Adelaide_1112_LRT2 - Universität Stuttgart

Transcrição

Adelaide_1112_LRT2 - Universität Stuttgart
Erfahrungsbericht University of Adelaide
(Juli 2012 – Juli 2013)
Alexander Štrbac
Luft- und Raumfahrttechnik
Universität Stuttgart
Stand: 05.05.2013
1. Einleitung
Von Juli bis September 2012 absolvierte ich ein akademisches Auslandssemester an
der University of Adelaide als exchange student im Rahmen des Landesprogramms
Baden-Württemberg – South Australia. Derzeit absolviere ich ein weiteres
akademisches Auslandssemester von Februar bis Juli 2013 an der University of
Adelaide als study abroad, da ich leider nur ein Semester als exchange student im
Austauschprogramm wahrnehmen konnte. Der kleine aber feine Unterschied ist,
dass man als study abroad unabhängig von der Heimuniversität an der University of
Adelaide eingeschrieben wird, jedoch dadurch auch die regulären Studiengebühren
dort entrichten muss.
An meiner Gasthochschule führte ich meine Vertiefung meines Luft- und
Raumfahrttechnikstudiums fort, welche für das Ende meines Diplomstudienganges
vorgesehen ist. Ein Auslandsaufenthalt machte zuvor für mich keinen Sinn, da ein an
der Gasthochschule absolviertes Pflichtfach nur dann von der Heimatuniversität
anerkannt wird, wenn die Kursinhalte zu 90% bis 95% deckungsgleich sind. Im
Vertiefungsbereich hingegen besteht generell Wahlfreiheit, was die Anerkennung der
Kurse erheblich vereinfacht.
2. Vorbereitung
Mir war von Beginn meines Studiums an klar, dass ich ein Auslandsjahr als
Austauschstudent absolvieren möchte. Nach kurzer Überlegung entschied ich mich
für ein englischsprachiges Land, welches außerhalb Europas liegen sollte. Die Wahl
bestand für mich daher zwischen Australien und den USA.
Leider war mir nicht klar, dass man wirklich sehr früh mit den Vorbereitungen
beginnen muss! In meinem Fall lagen ganze 14 Monate zwischen dem Beginn
meiner Planungen und meiner Ankunft in Adelaide.
Generell geht nichts über eine gute Vorbereitung! Wobei man sich bewusst sein
sollte, dass vieles am Ende doch wieder anders kommt. Es schadet also nicht, stets
eine Alternative parat zu haben.
Die Planung beginnt natürlich mit der Auswahl des Erstwunsches einer
Gasthochschule. Dabei können viele Faktoren eine Rolle spielen. Da ich
beabsichtigte zwei Semester auswärts zu studieren, wollte ich bei meiner Rückkehr
mehr vorweisen können als Wahlpflichtfächer bzw. Schlüsselqualifikationen. Daher
habe ich, entgegen des üblichen Verfahrens, bereits vor der Abgabe meiner
Bewerbung eine mögliche Anerkennung von Kursen aus dem Angebot der
Gasthochschule als Vertiefung mit meinen Professoren abgesprochen. Dabei hat
sich die University of Adelaide als ideale Gasthochschule für meine
Vertiefungsbereiche Strömungslehre und Thermodynamik erwiesen.
In dieser Phase waren für mich folglich die schwersten Entscheidungen bereits
gefallen. Was nun folgte war ein kleiner Marathon aus Formularen, Kopieren,
Beglaubigen, Gutachten und schließlich der berühmte TOEFL Test. Über das
Testverfahren kann man sich streiten, aber es ist am Ende nur halb so schlimm und
am internationalen Zentrum kann man sich ein Buch mit einer CD zum Üben
ausleihen, was wirklich eine große Hilfe für mich war. Englische Animationsfilme sind
ein guter Anfang, um nach einer längeren Pause wieder in die englische Sprache
reinzufinden, da ihr in kaum einem anderen Filmgenre ein simpleres und vor allem
deutlicheres Englisch hören könnt.
Nun zur eigentlichen Planung eures Aufenthaltes: generell muss ich sagen, dass es
in Australien möglich ist, viel größeren Schrott zu kaufen als hierzulande. Von
Schuhen, deren Sohle nach 3 Wochen erste Löcher hatten bis hin zu
Fahrradschlössern, die sich nach einem guten Monat nicht mehr öffnen ließen. Am
falschen Ende sparen tut hier also doppelt weh. Meine Vorgänger haben ihre
Stromadapter in Australien gekauft und haben davon berichtet, dass bei mehreren
von ihnen das Netzteil ihrer Laptops versagt hat.
Ein Muss ist auch mindestens eine Kreditkarte! Besser zwei, falls mal eine versagt
oder die Bank eure Kreditkarte wegen vermuteten Missbrauch sperrt, weil ihr
beispielsweise am Rande der Vorstadt von Singapur Geld von einem Automaten
abgehoben habt. Meine persönliche Empfehlung ist die DKB, da ihr weltweit
kostenlos Geld abheben könnt ohne jegliche Beschränkung.
Hier noch mal einer Übersicht meiner Vorbereitung:
Beginn der Planung
Anfang Mai 2011
Deadline für die Bewerbung
Anfang Juli 2011
Ergebnis des Auswahlverfahrens
Ende Juli 2011
Letter of Offer
Ende April 2012
Confirmation of Enrolment (CoE)
Ende Mai 2012
Visa
Mitte Juni 2012
Abflug
Mitte Juni 2012
Ankunft Adelaide
Anfang Juli 2012
3. Ankunft
Ich kam am 2. Juli 2012 und somit eine Woche vor Anfang der Orientation Week in
Adelaide an. Dies ist relativ früh wenn man bedenkt, dass das eigentliche Semester
erst 3 Wochen später startet und die meisten Studenten noch in den Semesterferien
sind. Jedoch hatte ich somit den Vorteil von einem relativ großen Angebot an freien
Zimmern.
Ich habe den Welcome Service der Uni Adelaide in Anspruch genommen, wodurch
ich vom Flughafen abgeholt und zum Royal Adelaide Hospital (RAH) gefahren
wurde. Klingt im ersten Moment komisch, aber die Uni Adelaide bietet den
Neuankömmlingen ein Einzelzimmer für die erste Woche für ca. 175$ im alten
Schwesternfügel des Hospitals an. Prinzipiell eine tolle Sache, da ihr nur über die
Straße gehen müsst, um zum Campus zu kommen. Aber der gesamte 10. Stock
(temporary resident) teilt sich genau eine Gabel und Töpfe/Pfannen gibt es nicht. Da
nützt einem leider auch die Küche nichts. Wenn ihr also nicht nach den ersten Tagen
an Fastfood und ungetoastetem Toastbrot verzweifeln wollt, geht runter in den 9.
Stock (permanent resident), wo einige nette Studenten dauerhaft leben und fragt lieb
nach Pfanne, Topf, Messer, etc. Alternativ könnt ihr euch auch in einem Hostel in
Adelaide niederlassen, jedoch sind Einzelräume dort unbezahlbar und der eine oder
andere Freund von mir hatte ein paar Party-Backpacker im Zimmer... Ansonsten ist
es auch möglich, bereits von zu Hause aus ein Zimmer bei den diversen privaten
Studentenwohnheimen wie Urbanest und UniLodge oder dem offiziellen
Studentenwohnheim der Uni Adelaide, The Village, zu mieten. Meines Wissens muss
man dann aber mit eine Miete von 200$ und mehr pro Woche rechnen. Auch wenn
das RAH alles andere als ein Ort zum Wohlfühlen ist und man sich relativ schnell
was anderes suchen sollte, halte ich es doch für die beste Wahl, da man sich abends
einfach ausbreiten kann und nicht seine gefühlten tausend Infobroschüren, die man
täglich bekommt, zusammenkramen muss.
Eure erste Anlaufstation sollte das International Office sein, wo ihr das Programm für
die Orientation Week bekommt und viele andere nützliche Hilfen. Falls ihr euch
daheim noch nicht über das Uni Portal für die einzelnen Kurse eingeschrieben habt,
wird es jetzt höchste Zeit! Die Kurse werden nämlich nach dem „Wer zuerst kommt,
mahlt zuerst“ -Prinzip vergeben. Im Vorteil ist derjenige, der sich seine Kurse schon
zu Hause ausgesucht hat und nur noch abtippen muss. Wie oben erwähnt solltet ihr
auf jeden Fall ein paar Alternativen parat haben, da nach meiner Erfahrung 25%
meiner Vorauswahl in dem Semester nicht angeboten wurde oder der Kurs schon
voll war. Letzteres ist normalerweise halb so wild, da die Professoren auf Anfrage
den Kurs vergrößern können. Dies hat in meinem Fall immer geklappt.
Ansprechpartner ist das Sekretariat des lehrenden Departments was ohnehin eure
zweite Anlaufstation sein sollte. Hier könnt ihr euch auch manuell Kurse freischalten
lassen, falls das Uni Portal euch die Einschreibung aufgrund eines Time Table
Conflicts verweigert (einen von den beiden Kursen müsst ihr dann Online
anschauen) oder euch für die Department spezifischen Gebäude freischalten lassen.
Ich hatte somit 24 Stunden täglich Zugriff auf den Engineering Computer Raum,
nachdem ich mich für einen der Engineering Kurse eingeschrieben hatte.
Die nächste wichtige Station ist das Contact Center. Hier bekommt ihr euren
Studentenausweis und könnt ein Nutzungsrecht für den gesicherten
Fahrradabstellraum bekommen. Sehr sinnvoll, da wie an jeder Uni Fahrräder gerne
geklaut werden und unweit des Campus ein Laden Bolzenschneider für 15$ verkauft.
Zu guter Letzt würde ich euch raten, euch im Hub Central beim IT Support für die
Kurzzeitschließfächer freizuschalten. Dort könnt ihr für bis zu 8h eure Sachen
wegschließen, teilweise sogar mit Stromanschluss.
4. Unterkunft und Verpflegung
Nachdem ihr euch um die Formalitäten gekümmert habt, sollet ihr euch eine neue
Bleibe suchen. Generell gibt es nichts im CBD unter 200$ pro Woche. Wenn ihr
damit leben könnt sind The Village, UniLodge und Urbanest mögliche Anlaufstellen.
Adelaide ist eine relativ grüne Stadt mit extra breiten Straßen und oftmals auch
Fahrradwegen. Darüber hinaus ist Australien relativ flach. Daher eignet sich Adelaide
perfekt zum Radeln. Außerhalb von CBD sind Warmmieten von 130$ pro Woche
aufwärts für ein ordentliches Shared House realistisch, aber auch hart umkämpft. Ich
habe in Lockleys mit 7km relativ weit von der Uni gewohnt, jedoch war ich wiederum
damit näher am Strand, was im Sommer ideal war. Da ich zwei Semester an der Uni
Adelaide studiere, habe ich mir ein gebrauchtes Rennrad gekauft. Damit war ich in
ca. 20min an der Uni und im morgendlichen Stop and Go war ich auch schneller als
der Bus.
In Australien gibt es zwei größere Supermarktketten: Coles und Woolworth. Beide
sind unverschämt teuer, wobei Coles oft noch ein bisschen günstiger ist. Daher
solltet ihr auf jeden Fall schauen, dass ihr zumindest einen von beiden in der Nähe
habt. Alle anderen sind noch viel teuer. Übrigens hat Aldi Süd Sydney und
Melbourne ordentlich aufgemischt und ist dabei diesen schrecklichen Duopol zu
brechen. In Adelaide werden offenbar gerade Filialen gebaut. Davon werde ich nichts
mehr haben, aber vielleicht ihr! Mir sind im Aldi in Melbourne und Sydney nach 6
Monaten Australien die Augen ausgefallen.
Erste Anlaufstelle bei der Wohnungssuche ist das Accommodation Centre der Uni
Adelaide. Hier bekommt ihr eine kleine Einweisung in den australischen
Wohnungsmarkt, Zugriff auf den internen Wohnungsmarkt der Uni Adelaide und man
wird euch vermutlich auch Webseiten wie http://www.gumtree.com.au/ zeigen.
5. Leben
Adelaide gilt in Australien als ruhig und ein bisschen langweilig, was ich aber bei
weitem nicht bestätigen kann. Ja, Adelaide hat nur einen Nachtbus von Samstag auf
Sonntag und ja, es gibt nur sehr wenige Kneipen die 24 Stunden geöffnet habe, aber
wer will kann trotzdem jede Nacht ausgehen.
Da die Skandinavier so ziemlich die einzigen sind, die bei den allgemeinen Preisen
ihren Drink in der Bar genießen können, ohne innerlich zu weinen, werdet vermutlich
auch ihr eher die privaten WG-Parties zu schätzen wissen. Trotz alledem solltet ihr
auf jeden Fall einen der Pubcrawls der verschiedenen Uni Clubs besuchen. Dies ist
die beste Möglichkeit in relativ kurzer Zeit einen guten Überblick über die
verschiedenen Bars und Clubs in Adelaide zu bekommen.
Zum wöchentlichen Pflichtprogramm gehören aufgrund der Happy Hours mittwochs
das Crone and Anchor (21:30 – 0:00) und donnerstags das Dukes (20:30 – 22:30).
Hier findet man immer jemanden den man kennt, ohne sich vorher verabredet zu
haben und es ist die beste Gelegenheit Erlebnisse auszutauschen, Reisetipps
einzuholen und das bevorstehende Wochenende zu planen. Montags sollte man
auch einen Blick auf das Pizza Special vom Union Hotel werfen.
Ihr solltet auch auf jeden Fall dem einen oder anderen Uni Club beitreten. Die
Auswahl ist groß und dies ist meiner Meinung nach die Beste Möglichkeit die Locals
kennenzulernen. Leider war das Training für meinen geliebten Basketball Club
Samstagmorgen, wodurch ich dieses aufgrund von Kurztrips leider nur mäßig
wahrnehmen konnte. Dies passiert vor allem, wenn man den sehr spontanen Ruf des
Mountains Club (2-3 Tage vorher) gefolgt ist und die schöne Umgebung von
Adelaide erkundet hat.
Falls ihr außerdem wie ich gerne Ausdauersport betreibt, kann ich euch den Nike
Running Club in der Rundle Mall empfehlen. Jeden Dienstag und Donnerstag um 18
Uhr organisiert der Nike Shop ein Stadtlauf am Torrens River zwischen wahlweise 5,
7 und 10 Kilometern. Obendrein gibt es nach mehrfacher Teilnahme ein cooles
Laufshirt mit Adelaide Aufdruck, welches ein sehr schönes Souvenir ist.
6. Studium
Unabhängig davon, wie ernst ihr den Studienanteil eures Auslandssemester nehmt,
werdet ihr doch die meiste Zeit in Adelaide verbringen. Ich würde zwar das inhaltliche
Niveau ein wenig unterhalb von dem ansiedeln, was ich aus Deutschland gewöhnt
bin, aber der Arbeitsaufwand ist durch die regelmäßigen Assignments und der sehr
peniblen Benotung umso höher! Die Arbeitsblätter kann man relativ gut mit denen
aus Höhere Mathematik aus dem Grundstudium vergleichen. Wenn man jedoch nicht
jede Annahme hinschreibt, die sowieso selbstverständlich ist und nur die Rechnung
mit den richtigen Endergebnissen abliefert gibt es eben nur ein „passed“.
Wer sich jedoch halbwegs Mühe gibt, kann bereits einen Teil seiner Endnote
bestimmen und dann entspannter in die Klausuren-Phase gehen. Da man sich mit
dem Stoff sowieso die ganze Zeit auseinander setzen muss, ist es auch kein
Problem mehr, dass man sämtliche Klausuren innerhalb von 1-2 Wochen schreibt.
Die Klausen werden in einer großen Messehalle mit anderen Kursen zusammen
geschrieben. Dabei sind die Klausuren unterschiedlich lang, wodurch jede Stunde
die Hälfte der Studenten aufsteht und den Raum verlässt. Leider neigen Australier
zum Überklimatisieren. Kommt also ja nicht auf die Idee mit Tank Top und Flip Flops
eine Klausur zuschrieben, egal wie warm es draußen ist!
7. Fazit
Wagt euch und absolviert ein Auslandssemester oder Auslandsjahr! Ich persönlich
bin mit meiner Wahl Australien, insbesondere mit Adelaide, sehr glücklich. Adelaide
selbst ist keine Weltstadt wie Sydney oder Melbourne, hat aber jede Menge Charme,
da man beim Ausgehen viele neue Freunde trifft und durch die geringe
Bevölkerungsdichte quasi jeder Zugang zu einen kleinem Garten hat, was zu vielen
BBQs führt. Man sollte außerdem vielleicht erwähnen, dass Adelaide mit fast 1,2
Millionen Einwohnern Deutschlands viertgrößte Stadt wäre.
Meine Stimmung wurde am Anfang ein wenig dadurch getrübt, dass die Preise im
Allgemeinen derzeit doch recht happig sind und dass man in Südaustralien öfter friert
als man denkt. Dies liegt leider nicht an dem wirklich milden Winter sondern einfach
an der miserablen Isolierung der Häuser!
Wenn ihr in meinem Erfahrungsbericht bis jetzt einen leichten negativen Unterton
festgestellt habt, dann habt ihr mich aber so was von falsch verstanden :P . Ich
denke, ich muss euch nicht sagen, wie toll Australien ist, da es einfach unmöglich ist,
nicht jede Menge neuer Freundschaften zu knüpfen, dass ein oder andere Abenteuer
zu erleben oder sich dem Spaß zu entziehen. Das schlimmste was euch passieren
kann, ist mit falschen Erwartungen hierher zu kommen. Daher habe ich versucht,
euch möglichst viele typische Fehlplanungen aufzuzeigen. Im Großen und Ganzen
kenne ich aber niemanden, der nicht mit einem Lächeln von seinem
Auslandsaufenthalt berichtet. Sei es Australien, USA oder Europa!
Es ist eigentlich doch verfrüht, um mein Fazit zu schreiben, da ich schließlich gerade
nach einem schönen Wochenende hier an meinem Schreibtisch in Adelaide sitze,
aber eins kann ich doch jetzt schon sagen: bevor ich hierher kam, habe ich mich
gefreut so fern von daheim zu sein und neues zu entdecken. Jetzt nähert sich mein
Aufenthalt dem Ende und ich realisiere langsam, wie fern ich Australien und meinen
neuen Freunden sein werde.
Nützliche Links:
Tourist Tax Refund (TRS)
http://www.customs.gov.au/site/page4646.asp
Gumtree
http://www.gumtree.com.au/
Uni Adelaide Accommodation Service
http://www.adelaide.edu.au/accommodation/