Vielfältigkeit eines nahezu unbegrenzten musikalischen Horizontes. Ziel der Veranstaltungen ist es, die ganze Welt der Musik zu uns zu holen, gute Gastgeber für Fremdes, Exotisches, aber auch Abstraktes zu sein, eine Atmosphäre der Offenheit und Verschiedenheit zu schaffen, in der man sich wohlfühlt und das Besondere genießt. „Die Gedanken sind frei“, heißt es so schön, doch nicht nur der Kopf, auch das Herz erfreut sich der Unbeschränktheit und des Ungezwungenen. Lassen Sie Ihre Seele baumeln, geben Sie Ihren Gefühlen und Gedanken freien Lauf beim Grenzenlos Weltmusikfestival 2010 in Murnau. Mein Dank gilt Herrn Thomas Köthe, dem künstlerischen Leiter, stellvertretend für alle Verantwortlichen, die sich um die Organisation und das Programm kümmern. Ich lade Sie alle herzlich ein, zu kommen und zu hören, was das elfte Musikfestival Grenzenlos zu bieten hat und wünsche allen Besuchern gute Unterhaltung mit internationalen Künstlern, deren schöpferische Freiheit nahezu „grenzenlos“ ist. Ihr Dr. Michael Rapp 1. Bürgermeister grenzenlos frei 5 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 6 Grußwort Grenzen aufheben, das kann nur die Musik, die Kunst im Allgemeinen. Mit wieviel Mühe erlernen wir eine Fremdsprache, wie leicht jedoch ist‘s uns, in Einklang zu treten mit einer künstlerischen Aussage, auch wenn sie von uns scheinbar fernen Welten kommt. Die Kunst gehört zum Menschen wie der Atem und die Schönheit, die Sprache und der Traum. Wer Grenzen erfand, tat es, um sich zu schützen. Grenzen erwachsen aus Angst. Die Kunst sieht Ängste nicht vor, noch gebiert sie Rassismen, sie lässt sich nicht fesseln im Käfig der Macht. Kunst ist das Gespräch des Menschen mit dem Menschen und somit mit sich selbst. Buon festival, Gianmaria Testa Camerloher Musikschule Murnau e.V. Mitglied im Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen und im Verband Deutscher Musikschulen Grenzenlose Freude mit Musik ... Information und Anmeldung: 82418 Murnau, Mayr-Graz-Weg 14 Tel. 08841 / 3512, Fax 08841 / 4512 [email protected] www.musikschule-murnau.de 6 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 7 Grußwort Dass sich das Weltmusikfestival Murnau in diesem Jahr dem facettenreichen Thema „Emigration“ widmet, ist eine mutige Entscheidung. Sie verknüpft die Freude an der Musik mit einem politisch unbequemen Thema – und das ist in unserer Festivalkultur nicht selbstverständlich. Schhließlich verbinden sich mit Erfahrungen von Flucht, Exil, Emigration schmerzliche individuelle Leidensgeschichten von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt. Auch im 21. Jahrhundert suchen politisch Verfolgte, Vertriebene, Katastrophenopfer Zuflucht in fremden Ländern und Kulturen: Sie hoffen auf Verständnis und Solidarität, auf ein Leben in Würde. Das Murnauer Festival erinnert daran und mahnt: Die Freiheitsliebe der Menschen ist grenzenlos, doch Freiheit selbst endet dort, wo sie nicht hinreichend geschätzt, ihre Fragilität nicht begriffen, sie gegen Angriffe nicht frühzeitig verteidigt wird. Die Musik gilt als grenzüberschreitende Kunstform schlechthin: Sie ist überall verständlich, bedarf nicht der Übersetzung. Musik kann Nähe stiften, sie kann helfen, Vorurteile und Barrieren abzubauen. Ganz in diesem Sinne wünsche ich dem Murnauer Festival viele Gäste aus Nah und Fern und allen Musikerinnen und Musikern große Lust und Freude am gemeinsamen Spiel! Wolfgang Thierse, Bundestagsvizepräsident grenzenlos frei 7 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 8 Einladung Das Kriegsende 1945 ist ins deutsche Erinnerungskollektiv zurückgekehrt. Bombenkrieg, Flucht und Vertreibung, Massenvergewaltigungen und Kriegsgefangenschaft sind die Themen, in denen neuerdings auch wieder deutscher Opfer gedacht wird. Das entspricht dem wohl bekannten Bedürfnis nach „Selbstversöhnung“. Das Sprechen über die deutschen Verbrechen im „Dritten Reich“ verbindet sich mit dem Hinweis auf die selbst erlebten Leiden. Wer an das Anderen zugefügte Leid erinnert, wird schnell als unversöhnlich oder rachsüchtig abgestempelt und auf das Vergehen der Zeit hingewiesen, welche ja Versöhnung sozusagen auf natürlichem Wege herbeiführe. Diese „deutsche Sehnsucht“ (Max Horkheimer) nach Entlastung führt zu einer Selbststilisierung als Opfer, die beansprucht, endlich auch für Deutsche das zu leisten, was man zuvor für die Opfer des Nationalsozialismus geleistet zu haben meint. Sie plädiert für eine neue Unbefangenheit, die sich auch gern mit neuem Stolz und Nationalbewusstsein verbinden. Man zeigt wieder Flagge. Doch die Formulierung von der „deutschen Versöhnung mit sich selbst“ ist gar nicht das Neue in der Debatte, sondern einer der ältesten Bestandteile im Sprechen über Nationalsozialismus, Zweiten Weltkrieg und Vernichtung der Juden. Nach 1945 verleugneten die Menschen in kollektiver Verdrängung von einem Tag auf den anderen das, was sie zuvor blindlings bejubelt und getan hatten. Die Verbrechen und der Völkermord waren keineswegs nur „im deutschen Namen“, sondern überwiegend von Deutschen begangen worden. Es war nicht eine kleine fanatisierte Clique von nationalsozialistischen Gewalttätern verantwortlich, sondern der große Teile des deutschen Volkes hatte als Täter, Mitläufer oder Zuschauer Schuld auf sich geladen. Eine freie Gesellschaft aber braucht innerlich freie Menschen. Will man dem Vermächtnis der Geschwister Scholl gerecht werden, dann muss man sich ihren Maßstäben 8 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 9 stellen. „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit“, heißt es in ihrem fünften Flugblatt, „den ihr um eure Herzen gelegt habt!“ In diesem Sinne möchte das diesjährige Festival einen künstlerischen Kontrapunkt setzen gegen Gleichgültigkeit, Verdrängen und Vergessen. Die Künstler, die wir eingeladen haben, repräsentieren jeder auf seine Weise einen individuellen Umgang mit regressiven Strukturen. Mit dem Münchner Komponisten Karl Amadeus Hartmann bringen wir einen wachen Humanisten in Erinnerung, der in seinem Schaffen klar Stellung gegen die deutsche Barbarei bezogen hat. Seine Partituren überdauerten den Krieg ausgerechnet im damals „braunen“ Murnau, vergraben im Pfarrgarten der evangelischen Christuskirche. Mit einem Konzert und einer Ausstellung wird dieser herausragende Komponist und Humanist gewürdigt. Mit Manuel Barrueco wird ein Künstler kommen, der das allgemein so geliebte Bild des lebensfrohen Kubas, des permanenten Buena Visto Social Clubs in Frage stellt, da er, um sich künstlerisch frei zu entwickeln, seine Heimat verlassen mußte und bis heute darunter leidet. Er, der in der ganzen Welt zu Hause ist, betrat die Insel seit seiner Flucht nicht mehr. Das Trio Rouge interpretiert Lieder aus dem riesigen Reservoire italienischer Volkskultur „von unten“: Gesänge von Hirten, Tagelöhnern, frühen Sozialisten, die von politischer Utopie und Widerstand handeln, werden als virtuose Stimm- und Klangkunst geboten. Den Abschluß bildet ein Konzert jener Musiker, die schon beim Woodstock Festival in den 60´er Jahren spielten und aus dieser Erfahrung die Gruppe Oregon schufen. Sie haben sich – geprägt durch die sich dort der Welt zeigende Bewegung – ihre große innere Freiheit bewahrt. Ihr Thomas Köthe grenzenlos frei 9 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 10 Karl Amadeus Hartmann Der innere Emigrant Konzert und Ausstellung Konzert Do. 21.10. – 20 Uhr Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie Ltg.: Andreas Hérm Baumgartner Programm: Karl Amadeus Hartmann (1905 – 1963): Symphonie Nr. 4 Franz Schubert (1797 – 1828): "Der Tod und das Mädchen" D 810 Bearbeitung für Streichorchester: Andreas Hérm Baumgartner Eintritt: 22,- EUR / ermäßigt: 16,- EUR „......erkannte ich, dass es notwendig sei, ein Bekenntnis abzulegen, nicht aus Verzweiflung und Angst vor jener Macht, sondern als Gegenaktion. Ich sagte mir, dass die Freiheit siegt, auch dann, wenn wir vernichtet werden.“ (K. A. Hartmann) Man wird Karl Amadeus Hartmann nicht gerecht, wenn man ihn in eine Reihe mit jenen stellt, die sich durch den Rückzug in die so genannte „Innere Emigration“ dem Widerstand gegen das Dritte Reich entzogen haben und dabei doch in ihren Produktionen der herrschenden Blutund-Boden-Ideologie sehr nah gekommen sind. Hartmann hingegen leistete durch seine Kompositionen aktiven Widerstand und griff wach und betroffen zugleich Inhalte auf, die ihn den Kopf hätten kosten können. Darin unterscheidet er sich eindeutig von Künstlern wie Walter von Molo oder Frank Thieß, die den Begriff der Inneren Emigration nach dem Krieg eingebracht haben, um sich larmoyant bis provokativ von den zahlreichen Emigranten wie z.B. Thomas Mann abzusetzen. Hartmann hingegen wählte einen anderen Weg. Er wehrte sich gegen den deutschen Größenwahn mit seiner musikalischen Sprache. Er registrierte die menschliche Katastrophe und stellte ihr eine künstlerische Antwort gegenüber, indem er z.B. in seinen Kompositionen bewusst jüdische und sozialistische Motive verwendete. Dies war eine mutige und klare Aussage in einer Zeit, in der jeder Anklang an Empathie mit dem Schicksal jüdischer oder sozialistisch geprägter Menschen die persönliche Vernichtung zur Folge haben konnte. Nach dem Krieg verschwieg Hartmann diesen aktiven Widerstand und sprach lediglich von „Innerer Emigration“. Politisch wach wie er war, sah er natürlich auch, 10 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 11 daß nahezu jede wichtige gesellschaftliche Position in Deutschland, so auch der deutsche Musikbetrieb, wieder in den Händen der „Alten Kameraden“ lag. „Auch werden sie, die 12 Jahre obenauf waren, wieder frecher und versuchen die Antifaschisten, die ihnen natürlich im Wege sind, an die Wand zu drücken.“ (K. A. Hartmann) Der Großteil jener Personen, die als Handlanger des diktatorischen Systems gewirkt hatten, wie beispielsweise auch die Komponisten Carl Orff oder Werner Egk, kehrten in einflussreiche Stellungen zurück. Anstelle von Gewissenserforschung, Wiedergutmachung an den Opfern und innerer Umkehr trat häufig die selbst erteilte Generalabsolution durch Verdrängen und Vergessen. Emigranten, Opfer der Gewalt waren bald wieder Anfeindungen, Verfemung und Ausgrenzung aus Teilen der Gemeinschaft ausgesetzt, während einstige Opportunisten wieder Erfolge feierten. Sprach Ralph Giordano von einer „zweiten Schuld“ durch ein fehlendes Unrechtsbewußtsein des Großteils der Bevölkerung, so kann man von einer erneuten, einer zweiten Emigration jener sprechen, die unter den Deutschen gelitten haben und nach Kriegsende erkennen mußten, daß sie mit ihrer Geschichte nicht wahrgenommen werden und so erneut Opfer wurden. „...er hatte sich so lange auf den frieden gefreut. nun war der friede gekommen, nun war die zeit der siegesfeiern seiner und aller neuen musik, er konnte einfach nicht glauben dass es so wenig grund gab sich zu freuen. er musste neutralisieren, sich abwenden. er brauchte seine zeit für die sinfonien.“ (Hans Werner Henze) Andreas Hérm Baumgartner: Studium u.a. bei Prof. Paul Lachenmeir, Michael Gielen, Jorge Rotter, Anton Ruppert – Assistent bei Zubin Mehta, Bayerische Staatsoper – Gründer des Kairos Ensemble – Gründer der Konzertreihe „Blick zurück nach vorn”, der Neuen Pinakothek und der Pinakothek der Moderne, Schloß Nymphenburg – seit 2007 Geschäftsführender Vorsitzender der internationalen Karl-Amadeus-Hartmann-Gesellschaft, München – ab 2008 Chefdirigent des Csik Chamber Orchestra – Konzerte in Europa, Brasilien, Thailand – zahlreiche CD-Produktionen Kammerorchester der Bayerischen Philharmonie: 2008 gegründet – Schwerpunkte: Musik des 20. und 21. Jahrhunderts Ausstellung Karl Amadeus Hartmann – Der innere Emigrant 18. – 24.10. im Kultur- und Tagungszentrum Murnau Öffnungszeiten: 18. bis 20.10.: 17 bis 19 Uhr 21. bis 24.10.: 17 bis 21 Uhr Einführung ins Konzert: 21.10., 18 Uhr Eintritt: frei In Zusammenarbeit mit der Karl Amadeus Hartmann Gesellschaft e.V., München grenzenlos frei 11 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 12 Fr. 22.10. – 20 Uhr Manuel Barrueco guitar Der kubanische Diktator Batista genoss gute Beziehungen zu den USA und wurde von diesen unterstützt. Korruption, soziale Ungerechtigkeit und Armut waren an der Tagesordnung. Gleichzeitig wurde Havanna zur Vergnügungsmetropole der US-amerikanischen Oberschicht; die meisten Kasinos und Bordelle gehörten der US-amerikanischen Mafia. Unter der Diktatur Batistas und seines Geheimdienstes wurden ca. 20.000 Menschen, oft nach schweren Folterungen, ermordet. Nach erfolgreichem Kampf der Revolutionäre unter Fidel Castro 1958 war der Diktator zur Flucht gezwungen. Nach der Enteignung der US-Vermögen im Jahr 1960 brach die U.S.A. sämtliche Beziehungen ab und führte ein für die Wirtschaft und die Bevölkerung folgenreiches politisches und wirtschaftliches Embargo ein. In den folgenden Jahrzehnten bestimmte die kubanische Einheitspartei, die „Kommunistische Partei Kubas“, das Land. Wie so oft, wenn politische Parteien lange Zeit die Macht innehaben, verfestigen sich Strukturen, werden Positionen nach dem vertrauten politischen Proporz besetzt, Medien werden gleichgeschaltet und Meinungsfreiheit wird zum Hohn. Die Sinngebung des Systems liegt allein im Machterhalt der regierenden Klasse und deren Familien. So verkommen auch Revolutionen. Die in Kuba postulierte „Unfehlbarkeit des Sozialismus“ zwingt Andersdenkende in die Isolation, füllt die Gefängnisse. Manuel Barrueco, geboren 1952 in Santiago de Cuba, begann das Gitarrenspiel im Alter von acht Jahren als Schüler des Esteban Salas Conservatory in Kuba. 1967 emigrierte er mit seiner Familie als politischer Flüchtling in die U.S.A.. Schon bald avancierte er dort zu einem der bedeutendsten Gitarristen unserer Zeit. Elegant vereinigte er lyrische und klangliche Qualitäten bei einem bis dahin unerreichten Grad an virtuoser Perfektion. Mit 22 Jahren erhielt er als erster Gitarrist den renommierten New Yorker Concert Artist Guild Award. Seine legendären Aufnahmen der Transkriptionen von Klavierwerken der spanischen Komponisten Albéniz und Granados brachten das Gitarrenspiel auf ein vorher nie da gewesenes Niveau. Er ist außerdem der erste Gitarrist, der seine Virtuosität ganz in den Dienst einer stilistisch getreuen Interpretation stellte und so der Gitarre den Rang eines dem Klavier ebenbürtigen seriösen polyphonen Musikinstruments gegeben hat. Als „grenzenloser Grenz- 12 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 13 gänger“ arbeitete er mit Künstlern aller Genres erfolgreich zusammen, so mit Placido Domingo und Sergej Ozawa als auch mit Steve Morse (Deep Purple) und Andy Summers (The Police). In Murnau wird er sein aktuelles Solo-Programm vorstellen. Programm: Werke von J. Ardévol, A. Piazzolla, D. YanovYanovsky, M. Ponce, F. Tárrega, J. Malats Tourneen in: Europa, Japan, Korea, Taiwan, Singapore, Hong Kong, Mexico, Brazil, Colombia, Costa Rica, and Puerto Rico Eine Auswahl seiner musikalischen Partner: Seiji Ozawa, Plácido Domingo, Barbara Hendricks, Emmanuel Pahud, The King’s Singers, Steven Stucky, Michael Daugherty, Roberto Sierra, Arvo Pärt and Toru Takemitsu, Frank Peter Zimmerman, Al Di Meola, Steve Morse (Deep Purple), and Andy Summers (The Police) Begleitende Orchester: Russian State Symphony, Helsinki Philharmonic, Royal Philharmonic, NHK Symphony, New Japan Philharmonic, Auckland Symphony in New Zealand, Bayerischer Rundfunk, Orquesta Sinfónica de Galicia, London Symphony, Orchestra of Castilla and Leon, National Orchestra of Spain, St. Paul Chamber Orchestra, New Jersey Symphony, Utah Symphony Orchestra, Los Angeles Philharmonic, Philadelphia Orchestra, Boston Symphony, Baltimore Symphony Orchestra, Seattle Symphony u.a. Konzertorte: Royal Albert Hall in London, Musikverein Wien, Concertgebouw in Amsterdam, Philharmonie in Berlin, Teatro Real in Madrid und Palau de la Musica in Barcelona, Hollywood Bowl u.a. Grammy: Latin Grammy nominiert für Best Classical Recording (2009), Grammy nominiert für „Solo Piazzolla“ (2007) und „Tango Sensations“ (2008) Eintritt: 38,- EUR / ermäßigt: 28,- EUR Max Beckmann. Apokalypse. Visionen der Endzeit in Überlieferung und Moderne 22. Juli bis 7. November 2010 Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 Uhr bis 17 Uhr grenzenlos frei 13 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 14 Grußwort Die Expressionisten und politisch engagierte Kunst im Allgemeinen hatte ich schon als Schülerin ins Herz geschlossen. Am Humanistischen Gymnasium lasen wir Schillers Don Carlos, und ich erinnere mich bis heute an die Forderung: „Geben Sie Gedankenfreiheit!” Ödön von Horvath kannte ich vom Theater. Über meinem Bett hing ein blaues Pferd von Franz Marc und über meinem Schreibtisch eine Totenmaske von Kurt Tucholsky. Unvergessen bleiben mir Lieder aus dem Widerstand. Mir gefiel das Bemühen um elementare Freiheiten des Menschen und das Erziehen zur Verantwortung jedes Einzelnen, demokratische Prinzipien zu erwirken und zu verteidigen. Ich mochte es, wenn jemand auch mit der Themenwahl gekonnt Stellung zu unserer Gesellschaft bezog. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis war allerdings genau so unübersehbar wie der zwischen Inland und Ausland. Als unser Geschichtslehrer uns auf einer Landkarte zeigte, wann sich Deutschlands Grenzen wohin „verschoben” hatten, fragte ich, was genau er damit meinte. „Verschieben” tun sich Grenzen ja nicht von alleine. Leopold Fischer verließ den Raum, der Unterricht fiel aus. Kurz vor dem Abitur beteiligte ich mich mit dem selbstgewählten Thema „Daten innerer und äußerer Freiheit aus Geschichte und Politik Europas“ am Europäischen Aufsatzwettbewerb. Ich schrieb von Hitler’s Machtergreifung 1933, was mir eine Einladung von Jacques Chirac nach Paris einbrachte, nicht vom deutschen Bundespräsidenten Karl Carstens, der 1933 Mitglied der SA geworden war. Als ich 3 Jahre später zum ersten Mal vor Gericht stand, fragte mich der Vorsitzende Richter im gerammelt vollen Saal, warum ich dem Chefredakteur der Tageszeitung eine Karte mit Franz Marcs Chamäleon geschickt hatte. Der fühle sich beleidigt. Als ich beantragte, vor der Passauer Nibelungenhalle ein Mahnmal für Opfer des Nationalsozialismus aufstellen zu dürfen, lehnte Bürgermeister Hans Koniszewski dies vehement ab. Als ich Oberbürgermeister Hans Hösl bat, etwas gegen die rechtsextremen Massenkundgebungen zu unternehmen, erklärte er mir, die Gastwirte wollten nicht auf die damit verbundenen Einnahmen verzichten. Als ich über das Passauer Haus berichtete, in dem Hitler als Kind gelebt hatte, bestritt der Bayerische Ministerpräsident Max Streibl öffentlich, es hätte dort eine Gedenkstätte 14 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 15 gegeben. Dabei liegen bis heute Photos, Zeitungsberichte und sogar das damalige Besucherbuch vor. Als ich mich 1995 erneut gegen die Ehrung von NSTätern auflehnte, fragte Felix Kuballa vom WDR Oberbürgermeister Willy Schmöller, ob er denn einen SS-General für ein Opfer des Nationalsozialismus halte. Schmöller, von Beruf Lehrer, antwortete vor laufender Kamera, er könne dies „nicht beurteilen”. Während des Studiums hat mich das Thema Exil und Emigration besonders fasziniert – ohne zu ahnen, daß ich diesen Weg selber einmal gehen würde. Murnau ist mir deshalb seit vielen Jahren ein Begriff. Auf kleinem, überschaubarem Raum lassen sich Zusammenhänge besonders spannend aufzeigen. Christoph Probst kam in Murnau zur Welt. Ein Ort des Widerstandes ist Murnau deshalb allerdings ebenso wenig wie Passau. Max Dingler oder örtliche Blutsordensträger kann man genausowenig unter den Teppich kehren wie deren Passauer Kollegen. Während Wassily Kandinsky sich in Murnau von der Gegenständlichkeit löste und Ödön von Horvath den kleinbürgerlichen Faschismus beobachtete, entstand im Anwesen von Gottfried Feder das Parteiprogramm der NSDAP. Horvath mußte fliehen, Gabriele Münter die Werke ihres ehemaligen Lebensgefährten Kandinsky einmauern und in die Innere Emigration flüchten. Karl Amadeus Hartmann, der Gründer der Reihe Musica Viva, vergrub seine Partituren im Garten der evangelischen Kirche. Menschen und Werke wie diese könnnen nicht vom politischen Hintergrund gelöst werden. Gerade kleinere Hochburgen der Nationalsozialisten mit einer nach dem Krieg bestehenden Kontinuität einflußreicher Personen tun sich da schwer. Ortschroniken umschiffen solche Problematiken gerne, obwohl es immer wieder lohnende Anknüpfungspunkte gäbe. Im Interesse der Wahrheit und eines besseren Verständnisses muß eine solche Thematisierung wie auch eine personelle Verortung dieser Zeit aber stattfinden. Von außen wird dies vielleicht noch deutlicher. Ich erinnere mich z.B. noch heute, wie entsetzt einige Professoren in Kanada mir vom Vortrag eines Passauer Literaturwissenschaftlers hier in Nordamerika berichteten. Er hatte die Judenbuche als Thema gewählt und akribisch genau über die Buche geredet, aber die Juden beiseite gelassen. Exil und Emigration sind mitunter eine Chance. Sie tun grenzenlos frei 15 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 16 16 Weltmusikfestival Murnau 2010 2006 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 17 aber immer auch weh. Beide sind leider Themen der Menschheitsgeschichte geblieben und nicht auf die Dritte Welt beschränkt. Ich habe mich Exilanten und Emigranten schon in Deutschland verbunden gefühlt, immer wieder an deren Seite gekämpft und vier Jahre mit einem Immigranten aus dem Irak gelebt. Mein Umzug nach Amerika ist sicher glücklicher verlaufen als der von vielen Anderen: Ich mußte um kein Visum betteln. Ich brauchte niemanden bestechen oder belügen. Ich mußte nicht Schlange stehen und keine Diskriminierung fürchten. Ich wurde von Privatpersonen mit offenen Armen aufgenommen und von der Regierung offiziell willkommen geheißen. In knapp 20 Jahren ist das von mir gewählte Land auch meine Heimat geworden. Ich denke und ich schreibe in der neuen Sprache. Ich träume auf Englisch, und wenn ich müde bin, wird mein Deutsch mitunter fehlerhaft. Wie sehr ich Deutschland allerdings in mir trage, merke ich auch an den Reaktionen Anderer. Unübersehbar sind auch die Spuren der heftigen Reaktionen auf mein Bemühen, Geschichte nicht zu verdrängen, sondern Klarheit in einem noch viel zu dunklen Kapitel Deutschlands zu schaffen. Mein Leben ist zum Spagat zwischen zwei Kulturen geworden. Daß Murnau heuer solche Aspekte musikalisch „beleuchten“ will, um auf für den Einzelnen meist doch recht erschütternde Lebensumstände hinzuweisen, freut mich besonders. Gerade Konfrontation mit Einzelschicksalen kann auch zum Ansatz für eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema werden. Ich wünsche Ihnen von Herzen viel Erfolg und Ihren Besuchern eine echte Bereicherung! Ihre Anna E. Rosmus KRÖNNER: KAFFEEHAUS & KONDITOREI IM MURNAUER OBERMARKT Barbara Krönner · Obermarkt 8 · 82418 Murnau T 08841.1272 · www.kultur-im-kaffeehaus.de grenzenlos frei 17 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 18 Sa. 23.10. – 20 Uhr Trio Rouge – Italian Songs Lucilla Galeazzi, vocal – Vincent Courtois, violoncello – Michel Godard, tuba Im September 1943 besetzte die deutsche Wehrmacht Italien. Aus Verbündeten waren Feinde geworden. In der Folge verschleppten die Besatzer hunderttausende Italiener zur Zwangsarbeit in den deutschen Machtbereich. Sie deportierten und vernichteten die jüdische Bevölkerung Italiens. Partisanen wehrten sich gegen die landeseigenen Faschisten und die deutschen Besatzer und organisierten den militanten und zivilen Widerstand immer breiter werdender Teile der Bevölkerung. Vor allem in Mittel- und Norditalien bildete die Partisanenbewegung eine der Grundlagen der demokratischen Erneuerung des Landes. Am 25. April 1944 befreite sich Italien selbst vom Faschismus. Mussolini‘s sogenannte Repubblica Sociale Italiana ging im Widerstand unter. Dieser Tag ist ein Feiertag in der europäischen Geschichte geworden, weil sich Antifaschisten erfolgreich gegen die blutige Herrschaft einer als Republik verklärten Diktatur wehrten, die Andersdenkende vernichtete und weil mit ihr eine brutale, unmenschliche Besetzung zu Ende ging. Deshalb ist dieser Feiertag der Befreiung vom Faschismus immer wieder ein Gradmesser dessen, was die italienische Republik aus ihrer Vergangenheit gelernt hat. Die rechtsnationale Regierung unter Silvio Berlusconi, mit nie da gewesener Machtkonzentration in Wirtschaft, Medien und Politik, versucht, ihn zu relativieren. Für sie ist die Erinnerung an die Resistenza überholt. L’Italia che resiste, das Italien, das Widerstand leistet, lässt seitdem lautstark von sich hören, kämpft im zivilen Widerstand um die Erinnerung und tritt ein für die Verteidigung der Verfassung, für die Wiederherstellung wirklich demokratischer Verhältnisse, für den Schutz des Andersartigen, gegen die Gleichgültigkeit. Wie in Deutschland etablierte sich als Gegenbewegung zur starken Verflachung, zur Nivellierung der gesamten Kultur und des Alltags eine neue Volksmusik, die nicht das Erbe der Vergangenheit einfach übernimmt, sondern es der heutigen Zeit entsprechend adaptiert und bereichert. Das Trio Rouge greift Lieder aus der italienischen Tradition des Befreiungskampfes auf, Lieder des ersten Weltkrieges (O Gorizia) und Lieder des Widerstands wie Bella Ciao, ein Lied, das mittlerweile ein Symbol für den europäischen Widerstand ist und modifiziert sie, um uns ihre immer noch aktuellen Inhalte ins Bewusstsein zu bringen. 18 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 19 Diese Lieder, die das Selbstverständnis der Menschen und des Landes prägten, werden durch die virtuosen Improvisationen der drei Musiker zu einem mitreißenden Erlebnis. ....Dies ist die Blume des Partisanen Oh Schöne Ade, Schöne Ade, Schöne Ade! Ade! Ade! Dies ist die Blume des Partisanen Der für die Freiheit starb (Bella Ciao) Lucilla Galeazzi, umbrische Forscherin, Autorin und Sängerin – Zusammenarbeit mit: Quartett von Giovanna Marini, Roberto De Simone, Solistin im Europäischen Jazz-Orchester Straßburg, Luciano Berio, O. Calò, T. Gubitsch, A. Sparagna, C. Rizzo, J. Cedron, J.J. Mosalini, G.Beytelmann, A.Agri, G. Schiaffini, C. Barthelemy, M. Godard, M. Riesler, V. Courtois, P. Minafra, B. Tommaso, G. Trovesi, Umbrian contemporary music orchestra, Enzo Gragnaniello, Nando Citarella singers, Christina Pluhar, Marco Gatti, Lucio Dalla, Vinicio Caposela, Enza Pagliara, Nando Citarella, Sergio Rendine, Mauro Pagani Meridiana Orchestra, San Remo Symphony Orchestra, Alice and Patty Smith u.a. Vincenc Courtois, violoncello – Zusammenarbeit mit: J.C. Capon „Cello Fans“, European Jazz Orchestra of Young Talents, Yochk'o Seffer Bigband, Orchestre National de Jazz, Martial Solal, Juliette Gréco, Michel Petrucciani, Louis Sclavis, Rabih Abou-Khalil u.a. Michel Godard, tuba – Zusammenarbeit mit: Orchestre Philarmonique de Radio-France, Orchestre National de France, Musique Vivante, Ensemble Jacques Moderne, Ensemble Baroque La Venice, Orchestre National de Jazz, Michel Portal, Louis Sclavis, Henri Texier, Antoine Hervé, Kenny Wheeler, Rabih Abou Khalil, Wolfgang Puschnig, Pierre Favre, Enrico Rava, Jean-Luc Ponthieux, Gérard Marais u.a. Eintritt: 26,- EUR / ermäßigt: 18,- EUR grenzenlos frei 19 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 20 Bei Haller wird nur angeboten was erhält die höchsten Noten Metzgerei Ludwig Haller Fachgeschäft, Untermarkt 8, 82418 Murnau Phon: 08841/47079, FAX: 08841/1733 Karg Weißbier – Ein Kunstgenuß! 20 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 21 Grußwort 19. Dezember 1933: Der Frankfurter Kinderarzt Paul Grosser kommt mit Familie in Saint Germain en Laye bei Paris an. 4. Januar 1934: Mein erster Schultag ohne Sprachkenntnis im Collège municipal. 1. Februar 1934: Ich werde neun. 6. Februar 1935: Tod meines Vaters. Meine Mutter eröffnet ein Kinderheim. 1. Oktober 1937: Lily Grosser mit beiden Kinder französisch naturalisiert. Da bin ich schon seit langem voll integriert. Dank der wunderbaren Lehrerinnen, dank der Pfadfinder. Juni 1940: Fahrradflucht vor den Deutschen mit der Schwester (die im April 1941 an den medizinischen Konsequenzen stirbt). In Südfrankreich, schliesslich „unterirdisch“ in Marseille. Nach Kriegsende: Normale Karriere an französischer Universität und in Medien. Soweit mein Lebenslauf in Stichworten. 1997 nenne ich mein Memoiren-Buch Une vie de Français. Und ich ärgere mich, wenn ein deutscher Medienmensch mich vorstellt mit: „In Frankfurt geboren. Lebt in Frankreich.“ Ich „lebe“ nicht in Frankreich. Ich bin Franzose und wäre es auch noch, wenn ich in München oder Hamburg leben würde! Aber dennoch habe ich ab 1945 das Gefühl einer Mitverantwortung für die Zukunft der freiheitlichen Demokratie in Deutschland, zusammen mit den ehemaligen Gegnern des Hitler-Regimes wie beispielsweise Walter Kolb, dem damaligen Oberbürgermeister von Frankfurt, dem ich 1947 begegnete bei meiner ersten sechs Wochen langen Reise durch die drei westlichen Zonen. Ich beteiligte mich an einer Artikel-Reihe in Combat über die deutsche Jugend und die Notwendigkeit, die französische Grenze für sie aufzumachen. Und von 1948 bis 1967 war ich Generalsekretär des Comité français d’échanges avec l’Allemagne nouvelle. Was bedeutet Deutschland für mich? In meinem Buch Mein Deutschland (1993) beschrieb ich es so: „Es geht um das ständige Gefühl einer Mitverantwortung, eines Mitwirkenwollens, -dürfens und -könnens. Als Begleiter von draußen, der innen dabei ist und mit Teilnahme als Teilnehmer miterlebt.“ Weil ich Franzose bin, habe ich die französische Politik im Algerien-Krieg hart angegriffen. Da meine vier Großeltern Juden waren, fühle ich mich genötigt, Israels Politik gegenüber den Palästinensern hart zu kritisieren. Die zwei Werte für Europa, die nicht genügend verstanden werden, sind: Die Sympathie für das Leiden der Anderen, vor allem der Besiegten, und die Distanz zu den eigenen Zugehörigkeiten, die diese Sympathie ermöglicht. Alfred Grosser grenzenlos frei 21 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 22 So. 24.10. – 20 Uhr Oregon Paul McCandless, woodwinds Ralph Towner, guitar Glen Moore, bass Mark Walker, percussion / drums In einer Zeit, in der das Land voller Verbote war, voller Ausrufezeichen, in bester Tradition des wilhelminischen Obrigkeitsstaats, in dem nur eine Stunde Rockmusik im Radio kam, in der jede Autoritätsperson zuschlagen durfte: Eltern, Lehrer, Pfarrer, jeder Erwachsene, in der man gegen den Anstand verstieß, wenn man sich auf den Rasen setzte oder sehr schnell ins KZ gewünscht wurde, weil man gegen Franz Josef Strauß demonstrierte, der den Napalmkrieg der Amerikaner in Vietnam verteidigte, denn „unsere Verbündeten schützen dort unsere Freiheit!“, war der Lack der Zivilisation sehr dünn. Menschen, die die halbe Welt in Scherben geschlagen und eine Blutspur durch Europa gezogen hatten, erregten sich maßlos über lange Haare, ein Hosenanzug im Parlament war noch eine Provokation und ein Grund, Redeverbot zu erteilen. „Geht doch rüber!", wurde einem zugerufen, wenn man anders sein wollte als die Generation der Eltern. In dieser Zeit versuchte die jüngst so gescholtene Generation der 68er die Türen aufzustoßen, vielleicht aus Notwehr. Später, nach dem Abschied von der Illusion, dass alle für ein Ziel kämpfen, so vielfältig die Bewegung auch sein mochte, driftete ein kleiner Teil in den Terror ab, während der Großteil sich mit dem gesellschaftlichen Status Quo arrangierte. Heute, während der Neoliberalismus das System sprengt und die Gesellschaft spaltet, haben sich die letzten Hoffnungen verflüchtigt, die Welt verändern zu können. Man lebt zwar freier und vielfältiger als vor 30 Jahren, aber die Welt ist nicht gerechter geworden. Der Tod von Utopien ist von sogenannten Realisten nach 1990 gefeiert worden. Die vielfältigen Potentiale des Menschen kommen aber nicht zur Entfaltung. Die Ideologie betriebswirtschaftlicher Rationalisierung mit ihrer Umverteilung nach oben und dem Sparzwang nach unten läuft den traditionellen Emanzipationsidealen von Aufklärung, Gerechtigkeit, Solidarität, Gleichheit zuwider. Der Gedanke, dass die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller sei, ist uns fremd geworden. Die Zeit der 68er Jahre ist Geschichte geworden und die Musik dieser Generation ist nun selbst dem Bayerischen Rundfunk einen ganzen Abend wert. Das Woodstock-Festival war eine Initiale für eine künstlerische und gesellschaftliche Revolution. Das Streben 22 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 23 nach Freiheit und Ungebundenheit, der Protest gegen den Vietnamkrieg und die Bürgerrechtsbewegung vereinte eine ganze Generation. Der Horizont weitete sich. Blues, Soul, Country, Protestsongs, Rock, Jazz, indische, brasilianische, aber auch experimentelle und klassische Musik wurden präsent und als gleichwertig betrachtet. Die Improvisation, der flow wurde ein wichtiges Element des musikalischen Zusammenspiels. Ralph Towner, Colin Walcott, Glen Moore und Paul McCandless entwickelten als Mitglieder des Paul Winter Consorts in den frühen 70er Jahren in Kollektivimprovisationen während einer langen Tour die genreüberschreitende Synthese Oregon, die mit einem vielfältigen Instrumentarium unterschiedlichster Herkunft ethnische, klassische und jazzige Elemente verbindet. Ihre Variabilität war Folge einer allgemeinen Neugier, Grenzen zu überwinden oder erst gar nicht wahrzunehmen. Diese Unvoreingenommenheit gegenüber Musik aller Stile und Etnien war wegweisend. Über drei Jahrzehnte, nur unterbrochen durch den tragischen Tod von Colin Walcott, entwickelte Oregon eine gelungene Mischung aus Jazz, Avantgarde und ethnischer Musik, gepaart mit instrumentellem Variationsreichtum. Die vier Charaktere der Musiker verbinden sich völlig gleichberechtigt quasi basisdemokratisch zu einem Ganzen. Das Konzert der Musiker, die auch aus der Erfahrung des Festivals Woodstock die Gruppe Oregon schufen, bildet den Abschluss unseres Festivals. Ralph Towner, Multiinstrumentalist und Komponist; Studium: Komposition, University of Oregon; Klassische Gitarre, Wien – Partner: u.a. Keith Jarrett, Weather Report, Egberto Gismonti, Gary Burton, John Abercrombie, Gary Peacock, Jack DeJohnette, Eddie Gomez, Elvin Jones, Freddie Hubbard, Michel Portal, Dave Holland, Paul Winter Consort, Jan Garbarek, Trilok Gurtu u.a. Zwei Kompositionen wurden von Apollo Astronauten auf dem Mond deponiert. Zwei Mondkrater wurden nach Titeln seiner Stücke benannt. Paul McCandless, Multinstrumentalist – studierte an Manhattan School of Music – Partner: Pittsburgh Symphony, Paul Winter Consort, Jaco Pastorius, Carla Bley, Art Lande/Dave Samuels, Wynton Marsalis, Pat Metheny, Mark Isham, Steve Reich, Al Jarreau, Bruce Hornsby, Mike Marshall, String Cheese Incident, Béla Fleck u.a. Glen Moore, studierte an University of Oregon, dann bei Jerome Magil, James Harnett, Gary Karr, Plough Christenson, Ludwig Streicher, Francois Rabbath – Partner: Paul Bley, Bill Evans, Zoot Sims, Charlie Mariano, Michael Brecker, Gary Burton, Tony Williams, Jimmy Cobb, Anthony Cox, Charlie Haden, Gary Peacock, Dave Holland, Steve Swallow, Tim Hardin, Taj Mahal, Jim Morrison, Airto Moreira, Rabih Abou-Khalil, Ravi Shankar, Collin Walcott, Kronos Quartet, Winter Consort u.a. Mark Walker, Schlagzeug – Professor Berklee College, Boston – Drummers Collective, New York – Partner: Paquito D’Rivera, Rosa Passos, Michel Camilo, David Liebman, Cesar Camargo Mariano, Ivan Lins, Michael Brecker, Joe Lovano, Flora Purim, Dizzy Gillespie, Sammy Davis Jr., Chu Cho Valdes, Eliane Elias, Jerry Gonzalez, Giovanni Hidalgo, Chano Dominguez, Dianne Reeves, João Bosco u.a. Eintritt: 38,- EUR / ermäßigt: 28,- EUR grenzenlos frei 23 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 24 Feines für Frauen Starkes für Männer grenzenlos für Sie, aber auch ein bisschen für Ihn SOUS-Award Sterne der Wäsche 2009 Mo bis Fr: 9 bis 18 Uhr & Sa: 9 bis 16 Uhr Obermarkt 5 · 82418 Murnau · Tel. 08841/9507 www.die-linie-murnau.de WI R SORGEN FÜR DAS KULI NARISCH E V ERGNÜGEN R E STAU R A N T · B I ST RO im Kultur- und Tagungszentrum Tel. 08841 / 488790 Wir freuen uns auf Ihren Besuch! GETRÄNKEMARKT ANGERER Weindorferstr. 4 82418 Murnau Tel. 08841 / 5130 24 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 25 Weitere Konzerte des Kulturvereins Murnau 2010/11 3.12.2010 – 20 Uhr Orchester Jakobsplatz München Solistin: Tanja Becker-Bender, Violine Dirigent: Daniel Grossmann Werke von Benjamin Britten, Felix Mendelssohn, Jacques Offenbach, Paul Hindemith 11.02.2011 – 20 Uhr Hanna Schygulla „Aus meinem Leben – eine musikalische Biographie“ Ein aussergewöhnlicher Chansonabend des internationalen Stars 25.03. 2011 – 20 Uhr Alvaro Pierri guitar Zwei Tage vor seinem Konzert in der WIGMORE HALL, London ist dieser Ausnahmegitarrist bei uns zu Gast! 28.05. 2011 – 20 Uhr Sergio & Odair Assad guitars Präsentation des neues Programms Aufzeichnung durch den Bayerischen Rundfunk Vorverkauf: Murnau: Buchhandlung Gattner, DER Reisebüro, Tourist-Information Murnau, VHS Murnau Garmisch-Partenkirchen und Weilheim: Kreisbote Penzberg: Rundschau-Verlag & München Ticket – Tel.: 0180-54818181 Infos: www.murnauer-jazzkonzerte & www.guitar-murnau.de Veranstalter: Kulturverein Murnau e.V. 1. Vorsitzender: Konstantin Zeitler Künstlerische Leitung: Thomas Köthe grenzenlos frei 25 grenz10_pro_i_090910:grenzenlos06_pro_i_220506neu 10.09.10 16:31 Seite 26 Impressum Redaktion und Konzept / Verantwortlich für Inhalt, Texte und Anzeigen: Thomas Köthe, Am Eichholz 22, 82418 Murnau, koethe@ onlinehome.de – Sound / Licht-Technik: Propa-Systems, [email protected] – Hotel: Alpenhof Murnau – Layout: Katrin Oppenrieder, 82418 Seehausen, www.KatrinOppenrieder.de in Zusammenarbeit mit Christian Schied, Murnau – Druck: Druckerei Wiesendanger, Murnau – Web-Design: Rolf Thärichen, Murnau, [email protected] – Presse: snapshot, München – Künstlerische Leitung: Thomas Köthe – Träger: Kulturverein Murnau e.V., Am Eichholz 22, 82418 Murnau/Obb. – © Kulturverein Murnau e.V. 2010 26 Weltmusikfestival Murnau 2010 grenz10_pro_u_260810:grenzenlos06_pro_u_220506 10.09.10 16:31 Seite 5 großformatdrucke schilder banner kfz.-beschriftungen druck-, kopier-, plotservice textildruck grafik werbung straßäcker 21 - 82418 Murnau am Staffelsee telefon 0 88 41 - 30 66 / fax 0 88 41 - 30 67 grenz10_pro_u_260810:grenzenlos06_pro_u_220506 10.09.10 16:31 Seite 2